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Zeitschrift für romanische Philologie Bd. 97, Heft 1/2, S. 1- 40. Die Seitenangabe des Originals ist in eckigen Klammern wiedergegeben. Nur die Orthographie wurde angepasst. Außerdem wurde mit Abschnitt 2.1a nach einer Re-Lektüre im Jahr 2011 ein aktualisierender Zusatz eingefügt. Von der Allgegenwart des Gegensinns (und einiger anderer Relationen) Strategien zur Einordnung semantischer Information Wolfgang Raible (Universität Freiburg) Eugenio Coseriu zum 27.7.1981 1 Die nachfolgenden Ausführungen haben vier Teile. Der erste Teil enthält einige Vorüberlegungen, der zweite befasst sich mit einer ersten Interpretation von Ergebnissen der sprach- psychologischen Assoziationsforschung. Im dritten Teil wird diese Interpretation durch einen Rückgriff auf Teil 1 vertieft. Der letzte Teil enthält dann vier weiterführende Schlussüberlegungen. 1. Vom Wahrnehmen, Sprechen und Denken in Gegensätzen 1.1. Zweierschema als Denkmodell Aristoteles berichtet im A der Metaphysik (986a22ff.): «Andere aus der Schule der Pythagoreer sagen, es gebe zehn Prinzipien, die sie in Form einer Reihe von geordneten Paaren (συστοιχία) nennen: begrenzt unbegrenzt ungerade gerade (von Zahlen - ἄρτιον) das Eine das Viele 1 Der Aufsatz ist entstanden als ein Beitrag zur Festschrift für Coseriu. Wegen des Umfangs, den er angenommen hat, erscheint er - dank des Entgegenkommens von Kurt Baldinger - an dieser Stelle. Kurt Baldinger, Hans-Martin Gauger und Wulf Oesterreicher danke ich für zahlreiche wertvolle Hinweise.

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Zeitschrift fuumlr romanische Philologie Bd 97 Heft 12 S 1-40 Die Seitenangabe des Originals ist in eckigen Klammern wiedergegeben Nur die Orthographie wurde angepasst Auszligerdem wurde mit Abschnitt 21a nach einer Re-Lektuumlre im Jahr 2011 ein aktualisierender Zusatz eingefuumlgt

Von der Allgegenwart des Gegensinns(und einiger anderer Relationen)

Strategien zur Einordnung semantischer InformationWolfgang Raible (Universitaumlt Freiburg)

Eugenio Coseriu zum 27719811

Die nachfolgenden Ausfuumlhrungen haben vier Teile Der erste Teil enthaumllt einige Voruumlber-legungen der zweite befasst sich mit einer ersten Interpretation von Ergebnissen der sprachpsychologischen Assoziationsforschung Im dritten Teil wird diese Interpretation durch einen Ruumlckgriff auf Teil 1 vertieft Der letzte Teil enthaumllt dann vier weiterfuumlhrende Schlussuumlberlegungen

1 Vom Wahrnehmen Sprechen und Denken in Gegensaumltzen

11 Zweierschema als Denkmodell

Aristoteles berichtet im A der Metaphysik (986a22ff) laquoAndere aus der Schule der Pythagoreer sagen es gebe zehn Prinzipien die sie in Form einer Reihe von geordneten Paaren (συστοιχία) nennen

begrenzt unbegrenztungerade gerade (von Zahlen - ἄρτιον)das Eine das Vielerechts linksmaumlnnlich weiblichruhend bewegtgerade (εὐθύ) krummhell dunkelgut schlechtgleichseitig (quadratisch) ungleichseitig

Zweierschemata dieser Art sind nun nicht etwa spezifisch pythagoreisch Man hat sie - beispielsweise - als charakteristisch fuumlr das fruumlhgriechische [p 2] Denken im Allgemeinen bezeichnet2

Was die Vorsokratiker angeht sei hier an solche entgegengesetzten Prinzipien erinnert wie das Warme und das Kalte bei Anaximander Erde und Wasser bei Xenopha-

1 Der Aufsatz ist entstanden als ein Beitrag zur Festschrift fuumlr Coseriu Wegen des Umfangs den er angenommen hat erscheint er - dank des Entgegenkommens von Kurt Baldinger - an dieser Stelle Kurt Baldinger Hans-Martin Gauger und Wulf Oesterreicher danke ich fuumlr zahlreiche wertvolle Hinweise2 Fraumlnkel 1962 603-605 vgl 603 laquoEin Widerspruch polarer (absoluter oder schroffer extremer) Gegen-saumltze ist konstitutiv fuumlr das fruumlhgriechische (und besonders archaische) Denken und Fuumlhlenraquo

nes Wahrheit und Schein Licht und Dunkel Sein und Nicht-Sein bei Parmenides Liebe und Hass bei Empedokles Man denke weiterhin an Platons beide Prinzipien (ἓν und δυάς) mit ihren spezifischen wiederum jeweils entgegengesetzten Auspraumlgungen

Charakteristisch ist solches Denken freilich nicht nur fuumlr die Vorsokratiker oder fuumlr Platon charakteristisch ist es fuumlr Aristoteles selbst Eigentuumlmlich fuumlr ihn ist dabei eine bdquotriadische Version des Gegensatzes die vor allem dazu dient das Problem des Werdens und des Vergehens zu loumlsen An einem gleichbleibenden Substrat loumlsen sich zwei Gegensaumltze ab Wenn um ein Beispiel aus dem der Δ Physik aufzugreifen aus einem ungebildeten ein gebildeter Mensch wird so bleibt der Mensch wie im sprachlichen Beispiel (ἄνθρωπος ἄμουσοςμουσικός) als Substrat erhalten aus ungebildet wird das entgegengesetzte (ἀντικείμενον) gebildet3 In den Zusammenhang des aristotelischen Denkens in Gegensaumltzen gehoumlrt etwa auch die Klassifizierung der Sinneseindruumlcke die in der Schrift De sensu jeweils auf ein Paar von entgegengesetzten Begriffen (ἀντικείμενα) gegruumlndet werden die Farben liegen zwischen den Extremwerten schwarz und weiszlig die Geschmacksempfindungen zwischen bitter und suumlszlig die Geruumlche zwischen angenehm und unangenehm

12 Sprachliche Gegensaumltze

Aristoteles hat nicht nur Zweierschemata der genannten Art als Denkmodell verwendet Er hat sich auch mit den sprachlichen Erscheinungsformen des Gegensatzes intensiv befasst Dies geschah bereits in den Fruumlhschriften - in der nicht erhaltenen Schrift uumlber das Entgegengesetzte (Περὶ ἀντικειμένων) und in den Kategorien also in ei-ner Abhandlung die sich mit den Formen sinnvoller Aussagen befasst die man uumlber ei -nen Menschen machen kann4 Diese Formen sind den zehn laquoKategorienraquo zuzuordnen also Groumlszligen wie Ort Zeit Relation Qualitaumlt Quantitaumlt Typisch ist und Aristoteles fuumlhrt dies auch an einer Reihe von Beispielen aus dass in fast allen dieser Kategorien (wenn sie nicht wie etwa tun und leiden selbst als Gegensatzpaare aufgefasst werden koumln-nen) Gegensaumltzliches eine groszlige Rolle spielt also etwa groszligklein in der Dimension [p3] der Relativitaumlt gleichungleich im Bereich der Quantitaumlt obenunten im Bereich des Orts etc

In den Kategorien zeigt Aristoteles jedoch nicht nur die Wichtigkeit der Gegens-aumltze fuumlr unsere Orientierung er analysiert gleichzeitig die sprachlichen Erscheinungsformen des Gegensaumltzlichen es gibt vier Arten des Entgegengesetzten (λέγεται δὲ ἕτερον ἑτέρῳ ἀντικεῖσθαι τετραχῶς) heiszligt es an der betreffenden Stelle (11b 17) Aristoteles unterscheidet dort

1 Die Korrelation also das Entgegengesetzte im Bereich des Relativen ὡς τὰ πρός τι Ein Beispiel ist das Verhaumlltnis zwischen dem Doppelten und der Haumllfte Das in Bezug auf was etwas doppelt ist ist die Haumllfte des Doppelten (οἷ ον τὀ διπλάσιον τοῦ ἡμίσεος αὐτὸ ὅπερ ἐστὶ διπλάσιον λέγεται) Analog verhalten sich Termini wie TeilGanzes BruderSchwester groszligklein HerrKnecht kaufenverkaufen An anderer Stelle derselben Schrift (6b28ff) nennt Aristoteles diese Art des Entgegengesetzten ἀντιστρέφοντα die er vom Gegensatz (ἐναντιότης) unterscheidet

3 Physik A7 bes 190a 17-20 vgl zu dieser Art des bdquoDenkmodells die meisterhafte Arbeit von Heinz Happ (1971 890 mit naumlheren Angaben) Eine hoch interessante Systoichie entgegengesetzter Auspraumlgun-gen zu den beiden oben erwaumlhnten Prinzipien Platons findet sich bei Happ auf S 1754 Vgl dazu auch Duumlring 1966 60

Mit Platon koumlnnte man sie auch dialektische Begriffe nennen Heute sind solche Arten des Entgegengesetzten insbesondere unter dem Begriff konvers bekannt

2 Den Gegensatz (ἀντικείμενα ὡς τὰ ἐναντία) wo keine Korrelation im Sinn von 1 vorliegt Hier sind zwei Faumllle zu unterscheiden je nachdem ob eine dritte Moumlglichkeit zugelassen ist oder nicht

a) tertium non datur totlebendig bewegtruhend geradeungerade Die klassische Bezeichnung ist hier der Begriff kontradiktorisch neuere Bezeichnungen sind Komplementaritaumlt oder Komplenymieb) tertium datur Schwarzweiszlig vornehinten rechtslinks helldunkel Andere Bezeichnungen sind hier Begriffe wie kontraumlr inkompatibel Im bdquoLexikon der Metaphysik wird der Begriff des ἐναντίον dann noch weiter differenziert (A 1018a 25ff)

3 Entgegengesetztes im Sinn von VorhandenseinNicht-Vorhandensein (στέρησις ἕξις) - also etwa die Sehfaumlhigkeit gegenuumlber der Blindheit eines Auges Dabei ist explizit gesagt dass hier jeweils ein Kontext gegeben sein muss zB ein Objekt an dem sich das Vorhandensein bzw das Nicht-Vorhandensein realisieren kann - im genannten Beispiel das Auge

4 Entgegengesetztes im Bereich der Aussagen (κατάφασιςἀπόφασις) also Negation und Affirmation - er sitzter sitzt nicht etc

Als wichtigste zusaumltzliche Differenzierung kommt im A der Metaphysik (1018a21) noch der Bereich des Werdens und des Vergehens hinzu

5 Entgegengesetztes im Sinn des laquoaus was und in wasraquo (ἐξ ὧν καὶ ἐς ἃ ἔσχατα) - es geht also um den Bereich der Veraumlnderung (μεταβολή) zu dem fuumlr Aristoteles das an derselben Stelle beispielshalber angefuumlhrte Paar WerdenVergehen ebenso zaumlhlt wie die Bewegung (κίνησις) mit ihren drei Unterarten Veraumlnderung (ἀλλοίωσις) VermehrungVerminderung (αὔξησιςφθίσις) und lokale Translation (φορά)5 Sprachliche Beispiele solcher Erscheinungsformen des Entgegengesetzten waumlren also Faumllle wie entstehenvergehen kommengehen hinaufsteigenherabsteigen einschlafenaufwachen etc Eine der Erscheinungsformen dieser Art des Entgegengesetzten ist auch das was Coseriu (1972 52) als [p 4] laquoallativeraquo den laquoablativen Verbenraquo entgegenstellt (riceveredare prenderelasciare etc) Diese Art des Entgegengesetzten scheint erst in relativ jungen Abhandlungen wieder aufzutauchen als laquoinversion de Positionraquo und laquoinversion de directionraquo bei Robert Martin (1973) oder als laquodirectional oppositionraquo bei John Lyons (1977)

Abgesehen davon dass man die dritte Unterart des Entgegengesetzten unter Umstaumlnden als Sonderfall der zweiten (Variante tertium non datur) sehen koumlnnte ist diese Klassifikation durchaus befriedigend Dies zeigt sich einerseits darin dass alle unter 11 genannten Beispiele nach dieser Einteilung sinnvoll einzuordnen sind Es zeigt sich andererseits darin dass neuere Klassifikationsversuche wie sie verschiedentlich zusammengestellt oder vorgelegt wurden auf die aristotelische Einteilung abgebildet werden koumlnnen6

5 Belege bei Raible 1965 24 6 Vgl die Zusammenstellungen bei Geckeler 1971 450-465 Henrici 1975 191-203 Gsell 1979 60-73 so-wie die Einteilung bei Lyons 1977 270-290 Auffaumlllig ist dass AffirmationNegation nie beruumlcksichtigt werden obwohl es sich doch wie etwa H Weinrich ausgefuumlhrt hat um den Prototyp eines Zweierparadig-mas handelt (1975 57f) - Zur Abbildung spaumlterer Klassifizierungen des Entgegengesetzten auf die aristotelische bedarf es einer Ergaumlnzung Unter Entgegengesetztes mit zugelassenem tertium muss neben

13 Going Beyond the Information Given

Anlaumlsslich eines Symposiums hat sich der illustre Harvard-Psychologe Jerome S Bruner 1957 in bemerkenswerter Weise zu Problemen der Kognition geaumluszligert Sein Beitrag handelt von dem Phaumlnomen dass wir alle in der Lage sind einzelne Daten in einen allgemeineren Zusammenhang einzuordnen und dadurch in Relationen zu bringen die man mit Bruner - und gemaumlszlig der damals aktuellen Informationstheorie - codes mit Piaget (den Bruner zitiert) Schemata nennen kann Es geht also etwa darum dass wir in der Lage sind zwischen der gegebenen Zahlenreihe 1 4 9 16 25 und der nicht gegebenen Zahlenreihe 1 2 3 4 5 eine Relation herzustellen und dadurch die gegebene erste Zahlenreihe nicht nur leicht im Gedaumlchtnis behalten bzw aus dem Gedaumlchtnis rekonstruieren sondern auch beliebig fortsetzen dh in doppeltem Sinn uumlber die gegebene Information hinausgehen koumlnnen7

Ohne die Wichtigkeit solcher Schemata und ihrer Erkenntnis im geringsten anzweifeln zu wollen Es gibt noch elementarere Formen des Hinausgehens uumlber die gegebene Information Ein einfaches und einleuchtendes [p 5] Beispiel sind bereits einige Gesetze aus dem Bereich der Gestaltpsychologie Um diese im vorliegenden Zusammenhang nicht unwichtigen Gesetzmaumlszligigkeiten wuumlrdigen zu koumlnnen muumlssen vorab drei seit Aristoteles bekannte insbesondere durch die Phaumlnomenologie und die Gestaltpsychologie gelaumlufige Begriffe um einen weiteren ergaumlnzt und als zwei bdquoDimensionen mit jeweils zwei Extrempolen begriffen werden - es geht also wiederum um Gegensatzpaare Die bekannten Begriffe sind Similaritaumlt Kontrast Kontiguitaumlt Der zu ergaumlnzende ist derjenige der Distanz Die beiden Dimensionen sind dementsprechend

Dimension 1 Similaritaumlt - KontrastDimension 2 Kontiguitaumlt - Distanz8

Die Dimension Similaritaumlt - Kontrast scheint besonders einleuchtend und erklaumlrungsstark zu sein - sie spielt zB in den vorsokratischen Vorstellungen von der Sinneswahrnehmung die entscheidende Rolle Theophrast konnte entsprechend dann die jeweiligen von ihm referierten Positionen in ein Zweier-Raster einordnen Man erkennt Gleiches durch Gleiches sagten die einen und noch Goethe stellte fest laquoWaumlr nicht das Auge sonnenhaft die Sonne koumlnnt es nie erblickenraquo Die anderen vertraten dagegen die These man erkenne Gleiches durch Gegensaumltzliches9

Mit Hilfe dieser beiden Dimensionen und ihrer vier polaren Instanzen lassen sich nun wie mir scheint grundlegende Gestaltgesetze leicht beschreiben Das sogenannte bdquoGesetz der Naumlhe besagt dass - wenn man die Dimension 1 neutral haumllt also identische Formen waumlhlt - bei Erscheinungen die sich durch ihre unterschiedliche Entfernung voneinander auszeichnen die Kontiguitaumlt gegenuumlber der Distanz das gestaltbildende

der fuumlnften Art des Entgegengesetzten noch eine weitere von Aristoteles zwar de facto verwendete hier jedoch nicht eigens angegebene Variante untergeordnet werden in der zwischen zwei Extrempolen eine gradierbare Skala besteht Manche Autoren (Lyons Schifko) verwenden speziell fuumlr diese Art des Entgegengesetzten den Begriff Antonymie7 Bruner 1957 50 1973 erschien ein Sammelband mit Aufsaumltzen Bruners unter dem fast identischen Ti tel Beyond the Information Given in dem auch der in Rede stehende Aufsatz wieder abgedruckt ist (218-238) 8 Zur Erklaumlrung weiterer Gesetze der Gestaltpsychologie in diesem Rahmen bedarf es ua noch der Dimensionen Kontinuitaumlt - Diskontinuitaumlt und Vollstaumlndigkeit - Unvollstaumlndigkeit Auch hier entsteht bezeichnenderweise eine richtiggehende bdquoSystoichie von entgegengesetzten Begriffen9 Goethe Zahme Xenien III Theophrast De sensu 1ff

Prinzip ausmacht Sobald z B in einer Schar von Parallelen unterschiedliche Distanzen vorhanden sind gruppiert man automatisch die naumlher beieinander liegenden als zusammengehoumlrig dh als groumlszligere Einheiten ndash Das bdquoGesetz der Gleichartigkeit (und des Kontrasts) betrifft die Dimension 1 wobei diesmal durch gleiche Entfernung die Dimension 2 neutralisiert wird Erscheinungen werden einerseits nach dem Prinzip der groumlszligtmoumlglichen mutuellen Similaritaumlt gruppiert und diese Gruppen werden ihrerseits nach dem Prinzip des groumlszligtmoumlglichen Kontrasts voneinander abgehoben Man sieht dementsprechend in den beiden folgenden Beispielen je nachdem Spalten (auf der linken Seite) oder Zeilen (rechts)

a b a b a b a a a a a a a aa b a b a b a b b b b b b b a b a b a b a a a a a a a a a b a b a b a b b b b b b ba b a b a b a a a a a a a a

[p 6] Das bdquoGesetz der guten Gestalt nach dem in komplexen Figuren vorzugsweise einfachere Figuren wahrgenommen werden oder nach dem umgekehrt bis zu einem bestimmten Grade unvollstaumlndige Figuren automatisch zu vollstaumlndigen ergaumlnzt werden ndash beide Erscheinungsformen dieses letztgenannten Gesetzes die Vereinfachung und die Ergaumlnzung bestaumltigen auf ihre Weise weiterhin jenes (schon im der Η Metaphysik ndash 1041b 11 ff - nachzulesende) Grundgesetz der Gestaltpsychologie dass ein Ganzes nicht gleichgesetzt werden darf mit der Summe seiner Teile

Alle diese elementaren Gesetze zeigen nun dass wir schon bei der einfachen Wahrnehmung stets uumlber die objektiv vorhandene Information hinausgehen Auch Bruner geht bei seinen Uumlberlegungen eigentlich von elementaren Erscheinungen aus naumlmlich den drei laquonoogenetischenraquo (im Original noegenetischen) Prinzipien die Charles Spearman 1923 aufgestellt hat

laquoOne of these (principles) called () the eduction of relations holds that there is an im-mediate evocation of a sense of relation given the mental presentation of two or more things White and black evoke opposite or different The third principle the eduction of correlates states that in the presence of a thing and a relation one immediately edu-ces another thing White and opposite of evoke blackraquo (Bruner 1957 41 vgl Spear-man 1923 63 ff und 91ff)

Auch Bruner verwendet wie man sieht zur Exemplifizierung des zweiten und des dritten der noogenetischen Prinzipien Spearmans nichts anderes als die offenbar schwer zu vermeidende Relation des Kontrastes

2 Der allgegenwaumlrtige Gegensinn oder Von Assoziationen und anderen lsquoFehlleistungenrsquo

Die Systoichie der Pythagoreer die kosmogonischen und kognitiven Lehren der Vorsokratiker Platons δυάς ἀόριστος Aristoteles Konzeption des Werdens und des Vergehens desgleichen seine Klassifizierung der Sinneseindruumlcke und seine Beschaumlftigung mit den laquoKategorienraquo Grundgesetzlichkeiten der Gestaltpsychologie und die laquonoondashgenetischen Prinzipienraquo Spearmans in der erwaumlhnten Form Alle diese Faumllle weisen bei selbstverstaumlndlichen Unterschieden im Einzelnen eine Gemeinsamkeit auf sie sind allesamt Instanzen oder Auspraumlgungen dessen was man mit Goethe (also nicht

mit Abel) den Gegensinn10 nennen koumlnnte sie verkoumlrpern das Prinzip des Kontrasts - oder sie setzen es sogar voraus

Auch in der Sprache scheint es Aumlhnliches zu geben Saussure hat wie man weiszlig zwischen syntagmatischen und ndashder Sache nachndash paradigma [p 7] tischen Relationen in der Sprache unterschieden und er hat nicht zuletzt im Hinblick auf die paradigmatischen Relationen gesagt in der Sprache sei alles negativ Ein Zeichen wie Vater waumlre um ein Beispiel von Harald Weinrich (1975 40) aufzugreifen gleichbedeutend mit einer sehr langen Kette negativer Terme Vater ist Nicht-Mutter NichtSohn Nicht-Bruder Nicht-Haus Nicht-Barock Nicht-Vergessen etc Freilich Stuumlnde - aufgrund der Verabsolutierung einer bestimmten Art von Relation - jedes Zeichen prinzipiell in Opposition zu jedem anderen so waumlren die paradigmatischen Relationen notgedrungen ungeheuer zahlreich also aumluszligerst komplex unuumlberschaubar und ungeordnet Im Folgenden soll gezeigt werden dass solche Relationen weder unbegrenzt noch unspezifisch noch ungeordnet sind sie sind fuumlr jedes Zeichen prinzipiell uumlberschaubar sie sind spezifisch und in hohem Maszlige voraussagbar Es wird sich erweisen dass bei der Erfassung dieser spezifischen Relationen die in 13 genannten Dimensionen also SimilaritaumltKontrast und KontiguitaumltDistanz eine entscheidende Rolle spielen

Die interessierte Fachwelt weiszlig spaumltestens seit der Jahrhundertwende dass nicht nur die Similaritaumlt sondern auch der Kontrast in Form des Gegensinns also in der ganzen Breite die der Begriff entgegengesetzt bei Aristoteles hat eine aumluszligerst wichtige Rolle in der Sprache spielt Nicht nur dies Auch gewichtige Indizien dafuumlr warum es sich so verhaumllt liegen seit jener Zeit eigentlich auf der Hand Ich denke dabei an zwei wissenschaftliche Pionierarbeiten Die eine wurde 1895 von Rudolf Meringer ao Professor fuumlr indogermanische Sprachwissenschaft an der Universitaumlt Wien und Karl Mayer ao Professor fuumlr Psychiatrie und Nervenpathologie an der Universitaumlt Innsbruck vorgelegt Versprechen und Verlesen Eine psychologisch-linguistische Studie Auch die andere ging aus der Zusammenarbeit zwischen einem Sprach- und einem Seelenwissenschaftler hervor Es sind die Experimentellen Untersuchungen uumlber die psychologischen Grundlagen der sprachlichen Analogiebildung (1901) von Albert Thumb damals Privatdozent fuumlr Indogermanistik in Freiburg und Karl Marbe Professor fuumlr Psychologie in Wuumlrzburg Ausgangspunkt beider Arbeiten war die Frage nach den Ursachen des Sprachwandels Waumlhrend im Hintergrund der Arbeit von Meringer und Mayer eine Hypothese von Hermann Paul steht (Sprachwandel durch Versprechen) geht es Thumb und Marbe insbesondere um eine Art der Analogiebildung die Wilhelm Wundt in seiner Voumllkerpsychologie als Angleichung nach logischen Beziehungen der Begriffe benannt hatte

ndash laquoAngleichung an Woumlrter von verwandter Bedeutungraquo dh laquodurch Aumlhnlichkeitraquo und

ndash laquoAngleichung an Woumlrter von gegensaumltzlicher Bedeutungraquo dh laquodurch Kontrastraquo (Thumb-Marbe 1901 4f)

10 Dies bedeutet dass Gegensinn nicht in der engeren Bedeutung verstanden wird die etwa Wolfgang Meid (1976) dem Begriff gibt Gegensinn wuumlrde danach ein Wort verkoumlrpern das sich selbst und zugleich sein Gegenteil bezeichnet (also etwa lernen fuumlr lehren und lernen) Meid steht damit natuumlrlich in der Tradition von Carl Abel (1884)

[p 8] Insbesondere die ndashsei es formale sei es inhaltlichendash Angleichung durch Kontrast war seither mitunter Gegenstand von Untersuchungen wobei man sich freilich weder auf Wundt noch auf Thumb und Marbe bezog11

21 Gesetzmaumlszligigkeiten des Assoziierens

laquoAssociations are structuralraquo (Deese 1965 160)

Obwohl Thumb und Marbe mit dem zeituumlblich geringen (also in der heutigen Experimentalpsychologie wohl kaum noch denkbaren) methodischen Aufwand gearbeitet haben sind ihre Ergebnisse bahnbrechend Trotz einiger Vorlaumlufer stellt die Arbeit nicht zuletzt wohl auch dank ihrer Interdisziplinaritaumlt den eigentlichen Beginn der sprachpsychologischen Assoziationsforschung dar12 Das Werk steht also am Anfang einer Fuumllle von Untersuchungen die dann zumeist von Psychologen durchgefuumlhrt wurden (und deren Ertrag verglichen mit dem der Arbeit von Thumb und Marbe zumeist in umgekehrtem Verhaumlltnis zum methodischen und praktischen Aufwand steht)

