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wunderbar Lieblingskaffee ' B eim Betreten der neuesten Osnabrücker Errungenschaft fällt eines sofort auf: Das Lieblingskaffee ist ein Ort, an dem man sich sofort wohlfühlt. Die großen Fenster lassen viel Licht hereinfallen, kleine Sitzecken laden zum Verweilen ein und vor allem gibt es eine ganze Menge zu entdecken. Dass das auch andere so sehen, ist nicht zu bezweifeln. Es ist viertel nach zehn an einen herbstlichen, aber schönen Don- nerstagmorgen. Erst vor wenigen Minuten hat das Lieblingskaffee eröffnet und schon herrscht reges Treiben. Viele der Tische sind be- legt, an der eke warten ein paar Kunden darauf, ihre Bestellung aufgeben zu dürfen. Von Anfangsschwierigkeiten kann hier keine Rede sein, wer nicht weiß, dass es den Coffeeshop erst seit wenigen Wochen gibt, könnte fast schon den Eindruck bekommen, dass es seit Jahren das Osnabrücker Kultcafé schlechthin ist. KULT VERDÄCHTIG LANGE ZEIT HABEN WIR , DIE REDAKTION DER CAFÉ SOLO, IN UNSEREM BESCHAULICHEN V ERLAGSSTAND- ORT OSNABRÜCK VOR ALLEM EINES VERMISST: EIN RICHTIG TOLLES CAFÉ. NUN HAT DAS LIEBLINGSKAFFEE DER W ARTEREI EIN ENDE GESETZT. Alle Fotos: café solo [52] café solo 4/2011

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wunderbar Lieblingskaffee

'Beim Betreten der neuesten Osnabrücker Errungenschaft

fällt eines sofort auf: Das Lieblingskaffee ist ein Ort, an dem man sich sofort wohlfühlt. Die großen Fenster lassen viel Licht hereinfallen, kleine Sitzecken laden

zum Verweilen ein und vor allem gibt es eine ganze Menge zu entdecken. Dass das auch andere so sehen, ist nicht zu bezweifeln. Es ist viertel nach zehn an einen herbstlichen, aber schönen Don-nerstagmorgen. Erst vor wenigen Minuten hat das Lieblingskaffee eröffnet und schon herrscht reges Treiben. Viele der Tische sind be-legt, an der Theke warten ein paar Kunden darauf, ihre Bestellung aufgeben zu dürfen. Von Anfangsschwierigkeiten kann hier keine Rede sein, wer nicht weiß, dass es den Coffeeshop erst seit wenigen Wochen gibt, könnte fast schon den Eindruck bekommen, dass es seit Jahren das Osnabrücker Kultcafé schlechthin ist.

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Ideen mussten in ein konkretes Konzept verwandelt und Lieferanten gefunden werden. Und das Wichtigste überhaupt: Die Fähigkeiten in Sachen Gastronomie und Kaffee wurden erweitern. So absolvierte Christina Woltering an der Berlin School of Coffee eine Barista-Ausbildung. Hilfe bekamen sie auch von der Roestbar aus Münster, von der sie heute auch die Kaffeerö-stungen beziehen. „Die Zusammenarbeit war uns eine große Hilfe, mittlerweile pflegen wir ein freundschaft-liches Verhältnis. Leidenschaft verbindet eben, das ist das tolle an der Kaffeebranche“, schwärmen Christina und Michael. Diese beschriebene Leidenschaft ist im liebevoll eingerichteten Coffeeshop nicht zu übersehen.

Wohlfühlfaktor „Das Lieblingskaffee soll ein Wohlfühl-Ort zur Kom-munikation, Inspiration und Entspannung sein, an dem herzliche Gastfreundschaft herrscht.“ So heißt es als Einleitung auf der Speisekarte. Diese informiert nicht nur über das Angebot, sondern auch über Kon-zept und Philosophie. Wer hier nach Massenprodukten, die einen langen Transportweg hinter sich haben, sucht, dem sei schon eines gesagt: Hier wird er nicht fündig. Stattdessen werden regionale, heimische Waren ange-boten. Ob nun Suppen vom nahegelegenen Bauernhof, Stullen mit Bio-Brot einer örtlichen Bäckerei, speziell aufbereitetem Wasser aus der Leitung oder, wie bereits

