„Lächle, und du veränderst die Welt!“ · den Mund, nicht zu Unrecht, wie das Leben dieser...

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Leben bis zuletzt

Liebe Mitglieder der Hospiz-Initiative Wilhelms-haven-Friesland e.V. - Ambulanter Hospizdienst - sehrgeehrte Damen und Herren!

Mahatma Ghandi, Pandit Nehru, Dalai Lama,Papst Johannes XXIII. Diesen großen Menschen, diedie Welt verändert haben, legt man diesen Spruch inden Mund, nicht zu Unrecht, wie das Leben dieserPersönlichkeiten beweist.

Wenn ich dieses Jahr Revue passieren lasse, hätteich mir manchmal gewünscht, dass wir mehr gelächelthätten. Vieles wäre einfacher und leichter gewesen. Dagefällt mir der große Papst Johannes XXIII., von dem berichtet wird, dass er sich jedenMorgen auf die Schulter klopfte und dabei sagte: „Johannes, nimm dich nicht so ernst!“

Lassen Sie mich ein wenig spekulieren: Hätten wir mehr gelächelt und unsnicht so ernst genommen, vieles wäre einfacher, leichter und schöner gewesen.

Als ich mir dieses Jahr die Frage stellte: „Warum tust du dir das an?“, habe ichgelächelt und zu mir gesagt: „Junge, nimm dich nicht so ernst!“ Und mit Freudeund Zuversicht ging ich wieder an die Arbeit.

Arbeit, von der wir dieses Jahr mehr als genug hatten. In der Zwischenzeit sindwir in neuen Räumen. Wir haben eine neue Koordinatorin eingestellt. Wir konnteneinige große, aber auch kleinere Spenden „einfahren“. Was mich bzw. den Vorstandam meisten freut: Für die Renovierung der Räume, Möbel für Büro, Küche,Gruppen- bzw. Besprechungszimmer und Außenwerbung wurde kein Cent derRücklage bzw. der Beitragsgelder angerührt.

Wir waren auch sichtbar beim Wochenende an der Jade vertreten und haben fürdas kommende Jahr gelernt, was man anders und besser machen kann. Schön wärees, wenn z.B. die Einsatzgruppe an diesen Tagen sichtbar wäre. Für Ideen undVorschläge sind wir offen und dankbar, vor allem aber auch für das Mittun.

Wenn auch einiges dieses Jahr nicht so gelaufen ist, wie wir es uns alle vorgenommenund gewünscht hatten, geben wir uns alle die Chance: „Nur gemeinsam sind wir stark!“

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen im Namen des gesamten Vorstandes. Ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest, verbunden mit den allerbesten

Wünschen für das kommende Jahr!Gerhard K.J. Schehr1. Vorsitzender

„Lächle, und du veränderst die Welt!“

Liebe Mitglieder der Hospiz-Initiative Wilhelmshaven- Friesland,liebe interessierte Leser!

„Ein Ende annehmen und einNeues willkommenheißen" - ein wirk-lich passendes Motto, um mich kurzvorzustellen.

Mein Name ist Afarin Dulle. Seitdem 01. Juli 2010 bin ich als haupt-amtliche Koordinatorin und Leitungdas neue Gesicht im Büro der ambu-lanten Hospizhilfe Wilhelmshaven-Friesland.

Mit dem Umzug in das neue Büro wurde die Stelle einer hauptamtliche Koordinatorin neu eingerichtet.

Kurz zur meiner Person: Ich bin Dipl. Sozialpädagogin/-arbeiterin, 37 Jahre alt und Mutter von vier Kindern (14,11,10 undfast 9 Jahre). Ich lebe mit meiner Familie, einem Hund und einigenHühnern in Neuenburg, Gemeinde Zetel. Bis zum 31.12.2009 war ichbei der Wilhelmshavener Kinderhilfe im Bereich der sonderpädago-gischen Frühförderung tätig. In diesem Rahmen habe ich Familien inbesonderen Lebenslagen, und vor allem deren Kinder, begleitet undgefördert. Im Vorfeld habe ich in verschiedenen Bereichen undInstitutionen Berufserfahrungen sammeln dürfen.

Eine Knieverletzung hat mich in vielerlei Hinsicht neu orientierenlassen. Da ich früher bereits in der Erwachsenenbildung tätig war, hatmich die Stellenausschreibung bei der ambulanten Hospiz-InitiativeWilhelmshaven-Friesland sehr angesprochen.

Jetzt habe ich schon einige Wochen die vielseitige Arbeit alsKoordinatorin - ansatzweise - kennenlernen können. Ein Teil meinerZusatzqualifikation, die die Arbeit als Koordinatorin in derHospizarbeit ausmacht, hat bereits begonnen, so dass ich schon einenguten Eindruck von alldem bekommen konnte.

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Afarin Dulle - Koordinatorin

Der Austausch mit den aktiven Ehrenamtlichen, mit den betroffenen Familien und einzelnen Menschen, mit Pflegeein-richtungen und Dienstleistungsunternehmen, aber auch mit denDozenten und anderen immer wieder interessierten Menschenmachen diese Tätigkeit so besonders. Es bereitet mir große Freudeund übertrifft meine Erwartungen in der Arbeit im Bereich der ambulanten Hospizarbeit. Sie ist vielschichtiger und bunter, als ich erwartet habe.

Ich hoffe, dass das mir entgegengebrachte Vertrauen und dieZusammenarbeit weiter wachsen kann, so dass wir gemeinsam denHospizgedanken weiter nach Innen und nach Außen tragen können.

Für die offene Aufnahme, das mir bisher entgegengebrachteVertrauen und die wirklich gute Einarbeitung von Seiten meinerKollegin, Samie Brünagel, mit der ich noch bis zum Jahresendegemeinsam mit je 20 Wochenstunden das Büro betreuen darf, möchteich mich ganz herzlich bedanken.

Eure

Afarin Dulle

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Auch äußerlich kann man nun erkennen,wer neuer Mieter in der Parkstraße 19 ist.

Über dem Eingang und auf der Säule nebender Parkplatzzufahrt steht es geschrieben:

Die Hospiz-Initiative Wilhelmshaven-Friesland und das Palliativ Care Team

bilden als Bürogemeinschaft das „Zentrumfür ambulante Hospiz- und Palliativarbeit“.

Am 13.10.2010 wurde ich, Elke(Elly), zur Gruppensprecheringewählt.

Als erstes möchte ich mich fürdas entgegenkommende Vertrauenrecht herzlich bedanken.

Ich sehe mich als Bindegliedzwischen Vorstand und Einsatz-gruppe, wenn auch Afarin undSamie immer als Ansprechpartnerfür alle zur Verfügung stehen.