Das Verfahren von Thumb und Marbe war einfach Eine Reihe von acht Probanden musste auf zugerufene Woumlrter ihre Wort-Assoziationen nennen Die Zeit zwischen dem Zurufen und der Antwort wurde dabei gemessen Da keine Vorgaben gemacht wurden (wie sie etwa bei Spearmans drittem laquonoogenetischem Prinzipraquo gegeben waren dh man gibt weiszlig und die Relation Gegensatz zu an um schwarz zu erhalten) liegt nicht das Verfahren einer kontrollierten sondern das der sogenannten laquofreien Assoziationraquo vor

Es ist nun zweifellos richtig dass die Zahl und die Art moumlglicher Assoziationen individuell verschieden und damit potentiell unendlich ist Darauf hat auch Eugenio Co-seriu hingewiesen (zB 1966 185f) Ich betone das potentiell ndash denn in Wirklichkeit sind die Verhaumlltnisse anders Die Reaktionswoumlrter sind meist hochgradig voraussagbar Mit anderen Worten Es muss Beziehungen zwischen Ausgangs- und Reaktionswort ge-ben die gerade gegen Individualitaumlt und Beliebigkeit im Bereich des Assoziierens sprechen Die Indizien fuumlr diese Beziehungen sind quantitativer und qualitativer Natur

[p 9] Ich schicke der Behandlung dieser Indizien voraus dass ich mich neben den ersten Erkenntnissen von Thumb und Marbe vor allem auf die Interpretation von Material stuumltze das unter nordamerikanischer Federfuumlhrung erstellt und zusammengetragen wurde Ausgangspunkt ist eine Liste von 100 Woumlrtern die 1910 von G HKent und A JRosanoff aufgestellt und mit 1000 Probanden getestet worden war Mit dieser Wortliste und ihrer Uumlbersetzung wurden dann auch spaumlter eine groumlszligere Zahl von Assoziationstests durchgefuumlhrt und publiziert Das vor allem auf der Liste von Kent und Rosanoff basierende Material ist bequem zugaumlnglich in dem Sammelband von PostmanKeppel 1970 Die um 100 Woumlrter erweiterte Liste von D S Palermo und J J Jenkins sowie das sich daraus ergebende Material sind zugaumlnglich seit 196413

11 Leo Spitzer (1921) hat das Problem der Angleichung der Gegensaumltze im Bereich der Morphologie behan-delt speziell im Bereich der Genus-Opposition und der Opposition augmentativdiminutiv also im Bereich von Groszlig und Klein Yakov Malkiel (1951) ging der formalen Angleichung von Gegensatzpaaren (Typ dextersenexter) nach Eacutemile Benveniste hat sich im selben Jahr unter etwas anderem Vorzeichen und zwar eher im Abelschen oder Meidschen Sinn von Gegensinn mit dem Bedeutungsaustausch zwi-schen den Bezeichnungen fuumlr geben und nehmen im indoeuropaumlischen Bereich befasst Oswald Panagl (1978) hat in diesem Bereich Parallelen zwischen Spracherwerb Sprachabbau und Sprachgeschichte konstatiert12 Esper 1973 60 spricht von einem Meilenstein in der Geschichte der sprachlichen Analogieforschung vgl aumlhnlich auch Houmlrmann 1967 119

211 Argumentum quantitatis

Ich spreche zunaumlchst drei quantitative Indizien an die gegen die Beliebigkeit von Assoziationen sprechen Erstes Indiz ist das Verhaumlltnis zwischen der Zahl der Probanden und der Zahl der assoziierten Reaktionswoumlrter Waumlren Assoziationen voumlllig individuell so koumlnnte man auf das gleiche Ausgangswort bei 1000 Probanden im Extremfall 1000 verschiedene Reaktionen erwarten Die wirklichen Verhaumlltnisse sind anders Bei einem Versuch mit 1000 Probanden und den 100 Ausgangswoumlrtern von KentRosanoff ergaben sich im Fall des Ausgangsworts mit der kleinsten bdquoStreuung (dark) 41 verschiedene Assoziationen im Fall des Ausgangsworts mit der groumlszligten Streuung (trouble) 260 Der Durchschnitt den ich errechnet habe liegt bei knapp 105 verschiedenen Nennungen14 Es ist aber nicht nur so dass bei 1000 Probanden keine 1000 sondern durchschnittlich nur 105 verschiedene Reaktionen vorliegen Es ist auch keinesfalls so dass die Zahl der verschiedenen Reaktionswoumlrter proportional zur Zahl der Probanden ansteigt Ich waumlhle als Beispiel ein Ausgangslexem das wegen analoger semantischer Lagerung auch durch verschiedene Sprachen hindurch in etwa verglichen werden kann das Wort Hand und seine Aumlquivalente in anderen Sprachen bei 288 franzoumlsischen Probanden ergaben sich hier 77 verschiedene Assoziationen bei 331 deutschen 104 bei 400 Englaumlndern 72 bei 998 Amerikanern 99 [p 10]

Noch aufschlussreicher ist das zweite Indiz Die Haumlufigkeit mit der beispielsweise 1000 Probanden die durchschnittlich 105 Reaktionswoumlrter nennen entspricht naumlmlich allem anderen als einer Zufallsverteilung Von 1008 Probanden reagieren etwa auf das Ausgangswort slow 752 (also 75) mit demselben Wort Auf diejenigen Woumlrter welche die folgenden Raumlnge 2 3 und 4 einnehmen entfallen jeweils noch etwa 2 der Nennungen auf die Woumlrter der Raumlnge 5 bis 13 noch etwa 1 auf die Raumlnge 36 bis 94 (94 ist in diesem Fall die obere Zahl) entfallen jeweils noch genau 01 dh die Woumlrter wurden jeweils noch von einem Probanden genannt Ordnet man derartige Werte in ein Koordinatensystem ein in dem auf der Abszisse die Raumlnge der assoziierten Woumlrter auf der Ordinate die mit dem jeweiligen Rang gegebene Frequenz eingetragen wird so erhaumllt man das typische Bild einer Hyperbel hohe Frequenz fuumlr die ersten zwei drei Raumlnge ganz niedrige Frequenzen fuumlr den Rest Es ergibt sich also was die ersten Raumlnge betrifft generell das Bild einer eindrucksvollen Uumlbereinstimmung Aktualitaumlt und Individualitaumlt gehen immer erst unter bdquoferner liefen dh auf den niedrigeren oder den niedrigsten Raumlngen durchs Ziel15

Von groumlszligtem Interesse ist als Abschluss der quantitativen Indizien das Verhaumlltnis von Frequenz und Reaktionszeit hier gilt Je haumlufiger ein Wort als Reaktion genannt 13 Das amerikanische Material liefert in dem Sammelband von PostmanKeppel James J Jenkins 1970 das englischaustralische stammt von Kenneth M Miller 1970 das deutsche von Wallace A Russell 1970 das franzoumlsische von Mark R Rosenzweig 1970 Obwohl alle diese Materialien im Gegensatz zu Thumb und Marbe in schriftlichen Tests gewonnen wurden (weshalb zB die Kontrolle der Reaktionszeit nicht moumlg-lich war) koumlnnen die Daten schon wegen ihrer breiten Basis an Probanden zur Unterstuumltzung und Ergaumln-zung der Ergebnisse von Thumb und Marbe herangezogen werden14 Dabei stellt die Zahl 260 einen Sonderfall dar Die Reihenfolge nach unten lautet 260 174 168 158 157 Die entsprechenden Zahlen fuumlr den Pol der kleinsten Streuung 41 51 57 62 64 6615 Ein Beispiel fuumlr die Aktualitaumlt sowie die Individualitaumlt von Assoziationen Die franzoumlsischen Tests wur-den Mitte der fuumlnfziger Jahre durchgefuumlhrt also zu einer Zeit zu der ein Film mit dem Titel Bitterer Reis von sich reden machte Im franzoumlsischen Test assoziierten dann immerhin noch 3 der Probanden (Rang 6) auf das Ausgangswort amer die Reaktion rizlsquo Weiter Von den 1004 Probanden die ihr Reaktionswort auf girl niederschrieben nannten 70 dasselbe Wort Mit jeweils 2 Nennungen erscheinen dann noch eine Joan eine Mary und eine Shirley auf den Raumlngen zwischen 23 und 39 auf den Raumlngen zwischen 40 und 103 sind dann mit je einer Nennung noch eine Ardis eine Barb eine Beverly Marilyn Nancy Sharon Sue und eine Susie vertreten

wird desto kuumlrzer die Reaktionszeit der jeweiligen Probanden16 Umgekehrt Die ausgefallenen Reaktionen erfordern ein Vielfaches dieser kuumlrzesten Reaktionszeit Waumlhrend etwa die Mehrzahl der Probanden von Thumb und Marbe auf fuumlnf mit sechs reagierte brauchte das Enfant terrible ein Dr Roos uumlber zehn Sekunden um mit dem fuumlnften Badischen Infanterieregiment wie uumlblich aus dem Rahmen zu fallen

212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt

Die Spontaneitaumlt und die hochgradige Uumlbereinstimmung17 der Assoziationen von bei-spielsweise 1000 Probanden waumlren gewiss nicht moumlglich [p 11] ohne innere bdquoqualitative Ursachen Sie sollen im folgenden - in einem ersten Interpretationsversuch - insbesondere anhand des Materials analysiert werden das auf der Wortliste von Kent und Rosanoff basiert Beruumlcksichtigt wird dabei zunaumlchst die Gruppe der Erwachsenen und zwar derjenigen Erwachsenen die sich durch einen hohen Grad an sprachlicher Sozialisierung auszeichnen (die Probanden der psychologischen Assoziationstests rekrutieren sich zumeist aus der Gruppe der Studenten) Die Analyse des Materials laumlsst hier die folgenden fuumlnf Prioritaumlten-Ebenen erkennen

1 Assoziationen sind vorzugsweise solche der gleichen Wortart18 Der modus significandi dh die Information die die Zugehoumlrigkeit zu einer Wortart bringt erweist sich damit fuumlr die Verarbeitung sprachlicher Information als das Merkmal mit der houmlchsten Prioritaumlt

Die haumlufigste Reaktion ist also vom Typ Nomen-Nomen Pronomen Pronomen Adjektiv - Adjektiv komparative Form des Adjektivs komparative Form etc Sind die Ausgangswoumlrter Formen die zwischen verschiedenen Wortarten stehen wie etwa der Infinitiv der im Verbalsystem das nominale Element darstellt so sind die Reaktionen entsprechend gespalten also bald nominal bald verbal wie schon Thumb und Marbe feststellen konnten Die Klassengleichheit zwischen Ausgangswort und Assoziation ist fuumlr das am haumlufigsten genannte Wort durchschnittlich in 80 bis 90 der Faumllle gegeben19

2 Assoziationen sind vorzugsweise aus demselben semantischen Bereich Sie stammen also wie man heute sagen wuumlrde aus demselben Wortfeld Ich interpretiere dabei wie sich noch zeigen wird semantischer Bereich und Wortfeld bewusst weit So werden auf Verwandtschaftsnamen in 80 bis 90 der Faumllle Verwandtschaftsbezeichnungen assoziiert auf Hand kommt Fuszlig auf Spinne Netz Abweichungen sind in aller Regel mit houmlheren Reaktionszeiten verbunden

16 Dieser Zusammenhang wurde spaumlter als das bdquoGesetz von Marbe bekannt und zitiert auch in Amerika - freilich ohne dass man wie Esper 1973 berichtet deshalb das Werk von Thumb und Marbe auch gelesen haumltte17 Es duumlrfte nicht uumlberraschen dass bei gleichem Ausgangsmaterial - den 100 Woumlrtern von Kent und Rosanoff 1910 - in verschiedenen Testsituationen undoder in verschiedenen Sprachen die Ergebnisse variieren Die Marge fuumlr die drei am haumlufigsten genannten Reaktionswoumlrter liegt im Durchschnitt der 100 Testwoumlrter und der Versuche in fuumlnf Sprachen jeweils Zwischen 40 und 60 der Nennungen Vgl Rosen -zweig 1970 99 Wichtig im Hinblick auf Variationen ist wie sich noch zeigen wird der Grad der sprachli -chen Sozialisierung der Probanden18 Diese Beobachtung wurde vor ThumbMarbe 1901 schon von Bourdon 1895 gemacht vgl hierzu Rosenzweig 1970 10219 Ich habe eine Auswahl von 48 Ausgangswoumlrtern der jeweils auf KentRosanoff basierenden Listen fuumlr das genannte amerikanische deutsche und franzoumlsische Material auf die Wortart-Zugehoumlrigkeit hin unter-sucht Dabei wurden alle Reaktionswoumlrter beruumlcksichtigt auf die drei und mehr Prozent der Nennungen entfielen Es erwies sich dass die jeweiligen Nennungen also angefangen vom haumlufigsten Wort bis hin zu dem Wort das noch von 3 der Probanden genannt wurde in etwa der Haumllfte der Faumllle sogar zwischen 90 und 100 klassengleich sind (Amerikanisches Material 26 von 48 Faumlllen deutsches 25 von 48 franzoumlsisches 27 von 48)

[p 12] Die beiden ersten Prioritaumlten zeigen also dass die Similaritaumlt bei den Assoziationen eine grundlegende Rolle spielt - allerdings wie die beiden folgenden Prioritaumltsebenen zeigen eine Hintergrund-Rolle Auf der dritten Prioritaumlts-Ebene kommt naumlmlich vor diesem Hintergrund an Similaritaumlt das Prinzip des Kontrasts zum Zuge

3 Assoziationen sind wo immer dies moumlglich ist fast ausnahmslos Assoziationen zum Entgegengesetzten hin - entgegengesetzt im oben dargelegten aristotelischen Sinn Typische Paare sind also schwarzweiszlig helldunkel kleingroszlig leichtschwer altjung (bzw neu) TagNacht schnellerlangsamer kommengehen kaufenverkaufen ichdu ersie nowthen herethere alwaysnever etc

Dass diese besonders praumlgnante Rolle des Kontrasts kein einzelsprachliches Phaumlnomen ist zeigen die Versuche die mit der Wortliste von Kent und Rosanoff im Bereich des Englischen Englands Amerikas Australiens Kanadas im Deutschen Franzoumlsischen Italienischen und Polnischen gemacht wurden20 Eine starke dh eindeutige Antonymie-Relation (Antonymie im erwaumlhnten weiten Sinn) fuumlhrt stets dazu dass das am haumlufigsten genannte assoziierte Wort das korrespondierende Antonym ist Das Feld der assoziierten Woumlrter bekommt dadurch einen sehr scharfen Fokus der Halo der restlichen Nennungen bleibt gering Paradefall in der liste von KentRosanoff ist das Ausgangswort dark Die Streuung also die Zahl der von 1000 Probanden insgesamt assoziierten verschiedenen Woumlrter betraumlgt hier wie schon erwaumlhnt nur 41 Von den Probanden reagieren 829 (83) mit light 55 weitere mit night 33 mit room 31 mit black etc Sobald eine Antonymie-Relation dagegen schwaumlcher ist zB deshalb weil das Ausgangswort mehrere Antonyme besitzt (also merkmalloser ist) ist entsprechend der weiteren Bedeutungsaura des Ausgangsworts der Fokus der assoziierten Woumlrter weit weniger scharf der Halo der Streuung wird entsprechend breiter Waumlhlt man dagegen eines aus jener Mehrzahl von Antonymen aus also ein notwendigerweise merkmalhaltigeres Wort so verlaufen die Assoziationen mit starker Buumlndelung auf das urspruumlngliche Ausgangswort zu21

[p 13] Auf Rang 4 der Prioritaumltsebenen tritt die Dimension Kontiguitaumlt - Distanz in Erscheinung - und zwar in Form der semantischen nicht der syntagmatischen Kontiguitaumlt

4 Assoziationen richten sich wenn keine oder keine dominierende Antonymie-Relation gegeben ist unter Fortgeltung der Prioritaumlten 1 und 2 nach der semantischen

20 Vgl Rosenzweig 1961 und CarrollKjeldergaardCarton 196221 Ein Beispiel Die Reaktionen auf sweet und suumlszlig weisen in etwa dieselbe Streuung auf Die Streuung ist jedoch bei doux in auffaumllliger Weise groumlszliger Die Ursache Auf sweet wird an 1 Stelle das Antonym sour (43) an 4 Stelle das Antonym bitter (8) assoziiert Analog verhaumllt es sich im Deutschen den 1 Rang belegt sauer (39) den 4 bitter (3) Bei franz doux weist der Petit Robert nicht weniger als 21 Antonyme auf Doux hat also im Gegensatz zu sweet und suumlszlig eine wesentlich weniger praumlgnante Bedeutung Es kommt hinzu dass die praumlgnanteste Bedeutung gar nicht doux im Gegensatz zu aigre oder acide ist sondern doux im Gegensatz zu dur (9) Die einzige einigermaszligen dominante Bedeu-tung von doux ist also weich Als naumlchstes Antonym wird auf Rang 8 noch amer (3) genannt ruumlde nennen noch 2 brutal fort rugueux jeweils 1 mit je einer Nennung sind noch vertreten aigre grossier roche sevegravere Waumlhlt man nun das dominante Antonym des deutschen und englischen suumlszlig naumlmlich sauer wieder als Ausgangswort so zeigt sich hier eine weitgehende Uumlbereinstimmung zwischen allen drei Sprachen an der Spitze der genannten Reaktionswoumlrter liegen sweet (57) suumlszlig (39) und doux (30) - Zur Rolle der MerkmalhaltigkeitMerkmallosigkeit von Antonymen bei der Assoziation sei auch auf Clark 1970 276 hingewiesen

Kontiguitaumlt Allerdings ist die Wortart-Identitaumlt der Prioritaumltsebene 1 hier etwas eingeschraumlnkt die Gruumlnde dafuumlr werden spaumlter evident werden

Es handelt sich hier in der Regel um Assoziationen von etwas was im Bereich der Denotata und das heiszligt auch im Erfahrungsbereich der Probanden mit dem was durch das Ausgangswort bezeichnet ist in einer spezifischen Relation steht Im Gegensatz zum Normalfall der (zweiseitigen) Antonymie-Relation sind diese spezifischen Relationen in der Regel gerichtet Dass die Basis solcher Relationen die Kontiguitaumlt im Erfahrungsbereich ist hat natuumlrlich zur Folge dass hier unter Umstaumlnden soziale und kulturelle Unterschiede vorliegen koumlnnen Dies wird nicht der Fall sein in Beispielen wie araigneacutee toile ragnoragnatela tigefleur stemflower piedchaussure footshoe Es koumlnnte dagegen eher zutreffen in Faumlllen wie comfortchair confortfauteuilrsquo oder BequemlichkeitSessel

5 Assoziationen sind wenn sich keine Kontrast- oder keine semantische Kontiguitaumlts-Relation einstellt Assoziationen im Bereich der semantischen Similaritaumlt oder der syntagmatischen Kontiguitaumlt

Zunaumlchst zur semantischen Similaritaumlt Es handelt sich bei den Assoziationen dieser Gruppe entweder um bdquoSynonyme Oberbegriffe oder um etwas im Ausgangswort Impliziertes Die Beispiele sind relativ selten Bezeichnend ist allein dass solche Assoziationen wenn sie schon gelegentlich an erster Stelle genannt werden nur in relativ geringem Maszlige buumlndeln22 Die andere Variante der fuumlnften Prioritaumltsebene Assoziationen [p 14] im Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt ist in dem von mir analysierten Materialebenfalls nur schwach vertreten (hier gelten uumlbrigens die Prioritaumltsebenen 1 und 2 nur noch sehr eingeschraumlnkt der Grund auch hierfuumlr wird wiederum spaumlter deutlich werden) Zwei Beispiele aus dem deutschen Bereich Auf glatt assoziierten immerhin 40 der Probanden an erster Stelle Eis (laquoGlatteisraquo) erst an zweiter Stelle folgte hier mit 15 das Antonym rau Desgleichen assoziierten auf Stiel (die falsche Uumlbersetzung des englischen stem - gemeint war Stengel) 38 der Probanden den Besen Auch die zweithaumlufigste Assoziation zaumlhlt hier noch zum Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt 6 nannten Stumpf Im englischen und franzoumlsischen Material treten solche Arten der Assoziation erst an untergeordneter Stelle auf ndash etwa vinaigre auf aigre becircte auf belle marche auf pied

Als Hugo Schuchardt die Arbeit von Thumb und Marbe ein Jahr nach ihrem Erscheinen (sehr kritisch) besprach machte er hauptsaumlchlich zwei Einwaumlnde Mit dem ersten dieser Einwaumlnde stand er ganz in der Tradition der bisherigen Assoziationsforschung Thumb und Marbe haumltten die Nachbarschaft in der Rede als eine der Ursachen fuumlr die Assoziationen nicht gebuumlhrend gewuumlrdigt Die analysierten Verhaumlltnisse widerlegen Schuchardt sehr deutlich Sein Einwand trifft allerdings wie sich noch zeigen wird unter ontogenetischem Aspekt zu Auch Schuchardts zweites Monitum die lautliche Aumlhnlichkeit muumlsste als einer der Faktoren des Assoziierens staumlrker betont werden ist obsolet Selbst unter 1000 Probanden waumlre entgegen der Vermutung Schuchardts kaum einer gewesen der auf drei die Zahl zwei assoziiert 22 Dies zeigen die folgenden Beispiele enfant 1 petit (12) 2 beacutebeacute (8) child 1 baby (16) Kind 1 klein (12) (2 Mutter (10)) 3 Baby (6) oder Quadrat 1 Viereck (14) Ein Beispiel fuumlr die Wahl des Oberbegriffs aigle 1 oiseau (16) Adler 1 Vogel (21) Typisch fuumlr die relativ geringe Wir-kung der semantischen Similaritaumlt im Sinn von Synonymie ist der Umstand dass die meisten Syno nyme ansonsten an nachgeordneter Stelle vorkommen Auf dark assoziieren 3 (und an 4 Stelle) black auf beautiful immerhin 14 an 2 Stelle pretty an 6 Stelle (4) lovely an 1 Stelle steht das Antonym ugly Auf rough wird an 1 Stelle mit dem Antonym smooth (44) reagiert erst an 2 Stelle folgt mit 7 hard Auf sommeil folgt an 1 Stelle das semantisch benachbarte lit erst an 2 Stelle (10)reposrsquo

haumltte23 Dies liegt daran dass sprachliche Information primaumlr nach ihrem syntaktisch-semantischen [p 15] Gehalt analysiert und verarbeitet wird (und die Assoziationen auf Zahlen sind hier wie noch in 32 gezeigt werden wird hochgradig gerichtet) Klangphaumlnomene sind auf jeden Fall sekundaumlr Erst dann wenn der Proband die Bedeutung nicht versteht wie etwa bei Fremdwoumlrtern bei Termini technici oder bei Woumlrtern einer ihm unbekannten Sprache spielt die Laut-Assoziation eine Rolle24 Thumb zeigte dies in einer spaumlteren Studie aus dem Jahre 1908

21a Aktualisierender Zusatz im Jahr 2011

Ein Team von drei Wissenschaftlern der Universitaumlten von South Florida und Kansas hat den bisher wohl groumlszligt-angelegten Test mit Assoziationen auf Wort-Stimuli unternommen und dies mit einer Unzahl von Probanden Nelson D L McEvoy C L amp Schreiber T A (1998) The University of South Florida word association rhyme and word fragment norms25 ldquoMore than 6000 participants produced nearly three-quarters of a million responses to 5019 stimulus wordsrdquo

Im vorliegenden Fall geht es um insgesamt 4870 Woumlrter als Ausgangspunkte fuumlr Assoziationen (cues) 76 davon Nomina 13 Adjektive 7 Verben 16 waren Homographen Die Testpersonen durften jeweils ein einziges Wort als Reaktion aufschreiben Die Reaktionszeit wurde dabei nicht gemessen Aus den 4870 Faumlllen habe ich die 538 ausgewaumlhlt in denen eine ldquoForward Cue-to-Target Strengthrdquo von ge 05 vorlag bei denen also ein Reizwort mit hoher Wahrscheinlichkeit ein oder mehrere Zielwoumlrter ausloumlst Dabei bestaumltigen sich die Ergebnisse der 1980 vorgenommenen Analyse fast vollstaumlndig

