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Mecklenburg-Vorpommern LandtagsNachrichten Aktuell Solidarität der Länder Debatte Selbstständige Schulen Absage Braukohleabbau in Lübtheen Projekt Jugend im Landtag Aktuell Solidarität der Länder Debatte Selbstständige Schulen Absage Braukohleabbau in Lübtheen Projekt Jugend im Landtag Jahrgang 17 6 / 2007

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Jahrgang 17 6 / 2007

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LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 6/2007

Inhalt

SpezialJugend im Landtag 2007 3Aus dem PlenumAktuelle Stunde: 4 – 5Föderalismusreform II – Auswirkungen auf M-VWeitere Themen: 6 – 8NichtraucherschutzgesetzVolksinitiative VerfassungKlassenfahrten zu GedenkstättenBraunkohletageabbau Griese Gegend Dringlichkeitssitzung:Funktional- undVerwaltungsstrukturreformAuszüge aus der Debatte: 9 – 14Selbstständigkeit der SchulenAus den Ausschüssen 15 – 16Sozialausschuss:Diskussion mit Jugendlichen Innenausschuss:Bericht des Innenministers zu G8Finanzausschuss:Unterrichtungsfahrt nach NeubrandenburgSpezial 17Jugend im Landtag 2007Panorama 18Schlossgeschichten 19Menschen mit Handicap im Schloss

Impressum

Herausgeber:Landtag Mecklenburg-Vorpommern- Öffentlichkeitsarbeit -Schloss, Lennéstraße 1, 19053 Schwerin,Fon: 0385 / 525-2183, Fax 525 2151,E-Mail: [email protected]: www.landtag-mv.de

Redaktion:Referat Öffentlichkeitsarbeit, Claudia Richter

Grundlayout: Sinnecker und Freie

Herstellung:DELEGO Wirtschaftsverlag Detlev LüthKlöresgang 5, 19053 SchwerinFon: 03 85 / 48 56 3-0, Fax: 48 56 3-24

Titelbild: Schweriner Schloss und Schlossgarten

Bildnachweis:Balewski (4/1-3, 5/1-5, 9/2, 10/1, 12/1-2, 13/1)Cordes (Titelfoto)Fraktion der CDU (9/1)Fraktion der NPD (14/1)Landtagsverwaltung/Richter (3/1, 7/1, 15/1, 16/1-2,17/1-2, 18/1-2, 19/1-2, 20/1-4)Martina Löbner (18/3)NDR (2/1)

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht injedem Fall die Meinung des Herausgebers wieder. AlleAbbildungen sind urheberrechtlich geschützt.Nachdruck nur mit schriftlicher Genehmigung desHerausgebers. Die LandtagsNachrichten können kos-tenlos bezogen werden. Bestellungen sind an denHerausgeber zu richten.

Nun gehen die Auffassungen bei den demo-kratischen Parteien auseinander. Strafrecht seiBundesrecht und kein Landesrecht, so dieCDU. Man dürfe sich nicht eindeutig aufRechts fokussieren, meint die FDP. Und die Lin-ke als Mitinitiatorin möchte gerne die Antifa-Klausel in der Verfassung wiedersehen. Egal wie die Debatte ausgeht:Auch wenn das Ziel, eine Verfassungsände-rung zu erreichen, nicht aufgehen sollte, auchdann ist diese Volksinitiative bereits ein großerErfolg. Sie kommt aus der Mitte der Gesell-schaft, die sich zu unserer freiheitlich-demo-kratischen Grundordnung bekennt. Sie hat ei-ne Debatte ausgelöst, in der mit rechtem Ge-dankengut offensiv umgegangen wird. DieseDebatte muss weiter mit Leben erfüllt wer-den. Sie muss nicht nur die Köpfe, sondernauch die Herzen der Menschen im Lande er-reichen. Sie muss diejenigen unterstützen, dieden Mut haben etwas zu tun, wie es die Bür-gerinitiative am Spiegelberg in Wismar oderdie Organisatoren des Rockkonzerts in Jamelbereits getan haben.

Michael Andrejewski, Abgeordneter der NPD,hat eindrucksvoll unterstrichen, warum diesnötig ist. Er beendete seine Rede zum Gesetz-entwurf der Volksinitiative im Landtag mit denWorten: „Ich würde mich jetzt gerne mit ,HeilLafontaine´ verabschieden.“Dagegen wehrte sich der Landtag und schlossAndrejewski von der Sitzung aus.

Norbert Lorentzen

Die demokratischsteDemokratie der Welt –

war für Innenminister Eduard David von derSPD die Weimarer Republik am 31. Juli 1919,als die damals geltende Verfassung verab-schiedet wurde. Die Freiheit dieser Verfassungnutzten die Nationalsozialisten aus, am Endestanden Krieg und Zerstörung, eine TeilungEuropas und auch Deutschlands.Aus diesen Fehlern wollte die neue Bundesre-publik lernen. Der demokratischsten Demo-kratie folgte die wehrhafte Demokratie. Sie er-laubt gravierende Einschnitte auch individuel-ler Freiheitsrechte, Einschnitte bei der Ver-sammlungs- und Vereinigungsfreiheit. Die De-mokratie darf sich auf diese Weise schützen.Sie darf dies tun, wenn Handlungen zum Bei-spiel einer Partei darauf abzielen, unsereGrundordnung funktionsunfähig zu machen,um sie letztlich zu beseitigen. Das Bundesver-fassungsgericht formulierte es so:„Es muss vielmehr eine aktiv kämpferische,aggressive Haltung gegenüber der bestehen-den Ordnung hinzukommen, sie muss planvolldas Funktionieren dieser Ordnung beeinträch-tigen, im weiteren Verlauf diese Ordnungselbst beseitigen wollen.“

Am 3. März 2007 fordert der NPD-Fraktions-vorsitzende im Schweriner Landtag, UdoPastörs, in Halbe: „Lasst uns diese ganze ver-faulte Republik unterwühlen. Und wir haben jaschon den ein oder anderen politischen Tunnelgegraben, um dieses Konstrukt der Sieger-mächte zum Einsturz zu bringen.“Der Staat schaute zu und wehrte sich nicht.Ganz anders die Realschüler in Sanitz. Vor ih-rem Schulhof postierte sich die NPD, wollteParteimaterial unter das Schüler-Volk bringen.Die gingen auf Landtagsabgeordnete derRechtsextremen zu, um zu fragen, welches Zielsie denn verfolgen würden. Mit dieser Fragewar der Abgeordnete Lüssow überfordert, erblieb die Antwort schuldig. Die Schüler fandenes beachtlich, das Schweigen war ihnen Ant-wort genug. Die Realschule Sanitz hatte sich gewehrt. Auchauf solche Weise wird ein Zeichen gesetzt fürein weltoffenes, friedliches und tolerantesMecklenburg-Vorpommern.

Zurzeit debattieren die demokratischen Par-teien, ob durch diese Volksinitiative eine Än-derung der Verfassung erfolgen sollte. 17.000Menschen haben sich dafür stark gemacht,haben diese Initiative unterstützt. Sie hat des-halb auch die erste Hürde beim Landeswahl-leiter genommen.

G A S T K O L U M N E

Norbert Lorentzen (43) stammt aus Schleswig-Holstein undwar bis 1993 NDR-Redakteur in Kiel und Hamburg. Dannwechselte er ins Landesfunkhaus M-V zunächst nach Ros-tock, 1997 nach Schwerin. Dort leitet er seit 1998 die Re-daktion „Nordmagazin“ und ist zugleich stellvertretenderProgrammbereichsleiter Fernsehen.

NorbertLorentzen

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„Wir möchten die Jugendlichen gewinnen fürdie Idee des Parlamentarismus und ihnen dieVorzüge und Werte unseres freiheitlich-demo-kratischen Rechtsstaates vor Augen führen“,nannte Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneiderals Hauptziel dieser Veranstaltung. „Das Projekt‚Jugend im Landtag’ ist ein wichtiger Bausteinunserer politischen Bildungsarbeit“, betonte sie.Die Erfahrung zeige: Wer versteht, wie Demo-kratie funktioniert und welche Vorteile sie bietet,wird immun gegen extremistisches Gedanken-gut.Los ging´s am Montag mit einer Landtagsrallye,bei der die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dasSchloss erkundeten. Bei dem anschließendenParlamentsspiel debattierten die Jugendlichennicht nur das Für und Wider einer Benotung derLehrerinnen und Lehrer durch ihre Schüler, son-dern lernten dabei auch eine Menge über dieparlamentarische Arbeit – das Formulieren undBegründen eines Antrags, die Abwägung derverschiedenen Argumente, das Werben umMehrheiten und das Akzeptieren einer Mehr-heitsentscheidung. Am Dienstag begannen die Werkstätten zu denThemen Extremismus, Gesundheit, Bildung,Internationales, Zukunft und Nachbarschaft.Hier sammelten die Jugendlichen Fakten undMeinungen zu ihrem Thema und formulierten

auch die Fragen, über die sie beim Café MV mitden Landtagsabgeordneten diskutieren wollten.Unterstützt wurden sie von kompetenten underfahrenen Moderatorinnen und Moderatoren. Neu im Programm der Praxistag. Die „JiLies“schwärmten in alle Himmelsrichtungen aus, umsich vor Ort über Projekte und Erfahrungen zu ih-ren Werkstatt-Themen zu informieren. Exkur-sionsziele waren zum Beispiel das SchulzentrumDömitz, das Solarzentrum Wietow und die Or-ganisation „Youth For Understanding“ in Ham-burg. Der Gesundheitsworkshop war an diesemTag vom Sozialausschuss des Landtages zu einerDiskussion über das Nichtraucherschutzgesetzeingeladen (s. S. 17)Ein Höhepunkt von „JiL“ war erneut das „CaféMV“, bei dem die Jugendlichen im Plenarsaal anelf Tischen mit Parlamentariern diskutierten.24 Abgeordnete aller fünf Landtagsfraktionenwaren dabei und konnten sich davon überzeu-gen, dass die Jugend-im-Landtag-Teilnehmer al-les andere als desinteressiert und politikverdros-sen sind.„Eine super Veranstaltung und leider viel zuschnell vorbei.“ Das meinten zum Schluss alle –und dachten dabei an spannende Diskussionen,neue Freunde, gar nicht so langweilige Politiker,an das bunte Rahmenprogramm und viel zu we-nig Schlaf.

Auftakt für „Jugend im Landtag 2007“: Die Moderatoren Manja Graaf und Robert Angelmaier interviewen Landtags-präsidentin Sylvia Bretschneider und Sozialminister Erwin Sellering.

6/2007 LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern

S P E Z I A L

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„Ein tolles Projekt für politikinteressierte Jugendliche“ – so die einhellige Meinung derjungen Leute aus Mecklenburg-Vorpommern, die vom 2. bis 6. Juli an dem Projekt„Jugend im Landtag“ teilnahmen. Unter dem Motto „Schläfst du noch – oder JiLst duschon“ hatten der Landtag und der Landesjugendring M-V zum 5. Mal dazu aufgeru-fen, im Schweriner Schloss miteinander und mit den Landtagsabgeordneten über dieThemen zu diskutieren, die den Jugendlichen unter den Nägeln brennen.

Kommentar

Im Osten der Bundesrepublik sind 57 Pro-zent der Jugendlichen demokratieun-zufrieden, und deutschlandweit interes-sieren sich lediglich 39 Prozent aller Ju-gendlichen im Alter von 15 bis 24 Jahrenfür Politik (Shell Jugendstudie 2006). Dassind jetzt keine überraschenden Zahlenund eigentlich sind sie auch nicht neu, ma-ximal wieder ein bisschen gestiegen odergesunken. Aber sie sind eine gute unddoppelte Begründung für ein Jugendbe-teiligungsprojekt wie „Jugend im Land-tag“ in Mecklenburg-Vorpommern. Ein-mal ist es ein Aufruf zur Beteiligung und ei-ne Motivation, Politik zu erleben und dannauch selbst zu machen, und doppelt: 39Prozent der Jugendlichen sind an Politikinteressiert, dann muss man sie auch ernstnehmen und die Zusammenarbeit wagen.Und Zusammenarbeit beginnt mit demAustausch von Meinungen und Stand-punkten, kritischer Konfrontation undemotional besetzter Annäherung. Da ist esdoch eine wundervolle Übereinstimmung,dass der Landtag M-V dafür seine Türenöffnet, seine Abgeordneten gewinnt unddie jungen Leute, unterstützt durch denLandesjugendring M-V, ihre Chance soschwungvoll nutzen und die (offenen) Tü-ren einrennen. Ernst, humorvoll, hitzigund/oder überlegt werden Themen disku-tiert, die so nie auf der Tagesordnung desLandtages stehen, aber das Leben vor denToren des Schlosses umso mehr ausma-chen.„Jugend im Landtag“ ist nun keine Veran-staltung, die die Jugendlichen ein bisscheneinlädt und sie dann lächelnd mit den Grö-ßen aus der Landespolitik auf Hochglanz-fotos bannt. Aber es ist auch keine Veran-staltung, die den Jugendlichen wirklicheEntscheidungsbeiträge garantiert oder de-ren Ergebnisse 1:1 im Landtag umgesetztwerden. Eine solche Umsetzung passierteigentlich so gut wie gar nicht und ein zar-ter Hauch von Alibi umweht dieses Ju-gendprojekt. Aber wann hat Alibibeteili-gung das letzte Mal so viel Spaß gemacht?Ach ja, „Jugend im Landtag 2007“ ... und2005 ... und 2003 ... soll ich weiterma-chen?!