Gern nehme ich die Aufgabe der Gruppensprecherin an und bin gern fürFragen und Belange aller Art offen.

Da ich erst kürzlich meine Ausbildung bei Hildburg Wolf und AngelaKlever beendet habe, möchte ich mich kurz vorstellen.

Mein Name ist Elke (Elly) Westhoff, ich bin 43 Jahre alt, verlobt undMutter eines Sohnes (18). Zur Hospizarbeit kam ich, nachdem meine Mutter2007 starb. Es dauerte einige Zeit bis ich einen für mich passenden Wegfand, den Schmerz und Verlust zu verarbeiten.

2009 sah ich den Infostand der Hospiz-Initiative beim „Wochenende ander Jade“, ging nicht vorbei, und das folgende Gespräch war interessant undermutigend. Gern habe ich das Angebot an der nächsten Ausbildung teilzu-nehmen angenommen. Unser letzter Ausbildungstag war der 18.04.2010.

Seither besuche ich nach Möglichkeit jeden Gruppenabend und dieSupervisionen.

Wie wichtig die Arbeit bei der Hospiz-Initiative ist, brauche ich ja nichtmehr extra zu betonen.

Ich freue mich auf eine gute, harmonische und erfolgreiche Zusammen-arbeit, hoffe auf ein schnelles Zusammenwachsen der „Alten“ und „Neuen“Einsatzgruppenmitglieder und bedanke mich noch mal für euer Vertrauen ineine „Neue“.

Herzlichst Elly

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Elly Westhoff - Sprecherin Einsatzgruppe

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Neue KoordinatorinDie Suche nach einer hauptamtlichen

Koordinatorin konnte erfolgreich beendetwerden. Die Stellung wurde über dieAgentur für Arbeit online angeboten,außerdem war eine Anzeige im Anzeigen-verbund geschaltet. Wir standen unterZeitdruck, denn kurz nach Amtsantritt desVorstandes kündigte die KoordinatorinPetra Heuvel und nur wenige Wochendanach die Koordina-torin Hilde Krug.Zum 1. Juli wäre nurnoch die Koordina-torin Samie Brünagelim Dienst gewesen.Wir erhielten 15 Be-werbungen. Vier Be-werberinnen wurdeneingeladen und ein-stimmig entschiedenwir uns für die Sozial-pädagogin Frau AfarinDulle, die dann ter-mingerecht am 1. Juliihren Dienst mit 20 Wo-chenstunden bei derHospiz-Initiative antrat.

Damit sie auch gut eingearbeitet wer-den kann, wird auch Samie Brünagel biszum Jahresende mit 20 Wochenstundenbeschäftigt.

Damit erfüllen wir nun die gesetzlichgeforderten Rahmenbedingungen, umweiterhin die Fördergelder der Kranken-kassen nach § 39 a Absatz 2 SGB Vbeantragen zu können.

Verabschiedung Hilde Krug und Petra Heuvel hatten

beide zum 30. Juni gekündigt und wur-den Ende Juni vom Vorstand verab-schiedet. Wir danken ihnen für diegeleisteten Dienste und freuen uns, dasssie ihre ehrenamtliche Tätigkeit weiter-hin leisten werden. Auch die Einsatz-gruppe hat die Beiden mit einer kleinenFeier verabschiedet.

Umzug in neue RäumeAls der Vorstand im Februar d. J.

seine Arbeit begann, war ganz klar, dassdie Suche nach neuen Räumen intensivbetrieben werden soll. Die Angebote,die sich aus persönlichen Kenntnissenheraus ergaben, waren nicht wirklichzufriedenstellend. Da kam uns die Ideemit dem Zeitungsartikel: „Hospiz-Initia-

Der Vorstand berichtet:

Blumen zum Abschied. Hilde Krug und Petra Heuvelbleiben jedoch der Hospizarbeit weiterhin verbunden.

tive sucht neue Räu-me“. Das war AnfangApril und der Erfolgwar riesig. Viele An-gebote von zu klein,zu groß, zu teuer, zuschäbig, ungünstigeLage und wäre nichtschlecht - schließlichwollten wir ja eineBürogemeinschaft mitdem Palliativ-Care-Team bilden. AnfangMai kam dann dieKirchenverwaltungdes KirchenkreisesFriesland-Wilhelms-haven auf uns zu und bot uns die frühe-ren Räume des Rentamtes Wilhelms-haven in der Parkstraße 19 an. Nach Be-sichtigung der Räume war klar, dieseRäume sind zentral gelegen, groß ge-nug, Miethöhe akzeptabel. Am 24. Juniwurden die Mietverträge unterschrie-ben, die Schlüssel Mitte Juli übergeben,sofort notwendige Renovierungen durch-geführt, Einzug 1. August, Küchenmon-tage und Gruppenraummöblierung Sep-tember.

Wir danken all denen, die uns mit Ratund Tat unterstützt haben, besonderenDank auch an unsere Koordinatorinnen,die zusätzlich zu ihrer normalen Arbeitden Umzug gemanagt haben.

SpendenzusagenDie Gerd Möller-Stiftung wollte uns

bei dem „Projekt Umzug“ unterstützenund lud uns im Juni zu einer Anhörungein. Kurz danach erhielten wir eine

Spendenzusage über € 7.500,00. Auchdie Stadtsparkasse wollte unseren Um-zug fördern und machte eine Spenden-zusage von ebenfalls € 7.500,00.

Nun waren wir in der glücklichen La-ge, die Räume angemessen und zeitge-mäß renovieren zu lassen, eine neue Kü-che konnte installiert und der Gruppen-raum neu möbliert werden. Auch die Ar-beitsmittel für die Koordinatorinnenkonnten jetzt zeitgemäß aufgerüstetwerden.

Die offizielle Spendenübergabe er-folgte am 22. September in den fertigausgestatteten Räumen und unsere Spon-soren waren offensichtlich zufrieden.

Stationäres Hospiz JeverPlanmäßig begann Anfang Juli der

Abriss der alten Gebäude an der Müh-lenstraße. Die Trägergesellschaft „mis-sion: lebenshaus gGmbH“ vom Vereinder Inneren Mission Bremen hat zum

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Das alten Büro ist leergeräumt, die neuen Räume stehen voller Umzugskartons - was kommt wo hin?

offiziellen Baubeginn am 08.Juli einge-laden. Es war ein Zelt aufgebaut und esgab reichlich Kaffee, Tee, kalte Geträn-ke (es war nämlich sehr heiß an diesemTag) Kuchen und Schnittchen. Anwe-send waren u. A. die komplette Füh-rungsriege der „mission : lebenshausGmbH“, Landrat, Bürgermeisterin,Förderverein, führende Vertreter desDRK-Bezirksverbandes, Pflegeheimeetc. und natürlich die Hospiz-InitiativeWilhelmshaven-Friesland. Es wurdennur kurze Statements abgegeben unddas war angenehm.