Antonymen-Relationen die sich anhand des Corpus der University of Southern Florida ergeben Die meisten sind zweiseitig Sie entsprechen den u auf S 2223 analysierten acht Strukturierungsdimensionenabove lt--gt belowadd lt--gt subtractaddition lt--gt subtraction

defense --gt offensedifferent --gt samedown lt--gt up

major --gt minorme lt--gt youmine lt--gt yours

23 Vgl im Einzelnen Schuchardt 1902 - Dass Assonanzen keine Rolle spielen gilt natuumlrlich nicht dort wo jemand im Sinn des dritten noogenetischen Prinzips von Spearman explizit Woumlrter sucht die mit dem Ausgangswort durch die Relation lautlicher Similaritaumlt verbunden sind also beispielsweise Reimwoumlrter - Wie sehr die Verarbeitung sprachlicher Information primaumlr auf die Analyse syntaktischer und semanti-scher Merkmale ausgerichtet ist zeigt sich einerseits bei den unendlich zahlreichen Versuchen der Psychologen vergangener Jahrzehnte mit kuumlnstlichem sinnlosem Wortmaterial zu arbeiten die Proban-den versuchen auch dort ganz automatisch zunaumlchst einen Sinn zu houmlren Wie sehr die etwa von Coseriu stets betonte Semantizitaumlt der Sprache selbst bei traumatischen und sonstigen Aphasikern im Vorder-grund steht zeigt andererseits die einschlaumlgige Forschung Luria (1976 150f) berichtet dass auch bei den Assoziationen von Aphasikern Woumlrter mit verwandter Bedeutung den Vorrang vor Woumlrtern mit aumlhnli-chem Klang haben Nur bei besonders schweren Faumlllen von Aphasie und bei geistig Zuruumlckgebliebenen dominiert die Lautassoziation vor der inhaltlichen Als Beispiel fuumlr die untergeordnete Bedeutung von Lautassoziationen kann auch ein Versuch mit Aphasikern dienen dessen Gegenstand kontrollierte Assoziationen waren (Aufzaumlhlen von Tiernamen) von den 2918 Namen die von insgesamt 94 Patienten innerhalb von fuumlnf Minuten genannt wurden waren ganze 6 Faumllle vom Typ MausLaus (GloningMuumlller 19711972 264)24 Bin illustratives Beispiel sind die Reaktionen auf das im amerikanischen Englischen aumluszligerst selten be -legte Ausgangswort abbess (Aumlbtissin) Den 1 Rang unter den Antworten hat hier mit 9 hole - ganz offensichtlich deshalb weil die Probanden abbess als abyss verstanden Erst an 2 Stelle folgt mit 5 ein Wort bei dem wohl die lautliche Assoziation Pate gestanden hat abscess (Postman 1970 260) 25 httpw3usfeduFreeAssociation

answer lt--gt questionasleep lt--gt awakeback lt--gt frontbad lt--gt goodbefore --gt afterbegin lt--gt endbest lt--gt worstblack lt--gt whiteborrow --gt lendbottom lt--gt topfemale lt--gt maleboy lt--gt girluncle lt--gt auntactor lt--gt actressbrother lt--gt sisterdad lt--gt momfather lt--gt motherdaughter lt--gt songrandma lt--gt grandpahusband lt--gt wifeman lt--gt womanbuyer lt--gt sellerclose --gt openday lt--gt nightdead --gt alive

downstairs lt--gt upstairsdryer --gt washereast lt--gt westempty lt--gt fulleven lt--gt oddexit --gt entranceexplode --gt implodefalse lt--gt truefar lt--gt nearfind lt--gt seeksearchfirst --gt lastforward lt--gt backwardfound lt--gt lostgo lt--gt stopgroom lt--gt bridehello --gt goodbyehe lt--gt shehere lt--gt therehigh lt--gt lowin lt--gt outleader --gt followerless lt--gt morelose --gt winloser lt--gt winnerlost lt--gt found

minus lt--gt plusnegative lt--gt positiveno lt--gt yesnorth lt--gt southoff lt--gt onold --gt newopen --gt closeclosedoutside --gt insideover lt--gt underpoor lt--gt richqueen --gt kingquestion lt--gt answerright --gt leftright --gt wrongscratch --gt itchseller lt--gt buyersit --gt standslow lt--gt fastsoft lt--gt hardthin --gt thicktight --gt loosetoday lt--gt tomorrowtwice --gt onceweak --gt strong

Bemerkenswert sind solche abweichenden Faumllle in denen an erster Stelle nicht ein Antonym assoziiert wird sondern ein aumlquivalenter Begriff etwa finish --gt done und erst an zweiter Stelle start happy fuumlhrt an erster Stelle zu joyous an dritter und vierter Stelle immer noch sehr haumlufig zu cheerful und glad sad steht erst an zweiter Stelle Hard fuumlhrt an erster und zweiter Stelle zu difficulty und difficult die beiden moumlglichen Antonyme easy und soft folgen (mit immer noch hoher Frequenz) an dritter und virter Stelle Umgekehrt fuumlhrt nur soft hoch frequent zu hard Parallel ist ein Fall wie hate zu dem hoch frequent despise und dislike assoziiert wird waumlhrend love unter der 05-Schwelle an dritter Stelle folgt Genauso verhaumllt es sich mit love das zu affection ro-mance und adore fuumlhrt (love ist als Wortart polyfunktional) hate folgt an vierter Stelle in der Frequenz Hot fuumlhrt in seiner einen Bedeutung zu spicy in einer anderen zu humid erst an dritter Stelle zu cold Umgekehrt gilt aber cold --gt hot Late fuumlhrt an erster Stelle zu tardy erst an zweiter zu early Auf many wird an erster und zweiter Stelle several und numerous assoziiert erst an dritter folgt unter der 05-Schwelle fewsome waumlhrend umgekehrt nur few mit einiger Frequenz zu many fuumlhrt Bei old gilt zwar --gt new aber dann folgen drei verwandte Begriffe (elderly antique ancient) erst an vierter Stelle kommt das andere Antonym young Vergleichbar ist das vieldeutige present an erster Stelle steht hier gift dann folgt mit past ein Antonym mit absent ein anderes In einem Fall wie forget wird an erster Stelle forgive (ldquolet us forget itrdquo) assoziiert also ein willentliches vergessen waumlhrend umgekehrt remember direkt zu forget fuumlhrt Mehrdeutigkeit ist also immer ein lsquoStoumlrfaktorrsquo wie auch der Fall short --gt talllong an zweiter Stelle short --gt brief zeigt oder small --gt tiny und an zweiter und dritter Stelle --gt big large Interessant ist auch das Beispiel square das an erster Stelle zum Oberbegriff rectangle fuumlhrt und dann zu zwei gleichermaszligen moumlglichen lsquoAntonymenrsquo circleround

und triangle Strong fuumlhrt an erster Stelle zu einem Parallelbegriff powerful erst an zweiter zu weak waumlhrend weak direkt zu strong fuumlhrt Wet fuumlhrt -- in dieser Reihenfolge -- zu slippery moist drench und dry aber nur dry fuumlhrt in nennenswertem Umfang zuruumlck zu wet

Die uumlberwiegende Zahl der anderen Faumllle sind solche in denen ein Begriff aus demselben Erfahrungsbereich assoziiert wird In manchen Faumlllen sind das sehr viele So gibt es bei money der hohen Zahl von Probanden entsprechend eine hohe Zahl von Nennungen fuumlr (in absteigender Reihenfolge aber immer noch mit einer Forward Cue-to-Target Strength von gt05) cash bank fund wallet profit spend banker income bud-get lottery dollars checkbook salary Insgesamt sind es hier 302 verschiedene Targets Aumlhnliches gilt fuumlr tree -- wo jeder an eine spezifische ihm gelaumlufige Baumart oder einen Baum-Bestandteil denken kann

22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens

Mit seinem genialen Blick fuumlr das Grundlegende hat Roman Jakobson inspiriert von Mikołai Habdank Kruszewski (1886) die Aufmerksamkeit auf das Zusammenwirken zweier Prozesse beim Sprechen gelenkt eines paradigmatischen bei dem Einheiten aus anderen gleichrangigen Einheiten ausgewaumlhlt und eines syntagmatischen bei dem die ausgewaumlhlten Einheiten in eine lineare Abfolge gebracht werden Im paradigmatischen Prozess spielt die Dimension Similaritaumlt - Kontrast im syntagmatischen die Dimension Kontiguitaumlt - Distanz eine dominierende Rolle

In diesen Rahmen lassen sich nun nicht nur Typen der Aphasie einordnen26 sondern auch die Typen des Versprechens die Meringer und Mayer 1895 vorgefuumlhrt haben Da die lineare Anordnung elementarer Zeichen ein Charakteristikum der Rede ist ist die Mehrzahl der bdquosprachlichen Fehlleistungen im Bereich der syntagmatischen KontiguitaumltDistanz anzutreffen Ihre Hauptursache ist darin zu sehen dass (wenigstens normalerweise) das Denken einen Vorlauf vor dem Artikulieren hat - und der Sprecher setzt dann das was er zu sagen plant an die Stelle dessen was er im Moment artikuliert Das bdquoSpaumltere wirkt also dabei scheinbar paradoxerweise - auf das bdquoFruumlhere Ohne auf die Einzelheiten dieser Art des Versprechens eingehen zu wollen dessen Ergebnisse sehr haumlufig Vertauschungen also Metathesen sind sei hier zweierlei festgehalten Zum einen sind die in der Rede auf diese Art vertauschten Elemente in aller Regel klassengleich - wobei der Begriff Klasse nicht nur Wortarten also den modus significandi sondern beispielsweise auch Anlaute Auslaute Stammvokale betonte Silben usw umfassen kann27 Mit den Worten von Meringer und Mayer [p 16] (1895 17) laquoAm gewoumlhnlichsten sind die Vertauschungen der Adjectiva mit Adjectiven Substantiva mit Substantiven Verba mit Verbenraquo Zweitens sei festgehalten laquoAntithetische Woumlrter werden besonders leicht vertauschtraquo (1895 15) Ein Beispiel fuumlr diese Art der Metathese laquoDa steht der Einsatz nicht fuumlr den Gewinnraquo

Die zweite groszlige Gruppe fuumlr Versprech-Leistungen sind solche deren Ursache in der Auswahl waumlhrend des paradigmatischen Prozesses gesehen werden muss Die eine Untergruppe sind hier die bdquoKontaminationen bei der Vorstellung etwas schreiben werden die Ausdrucksmoumlglichkeiten etwas zu Papier bringen und etwas schreiben

26 Zur Fruchtbarkeit der Unterscheidung Jakobsons fuumlr die Klassifizierung von Aphasien vgl Luria 1976 5227 Einige Beispiele laquoSaint-Exupeacuterinces Petit Princeraquo laquoMinuster fuumlr Kultus und Unterrichtraquo Die Elemente koumlnnen auch vertauscht werden - Metathesen dieser Art sind laquoeine Sorte von Tacherraquo laquodenile Semenzraquo laquoVerteidigung ist die Spiele des Seelsraquo etc Die Beispiele stammen bis auf das erste aus MeringerMayer 1895 Zu analogen Erscheinungen beim Verlesen vgl auch Kolers 1976

kombiniert zu etwas zu Papier schreiben Freud nennt dies gewiss zutreffend Verdichtungen Die andere Unterart dieses semantischen Versprechens besteht in der Vertauschung (bdquoSubstitution) zweier Elemente - wobei es sich nicht mehr um Elemente aus dem Syntagma sondern um Elemente des paradigmatischen Auswahlprozesses handelt laquoBekannt istraquo so heiszligt es bei Meringer und Mayer (1895 79) laquodass kontrastierende Vorstellungen einander assoziieren So kommt man auf dem Wege der Substitution dazu das Gegenteil von dem zu sagen was man gemeint hatraquo Also etwa laquoIhm war auch kein Berg zu niedrigraquo (statt zu hoch) laquowas er verliert (statt gewinnt) gibt er seinen Kindern in die Sparbuumlchseraquo

Was schon bei voumlllig gesunden Sprechern wenn man ein Ohr dafuumlr hat mit bemerkenswerter Haumlufigkeit zu beobachten ist kann natuumlrlich im Fall von verminderter Sprechfaumlhigkeit (Aphasien) in verstaumlrktem Maszlige auftreten Herbert Pilch hat aus linguistischer Sicht auf die bekannte Erscheinung hingewiesen dass Aphasiker Woumlrter verwechseln die im Verhaumlltnis des Gegensinns zueinander stehen (1972 8) Ein einfaches Beispiel aus einem Sprachtest mit Aphasikern (Muumlller 1976 257ff) Es handelt sich um einen Test in dem der Umgang mit metakommunikativen Verben uumlberpruumlft wurde Beim Nachsprechen eines groumlszligeren zusammenhaumlngenden Texts - dies war eine der Aufgaben - wurden dabei vereinzelt sinnstoumlrende Vertauschungen zwischen den korrelativen Begriffen fragen und antworten beobachtet Von einem analogen Test mit Einzelsaumltzen heiszligt es laquoSinnstoumlrend vertauscht wurden fragen mit erwidern wissen wollen bzw sich erkundigen (wurden) durch sprechen ersetztraquo In einem Sortiertest sollten metakommunikative Verben nach inhaltlichen Kriterien zu Gruppen geordnet werden Dieser Test wurde wegen der erforderlichen hohen Konzentration allerdings nur von fuumlnf Probanden absolviert Vier davon gruppierten fragen wissen wollen sich erkundigen antworten entgegnen erwidern Der fuumlnfte Proband gekennzeichnet mit dem Stichwort laquoKonduktionsaphasieraquo bildete dagegen [p 17] die Paare fragenantworten antwortenerkundigen wissen wollenentgegnen Er gliederte also was der Untersuchende nicht direkt sieht nach Antonymen-Paaren28

3 Interpretation der beschriebenen Phaumlnomene oder Die verschiedenen Strategien zum Erfassen von Bedeutung

No hay que explicar el hablar desde el punto de vista de la lengua sino viceversa (Coseriu 19551973 287)

Meringer und Mayer haben darauf hingewiesen man muumlsse sich huumlten den Sprechfehler als etwas Pathologisches aufzufassen Sie erlaumlutern dies mit einem praumlgnanten Bild Beim Sprechfehler versage nur die Aufmerksamkeit die Maschine laufe ohne Waumlchter sich selbst uumlberlassen Und was den Sprechfehler fuumlr die Sprachwissenschaft lehrreich mache sei der Umstand dass das Uhrwerk in solchen Augenblicken des Mantels entkleidet scheine und ein Blick in die Raumlder moumlglich sei (1895 7) Aumlhnliches gilt fuumlr die permanenten Abweichungen von der Sprachnorm die sich im Sprechen von Individuen oder Individuen-Gruppen finden (und die zB Henri Frei in seiner Grammaire des fautes (1929) festgehalten hat) Die Uumlberlegungen gelten natuumlrlich ebenso fuumlr die Wort-Assoziationen insbesondere dann wenn man wie urspruumlnglich Thumb und Marbe mit der Beruumlcksichtigung der Spontaneitaumlt also der Reaktionszeit ein Indiz dafuumlr hat welche Prozesse unter Umstaumlnden laquoautomatischraquo 28 Nach der Analyse die Luria von dem seit Wernicke und Lichtheim so genannten Syndrom der bdquoLeitungsaphasie gibt duumlrfte es sich um die Variante mit akustisch-artikulatorischer Stoumlrung handeln In der Variante mit akustisch-mnestischer Stoumlrung sind sogenannte bdquoverbale Paraphasien relativ selten Vgl Luria 1976 239-285 insbes S 247-273

oder mit Meringer und Mayer so ablaufen dass laquoder Waumlchterraquo also das Bewusstsein des Sprechers dessen bestenfalls hinterher richtig gewahr wird Mutatis mutandis gilt die Uumlberlegung schlieszliglich auch fuumlr den Bereich der Sprachstoumlrungen laquoPathologia illustrat physiologiamraquo das Anomale lehrt uns wie das Normale funktioniert ndash so lautet ein alter Grundsatz der medizinischen Forschung Wie betraumlchtlich der Unterschied zwischen den voll bewussten mehr Zeit in Anspruch nehmenden Suchprozessen und den halbbewussten Assoziationen ist zeigen solche Aphasien in denen der Patient ein Wort bei bewusstem Suchen nicht findet oder ein Wort das ihm vorgesprochen wird nicht wiederholen kann waumlhrend er im Bereich des offenbar funktionierenden Assoziierens das betreffende Wort findet bzw sagen kann29

[p 18] Wenn ich nach der obigen Skizzierung quantitativer und qualitativer Verhaumlltnisse im Bereich von Wortassoziationen nun versuche die bisherige Untersuchung im eigentlichen Sinn zu interpretieren so lasse ich mich von der folgenden Grunduumlberlegung leiten Da Assoziationen mit Wortmaterial im Idealfall in einem halbbewussten Bereich spontanen Reagierens ablaufen koumlnnte man meinen es handle sich um ganz einfache primaumlre Prozesse sprachlicher Aktivitaumlt Komplex und sekundaumlr waumlre dagegen die Aumluszligerung von Saumltzen und Texten Nun hat freilich einer der groszligen Aphasieforscher Kurt Goldstein gezeigt dass es sich eigentlich genau umgekehrt verhaumllt Primaumlr am Sprechen ist die Mitteilungsabsicht dh das Kommunizieren mit Hilfe groumlszligerer syntagmatischer Einheiten im Rahmen von Kommunikationssituationen Das scheinbar so einfache Assoziieren von Woumlrtern oder das Benennen von Gegenstaumlnden sind dagegen recht schwierige und komplexe Aufgaben Wie Roman Jakobson gezeigt hat ist zB das Benennen eines Gegenstandes ein metasprachlicher Akt30 Ein solcher Akt setzt die Existenz und das isolierte Funktionieren eines praumlzisen Orientierungs- und Einordnungssystems voraus Bei Assoziations-Tests muss ein gehoumlrtes Wort ohne jede Situations- oder Kontexthilfe analysiert erkannt und eingeordnet werden

Ich habe nun eingangs mit Hilfe einiger einfacher Beispiele aus dem Bereich der Gestaltpsychologie gezeigt dass eine solche Erkenntnis immer erst dadurch zustande kommt dass man uumlber das Gegebene hinausgeht going beyond the Information given Dementsprechend besteht mein Interpretations-Ansatz jetzt darin dass ich die von einem vorgegebenen Ausgangswort ausgehende Assoziation als den Reflex einer Strategie interpretiere einer Strategie die dazu dient die Bedeutung von Woumlrtern im Hinausgehen uumlber das gegebene Wort zB durch die Einordnung in das semantische Orientierungs-System zu erfassen

31 Zwei Grundtypen des Assoziierens

Hier gibt es nun nicht eine einzige es gibt wenn ich recht sehe zwei Grundstrategien zur Erfassung von Bedeutung Vergegenwaumlrtigt man sich den primaumlren auf Mitteilung ausgerichteten Aspekt des situativen Sprechens in Saumltzen und Texten und den subsidiaumlren - wenn auch unverzichtbaren - Charakter desjenigen Bereichs in den auch das Assoziieren von Woumlrtern faumlllt so versteht man sofort die eine von zwei grundlegend verschiedenen Strategien dh Arten der sprachlichen Reaktion auf

29 Kurt Goldstein der von solchen Faumlllen berichtet erwaumlhnt im selben Zusammenhang das Phaumlnomen laquodass die falschen Woumlrter oft mit weniger Paraphasie (gemeint ist hier Paraphasie als lautliche Abwei-chung) geaumluszligert werden als die richtigenraquo (1948 101 vgl 239) Dies duumlrften diejenigen Faumllle sein in de -nen der Sprechprozess gewissermaszligen bdquovon oben her dh von der bewussten intentional vom laquoWaumlch-terraquo gesteuerten Seite her gestoumlrt ist30 Jakobson 1974 125ff vgl generell Goldstein 1948 zum Bereich der Kategorisierung

Wortmaterial Kinder erwerben Sprache sei sie nun kommunikativ oder das eigene Handeln begleitend in Situationen und damit dominant in syntagmatischer Realisierung Uumlber die nach und nach verstandene [p 19] fremde und die nach und nach sich entwickelnde eigene syntagmatische Realisierung von Sprache baut sich dann jenes semantische Orientierungs- und Einordnungssystem auf innerhalb dessen Rahmen die andere dominant paradigmatische Strategie anzusiedeln ist Wie Hans-Martin Gauger ausgefuumlhrt hat handelt es sich bei dem Aufbau dieses Systems um einen Prozess zunehmender bdquoVerdichtung (1970 65-69)

311 Syntagmatisches Assoziieren

Da sprachliche Elemente wie die Woumlrter fuumlr Kinder zunaumlchst einmal Woumlrter im syntagmatischen Kontext sind ist es nicht verwunderlich dass - wie seit Anfang des Jahrhunderts beobachtet wurde - Kinder vorwiegend syntagmatische Assoziationen haben Sie nennen also vorwiegend Woumlrter mit denen die Ausgangswoumlrter zusammen vorkommen dh die Assoziationen verlaufen im Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt Typisch sind derartige Assoziationen auch fuumlr solche Personen deren sprachliche Sozialisierung nicht durch den bewussten Umgang mit der eigenen und mit fremden Sprachen waumlhrend zwoumllf bis dreizehn Schuljahren perfektioniert wurde also etwa fuumlr Volksschul-Absolventen Schuchardts Einwand Thumb und Marbe haumltten die Bedeutung der syntagmatischen KontiguitaumltDistanz fuumlr das Assoziieren nicht gebuumlhrend beruumlcksichtigt hat also von der Ontogenese her gesehen seine Berechtigung31 Waumlhrend syntagmatische Assoziationen bei bdquogebildeten Erwachsenen also relativ selten sind sind sie bei Kindern und anderen sprachlich weniger Sozialisierten recht haumlufig Typische (und in allen nachfolgenden Faumlllen von den Assoziationen der 288 franzoumlsischen Studenten abweichende) Beispiele sind aus den jeweils erstrangigen Nennungen von 115 franzoumlsischen Bauarbeitern fenecirctre - ouverte (31) blanc - neige (27) aigre - vinaigre (26) rouge - sang (25) santeacute - bonne (23) table ronde (23) faim - (de) loup (23) citoyen - franccedilais (22) lune - (de) miel (20) tabac - blond (17) musique - douce (17 - zusammen mit classique leacute-gegravere agreacuteable harmonieuse 31) lent - tortue (15) meacutemoire - courte (14) joie - (de) vivre (14) papillon - vole (10) etc Charakteristisch ist hier wiederum dass solche dominant von der syntagmatischen Kontiguitaumlt bestimmten (und in der Regel nicht wortartgleichen) Assoziationen nur selten jene stark buumlndelnde Wirkung haben die fuumlr Assoziationen zum Gegensinn hin charakteristisch ist [p 20]

312 Paradigmatisches Assoziieren

Die andere (trotz mancher Grenzfaumllle von der syntagmatisehen zu unterscheidende) grundlegende Strategie zum Erfassen von Bedeutung spiegelt sich im dominant paradigmatischen Assoziieren also in jenen Assoziationen die im Bereich des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems verlaufen Eingangsvoraussetzung fuumlr beide Arten des Assoziierens ist die vorgaumlngige phonologische Analyse mit der Zuordnung eines Lautbildes und der (natuumlrlich

31 Das assoziative Verhalten der Kinder und Jugendlichen hat sich allerdings seit dem Beginn des Jahrhun-derts in betraumlchtlichem Maszlig demjenigen der Erwachsenen angenaumlhert Die Ursache ist zweifellos in einer fruumlheren und ausgepraumlgteren sprachlichen Sozialisierung zu sehen Vgl dazu auch Esper 1973 105 Pa-lermoJenkins 1965 oder Jenkins 1970 7

vorlaumlufigen32) Zuordnung einer Wortart Beim dominant syntagmatischen Assoziieren besteht die Strategie fuumlr die Zuordnung einer Bedeutung zu dieser Einheit aus Wortart und Lautschema vor allem im Assoziieren eines syntagmatischen Gebrauchskontextes also in der Einordnung in ein komplexeres Zeichen mit dem sich daraus ergebenden bdquomonosemierenden Effekt lune - lune de miel blanc (comme la) neige citoyen - (un) citoyen franccedilais table - (la) table (est) ronde etc Bei der paradigmatischen Art des Assoziierens besteht die Strategie zur Erfassung von Bedeutung dagegen darin dass das Ausgangswort in Relation zu einem anderen gleichrangigen Zeichen gesetzt wird Die Strategie ist also abstrakter ja geradezu metasprachlich ndash eine Analyse die schoumln Goldsteins These von der Komplexitaumlt scheinbar ganz einfacher Aufgaben bestaumltigt

Was nun das spezifisch paradigmatische Orientierungs- und Einordnungssystem betrifft so scheinen mir hier bei angemessener Interpretation der Verhaumlltnisse zwei Untersysteme vorzuliegen Untersysteme die nicht scharf voneinander getrennt sind Im einen dieser Systeme vollzieht sich der Zugriff uumlber die Dimension Similaritaumlt - Kontrast im anderen System ist wie noch erlaumlutert wird die Information (vor dem Hintergrund der Similaritaumlt) verfuumlgbar uumlber die semantische Kontiguitaumlt in Opposition zur Distanz Beide Systeme arbeiten jedoch mit einem gemeinsamen Grundprinzip das man als bdquoModul in Form eines Dreiecks (mit einer Reihe von Varianten) konzipieren kann Einer Informationseinheit A sind mindestens zwei andere Einheiten B und C in folgender Weise zugeordnet33 [p 21]

Dabei sind die Beziehungen zwischen AB und AC solche der Similaritaumlt ndash eine Similaritaumlt der die oben auf S 11 f genannten Prioritaumltsebenen 1 (gleiche Wortart) und 2 (gleicher semantischer Bereich) entsprechen Die Beziehung zwischen B und C ist je nachdem eine Beziehung des Kontrasts (dem entspricht die oben genannte Prioritaumltsebene 3) oder der semantischen Kontiguitaumlt (der die Prioritaumltsebene 4 entspricht) Die Varianten ergeben sich hauptsaumlchlich aus der Zahl der Elemente auf der Achse BC zum Teil auch daraus dass die Position von A einzelsprachlich nicht besetzt oder aber wie im Fall von A = homme B = homme G = femme mit einem der dann merkmallosen Elemente B oder

32 Analyse-Ergebnisse sind auf dem Weg von den kleineren zu den groumlszligeren Einheiten insofern vorlaumlufig als die Analyse der kleineren Einheit im Rahmen der Analyse der Uumlbergreifenderen Einheit stets korrigiert werden kann (Der entsprechende Ruumlckkopplungs-Effekt hat seine physiologische Basis in dem Faktum dass die Zellen der kortikalen Lamina VI [die etwa 2 mm dicke Groszlighirnrinde hat sechs physiologisch und funktionell differenzierbare Schichten] vorwiegend Ruumlckkopplungs-Funktion haben) Der Ruumlckkopplungs-Effekt ist der Grund dafuumlr dass manche bdquoDefekte bei Aphasikern erst dann entdeckt werden wenn man sie kleinere Einheiten ohne Kontext nachsprechen laumlsst33 Der Gedanke der modularen Struktur ist inspiriert durch Erkenntnisse der Neuroanatomen Sie haben in der letzten Dekade zunehmend die These vertreten die komplexe Struktur unseres Nervensystems - ein-schlieszliglich des Groszlighirns - basiere auf relativ ein-fachen genetischen Programmen Korrelat dieser Pro-gramme sind laquomodulareraquo laquorepetitiveraquo oder laquoperiodischeraquo Strukturen etwa im Bereich des Ruumlckenmarks oder der Groszlighirnrinde Vgl beispielsweise Szentaacutegothai 1978