Manja GraafBeteiligungswerkstatt des Landesjugend-rings und JiL-Projektleiterin

„Schläfst Du noch – oder JiLst du schon?“100 Jugendliche aus MV bei „Jugend im Landtag“ dabei

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A U S D E M P L E N U M / A K T U E L L E S T U N D E

kenntnis, dass Föderalismus solidarisch seinmuss, sei älter als die Finanzreform von 1969.Schon bei der ersten Klage Baden-Württem-bergs gegen den Finanzausgleich habe dasBundesverfassungsgericht festgestellt, dass fi-nanzstärkere Länder den finanzschwächerenHilfe schulden. „Das Modell eines kooperati-ven, solidarischen Föderalismus, in dem starkeLänder die schwächeren stützen, in dem sozi-ale Standards und Leistungen unter Berük-ksichtigung des Verfassungsprinzips derGleichwertigkeit der Lebensverhältnisse ge-staltet werden, muss erhalten bleiben“, for-derte er.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Dr. ArminJäger sprach sich ebenfalls gegen einen „un-fairen“ Steuerwettbewerb aus, bei dem Meck-lenburg-Vorpommern nur verlieren könne. Erplädierte jedoch für einen „fairen Wettbewerbum die bessere Lösung“ der Finanzprobleme.„Da sind wir in Mecklenburg-Vorpommerngar nicht schlecht aufgestellt“, sagte Jägerund verwies auf den Haushaltsentwurf2008/2009. Die Unionsfraktionschefs der Län-der seien sich kürzlich einig gewesen, dass amSolidarpakt II nicht gerüttelt werden solle. Dashabe auch die so genannte „Große Fraktions-vorsitzendenkonferenz“ einstimmig zum Aus-druck gebracht. „Auch das war vorher, zu-mindest verbal, von dem einen oder andereninfrage gestellt worden“, erinnerte er.

Der FDP-Fraktionschef Michael Roolf wand-te sich gegen „Denkverbote“. Bei der Laden-

ren ziehen, weil sich finanzstarke Länder nie-drigere Steuern leisten können“, betonte derSPD-Politiker.

„Ein Mehr an Wettbewerbsföderalismusbringt uns in Mecklenburg-Vorpommern nichtvoran“, sagte Ministerpräsident Dr. HaraldRingstorff. Ein fairer Wettbewerb sei wegender unterschiedlichen Finanzkraft der Ländernicht möglich. Den Vorschlag des badenwürt-tembergischen Ministerpräsidenten GüntherOettinger (CDU) für einen Entschuldungsfondsbezeichnete Ringstorff als „trojanischesPferd“, weil die Geberländer damit zugleichmehr Steuerautonomie durchsetzen wollten.„Mecklenburg-Vorpommern macht seineHausaufgaben“, sagte Ringstorff mit Blick aufden von seiner Regierung geplanten Schul-denabbau. Eindämmung der Verschuldungund Bürokratieabbau würden sehr eng mit-einander zusammen hängen. Bei der Födera-lismusreform gehe es um ein Gesamtpaket,bei dem unter anderem Maßnahmen zur Be-wältigung von Haushaltsrisiken und auch dieModernisierung staatlicher Aufgaben eineRolle spielen.

Linksfraktionschef Professor Dr. WolfgangMethling warnte vor einer Einschränkung derVerschuldungsmöglichkeiten. Die öffentlicheVerschuldung und die damit verbundene Zins-last stelle ohne Zweifel ein Problem dar. „Aberden Ländern darf nicht mit starren Verbotenund restriktiven Regelungen die Luft zum At-men genommen werden“, betonte er. Die Er-

Die Landesregierung hat sich in der Ak-tuellen Stunde am 11. Juli im LandtagMecklenburg-Vorpommern konsequentgegen mehr Wettbewerb in der Steuer-politik ausgesprochen. Wenige Tage zu-vor hatte der baden-württembergischeMinisterpräsident Günther Oettinger(CDU) einen Entschuldungsfonds vorge-schlagen. Oettinger, der auch Co-Vorsit-zender der Föderalismuskommission II ist,hatte eine rasche Verschärfung der Regelnfür die Aufnahme von neuen Krediten ge-fordert. Der Vorschlag wurde im Landtagkontrovers diskutiert.

Nach Auffassung des SPD-Fraktionsvorsitzen-den Volker Schlotmann ist klar, „wohin dieReise gehen soll“. Die finanzstarken Länderwollen seiner Meinung nach „aus der Solida-rität in dieser Republik“ aussteigen. „Es ist einKampf der starken süddeutschen Länder ge-gen die wirtschaftlich schwächeren norddeut-schen Länder“, betonte er. Davon sei auchMecklenburg-Vorpommern betroffen. DasBundesland habe keinerlei Interesse an einemStaat, der sich durch Wettbewerbsfödera-lismus auszeichnet. „So etwas dürfen wir nichtzulassen“, betonte Schlotmann. Die Aus-gangssituationen in den Ländern seien dafürviel zu unterschiedlich. Das würde auch demZiel, der Schaffung gleichwertiger Lebensver-hältnisse, zuwider laufen. Am bewährten ko-operativen und solidarischen Föderalismusdürfe nicht gerüttelt werden. „Wir wollennicht, dass finanzschwache Länder den Kürze-

Solidarischen Förderalismus erhalten Föderalismusreform II in Aktueller Stunde diskutiert

Professor Dr. Wolfgang Methling (DIE LINKE)Volker Schlotmann (SPD) Ministerpräsident Dr. Harald Ringstorff

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öffnung und dem Nichtraucherschutz habesich das föderale System bewährt. Bei den Fi-nanzen müsse in Deutschland gelten: „Werbestellt, bezahlt.“ Bei einer Staatsverschul-dung von insgesamt 1,5 Billionen Euro gelte:„Wir haben alle in den letzten Jahren aufKosten der kommenden Generation gelebt.“Das Thema Generationengerechtigkeit wer-de zu wenig angesprochen. Es müsse Ansatzder Föderalismusreform II sein, diese Gerech-tigkeit wiederherzustellen. Die Generation,die Geld ausgibt, müsse auch dafür sorgen,dass sie nicht solche Altlasten in die nächsteGeneration hineinträgt, „dass die nächsteGeneration so wenig Luft zum Atmen hat,dass es ihr keinen Spaß mehr macht, sich inder Gesellschaft zu bewegen.“ Die FDP seifür mehr Transparenz in den Finanzbezie-hungen.

Der Zusammenhalt der Länder hängt nachAuffassung des NPD-Abgeordneten StefanKöster „sowieso nur noch am seidenen Fa-den“ und drohe zu zerbrechen. „Arme ge-gen Reiche“ – die Föderalismusreform II füh-re offenbar eine Kehrtwende in der Bezie-hung der Länder herbei. „Unter dem harmo-nischen Namen ‚Modernisierung der Bund-Länder-Finanzierung’ verbirgt sich der größ-te Verteilungskampf in der Geschichte derBundesrepublik“, sagte er. Unbeteiligte wür-den „zu Recht“ den Eindruck erhalten, dassder Wettbewerb unter den Ländern auf ei-nem freien Markt beginnt. Doch der werdenicht von allein für Gerechtigkeit sorgen.„Unser kleines und wunderschönes Landwird, wenn sich die bisherigen Verhandlun-gen so fortsetzen, in einigen Jahren nichtmehr existieren“, mutmaßte er.

Die ostdeutschen Länder hätten in der Regelalle die gleichen Probleme zu lösen, sagteRudolf Borchert (SPD). „Da sind Stichwortewie demografische Entwicklung, insbeson-dere Verlust von Bevölkerung durch Abwan-derung, der Solidarpakt II läuft 2019 aus, dieEU- und Strukturfondsförderung wahr-scheinlich 2013.“ Das Entscheidende sei,dass die ostdeutschen Länder nur etwa 40Prozent des Steueraufkommens aus eigenerKraft erzielen. Das werde sicherlich auch inden nächsten Jahren noch so bleiben. „Dasheißt, die ostdeutschen Länder sind, das magman bewerten, wie man will, ganz nüchternbetrachtet, relativ finanzschwach.“ Die neu-en Länder hätten gemeinsame Interessen.Dazu gehöre auch, dass der Solidarpakt IInicht infrage gestellt werde.

Die Diskussion zur Föderalismusreform IIzeigt nach Auffassung des CDU-PolitikersMathias Löttge „sehr deutlich“, dass esdurchaus eine parteiübergreifende Diskus-sion sei, keine zwischen ostdeutschenBundesländern oder neuen Bundesländernund alten Bundesländern, sondern zuneh-mend zwischen Geber- und Nehmerländernund damit zwischen vermeintlich armen undreichen Ländern. Bei einer Verschuldung inDeutschland von 1,5 Billionen Euro bestehedringend Handlungsbedarf. Mecklenburg-Vorpommern habe mit der Eindämmung derNeuverschuldung auf Null schon recht gutreagiert. Ziele der Föderalismusreform II soll-ten auf jeden Fall sein, die Wirtschaftskraft inden Ländern zu erhöhen, für ausgeglicheneVerhältnisse zu sorgen und den Länderfi-nanzausgleich auch zukünftig solidarischzwischen den Bundesländern zu gestalten.

Michael Roolf (FDP)Dr. Armin Jäger (CDU) Stefan Köster (NPD)

Rudolf Borchert (SPD)

Mathias Löttge (CDU)

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fen, um dem grassierenden militanten undaggressiven rechtsextremistischen Treibenwirksam zu begegnen“, sagte er und sprachsich für ein Verbot der NPD aus. „Sie ist derentscheidende organisatorische Arm des Ne-onazismus.“ Der Linken gehe es nur darum, die NPD ausdem Weg zu schaffen, monierte MichaelAndrejewski (NPD). Die Partei wolle damitMecklenburg-Vorpommern zu einer kleinenDDR machen.

Braunkohleabbauin Grieser GegendEinstimmiges Votum gegen Eingriff in die Natur

Der Landtag hat am 11. Juli einstimmigden Abbau von Braunkohle bei Lüb-theen im Kreis Ludwigslust abgelehnt.„Wir wollen den Abbau nicht“, sagte Um-weltminister Dr. Till Backhaus und verwiesauf die Bedeutung von Arten-, Klima- undNaturschutz für die Region. Große Heide-komplexe und Tiere wie die Heidelerche seienselten in Europa und dürften nicht gefährdetwerden. Der Braunkohletagebau würde dasLandschaftsbild in der Griesen Gegend gra-vierend verändern. Der geplante Raubbau ander Natur „bedroht unsere Existenz“, beton-te er. Der Raum Lübtheen dürfe nicht längerin den Negativschlagzeilen stehen. Auch Wirtschaftsminister Jürgen Seidelsprach sich gegen eine Förderung der in derGriesen Gegend lagernden Diatomeenkohleaus, die einen niedrigen Heizwert habe, de-ren Aschen aber in der Industrie vielseitig ver-wendbar seien. Das Bergamt in Stralsund ha-be einer Verlängerung der Ende 2005 ausge-laufenen Erkundungserlaubnis für das Unter-nehmen Mibrag nicht zugestimmt. DenWiderspruch der Mibrag werde das Bergamtauch zurückweisen. Sigrun Reese (FDP) schränkte ein, das Land-tagsvotum bedeute kein endgültiges Endeder Abbaupläne. Aber es sei ein wichtigerSchritt in die Richtung. Die Errichtung einesTagebaus käme einer Naturkatastrophegleich, da die Region gerade im Tourismus-Bereich gute Zuwachsraten verzeichne. Birgit Schwebs (DIE LINKE) begrüßte vor al-lem, dass „heute endlich der gemeinsameAntrag der demokratischen Fraktionen aufdem Tisch liegt“. Bereits zu DDR-Zeiten habees Erkundungen des Vorkommens gegeben.

Sie erwarte von der Landesregierung ein kla-res Votum gegen den Abbau. Zumal Teile desErkundungsfeldes als so genannte FFH-Ge-biete mit einmaligen Lebensräumen gemel-det seien, sagte sie. Wolfgang Waldmüller (CDU) verwiesebenfalls auf die gravierenden Folgen, dieder Tagebau für die Region hätte. „Das wäreein massiver Einschnitt in die Natur. Giganti-sche Flächen werden beansprucht, Dörferund Städte müssten weichen.“ Ein klares po-litisches Zeichen sei wichtig für die Bevölke-rung dort. Deshalb müsse der Landtag seineZustimmung zum Abbau verweigern. Bisher habe es nur Kaffeekränzchen und Lip-penbekenntnisse der „demokratischen Ver-sagerparteien“ gegeben, sagte NPD-Frak-tionschef Udo Pastörs. Seine Partei werdeweiter gegen den „US-Konzern Mibrag“kämpfen. Die SPD-Abgeordnete Dr. MargretSeemann, die aus der Griesen Gegendstammt, warf der NPD eine „vordergründi-ge“ Protestpolitik vor. Auch sie sprach sichgegen den Tagebau aus. Es sei „unsinnig“,eine Region mit intaktem Gleichgewicht zuzerstören, nur um minderwertige Rohstoffezu gewinnen. Sie forderte, verstärkt alterna-tive Energiequellen zu nutzen. Der Tagebaubedeutet in ihren Augen einen Verlust vonLebensqualität und hätte einen weiteren Be-völkerungsrückgang durch Abwanderungzur Folge.