Mitte Oktober gab es in unseren Räu-men zwei interne Gespräche über diePlanung mit Frau Toepke von der „mis-sion : lebenshaus gGmbH“, erstens mitVertretern des Vorstands und zweitensmit der Koordination.

Zur Grundsteinlegung am 21. Oktoberwaren wir ebenfalls eingeladen. Trotzschlechtem Wetter waren viele Gästegekommen. Was man von der Straße ausnicht sehen konnte: es standen zu diesemZeitpunkt sogar schon ein Teil derGrundmauern. Das Stationäre Hospizsoll im Mai nächsten Jahres eingeweihtwerden (Optimisten können sich einenfrüheren Zeitpunkt vorstellen).

VeranstaltungenBeim „Wochenende an der Jade“ hat-

ten wir in diesem Jahr ein Pagodenzeltgemietet. Der Stellplatz beim Oceaniswar optimal, von zu lauten Bühnen undFahrgeschäften hatten wir eine angeneh-me Entfernung. Wir konnten die Rück-wand des Zeltes zum Hafenbecken öff-nen, das war wegen der großen Hitze

angenehm. Viele Leute gingen vorbeiund sagten ein paar nette Worte desDankes für unseren Dienst. Abschließ-end können wir sagen: Wir haben Prä-senz gezeigt, wir wurden wahrgenom-men! Der Verkauf der Kommissions-ware hätte besser sein können, da wer-den wir uns zum nächsten Jahr nochetwas anderes einfallen lassen. Ganzherzlich bedanken möchten wir uns beidenen, die uns geholfen haben.

Die erste Veranstaltung in unserenneuen Räumen war der Gruppenabendam 30. August. Den haben wir aus die-sem Grund etwas festlicher als üblichgestaltet. Die erste Fortbildungsveran-staltung mit Hildburg Wolf und AngelaKlever fand dann am 10. Und 11. Sep-tember statt. Da hatte unser neues Do-mizil die Feuerprobe bestanden. DieStühle waren bequem, die Toiletten inden Pausen ausreichend und die Küchekonnte für die Essenspausen optimal ge-nutzt werden.

An dieser Stelle sei nochmals daraufhingewiesen: Gruppenabende, Supervi-sionen und Fortbildungen finden jetzt inunseren eigenen Räumen statt.

Am Mittwoch, 08. Dezember um 17Uhr laden wir die Mitglieder der Ein-satzgruppe zu einer Weihnachtsfeier ein,eingeladen werden ebenfalls alle unserelieben Helfer und Unterstützer beimWochenende an der Jade und Umzug, dienicht Mitglieder der Einsatzgruppe sind.Der Ort wird noch bekanntgegeben.

Der geplante „Tag der offenen Tür“wird aus organisatorischen Gründenauf Anfang des nächsten Jahres ver-schoben.

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Jonathan Tropper, Sieben verdammt lange Tage,Roman, Knaur-Verlag, 448 S.

„Dad ist tot. Er wollte, dass wir fürihn Schiwa sitzen.“ Das Telefongesprächvon Judd, dem arbeitslosen „Irgendwas-mit-Medien“-Macher, frisch getrenntvon seiner schwangeren demnächst Ex-Frau, die ihn mit seinem Ex-Chef betro-gen hat, mit seiner großen SchwesterWendy ist echt Foxman. Jeden Anlass,der eigentlich nach aufrichtig zumAusdruck gebrachten Emotionen ver-langt, schmälern oder pervertieren wirumgehend durch unsere hauseigene, gen-manipulierte Mischung aus ironischenund ausweichenden Kommentaren. Wirkämpfen uns durch Geburtstage, Feierta-ge, Hochzeiten und Krankheiten, indemwir uns gegenseitig aufziehen, auslachenoder beleidigen. Und jetzt sieben Tagetraditionelle jüdische Totenwache, mitallem rituellen drum und dran, den klei-nen, harten Stühlen, mit weißem Sprayvernebelten Spiegeln, den Beileidsbesu-chen und den unzähligen kalten Platten,die diese Besucher ins Haus tragen, umdie Trauernden zu stärken.

Dabei trauern wir schon seit gerau-mer Zeit um ihn - mehr oder weniger, seitvor anderthalb Jahren die Krankheit beiihm diagnostiziert wurde. Als weiteresBeispiel für Dads ohnehin schon legen-dären Stoizismus kam nun also hinzu,dass er Magenkrebs, der bereits Metasta-sen bildete, ein Jahr lang mit säurebin-denden Tabletten behandelt hatte. Esfolgten die üblichen Operationen, Be-

strahlung und dann die Rosenkranz-Runden der Chemo. Dann der traurige,bröckelnde Abstieg in die Extremschmerz-therapie, Koma. Er brauchte vier Mona-te, um zu sterben - drei Monate länger,als die Onkologen prophezeit hatten. IhrDad ist ein Kämpfer, erklärten sie, wennwir ihn besuchten. Was absoluterSchwachsinn war, denn die Krankheithatte ihn bereits klar geschlagen. Fallser überhaupt noch etwas mitbekam, dannwar er bestimmt ziemlich sauer darüber,wie lange er für etwas so einfaches wiedas Sterben brauchte.

Der Totengräber sieht aus wie SanktNikolaus, und mir braucht keiner zuerzählen, dass er das selbst nicht weiß.Ihm muss klar sein, wie ein rotweißer

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Buchvorstellungen

Regenmantel in Kombination mit sei-nem langen weißen Bart wirkt und wieschlecht sein ganzes Outfit auf denMount-Zion-Friedhof passt. „Du darfstruhig weinen“, sagt Mom leise. „Dudarfst auch lachen. Es gibt keine kor-rekte Reaktion.“ Wie sich aus diesemWortwechsel leicht ableiten lässt, istMom Psychiaterin. Wie nicht anders zuerwarten, sind meine Geschwister undich irreparabel verkorkst.

Hier stehen wir nun am Grab unseresVaters: drei Foxman-Männer, alle nachdemselben Muster entworfen, anschlie-ßend aber unterschiedlichen Ferti-gungsprozessen unterworfen.

Ob Tropper (oder doch Franzen) derneue Updike (oder „nur“ der neue Roth)wird, hat das Feuilleton noch nicht ent-schieden.