C identisch ist (Ist ein spezieller Begriff fuumlr A vorhanden oder ist A identisch mit B oder C so liegt ein Fall von Gegensinn in jener Verwendungsweise vor wie man sie sinnvollerweise Abel unterstellen muss ndash Abels Beispiele sind von Benveniste (1956) zerpfluumlckt worden Ein aumlhnliches Vorkommen solchen Gegensinns gilt fuumlr Fragen des Typs bdquoWie alt (und nicht wie jung) wie groszlig wie lang wie schoumln ist das und dasldquo also fuumlr Faumllle die zB Elmar Holenstein treffend analysiert hat (1976 69f))

Im Fall der Similaritaumlt-Kontrast-Interpretation des Dreiecks ist eine merkmalsemantische Interpretation plausibel B und C enthalten alle Merkmale von A (A ist der Oberbegriff) sie enthalten jedoch noch zusaumltzliche Merkmale und zwar dergestalt dass diejenigen von B und C nicht voumlllig identisch sind sondern in der Regel in einem Merkmal kontrastieren34 [p 22]

3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System

Zunaumlchst zu dem paradigmatischen System in dem fuumlr das Hinausgehen uumlber die gegebene Information die Kontrast-Relation ausschlaggebend ist Es geht also um den Bereich des Entgegengesetzten ndash Otto Gsell hat in seiner Arbeit uumlber die Gegensatzrelationen im Wortschatz romanischer Sprachen eine sehr wesentliche Beobachtung gemacht und so fruumlhere analoge Beobachtungen in entscheidendem Maszlige praumlzisiert Unser Wortschatz ist keinesfalls so beschaffen dass alle Woumlrter ihr Antonym haumltten Ganz im Gegenteil der Wortschatz der bdquoantonymfaumlhig ist macht nur einen relativ geringen Teil des Gesamtwortschatzes aus ndash aber er konzentriert sich auf bestimmte inhaltliche Bereiche des Lexikons Nimmt man wie Gsell als Maszligstab das Begriffssystem von Rudolf Hallig und Walther v Wartburg (19521963) so ergeben sich drei Schwerpunkte Die gegensatzfaumlhigen Woumlrter konzentrieren sich

l in der Rubrik laquoLacircme et lintellectraquo wo es sich um etwa vier Fuumlnftel von insgesamt 2000 Eintraumlgen handelt Es geht dort um geistige Faumlhigkeiten Bewusstsein Gedaumlchtnis Wahrnehmung Denken Vorstellung Gefuumlhle und dergleichen (Hallig und Wartburg verwenden in dieser Rubrik teilweise was Gsell nicht eigens erwaumlhnt Antonymenpaare explizit als Unter-Rubriken)

2 in der Rubrik laquoLa prioriraquo Hallig und Wartburg versuchen dort laquoden inhaltlich sehr allgemeinen nicht sachgebietsbezogenen Wortschatz nach Denk- und Begriffskategorien wie Existenz physische Zustandsformen Eigenschaften Ordnung Wertung Quantitaumlt Raum Zeit Kausalitaumlt Bewegung und Veraumlnderung zu gliedernraquo (Gsell 1979 114) Die Rolle des Kontrasts fuumlr diesen Bereich ist im Uumlbrigen bereits durch das oben zitierte Beispiel der aristotelischen Kategorien ersichtlich

3 im Bereich der jeweiligen Unter-Rubrik geacuteneacuteraliteacutes (oa) zu den jeweiligen groumlszligeren Abschnitten bei HalligWartburg

Gsell spricht anhand der Begriffe des zweiten Bereichs (den dritten nennt er nicht ausdruumlcklich) von laquosemantischen Strukturwoumlrternraquo (im Gegensatz zu den syntaktischen) sie lieszligen sich keinem bestimmten sachlichen oder begrifflichen Bereich

34 Herbert HClark spricht in diesem Zusammenhang (1970 275f) von der laquoRegel des minimalen Kon-trastsraquo In der Ontogenese kann im Uumlbrigen beobachtet werden dass die Beziehungen zwischen kontrastierenden Paaren zT insofern asymmetrisch sind als eins der beiden Elemente privilegiert dh fruumlher gelernt bzw als Oberbegriff verwendet wird Hiermit hat sich in einer Reihe von Arbeiten vor allem Eve V Clark befasst

zuordnen seien jedoch (besser sollte man sagen gerade deshalb) in jeder Art von Rede unentbehrlich

Der Begriff der laquosemantischen Strukturwoumlrterraquo scheint mir gluumlcklich gewaumlhlt zu sein weil solche Woumlrter - als eine von jeweils zwei Alternativen - unsere Erfahrung in houmlchstem Maszlige strukturieren Hierzu zwei Beispiele Von den 34 Woumlrtern der Listen von RussellJenkins (1970) bzw PalermoJenkins (1964) auf die mindestens 50 der Probanden als Assoziation an erster Stelle dasselbe Wort nennen sind 23 solche auf die ein Antonym assoziiert wird Als Strukturierungsdimension dienen dabei

ndash siebenmal der Geschlechtsunterschied (boygirl heshe kingqueen etc)ndash viermal im Bereich des Gesichtssinns die Dimension helldunkel (blackwhite dark light)ndash fuumlnfmal die Orientierung in Raum bzw Raum undoder Zeit (slowfast herethere longshort highlow youngerolder) weiterhin [p 23]ndash die Kommunikationssituation zwischen Sprecher und Houmlrer (meyou)ndash zweimal der Tast- oder Handsinn (hardsoft heavylight) schlieszliglichndash der Geschmackssinn (sour bzw bittersweet) ndash der Gehoumlrsinn (loudsoft) sowiendash die konverse Relation Zwischen Geben und Nehmen (sellbuy buyingselling)

Ist ein tertium moumlglich so immer in Form einer Skala zwischen den beiden Extrempolen die den Bereich eingrenzen - genauso wie dies Aristoteles fuumlr seine Klassifizierung der Tast- Geschmacks- und Geruchsempfindungen vorgeschlagen hatte

Das zweite Beispiel Wolfgang Lorenz und Gerd Wotjak haben aus 80 sprachwissenschaftlichen Untersuchungen haumlufig vorkommende laquoSemeraquo zusammengetragen also solche Begriffe die dazu verwendet werden um den Inhalt anderer Begriffe zu beschreiben Von den 129 in einer ersten Liste bei LorenzWotjak (1977 310-334) zusammengetragenen haumlufig genannten laquoSemenraquo sind nun mehr als die Haumllfte solche die zu Antonymen-Paaren geordnet werden koumlnnen - was wiederum ganz unabhaumlngig davon wie man zur Existenz von semantischen Merkmalen oder Semen stehen mag aufschlussreich ist fuumlr die Strukturierungs- und Reduktionsleistung entsprechender Begriffspaare

Waumlhrend bei der dominant syntagmatischen Art des Assoziierens die Aufgabe der semantischen Einordnung einer Einheit aus Wortart und Lautbild uumlber die Einbettung in den syntagmatischen Kontext also in ein komplexeres Zeichen geleistet wird verlaumluft somit im Fall der geschilderten Unterart des paradigmatischen Assoziierens die Einordnung anders Das betreffende Wort wird wo immer dies moumlglich ist uumlber die Zuordnung des Kontrast-Werts im Dreiecks-Modul identifiziert Dies ist Goethes laquoAnklingen des Gegensinnsraquo das seit Jost Trier im Bereich der Wortfeldlehre erwaumlhnt wird Die Identifizierung der Bedeutung von B mit Hilfe des kontrastierenden C fuumlhrt natuumlrlich dazu dass jeder normale Sprecher sich etwa bei Muumldigkeit dh bei verringerter Aufmerksamkeit zum Gegenteil hin versprechen kann35 In pathologischen Faumlllen fuumlhrt dann eine verringerte Unterscheidungsfaumlhigkeit zwischen den Teilen B und C des Moduls zu den haumlufigen laquoverbalen Paraphasienraquo des Typs nehmen fuumlr geben fragen fuumlr antworten groszlig fuumlr klein

35 Die Ursache dafuumlr dass der ungeuumlbte Houmlrer Versprech-Leistungen normalerweise gar nicht wahrnimmt haben schon Meringer und Mayer genannt laquo(hellip) Der Hauptgrund des Uumlberhoumlrens von Sprechfehlern liegt darin dass der Houmlrer ganz aumlhnlich daran ist wie der Sprecher und wohl aus derselben Ursache uumlberhoumlrt aus der der andere sich versprichtraquo (1895 10f)

3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Im Similaritaumlt-Kontrast-System das wo immer dies moumlglich ist den Zugriff auf semantische Information primaumlr steuert steht Mutter in [p 24] Kontrast zu Vater - tertium non datur Mutter steht jedoch auch in Beziehung zu anderen Lexemen zB zu Kind Tochter Stiefmutter Groszligmutter auch zu Frau etc Bei Frau oder Maumldchen bestehen uumlbrigens unabhaumlngig vom Geschlecht der Probanden - assoziative Verbindungen zu huumlbsch schoumln Schoumlnheit und dergleichen Die ersten dieser Verknuumlpfungen koumlnnte man noch leicht mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Vater und Mutter bilden ein minimales Paar das sich nur durch den bewussten kleinen Unterschied die Opposition maumlnnlichweiblich semantisch voneinander abhebt Bei Paaren wie MutterKind bzw MutterTochter waumlren es bereits mehrere differenzierende Merkmale (und das Beispiel zeigt zugleich dass es noch ganz andere Relationen gibt als die des Kontrasts hier zB die temporale oder die kausale) Bei MaumldchenSchoumlnheit muumlsste man schon mit Selektionspraumlferenzen arbeiten man koumlnnte wohl auch an den Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt denken

Es gibt nun allerdings eindeutig paradigmatische Assoziationen bei denen merk-malsemantische Konstruktionen angesichts ihrer notwendigen Komplexitaumlt in eklatantem Widerspruch zur hochgradigen Gelaumlufigkeit der betreffenden Assoziationen stuumlnden Ein einfaches Beispiel ist das Paar TischStuhl Die Zahlen 84 bei Russell Jenkins 69 bei PalermoJenkins 55 bei franzoumlsischen Studenten36 Man koumlnnte hier die Merkmal-Similaritaumlt uumlber den Oberbegriff Moumlbelstuumlck konstruieren aber wie waumlre dann zu erklaumlren dass die Verbindung zwischen Tisch und Stuhl enger ist als die zwischen den Moumlbelstuumlcken Tisch und Hocker (die sich im Prinzip nur durch die Groumlszlige unterscheiden) oder zwischen Tisch und Bett (1 der Nennungen trotz laquogetrennt von Tisch und Bett lebenraquo) Wie waumlren weiterhin so gelaumlufige Assoziationen wie pied chaussure araigneacuteetoile tobaccosmoke zu erklaumlren fuumlr die Oberbegriffe schwer zu konstruieren sind und die sich in einer solchen Konstruktion wenn sie gelingt immer noch durch eine Fuumllle von Merkmalen nicht etwa nur durch ein einziges unterschieden

Angesichts solcher Verhaumlltnisse scheint es mir plausibel zu sein das als grundlegend angesetzte Dreiecks-Modul in diesen Faumlllen als eine Similaritaumlts-Kontiguitaumlts-Beziehung zu interpretieren also in Anlehnung an das oben erlaumluterte bdquoGesetz der Naumlhe aus dem Bereich der optischen Wahrnehmung Solche Similaritaumlts-Kontiguitaumlts-Beziehungen beruhen bei einem flieszligenden Uumlbergang zum Similaritaumlt-Kontrast-Bereich ndash jeweils auf Erfahrungskontexten in denen Erscheinungen als zusammengehoumlrig verwandt benachbart verstanden werden Die Komponente der Similaritaumlt versteht sich hier vor allem als Zugehoumlrigkeit zum selben Er- [p 25] fahrungsbereich meist - aber keinesfalls ausschlieszliglich - auch als Zugehoumlrigkeit zur selben Wortart Die Kontiguitaumlt wird zumeist verkoumlrpert durch eine spezielle in der Regel gerichtete Beziehung zwischen den Elementen B und C (Die Zahl der Probanden die auf Stuhl wieder Tisch assoziieren ist viel geringer als die Zahl derer die auf Tisch die Assoziation Stuhl haben) Entscheidend ist dabei nun dass die Erfahrungskontexte zwar individuell verschieden sind dass die Relationen durch welche die Begriffe verknuumlpft sind dagegen meist ganz spezifische invariante Relationen darstellen Tisch und Stuhl sind zB integrierende Teile eines groumlszligeren Ganzen im Erfahrungsbereich des Wohnens und Arbeitens zwischen tobacco und

36 Die Zahl fuumlr die deutschen Probanden lautet 29 - hier stellen die 15 Nennungen fuumlr die im Grenzbe-reich zwischen semantischer und syntagmatischer Kontiguitaumlt liegende Assoziation Bein(e) eine starke Konkurrenz zu Stuhl dar

smoke araigneacutee und toile besteht eine kausale zwischen Hammer und Nagel eine finale Relation Das Gegenstuumlck zur Kontiguitaumlt die Distanz grenzt hier die Dreiecksmoduln gegeneinander ab Interessant ist dass in vielen Faumlllen nicht eigentlich der kontige Partner sondern die spezifische Relation etwa zwischen dem Gegenstand und einem allfaumllligen Benutzer assoziiert wird Um die finale Relation geht es zB in den Faumlllen Bettschlafen Schereschneiden ciseauxcouper scissorscut

32 Sonderfaumllle

Fuumlr beide Varianten des paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssystems gilt natuumlrlich Sobald auf der Achse BC mehr als zwei gleichrangige Mitglieder anzusiedeln sind sobald also in Trubetzkoys oder Coserius Terminologie eine laquoaumlquipollenteraquo und nicht eine laquoprivativeraquo Opposition vorliegt37 verliert die Assoziation von einem dieser Mitglieder zum anderen an Schaumlrfe die buumlndelnde Kraft des einzigen Antonyms oder des in spezifischer Weise kontigen Partners fehlt Musterbeispiel ist das Dreiecks-Modul fuumlr die Farbwerte im Gegensatz zu dem fuumlr die Grauwerte

Wegen der Auswahl aus einer groszligen Zahl gleichberechtigter Moumlglichkeiten sind die Reaktionen auf Farben dementsprechend wenig gebuumlndelt38 ndash auf gelb nennen an ers-ter Stelle 14 der amerikanischen Pro- [p 26] banden blau 12 der deutschen rot 11 der franzoumlsischen gruumln Bei den Ausgangswoumlrtern blau und gruumln ist die Assozia-tion im paradigmatischen Bereich sogar schwaumlcher als im syntagmatischen ndash hier nen-nen die Probanden in allen drei Sprachen an erster Stelle den Himmel (blau) und den Bereich GrasWieseLandschaft (gruumln) und dies mit einer Frequenz die vertreten durch Werte zwischen 20 und 30 deutlich uumlber den Frequenzen liegt die in den ande-

37 Coseriu 19641978 120f 1976 34 Eine graduelle Opposition entspricht wie oben in Anm 5 erwaumlhnt einer Unterart des aristotelischen Entgegengesetzten mit gegebenem tertium38 Nach der oben erwaumlhnten aristotelischen Farbkonzeption oder dem analogen Vorschlag bei Weinrich 1967 2213 oder Coseriu 1976 43f waumlren die beiden Dreiecks-Moduln zu einem einzigen zu kombinieren - die extremen Farbwerte waumlren also schwarz und weiszlig Dem widerspricht einerseits nicht das Assoziationsverhalten der Probanden im englischen franzoumlsischen und deutschen Sprachbereich wo auf rot blau gelb gruumln sowie auf Farbe jeweils auch und zT mit betraumlchtlichen Nennungszahlen schwarz undoder weiszlig genannt werden (Bei gebildeten franzoumlsischen Sprechern liegt in einem dieser Faumllle freilich eine syntagmatische Assoziation vor gerade wegen ihrer Bildung assoziieren 18 an erster Stelle auf rouge das Wort noir) Andererseits entspricht das Assoziieren von schwarz undoder weiszlig auf Farbadjektive den Erkenntnissen die der geniale Edwin H Land (1977) uumlber die Physiologie des Farbsehens gewonnen hat

ren Faumlllen fuumlr Farbwerte eintreten ndash Auch zwischen Zahlen scheinen auf den ersten Blick dieselben aumlquipollenten Beziehungen zu bestehen wie etwa zwischen Farbadjekti-ven Bei naumlherem Zusehen zeigt sich jedoch dass als spezifische Relation zwischen Zah-len die Relation bdquogroumlszliger als gesehen wird (Ganz abstrakt lautet die Regel fuumlr das Zaumlhlen ja Ersetze die letzte Zahl n durch n+1) Entsprechend sind die Assoziationen auf Zahlwoumlrter immer gerichtet zB im Sinn des n + 1 auf zwei wird drei auf drei wird vier assoziiert auf jeden Fall immer eine houmlhere Zahl39

Ein weiterer Sonderfall sind Erfahrungsbereiche die nicht zu denjenigen einer Vielzahl von Sprechern gehoumlren Zum Loumlwen wird gemeinhin als kontiger Partner im Erfahrungsbereich exotische wilde Tiere der Tiger assoziiert Beim Adler fehlt fuumlr den normalen Sterblichen der Partner In solchen Faumlllen kann die Assoziation dann zur Spitze A eines potentiellen Moduls verlaufen (man koumlnnte auch sagen Auf dem Weg von B zu einem potentiellen C endet die Assoziation in Ermangelung eines C bei A das sonst die Zwischenstation gewesen waumlre) Die Konsequenz Die haumlufigste Assoziation auf Ad-ler ist Vogel (21) oiseau (16) und bird (55) Solche Assoziationen zum Klassennamen dh zur Spitze A des Moduls hin sind relativ selten Mit groumlszligerer Haumlufig-keit treten sie sozusagen als Vorstufe zu Similaritaumlt-Kontrast-Assoziationen bei sprach-lich weniger sozialisierten Probanden auf40 [p 27]

4 Schlussuumlberlegungen

laquoDie Aufstellung von Oppositionen ist im Wortschatz wesentlich komplizierter als im phonologischen System einer Sprache da die beteiligten Merkmale wesentlich zahlrei-cher sind als in der Phonologie Prinzipiell handelt es sich jedoch um die gleichen Oppositionstypenraquo (Coseriu 1973 65)

Ich habe eingangs gezeigt dass Zweierschemata haumlufig als Denkmodell verwendet wer-den dass die Sprache im Bereich der Bezeichnungen des Entgegengesetzten uumlber eine ganze Skala solcher Zweierschemata verfuumlgt weiterhin dass Wahrnehmen und Erfassen von etwas stets zugleich bedeutet uumlber die Information hinausgehen die gegeben wird und dass auch bei diesem laquouumlber die Information hinausgehenraquo wieder Zweierschemata wie die von Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz entscheidend sind Ich habe dann Ergebnisse der sprachlichen Assoziationsforschung einer ersten Analyse unterzogen und diese Analyse in einem weiteren Schritt dadurch vertieft dass ich sprachliche Assoziationen als den Reflex von Strategien aufgefasst habe die dazu dienen semantische Information zu erfassen und einzuordnen Zum Abschluss will ich in vier Schlussuumlberlegungen skizzieren worin der moumlgliche Ertrag einer staumlrkeren Einbeziehung der Assoziationsforschung und verwandter Gebiete liegen kann in einem (1) Einblick in das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems und seine (2) Transformation in Onto- und Pathogenese sowie in der Diachronie in einem (3) neuen Licht das auf Probleme der Wortfeldforschung geworfen wird und schlieszliglich auch in einer (4) angemesseneren Haltung gegenuumlber der Wissenschaftsgeschichte

39 Schuchardts oben zitierte Vermutung auf drei koumlnne (aus Gruumlnden der Lautaumlhnlichkeit) auch zwei assoziiert werden ist auch deshalb abwegig weil Ruumlckwaumlrtszaumlhlen eine sehr schwierige Aufgabe ist sie wird zB haumlufig verwendet um das Ausmaszlig von Aphasien zu bestimmen Dasselbe gilt fuumlr Tages- und Monatsnamen wo die spezifische gerichtete Relation bdquospaumlter als oder bdquonach lautet40 Vgl Rosenzweig 1970 102 105 zum relativ groszligen Anteil der Assoziationen zum Oberbegriff hin bei amerikanischen und franzoumlsischen Arbeitern Jenkins 1970 7 erwaumlhnt das Zuruumlckgehen der Oberbegriffs- und der Synonym-Assoziationen in der Geschichte amerikanischer Assoziationstests - Angesichts des vorliegenden Materials ist mir unklar worauf Clark (1970 279) die Ansicht stuumltzt laquoFast-Synonymeraquo wie house - home odour - smell seem - appear thing - object sowie Ober- und Unterbegriffe kaumlmen bei den Wortassoziationen oft vor

41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems

In unserem paradigmatischen Orientierungssystem scheint es zwei Bereiche zu geben die flieszligend ineinander uumlbergehen und miteinander kombiniert sein koumlnnen ei-nen Bereich mit Similaritaumlt-Kontrast- und einen Bereich mit Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-(Distanz-)Struktur Im einen Bereich wird Information aumlhnlich wie im Fall des bdquoGesetzes der Gleichfoumlrmigkeit (und des Kontrastes) vor dem Hintergrund der Similaritaumlt domi-nant eingeordnet im Hinblick auf das Entgegengesetzte im anderen im Hinblick auf den Nachbarn im selben Erfahrungsbereich ndash was dem gestaltpsychologischen bdquoGesetz der Naumlhe entsprechen wuumlrde

[p 28] Das erste System strukturiert durch seine Reduktion auf in der Regel zwei Alternativen (mit falls ein tertium zugelassen ist Zwischenmoumlglichkeiten) unsere Erfah-rung in auszligerordentlich starkem Maszlig Hier bestehen zugleich die groumlszligten auszligereinzel-sprachlichen Uumlbereinstimmungen ndash und zwar deswegen weil bestimmte Strukturie-rungs-Dimensionen ethologisch gesehen nichts anderes darstellen als Verbalisierungen jener Interpretation der Natur der Umwelt und ihrer Gesetzlichkeiten die unser Organismus im Lauf seiner entwicklungsgeschichtlichen Adaptation vorgenommen hat Orientierung im Raum in der Zeit Orientierung durch Houmlren Sehen Riechen Schme-cken Fuumlhlen und Tasten Eine Reihe solcher Strukturierungs-Dimensionen (die generell Coserius und Pottiers Klassemen Greimas Kontextsemen oder Luumldis Kongruenzsemen gleichen)41 sind sogar grammatikalisiert also zu grammatischen Ordnungsdimensionen geworden (wobei die Einzelsprachen das Angebot natuumlrlich in jeweils verschiedener Weise wahrnehmen) Es geht ua pythagoreisch ausgedruumlckt um die Unterscheidung zwischen dem Einen und dem Vielen um die zwischen maumlnnlich und weiblich (die im grammatischen Bereich freilich neutralisiert werden kann) zwischen tot und lebendig (wofuumlr die Grammatiker unbelebtbelebt vorziehen) zwischen menschlich und nicht-menschlich geben (bdquoAllativ bdquoDativ) und nehmen (bdquoAblativ) zwischen ich und du ja und nein (vierte Art des Entgegengesetzten im aristotelischen Sinn) hier und dort jetzt und nicht-jetzt42

Besonders augenfaumlllig sind solche Klasseme und ihre Reduktionsleistung in den sogenannten Klassifikator-Sprachen ndash dort hat jedes Nomen ein Element bei sich das das Bezeichnete einer bestimmten Klasse von Denotaten zuweist etwa zur Klasse Tier oder Mensch zur Klasse der horizontalen oder vertikalen Objekte ndash wobei was nicht unerwartet ist als generellstes und haumlufigstes Klassifikationskriterium die Opposition zwischen belebt und unbelebt verwendet wird (vgl Serzisko 1980)

Unser so vorstrukturiertes Wahrnehmen und Denken erkennt umgekehrt in der Umwelt wieder Prinzipien wie die eingangs genannten Gegensatzpaare des fruumlhgriechi-schen Denkens ndash wobei inzwischen klar sein duumlrfte dass es sich um alles andere als um bdquoarchaisches oder bdquoprimitives Denken handelt Bemerkenswert an den Wort-Assozia-tionen ist ja ua dass man sie nicht dadurch erhaumllt dass man im Sinn des dritten noogenetischen Prinzips von Spearman den Ausgangspunkt und die gewuumlnschte Rela-tion vorgibt um zu einem Ergebnis zu kommen es genuumlgt die Angabe des Ausgangspunkts Wahrnehmen Erkennen Verstehen bedeuten naumlmlich stets Einordnen Relationen herstellen ndash gleichguumlltig ob es um [p 29] die optische Wahrnehmung geht an der einige (vermutlich verwandte) Gestaltgesetze erlaumlutert wurden oder aber um das Einordnen sprachlicher Information So ist es ganz selbstverstaumlndlich dass die gege-

41 Vgl Coseriu 1972 52 LorenzWotjak 1977 235 mit Anm 10342 Vgl zur binaumlren Opposition als einer Extremform des grammatischen Paradigmas auch Weinrich 1967 1975

bene Information erst im Hinausgehen uumlber das Gegebene erfasst wird - ein Hinausge-hen das die Psychologen bekanntlich auch Denken nennen Im sprachlichen Erfassen ist so auch das Denken oder laquouumlber das Gegebene Hinausgehenraquo angelegt Das Denk-schema von These Antithese und Synthese spiegelt zB das Dreiecks-Modul des Similaritaumlt-Kontrast-Systems wider Mann und Frau sind in Mensch aufgehoben43