Volksinitiativegegen RechtsextremismusKontroverse Diskussion im Landtag

Die Volksinitiative gegen Rechtsextre-mismus, die von mehr als 17.000 Men-schen im Land unterschrieben wurde, er-hitzte am 11. Juli die Gemüter im Land-tag. Die Initiative zielt auf eine Ände-rung der Landesverfassung, um dieWiederbelebung nationalsozialistischenGedankenguts besser unter Strafe stel-len zu können. Zudem soll das Wirkenvon Vereinigungen, welche die Men-schenwürde angreifen, eingeschränktwerden können. Der Antrag wurde zurweiteren Beratung in die Ausschüsseverwiesen. Die NPD stimmte gegen dieÜberweisung.„Die Ziele der Volksinitiative stimmen hun-dertprozentig mit unseren Vorstellungenüberein“, sagte der innenpolitische Sprecherder SPD-Fraktion, Norbert Nieszery. Er hof-fe auf eine Änderung der Landesverfassungin einer grundgesetzgemäßen Formulierung. Redner von CDU und FDP und auch Justiz-ministerin Uta-Maria Kuder äußerten Be-denken, dass Forderungen der Volksinitiativemit dem Grundgesetz vereinbar sind. Sokönne das Grundrecht auf die Bildung vonVereinigungen berührt sein, hieß es. Die Mi-nisterin lobte die Volksinitiative dafür, dasssich Menschen gegen Extremismus positio-niert haben. „Es ist wichtig, deutlich Stellungzu beziehen.“ Jedoch müsse sich dies auf al-len Extremismus, von rechts wie von links,beziehen. Der Parlamentarische Geschäftsführer derFDP-Fraktion, Gino Leonhard, hält eine Ver-fassungsänderung nicht für nötig, um Extre-mismus zu bekämpfen. Volksverhetzung seibereits strafbar, und verfassungsfeindlicheOrganisationen könnten auch jetzt theore-tisch verboten werden, sagte er. „Wir brau-chen keine weiteren verfassungsrechtlichenNormen, wir müssen die bestehenden Ge-setze vielmehr strikt und schnell durchset-zen.“ Der innenpolitische Sprecher der Linksfrak-tion, Peter Ritter, verteidigte das Ansinnender Volksinitiative. DIE LINKE hatte die Initia-tive maßgeblich mit vorangetrieben. „Es gehtden Initiatoren darum, in der Landesverfas-sung eine sichere Rechtsgrundlage zu schaf-

STICHWORT

DiatomeenkohleGemisch aus Braunkohle und Diato-meen (Schalen von Kieselalgen). Wegendieser Zusammensetzung ist Diato-meenkohle für die Energiegewinnungvon minderwertiger Qualität (60 ProzentHeizwert im Vergleich zu reiner Braun-kohle). Die energetische Verwendung al-lein ist deshalb nicht lukrativ. Ein Abbauwird erst im Zusammenhang mit derWeiterverwertung der Verbrennungs-rückstände wirtschaftlich. Die Asche be-steht zum Großteil aus Kieselgur und istdeshalb vielseitig verwendbar. So kannsie zum Beispiel Schadstoffe aus Gasenfiltern oder als Isoliermaterial verwendetwerden. Das Diatomeenkohle-Vorkom-men bei Lübtheen wurde bereits in den70er und 80er Jahren durch die DDR er-kundet.

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Rauchverbot in M-VLandtag beschloss Gesetz zum Nichtraucherschutz

Als eines der ersten Bundesländer ver-bietet Mecklenburg-Vorpommern vom1. August an das Rauchen in Schulen,Krankenhäusern, Behörden und vielenanderen öffentlichen Gebäuden. Vomkommenden Jahr an ist der Tabakgenussauch in Gaststätten untersagt. Aller-dings dürfen dort speziell gekennzeich-nete Raucherräume eingerichtet wer-den. Das hat der Landtag vor der Som-merpause am 11. Juli mit großer Mehr-heit beschlossen.

In Mecklenburg-Vor-pommern rauchtnach Angaben vonSozialminister ErwinSellering jeder Dritte.Das sei bundesweitein Spitzenwert, be-

klagte er. Mecklenburg-Vorpommern wollesich mit einem umfassenden Nichtraucher-schutz aber weiter als Gesundheitsland pro-filieren. Sellering kündigte an, Projekte ge-gen das Rauchen zu unterstützen und Hilfenbeim Ausstieg anzubieten. Für Lehrer gebe esbereits Seminare „Auf dem Weg zur rauch-freien Schule“. Mit Blick auf den Schutz vonKindern in Raucherhaushalten sagte Selle-ring, er hoffe auf ein Umdenken in der Ge-sellschaft hin zu mehr Rück-sichtnahme. ImNordosten lebten rund 30 Prozent der unterZehnjährigen in Raucherhaushalten. Wie inFamilien könne der Staat auch beim Rauchenin Wohnungen nicht regelnd eingreifen. Vie-le Menschen fühlten sich aber durch Taba-krauch aus Nachbarwohnungen und -balko-nen belästigt. Dort seien „kluge Lösungen“gefragt. „So ist es denkbar, dass kommuna-le Wohnungsgesellschaften vielleicht Nicht-raucherhäuser ausweisen“, schlug der Mi-nister vor.Das Gesetz für Mecklenburg-Vorpommernsieht empfindliche Strafen vor: Raucher, wel-che die Verbote ignorieren, müssen mit bis zu500 Euro Geldbuße rechnen. Gastwirten undanderen Hausherren, deren Gebäude vonRauchverboten betroffen sind, drohen beiNichteinhaltung der Vorschriften bis zu10.000 Euro Strafe. Die Bußgeldregelung giltallerdings erst ab August nächsten Jahres.Der oppositionellen FDP sind die Bußgelderzu hoch, die Mehrheit der Fraktion enthieltsich bei der Abstimmung. „Die Höhe derBußgelder ist völlig unangemessen und nicht

akzeptierbar“, sagte FDP-FraktionschefMichael Roolf. Ein Änderungsantrag seinerFraktion, der unter anderem Ausnahmerege-lungen zur Einrichtung von Rauchergaststät-ten vorsah, wurde abgelehnt. Änderungsanträge der LINKEN scheitertenebenso wie die der NPD. Mehrere Enthaltun-gen gab es auch bei der größten Opposi-tionsfraktion, der LINKEN. Deren gesund-heitspolitische Sprecherin Dr. MarianneLinke kritisierte, dass in das Rauchverbotnicht auch die Gelände von Krankenhäusernund die Strände einbezogen sind. Die Mög-lichkeit, abgeschlossene Raucherräume ein-zurichten, bezeichnete sie als „Zugeständnisan die Tabaklobby“. Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Günter Rühs, verteidigte das Ge-setz. Es sehe einen weit reichenden Schutzder Nichtraucher vor den Folgen des Passiv-rauchens vor, sagte er. Jährlich sterben anden Folgen von Tabakqualm in Deutschlandmehr als 3300 Nichtraucher, betonte er. Das neue Gesetz strotze vor Bürokratie, des-halb lehne es seine Fraktion ab, sagte StefanKöster (NPD). Es sei zu befürchten, dass klei-ne Gaststätten nun kaputtgehen würden. Die SPD-Fraktion und mit einer Enthaltungauch die CDU-Fraktion stimmten dem Nicht-raucherschutzgesetz komplett zu, die rechts-extreme NPD lehnte es ab.Von August an gelten Nichtraucherschutz-gesetze auch in Niedersachsen und Baden-Württemberg. In Hessen tritt ein entspre-chendes Gesetz am 1. Oktober in Kraft.

Klassenfahrten zu GedenkstättenLandtag beschloss auchFortbildung der Lehrer

Klassenfahrten zu KZ-Gedenkstättenund Gedenkorten für staatliche Willkürnach 1945 werden künftig vom Land fi-nanziell unterstützt. Das hat der Landtagauf seiner Sitzung am 11. Juli mit Stim-men aus allen Fraktionen beschlossen.

Die Abgeordneten folgten damit einer Em-pfehlung des Bildungsausschusses. DessenVorsitzende Ilka Lochner-Borst forderte dasBildungsministerium auf, Begleitkonzeptio-nen zu erarbeiten. Jährlich seien 120.000 Eu-ro nötig, um jedem Schüler in Klasse 8 bis 10ein Mal eine Gedenkstättenfahrt zu ermög-lichen, sagte Bildungsminister Henry Teschin der Debatte. Das Geld soll aus verschiede-nen Haushaltstiteln gebündelt werden. DerMinister kündigte Fortbildungen für Lehrerab dem Herbst an, um die pädagogische Ein-bindung der Klassenfahrten zu garantieren.Gefördert werden sollen Gedenkstätten-Fahrten vom zweiten Schulhalbjahr 2007/08an.Die Förderung der Exkursionen geht auf ei-nen Antrag der oppositionellen LINKEN zu-rück. Deren Forderung nach Zuschüssen fürKlassenfahrten zu KZ-Gedenkstätten war imBildungsausschuss erweitert worden, so dassauch Gedenkorte für die Geschichte nach1945 einbezogen sind.

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6/2007 LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern

A U S D E M P L E N U M / B E R I C H T E

Im Rahmen eines gemeinsamen Schülerprojekts der Land-tage Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg in derMahn- und Gedenkstätte Ravensbrück sprachen Jugend-liche aus Anklam und aus Falkenberg/Elster mit der Holo-caust-Überlebenden Batsheva Dagan.

Rauchverbot in M-V ab 1. August- Behörden von Land und Kommunen

sowie im Landtag- Schulen und deren Gelände- Erziehungs- und Bildungseinrich-

tungen und deren Gelände- staatliche Hochschulen- Krankenhäuser, Vorsorge- und

Rehabilitationseinrichtungen- Heime (ausgenommen Einzel-

wohnräume)- Sportstätten- Kinos, Museen, Bibliotheken,

Theater, Konzert- und andere Veranstaltungsstätten

- Passagierterminals der Flughäfen und Häfen

- Gaststätten, darunter auch Diskothe-ken (ab 1. Januar 2008)

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Die offenen Fragen nach dem Stopp der Re-form verlangten nach schnellen Antworten,erklärte FDP-Fraktionschef Michael Roolf.Er forderte eine stärkere Beteiligung der Bür-ger und des Parlamentes an der Reform. MitBlick auf die rechtsextremistische NPD warn-te er jedoch: „Wir sollten uns nicht gegen-seitig beschimpfen.“ Seine Fraktion wolle ei-ne Neuausrichtung der Enquete-Kommissionzur kommunalen Selbstverwaltung durchset-zen. Die FDP hatte beantragt, der Kommis-sion einen neuen Auftrag und den Spitzen-vertretern der kommunalen Verbände einStimmrecht zu geben. Das lehnte das Parla-ment aber mit großer Mehrheit ab. Auch ein Antrag der Linksfraktion, wonachdie Regierung dem Landtag noch im Sep-tember ein Rahmenkonzept für die neue Re-form vorlegen sollte, lehnte das Parlamentmit den Stimmen der Großen Koalition ab.„Der Reformdruck nimmt weiter zu“, warn-te Gabriele Mestan (DIE LINKE), die den An-trag ihrer Fraktion einbrachte. Derzeit gebees zur notwendigen und umfassenden Mo-dernisierung der Verwaltung keine schlüssigeKonzeption. Sie sprach sich gegen eine Ver-schiebung der Kreisgebietsreform „weit überdas Jahr 2009“ aus. Die SPD/CDU-Koalition wolle noch „in dieserLegislaturperiode“ eine Neuauflage der Ver-waltungsreform auf den Weg bringen, kün-digte Ministerpräsident Dr. HaraldRingstorff an. Im ersten Quartal 2008 wol-le die Regierung dem Landtag Leitlinien fürdie Reform zur Diskussion vorlegen. Auf die-sen Zeitplan habe sich das Kabinett un-mittelbar nach dem Verfassungsgerichtsurteilverständigt. „Das Urteil war natürlich eine große Enttäu-schung“, gestand Sozialminister ErwinSellering ein, der sich als Abgeordneter derSPD-Fraktion zu Wort meldete. Die Situationim Land habe aber eine „mutige Lösung“ er-fordert. Selbst die Gegner des Vorhabenshätten den Reformbedarf erkannt. Eine weit-gehende Verwaltungsreform werde wohl nie

im Einverständnis aller Beteiligten durchge-setzt werden können. „Wir sind jedenfallsweiter konstruktiv dabei“, versicherte er. „Dem Ehrenamt ist nicht Genüge getan wor-den“, kritisierte Landtagsvizepräsident HansKreher. Er habe Erfahrungen als Bürger-meister gesammelt. „Da, wo die Selbstver-waltung gut ist, gibt es auch Erfolge für dieKommunen“, sagte der FDP-Politiker. Dasmüsse bei dem neuen Reformvorhaben un-bedingt beachtet werden.Jürgen Seidel (CDU) hob hervor, dass dieCDU „nie Zweifel an der Notwendigkeit derReform“ gehegt habe. Er warnte davor, sichvorschnell auf die Anzahl der künftigen Krei-se festzulegen. „Wir brauchen einen breitengesellschaftlichen und politischen Konsens“,betonte er. Nach Überzeugung von LinksfraktionschefProf. Dr. Wolfgang Methling sind die Vor-arbeiten für die letztlich gescheiterte Reformeine „brauchbare Basis“ für das neue Kon-zept. Man fange jetzt nicht bei Null an. Vonder Sondersitzung müsse das Signal ausge-hen, dass „dieser Landtag einen schädlichenReformstau vermeiden und schnellstmög-lich“ die notwendigen Schritte für das Vor-haben einleiten will.Michael Andrejewski (NPD) bezeichnetedie Sondertagung als „völlig überflüssige Pa-rodie auf eine Landtagssitzung“. Das Urteilder Greifswalder Richter zeige die Grenzenfür die Reform und die Gebrauchsanweisungfür eine neue. Damit müsse man sich gründ-lich auseinandersetzen. Innenminister Lorenz Caffier betonte, dasses „natürlich das Recht der Opposition“ sei,eine Sondersitzung zu initiieren. „Aber alles,was ich heute gehört habe, hätte auch aufder nächsten regulären Sitzung vorgetragenwerden können.“ Er hob dennoch den Hand-lungsdruck hervor, der durch die demogra-phische Entwicklung entstehe. Mit jedemwegziehenden Einwohner gingen dem Landpro Jahr 2.300 Euro an Finanzzuweisungenverloren. „Die Landesregierung ist nicht in

der Lage, neues Geld zu drucken, um diesesden Kommunen in unerschöpflichen Maßezur Verfügung zu stellen“, sagte Caffier.„Wir werden um Kompromisse ringen müs-sen“, sagte er. Von der „kommunalen Fami-lie“ erwarte er „Bereitschaft zum Konsens“.Heinz Müller (SPD) kritisierte unter ande-rem, dass das Verfassungsgericht keine kla-ren Linien vorgegeben habe, etwa zur Größeder Kreise. „Es war ein vernünftiger und mu-tiger Schritt“, verteidigte er im Nachhineindas Reformmodell von Rot/Rot. Er warntenun vor schnellen Lösungen. „Wir haben ei-nen komplexen Diskussionsprozess vor uns“,sagte er. Bis 2009 werde die Frage der neu-en Kreisstrukturen wohl nicht gelöst sein. Sebastian Ratjen (FDP) betonte, das Landbrauche dringend eine Verwaltungsreform.Aber die dürfe nicht nach Art von Kolonial-mächten durchgesetzt werden. Er forderte,die Landesregierung müsse mehr auf Freiwil-ligkeit der Kommunen statt auf Zwangsmaß-nahmen setzen. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Dr. ArminJäger betonte, die Landesregierung sei mitihrer Arbeit bereits weiter, als die Antragstel-ler verlangten. Nun werde aber Zeit benötigt.„Ich hatte gehofft, dass wir bis 2009 dasneue Modell haben. Aber das ist nicht zuschaffen.“ Udo Pastörs (NPD) sieht in dem nun hinfäl-ligen Gesetz zur Verwaltungsreform ein„hochgiftiges Gebilde“, mit dem das kom-munale Ehrenamt „massiv gefährdet“ gewe-sen sei. Er warf der Regierung „Unvermö-gen“ vor. Gino Leonhardt (FDP) forderte einen „breitangelegten und sofort beginnenden Pro-zess“ der Neuaufstellung des Gesetzes. DieFDP sei nicht gegen die Zusammenfassungvon Gebiets- und Funktionalreform, aber füreine breite öffentliche Beteiligung. Das Landbrauche einen Wettbewerb der besten Lö-sungen für eine Reform.