Sicher ist, dass ihm nach „Mein fastperfektes Leben“ und „Zeit für Plan B“,schon die dritte Innenansicht einertypisch amerikanischen, jüdischen Vor-stadt-Mittelstandsfamilie gelingt: selbsterlebt, erlitten und gnadenlos genau, miteiner lakonisch beiläufigen PortionIronie und frei von Sentimentalität. Einsvon den Büchern, die für mich viel zuschnell zu Ende sind, ich hatte ständigdas Gefühl, ich kenne diese Menschennicht nur, ich gehöre dazu.

Muriel Barbery, Die Eleganz des Igels,

Roman, dtv premium, 364 S.

Tiefgründiger Gedanke Nr. 1Die Sterne verfolgen

Und dann im GoldfischglasEnden

Renée Michel, 54 Jahre alt, Witwe,lebt seit 27 Jahren als Concierge in derRue de Grenelle 7 in Paris. Sie gibt dasKlischee der einfältigen Concierge, klein,mollig, hässlich, grau-braun, fast unsicht-bar, ungebildet, und dann steht irgendwogeschrieben, dass Conciergen alt, häss-lich und kratzbürstig sind, es steht eben-falls in Flammenschrift am Firmamenteingraviert, dass betagte Conciergenfette, wankelmütige Katzen haben, dieden lieben langen Tag auf Kissen mitHäkelbezügen vor sich hin dösen. Im glei-chen Kapitel heißt es, dass conciergenendlos fernsehen, während ihre fettenKatzen schlummern, und dass es imEingang des Hauses nach Kohlsuppeoder Eintopf riechen muss. Ich habe dasungeheuere Glück, Concierge in einerLuxusresidenz zu sein, so dass das Vetodes Ministerialrates vom ersten Stock,

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das bezweckte, diese plebejischen Ge-rüche aus der gemeinsamen Existenz zuverbannen, eine unendliche Erleichte-rung für mich bedeutete. Das Klischee istihr Schutz, sie ist klug, belesen und sensi-bel, aber das darf niemand wissen, dennRenée will nicht verletzbar sein, sie ver-weigert die Teilhabe an einem Leben, dasihr übel mitgespielt hat.

Ihre Ein-einhalb-Zimmer-Welt gerätaus den Fugen, als Paloma, eine altkluge12 jährige, deren reiche Eltern die großeWohnung oben im Haus besitzen, neu-gierig wird und sich bei Renée zum Teeeinläd. Paloma hat beschlossen, die ver-logene Welt der Erwachsenen zu boykot-tieren, an ihrem dreizehnten Geburtstagwill sie sich umbringen. Warum sie dasdann doch nicht tut, wie Madame Michelihre Stacheln ablegt und noch einmal dasLeben riskiert und was der merkwürdigeJapaner Monsieur Ozu damit zu tun hat,hinreißend komisch, gescheit und sehrberührend geschrieben.

An diesem Morgen begreife ich, wassterben heißt: Zur Stunde unseres Ab-schieds sterben die anderen für uns, dennich liege hier, und es ist mir gleichgültig,

dass ich verscheide. Doch ich werde alljene, die ich liebe, nicht wiedersehen,und wenn sterben das ist, dann ist eswirklich so tragisch, wie man sagt.

Was bleibt von einem Leben, wenndiejenigen, die es mit uns gelebt haben,schon so lange tot sind?

Was sehen die Schaulustigen? Dochim Inneren, eine Sonne.

„Barbery beschreibt die kleinenFreuden unserer Existenz mit der ganzunzeitgemäßen Nostalgie eines MarcelProust und der Frische eines PhilippeDelerm. Witzig, intelligent und mit sei-ner melodiösen Sprache besitzt diesesphilosophische Märchen etwas Japani-sches: tiefgründig und zugleich leichtund luftig wie ein Haiku.“ schwärmtL'Express.

Das Buch war in Frankreich ein mitPreisen überschütteter Bestseller, auchin Deutschland ein großer Erfolg undjetzt auch im Kino.

Genauso wunderbar: Die Eleganzder Madame Michel, das Buch buch-stäblich und beim Namen genommenliebevoll verfilmt.

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Wenn ich etwas tue, kann ich etwas falsch machen. Wenn ich nichts tue, mache ich alles falsch.

Marie-Sophie Lobkowicz in „Eine kleine Philosophie vom Glück“

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Die Einsatzgruppe hat gewählt - und dieWahl fiel auf Andrea Jeromin als neueSupervisorin der Hospiz-Initiative. In denMonaten September und Oktober hatten sichneben Frau Jeromin noch zwei männlicheBewerber vorgestellt und sich um den freiwerdenden Supervisionsposten beworben.Nach diesen „Schnupperstunden“ konntensich die Mitglieder der Einsatzgruppe pergeheimer Wahl für ihren/ihre Favoriten/Favoritin entscheiden. Frau Jeromin wird nunim Januar mit einer dreimonatigen Probezeitihre Arbeit aufnehmen und - wenn die guteChemie bestehen bleibt - die Supervisonender Einsatzgruppe längerfristig übernehmen.

Andrea Jeromin (50) ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt in der Nähe von Oldenburg. Sie ist gelernte Dipl. Psychologinund Psychotherapeutin. Seit 1986 arbeitet sie in der Beratungsstelle für Ehe-,Familien- und Lebensfragen der ev.-luth. Kirche in der Bismarckstraße inWilhelmshaven. Seit 2002 ist sie Leiterin dieser Beratungsstelle. Darüber hinausarbeitet sie als Supervisorin und ist im Bereich der Fortbildung tätig. Schwer-punkt ihrer Beratungstätigkeit ist die Gesprächspsychotherapie nach Carl Rogers.Erfahrungen in der Supervision hat sie mit kirchlichen Gruppen, Pflegepersonalder Diakonie und Mitarbeitern in Leitungsfunktionen gesammelt.

Die Themen Tod, Sterben, Trauer und Abschied sind ihr aus ihrer Tätigkeit inder Beratungsstelle vertraut. Dort konnte sie Erfahrungen mit der Beratung vonHilfesuchenden machen, die Angehörige verloren hatten bzw. im Sterben lagen.Auch die Beratung von Eltern, die früh ein Kind verloren haben, gehört zu ihrenAufgaben.

Ziel ihrer Supervisionen soll es sein, den Einzelnen zu unterstützen, zu ent-lasten und Ansprechpartnerin zu werden. Darüber hinaus möchte sie das vor-handene Gruppenpotential nutzen, um eine aus der Gruppe selbst gewachsenesoziale Kompetenz für die Begleitungen hilfreich zu integrieren.

Frau Andrea Jeromin - willkommen bei der Hospiz-Initiative Wilhelmshaven-Friesland - Ambulanter Hospizdienst -.