Waumlhrend im Bereich des Similaritaumlt-Kontrast-Systems nicht nur im Prinzip son-dern zT auch materiell gewisse auszligereinzelsprachliche Uumlbereinstimmungen vorhanden sind gibt es im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System natuumlrlich entsprechend dem Erfahrungs- und Lebensbereich kulturelle und soziale Unterschiede Entscheidend ist jedoch auch hier dass Einordnen nicht nur bedeutet in Relation Setzen zu diese Relationen sind ebenso wie die Kontrast-Relation im anderen System wiederum ganz spezifische ihrer-seits in aller Regel uumlberindividuelle Denk-Relationen TeilGanzes Kausalitaumlt Finalitaumlt Zeitrelation Invariant oder auszligereinzelsprachlich sind also die Relationen nicht notwendigerweise dagegen die Terme die durch solche Relationen verbunden sind

42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semanti-schen Orientierungssystems

Nach den vorgefuumlhrten Analysen gibt es drei Strategien zur Wahrnehmung und Einordnung semantischer Information eine dominant syntagmatische und die beiden eben erwaumlhnten paradigmatischen Dabei entspricht die syntagmatische Strategie dem was Hansjakob Seiler im Bereich der bdquosprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden mit Piaget zunaumlchst als Einordnen dann als Individualisierung bezeichnet hat insbeson-dere das paradigmatische Similaritaumlt-Kontrast-System entspricht dagegen dem Seiler-schen Klassifizieren bzw Generalisieren als der anderen polaren Instanz im Bereich der sprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden (Seiler 1981) Die Charakteristika aller drei Orientierungs- und [p 30] Einordnungssysteme sind in der folgenden Uumlbersicht nochmals zusammengestellt

I II IIISyntagmatisches Konti-guitaumlts-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontrast-System

Dominante Strategie Einordnen in ein groumlszlige-res Syntagma (dh in ein komplexeres Zei-chen)

Zuordnung eines Part-ners aus demselben Er-fahrungsbereich (uumlber spezifische Relationen)

Zuordnung eines Anto-nyms (uumlber die Gegen-satz-Relation)

Wortklasse in aller Regel verschie-den

in der Regel gleich gleich

Kontiguitaumlt vs Distanz ja ja

43 Es ist gewiss nicht erstaunlich dass wie Coseriu (1977a) gezeigt hat gerade Hegel in seiner Humboldt-Rezension als Vergleichsgrundlage fuumlr alle Sprachen die Unterscheidung von Gattungen und Arten bzw von laquoAllgemeinheiten und Bestimmtheitenraquo ansieht ndash mit anderen Worten also das DreiecksModul in sei-ner Similaritaumlt-Kontrast-Auspraumlgung ndash Die Bolle des Kontrasts (als drittes Moment neben Similaritaumlt und Kontiguitaumlt) hat aus der phaumlnomenologischen Tradition heraus sehr schoumln und einleuchtend Elmar Holen-stein dargestellt und gerade auch fuumlr die sprachliche Seite als grundlegend bezeichnet laquoDamit uumlberhaupt eine Auswahl (gemeint ist auf der paradigmatischen Achse der Selektion) getroffen werden kann muss sich etwas von etwas abhebenraquo (1976 86) Bruners going beyond the information given kann also zT auch im phaumlnomenologischen Sinn interpretiert werden

Similaritaumlt vs Kontrast ja ja

Fuumlr alle Woumlrter moumlg-lich

ja groszliger Bereich kleiner Bereich (bdquosemantische Struktur-woumlrterldquo)

Die spezifischen Relationen im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System entsprechen dabei in etwa Piagets laquoinfralogischenraquo Relationen oder Spearmans (1923 67-71) laquorealraquo relati-ons die Relationen des Similaritaumlt-Kontrast-Systems entsprechen dagegen Piagets laquologi-schenraquo und in etwa wohl Spearmans (71-74) laquoidealraquo relations Fuumlr die veschiedentlich erwaumlhnte nicht scharfe Trennung der Bereiche II und III duumlrften ua die Teil-Ganzes-Relationen verantwortlich sein die sowohl im laquologischenraquo (Inklusion) als auch im laquoinfralogischenraquo Bereich vorkommen Waumlhrend die Relationen des Similaritaumlt-Kontigui-taumlt-Systems dominant gerichtete Relationen sind ist die Gegensatz-Relation des Similaritaumlt-Kontrast-Systems grundsaumltzlich zweiseitig Abweichungen ergeben sich insbesondere durch Polysemie (vgl o S 12)

Ontogenetisch gesehen werden nun die paradigmatischen Systeme II und III uumlber das syntagmatische System I aufgebaut Dabei nimmt das System II wie aus seinen Merkmalen ersichtlich ist eine Mittelstellung zwischen den Systemen I und III ein - im Sinn der Konzeption Seilers stellt es also gewissermaszligen den bdquoWendepunkt zwischen den beiden Polen der Dimension sprachliche Erfassung von Gegenstaumlnden dar Auch der flieszligende Uumlbergang zwischen den drei Systemen erhellt aus dem Schema die Grenz-faumllle liegen interessanterweise nicht zwischen I und III sondern zwischen den Systemen III (zB Coserius laquolexikalische Solidaritaumltenraquo) und zwischen den Systemen IIIII Es ist somit plausibel dass [p 31] in der Ontogenese die Systeme in der Reihenfolge I-II-III aufgebaut werden Das System III nimmt dabei insofern eine Sonderstellung ein als es wie die letzte Zeile des Schemas nochmals ausweist direkt nur auf einen kleinen aber wichtigen Ausschnitt des Wortschatzes anwendbar ist

Was den Abbau der Sprache bei pathologischer (oder altersbedingter) Beeintraumlchtigung des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems betrifft so ist den vorliegenden Beobachtungen nach die Reihenfolge wohl umgekehrt Das System III wird vor dem System II beeintraumlchtigt Dies entspraumlche der Erkenntnis Jakobsons dass man zuerst verliert was man zuletzt erworben hat44 Was schlieszliglich diachronische Transformationen speziell den Bedeutungswandel betrifft so ist die Affinitaumlt zu Uumlberlegungen sehr wichtig die in Teilbereichen schon Wilhelm Wundt (o S 7) und dann vor allem Stephen Ullman angestellt hat Ullman resuumlmiert ja die Arbeit seines Lands-manns Zoltan Gombocz (Jelentestan Pecs [Fuumlnfkirchen] 1926) und den ihm zu Grunde liegenden Aufsatz von Leacuteonce Roudet (1921) mit folgenden Worten

laquoAn associative network of names clusters around each name some of these associations are rooted in similarity others in contiguityraquo (1967 79)

Dem entspricht dann seine Klassifizierung des Bedeutungswandels (1967 220ff) Uumlbertragung von signantia aufgrund von Similaritaumlt bzw Kontiguitaumlt zwischen den sig-nata bzw umgekehrt Uumlbertragung von signata aufgrund der SimilaritaumltKontiguitaumlt zwi-schen den signantia Zu praumlzisieren waumlre dass es sich nicht um Similaritaumlt oder Kontiguitaumlt handelt sondern um Transfer im Rahmen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- oder 44 Die Arbeit von Stachowiak uumlber die Semantische Struktur des subjektiven Lexikons (1979) bestaumltigt diese Hypothese was dort vorgefuumlhrt wird laumlsst sich mE alles in dem Sinn interpretieren dass bei aphasischem Abbau der Sprache vor allem das System III beeintraumlchtigt wird Nach dem was oben (S 18f) uumlber die Komplexitaumlt von Benennungs- und Assoziations-Aufgaben gesagt wurde unterstreicht dies im Grund auch die These Jakobsons dass es sich im wesentlichen um eine Stoumlrung handelt bei der die metasprachliche Punktion der Sprache beeintraumlchtigt ist

des Similaritaumlt-Kontrast-Systems die Rolle des Kontrasts ist wie schon Wundt sah in der Tat nicht unwichtig45 [p 32]43 Wortfeld-Probleme

Die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen werfen auch ein Licht auf manche Probleme der Wortfeldforschung Zunaumlchst erklaumlren sowohl die Wortassoziationen als auch die Sprechfehler das eher selten reflektierte Phaumlnomen dass die bisher vorgestellten Wortfelder alle aus Elementen derselben Wortart bestehen46 Weiterhin muumlsste man ge-maumlszlig den beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssystemen wohl auch zwischen zwei Grundarten von Wortfeldern unterscheiden zwischen solchen des Similaritaumlt-Kontrast-Typs und solchen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- [p 33] Systems (etwa Wortfeld desWohnens der Werkzeuge der Landschaft)47 In der Form wie sie durch die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen nahegelegt werden vermitteln dabei die Wortfel-

45 Was die Unterscheidung der beiden paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssysteme angeht so fuumlhle ich mich nicht nur in der guten Gesellschaft Ullmans sondern auch in der einer Reihe von Psychologen Sprachpsychologen und Aphasieforschern Jean Piaget und Baumlrbel Inhelder unterscheiden bei der Ordnungsleistung von Kindern zwischen dem Ordnen nach dem Prinzip der Aumlhnlichkeit und nach demjenigen der Konvenienz und etwa analog dazu zwischen den schon erwaumlhnten laquologischenraquo Relatio -nen (Klassifizierung) und den laquoinfralogischenraquo (PiagetInhelder 19731 38ff) Elisabeth Wiig und Diana Globus haben 1971 in einem kontrollierten Assoziationsversuch mit 7 Aphasikern und 7 gesunden Kon -trollpersonen explizit mit Piagets logischen und infralogischen Relationen gearbeitet Das Ergebnis kann nicht nur dahingehend interpretiert werden dass es entsprechend zu diesen Relationen zwei verschie -dene Orientierungs- und Einordnungssysteme gibt sondern auch dahingehend dass das klassifikatorische System (Similaritaumlt-Kontrast-System) sowohl bei Gesunden als auch bei Aphasikern im Verfahren der kontrollierten Assoziation (gegeben ist ein Ausgangsbegriff und die Relation gesucht wird ein Zielwort) nur dann gute Ergebnisse erbringt wenn die Merkmalunterschiede gering sind - und am geringsten sind sie natuumlrlich bei binaumlren Oppositionen also etwa bei Antonymie Sobald die Merkmalsunterschiede groumlszliger werden etwa beim Ausgangsbegriff Kind und dem gesuchten Begriff Eltern sind die Suchergebnisse bei Aphasikern und Gesunden gleichermaszligen schlecht Dagegen funktioniert das infralogische System sowohl bei hoher als auch bei geringer Kontiguitaumlt der Begriffe bei den unter-suchten Aphasikern und den gesunden Kontrollpersonen recht gut (laquoWas ist der Zweck von Heizung - Ergebnis Waumlrme oaraquo) ndash Was die beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssysteme an-langt stehe ich auch weitgehend in Einklang mit James Deese Deese zieht nach einer essentiell faktoranalytischen Untersuchung von Assoziationsverhalten ua folgende Konsequenz (1965 164) laquoThe data on associative distribution suggest that the two fundamental operations we have for sorting out meaningful ndashthat is logical and syntactical relations among wordsndash are contrast and groupingraquo Deese sieht freilich ua nicht die Einordnung in ein Syntagma als dritte Strategie und anhand einer sprachpsychologischen Darstellung des Assoziationsverhaltens wie sie etwa von Houmlrmann (1967 115-156) gegeben wird vermisst man generell den Ansatz Assoziationen als Reflex von Strategien zum Erfas-sen von Bedeutung anzusehen so erscheinen dann viele Beobachtungen die anhand des obigen Schemas sinnvoll integriert werden koumlnnen eher als membra disiecta ndash Ich nenne schlieszliglich noch die Arbeit von Huber et al 1975 und die schon erwaumlhnte Dissertation von Stachowiak (1979) In der Arbeit von 1975 wird ndashbei einer Beschreibung jenes Aphasie-Typs der nach Carl Wernicke benannt istndash unterschieden zwischen zwei Orientierungsprinzipien im Lexikon einem laquosemantisch-klassifikatorischenraquo und einem laquosituativ-referentiellenraquo (1975 88 vgl Stachowiak 1979 58f) Ich bin freilich nicht einverstanden mit der These Stachowiaks es handle sich dabei einerseits um einen laquoinnersprachlichenraquo andererseits um ei-nen laquoenzyklopaumldischenraquo Bereich Wesentlich ist was nochmals betont sein soll fuumlr beide Bereiche als invariantes Prinzip dasjenige der Relation dabei sind die Relationen im einen Fall gewiss klassifikatorisch im anderen laquoinfralogischraquo beide Arten von Relationen sind jedoch gleichermaszligen uumlberindividuell und sie werden gleichermaszligen erlernt46 Geckeler sieht (1971 218) die Wortart-Gleichheit als die gewissermaszligen selbstverstaumlndliche Folge ei -ner paradigmatischen Perspektive an (was einer engen Konzeption von Paradigma entspricht) vgl u S 3547 Wenn ich recht sehe korrespondieren die beiden Grundarten mit einer Unterscheidung die Coseriu (1976 47f) innerhalb eines seiner fuumlnf Kriterien zur Klassifizierung von Wortfeldern macht naumlmlich der Unterscheidung zwischen laquorelationellenraquo und laquosubstantivenraquo Oppositionen bzw Feldern Im Rahmen der hier vorgetragenen Konzeption wird diese Unterscheidung zu einer zentralen Groumlszlige

der des Similaritaumlt-Kontrast-Typs gewissermaszligen zwischen zwei extremen Konzeptio-nen von Wortfeld zwischen der von Andre Jolles und der von Jost Trier Jolles (der des-halb von Trier und anderen gescholten wurde) wollte nur Minimalformen mit jeweils zwei (antonymen) Gliedern als laquoBedeutungsfelderraquo gelten lassen Felder die in dieser Form natuumlrlich fest umgrenzt waumlren (Jolles 1934) Fuumlr Trier galt dagegen das Prinzip der Wert jedes Worts ergebe sich aus dem Feldwert also aus der Position in einem semantischen Feld Das Wort bedeute laquonur in diesem Ganzen und kraft dieses Ganzenraquo Die vermittelnde Position ist die in einem zentralen Antonymenpaar den festen Kern zu sehen um den sich ein ganzes Feld verwandter Termini schart wobei im Normalfall die Grenze des Feldes verschwimmt Das Feld waumlre also nur von seinem zentralen Kern aus als solches zu greifen Geckelers Doppel-Wortfeld zwischen altrsquo und seinen beiden Antonymen jung und neursquo scheint mir de facto im Sinn einer solchen Konzeption interpretierbar zu sein

Die Wortfelder des Similaritaumlt-Kontrast-Typs lassen sich nun wie schon er-waumlhnt in einleuchtender Weise mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Spaumltestens bei dem Versuch Wortfelder des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs merkmalsemantisch zu rekonstruieren treten jedoch betraumlchtliche Schwierigkeiten auf Ein Verfahren auch solche Bereiche bdquodurchsichtig zu machen besteht nun darin dass man an die Spitze eines Feldes neben den eventuell vorhandenen Oberbegriff noch eine der spezifischen Auspraumlgungen der Kontiguitaumlts-Relation stellt (wodurch dann das was die Basiskante BC des Moduls von S 21 ausmacht als Seitenkante bzw Suchbegriff verwendet wird) Pottiers Wortfeld der Sitzmoumlbel im Franzoumlsischen hat als konstituierende Merkmale ne-ben dem Oberbegriff Artefakt eine solche spezifische Auspraumlgung naumlmlich das finale zum Sitzen Die Similaritaumlt die durch diese beiden Merkmale geschaffen wird stellt einerseits das Auswahlkriterium dar nach dem das Feld begrenzt andererseits den Hintergrund an Similaritaumlt vor dem es analysiert werden kann Ein Bereich wie Werk-zeug laumlsst sich um ein weiteres Beispiel zu geben nur schwer merkmalsemantisch beschreiben weil man Begriffe wie Stechbeitel Loumltkolben Nietzange und Maumlhdre-scher zu beruumlcksichtigen haumltte Fuumlgt man jedoch zu Werkzeug die finale Relation zum Bearbeiten von (beispielsweise von Holz) so entsteht ein uumlberschaubares und strukturierbares Feld [p 34]

Dabei zeigt sich nicht nur dass solche Wortfelder in gewissem Maszlig beliebig (re)konstruierbar sind - man kann etwa Katze mit gleichem Recht einmal zu den Haus-tieren ein andermal zu den fleischfressenden Saumlugetieren rechnen Es zeigt sich gleichzeitig dass eine solche Rekonstruktion genau nach dem dritten noogenetischen Prinzip von Spearman verlaumluft Zu einem Ausgangsbegriff (Werkzeug) und einer Rela-tion (zum Bearbeiten von Holz) werden Entsprechungen gesucht und gebildet Unter dem Blickwinkel dieses noogenetischen Prinzips sind Wortfelder nun nicht nur beschreibbar als Ergebnisse eines Verfahrens der kontrollierten Assoziation die beiden angedeuteten Grundtypen von Wortfeldern beruhen dann sogar beide auf demselben Grundprinzip Gegeben ist der Ausgangsbegriff und eine Relation ndash eine Relation die im Fall des Similaritaumlt-Kontrast-Typs die Gegensatzrelation ist im Fall des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs eine finale kausale temporale lokale TeilGanzes-Relation etc Dass solche Konstruktionen oder Rekonstruktionen48 also die Wortfelder der Linguisten keinesfalls - um mit Gauger (zB 1976) zu sprechen - laquobewusstseinsfremdraquo sind zeigt gerade das Verfahren der freien Assoziation dessen Interpretation Ausgangspunkt die-ser Uumlberlegungen war

Dies hat auch Auswirkungen auf das von Saussure aufgeworfene Negativitaumltsproblem Gewiss bedeutet Vater nicht nur Nicht-Mutter sondern auch

48 Von der Konstruktion von Wortfeldern spricht auch Coseriu (zB 1970 113)

Nicht-Sohn Nicht-Barock Nicht-Jahrhundert Bei einer solchen Betrachtung wird je-doch eine bestimmte Art des Gegensatzes die parmenideische Relation des bdquoIst nicht verabsolutiert Sie spielt gewiss eine wichtige Rolle in der Sprache sowohl in der Semantik als auch im Bereich der geschlossenen grammatischen Paradigmen Man sollte jedoch (trotz des Umstands dass die Kontrast-Relation und mit ihr die Relation des oppositiven bdquoIst nicht gerne als laquologischraquo die Relationen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Systems dagegen als laquoinfralogischraquo bezeichnet werden) nicht vergessen dass beide Ar-ten von Relationen unabdingbare Konstanten unseres Wahrnehmens Erfassens und Denkens darstellen und dass eine Semantik die nicht bewusstseinsfremd sein will dementsprechend nicht nur die im Motto auf S 27 angegebenen Oppositionen sondern die ganze Skala moumlglicher Relationen mit in ihr Beschreibungsinstrumentarium aufneh-men muss

44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte

Eugenio Coseriu hat 1977 in seiner Antrittsrede an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften als eines der vier Prinzipien seines Schaffens das Stichwort Tradition und Neuerung genannt Es heiszligt dort laquodass die Geschichte unserer Wissenschaften wie uumlberhaupt die Kultur- [p 35] geschichte Fortsetzung von Traditionen und Erneuerung innerhalb von Traditionen istraquo Man sage eigentlich Neues nur wenn man an Traditionen anknuumlpfe und Traditionen fortsetze (1977 109 vgl 1979 5) Ich habe im vorliegenden Beitrag versucht in mehrfacher Weise an solche Traditionen anzuknuumlpfen ua an diejenige der Assoziationsforschung der Jahrhundertwende Dass hier uumlberhaupt von einem (Wieder-)laquoAnknuumlpfenraquo gesprochen werden muss hat seine Gruumlnde

Der Begriff Assoziation war noch Saussure so gelaumlufig dass er ihn in dem Sinn verwendete in dem heute Paradigma und paradigmatisch gebraucht werden (Saus-sure spricht nicht von paradigmatischen sondern von assoziativen Relationen) Henri Frei oder Charles Bally setzten in dieser Hinsicht nicht nur die Tradition des Meisters fort Bally kannte wie ua einschlaumlgige Stellen aus dem Traiteacute de stylistique franccedilaise von 1909 zeigen offensichtlich auch die Arbeit von Thumb und Marbe sowie den dort angesprochenen Bereich des Assoziierens insbesondere zum Gegenteil hin Seither hat jedoch in der Sprachwissenschaft ein grundlegender Paradigmawechsel stattgefunden Eine im Uumlbermaszlig psychologisierende Stroumlmung wurde wie uumlblich durch das Gegenteil abgeloumlst und seither scheinen die Sprachwissenschaftler den Begriff Assoziation als et-was eher Anruumlchiges zu meiden und allenfalls mit ganz spitzen Fingern anzufassen laquoCest pour eacuteviter le psychologisme adopteacute dans le Cours de F de Saussure que je substi-tue le terme rapport paradigmatique agrave celui de rapport associatifraquo schreibt Louis Hjelmslev der den terminologischen Wandel vollzogen hat in einer Fuszlignote des Vor-trags den er 1936 auf dem Linguisten-Kongress in Kopenhagen gehalten hat (1938140) Interessanterweise ist auch der Anti-Psychologismus wie Gauger zeigen konnte (1976 73-87) bei Saussure schon mit angelegt

Freilich motiviert sowohl die weitere Geschichte der Assoziationsforschung als auch die Auffassung der Sprechfehler diese spitzen Finger in betraumlchtlichem Maszlig beide Phaumlnomene wurden in den Bereich der Abnormalitaumlt und des Pathologischen geruumlckt Was das Versprechen angeht so ist die Ursache kein anderer als Sigmund Freud er griff aus den Sprechfehlern die Meringer und Mayer vorgefuumlhrt hatten vor allem die Gruppe des Versprechens zum Gegenteil hin heraus und interpretierte sie in dem bekannten Sinn Das Versprechen zum Gegenteil hin lege die geheimen Gedanken des Sprechers bloszlig Dies ist ganz ohne Zweifel eine Uumlberinterpretation die in manchen Faumlllen zutreffen

mag fuumlr den Durchschnittsfall jedoch keinerlei Allgemeinguumlltigkeit beanspruchen kann49 Wie nachhal- [p 36] tig die Interpretation Freuds ndashin diesem Fall leiderndash ge-wirkt hat zeigt die Verbindlichkeit jener Bezeichnung mit der man Sprechfehler heute erfasst bdquo(Freudsche) Fehlleistungen Ein in gleichem Maszlig bdquopathologischer Geruch begleitet spaumltestens seit 1910 die Versuche mit Wortassoziationen Carl Gustav Jung machte Versuche mit Assoziationen Kent und Rosanoff hatten die Absicht mit ihrer Liste von 100 Ausgangswoumlrtern und dem Durchschnitt der Assoziationen von 1000 Probanden eine Norm aufzustellen von der sich abnormale Assoziationen abheben soll-ten Die Untersuchung erschien nicht nur in der Zeitschrift American Journal of Insanity sie hieszlig auch noch A Study of Association in Insanity I Association in Normal Subjects Alle seitherigen einschlaumlgigen Assoziations-Listen werden von den Psychologen entspre-chend mit dem Etikett Norm versehen (laquoRussellJenkins-Normraquo laquoPalermoJenkins-Normraquo etc)

Die Haltung spaumlterer Sprachwissenschaftler ist also auch damit zu erklaumlren dass das Assoziieren und die Sprechfehler durch Pathologisierung ihrer ehemaligen (und angemesseneren) Unschuld verlustig gegangen waren Freilich gibt es seit einiger Zeit wieder ein neues und zunehmendes Interesse an Fragestellungen des Sich-Versprechens Assoziierens und der (wirklich zum Bereich des Pathologischen gehoumlrenden) Aphasie-Forschung50 Dass dabei in der Regel die eigentliche Tradition ausgespart wird ist weniger erfreulich Denn es geht nicht nur um eine sehr alte Tradition des Denkens es geht mit der Omnipraumlsenz bestimmter Relationen eigentlich um grundlegende Charakteristika des Sprechens und Denkens selbst

Freiburg Wolfgang Raible

[p 37] Literaturverzeichnis

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49 Vgl hier die analoge Einstufung der Freudschen Konzeption sprachlicher Fehlleistungen bei Kainz 1956 38 - Die Auseinandersetzung zwischen Freud und Meringer war zT sehr heftig Auf einer houmlheren Stufe der Eskalation zieh Meringer Freud beispielsweise der laquoStuumlmperraquo-Haftigkeit auf dem Gebiet des Beobach-tens laquoEr sieht und houmlrt naumlmlich nur das was sich eventuell zur Begruumlndung seiner phantastischen Theorien missbrauchen laumlsst Die unendlich vielen Faumllle die sich dagegen mit Haumlnden und Fuumlszligen straumlu-ben sieht er nicht (1912 55)50 Ich nenne drei Indizien fuumlr die Wiederbelebung der Tradition bzw das verstaumlrkte Interesse an den betreffenden Zusammenhaumlngen Erstens wird die Arbeit von Meringer und Mayer in einem 1973 von Victoria A Fromkin herausgegebenen Sammelband in den beiden Beitraumlgen der Herausgeberin wenigs-tens gelegentlich wenn auch zT falsch zitiert Die Arbeit von Thumb und Marbe wurde 1978 sogar neu ediert Zweitens gibt es insbesondere in den Vereinigten Staaten eine Reihe von Arbeiten zu linguistischen Aspekten der Assoziationsforschung (die wichtigste ist wohl die allerdings weitgehend psychologisch und psychometrisch orientierte von Deese 1965) die zB in den Versuch einer Synthese eingegangen sind den Herbert H Clark 1970 veroumlffentlicht hat (Die Arbeit von Clark ist freilich noch ein wenig zu stark dem Grammatikmodell der Transformationsgrammatik verhaftet) Noumlth (1975) hat den Ansatz von Clark zT weitergefuumlhrt sich zT jedoch auch in kasuistischen Uumlberlegungen gefangen Drittens ist das Wiedererwa-chen des linguistischen Interesses an der Aphasie-Forschung zu vermerken (es war zB schon bei Meringer und Mayer vorhanden) Fuumlr dieses ndashallerdings in Schuumlben auftretendendash Interesse ist nicht zuletzt auch Roman Jakobson verantwortlich