A U S D E M P L E N U M / B E R I C H T E

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LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 6/2007

Neue Verwaltungsreform bis 2011 geplantDringlichkeitssitzung mit kontroverser Diskussion

Der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern hat am 24. August mit einer Dringlich-keitssitzung die Debatte um die künftige Verwaltungsstruktur des Landes neu ge-startet. Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider berief die Sondersitzung auf An-trag der Oppositionsfraktionen von FDP und LINKE ein, die die nötige Anzahl vonUnterstützungsunterschriften vorlegten. FDP und LINKE reagierten mit ihrem Antragauf das Urteil des Landesverfassungsgerichtes, das Ende Juli das 2006 beschlosseneVerwaltungsmodernisierungsgesetz beanstandet hatte. Nun muss der Landtag nachMöglichkeiten einer verfassungskonformen Reform suchen.

Das UrteilDas Landesverfassungsgericht hat am26. Juli die für 2009 geplante Kreisge-bietsreform für verfassungswidrig er-klärt. Sie verstoße gegen das Recht aufkommunale Selbstverwaltung. Zudemkritisierten die Richter den mangelndenAbwägungsprozess im Gesetzgebungs-verfahren. Elf Landkreise, vier kreisfreieStädte und 24 Abgeordnete der CDU-Landtagsfraktion hatten gegen das imApril 2006 beschlossene Gesetz geklagt.

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6/2007 LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern

„ […] Zu lange ha-ben wir in Deutsch-land geglaubt, dassdie Erfüllung desstaatlichen Bildungs-und Erziehungsauf-trages nur mithilfeeiner Detailsteue-rung über Lehrpläne,

Verordnungen und Erlasse erreicht werdenkann. […] Leistungsvergleiche wurden tabu-isiert und Leistungsunterschiede totge-schwiegen. […]

A U S D E M P L E N U M / D E B A T T E N A U S Z Ü G E

Endlich diskutieren wir über die großen Leis-tungsunterschiede, die sowohl zwischen Re-gionen als auch zwischen einzelnen Schulenbestehen, und die damit verbundenen Un-gerechtigkeiten für Lebenschancen jungerMenschen. Das enorme Gefälle in der Leis-tungsfähigkeit von Schulen und Schülern […]ist alarmierend wie das insgesamt beschei-dene Abschneiden im internationalen Leis-tungsvergleich […]Das Modellvorhaben „Mehr Selbstständig-keit für Schulen“ war eine Konsequenz ausdem schwachen Abschneiden unserer Schü-

ler bei der PISA-Studie. 20 Schulen des Lan-des starteten im Schuljahr 2004/2005 dasProjekt. Sie übernahmen eigenständig dieAufgabengestaltung von Arbeitsfeldern wiePersonalmanagement, Unterrichtsgestal-tung, Unterrichtsorganisation, Mittelbewirt-schaftung sowie inner- und außerschulischePartnerschaft. […] Das nun zum Schuljahresende auslaufendeModellprojekt […] wurde mit viel Kreativitätund Engagement an den ausgewähltenSchulen […] durchgeführt. Wer sich mit denbetreffenden Schulleitern oder Lehrern und[…] mit Schülern der entsprechenden Schu-len unterhalten hat, wird festgestellt haben,dass fast durchgängig bei dem Projekt von ei-nem Erfolg gesprochen wird. Und auch in derabschließenden Pressekonferenz zu diesemModellvorhaben in Hasenwinkel waren sichdie Anwesenden darüber einig, dass sich dieTeilnahme an dem Modell gelohnt hat. Mit unserem […] Antrag möchten wir dieLandesregierung auffordern, alle Ergebnisseund Daten des Projekts zusammenzutragen.Darüber hinaus fordern wir, […] darzulegen,welche Konsequenzen die Landesregierungzur Stärkung der Einzelschule zieht. […] Ichbitte Sie […] um Unterstützung für unserenAntrag und danke für Ihre Aufmerksamkeit.“

Mehr Selbstständigkeit für SchulenLandtag diskutiert Konzept für mehr Eigenverantwortung

Bildungsminister Henry Tesch (CDU) hat am 12. Juli im Landtag seinen Kurs für mehrSelbstständigkeit der Schulen gegen Kritik von der Opposition verteidigt. Vom Schul-jahr 2008/2009 an sollen die rund 600 staatlichen allgemeinbildenden Schulen imNordosten größere Freiheiten bei ihrer Unterrichtsgestaltung, bei der Mittelbewirt-schaftung und bei Vereinbarungen mit außerschulischen Partnern sowie mehr Per-sonalbefugnisse erhalten. Die FDP forderte eine Abkehr vom Lehrerpersonalkonzept,DIE LINKE kritisierte eine zeitliche Lücke nach Auslaufen des Modellprojekts, und dieSPD sprach sich für die Ausdehnung des Konzepts auf mehr Schulen aus. Landtags-Nachrichten dokumentieren nachfolgend Auszüge aus der Debatte.

Marc Reinhardt, CDU:

„Modellprojekt erfolgreich“

Andreas Bluhm, DIE LINKE:

„Eine Schule ist kein Wirtschaftsbetrieb“

„Frau Präsidentin! Meine Damen und Her-ren! Dies ist nun der zweite Berichtsantragder Koalitionsfraktionen in dieser Landtags-sitzung zu Fragen der Bildung, diesmal vonder CDU. Beide Anträge unterscheidet nur:

Der jetzt zu behandelnde Antrag ist nochsubstanzloser und deshalb auch überflüssig.Es fragt sich, wozu die Landesregierung be-richten soll, wenn der Minister in seiner Pres-seerklärung vom 27.06. auf drei Seiten aus-

führlich die Ergebnisse des auslaufendenModellversuchs „Mehr Selbstständigkeit vonSchulen“ bilanziert, die nächsten Schritte zurEinführung nennt und zehn Merkmale einerselbstständigen Schule definiert. Die nächs-ten Schritte zur Einführung für das Schuljahr2007/2008 werden laut Minister vorrangig,oder sollte ich besser sagen, ausschließlich,die Schulleiterinnen und Schulleiter betreffen[…] Feststellung in der Presseerklärung:„Mehr Selbstständigkeit in Schulen stellt er-weiterte Anforderungen an den Schulleiter.Er wird zum Manager, der neben dem Unter-richt auch eine erweiterte Verantwortung fürseine Lehrer hat.“ Mal abgesehen davon,dass diese Anforderungen auch für Schullei-terinnen und die Verantwortung auch fürLehrerinnen gilt, habe ich beim Begriff „Ma-nager“ doch so einige Bauchschmerzen. Ge-nau das sollten Schulleiter oder Schulleiterin-nen eben nicht allein sein. Eine Schule ist

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LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 6/2007

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„[…] Wenn wir uns beim Thema „Selbststän-dige Schulen“ umgucken, wissen zumindestalle, die schon länger hier im Haus sind, dassdas unser Baby war und dass wir sehr gernewollten, dass hier ein vernünftiger Versuch ge-startet wird, den Schulen mehr Spielräume zulassen, Spielräume, die ausgefüllt werden kön-nen, die aber auch ihre Grenzen haben. Die ih-re Grenzen haben in der hoheitlichen Aufgabevon Bildung und in den Rahmenbedingungen,die unter anderem durch das Lehrerpersonal-konzept von uns selbst geschaffen wurden.Und wenn wir uns jetzt auf der anderen Seiteganz heftig beklagen, dass das, was für gut be-funden wurde […] nicht weitergeführt wird,so war dies hier doch ein Versuch, bei dem essich lohnt, ihn flächendeckend auszudehnen,in gewissen Grenzen, aber auch unter Berück-

sichtigung bestimmter Rahmenbedingungen. Und sind wir doch mal ganz offen: Die beson-deren Bedingungen dieser 20 motiviertenSchulen, die sich in Bewerbungsverfahrenschon als Kollegien dazu verpflichtet hatten, ja,wir wollen dieses Thema angehen, wir sindauch bereit, dafür eine ganze Menge zu inves-tieren, nämlich an Ideen, an Engagement, anzusätzlicher Arbeit – das waren 20 Schulen, 21Bewerbungen –, sagen uns doch auch ganzdeutlich, dass das von innen he-raus wachsenmuss. Das ist ein vernünftiger Anfang gewe-sen. Die Begleitung der Schulen erfolgte imÜbrigen mit dankenswerter Unterstützungvonseiten der Wirtschaft, das muss man andieser Stelle auch mal erwähnen, die das Pro-jekt wirklich wunderbar unterstützt hat […]und das auch weiterhin tun wird.

Wenn man am Ende dieses Prozesses sagt, dasist der richtige Weg, dann muss es immer nochmöglich sein nachzudenken, in welchen Schrit-ten wir das Ziel erreichen. Jedermann, der denKoalitionsvertrag gelesen hat, weiß, dass wiruns dazu als Koalitionspartner geäußert ha-ben. Das Ziel ist die flächende-ckende Einfüh-rung. Und trotzdem weiß jeder, der sich ein bis-schen dort auskennt, dass das seine Zeitbraucht. Denn dieser Motivationsweg, der voninnen kam und der gesagt hat, wir wollen diesals Kollegium, ist aus meiner Sicht eine unab-dingbare Voraussetzung, damit das Ganze einErfolg wird. Und ich sage es mal in Klammern:Ich hätte mir als nächsten realistischen Schrittgewünscht, dass man in einem ersten Schrittdie Anzahl der Schulen verdoppelt, dass manaus 20 möglichen Modellschulen 40 macht,

(Beifall Jörg Vierkant, CDU – Andreas Bluhm, DIE LINKE:

Zum Beispiel. –Dr. Wolfgang Methling,

DIE LINKE: Das wäre doch was.)

dass man zum Beispiel sagt, das erworbeneKnow-how der Modellschulen muss hierweitergegeben werden in einem überschau-baren Rahmen. Ich habe sehr engen Kontakt mit einigen Mo-dellschulen und gerade mit einer bei mir im Be-reich. Ich kann deshalb sagen, das, was dortgewachsen ist, ist etwas, was bewahrt werdenmuss. Aber ich habe nicht bemerkt, dass mi-nisterielles Handeln darauf ausgerichtet war,

kein Wirtschaftsbetrieb und sie darf auchnicht so geführt werden.

(Beifall Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Sollte man so ein Modell favorisieren, dannmüsste man privatisieren. Bezogen auf einweiterhin staatlich verantwortetes Bildungs-system sollte deshalb mit Begriffen aus derWirtschaft doch eher sparsam umgegangenwerden. Meine Damen und Herren, mit dem letztenSatz der Begründung wird der Modellversuch„Mehr Selbstständigkeit von Schulen“ zumEnde des Schuljahres 2006/2007 beerdigt.Statt weiterzumachen, wird den Modellschu-len der Titel „Selbstständige Schule“ verlie-hen, der auf einer Tafel an der Schule ange-bracht wird. Ich frage Sie: Was sind denn dasjetzt noch für selbstständige Schulen? Sie be-

kommen nicht mehr die gleichen Finanzmittel,nicht mehr die gleichen Gestaltungsmöglich-keiten. Der Titel dieses Schildes müsste folglichheißen: Wir waren eine selbstständige Schule.(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Richtig.)

Konsequent wäre es gewesen, diese Schulenweitermachen zu lassen und dann schritt-weise neue Schulen hinzuzugewinnen […]Nun wird trotzdem abgeschafft, um späterwieder einzuführen […] In der Begründungzu Ihrem Antrag schreiben Sie: „Ziel sind sta-bile Lehrerkollegien, höhere Identifikationmit der eigenen Schule und besseres Lehrenund Lernen für Lehrer und Schüler.“ Ich mei-ne, dass Lehren und Lernen als zentrales Zielzuerst zu nennen wären. Die genannten Zie-le sind doch an den 20 Modellschulen schonweitgehend Realität. Wie hoch allerdings

mag die Motivation dieser Schulen sein, diejetzt ihre Erfahrungen und Ergebnisse prak-tisch als historische Replik an die anderenSchulen weitergeben sollen? Damit be-kommt das Märchen von Hase und Igel eineganz eigene mecklenburgisch-vorpommer-sche Variante, denn der Igel müsste nun neueigentlich sagen: Ich war schon mal da. Meine sehr verehrten Damen und Herren, dawir einen Tag vor dem Schuljahresende sind,möchte ich mich bei den Lehrerinnen undLehrern, bei den Erzieherinnen und Erzieherndieses Landes, die den Schulversuch „Selbst-ständige Schule“ bestritten haben, aber auchbei allen anderen Kolleginnen und Kollegenfür die Mühen des täglichen Schulalltagsherzlich bedanken und ihnen allen erholsa-me Ferien wünschen. – Ich danke Ihnen fürdie Aufmerksamkeit.“

Heike Polzin, SPD:

„Flächendeckende Einführung braucht Zeit“

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6/2007 LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern

A U S D E M P L E N U M / D E B A T T E N A U S Z Ü G E

dies nicht zu tun. Ich habe das ganz deutlicheSignal – und für mich auch glaubwürdig – ver-nommen, dass an der Strecke weitergearbei-tet wird. Und es ist ein völlig richtiger Weg, zu-mindest eins zu machen, und zwar die Schul-leiter als Multiplikatoren einzusetzen. Dage-gen ist nichts einzuwenden.