Vom Kunden zum Barista Lange Zeit lang haben Christina Woltering und ihr Mann Michael in Münster gewohnt und dort die große Auswahl an Coffeeshops genossen. Als sie dann nach Os-nabrück zogen, mussten sie feststellen, dass dies hier an-ders ist – Die Möglichkeiten, in gemütlicher Atmosphä-re einen Kaffee zu trinken, sind begrenzt. Seitdem wurde der Wunsch, diese Marktlücke zu beseitigen, immer größer. „Die Idee, ein eigenes Café zu eröffnen, haben wir schon seit drei Jahren. In letzter Zeit ist der Gedan-ke dann immer konkreter geworden“, sagt Christina Woltering über die Phase, in der sich der Entschluss

immer weiter festigte. Als dann das Ladenlokal in guter Innenstadtlage frei wurde, machten sie kurzen Prozess. „Wir haben uns an die Besitzer gewandt und einfach mal unser Glück versucht. Als wir dann die Zusage bekamen, waren wir selber etwas überrascht“, so Chri-stina. Und so ging auf einmal ging alles ganz schnell. Als Pluspunkt kommt hinzu, dass Ehemann Michael direkt gegenüber einen Laden für Sportbedarf und -reisen hat. „Gerade während der entscheidenden Bauphase war es sehr hilfreich, dass er einfach mal gerade herüber laufen konnte“, sagt die gelernte Friseurmeisterin. Sechs Monate Vorbereitung hatten die beiden letztendlich. Eine sehr kurze Zeit, wenn man bedenkt, was es alles zu beachten gab. Die bisher eher oberflächlich entwickelten

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Auf so einen Ort haben die Osnabrücker lange gewartet. Hier heißt es nicht einfach nur schnell seinen Kaffee zu trinken, sondern vor allem, auf Entdeckungstour zu gehen. Ob nun im kulinarisch oder visuellen Sinne. Eröffnet wurde das Lieblingskaffee Anfang September dieses Jahres von Christina Woltering und ihrem Mann. Das Konzept hierbei: Nicht nur Kaffee ausschenken und Essen verkaufen. Auch alle Einrich-tungsgegenstände, die nicht niet- und nagelfest sind, sowie Dekorationen können käuflich erworben werden. Da ist für jeden was dabei.

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Hier ist wohlfühlen angesagt: Ob im Erd-geschoss [1] oder der ersten Etage [2], das Lieblingskaffee besticht durch hohe Fenster, eine tolle Einrichtung und gemütliche Sitzecken. Das gesamte Konzept wird vom Fair-Trade-Gedanken dominiert und macht so auch bei der Wahl der Kaltge-tränke [3] nicht Halt. Sie bestehen alle aus natürlichen Inhaltsstoffen. Zu kaufen gibt es neben Möbeln auch Geschirr [4]– das natürlich auch direkt im Laden benutzt wird – und andere Kleinigkeiten. Die Lage direkt in der Innenstadt [5] ist dafür präsestiniert, die Kunden müssen nicht einmal ihre Shoppingtour unterbrechen und bekommen zudem noch eine große Auswahl an Süßen [6] und herzhaften Stärkungen. Den Kaffee gibt es dabei aus der French Press [7] oder dem Dalla Corte-Siebträger [8].

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'erwähnt, der Kaffee aus der Roestbar. „Besonders wichtig war uns der Fair-Trade-Gedanke“, sagt Michael. Und dieser wurde sehr konsequent verwirklicht – es gibt nicht nur frisch gepresste Säfte, sondern auch speziell ausgewählte Kaltgetränke, statt der sonst üblichen Softdrinks: Ob Haji Cola oder Limonade, alles basiert auf natürlichen Zutaten. Da es sich um kleine Marken handelt, die meist noch keinen großen Vertriebsbereich haben, kommen die Flaschen zum Teil sogar ganz einfach per Post.

Das Wichtigste Doch was wäre das Lieblingskaffee ohne seinen Namensgeber, den Kaffee? Und genau deshalb die zentrale Frage an dieser Stelle: Wie wird er dort gemacht? Die Spezialitäten – mit der hauseigenen Röstung – gibts aus dem Siebträger von Dalla Corte. Die Ent-scheidung dafür fiel eher durch Zufall und über mehrere Ecken. Außerdem gibt es Filterkaffee aus der French Press. Die Kannen, die nicht in Gebrauch sind, hängen dekorativ hinter der Theke und machen die Kunden auf dieses Angebot aufmerksam. Wählen kann man hier aus verschiedenen Sorten, die Karte macht auf Zusam-mensetzung, Geschmack und sogar Röstung aufmerksam. Gegen einen kleinen Aufpreis gibt es den Kaffee nicht nur entkoffeiniert, sondern auch mit lactosefreier Milch. Der Grundsatz bei Auswahl und Vielfalt ist auf der Karte zu lesen. Dort heißt es: „Noch nie war (Wohn)Qualität, Genuss und Kaffee so sehr Kult wie heu-te. Weltweit ist Kaffee neben Wasser der Spitzenreiter unter den Getränken. Grund genug dem Kaffee in unserem Sortiment einen Ehrenplatz zu geben.“