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  • Von der Allgegenwart des Gegensinns
  • (und einiger anderer Relationen)
  • Strategien zur Einordnung semantischer Information
  • Wolfgang Raible (Universitaumlt Freiburg)
  • Eugenio Coseriu zum 2771981
  • 21 Gesetzmaumlszligigkeiten des Assoziierens
  • 211 Argumentum quantitatis
  • 212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt
  • 22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens
  • 311 Syntagmatisches Assoziieren
  • 312 Paradigmatisches Assoziieren
  • 3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System
  • 3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System
  • 32 Sonderfaumllle
  • 41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems
  • 42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semantishyschen Orientierungssystems
  • ja
  • Fuumlr alle Woumlrter moumlgshylich
  • 44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte
  • Freiburg Wolfgang Raible
  • Abel C Uumlber den Gegensinn der Urworte Leipzig 1884
  • Bally C Preacutecis de stylistique Genegraveve 1905
  • Bally C Traiteacute de stylistique franccedilaise Genegraveve 1909
  • Coseriu E Einfuumlhrung in die strukturelle Betrachtung des Wortschatzes Tuumlbingen 1970
  • Coseriu E Probleme der strukturellen Semantik Tuumlbingen 1973
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Page 2: latina.phil2.uni-freiburg.delatina.phil2.uni-freiburg.de/.../Files/Gegensinn_neu.docx  · Web viewZeitschrift für romanische Philologie Bd. 97, Heft 1/2, S. 1-40. Die Seitenangabe

nes Wahrheit und Schein Licht und Dunkel Sein und Nicht-Sein bei Parmenides Liebe und Hass bei Empedokles Man denke weiterhin an Platons beide Prinzipien (ἓν und δυάς) mit ihren spezifischen wiederum jeweils entgegengesetzten Auspraumlgungen

Charakteristisch ist solches Denken freilich nicht nur fuumlr die Vorsokratiker oder fuumlr Platon charakteristisch ist es fuumlr Aristoteles selbst Eigentuumlmlich fuumlr ihn ist dabei eine bdquotriadische Version des Gegensatzes die vor allem dazu dient das Problem des Werdens und des Vergehens zu loumlsen An einem gleichbleibenden Substrat loumlsen sich zwei Gegensaumltze ab Wenn um ein Beispiel aus dem der Δ Physik aufzugreifen aus einem ungebildeten ein gebildeter Mensch wird so bleibt der Mensch wie im sprachlichen Beispiel (ἄνθρωπος ἄμουσοςμουσικός) als Substrat erhalten aus ungebildet wird das entgegengesetzte (ἀντικείμενον) gebildet3 In den Zusammenhang des aristotelischen Denkens in Gegensaumltzen gehoumlrt etwa auch die Klassifizierung der Sinneseindruumlcke die in der Schrift De sensu jeweils auf ein Paar von entgegengesetzten Begriffen (ἀντικείμενα) gegruumlndet werden die Farben liegen zwischen den Extremwerten schwarz und weiszlig die Geschmacksempfindungen zwischen bitter und suumlszlig die Geruumlche zwischen angenehm und unangenehm

12 Sprachliche Gegensaumltze

Aristoteles hat nicht nur Zweierschemata der genannten Art als Denkmodell verwendet Er hat sich auch mit den sprachlichen Erscheinungsformen des Gegensatzes intensiv befasst Dies geschah bereits in den Fruumlhschriften - in der nicht erhaltenen Schrift uumlber das Entgegengesetzte (Περὶ ἀντικειμένων) und in den Kategorien also in ei-ner Abhandlung die sich mit den Formen sinnvoller Aussagen befasst die man uumlber ei -nen Menschen machen kann4 Diese Formen sind den zehn laquoKategorienraquo zuzuordnen also Groumlszligen wie Ort Zeit Relation Qualitaumlt Quantitaumlt Typisch ist und Aristoteles fuumlhrt dies auch an einer Reihe von Beispielen aus dass in fast allen dieser Kategorien (wenn sie nicht wie etwa tun und leiden selbst als Gegensatzpaare aufgefasst werden koumln-nen) Gegensaumltzliches eine groszlige Rolle spielt also etwa groszligklein in der Dimension [p3] der Relativitaumlt gleichungleich im Bereich der Quantitaumlt obenunten im Bereich des Orts etc

In den Kategorien zeigt Aristoteles jedoch nicht nur die Wichtigkeit der Gegens-aumltze fuumlr unsere Orientierung er analysiert gleichzeitig die sprachlichen Erscheinungsformen des Gegensaumltzlichen es gibt vier Arten des Entgegengesetzten (λέγεται δὲ ἕτερον ἑτέρῳ ἀντικεῖσθαι τετραχῶς) heiszligt es an der betreffenden Stelle (11b 17) Aristoteles unterscheidet dort

1 Die Korrelation also das Entgegengesetzte im Bereich des Relativen ὡς τὰ πρός τι Ein Beispiel ist das Verhaumlltnis zwischen dem Doppelten und der Haumllfte Das in Bezug auf was etwas doppelt ist ist die Haumllfte des Doppelten (οἷ ον τὀ διπλάσιον τοῦ ἡμίσεος αὐτὸ ὅπερ ἐστὶ διπλάσιον λέγεται) Analog verhalten sich Termini wie TeilGanzes BruderSchwester groszligklein HerrKnecht kaufenverkaufen An anderer Stelle derselben Schrift (6b28ff) nennt Aristoteles diese Art des Entgegengesetzten ἀντιστρέφοντα die er vom Gegensatz (ἐναντιότης) unterscheidet

3 Physik A7 bes 190a 17-20 vgl zu dieser Art des bdquoDenkmodells die meisterhafte Arbeit von Heinz Happ (1971 890 mit naumlheren Angaben) Eine hoch interessante Systoichie entgegengesetzter Auspraumlgun-gen zu den beiden oben erwaumlhnten Prinzipien Platons findet sich bei Happ auf S 1754 Vgl dazu auch Duumlring 1966 60

Mit Platon koumlnnte man sie auch dialektische Begriffe nennen Heute sind solche Arten des Entgegengesetzten insbesondere unter dem Begriff konvers bekannt

2 Den Gegensatz (ἀντικείμενα ὡς τὰ ἐναντία) wo keine Korrelation im Sinn von 1 vorliegt Hier sind zwei Faumllle zu unterscheiden je nachdem ob eine dritte Moumlglichkeit zugelassen ist oder nicht

a) tertium non datur totlebendig bewegtruhend geradeungerade Die klassische Bezeichnung ist hier der Begriff kontradiktorisch neuere Bezeichnungen sind Komplementaritaumlt oder Komplenymieb) tertium datur Schwarzweiszlig vornehinten rechtslinks helldunkel Andere Bezeichnungen sind hier Begriffe wie kontraumlr inkompatibel Im bdquoLexikon der Metaphysik wird der Begriff des ἐναντίον dann noch weiter differenziert (A 1018a 25ff)

3 Entgegengesetztes im Sinn von VorhandenseinNicht-Vorhandensein (στέρησις ἕξις) - also etwa die Sehfaumlhigkeit gegenuumlber der Blindheit eines Auges Dabei ist explizit gesagt dass hier jeweils ein Kontext gegeben sein muss zB ein Objekt an dem sich das Vorhandensein bzw das Nicht-Vorhandensein realisieren kann - im genannten Beispiel das Auge

4 Entgegengesetztes im Bereich der Aussagen (κατάφασιςἀπόφασις) also Negation und Affirmation - er sitzter sitzt nicht etc

Als wichtigste zusaumltzliche Differenzierung kommt im A der Metaphysik (1018a21) noch der Bereich des Werdens und des Vergehens hinzu

5 Entgegengesetztes im Sinn des laquoaus was und in wasraquo (ἐξ ὧν καὶ ἐς ἃ ἔσχατα) - es geht also um den Bereich der Veraumlnderung (μεταβολή) zu dem fuumlr Aristoteles das an derselben Stelle beispielshalber angefuumlhrte Paar WerdenVergehen ebenso zaumlhlt wie die Bewegung (κίνησις) mit ihren drei Unterarten Veraumlnderung (ἀλλοίωσις) VermehrungVerminderung (αὔξησιςφθίσις) und lokale Translation (φορά)5 Sprachliche Beispiele solcher Erscheinungsformen des Entgegengesetzten waumlren also Faumllle wie entstehenvergehen kommengehen hinaufsteigenherabsteigen einschlafenaufwachen etc Eine der Erscheinungsformen dieser Art des Entgegengesetzten ist auch das was Coseriu (1972 52) als [p 4] laquoallativeraquo den laquoablativen Verbenraquo entgegenstellt (riceveredare prenderelasciare etc) Diese Art des Entgegengesetzten scheint erst in relativ jungen Abhandlungen wieder aufzutauchen als laquoinversion de Positionraquo und laquoinversion de directionraquo bei Robert Martin (1973) oder als laquodirectional oppositionraquo bei John Lyons (1977)

Abgesehen davon dass man die dritte Unterart des Entgegengesetzten unter Umstaumlnden als Sonderfall der zweiten (Variante tertium non datur) sehen koumlnnte ist diese Klassifikation durchaus befriedigend Dies zeigt sich einerseits darin dass alle unter 11 genannten Beispiele nach dieser Einteilung sinnvoll einzuordnen sind Es zeigt sich andererseits darin dass neuere Klassifikationsversuche wie sie verschiedentlich zusammengestellt oder vorgelegt wurden auf die aristotelische Einteilung abgebildet werden koumlnnen6

5 Belege bei Raible 1965 24 6 Vgl die Zusammenstellungen bei Geckeler 1971 450-465 Henrici 1975 191-203 Gsell 1979 60-73 so-wie die Einteilung bei Lyons 1977 270-290 Auffaumlllig ist dass AffirmationNegation nie beruumlcksichtigt werden obwohl es sich doch wie etwa H Weinrich ausgefuumlhrt hat um den Prototyp eines Zweierparadig-mas handelt (1975 57f) - Zur Abbildung spaumlterer Klassifizierungen des Entgegengesetzten auf die aristotelische bedarf es einer Ergaumlnzung Unter Entgegengesetztes mit zugelassenem tertium muss neben

13 Going Beyond the Information Given

Anlaumlsslich eines Symposiums hat sich der illustre Harvard-Psychologe Jerome S Bruner 1957 in bemerkenswerter Weise zu Problemen der Kognition geaumluszligert Sein Beitrag handelt von dem Phaumlnomen dass wir alle in der Lage sind einzelne Daten in einen allgemeineren Zusammenhang einzuordnen und dadurch in Relationen zu bringen die man mit Bruner - und gemaumlszlig der damals aktuellen Informationstheorie - codes mit Piaget (den Bruner zitiert) Schemata nennen kann Es geht also etwa darum dass wir in der Lage sind zwischen der gegebenen Zahlenreihe 1 4 9 16 25 und der nicht gegebenen Zahlenreihe 1 2 3 4 5 eine Relation herzustellen und dadurch die gegebene erste Zahlenreihe nicht nur leicht im Gedaumlchtnis behalten bzw aus dem Gedaumlchtnis rekonstruieren sondern auch beliebig fortsetzen dh in doppeltem Sinn uumlber die gegebene Information hinausgehen koumlnnen7

Ohne die Wichtigkeit solcher Schemata und ihrer Erkenntnis im geringsten anzweifeln zu wollen Es gibt noch elementarere Formen des Hinausgehens uumlber die gegebene Information Ein einfaches und einleuchtendes [p 5] Beispiel sind bereits einige Gesetze aus dem Bereich der Gestaltpsychologie Um diese im vorliegenden Zusammenhang nicht unwichtigen Gesetzmaumlszligigkeiten wuumlrdigen zu koumlnnen muumlssen vorab drei seit Aristoteles bekannte insbesondere durch die Phaumlnomenologie und die Gestaltpsychologie gelaumlufige Begriffe um einen weiteren ergaumlnzt und als zwei bdquoDimensionen mit jeweils zwei Extrempolen begriffen werden - es geht also wiederum um Gegensatzpaare Die bekannten Begriffe sind Similaritaumlt Kontrast Kontiguitaumlt Der zu ergaumlnzende ist derjenige der Distanz Die beiden Dimensionen sind dementsprechend

Dimension 1 Similaritaumlt - KontrastDimension 2 Kontiguitaumlt - Distanz8

Die Dimension Similaritaumlt - Kontrast scheint besonders einleuchtend und erklaumlrungsstark zu sein - sie spielt zB in den vorsokratischen Vorstellungen von der Sinneswahrnehmung die entscheidende Rolle Theophrast konnte entsprechend dann die jeweiligen von ihm referierten Positionen in ein Zweier-Raster einordnen Man erkennt Gleiches durch Gleiches sagten die einen und noch Goethe stellte fest laquoWaumlr nicht das Auge sonnenhaft die Sonne koumlnnt es nie erblickenraquo Die anderen vertraten dagegen die These man erkenne Gleiches durch Gegensaumltzliches9

Mit Hilfe dieser beiden Dimensionen und ihrer vier polaren Instanzen lassen sich nun wie mir scheint grundlegende Gestaltgesetze leicht beschreiben Das sogenannte bdquoGesetz der Naumlhe besagt dass - wenn man die Dimension 1 neutral haumllt also identische Formen waumlhlt - bei Erscheinungen die sich durch ihre unterschiedliche Entfernung voneinander auszeichnen die Kontiguitaumlt gegenuumlber der Distanz das gestaltbildende

der fuumlnften Art des Entgegengesetzten noch eine weitere von Aristoteles zwar de facto verwendete hier jedoch nicht eigens angegebene Variante untergeordnet werden in der zwischen zwei Extrempolen eine gradierbare Skala besteht Manche Autoren (Lyons Schifko) verwenden speziell fuumlr diese Art des Entgegengesetzten den Begriff Antonymie7 Bruner 1957 50 1973 erschien ein Sammelband mit Aufsaumltzen Bruners unter dem fast identischen Ti tel Beyond the Information Given in dem auch der in Rede stehende Aufsatz wieder abgedruckt ist (218-238) 8 Zur Erklaumlrung weiterer Gesetze der Gestaltpsychologie in diesem Rahmen bedarf es ua noch der Dimensionen Kontinuitaumlt - Diskontinuitaumlt und Vollstaumlndigkeit - Unvollstaumlndigkeit Auch hier entsteht bezeichnenderweise eine richtiggehende bdquoSystoichie von entgegengesetzten Begriffen9 Goethe Zahme Xenien III Theophrast De sensu 1ff

Prinzip ausmacht Sobald z B in einer Schar von Parallelen unterschiedliche Distanzen vorhanden sind gruppiert man automatisch die naumlher beieinander liegenden als zusammengehoumlrig dh als groumlszligere Einheiten ndash Das bdquoGesetz der Gleichartigkeit (und des Kontrasts) betrifft die Dimension 1 wobei diesmal durch gleiche Entfernung die Dimension 2 neutralisiert wird Erscheinungen werden einerseits nach dem Prinzip der groumlszligtmoumlglichen mutuellen Similaritaumlt gruppiert und diese Gruppen werden ihrerseits nach dem Prinzip des groumlszligtmoumlglichen Kontrasts voneinander abgehoben Man sieht dementsprechend in den beiden folgenden Beispielen je nachdem Spalten (auf der linken Seite) oder Zeilen (rechts)

a b a b a b a a a a a a a aa b a b a b a b b b b b b b a b a b a b a a a a a a a a a b a b a b a b b b b b b ba b a b a b a a a a a a a a

[p 6] Das bdquoGesetz der guten Gestalt nach dem in komplexen Figuren vorzugsweise einfachere Figuren wahrgenommen werden oder nach dem umgekehrt bis zu einem bestimmten Grade unvollstaumlndige Figuren automatisch zu vollstaumlndigen ergaumlnzt werden ndash beide Erscheinungsformen dieses letztgenannten Gesetzes die Vereinfachung und die Ergaumlnzung bestaumltigen auf ihre Weise weiterhin jenes (schon im der Η Metaphysik ndash 1041b 11 ff - nachzulesende) Grundgesetz der Gestaltpsychologie dass ein Ganzes nicht gleichgesetzt werden darf mit der Summe seiner Teile

Alle diese elementaren Gesetze zeigen nun dass wir schon bei der einfachen Wahrnehmung stets uumlber die objektiv vorhandene Information hinausgehen Auch Bruner geht bei seinen Uumlberlegungen eigentlich von elementaren Erscheinungen aus naumlmlich den drei laquonoogenetischenraquo (im Original noegenetischen) Prinzipien die Charles Spearman 1923 aufgestellt hat

laquoOne of these (principles) called () the eduction of relations holds that there is an im-mediate evocation of a sense of relation given the mental presentation of two or more things White and black evoke opposite or different The third principle the eduction of correlates states that in the presence of a thing and a relation one immediately edu-ces another thing White and opposite of evoke blackraquo (Bruner 1957 41 vgl Spear-man 1923 63 ff und 91ff)

Auch Bruner verwendet wie man sieht zur Exemplifizierung des zweiten und des dritten der noogenetischen Prinzipien Spearmans nichts anderes als die offenbar schwer zu vermeidende Relation des Kontrastes

2 Der allgegenwaumlrtige Gegensinn oder Von Assoziationen und anderen lsquoFehlleistungenrsquo

Die Systoichie der Pythagoreer die kosmogonischen und kognitiven Lehren der Vorsokratiker Platons δυάς ἀόριστος Aristoteles Konzeption des Werdens und des Vergehens desgleichen seine Klassifizierung der Sinneseindruumlcke und seine Beschaumlftigung mit den laquoKategorienraquo Grundgesetzlichkeiten der Gestaltpsychologie und die laquonoondashgenetischen Prinzipienraquo Spearmans in der erwaumlhnten Form Alle diese Faumllle weisen bei selbstverstaumlndlichen Unterschieden im Einzelnen eine Gemeinsamkeit auf sie sind allesamt Instanzen oder Auspraumlgungen dessen was man mit Goethe (also nicht

mit Abel) den Gegensinn10 nennen koumlnnte sie verkoumlrpern das Prinzip des Kontrasts - oder sie setzen es sogar voraus

Auch in der Sprache scheint es Aumlhnliches zu geben Saussure hat wie man weiszlig zwischen syntagmatischen und ndashder Sache nachndash paradigma [p 7] tischen Relationen in der Sprache unterschieden und er hat nicht zuletzt im Hinblick auf die paradigmatischen Relationen gesagt in der Sprache sei alles negativ Ein Zeichen wie Vater waumlre um ein Beispiel von Harald Weinrich (1975 40) aufzugreifen gleichbedeutend mit einer sehr langen Kette negativer Terme Vater ist Nicht-Mutter NichtSohn Nicht-Bruder Nicht-Haus Nicht-Barock Nicht-Vergessen etc Freilich Stuumlnde - aufgrund der Verabsolutierung einer bestimmten Art von Relation - jedes Zeichen prinzipiell in Opposition zu jedem anderen so waumlren die paradigmatischen Relationen notgedrungen ungeheuer zahlreich also aumluszligerst komplex unuumlberschaubar und ungeordnet Im Folgenden soll gezeigt werden dass solche Relationen weder unbegrenzt noch unspezifisch noch ungeordnet sind sie sind fuumlr jedes Zeichen prinzipiell uumlberschaubar sie sind spezifisch und in hohem Maszlige voraussagbar Es wird sich erweisen dass bei der Erfassung dieser spezifischen Relationen die in 13 genannten Dimensionen also SimilaritaumltKontrast und KontiguitaumltDistanz eine entscheidende Rolle spielen

Die interessierte Fachwelt weiszlig spaumltestens seit der Jahrhundertwende dass nicht nur die Similaritaumlt sondern auch der Kontrast in Form des Gegensinns also in der ganzen Breite die der Begriff entgegengesetzt bei Aristoteles hat eine aumluszligerst wichtige Rolle in der Sprache spielt Nicht nur dies Auch gewichtige Indizien dafuumlr warum es sich so verhaumllt liegen seit jener Zeit eigentlich auf der Hand Ich denke dabei an zwei wissenschaftliche Pionierarbeiten Die eine wurde 1895 von Rudolf Meringer ao Professor fuumlr indogermanische Sprachwissenschaft an der Universitaumlt Wien und Karl Mayer ao Professor fuumlr Psychiatrie und Nervenpathologie an der Universitaumlt Innsbruck vorgelegt Versprechen und Verlesen Eine psychologisch-linguistische Studie Auch die andere ging aus der Zusammenarbeit zwischen einem Sprach- und einem Seelenwissenschaftler hervor Es sind die Experimentellen Untersuchungen uumlber die psychologischen Grundlagen der sprachlichen Analogiebildung (1901) von Albert Thumb damals Privatdozent fuumlr Indogermanistik in Freiburg und Karl Marbe Professor fuumlr Psychologie in Wuumlrzburg Ausgangspunkt beider Arbeiten war die Frage nach den Ursachen des Sprachwandels Waumlhrend im Hintergrund der Arbeit von Meringer und Mayer eine Hypothese von Hermann Paul steht (Sprachwandel durch Versprechen) geht es Thumb und Marbe insbesondere um eine Art der Analogiebildung die Wilhelm Wundt in seiner Voumllkerpsychologie als Angleichung nach logischen Beziehungen der Begriffe benannt hatte

ndash laquoAngleichung an Woumlrter von verwandter Bedeutungraquo dh laquodurch Aumlhnlichkeitraquo und

ndash laquoAngleichung an Woumlrter von gegensaumltzlicher Bedeutungraquo dh laquodurch Kontrastraquo (Thumb-Marbe 1901 4f)

10 Dies bedeutet dass Gegensinn nicht in der engeren Bedeutung verstanden wird die etwa Wolfgang Meid (1976) dem Begriff gibt Gegensinn wuumlrde danach ein Wort verkoumlrpern das sich selbst und zugleich sein Gegenteil bezeichnet (also etwa lernen fuumlr lehren und lernen) Meid steht damit natuumlrlich in der Tradition von Carl Abel (1884)

[p 8] Insbesondere die ndashsei es formale sei es inhaltlichendash Angleichung durch Kontrast war seither mitunter Gegenstand von Untersuchungen wobei man sich freilich weder auf Wundt noch auf Thumb und Marbe bezog11

21 Gesetzmaumlszligigkeiten des Assoziierens

laquoAssociations are structuralraquo (Deese 1965 160)

Obwohl Thumb und Marbe mit dem zeituumlblich geringen (also in der heutigen Experimentalpsychologie wohl kaum noch denkbaren) methodischen Aufwand gearbeitet haben sind ihre Ergebnisse bahnbrechend Trotz einiger Vorlaumlufer stellt die Arbeit nicht zuletzt wohl auch dank ihrer Interdisziplinaritaumlt den eigentlichen Beginn der sprachpsychologischen Assoziationsforschung dar12 Das Werk steht also am Anfang einer Fuumllle von Untersuchungen die dann zumeist von Psychologen durchgefuumlhrt wurden (und deren Ertrag verglichen mit dem der Arbeit von Thumb und Marbe zumeist in umgekehrtem Verhaumlltnis zum methodischen und praktischen Aufwand steht)

Das Verfahren von Thumb und Marbe war einfach Eine Reihe von acht Probanden musste auf zugerufene Woumlrter ihre Wort-Assoziationen nennen Die Zeit zwischen dem Zurufen und der Antwort wurde dabei gemessen Da keine Vorgaben gemacht wurden (wie sie etwa bei Spearmans drittem laquonoogenetischem Prinzipraquo gegeben waren dh man gibt weiszlig und die Relation Gegensatz zu an um schwarz zu erhalten) liegt nicht das Verfahren einer kontrollierten sondern das der sogenannten laquofreien Assoziationraquo vor

Es ist nun zweifellos richtig dass die Zahl und die Art moumlglicher Assoziationen individuell verschieden und damit potentiell unendlich ist Darauf hat auch Eugenio Co-seriu hingewiesen (zB 1966 185f) Ich betone das potentiell ndash denn in Wirklichkeit sind die Verhaumlltnisse anders Die Reaktionswoumlrter sind meist hochgradig voraussagbar Mit anderen Worten Es muss Beziehungen zwischen Ausgangs- und Reaktionswort ge-ben die gerade gegen Individualitaumlt und Beliebigkeit im Bereich des Assoziierens sprechen Die Indizien fuumlr diese Beziehungen sind quantitativer und qualitativer Natur

[p 9] Ich schicke der Behandlung dieser Indizien voraus dass ich mich neben den ersten Erkenntnissen von Thumb und Marbe vor allem auf die Interpretation von Material stuumltze das unter nordamerikanischer Federfuumlhrung erstellt und zusammengetragen wurde Ausgangspunkt ist eine Liste von 100 Woumlrtern die 1910 von G HKent und A JRosanoff aufgestellt und mit 1000 Probanden getestet worden war Mit dieser Wortliste und ihrer Uumlbersetzung wurden dann auch spaumlter eine groumlszligere Zahl von Assoziationstests durchgefuumlhrt und publiziert Das vor allem auf der Liste von Kent und Rosanoff basierende Material ist bequem zugaumlnglich in dem Sammelband von PostmanKeppel 1970 Die um 100 Woumlrter erweiterte Liste von D S Palermo und J J Jenkins sowie das sich daraus ergebende Material sind zugaumlnglich seit 196413

11 Leo Spitzer (1921) hat das Problem der Angleichung der Gegensaumltze im Bereich der Morphologie behan-delt speziell im Bereich der Genus-Opposition und der Opposition augmentativdiminutiv also im Bereich von Groszlig und Klein Yakov Malkiel (1951) ging der formalen Angleichung von Gegensatzpaaren (Typ dextersenexter) nach Eacutemile Benveniste hat sich im selben Jahr unter etwas anderem Vorzeichen und zwar eher im Abelschen oder Meidschen Sinn von Gegensinn mit dem Bedeutungsaustausch zwi-schen den Bezeichnungen fuumlr geben und nehmen im indoeuropaumlischen Bereich befasst Oswald Panagl (1978) hat in diesem Bereich Parallelen zwischen Spracherwerb Sprachabbau und Sprachgeschichte konstatiert12 Esper 1973 60 spricht von einem Meilenstein in der Geschichte der sprachlichen Analogieforschung vgl aumlhnlich auch Houmlrmann 1967 119