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Richtig. Das habe ich auch nicht.)

Und es ist auch ein völlig richtiger Weg, darü-ber nachzudenken, wie man die Rahmenbe-dingungen, die nun etwas besonders warenfür die Modellschulen, das muss man auchmal kundtun, setzt.

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Auch richtig.)

Das Hauptproblem, nämlich stabile Lehrerkol-legien zu schaffen, war nur dadurch zu reali-sieren, dass man die Kollegen an diesen Schu-len für die Dauer des Modellversuches dorthalten konnte.

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Ja.)

Zum zweiten Teil der Wahrheit gehört, dafürmussten die Schulen drum herum das kom-pensieren,

(Zuruf von Minister Henry Tesch)

indem die nämlich noch mehr auf die Reise ge-schickt wurden, um das ganze Tableau, das wir

mit dem Lehrerpersonalkonzept und mit demProblem der Fachlichkeit – darum geht es jahier letztendlich – doch immer noch haben, zuhalten.Und, Herr Bluhm, Sie wissen genauso gut wieich, warum wir mit dem Problem Fachlichkeitimmer noch keinen Schritt weitergekommensind, der Hauptursache für den Lehrertou-rismus, und zwar weil das eine Sache der Ta-rifpartner ist und wir als Parlament nur werbenkonnten. Und das haben wir massiv versucht.Da bin ich mir überhaupt keiner Schuld be-wusst, geschlafen zu haben, und Sie auchnicht.

Und jetzt sind wir bei einem objektiven Sche-ma. Ich kann es diesem Minister doch nichtzum Vorwurf machen, dass der ad hoc dieseBedingungen nicht ändern kann. Die muss erjetzt einfach als gegeben zur Kenntnis neh-men und das Beste daraus machen. Ich sageIhnen, in zwei Jahren ist das Thema Fachlich-keit schon allein deshalb im Sekundarbereichkein Problem mehr, weil da ohnehin die 66Prozent für alle gelten. Wir sind in diesem Jahrim Doppelhaushalt schon dabei, mit zusätzli-chem Geld die garantierten 66 Prozent auszu-finanzieren, weil die überhaupt nicht mehr mitUnterricht abzudecken sind. Also müssen wirlieber intelligent überlegen, wie wir das Geldan den Schulen steuern müssen, damit es

beim Schüler und bei der Qualität ankommt.Darüber sollten wir uns konstruktiv streiten. Ich halte im Moment dieses Schwarze-Peter-Spiel, zu sagen, der Minister macht eine An-kündigung und er kann sie nicht umsetzen,nicht für ganz gelungen. Fakt ist, wir habendie Haushaltberatungen noch. Fakt ist auch,wir werden über manche Dinge in der Gestal-tung reden müssen. Dafür wird das hier auchim Parlament liegen. Und ich glaube, wir ha-ben in der Vergangenheit bewiesen, dass wirnicht unkritisch alle Entscheidungen hinneh-men. Wir werden auch darauf wieder auf-merksame Augen haben, aber im Moment se-he ich das Kind bei dem Thema noch nicht imBrunnen. Ich bin in der Tat sehr hoffnungsvoll,dass wir den schrittweisen Übergang in eineselbstständige Schule schaffen. Ich bin lang-sam an dem Punkt, wo ich darüber redenmöchte, wie weit darf und sollte Selbststän-digkeit von Schule gehen unter Berücksichti-gung des Themas „Bildung ist eine hoheitlicheAufgabe“. Und da kommen wir in viel span-nendere Diskussionen, die ich heute nicht auf-machen will. Aber ich sage, das Thema Kom-munalisierung und so weiter wird uns nochschön beschäftigen. Auch damit sollten wirnicht allzu lange warten, um Entscheidungenhinzubekommen. In diesem Sinne hoffe icheinfach, dass ich zur Versachlichung des The-mas ein bisschen beigetragen habe. […]“

„Mehr Selbstständigkeit für Schulen“ ist einvor drei Jahren durch das Ministerium für Bil-dung, Wissenschaft und Kultur Mecklenburg-Vorpommern initiiertes Modellvorhaben für20 Schulen unterschiedlicher Schularten, dasden Schulen mehr Eigenverantwortung über-tragen und damit unterschiedliche Initiativenzur differenzierten Schulentwicklung auslösensollte. Dabei waren vier Entwicklungsschwer-punkte gesetzt: Unterrichtsorganisation undUnterrichtsgestaltung, Gestaltung inner- undaußerschulischer Partnerschaften, Mittelbe-wirtschaftung und Personalmanagement. Al-le beteiligten Schulen – Grundschulen, För-derschulen, Regionale Schulen, Gesamtschu-len und Gymnasien – haben umfangreicheRealisierungsinitiativen auf allen Schwer-punktgebieten entwickelt und sind zu be-achtlichen Ergebnissen in der relativ kurzenProjektzeit gekommen. Alle Projektschulen hatten als vorrangiges Zieldie Verbesserung der Unterrichtsqualität for-muliert und dementsprechend eine Vielzahl

von Initiativen zur Forderung und Förderungeines jeden Schülers ausgelöst. Unter ande-rem ging es um die Rhythmisierung des Schul-alltags, die Gestaltung eines differenziertenGanztagsschulkonzepts, die Gestaltung derTeamarbeit von Lehrern, die Projekt- und Me-thodenarbeit, die individuelle Förderung, ge-zielte Kompetenzentwicklung sowie dieschulinterne Evaluation als Schlüssel für dasQualitätsmanagement für Unterricht undSchule. Besonders wertvoll sind die Erfahrun-gen zur selbstständigen Mittelbewirtschaf-tung und zur Umsetzung des zurzeit noch anbestimmte Rahmenbedingungen gebunde-nen Personalmanagements. Die Erfahrungen aus dem dreijährigen Mo-dellprojekt sollen schrittweise auf alle Schulenim Land übertragen werden. Dazu werden dienotwendigen Voraussetzungen geschaffen,indem im Überbrückungs- und Vorberei-tungsjahr 2007/08 allen rund 600 Schulleite-rinnen und Schulleitern eine Fortbildung an-geboten wird, die sie mit ersten konkreten

neuen Leitungsaufgaben in einer selbststän-digen Schule vertraut macht. Die 20 Modell-schulen, die jetzt den Titel „SelbstständigeSchule“ tragen, stehen dabei als Konsulta-tionseinrichtungen zur Verfügung. DasL.I.S.A. hat eine inhaltliche Konzeption erar-beitet und stellt einen Dozentenpool zusam-men, an dem die Modellschulen mitwirken.Minister Tesch kündigte außerdem an, dieSchulleitungen auf dem Weg zu mehr Selbst-ständigkeit zu stärken. Dazu wird ab demSchuljahr 2008/09 die Vollbeschäftigung derSchulleiter und ihrer Stellvertreter, die derzeitentsprechend des Lehrerpersonalkonzepts inTeilzeit arbeiten, angestrebt. Außerdem arbei-tet eine Stabsstelle im Ministerium derzeit aneinem Konzept, das einen Wechsel von einerklassenbezogenen zu einer schülerbezogenenZuweisung von Stunden vorsieht und ab demSchuljahr 2008/09 wirksam werden soll. Weitere Informationen unter www.kultus-mv.de

Modellprojekt „Mehr Selbstständigkeit für Schulen“

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LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 6/2007

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„Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrteDamen und Herren! Die Koalitionsfraktionenbekennen sich zur konsequenten Entwicklungder Wissensgesellschaft, zu Investition in Bil-dung und zur effizienten Organisation der Bil-

dungssysteme im Land. Innerhalb dieser Auf-gabenstellung ist die Weiterentwicklung derSchule ein entscheidender Schwerpunkt. AlleSchulen, ich betone ausdrücklich, alle Schulen,sollen in ihrer Handlungsfähigkeit gestärkt wer-

den. Deshalb sind die Bilanzierung des Modell-vorhabens und die daraus abzuleitenden Kon-sequenzen für uns sehr wichtig. Mit dem vor Ih-nen liegenden Antrag haben sich die Koali-tionsfraktionen von CDU und SPD verständigt,die Regierung aufzufordern, über das Modell-projekt für mehr Selbstständigkeit, mehr Ei-genverantwortung und erweiterte Handlungs-möglichkeiten und Kompetenzen an Schulenzu berichten und darzulegen, welche Konse-quenzen sie zur Stärkung der Einzelschulen inunserem Land ziehen.

Die Koalitionsfraktionen haben sich in ihremKoalitionsvertrag ausdrücklich zu mehr Eigen-verantwortung an der einzelnen Schule be-kannt. Die Schulen sollen mehr Kompetenz inpädagogischer, finanzieller und personeller Hin-sicht und im Hinblick auf ein klares Schulprofilin Kooperation mit außerschulischen Partnernerhalten. Ziele dabei sind stabile Lehrerkolle-

Marc Reinhardt, CDU:

„Alle Schulen in ihrer Handlungsfähigkeit stärken“

Herr Bluhm, wenn Sie zum Teil dem Ministerjetzt die Vorwürfe machen, der Erfolg des Mo-dellversuchs war schon vorher sichtbar, auchdie letzten zwei Jahre ist das sehr deutlich ge-worden, […] ist natürlich die Frage zu stellen,warum nicht in der alten Regierung schon dieentsprechenden Weichen für die Fortsetzungdieses Modellversuchs gestellt wurden.

(Heike Polzin, SPD: Das geht nicht, Herr Kreher,

das sind Haushaltsberatungen.)

[…] Es geht aber nicht darum, hier nun im-mer Recht haben zu wollen, sondern […] da-rum, dass wir sachlich weiterkommen […].Und deshalb, […] hatte ich, als ich den An-trag gesehen habe, auch noch folgende Fra-ge: Warum jetzt dieses Verfahren, wenn derHerr Minister uns erst in der letzten Bil-dungsausschusssitzung einen ordentlichenBericht darüber abgegeben hat, wie esweitergehen soll? Das habe ich nicht ganzverstanden und deshalb ist auch unser Än-derungsantrag bei Ihnen eingegangen, da-mit wir genauer festlegen, dass es umge-hend gestrichen und durch die Worte „inhalbjährlichen Abständen im Bildungsaus-schuss“ zu ersetzen ist und dass dann fest-gelegt wird, wann der nächste Sachstands-bericht zu erfolgen hat.Dass wir diesen Prozess im Bildungsaus-schuss immer wieder verfolgen und ihn be-gleiten wollen, ist, glaube ich, selbstver-ständlich. Dazu bräuchten wir hier keinenBeschluss. Die Koalition hat diesen Be-schlussantrag gestellt. […] Wenn die Ände-rungen nicht hineinkommen, werden wiruns bei der ganzen Sache enthalten und esals selbstverständlich ansehen, dass der Mi-nister uns darüber ständig berichtet. […]“

Hans Kreher, FDP:

„Wir müssen sachlich weiterkommen“

„Frau Präsidentin! Meine Damen und Her-ren! Frau Polzin, […] wenn Sie sagen, dass Sie dasBaby vor einigen Jahren geboren haben,dann möchte ich doch sagen, dass wir Libe-ralen diese selbstständigen Schulen schonzu Zeiten gefordert hatten, wo wir dafürnoch oft beschimpft wurden. Deshalb sindwir froh, dass dieser Modellversuch so posi-tiv gelaufen ist, weil er unsere Grundten-denz bestätigt hat, dass wir in diese Richtunggehen sollen und wollen.

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6/2007 LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern

[...] Ich bin Frau Polzin und Herrn Reinhardt in-sofern schon dankbar [...], dass Sie etwas ge-tan haben, was genau bei diesem Themawichtig ist, und das ist etwas, was, denke ich,Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen undLehrer und Eltern in diesem Land nervt, dass

man einfach immer wieder Nebelraketen zün-det.[...] Und noch mal: Die Binnensicht derSchulen ist in Ordnung. Die haben engagiertgearbeitet und im Grunde genommen ihreAufgabe gut gelöst.

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Richtig.)