Andrea Jeromin, Leiterin derBeratungsstelle für Ehe-,

Familien- und Lebensfragen in Wilhelmshaven

Andrea Jeromin - Supervisorin

Seit wenigen Tagen steht die Home-page, der Internet-Auftritt der Hospiz-Ini-tiative, in neuem Gewand zur Verfügung.Unter der bekannten Internet-Adressewww.hospiz-whv-fri.de sind nun unsereAngebote, Informationen und Erläuterun-gen neu strukturiert, erweitert und gra-fisch aufgewertet worden. Auf insgesamt23 Seiten ist somit nahezu alles an Infor-mationen über die Hospiz-Initiative Wil-helmshaven-Friesland - Ambulanter Hos-pizdienst - im speziellen und den Hospiz-gedanken im allgemeinen zu lesen. DieHomepage ist folgendermaßen gegliedert:

* Startseite* Hospizidee

- Grundgedanken zur Hospiz-arbeit

- Leitsätze- Begriffserklärung

* Angebote- Trauerbegleitung, Trauer-

gruppen, Gesprächskreise, Trauercafe

- Ambulante Kinderhospizarbeit- Vorträge und Seminare

* Wer wir sind- Vorstand- Koordinatorinnen- Einsatzgruppe- Rückblicke

* Veranstaltungen- Vorbereitungsseminar

* Aktuelles* Kontakte* Anfahrt* Rundbrief* Archiv* Links* Impressum

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Leben bis zuletzt

Neu im Netz - Homepage erneuert

www.hospiz-whv-fri.deDie Hospiz-Initiative Wilhelmshaven-Friesland im Internet

Ganz neu sind die Seiten „Rück-blick“. Hier werden die Anfänge derHospizbewegung in Wilhelmshavenund Friesland beschrieben. In dieseTexte würden wir gern alte Fotos inte-grieren. Darum der Aufruf an die „altenHasen“ der regionalen Hospizbewe-gung: Schaut bitte einmal in eure altenFotoalben. Falls ihr dort Fotos von frü-heren Vorbereitungsseminaren, Grup-penabenden, Feierlichkeiten, Informa-tionsveranstaltungen, Jubiläen usw. fin-

det - her damit! Mit eurem Einverständ-nis würden wir sie gern ins Internet stel-len und die Rückblicke auf die letzten15/16 Jahre anschaulicher und lebendi-ger gestalten.

Natürlich sind wir auch dankbar füreure Rückmeldungen bezüglich derneuen Homepage. Lob, Kritik, Verbes-serungsvorschläge und Anregungensind gewollt und willkommen! Viel Ver-gnügen beim „surfen“ auf der neuenHomepage.

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Ungleichheit auf Berliner Friedhof

Das geplante Integrationsgesetz er-laubt es Muslimen, ihre Toten im Lei-chentuch zu bestatten. Die kulturellenEigenarten anderer Gruppen, etwa derHindus, Bosnier oder Russen, werdennicht berücksichtigt. In Deutschland giltaktuell Sargzwang, solange der Leich-nam nicht eingeäschert wird. Die sarg-lose Bestattung soll ab 2011 in zweimuslimischen Grabfeldern in Berlinmöglich werden.

Bislang dachten z.B. die türkischen

Zuwanderer, irgendwann in die Türkeizurückzukehren. Man mochte in derHeimaterde bestattet werden. Nun sindaber mehr und mehr Kinder in Deutsch-land verwurzelt. Das fördert den Prag-matismus, denn hier können die Kindersich um die Grabpflege kümmern. Des-halb geht die Gesetzesänderung auchauf den Wunsch türkischer Vereinezurück, der schon in der vergangenenLegislaturperiode an die Politik heran-getragen wurde.

Die türkische Initiative ist dann auchder Grund, warum das Bestattungsge-setz lediglich für eine einzige religiöse

Nachrichten aus dem Bundes-Hospiz-Anzeiger

Sie sehen die Nummer XIII der GroßenArkana (arkanum, -a lat. Geheimnis)

des Waite Tarots, gezeichnet von Pamela Coleman Smith.

Der Tod - ein Ritter auf weißem Pferd?

Nach strengen Regeln und sehr gelassen inden Lebenskampf reitend, ohne Waffen.

Jeden bezwingend, ohne Unterschied vonAlter, Geschlecht und gesellschaftlicherStellung - die Königskrone fällt, allesIrdische sinkt vor ihm in den Staub.

Der Tod ist riesengroß, die Menschen kleinwie Puppen.

Auf seiner Fahne ein uraltes Symbol fürdas Fazit aller Erkenntnis, die Quintessenz.Und auf der anderen Seite des Flusses dieuntergehende Sonne - sie verspricht denSonnenaufgang nach dunkler Nacht.

Ohne den Tod kein Rhythmus, keinKreislauf des Lebens.

Gemeinschaft geändert wurde und nichtandere Zuwanderer berücksichtigt.Etwa die Hindus: Ihre Totenzeremoniescheibt ebenfalls dein Leichentuch vor.Das heißt, die Gesetzesänderung würdeden Hindus eigentlich entgegenkommen- wäre das Leichentuch nicht an zweimuslimische Friedhöfe in der Stadtgebunden. Dort bestatten aber Hindusdie Toten nicht.

Anders, aber auch gesetzeswidrig beiRussen oder Bosniern. Bei den Russenbesteht die Sitte, die Toten ein bis dreiTage zu Hause aufzubewahren und zubeweinen. In Deutschland schreibt dasGesetz vor, dass Tote unverzüglich nachder amtlichen Todesfeststellung insKühlhaus gehören. Bosnier möchtenihre Toten im Leichentuch überführen.Auch dies ist in Deutschland verboten.Bei der Entwicklung des Integrations-gesetzes in Berlin konnten sich alsolediglich die Türken Gehör verschaffen,obwohl angeblich 100 Vereine im Vor-feld befragt wurden.

Großbritannien bietet den höchsten Standard

am Ende des Lebens

Eine Marktforschungsgruppe veröf-fentlichte vor kurzem einen 40 Länderumfassenden Qualitätsindex für „end oflife care“ Services (Betreuungs- undPflegedienste am Ende des Lebens).

Während weltweit Begriffe für „Le-bensqualität“ existent sind, gibt es kaumeinen Begriff für die „Sterbequalität“.Nach dem Urteil der Palliative CareAllianz benötigen weltweit mehr als 100

Mio. Menschen Palliative Care Dienste,nur für 8% der Betroffenen stehen ent-sprechende Angebote zur Verfügung.