Stöbern inklusive Mit dem Verkauf von Speisen und Getränken ist es jedoch noch lange nicht getan: Im Lieblingskaffee kann man eigentlich alles kaufen, was nicht niet- und nagelfest ist. Ob nun die Möbel, Geschirr, Besteck oder sogar Wohn-Accessiores und Lampen, alles kann erstanden werden. Um ständig für Nachschub sorgen zu kön-nen, befindet sich im Keller des Cafés ein großer Lagerraum, der ständig aufgefüllt wird. Während das Geschirr von Latte-Becher bis Wasserkaraffe mit Lieblingskaffee-Logo immer wieder nachbestellt wird, kommen immer wieder andere, individuelle Möbel nach. Eingekauft werden sie meist durch einen Bekannten auf Auktionen in Frankreich. Der Besuch im Lieblingskaffee hat so immer wieder einen kleinen Überraschungsfaktor, denn vielleicht hat die Sitz-gruppe vom letzten Besuch schon einen neuen Besitzer gefunden? Nicht unwahrscheinlich, denn der Verkauf der Möbel – die durch die rustikale Note im Landhausstil überzeugen – wird von den Kunden bereits gut angenommen. „Wir wollen in Zukunft immer wieder etwas neues in den Laden bringen. Denn die Kunden lieben Abwechslung. Mit dem Verkauf von Möbeln können wir so schon

mal für die ständige, optische Veränderung sorgen“, erläutert die Inhaberin die Idee des Ganzen. Und so gehen vor allem die bereits gewonnen Stammkunden erst einmal zum Stöbern durch das Café, um zu sehen, was es neues gibt. Kleine, dezente Preisschilder an allen Waren weisen dabei den Preis aus. So werden auch neue Kunden darauf hingewiesen, dass Möbel und Co. käuflich erwor-ben werden können, schließlich ist es kein alltägliches Konzept. Und auch telefonische Anfragen nach den Maßen von Bänken, Tischen und Schränken werden geduldig entgegengenommen und beantwortet. „Im Moment sind wir gerade dabei, unser Lager für das Weihnachtsgeschäft aufzustocken, denn in den ersten Wochen wurde schon erstaunlich viel gekauft. Deshalb müssen wir uns gut vorbereiten“, berichten Christina und Michael. Nicht ganz un-wichtig, denn schließlich wird während der nächsten Wochen auch der Osnabrücker Weihnachtsmarkt direkt vor der Tür stattfinden und noch einmal zusätzliche Kunden, die sich aufwärmen wollen, anlocken.

Kundenandrang Zwar wurde das Lieblingskaffee erst vor wenigen Wochen eröffnet, doch die Bekannt- und Beliebtheit unter den Osnabrückern ist schon jetzt unglaublich. In den ersten Tagen wurde das anfangs eher kleine Team regelrecht überrannt, das Personal musste inner-halb kürzester Zeit aufgestockt werden. Kein Wunder, denn hier einen freien Platz zu finden, ist nicht immer ganz einfach. Und so werden alle Hemmungen, sich zu Fremden an den Tisch zu setzen, schnell beiseite geschoben. Aber nicht jeder Gast ist rein privat hier: Auch ein Fernsehteam war schon zu Besuch und hat ein paar Szenen für einen Film gedreht, außerdem sind die ersten Fran-chise-Anfragen eingetrudelt. Ein Lieblingskaffee auch in anderen Städten zu finden, klingt verlockend, doch der Fair-Trade-Gedanke geht bei einem größer werdenden Konzept oft verloren. So haben Christina und Michael Bedenken, ob ihre Vorstellungen erhalten bleiben könnten. Vor allem, weil sie selber nicht mehr vor Ort wären, um zu kontrollieren, ob das von ihnen gewünschte Quali-tätsniveau gehalten werden würde. Solche Gedanken sind also erst einmal hinten angestellt, über die Zukunft wird jedoch trotzdem geredet. So ist zum Beispiel im Gespräch, das Lieblingskaffee für Veranstaltungen mieten zu können. Und auch das Ausrichten von Kaffeeseminaren können sich die Beiden gut vorstellen. Wir dürfen also gespannt sein, was sich in Osnabrück in nächster Zeit kaffee-technisch noch entwickeln wird. Wir warten also auf positive Mel-dungen, vor allem, weil wir sicher sind, dass beim Lieblingskaffee und seinem ausgefeilten Konzept so gut wie nichts falsch gemacht werden kann. Und schließlich haben die Osnabrücker lange genug auf ihr Lieblingskaffee gewartet und werden deshalb wohl auch weiterhin so fleißige Besucher bleiben.

Annika Rosenkötter

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