[...] Ich habe die Hoffnung wirklich nicht auf-gegeben, dass wir bei so einem Thema über-fraktionell zusammenarbeiten können, dennich sage noch einmal: Alter schützt vor Bil-dung nicht. Das bedeutet im Grunde genom-men, dass wir uns die Finanzen anschauenmüssen [...] und die Gestaltung [...]. Die Fra-ge ist doch, dass die Schulen in vier Bereichenarbeiten sollten, und die kennen Sie. Und esgab einen Bereich, an dem sich jetzt alleshochzieht. Im Übrigen, alle drei anderen Be-reiche kann man ungehemmt weitermachen.Ich wüsste nicht, warum man bei Unterrichts-gestaltung, bei Arbeit mit Partnern und beiMittelbewirtschaftung mit den Kommunenjetzt anhalten soll,

(Beifall Ilka Lochner-Borst, CDU)

nur weil irgendeiner titelt, da wäre irgendet-was unterbrochen. Nein, es ist vielmehr so,gerade beim Punkt „Mittelbewirtschaftungmit den Kommunen“ müssen wir ernsthaft

A U S D E M P L E N U M / D E B A T T E N A U S Z Ü G E

Minister Henry Tesch:

„Wir brauchen einen Mentalitätswandel im Denken“

ständigen Schule ist nur dann gewährleistet,wenn die Kriterien von mehr Selbstständigkeiteingehalten und auch umgesetzt werden kön-nen.Ich bitte Sie daher, unterstützen Sie unser An-liegen in dem Ihnen vorliegenden Antrag. Das,was bisher von allen Beteiligten erreicht wurde,soll erhalten bleiben und natürlich auch über-tragen werden können auf andere Schulen. Wirunterstützen unseren Bildungsminister bei derUmsetzung der Folgemaßnahmen. Dafür brau-chen wir die Unterstützung des gesamten Par-laments, aber nicht nur des Parlaments. Einwichtiger Bestandteil ist hier auch die Unter-stützung der Kommunen. Gerade im Bereichder Mittelbewirtschaftung haben wir gesehen,dass dies nur geht, wenn die Kommunen hiermitspielen. Einige haben dies getan, viele ha-ben dies nicht getan. Nur wenn wir hier auchdie Kommunen im Boot haben, werden wir esschaffen, dieses Projekt erfolgreich umzuset-zen. Den FDP-Antrag lehnen wir ab, weil wir es nichtfür sinnvoll halten, alle halbe Jahr hier so einenBericht vorzulegen. Ich möchte zum Schluss noch einmal den Schu-len, den Schulleitern, den Lehrern, den Schü-lern und auch der Arbeitgeberverband NORD-METALL danken, die dieses Modellprojekt groß-zügig unterstützt haben. Ich bitte um Zustim-mung. – Vielen Dank.“

gien in der einzelnen Schule, eine höhere Iden-tifikation mit der eigenen Schule und besseresLehren und Lernen für Lehrer und Schüler. Ichals Parlamentarier und selbstverständlich auchdie teilnehmenden Schulen haben ein großesInteresse daran zu erfahren, wie es weitergehtund oder wie es nicht weitergeht mit dem Mo-dell, von dem wir heute schon sehr oft gehörthaben und das sehr erfolgreich war. Was wirdübernommen? Was können wir ändern? Vor al-lem auch die direkt daran beteiligten Schulen,Schulleiter, Lehrer und Schüler sind sich einig: Eswar anstrengend, es hat Spaß gemacht, wir ha-ben erfolgreich gearbeitet, wir wollen weiter-machen.

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Ja.)

Professor Dr. Prüß von der Universität in Greifs-wald hat festgestellt, dass die Förderung leis-tungsschwacher Schüler danach zu einer wach-senden Motivation und somit zu einer anstei-genden Lernleistung der Einzelnen und letztlichzu einem höheren Wohlbefinden in der Schuleführen würde. Die Förderung leistungsstarkerSchüler würde dann zu einer Verstärkung deseigenen, bereits vorhandenen positiven Wohl-befindens führen. In diesem Zusammenhangmüssen Erfolgserlebnisse der Schüler pädago-gisch organisiert und Leistungsanstrengungenvon Schülern verstärkt stimuliert werden. In-wieweit die veränderte Unterrichtsorganisationzu veränderten Lernleistungen geführt hat,

konnte bisher noch nicht nachgewiesen wer-den. Die bisherigen Ergebnisse zeigen aber,dass sich die Einschätzung des Wohlbefindensan der Schule aus der Sicht der Schüler gene-rell auf einem hohen Niveau bewegt. Zusammenfassend hat der Erziehungswissen-schaftler festgestellt, dass sich die Modellschu-len auf den Weg gemacht haben, sie aberweiterhin Zeit und förderliche Rahmenbedin-gungen benötigen,

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Richtig.)

um ihre Potenziale beziehungsweiseRessourcen im Sinne einer zunehmend verbes-serten Schul- und Unterrichtsqualität zu nut-zen. Mehr Selbstständigkeit von Schule kanneine Bedingung zur besseren Nutzung der inihr vorhandenen Ressourcen zur Weiterent-wicklung der Ganztagsschule sein. Der Erziehungswissenschaftler stellt weiterfest, dass sich das Mehr an Selbstständigkeit anden Schulen bewährt hat. Kontinuität und Sta-bilität sind wichtige Bedingungen in diesemEntwicklungsprozess. Unsicherheiten und Ver-änderungen förderlicher Rahmenbedingungenim Verlaufe des Modellprojekts sowie der Weg-fall förderlicher Rahmenbedingungen nach Be-endigung des Modellprojekts können Stagna-tions- und Regressionsprozesse nach sich zie-hen, die sich wiederum auf Erreichung einerverbesserten Schul- und Unterrichtsqualitätauswirken können. Der Charakter einer selbst-

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ter.[...] Ich denke, die Überschrift muss sein,dass diese Regierung mit den Möglichkeiten,die sie in diesem Land hat, mehr vorgelegt hatan Alternativen für Schulen, und jetzt kommtes darauf an, dass auch das Parlament denDruck auf die Tarifparteien aufbaut, dieses zuunterschreiben. Dann kommen wir zu Ent-scheidungsmöglichkeiten vor Ort.[...] Wir sind einen Schritt weiter. Ich will Ihnenjetzt gar nicht die zehn Punkte vorstellen. [...]Ich glaube, das Wichtige, das haben Sie aberauch deutlich gemacht, ist, wir brauchen ei-nen Mentalitätswandel im Denken.[...] Wirmüssen zunächst sagen, was Schule vor Ortmachen kann, was sie jetzt schon leistenkann. [...] Wir sollten auch die Eigenständigkeit vorOrt nutzen und sagen, [...] wir können die Ar-beit vor Ort deshalb stärken, weil die Schulendiese Möglichkeiten haben, mit ihren Kom-munen diese Projekte anzustreben.

(Beifall Ilka Lochner-Borst, CDU)

[...] Ich glaube, dass wir viele motivierte Schu-len in diesem Land haben, die darauf warten,ihre Verantwortung vor Ort wahrzunehmen.[...] Wir haben aller Voraussicht nach nur die-ses eine historische Zeitfenster [...]. Das be-deutet für diesen Landtag, dass wir in der Fol-ge darüber reden müssen, dass wir viele klei-

die Kommunen ins Boot holen, weil wir ausdem Modellversuch heraus wissen, es hateben nicht überall geklappt. Aber da, wo mansich kommunal getraut hat, hat es hervorra-gend geklappt. Und dann führt es dazu, dasswir beim Lehrerpersonalkonzept sind. [...]Natürlich hätten wir im Falle von 20 plus 20Schulen irgendetwas tun können. Wir sind andem Punkt, dass wir wahrscheinlich historischin einem Zeitfenster hängen, wo wir alle mit-nehmen müssen. [...]

[...] Das Lehrerpersonalkonzept steht in derKoalitionsvereinbarung [...]. Wir haben gleichzeitig einen Plan vorgelegt[...], wo diese Regierung gesagt hat, wir sindbereit, mehr Eigenverantwortung an dieSchulen zu geben.[...] Aber ich habe geradebei einem anderen Tagesordnungspunkt hierandauernd vernommen: Tarifparteien.[...]Wozu fordern wir denn jetzt im öffentlichenDienst auf? Abschaffung von Personalräten?Das kann nicht sein. [...]

Aber wir wollen vor Ort, dass die Spielräumeder Schulen rechtstaatlich erweitert werden inder Personalbewirtschaftung. Und wenn wirda übereinstimmen, dann nehme ich das auchals den Punkt in der sachlichen Zusammenar-beit.[...] Wir waren im Ausschuss schon wei-

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LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 6/2007

A U S D E M P L E N U M / D E B A T T E N A U S Z Ü G E

ne Stabstriche [...] in einer Gesetzesänderung[...] gemeinsam bereinigen müssen. [...]Dem heutigen Pressespiegel können Sie ent-nehmen, dass die GEW in Sachsen-Anhalt denTarifvertrag kündigt.

(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Ja.)

Auf das gleiche Spiel läuft man ja hier hinaus.Gleichzeitig steht aber auch in dem Artikel,das sagt die GEW selber: „Die Gefahr, dass eszu Entlassungen im Schulbereich kommt, istnach Ansicht der Gewerkschaft aber gering.[...]

(Ministerin Sigrid Keler: Ja.)

Das ist das nächste Theater. [...] Wenn wir dasanfangen wollen und wenn wir dann das Da-moklesschwert von Kündigungen auf der an-deren Seite auspacken, ich glaube, dann ver-stehen die Eltern es nicht mehr, dann verste-hen die Schulen es nicht mehr und die Lehrer.

(Heike Polzin, SPD: Die erst recht nicht.)

[...] Aber wir sind uns einig, es ist diese ein-malige historische Chance. [...] Ich nehme dasals meine Aufforderung, dass wir überfraktio-nell hier wirklich im Interesse der Schulen indiesem Land etwas zustande bringen. – Herz-lichen Dank.“

„[…] Das Modellprojekt „Mehr Selbststän-digkeit für Schulen“ ist […] ausprobiert wor-den. […] Sicherlich gäbe es […] vieles zu kri-tisieren, was […] durch die […] Koalition alsBildungspolitik verkauft wurde. Ich denkehier an das […] Schulgesetz oder die Politikder Schulschließung […]. Auch wenn wir invielen Bereichen andere […] Schwerpunkteverfolgen als die Landesregierung, ist unsklar, dass ein Schlüssel zur Verbesserung der

Schulqualität eine Selbstständigkeit und grö-ßere Eigeninitiative der Schule sein muss.[…]

Selbstständigkeit und Eigeninitiative könnenVerbesserungen unterstützen. […] Wenn esnicht möglich wird, dass die Lehrkräfte an[…] Schulen wieder […] befähigt werden,sich ihren Kernaufgaben zu widmen, undwenn wir nicht auch einen Bürokratieabbau[…] vornehmen, dann haben wir lediglichdie Verwaltung des Mangels […] an dieSchulen delegiert. Zur Verbesserung derUnterrichtsqualität […] führt das nicht. […]

Aber auch im Bereich der Mittelfinanzierungsehe ich Probleme. Es ist eine Tatsache, dass[…] im Bildungsbereich […] eingespart wur-de. Wenn ich mir die […] finanzielle Verfas-sung der Kommunen […] anschaue, dannbezweifele ich, dass eine […] Kooperationzwischen Schule und Schulträgern […] ge-lingt. Bei aller Notwendigkeit der Auswei-

tung von Selbstständigkeit und Handlungs-fähigkeit der […] Schulen ist eine Verschie-bung von Verantwortung […] im finanziellenBereich […] kritisch zu überprüfen. […]

Ich sehe die Gefahr der Einflussnahme derWirtschaft auf die Schulbildung. […] EineKommerzialisierung und […] Privatisierungdes Bildungswesens ist mit uns nicht zu ma-chen.

[…] Trotz der Skepsis zu diesem Projekt, wer-den wir Ihrem Antrag zustimmen. […]“

(Auszüge aus dem Protokoll der Landtagssitzung am12. Juli 2007)

Birger Lüssow, NPD:

„Verschiebung von finanzieller Verantwortung kritisch überprüfen“

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6/2007 LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern

A U S D E N A U S S C H Ü S S E N

Unterrichtungs-fahrtFinanzausschuss in Neubrandenburg

Am 28. Juni 2007 besuchte der Finanzaus-schuss des Landtages im Rahmen einerUnterrichtungsfahrt Neubrandenburg.Hier informierten sich die Abgeordnetenim Finanzamt über die Arbeit dieser Be-hörde und besuchte im Anschluss die Lan-desschule für Körperbehinderte.In einer zweistündigen Diskussionsrunde imFinanzamt Neubrandenburg konnte sich derFinanzausschuss davon überzeugen, dass sichdie Mitarbeiter in der Steuerverwaltung nichtnur als ein Teil einer „Eingriffsverwaltung“ ver-stehen, sondern auch als Partner für Unter-nehmen und Bürger. Ihr Ziel ist es, auch beimVollzug der Steuergesetze die für Bürger undUnternehmen angemessenen Mittel einzuset-zen. Von Service und unbürokratischem Ver-halten, über Unterstützung bei Problemlösun-gen zur Vermeidung von Insolvenzsituationen,bis hin zu einer schnellen Bearbeitung dersteuerlichen Angelegenheiten führt dieseneue, bewusst gehandhabte Zusammenarbeitnach Einschätzung der Mitarbeiter des Fi-nanzamtes zu einem verbesserten Ansehender Verwaltung.Bei dem anschließenden Besuch der Landes-schule für Körperbehinderte Neubrandenburginformierten Vertreter des Betriebes für Bauund Liegenschaften M-V (BBL) die Abgeord-neten über die Bau- und Sanierungsmaßnah-men. Die Schulleitung berichtete über das gro-ße Engagement und die Arbeitsergebnisse derPädagogen, Therapeuten, pädagogischen undtechnischen Mitarbeiter der Schule. Dabeiwurde deutlich, dass erst die Fachkompetenzder Lehrer – ausgerichtet auf die spezifischenFörderbereiche – eine umfassende Entwik-klung der körperbehinderten Kinder ermög-licht. Die Schule ist Ansprechpartner sowohlfür die Frühförderung als auch zur Vorberei-tung mehrfach körperbehinderter Kinder aufden Schulbesuch.Der Finanzausschuss sprach den Mitarbeiternbeider Einrichtungen seine Anerkennung fürihre Arbeit aus. Er wünschte den Mitarbeiterndes Finanzamtes bei der Umsetzung der neu-en Ansprüche sowie der weiteren Ausprägungihrer Eigenverantwortung und den Akteurender Landesschule für die verantwortungsvolleAusgestaltung der Bildungs- und Erziehungs-arbeit viel Erfolg.