Die Studie wurde vor dem Hinter-grund dieser Erkenntnis zusammenge-stellt und listet Großbritannien als füh-rende Nation auf. Dies trotz der bekann-ten Unzulänglichkeiten des dortigen Ge-sundheitssystems (in dieser Kategorieerreicht Großbritannien nur Rang 28).Ausschlaggebend ist jedoch die hoheServicequalität bei der Begleitung amLebensende, die große Öffentlichkeits-wirkung von Palliativ Care Diensten, diehohe Ausbildungsqualität, der Zugangzu Schmerzmitteln und die große Trans-parenz des Arzt-Patientenverhältnisses.

Zahlreiche bedeutende Nationen wiez.B. Deutschland (Rang 8), Frankreich(Rang 12) oder Österreich (Rang 6) sindvergleichsweise weit abgeschlagen odergar unter unteren Rängen ( z.B. Italien24, Spanien 26) zu finden.

Totgeborene Kinderdürfen bestattet werden

Eltern haben in Deutschland dasRecht, Tot- und Fehlgeburten bestattenzu lassen. Dennoch verzichten viele Be-troffene auf die Bestattung ihrer totge-borenen Kinder, weil sie die Rechtslagenicht kennen.

Immer mehr Friedhöfe reagieren aufdie Bedürfnisse der Eltern und bietenGrabfelder für die Bestattung sogenann-ter Sternen- oder Schmetterlingskinderan. Die jeweiligen Bestattungsgesetzeder Bundesländer erlauben es ausdrük-klich, totgeborene Kinder bestatten zulassen. Eltern totgeborener Kinder müs-

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sen nicht auf einen Ort der Erinnerungverzichten.

Vielen Betroffenen ist das nicht be-wusst. Sie fühlen sich in ihrer Trauerallein gelassen. Deutsche Behördennehmen totgeborene Kinder nicht in dasPersonenstandsregister auf, wenn ihrGewicht unter 500 Gramm liegt. Offi-ziell tragen sie somit keinen Namen undwaren damit gleichsam kein Mitgliedder Gesellschaft. Für die kleinen Kinderbesteht keine Bestattungspflicht. Dieschwierige Situation der Eltern totgebo-rener Kinder findet jedoch zunehmendeAufmerksamkeit.

So ist seit Jahen ein Anstieg der Zahlder Bestattungen von Tot- oder Fehlge-burten zu beobachten. Gerade die Fried-hofsverwaltungen größerer Städte be-rücksichtigen die Wünsche trauernderEltern und richten spezielle Grabfelderein. Die Grabflächen für Sternen- bzw.Schmetterlingskinder befinden sich häu-fig in der Nähe anderer Kindergräber.

Charta zur Betreuungschwerstkranker und sterbender Menschen

Am 8. September 2010 wurde die„Charta zur Betreuung schwerstkrankerund sterbender Menschen“ der Öffentlich-keit vorgestellt. Sie war nach einem über2-jährigen intensiven Diskussionsprozessvom Runden Tisch, dem Konsensusgre-mium, einvernehmlich verabschiedetworden. Die Charta soll Orientierunggeben und Perspektiven aufzeigen füreine gemeinsame Weiterentwicklung derHospiz- und Palliativversorgung.

Beteiligt an dem „Projekt Charta“sind neben dem Deutschen Hospiz- undPalliativ-Verband die Deutsche Gesell-schaft für Palliativmedizin und die Bun-desärztekammer.

Die Charta zeigt mit ihren fünf Leit-sätzen und den ergänzenden Erläuterun-gen auf, wie vielfältig der Ansatz seinmuss, damit den Bedürfnissen schwerst-kranker und sterbender Menschen tat-sächlich Rechnung getragen wird.

Im Mittelpunkt stehen die rechteschwerstkranker und sterbender Men-schen und ihre Bedürfnisse, um ihnenein Sterben unter würdigen Bedingun-gen zu ermöglichen: Es bedarf dazu dergesellschaftlichen Auseinandersetzung,einer anderen Kultur und einer anderenHaltung. Die Wünsche der Betroffenenbestimmen, was zu tun ist. Die Ange-hörigen und Nahestehenden sind dabeieinzubeziehen. Es geht nicht darum, mitTechnik und Intensivmedizin noch alleszu tun, um Leben zu verlängern. Im Vor-dergrundstehen stattdessen Zeit und Zu-wendung sowie die Linderung vonSchmerzen und Symptomen. Und dazubedarf es neben einer anderen Haltungauch der notwendigen strukturellenRahmenbedingungen, bei denen Wett-bewerb und ökonomische Aspekte nichtvorrangig eine Rolle spielen dürfen.

Die Charta selbst, die Erklärung zurUnterstützung der Charta sowie weitereInformationen findet man auf der Inter-netseite (www.hospiz.net) des Deut-schen Hospiz und PalliativVerbandes(DHPV) sowie auf der Internetseite derCharta-Geschäftsstelle (www.charta-zur-betreuung-sterbender.de).

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Leben bis zuletzt

Die mission:lebenshaus ist derTräger des Friedel-Orth-Hospizes inJever. Die gemeinnützige Gesell-schaft mit Sitz in Bremen wurde imJanuar 2010 vom Verein für InnereMission in Bremen gegründet undist eine hundertprozentige Tochter-gesellschaft des Vereins.

Der Verein für Innere Missiongehört der Diakonie Bremen an. Erhat an die 430 Mitarbeiter und ist inverschiedenen sozialen Bereichen inBremen tätig. Dazu gehören dieWohnungslosenhilfe, psychosozialeHilfen, Altenpflege, verschiedeneBeratungen wie Schuldner- und Senio-renberatungen und eine Kleiderkammermit dem Namen „Anziehungspunkt“.Auch die kirchliche Stiftung mission:menschlich gehört dem Verein an.

Die mission:lebenshaus ist ebenfallsMitglied im Diakonischen Werk. IhrGeschäftsführer ist Herr Pastor UweMletzko, ebenfalls Vorstandssprecherdes Vereins für Innere Mission. Projekt-leiterin für das Hospiz in Jever ist FrauBettina Töpke.

Zur Gründung der mission:lebenshausbeigetragen hat der Wunsch des Vereinsfür Innere Mission, sich in seinem Tätig-keitsfeld zu erweitern. Den Anstoß, in derHospizbewegung aktiv zu werden, gab je-doch letztlich ein Gespräch des Vorstandsmit einem inzwischen verstorbenen Mit-

arbeiter des Vereins im Jahr 2009. DieserMitarbeiter, Heinz-Dieter Mittelstädt ausJever, erzählte, dass der damalige diakoni-sche Träger für das geplante stationäreHospiz in Jever abspringen wollte. Undfragte nach, ob sich nicht der Verein fürInnere Mission in Bremen sich vorstellenkönne, das Projekt zu übernehmen? EinFörderverein Friedel-Orth-Hospiz hattesich bereits gegründet und ebenso wie dieHospizhilfe in Wilhelmshaven einen be-achtlichen Grundstock für ein stationäresHospiz in Jever zusammengetragen.