211 Argumentum quantitatis

Ich spreche zunaumlchst drei quantitative Indizien an die gegen die Beliebigkeit von Assoziationen sprechen Erstes Indiz ist das Verhaumlltnis zwischen der Zahl der Probanden und der Zahl der assoziierten Reaktionswoumlrter Waumlren Assoziationen voumlllig individuell so koumlnnte man auf das gleiche Ausgangswort bei 1000 Probanden im Extremfall 1000 verschiedene Reaktionen erwarten Die wirklichen Verhaumlltnisse sind anders Bei einem Versuch mit 1000 Probanden und den 100 Ausgangswoumlrtern von KentRosanoff ergaben sich im Fall des Ausgangsworts mit der kleinsten bdquoStreuung (dark) 41 verschiedene Assoziationen im Fall des Ausgangsworts mit der groumlszligten Streuung (trouble) 260 Der Durchschnitt den ich errechnet habe liegt bei knapp 105 verschiedenen Nennungen14 Es ist aber nicht nur so dass bei 1000 Probanden keine 1000 sondern durchschnittlich nur 105 verschiedene Reaktionen vorliegen Es ist auch keinesfalls so dass die Zahl der verschiedenen Reaktionswoumlrter proportional zur Zahl der Probanden ansteigt Ich waumlhle als Beispiel ein Ausgangslexem das wegen analoger semantischer Lagerung auch durch verschiedene Sprachen hindurch in etwa verglichen werden kann das Wort Hand und seine Aumlquivalente in anderen Sprachen bei 288 franzoumlsischen Probanden ergaben sich hier 77 verschiedene Assoziationen bei 331 deutschen 104 bei 400 Englaumlndern 72 bei 998 Amerikanern 99 [p 10]

Noch aufschlussreicher ist das zweite Indiz Die Haumlufigkeit mit der beispielsweise 1000 Probanden die durchschnittlich 105 Reaktionswoumlrter nennen entspricht naumlmlich allem anderen als einer Zufallsverteilung Von 1008 Probanden reagieren etwa auf das Ausgangswort slow 752 (also 75) mit demselben Wort Auf diejenigen Woumlrter welche die folgenden Raumlnge 2 3 und 4 einnehmen entfallen jeweils noch etwa 2 der Nennungen auf die Woumlrter der Raumlnge 5 bis 13 noch etwa 1 auf die Raumlnge 36 bis 94 (94 ist in diesem Fall die obere Zahl) entfallen jeweils noch genau 01 dh die Woumlrter wurden jeweils noch von einem Probanden genannt Ordnet man derartige Werte in ein Koordinatensystem ein in dem auf der Abszisse die Raumlnge der assoziierten Woumlrter auf der Ordinate die mit dem jeweiligen Rang gegebene Frequenz eingetragen wird so erhaumllt man das typische Bild einer Hyperbel hohe Frequenz fuumlr die ersten zwei drei Raumlnge ganz niedrige Frequenzen fuumlr den Rest Es ergibt sich also was die ersten Raumlnge betrifft generell das Bild einer eindrucksvollen Uumlbereinstimmung Aktualitaumlt und Individualitaumlt gehen immer erst unter bdquoferner liefen dh auf den niedrigeren oder den niedrigsten Raumlngen durchs Ziel15

Von groumlszligtem Interesse ist als Abschluss der quantitativen Indizien das Verhaumlltnis von Frequenz und Reaktionszeit hier gilt Je haumlufiger ein Wort als Reaktion genannt 13 Das amerikanische Material liefert in dem Sammelband von PostmanKeppel James J Jenkins 1970 das englischaustralische stammt von Kenneth M Miller 1970 das deutsche von Wallace A Russell 1970 das franzoumlsische von Mark R Rosenzweig 1970 Obwohl alle diese Materialien im Gegensatz zu Thumb und Marbe in schriftlichen Tests gewonnen wurden (weshalb zB die Kontrolle der Reaktionszeit nicht moumlg-lich war) koumlnnen die Daten schon wegen ihrer breiten Basis an Probanden zur Unterstuumltzung und Ergaumln-zung der Ergebnisse von Thumb und Marbe herangezogen werden14 Dabei stellt die Zahl 260 einen Sonderfall dar Die Reihenfolge nach unten lautet 260 174 168 158 157 Die entsprechenden Zahlen fuumlr den Pol der kleinsten Streuung 41 51 57 62 64 6615 Ein Beispiel fuumlr die Aktualitaumlt sowie die Individualitaumlt von Assoziationen Die franzoumlsischen Tests wur-den Mitte der fuumlnfziger Jahre durchgefuumlhrt also zu einer Zeit zu der ein Film mit dem Titel Bitterer Reis von sich reden machte Im franzoumlsischen Test assoziierten dann immerhin noch 3 der Probanden (Rang 6) auf das Ausgangswort amer die Reaktion rizlsquo Weiter Von den 1004 Probanden die ihr Reaktionswort auf girl niederschrieben nannten 70 dasselbe Wort Mit jeweils 2 Nennungen erscheinen dann noch eine Joan eine Mary und eine Shirley auf den Raumlngen zwischen 23 und 39 auf den Raumlngen zwischen 40 und 103 sind dann mit je einer Nennung noch eine Ardis eine Barb eine Beverly Marilyn Nancy Sharon Sue und eine Susie vertreten

wird desto kuumlrzer die Reaktionszeit der jeweiligen Probanden16 Umgekehrt Die ausgefallenen Reaktionen erfordern ein Vielfaches dieser kuumlrzesten Reaktionszeit Waumlhrend etwa die Mehrzahl der Probanden von Thumb und Marbe auf fuumlnf mit sechs reagierte brauchte das Enfant terrible ein Dr Roos uumlber zehn Sekunden um mit dem fuumlnften Badischen Infanterieregiment wie uumlblich aus dem Rahmen zu fallen

212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt

Die Spontaneitaumlt und die hochgradige Uumlbereinstimmung17 der Assoziationen von bei-spielsweise 1000 Probanden waumlren gewiss nicht moumlglich [p 11] ohne innere bdquoqualitative Ursachen Sie sollen im folgenden - in einem ersten Interpretationsversuch - insbesondere anhand des Materials analysiert werden das auf der Wortliste von Kent und Rosanoff basiert Beruumlcksichtigt wird dabei zunaumlchst die Gruppe der Erwachsenen und zwar derjenigen Erwachsenen die sich durch einen hohen Grad an sprachlicher Sozialisierung auszeichnen (die Probanden der psychologischen Assoziationstests rekrutieren sich zumeist aus der Gruppe der Studenten) Die Analyse des Materials laumlsst hier die folgenden fuumlnf Prioritaumlten-Ebenen erkennen

1 Assoziationen sind vorzugsweise solche der gleichen Wortart18 Der modus significandi dh die Information die die Zugehoumlrigkeit zu einer Wortart bringt erweist sich damit fuumlr die Verarbeitung sprachlicher Information als das Merkmal mit der houmlchsten Prioritaumlt

Die haumlufigste Reaktion ist also vom Typ Nomen-Nomen Pronomen Pronomen Adjektiv - Adjektiv komparative Form des Adjektivs komparative Form etc Sind die Ausgangswoumlrter Formen die zwischen verschiedenen Wortarten stehen wie etwa der Infinitiv der im Verbalsystem das nominale Element darstellt so sind die Reaktionen entsprechend gespalten also bald nominal bald verbal wie schon Thumb und Marbe feststellen konnten Die Klassengleichheit zwischen Ausgangswort und Assoziation ist fuumlr das am haumlufigsten genannte Wort durchschnittlich in 80 bis 90 der Faumllle gegeben19

2 Assoziationen sind vorzugsweise aus demselben semantischen Bereich Sie stammen also wie man heute sagen wuumlrde aus demselben Wortfeld Ich interpretiere dabei wie sich noch zeigen wird semantischer Bereich und Wortfeld bewusst weit So werden auf Verwandtschaftsnamen in 80 bis 90 der Faumllle Verwandtschaftsbezeichnungen assoziiert auf Hand kommt Fuszlig auf Spinne Netz Abweichungen sind in aller Regel mit houmlheren Reaktionszeiten verbunden

16 Dieser Zusammenhang wurde spaumlter als das bdquoGesetz von Marbe bekannt und zitiert auch in Amerika - freilich ohne dass man wie Esper 1973 berichtet deshalb das Werk von Thumb und Marbe auch gelesen haumltte17 Es duumlrfte nicht uumlberraschen dass bei gleichem Ausgangsmaterial - den 100 Woumlrtern von Kent und Rosanoff 1910 - in verschiedenen Testsituationen undoder in verschiedenen Sprachen die Ergebnisse variieren Die Marge fuumlr die drei am haumlufigsten genannten Reaktionswoumlrter liegt im Durchschnitt der 100 Testwoumlrter und der Versuche in fuumlnf Sprachen jeweils Zwischen 40 und 60 der Nennungen Vgl Rosen -zweig 1970 99 Wichtig im Hinblick auf Variationen ist wie sich noch zeigen wird der Grad der sprachli -chen Sozialisierung der Probanden18 Diese Beobachtung wurde vor ThumbMarbe 1901 schon von Bourdon 1895 gemacht vgl hierzu Rosenzweig 1970 10219 Ich habe eine Auswahl von 48 Ausgangswoumlrtern der jeweils auf KentRosanoff basierenden Listen fuumlr das genannte amerikanische deutsche und franzoumlsische Material auf die Wortart-Zugehoumlrigkeit hin unter-sucht Dabei wurden alle Reaktionswoumlrter beruumlcksichtigt auf die drei und mehr Prozent der Nennungen entfielen Es erwies sich dass die jeweiligen Nennungen also angefangen vom haumlufigsten Wort bis hin zu dem Wort das noch von 3 der Probanden genannt wurde in etwa der Haumllfte der Faumllle sogar zwischen 90 und 100 klassengleich sind (Amerikanisches Material 26 von 48 Faumlllen deutsches 25 von 48 franzoumlsisches 27 von 48)

[p 12] Die beiden ersten Prioritaumlten zeigen also dass die Similaritaumlt bei den Assoziationen eine grundlegende Rolle spielt - allerdings wie die beiden folgenden Prioritaumltsebenen zeigen eine Hintergrund-Rolle Auf der dritten Prioritaumlts-Ebene kommt naumlmlich vor diesem Hintergrund an Similaritaumlt das Prinzip des Kontrasts zum Zuge

3 Assoziationen sind wo immer dies moumlglich ist fast ausnahmslos Assoziationen zum Entgegengesetzten hin - entgegengesetzt im oben dargelegten aristotelischen Sinn Typische Paare sind also schwarzweiszlig helldunkel kleingroszlig leichtschwer altjung (bzw neu) TagNacht schnellerlangsamer kommengehen kaufenverkaufen ichdu ersie nowthen herethere alwaysnever etc

Dass diese besonders praumlgnante Rolle des Kontrasts kein einzelsprachliches Phaumlnomen ist zeigen die Versuche die mit der Wortliste von Kent und Rosanoff im Bereich des Englischen Englands Amerikas Australiens Kanadas im Deutschen Franzoumlsischen Italienischen und Polnischen gemacht wurden20 Eine starke dh eindeutige Antonymie-Relation (Antonymie im erwaumlhnten weiten Sinn) fuumlhrt stets dazu dass das am haumlufigsten genannte assoziierte Wort das korrespondierende Antonym ist Das Feld der assoziierten Woumlrter bekommt dadurch einen sehr scharfen Fokus der Halo der restlichen Nennungen bleibt gering Paradefall in der liste von KentRosanoff ist das Ausgangswort dark Die Streuung also die Zahl der von 1000 Probanden insgesamt assoziierten verschiedenen Woumlrter betraumlgt hier wie schon erwaumlhnt nur 41 Von den Probanden reagieren 829 (83) mit light 55 weitere mit night 33 mit room 31 mit black etc Sobald eine Antonymie-Relation dagegen schwaumlcher ist zB deshalb weil das Ausgangswort mehrere Antonyme besitzt (also merkmalloser ist) ist entsprechend der weiteren Bedeutungsaura des Ausgangsworts der Fokus der assoziierten Woumlrter weit weniger scharf der Halo der Streuung wird entsprechend breiter Waumlhlt man dagegen eines aus jener Mehrzahl von Antonymen aus also ein notwendigerweise merkmalhaltigeres Wort so verlaufen die Assoziationen mit starker Buumlndelung auf das urspruumlngliche Ausgangswort zu21

[p 13] Auf Rang 4 der Prioritaumltsebenen tritt die Dimension Kontiguitaumlt - Distanz in Erscheinung - und zwar in Form der semantischen nicht der syntagmatischen Kontiguitaumlt

4 Assoziationen richten sich wenn keine oder keine dominierende Antonymie-Relation gegeben ist unter Fortgeltung der Prioritaumlten 1 und 2 nach der semantischen

20 Vgl Rosenzweig 1961 und CarrollKjeldergaardCarton 196221 Ein Beispiel Die Reaktionen auf sweet und suumlszlig weisen in etwa dieselbe Streuung auf Die Streuung ist jedoch bei doux in auffaumllliger Weise groumlszliger Die Ursache Auf sweet wird an 1 Stelle das Antonym sour (43) an 4 Stelle das Antonym bitter (8) assoziiert Analog verhaumllt es sich im Deutschen den 1 Rang belegt sauer (39) den 4 bitter (3) Bei franz doux weist der Petit Robert nicht weniger als 21 Antonyme auf Doux hat also im Gegensatz zu sweet und suumlszlig eine wesentlich weniger praumlgnante Bedeutung Es kommt hinzu dass die praumlgnanteste Bedeutung gar nicht doux im Gegensatz zu aigre oder acide ist sondern doux im Gegensatz zu dur (9) Die einzige einigermaszligen dominante Bedeu-tung von doux ist also weich Als naumlchstes Antonym wird auf Rang 8 noch amer (3) genannt ruumlde nennen noch 2 brutal fort rugueux jeweils 1 mit je einer Nennung sind noch vertreten aigre grossier roche sevegravere Waumlhlt man nun das dominante Antonym des deutschen und englischen suumlszlig naumlmlich sauer wieder als Ausgangswort so zeigt sich hier eine weitgehende Uumlbereinstimmung zwischen allen drei Sprachen an der Spitze der genannten Reaktionswoumlrter liegen sweet (57) suumlszlig (39) und doux (30) - Zur Rolle der MerkmalhaltigkeitMerkmallosigkeit von Antonymen bei der Assoziation sei auch auf Clark 1970 276 hingewiesen

Kontiguitaumlt Allerdings ist die Wortart-Identitaumlt der Prioritaumltsebene 1 hier etwas eingeschraumlnkt die Gruumlnde dafuumlr werden spaumlter evident werden

Es handelt sich hier in der Regel um Assoziationen von etwas was im Bereich der Denotata und das heiszligt auch im Erfahrungsbereich der Probanden mit dem was durch das Ausgangswort bezeichnet ist in einer spezifischen Relation steht Im Gegensatz zum Normalfall der (zweiseitigen) Antonymie-Relation sind diese spezifischen Relationen in der Regel gerichtet Dass die Basis solcher Relationen die Kontiguitaumlt im Erfahrungsbereich ist hat natuumlrlich zur Folge dass hier unter Umstaumlnden soziale und kulturelle Unterschiede vorliegen koumlnnen Dies wird nicht der Fall sein in Beispielen wie araigneacutee toile ragnoragnatela tigefleur stemflower piedchaussure footshoe Es koumlnnte dagegen eher zutreffen in Faumlllen wie comfortchair confortfauteuilrsquo oder BequemlichkeitSessel

5 Assoziationen sind wenn sich keine Kontrast- oder keine semantische Kontiguitaumlts-Relation einstellt Assoziationen im Bereich der semantischen Similaritaumlt oder der syntagmatischen Kontiguitaumlt

Zunaumlchst zur semantischen Similaritaumlt Es handelt sich bei den Assoziationen dieser Gruppe entweder um bdquoSynonyme Oberbegriffe oder um etwas im Ausgangswort Impliziertes Die Beispiele sind relativ selten Bezeichnend ist allein dass solche Assoziationen wenn sie schon gelegentlich an erster Stelle genannt werden nur in relativ geringem Maszlige buumlndeln22 Die andere Variante der fuumlnften Prioritaumltsebene Assoziationen [p 14] im Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt ist in dem von mir analysierten Materialebenfalls nur schwach vertreten (hier gelten uumlbrigens die Prioritaumltsebenen 1 und 2 nur noch sehr eingeschraumlnkt der Grund auch hierfuumlr wird wiederum spaumlter deutlich werden) Zwei Beispiele aus dem deutschen Bereich Auf glatt assoziierten immerhin 40 der Probanden an erster Stelle Eis (laquoGlatteisraquo) erst an zweiter Stelle folgte hier mit 15 das Antonym rau Desgleichen assoziierten auf Stiel (die falsche Uumlbersetzung des englischen stem - gemeint war Stengel) 38 der Probanden den Besen Auch die zweithaumlufigste Assoziation zaumlhlt hier noch zum Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt 6 nannten Stumpf Im englischen und franzoumlsischen Material treten solche Arten der Assoziation erst an untergeordneter Stelle auf ndash etwa vinaigre auf aigre becircte auf belle marche auf pied

Als Hugo Schuchardt die Arbeit von Thumb und Marbe ein Jahr nach ihrem Erscheinen (sehr kritisch) besprach machte er hauptsaumlchlich zwei Einwaumlnde Mit dem ersten dieser Einwaumlnde stand er ganz in der Tradition der bisherigen Assoziationsforschung Thumb und Marbe haumltten die Nachbarschaft in der Rede als eine der Ursachen fuumlr die Assoziationen nicht gebuumlhrend gewuumlrdigt Die analysierten Verhaumlltnisse widerlegen Schuchardt sehr deutlich Sein Einwand trifft allerdings wie sich noch zeigen wird unter ontogenetischem Aspekt zu Auch Schuchardts zweites Monitum die lautliche Aumlhnlichkeit muumlsste als einer der Faktoren des Assoziierens staumlrker betont werden ist obsolet Selbst unter 1000 Probanden waumlre entgegen der Vermutung Schuchardts kaum einer gewesen der auf drei die Zahl zwei assoziiert 22 Dies zeigen die folgenden Beispiele enfant 1 petit (12) 2 beacutebeacute (8) child 1 baby (16) Kind 1 klein (12) (2 Mutter (10)) 3 Baby (6) oder Quadrat 1 Viereck (14) Ein Beispiel fuumlr die Wahl des Oberbegriffs aigle 1 oiseau (16) Adler 1 Vogel (21) Typisch fuumlr die relativ geringe Wir-kung der semantischen Similaritaumlt im Sinn von Synonymie ist der Umstand dass die meisten Syno nyme ansonsten an nachgeordneter Stelle vorkommen Auf dark assoziieren 3 (und an 4 Stelle) black auf beautiful immerhin 14 an 2 Stelle pretty an 6 Stelle (4) lovely an 1 Stelle steht das Antonym ugly Auf rough wird an 1 Stelle mit dem Antonym smooth (44) reagiert erst an 2 Stelle folgt mit 7 hard Auf sommeil folgt an 1 Stelle das semantisch benachbarte lit erst an 2 Stelle (10)reposrsquo

haumltte23 Dies liegt daran dass sprachliche Information primaumlr nach ihrem syntaktisch-semantischen [p 15] Gehalt analysiert und verarbeitet wird (und die Assoziationen auf Zahlen sind hier wie noch in 32 gezeigt werden wird hochgradig gerichtet) Klangphaumlnomene sind auf jeden Fall sekundaumlr Erst dann wenn der Proband die Bedeutung nicht versteht wie etwa bei Fremdwoumlrtern bei Termini technici oder bei Woumlrtern einer ihm unbekannten Sprache spielt die Laut-Assoziation eine Rolle24 Thumb zeigte dies in einer spaumlteren Studie aus dem Jahre 1908

21a Aktualisierender Zusatz im Jahr 2011

Ein Team von drei Wissenschaftlern der Universitaumlten von South Florida und Kansas hat den bisher wohl groumlszligt-angelegten Test mit Assoziationen auf Wort-Stimuli unternommen und dies mit einer Unzahl von Probanden Nelson D L McEvoy C L amp Schreiber T A (1998) The University of South Florida word association rhyme and word fragment norms25 ldquoMore than 6000 participants produced nearly three-quarters of a million responses to 5019 stimulus wordsrdquo

Im vorliegenden Fall geht es um insgesamt 4870 Woumlrter als Ausgangspunkte fuumlr Assoziationen (cues) 76 davon Nomina 13 Adjektive 7 Verben 16 waren Homographen Die Testpersonen durften jeweils ein einziges Wort als Reaktion aufschreiben Die Reaktionszeit wurde dabei nicht gemessen Aus den 4870 Faumlllen habe ich die 538 ausgewaumlhlt in denen eine ldquoForward Cue-to-Target Strengthrdquo von ge 05 vorlag bei denen also ein Reizwort mit hoher Wahrscheinlichkeit ein oder mehrere Zielwoumlrter ausloumlst Dabei bestaumltigen sich die Ergebnisse der 1980 vorgenommenen Analyse fast vollstaumlndig

Antonymen-Relationen die sich anhand des Corpus der University of Southern Florida ergeben Die meisten sind zweiseitig Sie entsprechen den u auf S 2223 analysierten acht Strukturierungsdimensionenabove lt--gt belowadd lt--gt subtractaddition lt--gt subtraction

defense --gt offensedifferent --gt samedown lt--gt up

major --gt minorme lt--gt youmine lt--gt yours

23 Vgl im Einzelnen Schuchardt 1902 - Dass Assonanzen keine Rolle spielen gilt natuumlrlich nicht dort wo jemand im Sinn des dritten noogenetischen Prinzips von Spearman explizit Woumlrter sucht die mit dem Ausgangswort durch die Relation lautlicher Similaritaumlt verbunden sind also beispielsweise Reimwoumlrter - Wie sehr die Verarbeitung sprachlicher Information primaumlr auf die Analyse syntaktischer und semanti-scher Merkmale ausgerichtet ist zeigt sich einerseits bei den unendlich zahlreichen Versuchen der Psychologen vergangener Jahrzehnte mit kuumlnstlichem sinnlosem Wortmaterial zu arbeiten die Proban-den versuchen auch dort ganz automatisch zunaumlchst einen Sinn zu houmlren Wie sehr die etwa von Coseriu stets betonte Semantizitaumlt der Sprache selbst bei traumatischen und sonstigen Aphasikern im Vorder-grund steht zeigt andererseits die einschlaumlgige Forschung Luria (1976 150f) berichtet dass auch bei den Assoziationen von Aphasikern Woumlrter mit verwandter Bedeutung den Vorrang vor Woumlrtern mit aumlhnli-chem Klang haben Nur bei besonders schweren Faumlllen von Aphasie und bei geistig Zuruumlckgebliebenen dominiert die Lautassoziation vor der inhaltlichen Als Beispiel fuumlr die untergeordnete Bedeutung von Lautassoziationen kann auch ein Versuch mit Aphasikern dienen dessen Gegenstand kontrollierte Assoziationen waren (Aufzaumlhlen von Tiernamen) von den 2918 Namen die von insgesamt 94 Patienten innerhalb von fuumlnf Minuten genannt wurden waren ganze 6 Faumllle vom Typ MausLaus (GloningMuumlller 19711972 264)24 Bin illustratives Beispiel sind die Reaktionen auf das im amerikanischen Englischen aumluszligerst selten be -legte Ausgangswort abbess (Aumlbtissin) Den 1 Rang unter den Antworten hat hier mit 9 hole - ganz offensichtlich deshalb weil die Probanden abbess als abyss verstanden Erst an 2 Stelle folgt mit 5 ein Wort bei dem wohl die lautliche Assoziation Pate gestanden hat abscess (Postman 1970 260) 25 httpw3usfeduFreeAssociation

answer lt--gt questionasleep lt--gt awakeback lt--gt frontbad lt--gt goodbefore --gt afterbegin lt--gt endbest lt--gt worstblack lt--gt whiteborrow --gt lendbottom lt--gt topfemale lt--gt maleboy lt--gt girluncle lt--gt auntactor lt--gt actressbrother lt--gt sisterdad lt--gt momfather lt--gt motherdaughter lt--gt songrandma lt--gt grandpahusband lt--gt wifeman lt--gt womanbuyer lt--gt sellerclose --gt openday lt--gt nightdead --gt alive

downstairs lt--gt upstairsdryer --gt washereast lt--gt westempty lt--gt fulleven lt--gt oddexit --gt entranceexplode --gt implodefalse lt--gt truefar lt--gt nearfind lt--gt seeksearchfirst --gt lastforward lt--gt backwardfound lt--gt lostgo lt--gt stopgroom lt--gt bridehello --gt goodbyehe lt--gt shehere lt--gt therehigh lt--gt lowin lt--gt outleader --gt followerless lt--gt morelose --gt winloser lt--gt winnerlost lt--gt found

minus lt--gt plusnegative lt--gt positiveno lt--gt yesnorth lt--gt southoff lt--gt onold --gt newopen --gt closeclosedoutside --gt insideover lt--gt underpoor lt--gt richqueen --gt kingquestion lt--gt answerright --gt leftright --gt wrongscratch --gt itchseller lt--gt buyersit --gt standslow lt--gt fastsoft lt--gt hardthin --gt thicktight --gt loosetoday lt--gt tomorrowtwice --gt onceweak --gt strong