Innenausschuss unmittelbar vor Beginn derparlamentarischen Sommerpause eine fastsechsstündige Anhörung mit Vertretern ver-schiedener Behörden und gesellschaftlicherGruppen durchgeführt. Unter anderem kriti-sierten Anwaltsvereine, dass die Justiz von derPolizei vereinnahmt worden sei und Rechtsan-wälte in ihrer Tätigkeit eingeschränkt wordenseien. In der Anhörung wurden auch die Vor-würfe behandelt, dass die Polizei zur Eskala-tion beigetragen habe. Schließlich war derBundeswehr-Einsatz Thema des Berichts desInnenministers wie auch der Anhörung.

Gleich in der ersten Sitzung nach der Som-merpause am 3. September hat der Innenaus-schuss in einer gemeinsamen Sitzung mit demEuropa- und Rechtsausschuss die Beratungenzum Thema mit einem Bericht des Landesbe-auftragten für den Datenschutz fortgesetzt.Denn im Rahmen der Gefahrenabwehr hat diePolizei durch eine Vielzahl von Maßnahmenauch Daten erhoben, um zu klären, mit wel-chen Protestmaßnahmen durch welche Grup-pen zu rechnen war und inwieweit dabei ge-walttätige Auseinandersetzungen drohten. Inderselben Sitzung hat der Ausschuss mit Ver-tretern des Bundesministeriums der Verteidi-gung erörtert, inwieweit und auf welcherGrundlage die Bundeswehr an den Maßnah-men zum Weltwirtschaftsgipfel beteiligt war.

Polizeieinsatz beim G8-GipfelAnhörung zu G 8 im Innenausschuss

Im Juni trafen sich in Heiligendamm eini-ge der wichtigsten Politiker der Welt. Zuderen Schutz wurde um Heiligendammund Rostock ein Polizeiaufgebot in bis da-hin ungekannter Dimension zusammengezogen. Die Ergebnisse des Weltwirt-schaftsgipfels sind inzwischen aus denSchlagzeilen verschwunden. Die Gegen-demonstrationen und der Einsatz von Po-lizei und Bundeswehr beschäftigen dieMedien wie die Politik aber weiterhin.Dabei geht es um die am Rande der Auftakt-demonstration in Rostock am 2. Juni 2007 inBrand gesetzten Fahrzeuge, um die Steinwür-fe auf Polizeibeamte, um den Ersatz von ent-standenen Schäden und ebenso um den Ein-satz von Wasserwerfern, Zivilbeamten undBundeswehr sowie um die Zustände in denGefangenensammelstellen. Innenminister Lorenz Caffier hat dem Innen-ausschuss des Landtages in einem gut drei-stündigen Vortrag über die Sicherheitsmaß-nahmen und die Demonstrationen beim Welt-wirtschaftsgipfel berichtet. Ergänzend hat der

Neuer Generalstaatsanwaltzu Gespräch im Landtag

Das Präsidium des Landtages begrüßte am10. Juli den neuen GeneralstaatsanwaltMecklenburg-Vorpommerns, HelmutTrost, zu einem Gespräch. Trost war An-fang April für diese Aufgabe ernannt wor-den. Der aus Niedersachsen stammendeTrost war 1991 von Hamburg nach Meck-lenburg-Vorpommern gewechselt und hierbis 1996 bei der Staatsanwaltschaft Stral-sund tätig. 1996 wechselte er ins Justizmi-nisterium. 2001 wurde Trost LeitenderOberstaatsanwalt und ständiger Vertreterdes Generalstaatsanwaltes. 2005 über-nahm er die Leitung der Staatsanwalt-schaft Rostock. Der Generalstaatsanwalthat die Fach- und Dienstaufsicht über dieStaatsanwaltschaften inne und ist zudemfür Ermittlungsverfahren wegen Staats-schutzdelikten zuständig.

(v.l. Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider, 3. Vize-präsident Hans Kreher, Helmut Trost, 2. VizepräsidentAndreas Bluhm, 1. Vizepräsidentin Renate Holznagel)

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v.r. Sarah Kaschuba, Tessin; Franziska Layher, Lalendorf; Anne Böhme, Wattmannshagen; Janine Matze, Schlutow; An-ika Baaße, Lalendorf; Patricia Kortas, Karow.

Regeln aus. „Ich weiß von meinen eigenenKindern, dass sie sich wünschen, dass ihnenGrenzen gesetzt werden“, sagte sie.Dass die Eltern eine wichtige Rolle bei der Ge-sundheitserziehung spielen, fand auch SarahKaschuba aus Tessin. Generell müsse ein vielstärkeres Augenmerk auf die Prävention ge-richtet werden. „Man kann auch ohneSuchtmittel glücklich sein“, betonte sie.„Die Diskussion hat meine Position bestärkt,dass ich weiterhin voll hinter diesem Nicht-rauchergesetz stehe“, so das Fazit vonJohannes Wander von der KGS Altentrep-tow. Das Gespräch mit den Abgeordnetenfand er grundsätzlich sehr interessant. „Auchweil man ein bisschen den Eindruck verlorenhat, dass die Politiker nur hinter Pulten lebenund dort Reden schwingen.“Auch Ralf Grabow (FDP), Vorsitzender desSozialausschusses, zeigte sich zufrieden mitder Veranstaltung. „Ich glaube, dass beideSeiten von der Runde profitiert haben“,meinte er. „Es war erfrischend, die jungenLeute aus dem Land zu hören und zu sehen,wie ernsthaft sie sich Gedanken über das Ge-setz gemacht haben.“

Auch Günter Rühs von derCDU-Fraktion unterstrich,das es nicht Ziel des Geset-zes sei, die Raucher umzuer-ziehen. „Es geht in aller er-ster Linie um den Schutz derNichtraucher“, stellte er klar. Unterstützung fand er beiseinem SPD-Kollegen JörgHeydorn: „Es geht um eineöffentliche Signalwirkungfür gesundheitsbewusstesHandeln.“ Auch er sprachsich, ebenso wie seine Frak-tionskollegin MartinaTegtmeier, für ein komplet-tes Rauchverbot in denSchulen aus, auch auf demSchulhof. Aus Sicht seiner Fraktion seidas Nichtraucherschutzge-setz sehr bürokratisch, er-klärte der NPD-AbgeordneteStefan Köster. Umsetzenmüssten es die Leute vorOrt, sagte er. „Die ganze Gesellschaft muss ein positivesVorbild für Kinder und Jugendliche setzen“,betonte Dr. Marianne Linke von der FraktionDIE LINKE. Rauchen sei eine Sucht, die dieGesundheit extrem gefährde. Deshalb sei esrichtig, Rauchen konsequent aus der Öffent-lichkeit zu verbannen. Auch Beate Schluppvon der CDU-Fraktion sprach sich für klare

Mittwoch war Praxistag. Die Teilnehme-rinnen und Teilnehmer von „Jugend imLandtag“ schwärmten in alle Himmels-richtungen aus, um sich vor Ort über Pro-jekte und Erfahrungen zu ihren Werk-statt-Themen zu informieren. DerWorkshop „Gesundheit“ allerdingsbrauchte das Schweriner Schloss nichtzu verlassen – die Jugendlichen warenzu einer Diskussion mit dem Sozialaus-schuss des Landtages eingeladen. The-ma: Das neue Nichtraucherschutzgesetzvon Mecklenburg-Vorpommern.Dabei ging es vor allem um die Regelungenfür die Schulen. „Alle sind für dieses Gesetz“,betonte Christian Lübstorf, JiL-Moderatordes Gesundheitsworkshops. „Wie aber solles konkret in den Schulen umgesetzt wer-den?“ Ein Rauchverbot im Schulgebäude seileicht durchzusetzen. Was aber sei mit denSchulhöfen? Unterstützt wurde er von JudithHoppe, deren Gymnasium in Röbel sichschon vor dem Gesetz zur Nichtraucherschu-le verpflichtet hat. Ihre Erfahrung: Rauchver-bot auf dem Schulhof hat Wanderbewegun-gen in die Außenbereiche zur Folge.Die Diskussion um Raucherecken führe vomAnsatz des Nichtraucherschutzgesetzes weg,gab Dr. Norbert Nieszery (SPD) zu bedenken.„Es geht um den Gesundheitsschutz“, be-tonte er. Die Folgewirkungen des Rauchensseien für die Gesellschaft sehr bedeutsam –deshalb müsse man gerade im Jugendbe-reich konsequent agieren.

Ausschussvorsitzender Ralf Grabow (FDP), Dr. Marianne Linke (DIE LINKE) undWerner Kuhn (CDU) im Gespräch mit Jugendlichen der „Gesundheits-Werk-statt“.

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LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 6/2007

A U S D E N A U S S C H Ü S S E N

Gewinn für beide SeitenJugendliche diskutieren mit Sozialausschuss übers Rauchen

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JiL-Werkstätten

Jugend im Landtag 2007 ist gebildet! - schlau in M-V -

Jugend im Landtag 2007 ist extrem!- links und rechts und überhaupt -

Jugend im Landtag 2007 ist gesund!- Gesundes und Ungesundes -

Jugend im Landtag 2007 ist international!- regional, kontinental und global -

Jugend im Landtag 2007 ist Zukunft!- hier ist M-V, hier will ich sein -

Jugend im Landtag 2007 ist frei!- offen – also her mit den Themen -

Themen beim Café MV

Selbstständigkeit der Schulen = Qualitätser-höhung?

Zukunftspotenzial und regenerative Energienin Mecklenburg-Vorpommern

Ist Schulsport gerecht und effektiv?

Warum kommen Projekte für Demokratieund Toleranz erst jetzt?

Jugend ernst nehmen – Mitspracherecht weltweit – also auch in M-V

Nachbarschaft braucht Austausch

UJBA – Unabhängiger Jugend-Beratungs-Ausschuss

Klasse 2 bis 4 – Kopfnoten nur hier?

Was stellen Sie sich unter „Fairnismus“ vor?

Deutschlands Rolle in der Globalisierung –Chancen und Gefahren

Tragt die Kosten – wir tragen euch!

Verlust der Jugendkultur – Was tun Sie dagegen?

Meinungen

Stefanie Käther, ZepkowEs hat mir Spaß gemacht, über Politik zu dis-kutieren. Ich war im Bereich Bildung. Dasfand ich sehr interessant. Der Praxistag wartoll. Vor allem der Ausflug nach Dömitz undzum NDR-Studio hat mir sehr gefallen. Manhat viele neue tolle Leute kennengelernt. DerUmgang mit den Abgeordneten war okay.Ich fand es auch gut, dass Abgeordnete vonallen Parteien da waren, weil ich finde, manmuss sich mit allen auseinandersetzten. Alsodurchweg eine positive Bilanz!

Anika Baaße, LalendorfBesonders gut fand ich den praktischen Tag,weil man nicht nur immer im Landtag saß,sondern auch rumgefahren ist und sich be-stimmte Sachen angeguckt hat, so wie wirdas Schulzentrum in Dömitz. Das fand ichrichtig gut, weil man dort mal einen Einblickvon anderen Sachen und anderen Ideen be-kommen hat. Sehr gut fand ich auch, dassdie Falken für uns gekocht haben, was gutgeschmeckt hat und mal was anderes war,als das, was die Jugendherbergen einem ei-gentlich geben. Die Workshops fand ichauch sehr gut und die ganze Leitung auch.Schade war, dass wir manchmal zu wenigZeit hatten.

Arne Kövel, GüstrowIch bin eigentlich mit gemischten Gefühlenhergefahren, weil ich mich nicht freiwillig fürmeine Werkstatt angemeldet habe. Da meinWunschthema schon besetzt war, war ich inder Werkstatt Zukunft. Das war dann richtiggut, weil wir die kleinste Werkstatt warenmit vier Teilnehmern. Dadurch war das sehrarbeitsintensiv, weil jeder sich wirklich so vieleinbringen konnte, wie er konnte und woll-te. Vor allen Dingen habe ich auch sozialeKompetenzen erlangt, Diskussionsfähigkeit,Kritikfähigkeit. Die Atmosphäre bei JiL fandich gut, weil es viele interessante Gesprächegab, auch abends nach dem Programm, undviele interessierte Jugendliche. Das hat michmotiviert.

Franziska Schneider, SchwerinJiL ist einfach JiL. Es ist total klasse. JiL ist fürmich: Manja und ein total geiles Team, die-ses Schloss, die Politiker, mit denen mansprechen kann, und neue Erfahrungen, neueFreunde. Einfach nur geil. Mehr kann ichdazu nicht sagen.

J U G E N D I M L A N D T A G

6/2007 LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern

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Von Bildung, Gesundheit und ZukunftFakten- und Ideensammlung in den JiL-Werkstätten

Bei den Vorbereitungstreffen zu „Jugend im Landtag“ hat das Organisationsteam auchdie Themen für die Werkstätten diskutiert. Aus der Vielfalt der Ideen kristallisiertensich schließlich fünf Schwerpunkte heraus, so dass die Bewerber für JiL sich bereits inihrer Anmeldung für einen Workshop entscheiden konnten. Eine sechste Werkstattblieb bis zum Projektstart offen für eine spontane Themenwahl. (Hier ging es dannum das Thema „Nachbarschaft“ – speziell zum östlichen Nachbarn Polen.) Unter derLeitung fachkundiger Moderatorinnen und Moderatoren diskutierten die Jugend-lichen miteinander, mit Experten und mit Abgeordneten ihr Thema, entwickeltenIdeen und Vorschläge und formulierten die Fragen und Themen für das „Café MV“ –die Diskussion mit den Abgeordneten.

In sechs Werkstätten diskutierten die Jugendlichen überihre Themen und bereiteten ihre Präsentation vor.

24 Abgeordnete aller fünf Fraktionen diskutierten imCafé MV mit den Jugendlichen.

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LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 6/2007

P A N O R A M A

Im Namen von Bundespräsident Horst Köh-ler überreichte Ministerpräsident Dr. HaraldRingstorff am 13. August das Bundesver-dienstkreuz am Bande an Batsheva Dagan.Die in Polen geborene Jüdin hat durch denHolocaust fast ihre gesamte Familie verloren.