Es folgten weitere Gespräche mit denVerantwortlichen vor Ort, schließlichdie Gründung der mission:lebenshausgGmbH und letztlich die Realisierungdes stationären Hospizes in Jever, diesich zum Zeitpunkt der Berichterstat-tung (Oktober 2010) auf dem bestenWege befindet - unterstützt und mitge-tragen von zahlreichen Menschen aus

mission:lebenshaus gGmbHDer Träger des stationären Hospizes in Jever stellt sich vor

19. November 2010: Richtfest des Friedel-Orth-Hospizes in Jever - es geht voran!

Rundbrief 2/2010 19

Leben bis zuletzt

der Region selbst. Darüber hinaus ist die mission:le-

benshaus in Falkenburg aktiviert. Auchhier wurde von außen der Wunsch andie Gesellschaft herangetragen, ein sta-tionäres Hospiz zu gründen. Zur Zeitwerden dort die planerischen Maßnah-men ergriffen, um ein Gebäude in einHospiz umzubauen.

Wunsch ist es außerdem, in Bremen-Nord ein kirchlich geprägtes stationäresHospiz zu gründen. Dieses Unternehmenwird aber frühesten im Jahr 2012 starten.

Die Kosten für ein stationäres Hospiz

werden zu 90% über die Kassen getragen.Zehn Prozent sind selber vom Träger zuleisten. Was sich wenig anhört, sind aberZehntausende von Euros. Deshalb ist diemission:lebenshaus auch auf ehrenamtli-ches Engagement und finanzielle Unter-stützung angewiesen. Wir möchten Siedeshalb bitten, sich für das Hospiz inJever einzusetzen und mit Tat und Spendezu unterstützen. Vielen Dank!

Weitere Informationen zu der mis-sion:lebenshaus gGmbH finden Sie aufderen Homepage unter www.mission-lebenshaus.de.

Sie möchten sich freiwillig engagieren? Herzlich willkommen!

Die mission:lebenshaus gGmbH hat verschiedenste Einsatzfelder, in denen siegerne mit ehrenamtlich Engagierten zusammenarbeiten möchte. FreiwilligerEinsatz bildet für uns eine wichtige Säule der Hospizarbeit.

Es gibt sehr unterschiedliche Möglichkeiten sich zu engagieren. Dieses kann zufesten Tagen und Zeiten erfolgen, oder auch in Form von Projekten undAktionen für unser Hospiz. Lassen Sie uns gerne ins Gespräch kommen! Mögliche Einsatzgebiete für ehrenamtliches Engagement:

Begleitung von Gästen, z.B. in Form von Besuchen, Gesprächen, Vorlesen, gemeinsame Zeit verbringen (für eine längere Begleitung ist eine Ausbildung notwendig, bitte sprechen Sie uns an)Unterstützung bei der Pflege der GartenanlagenMithilfe bei öffentlichen Veranstaltungen (z.B. Tag der offenen Tür)Vorbereitung von Andachten, Seminaren, AusstellungenMusikalisches EngagementUnterstützung im täglichen Ablauf des HospizesVorträge zum Thema stationäre HospizePlanen und Durchführen von (Spenden) Aktionen für unsere HospizeEngagement im FördervereinHilfe bei hausmeisterlichen Tätigkeiten

Im Laufe der Zeit werden sich bestimmt noch weitere Einsatzfelder ergeben.Vielleicht haben Sie auch Anregungen und Ideen für uns?

Diese, frei nach Hermann Hesse for-mulierte, Lebensweisheit hat auch füruns Hospizler eine vielschichtige Be-deutung. Für viele bedeutet der Todnicht das Ende. Er ist für sie lediglichein Übergang in eine andere Daseins-form. Vielleicht der Beginn einer Wie-dergeburt. Auch bedeutet der Tod eineslieben Angehörigen zwangsweise einenneuen Anfang, so schmerzlich er auchsein mag.

Aber was ist es, was mich oft daranhindert, diesen Anfang zu sehen? Ihn zuakzeptieren und zu leben. Was macht esmir so schwer, das Ge-wesene zu vergessen,nach vorn zu blickenund neu anzufangen?

Beim Thema Tod,Sterben und Trauer ha-ben wir Hospizler ge-lernt, woran es liegenkann. Aber im „norma-len“ Leben, in unserem Leben? Ist esnicht oft genug nur die simple Furchtvor dem Neuen, der Veränderung unddem Verlust der Sicherheit, der Gebor-genheit und des Vertrauten?

- „Das haben wir ja noch nie gemacht!“

- „Das haben wir schon immer so gemacht!“

- „Da könnte ja jeder kommen!“Wer kennt sie nicht, diese drei Stan-

dard-Phrasen der Zögerlichen, der Ver-weigerer und der ewig Gestrigen? Diese

drei Phrasen, die letztlich nur Rück-schritt bedeuten. Denn alles verändertsich ständig. Ich veränder mich, indemich älter werde, indem sich mein Äuße-res ändert, in dem meine Leistungs-fähigkeit nachlässt, indem ich neueInteressen und Hobbies entdecken undandere ablegen.

Auch unsere Mitmenschen ändernsich, unsere Lebensbedingungen, dieArbeitswelt, die Technik, mit der wiruns umgeben, das Klima und die Ge-setze. Alles ist im Fluss. Ob es mir ge-fällt oder nicht, es ist so. Ich muss ler-

nen, mit den Verände-rungen umzugehen undSchritt zu halten.

Manche dieser Ver-änderungen sind vor-hersehbar und so kannich mich auf sie einstel-len und an sie gewöh-nen. Andere Verände-

rungen kommen relativ überraschendund unerwartet, so dass sie mich unvor-bereitet treffen. Ich werde ins kalte Was-ser geworfen und muss schwimmen,wenn ich nicht untergehen will.

Dabei ist etwas Neues immer eineChance und ein Risiko. Ich habe dieChance, mein Leben durch das Neue zubereichern und ich habe das Risiko, ent-täuscht zu werden oder zu versagen.

Menschen, die Furcht vor dem Neuenhaben, sehen in dem Neuen keine Chan-cen, nur Gefahren. Sie haben Furcht vor

20 Hospiz-Initiative WHV-FRI

Leben bis zuletzt

„... und in jedem Ende wohnt ein Anfang inne“.Ich muss ihn nur sehen (wollen)

„Das haben wir janoch nie gemacht!“ -„Das haben wir schonimmer so gemacht!“ -„Da könnte ja jeder

kommen!“

dem Unbekannten, Ungewissen und derErfahrung, möglicherweise nicht damitumgehen zu können. Sie haben Angst,zu versagen oder sich zu blamieren.Und sie befürchten, durch das Neue inVergessenheit zu geraten.