Sie selbst wurde als 17-Jährige nach Au-schwitz deportiert, gegen Kriegsende vondort nach Ravensbrück gebracht und schließ-lich auf dem Todesmarsch bei Lübz befreit.Sie wanderte 1945 nach Palästina aus undlebt heute in Israel. Batsheva Dagan hat die

Erziehung der Jugend zu Tole-ranz und Menschlichkeit zu ihrerLebensaufgabe gemacht. Seit2002 wirkt sie als Zeitzeuginauch bei Jugendprojekten desLandtages Mecklenburg-Vor-pommern mit. „Die jungen Deut-schen haben keine Schuld an denVerbrechen der Nationalsozialis-ten“, ist ihr Kredo. „Aber sie tra-gen Verantwortung dafür, dasssich solche Verbrechen niewiederholen.“ Vizepräsident An-dreas Bluhm dankte BatshevaDagan bei einem Empfang desLandtages anlässlich der Aus-zeichnung für ihr Engagement.

Im Rahmen des Projektwettbewerbs „Frie-den für Europa“ besuchten Schülerinnenund Schüler vom Hebrew Herzlia Gymnasiain Tel Aviv und vom Gymnasium CarolinumNeustrelitz am 6. September den Landtag

und nahmen neben dem Erinnerungsfotoaus dem Plenarsaal vielfältige Eindrücke ausdem schönsten Landtagssitz Deutschlandsmit nach Hause.

Fregatte MVAus Anlass des 10. Schiffsgeburtstages hat-ten der Kommandant und die Besatzung derFregatte „Mecklenburg-Vorpommern” am1. September zur Jubiläumsfeier in denSchützenhof zu Jever eingeladen. Vizepräsi-dentin Renate Holznagel überbrachte dieGlückwünsche des Landtages und sprach ih-re Hoffnung aus, dass die engen Kontaktezwischen dem Parlament und der Besatzungauch künftig weiter bestehen mögen.

Die Fregatte Mecklenburg-Vorpommern ge-hört seit Dezember 1996 der Marine an undhat seitdem viele anspruchsvolle Aufträge innationalen und auch internationalen Gewäs-sern erfolgreich durchgeführt. Im Rahmender Patenschaft mit dem Namensgeberlandbesuchen Teile der Besatzung immer wiederMecklenburg-Vorpommern, und auch beider Hanse-Sail in Rostock ist die Fregatte re-gelmäßig dabei.

(v.l. Ministerpräsident Dr. Harald Ringstorff, Enkel Janiv Dagan, Landtags-Vizepräsident Andreas Bluhm, Bildungsminister Henry Tesch, Schwieger-tochter Batia Dagan und Sohn Amir Dagan)

Landtags-Vizepräsidentin Renate Holznagel mit Fregat-tenkapitän und Kommandant Ulrich Reinicke.

Umgezogen

• Der Bürgerbeauftragte von Mecklen-burg-Vorpommern, Bernd Schubert, istmit seinem Mitarbeiterstab umgezogen.Die neue Adresse lautet: Schlossstraße 1, 19053 Schwerin. Die Telefonnummer ist unverändert: 0385 / 525-2709. • Der Serviceplatz der Landtagsbiblio-thek mit dem Präsenzbestand befindetsich jetzt im 3. Obergeschoss des Land-tages. Die Telefonnummer ist unverän-dert: 0385 / 525-2144.

Bundesverdienstkreuz

Schüleraustausch mit Israel

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6/2007 LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern

S C H L O S S G E S C H I C H T E N

narsaales 1994 beispielsweise Induktions-schleifen gelegt worden, die es Hörgeschä-digten ermöglichen, die Debatten auch akus-tisch zu verfolgen. Eine Rampe im Bereich derBesucher- und Pressetribüne ermöglicht Roll-stuhlfahrern den ungehinderten Zutritt.1999 sei der Aufzug am Hauptportal in Be-trieb genommen worden, mit Blindenschriftund automatischer Ansage versehen. „Aberso ein altes Bauwerk setzt einfach Grenzen.Wir tun, was möglich ist.“ Schon Anfang derneunziger Jahre sei der Kontakt zum Behin-dertenbeirat der Landeshauptstadt aufge-nommen worden. „An meinem ersten Arbeitstag im vorigenJahr stand Frau Dr. Grempler neben mir undfragte, wie ich zurechtkomme“, sagt auchRalf Grabow. So hat er zum Beispiel seinen ei-genen Parkplatz am Gartenportal bekom-men. Jetzt kann er das holprige Kopfstein-pflaster weitgehend meiden, wenn er in seinBüro will. Das befindet sich gleich dem Auf-zug gegenüber, so dass er seinen Weg zumArbeitsplatz selbstständig meistern kann.Und das ist ihm wichtig. Der Kauf der klapp-baren, mobilen Rampe, die von der Land-tagsverwaltung inzwischen angeschafft wur-de, geht auf seine Anregung zurück. So kön-nen auch Besucher im Rollstuhl selbstständigan vielen Stellen in Schloss Höhenunter-schiede überwinden. Zudem gibt es inzwischen fünf Reha-Lifte,die in Landtag und Museum fest am Randeder Treppen installiert sind, und in der Lobbyvor dem Plenarsaal steht ein so genannterScheren-Hubtisch, der ebenfalls über die Stu-fen hinweghilft. Ralf Grabow sieht dennoch Handlungsbe-darf. „Wir brauchen dringend mehr barrie-refreie Toiletten, nicht nur im Erdgeschoss“,hebt er vor allem mit Blick auf Besucher her-vor. „Und der Aufzug, der uns schon zurSommerpause versprochen war, funktionierteinfach nicht. Hier muss sich der Betrieb fürBau und Liegenschaften endlich bewegen.“Über diesen Lift ärgert sich auch IreneMüller. Die Abgeordnete der Linken ist blind.„Da hätte man noch vor dem Einbau die Be-troffenen fragen müssen“, sagt sie. Denn ei-gentlich sollte er kein Ärgernis, sondern eineErleichterung für Menschen mit Handicapsein. „Aber er hält weder auf der 1. noch aufder 2. oder 3. Etage. Wenn er überhauptfährt“, kritisiert sie. „Und die Elektronik funk-tioniert gar nicht. Für mich ist es unmöglich,

diesen Fahrstuhl zu bedienen.“ Also nutzt sieden alten Fahrstuhl – mit dem sie aber nichtohne weiteres in den Sitzungsraum ihresAusschusses oder in den Plenarsaal gelangt.„Das geht nur, wenn ich den Fraktionsraumder FDP durchquere. Also unterbrechen dieKollegen von den Liberalen für mich ihre Sit-zung oder lassen den Raum nach Abspracheoffen, damit ich da durch kann.“ Andere Tei-le des Gebäudes – wie das schmale Uhren-türmchen, der Wendelstein – sind gleichganz tabu für Irene Müller, einfach weil sieauch Platz für ihre Hündin Trixi braucht. Aufdie Hilfe des speziell ausgebildeten Vierbei-ners ist die Landtagsabgeordnete angewie-sen. Auch für den Weg hinab in die neueKantine braucht sie Unterstützung. „JedeStufe im Schloss ist eine Herausforderung“,sagt die 52-Jährige. Ein Grund, weshalb sieBesucher mit Handicap lieber nicht im Land-tag, sondern außerhalb empfängt. AndereDinge – wie das verstellbare Rednerpult imPlenarsaal – nennt Irene Müller wiederum ei-ne „feine Sache“. Auch der neue Aufzug am Gartenportal seibehindertengerecht ausgestattet, macht Ir-mela Grempler deutlich. Aus Sicherheits-gründen könne er zurzeit aber noch nicht al-le Etagen anfahren. Bei allen Grenzen, diedas alte Bauwerk setzt, sei eines für die Bau-verantwortlichen wichtig: Menschen mitHandicap sollen möglichst selbstständig dasganze Schloss nutzen und erleben können.

Das klassische Kopfsteinpflaster im Vorder-grund, dahinter das historische Schloss-ensemble – ein schöner Anblick. „Ja“, be-stätigt Ralf Grabow. „Aber versuchen Siemal, mit dem Rollstuhl über die Schlossbrü-cke bis ins Hauptportal zu kommen. Dasholpert und hopst, dass es eine wahre Freu-de ist.“ Der FDP-Abgeordnete weiß, wovoner spricht. Er ist selbst Rollstuhlfahrer. VonGeburt an gehbehindert, ist er es gewohnt,sich in einer Gesellschaft zurechtzufinden,die sich vor allem auf die uneingeschränktGesunden konzentriert. Treppensteigen, dieKantine aufsuchen, den Lift benutzen – alldas, worüber Menschen ohne Handicap imAlltag nicht einmal nachdenken, kann fürMenschen wie ihn zum Problem werden.„Ich bin es inzwischen gewohnt, mir das Le-ben jeden Tag neu zu organisieren.“ Der42-jährige Rostocker sagt das mit Energie,ohne Verbitterung in der Stimme. Seit Be-ginn dieser Legislaturperiode befindet sichsein Arbeitsplatz in der 4. Etage des Schwe-riner Schlosses. Dem schönsten LandtagssitzDeutschlands, wie Ex-BundespräsidentRichard von Weizsäcker den ehemaligenHerrschaftssitz bekanntermaßen Anfang derneunziger Jahre adelte. Ein bedeutendesBauwerk des Historismus, 150 Jahre alt, einDenkmal. Und damit auch mit Beschrän-kungen versehen, was die baulichen Freihei-ten betrifft. Das weiß auch Dr. Irmela Grempler, in derLandtagsverwaltung verantwortlich für alleBaubelange. „Bei Umbau und Sanierung ha-ben wir von Beginn an darauf geachtet, dasssich auch Menschen mit Behinderungen imSchloss möglichst gut zurecht finden“, sagtsie. So seien bei der Neugestaltung des Ple-

Wunderschönes Treppenhaus im Nordflügel des Schlosses- für Gehbehinderte und Rollstuhlfahrer ein Problem.

Reha-Lifte ermöglichen auch Rollstuhlfahrern das Über-winden von Treppen im Landtag.

„Tun, was möglich ist“Menschen mit Handicap sollen Schloss selbstständig erleben

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Am 20. August besuchte der Generalkonsul der Republik Österreich, Leopold Köllner, im Rah-men eines Besuchs in Mecklenburg-Vorpommern auch den Landtag. Hier wurde er von Vizepräsi-dentin Renate Holznagel empfangen und trug sich ins Gästebuch des Landtages ein. Der 56-Jährigehat Mecklenburg-Vorpommern bereits Mitte der 90er Jahre als damaliger stellvertretender Leiter desGeneralkonsulats in Berlin kennen gelernt. Er zeigte sich sehr beeindruckt von der Entwicklung desLandes und der Stadt Schwerin. Renate Holznagel berichtete, dass insbesondere in der ersten Legis-laturperiode die Umweltpolitiker des Landtages viel von Österreich gelernt hätten. Einig waren sichbeide Gesprächspartner über die positiven Effekte der EU-Erweiterung auf ihre Länder. Ein weiteresThema des Gesprächs war die Tourismusentwicklung.

S. E. der Botschafter der Sozialistischen Republik Vietnam, Tran DucMau, besuchte den Landtag am 22. August. Deutschland genieße in Vietnamein hohes Ansehen, sagte der 50-Jährige bei seinem Gespräch mit Landtags-präsidentin Sylvia Bretschneider. Sein Land sei dankbar für die wirtschaftlicheUnterstützung, aber auch für die Maßnahmen des deutschen Staates zurUnterstützung der in Deutschland lebenden Vietnamesen. Die Integration sei-ner Landsleute in die Gemeinschaft ihrer neuen Heimat halte er für außeror-dentlich wichtig. Sylvia Bretschneider betonte, dass alle vier im Landtag ver-tretenen demokratischen Parteien geschlossen gegen Ausländerfeindlichkeitund Rassismus stehen und alles dafür tun, die Demokratie zu schützen undrechtsextremen Kräften keinen Einfluss auf politische Entscheidungen zu er-möglichen.

Am 21. August stattete der Botschafter der Slowakischen Republik, S.E.Ivan Korcok, dem Landtag seinen Antrittsbesuch ab. Er wurde vonAndreas Bluhm empfangen und trug sich ins Gästebuch ein. Der2. Vizepräsident des Landtages informierte den Diplomaten über die neueZusammensetzung des Landtages sowie über die Schwerpunkte derParlamentsarbeit. Deutschland sei als Außenhandels- undInvestitionspartner Nr. 1 für sein Land sehr wichtig, betonte Korcok. Alseine Gemeinsamkeit mit Mecklenburg-Vorpommern hob er dieBedeutung der EU-Förderung für die Landesentwicklung hervor. DerDiplomat warb dafür, die im Zuge der EU-Erweiterung veränderten wirt-schaftlichen Bedingungen nicht als Bedrohung für die eigene Entwicklungzu sehen, sondern vielmehr nach Synergien zu fragen und die Chancen zu

erkennen.

Am 9. Juli stattete der Botschafter der Italienischen Republik, S. E. Antonio Puri Purini, demLandtag seinen Antrittsbesuch ab. Hier wurde er von Renate Holznagel empfangen und trug sichins Gästebuch ein. Die 1. Vizepräsidentin des Landtages informierte den Diplomaten über die neueZusammensetzung des Landtages nach der Wahl im vergangenen Jahr. Puri Purini und Renate Holz-nagel waren sich einig, die Beziehungen zwischen Italien und Mecklenburg-Vorpommern weiterzu intensivieren. Holznagel begrüßte den Vorschlag Purinis, für das kommende Jahr einen „Italie-nischen Tag“ in Schwerin oder Rostock zu planen. Einen Schwerpunkt der gemeinsamen Bemü-hungen sehen beide Seiten in der Stärkung und Weiterentwicklung der Europäischen Union. Puri-ni ist seit September 2005 Botschafter Italiens in Deutschland. Der 65-Jährige ist seit 1965 im Di-plomatischen Dienst und war u.a. in Washington, München, Tokio und Madrid tätig.