Deshalb bleiben wir lieber beimAlten und Bekannten, da fühlen wir unsgeborgen und sicher.

Die Furcht vor Neuem wird auch da-durch mitbestimmt, was ich verliere,wenn ich das Neue beginne. Wenn ichviel verliere und bei dem Neuen nichtsPositives sehen, steigtmeine Furcht undUnsicherheit.

Charles Darwin sollgesagt haben: Es istnicht die stärkste oderintelligenteste Art, dieüberlebt. Es ist die Art,die sich Veränderungenam besten anpasst.

Um das Beste ausmeinem Leben machenzu können, muss ichflexibel auf neue Le-bens-, Arbeits-, Um-welt- und Gesellschaftsbedingungenreagieren. Ich muss anpassungsfähigsein, geistig und körperlich. Wenn ichmich weigere, mich zu verändern, dannscheitere ich, persönlich, beruflich,finanziell und gesellschaftlich.

Oft ist es doch so, dass ich nur ausBequemlichkeit oder Angst nichts aneiner Situation ändere, mit der ich nichthundertprozentig zufrieden bin. Werdeich jedoch vor vollendete Tatsachengestellt, dann muss ich handeln und das

kommt mir oft zugute. Ich nehme eine positive Haltung ein.

Ich heiße Veränderungen willkommen,statt vor ihnen davon zu laufen odergegen sie anzukämpfen. Ich stelle mirdie richtigen Fragen für den Umgangmit einer neuen Situation. Ich fragemich: Ist das der einzige Weg, dieseAufgabe zu lösen? Ist dies der besteWeg? Welche Alternativen habe ich?

Ich will lernen, meine Gefühle zusteuern. Wenn ich mich von meinenGefühlen überwältigen und lähmen

lasse, weil ich glaube,keinen Einfluss aufdiese zu haben, dannfühle ich mich häufighilflos und das machtAngst. Ich kann lernen,meine Gefühle zubeeinflussen und diesezu steuern. Dann kannich mit Neuem undVeränderungen emotio-nal besser umgehen.

Ich schaue nach, beiwelchen Veränderun-gen in meinem bisheri-

gen Leben ich hinterher besser dastan-den, als vorher. Oft ist es nämlich so,dass sich mein Leben zum Besserengewendet hat, wenn ich gezwungen war,mich auf eine neue Situation einzustel-len. Ich schaue also mal nach kleinenoder großen Wendepunkten in meinemLeben und überlegen, was mir diese anVorteilen gebracht haben. Veränderun-gen haben (meist) auch ihre gutenSeiten.

Norbert Stieglitz

Rundbrief 2/2010 21

Leben bis zuletzt

„Es ist nicht diestärkste oder intelli-

genteste Art, dieüberlebt. Es ist die

Art, die sichVeränderungen am

besten anpasst.“Charles Darwin

22 Hospiz-Initiative WHV-FRI

Leben bis zuletzt

Der Hospiz-Initiative wurden vorwenigen Tagen zwei großformatige,herausragende und beeindrucken-de Bilder zur Verfügung gestellt.Die jeweils 140 x 90 cm großenBilder hängen im Eingangsbereichunseres Büros in der Parkstraße 19und wurden von dem in Wilhelms-haven und Berlin arbeitenden undlebenden Künstler AndreasJanssen gemalt.

Es sind Adaptionen des KünstlersMark Rothko, einem der bedeu-tendsten abstrakten Expressio-nisten Amerikas. Warum geradeBilder, die sich an den Werkeneines Mark Rothko orientieren?„In seinen Werken, der so genann-ten Farbfeld Malerei, ging esRothko immer um grundsätzlicheemotionelle, menschlicheZustände, wie Freude, Trauer,Zorn oder Angst“, erläutertAndreas Janssen.

Rothko wurde im heutigen Lettlandgeboren und war Sohn jüdischerEinwanderer, die unter zunehmen-dem antisemitischem Druck in derdamaligen Sowjetunion sich ent-schlossen auszuwandern. „Ichhabe als Künstler Rothko gewählt,weil seine Ausdrucksform derHospizarbeit am nächsten ist“, ver-deutlicht Janssen sein Schaffen.

Emotionelle menschliche Zustände - in Acryl auf Leinwand

Temine - Termine - TermineGesprächskreise für Trauernde

Unsere Gesprächskreise bieten die Möglichkeit, schmerzliche Verluste anzusprechen und durch gegenseitige Hilfestellung unter kompetenter Leitung beschützte Schritte auf dem Weg zur Verarbeitung zu machen.

WilhelmshavenJeden letzten Dienstag im Monat um 19.00 Uhr,Evangelisches Gemeindehaus, Kirchreihe 108

Gesprächskreis für junge WitwenJeden 2. Montag im Monat um 15.00 Uhr,Hospizbüro, Wilhelmshaven, Parkstraße 19

Trauergruppe Schortes/HeidmühleNach vorheriger Absprache, Kontakt über das Hospizbüro,

Wilhelmshaven, Parkstraße 19Trauercafé

Jeden letzten Sonntag im Monat14.00 Uhr - 16.00 Uhr

Wilhelmshaven, Gorch-Fock-Haus

Vortrag: Neue Partnerschaft - kann/darf das sein?Wenn der Partner verstorben ist, entsteht vielleicht irgendwann der Wunsch nach einer neuen Partnerschaft. Welche Schwierigkeiten

tun sich dann auf, und wie kann können wir ihnen begegnen?Referentin: Frau Evelyn Freitag Termin: Dienstag, 12.01.2011 Zeit: 20.00 UhrOrt: Jever, Gemeindehaus St. Benedikt, Kleine Burgstraße

Vortrag: Seelische Folgen traumatischer ErlebnisseWenn traumatische Erlebnisse die Seele überfordern, werden sie

verdrängt oder nicht verarbeitet. Die Folge kann eine posttraumatischeBelastungsstörung sein. Am Beispiel der Bundeswehreinsätze wird die Referentin die Folgen und deren Behandlungsmöglichkeiten erläutern.

Referent: Frau Dr. Petra Lange, Oberfeldärztin der ReserveTermin: Mittwoch, 09.02.2011 Zeit: 20.00 UhrOrt: Gorch-Fock-Haus, Wilhelmshaven, Viktoriastr. 15

Jahreshauptversammlung Hospiz-Initiative WHV-FRI e.V. - Ambulanter Hospizdienst -

Termin: 09.03.2011 Zeit: 20.00 UhrOrt: Gorch-Fock-Haus, Wilhelmshaven, Viktoriastr. 15

Rundbrief 2/2010 23

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