Bemerkenswert sind solche abweichenden Faumllle in denen an erster Stelle nicht ein Antonym assoziiert wird sondern ein aumlquivalenter Begriff etwa finish --gt done und erst an zweiter Stelle start happy fuumlhrt an erster Stelle zu joyous an dritter und vierter Stelle immer noch sehr haumlufig zu cheerful und glad sad steht erst an zweiter Stelle Hard fuumlhrt an erster und zweiter Stelle zu difficulty und difficult die beiden moumlglichen Antonyme easy und soft folgen (mit immer noch hoher Frequenz) an dritter und virter Stelle Umgekehrt fuumlhrt nur soft hoch frequent zu hard Parallel ist ein Fall wie hate zu dem hoch frequent despise und dislike assoziiert wird waumlhrend love unter der 05-Schwelle an dritter Stelle folgt Genauso verhaumllt es sich mit love das zu affection ro-mance und adore fuumlhrt (love ist als Wortart polyfunktional) hate folgt an vierter Stelle in der Frequenz Hot fuumlhrt in seiner einen Bedeutung zu spicy in einer anderen zu humid erst an dritter Stelle zu cold Umgekehrt gilt aber cold --gt hot Late fuumlhrt an erster Stelle zu tardy erst an zweiter zu early Auf many wird an erster und zweiter Stelle several und numerous assoziiert erst an dritter folgt unter der 05-Schwelle fewsome waumlhrend umgekehrt nur few mit einiger Frequenz zu many fuumlhrt Bei old gilt zwar --gt new aber dann folgen drei verwandte Begriffe (elderly antique ancient) erst an vierter Stelle kommt das andere Antonym young Vergleichbar ist das vieldeutige present an erster Stelle steht hier gift dann folgt mit past ein Antonym mit absent ein anderes In einem Fall wie forget wird an erster Stelle forgive (ldquolet us forget itrdquo) assoziiert also ein willentliches vergessen waumlhrend umgekehrt remember direkt zu forget fuumlhrt Mehrdeutigkeit ist also immer ein lsquoStoumlrfaktorrsquo wie auch der Fall short --gt talllong an zweiter Stelle short --gt brief zeigt oder small --gt tiny und an zweiter und dritter Stelle --gt big large Interessant ist auch das Beispiel square das an erster Stelle zum Oberbegriff rectangle fuumlhrt und dann zu zwei gleichermaszligen moumlglichen lsquoAntonymenrsquo circleround

und triangle Strong fuumlhrt an erster Stelle zu einem Parallelbegriff powerful erst an zweiter zu weak waumlhrend weak direkt zu strong fuumlhrt Wet fuumlhrt -- in dieser Reihenfolge -- zu slippery moist drench und dry aber nur dry fuumlhrt in nennenswertem Umfang zuruumlck zu wet

Die uumlberwiegende Zahl der anderen Faumllle sind solche in denen ein Begriff aus demselben Erfahrungsbereich assoziiert wird In manchen Faumlllen sind das sehr viele So gibt es bei money der hohen Zahl von Probanden entsprechend eine hohe Zahl von Nennungen fuumlr (in absteigender Reihenfolge aber immer noch mit einer Forward Cue-to-Target Strength von gt05) cash bank fund wallet profit spend banker income bud-get lottery dollars checkbook salary Insgesamt sind es hier 302 verschiedene Targets Aumlhnliches gilt fuumlr tree -- wo jeder an eine spezifische ihm gelaumlufige Baumart oder einen Baum-Bestandteil denken kann

22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens

Mit seinem genialen Blick fuumlr das Grundlegende hat Roman Jakobson inspiriert von Mikołai Habdank Kruszewski (1886) die Aufmerksamkeit auf das Zusammenwirken zweier Prozesse beim Sprechen gelenkt eines paradigmatischen bei dem Einheiten aus anderen gleichrangigen Einheiten ausgewaumlhlt und eines syntagmatischen bei dem die ausgewaumlhlten Einheiten in eine lineare Abfolge gebracht werden Im paradigmatischen Prozess spielt die Dimension Similaritaumlt - Kontrast im syntagmatischen die Dimension Kontiguitaumlt - Distanz eine dominierende Rolle

In diesen Rahmen lassen sich nun nicht nur Typen der Aphasie einordnen26 sondern auch die Typen des Versprechens die Meringer und Mayer 1895 vorgefuumlhrt haben Da die lineare Anordnung elementarer Zeichen ein Charakteristikum der Rede ist ist die Mehrzahl der bdquosprachlichen Fehlleistungen im Bereich der syntagmatischen KontiguitaumltDistanz anzutreffen Ihre Hauptursache ist darin zu sehen dass (wenigstens normalerweise) das Denken einen Vorlauf vor dem Artikulieren hat - und der Sprecher setzt dann das was er zu sagen plant an die Stelle dessen was er im Moment artikuliert Das bdquoSpaumltere wirkt also dabei scheinbar paradoxerweise - auf das bdquoFruumlhere Ohne auf die Einzelheiten dieser Art des Versprechens eingehen zu wollen dessen Ergebnisse sehr haumlufig Vertauschungen also Metathesen sind sei hier zweierlei festgehalten Zum einen sind die in der Rede auf diese Art vertauschten Elemente in aller Regel klassengleich - wobei der Begriff Klasse nicht nur Wortarten also den modus significandi sondern beispielsweise auch Anlaute Auslaute Stammvokale betonte Silben usw umfassen kann27 Mit den Worten von Meringer und Mayer [p 16] (1895 17) laquoAm gewoumlhnlichsten sind die Vertauschungen der Adjectiva mit Adjectiven Substantiva mit Substantiven Verba mit Verbenraquo Zweitens sei festgehalten laquoAntithetische Woumlrter werden besonders leicht vertauschtraquo (1895 15) Ein Beispiel fuumlr diese Art der Metathese laquoDa steht der Einsatz nicht fuumlr den Gewinnraquo

Die zweite groszlige Gruppe fuumlr Versprech-Leistungen sind solche deren Ursache in der Auswahl waumlhrend des paradigmatischen Prozesses gesehen werden muss Die eine Untergruppe sind hier die bdquoKontaminationen bei der Vorstellung etwas schreiben werden die Ausdrucksmoumlglichkeiten etwas zu Papier bringen und etwas schreiben

26 Zur Fruchtbarkeit der Unterscheidung Jakobsons fuumlr die Klassifizierung von Aphasien vgl Luria 1976 5227 Einige Beispiele laquoSaint-Exupeacuterinces Petit Princeraquo laquoMinuster fuumlr Kultus und Unterrichtraquo Die Elemente koumlnnen auch vertauscht werden - Metathesen dieser Art sind laquoeine Sorte von Tacherraquo laquodenile Semenzraquo laquoVerteidigung ist die Spiele des Seelsraquo etc Die Beispiele stammen bis auf das erste aus MeringerMayer 1895 Zu analogen Erscheinungen beim Verlesen vgl auch Kolers 1976

kombiniert zu etwas zu Papier schreiben Freud nennt dies gewiss zutreffend Verdichtungen Die andere Unterart dieses semantischen Versprechens besteht in der Vertauschung (bdquoSubstitution) zweier Elemente - wobei es sich nicht mehr um Elemente aus dem Syntagma sondern um Elemente des paradigmatischen Auswahlprozesses handelt laquoBekannt istraquo so heiszligt es bei Meringer und Mayer (1895 79) laquodass kontrastierende Vorstellungen einander assoziieren So kommt man auf dem Wege der Substitution dazu das Gegenteil von dem zu sagen was man gemeint hatraquo Also etwa laquoIhm war auch kein Berg zu niedrigraquo (statt zu hoch) laquowas er verliert (statt gewinnt) gibt er seinen Kindern in die Sparbuumlchseraquo

Was schon bei voumlllig gesunden Sprechern wenn man ein Ohr dafuumlr hat mit bemerkenswerter Haumlufigkeit zu beobachten ist kann natuumlrlich im Fall von verminderter Sprechfaumlhigkeit (Aphasien) in verstaumlrktem Maszlige auftreten Herbert Pilch hat aus linguistischer Sicht auf die bekannte Erscheinung hingewiesen dass Aphasiker Woumlrter verwechseln die im Verhaumlltnis des Gegensinns zueinander stehen (1972 8) Ein einfaches Beispiel aus einem Sprachtest mit Aphasikern (Muumlller 1976 257ff) Es handelt sich um einen Test in dem der Umgang mit metakommunikativen Verben uumlberpruumlft wurde Beim Nachsprechen eines groumlszligeren zusammenhaumlngenden Texts - dies war eine der Aufgaben - wurden dabei vereinzelt sinnstoumlrende Vertauschungen zwischen den korrelativen Begriffen fragen und antworten beobachtet Von einem analogen Test mit Einzelsaumltzen heiszligt es laquoSinnstoumlrend vertauscht wurden fragen mit erwidern wissen wollen bzw sich erkundigen (wurden) durch sprechen ersetztraquo In einem Sortiertest sollten metakommunikative Verben nach inhaltlichen Kriterien zu Gruppen geordnet werden Dieser Test wurde wegen der erforderlichen hohen Konzentration allerdings nur von fuumlnf Probanden absolviert Vier davon gruppierten fragen wissen wollen sich erkundigen antworten entgegnen erwidern Der fuumlnfte Proband gekennzeichnet mit dem Stichwort laquoKonduktionsaphasieraquo bildete dagegen [p 17] die Paare fragenantworten antwortenerkundigen wissen wollenentgegnen Er gliederte also was der Untersuchende nicht direkt sieht nach Antonymen-Paaren28

3 Interpretation der beschriebenen Phaumlnomene oder Die verschiedenen Strategien zum Erfassen von Bedeutung

No hay que explicar el hablar desde el punto de vista de la lengua sino viceversa (Coseriu 19551973 287)

Meringer und Mayer haben darauf hingewiesen man muumlsse sich huumlten den Sprechfehler als etwas Pathologisches aufzufassen Sie erlaumlutern dies mit einem praumlgnanten Bild Beim Sprechfehler versage nur die Aufmerksamkeit die Maschine laufe ohne Waumlchter sich selbst uumlberlassen Und was den Sprechfehler fuumlr die Sprachwissenschaft lehrreich mache sei der Umstand dass das Uhrwerk in solchen Augenblicken des Mantels entkleidet scheine und ein Blick in die Raumlder moumlglich sei (1895 7) Aumlhnliches gilt fuumlr die permanenten Abweichungen von der Sprachnorm die sich im Sprechen von Individuen oder Individuen-Gruppen finden (und die zB Henri Frei in seiner Grammaire des fautes (1929) festgehalten hat) Die Uumlberlegungen gelten natuumlrlich ebenso fuumlr die Wort-Assoziationen insbesondere dann wenn man wie urspruumlnglich Thumb und Marbe mit der Beruumlcksichtigung der Spontaneitaumlt also der Reaktionszeit ein Indiz dafuumlr hat welche Prozesse unter Umstaumlnden laquoautomatischraquo 28 Nach der Analyse die Luria von dem seit Wernicke und Lichtheim so genannten Syndrom der bdquoLeitungsaphasie gibt duumlrfte es sich um die Variante mit akustisch-artikulatorischer Stoumlrung handeln In der Variante mit akustisch-mnestischer Stoumlrung sind sogenannte bdquoverbale Paraphasien relativ selten Vgl Luria 1976 239-285 insbes S 247-273

oder mit Meringer und Mayer so ablaufen dass laquoder Waumlchterraquo also das Bewusstsein des Sprechers dessen bestenfalls hinterher richtig gewahr wird Mutatis mutandis gilt die Uumlberlegung schlieszliglich auch fuumlr den Bereich der Sprachstoumlrungen laquoPathologia illustrat physiologiamraquo das Anomale lehrt uns wie das Normale funktioniert ndash so lautet ein alter Grundsatz der medizinischen Forschung Wie betraumlchtlich der Unterschied zwischen den voll bewussten mehr Zeit in Anspruch nehmenden Suchprozessen und den halbbewussten Assoziationen ist zeigen solche Aphasien in denen der Patient ein Wort bei bewusstem Suchen nicht findet oder ein Wort das ihm vorgesprochen wird nicht wiederholen kann waumlhrend er im Bereich des offenbar funktionierenden Assoziierens das betreffende Wort findet bzw sagen kann29

[p 18] Wenn ich nach der obigen Skizzierung quantitativer und qualitativer Verhaumlltnisse im Bereich von Wortassoziationen nun versuche die bisherige Untersuchung im eigentlichen Sinn zu interpretieren so lasse ich mich von der folgenden Grunduumlberlegung leiten Da Assoziationen mit Wortmaterial im Idealfall in einem halbbewussten Bereich spontanen Reagierens ablaufen koumlnnte man meinen es handle sich um ganz einfache primaumlre Prozesse sprachlicher Aktivitaumlt Komplex und sekundaumlr waumlre dagegen die Aumluszligerung von Saumltzen und Texten Nun hat freilich einer der groszligen Aphasieforscher Kurt Goldstein gezeigt dass es sich eigentlich genau umgekehrt verhaumllt Primaumlr am Sprechen ist die Mitteilungsabsicht dh das Kommunizieren mit Hilfe groumlszligerer syntagmatischer Einheiten im Rahmen von Kommunikationssituationen Das scheinbar so einfache Assoziieren von Woumlrtern oder das Benennen von Gegenstaumlnden sind dagegen recht schwierige und komplexe Aufgaben Wie Roman Jakobson gezeigt hat ist zB das Benennen eines Gegenstandes ein metasprachlicher Akt30 Ein solcher Akt setzt die Existenz und das isolierte Funktionieren eines praumlzisen Orientierungs- und Einordnungssystems voraus Bei Assoziations-Tests muss ein gehoumlrtes Wort ohne jede Situations- oder Kontexthilfe analysiert erkannt und eingeordnet werden

Ich habe nun eingangs mit Hilfe einiger einfacher Beispiele aus dem Bereich der Gestaltpsychologie gezeigt dass eine solche Erkenntnis immer erst dadurch zustande kommt dass man uumlber das Gegebene hinausgeht going beyond the Information given Dementsprechend besteht mein Interpretations-Ansatz jetzt darin dass ich die von einem vorgegebenen Ausgangswort ausgehende Assoziation als den Reflex einer Strategie interpretiere einer Strategie die dazu dient die Bedeutung von Woumlrtern im Hinausgehen uumlber das gegebene Wort zB durch die Einordnung in das semantische Orientierungs-System zu erfassen

31 Zwei Grundtypen des Assoziierens

Hier gibt es nun nicht eine einzige es gibt wenn ich recht sehe zwei Grundstrategien zur Erfassung von Bedeutung Vergegenwaumlrtigt man sich den primaumlren auf Mitteilung ausgerichteten Aspekt des situativen Sprechens in Saumltzen und Texten und den subsidiaumlren - wenn auch unverzichtbaren - Charakter desjenigen Bereichs in den auch das Assoziieren von Woumlrtern faumlllt so versteht man sofort die eine von zwei grundlegend verschiedenen Strategien dh Arten der sprachlichen Reaktion auf

29 Kurt Goldstein der von solchen Faumlllen berichtet erwaumlhnt im selben Zusammenhang das Phaumlnomen laquodass die falschen Woumlrter oft mit weniger Paraphasie (gemeint ist hier Paraphasie als lautliche Abwei-chung) geaumluszligert werden als die richtigenraquo (1948 101 vgl 239) Dies duumlrften diejenigen Faumllle sein in de -nen der Sprechprozess gewissermaszligen bdquovon oben her dh von der bewussten intentional vom laquoWaumlch-terraquo gesteuerten Seite her gestoumlrt ist30 Jakobson 1974 125ff vgl generell Goldstein 1948 zum Bereich der Kategorisierung

Wortmaterial Kinder erwerben Sprache sei sie nun kommunikativ oder das eigene Handeln begleitend in Situationen und damit dominant in syntagmatischer Realisierung Uumlber die nach und nach verstandene [p 19] fremde und die nach und nach sich entwickelnde eigene syntagmatische Realisierung von Sprache baut sich dann jenes semantische Orientierungs- und Einordnungssystem auf innerhalb dessen Rahmen die andere dominant paradigmatische Strategie anzusiedeln ist Wie Hans-Martin Gauger ausgefuumlhrt hat handelt es sich bei dem Aufbau dieses Systems um einen Prozess zunehmender bdquoVerdichtung (1970 65-69)

311 Syntagmatisches Assoziieren

Da sprachliche Elemente wie die Woumlrter fuumlr Kinder zunaumlchst einmal Woumlrter im syntagmatischen Kontext sind ist es nicht verwunderlich dass - wie seit Anfang des Jahrhunderts beobachtet wurde - Kinder vorwiegend syntagmatische Assoziationen haben Sie nennen also vorwiegend Woumlrter mit denen die Ausgangswoumlrter zusammen vorkommen dh die Assoziationen verlaufen im Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt Typisch sind derartige Assoziationen auch fuumlr solche Personen deren sprachliche Sozialisierung nicht durch den bewussten Umgang mit der eigenen und mit fremden Sprachen waumlhrend zwoumllf bis dreizehn Schuljahren perfektioniert wurde also etwa fuumlr Volksschul-Absolventen Schuchardts Einwand Thumb und Marbe haumltten die Bedeutung der syntagmatischen KontiguitaumltDistanz fuumlr das Assoziieren nicht gebuumlhrend beruumlcksichtigt hat also von der Ontogenese her gesehen seine Berechtigung31 Waumlhrend syntagmatische Assoziationen bei bdquogebildeten Erwachsenen also relativ selten sind sind sie bei Kindern und anderen sprachlich weniger Sozialisierten recht haumlufig Typische (und in allen nachfolgenden Faumlllen von den Assoziationen der 288 franzoumlsischen Studenten abweichende) Beispiele sind aus den jeweils erstrangigen Nennungen von 115 franzoumlsischen Bauarbeitern fenecirctre - ouverte (31) blanc - neige (27) aigre - vinaigre (26) rouge - sang (25) santeacute - bonne (23) table ronde (23) faim - (de) loup (23) citoyen - franccedilais (22) lune - (de) miel (20) tabac - blond (17) musique - douce (17 - zusammen mit classique leacute-gegravere agreacuteable harmonieuse 31) lent - tortue (15) meacutemoire - courte (14) joie - (de) vivre (14) papillon - vole (10) etc Charakteristisch ist hier wiederum dass solche dominant von der syntagmatischen Kontiguitaumlt bestimmten (und in der Regel nicht wortartgleichen) Assoziationen nur selten jene stark buumlndelnde Wirkung haben die fuumlr Assoziationen zum Gegensinn hin charakteristisch ist [p 20]

312 Paradigmatisches Assoziieren

Die andere (trotz mancher Grenzfaumllle von der syntagmatisehen zu unterscheidende) grundlegende Strategie zum Erfassen von Bedeutung spiegelt sich im dominant paradigmatischen Assoziieren also in jenen Assoziationen die im Bereich des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems verlaufen Eingangsvoraussetzung fuumlr beide Arten des Assoziierens ist die vorgaumlngige phonologische Analyse mit der Zuordnung eines Lautbildes und der (natuumlrlich

31 Das assoziative Verhalten der Kinder und Jugendlichen hat sich allerdings seit dem Beginn des Jahrhun-derts in betraumlchtlichem Maszlig demjenigen der Erwachsenen angenaumlhert Die Ursache ist zweifellos in einer fruumlheren und ausgepraumlgteren sprachlichen Sozialisierung zu sehen Vgl dazu auch Esper 1973 105 Pa-lermoJenkins 1965 oder Jenkins 1970 7

vorlaumlufigen32) Zuordnung einer Wortart Beim dominant syntagmatischen Assoziieren besteht die Strategie fuumlr die Zuordnung einer Bedeutung zu dieser Einheit aus Wortart und Lautschema vor allem im Assoziieren eines syntagmatischen Gebrauchskontextes also in der Einordnung in ein komplexeres Zeichen mit dem sich daraus ergebenden bdquomonosemierenden Effekt lune - lune de miel blanc (comme la) neige citoyen - (un) citoyen franccedilais table - (la) table (est) ronde etc Bei der paradigmatischen Art des Assoziierens besteht die Strategie zur Erfassung von Bedeutung dagegen darin dass das Ausgangswort in Relation zu einem anderen gleichrangigen Zeichen gesetzt wird Die Strategie ist also abstrakter ja geradezu metasprachlich ndash eine Analyse die schoumln Goldsteins These von der Komplexitaumlt scheinbar ganz einfacher Aufgaben bestaumltigt

Was nun das spezifisch paradigmatische Orientierungs- und Einordnungssystem betrifft so scheinen mir hier bei angemessener Interpretation der Verhaumlltnisse zwei Untersysteme vorzuliegen Untersysteme die nicht scharf voneinander getrennt sind Im einen dieser Systeme vollzieht sich der Zugriff uumlber die Dimension Similaritaumlt - Kontrast im anderen System ist wie noch erlaumlutert wird die Information (vor dem Hintergrund der Similaritaumlt) verfuumlgbar uumlber die semantische Kontiguitaumlt in Opposition zur Distanz Beide Systeme arbeiten jedoch mit einem gemeinsamen Grundprinzip das man als bdquoModul in Form eines Dreiecks (mit einer Reihe von Varianten) konzipieren kann Einer Informationseinheit A sind mindestens zwei andere Einheiten B und C in folgender Weise zugeordnet33 [p 21]

Dabei sind die Beziehungen zwischen AB und AC solche der Similaritaumlt ndash eine Similaritaumlt der die oben auf S 11 f genannten Prioritaumltsebenen 1 (gleiche Wortart) und 2 (gleicher semantischer Bereich) entsprechen Die Beziehung zwischen B und C ist je nachdem eine Beziehung des Kontrasts (dem entspricht die oben genannte Prioritaumltsebene 3) oder der semantischen Kontiguitaumlt (der die Prioritaumltsebene 4 entspricht) Die Varianten ergeben sich hauptsaumlchlich aus der Zahl der Elemente auf der Achse BC zum Teil auch daraus dass die Position von A einzelsprachlich nicht besetzt oder aber wie im Fall von A = homme B = homme G = femme mit einem der dann merkmallosen Elemente B oder

32 Analyse-Ergebnisse sind auf dem Weg von den kleineren zu den groumlszligeren Einheiten insofern vorlaumlufig als die Analyse der kleineren Einheit im Rahmen der Analyse der Uumlbergreifenderen Einheit stets korrigiert werden kann (Der entsprechende Ruumlckkopplungs-Effekt hat seine physiologische Basis in dem Faktum dass die Zellen der kortikalen Lamina VI [die etwa 2 mm dicke Groszlighirnrinde hat sechs physiologisch und funktionell differenzierbare Schichten] vorwiegend Ruumlckkopplungs-Funktion haben) Der Ruumlckkopplungs-Effekt ist der Grund dafuumlr dass manche bdquoDefekte bei Aphasikern erst dann entdeckt werden wenn man sie kleinere Einheiten ohne Kontext nachsprechen laumlsst33 Der Gedanke der modularen Struktur ist inspiriert durch Erkenntnisse der Neuroanatomen Sie haben in der letzten Dekade zunehmend die These vertreten die komplexe Struktur unseres Nervensystems - ein-schlieszliglich des Groszlighirns - basiere auf relativ ein-fachen genetischen Programmen Korrelat dieser Pro-gramme sind laquomodulareraquo laquorepetitiveraquo oder laquoperiodischeraquo Strukturen etwa im Bereich des Ruumlckenmarks oder der Groszlighirnrinde Vgl beispielsweise Szentaacutegothai 1978

C identisch ist (Ist ein spezieller Begriff fuumlr A vorhanden oder ist A identisch mit B oder C so liegt ein Fall von Gegensinn in jener Verwendungsweise vor wie man sie sinnvollerweise Abel unterstellen muss ndash Abels Beispiele sind von Benveniste (1956) zerpfluumlckt worden Ein aumlhnliches Vorkommen solchen Gegensinns gilt fuumlr Fragen des Typs bdquoWie alt (und nicht wie jung) wie groszlig wie lang wie schoumln ist das und dasldquo also fuumlr Faumllle die zB Elmar Holenstein treffend analysiert hat (1976 69f))

Im Fall der Similaritaumlt-Kontrast-Interpretation des Dreiecks ist eine merkmalsemantische Interpretation plausibel B und C enthalten alle Merkmale von A (A ist der Oberbegriff) sie enthalten jedoch noch zusaumltzliche Merkmale und zwar dergestalt dass diejenigen von B und C nicht voumlllig identisch sind sondern in der Regel in einem Merkmal kontrastieren34 [p 22]

3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System

Zunaumlchst zu dem paradigmatischen System in dem fuumlr das Hinausgehen uumlber die gegebene Information die Kontrast-Relation ausschlaggebend ist Es geht also um den Bereich des Entgegengesetzten ndash Otto Gsell hat in seiner Arbeit uumlber die Gegensatzrelationen im Wortschatz romanischer Sprachen eine sehr wesentliche Beobachtung gemacht und so fruumlhere analoge Beobachtungen in entscheidendem Maszlige praumlzisiert Unser Wortschatz ist keinesfalls so beschaffen dass alle Woumlrter ihr Antonym haumltten Ganz im Gegenteil der Wortschatz der bdquoantonymfaumlhig ist macht nur einen relativ geringen Teil des Gesamtwortschatzes aus ndash aber er konzentriert sich auf bestimmte inhaltliche Bereiche des Lexikons Nimmt man wie Gsell als Maszligstab das Begriffssystem von Rudolf Hallig und Walther v Wartburg (19521963) so ergeben sich drei Schwerpunkte Die gegensatzfaumlhigen Woumlrter konzentrieren sich

l in der Rubrik laquoLacircme et lintellectraquo wo es sich um etwa vier Fuumlnftel von insgesamt 2000 Eintraumlgen handelt Es geht dort um geistige Faumlhigkeiten Bewusstsein Gedaumlchtnis Wahrnehmung Denken Vorstellung Gefuumlhle und dergleichen (Hallig und Wartburg verwenden in dieser Rubrik teilweise was Gsell nicht eigens erwaumlhnt Antonymenpaare explizit als Unter-Rubriken)

2 in der Rubrik laquoLa prioriraquo Hallig und Wartburg versuchen dort laquoden inhaltlich sehr allgemeinen nicht sachgebietsbezogenen Wortschatz nach Denk- und Begriffskategorien wie Existenz physische Zustandsformen Eigenschaften Ordnung Wertung Quantitaumlt Raum Zeit Kausalitaumlt Bewegung und Veraumlnderung zu gliedernraquo (Gsell 1979 114) Die Rolle des Kontrasts fuumlr diesen Bereich ist im Uumlbrigen bereits durch das oben zitierte Beispiel der aristotelischen Kategorien ersichtlich

3 im Bereich der jeweiligen Unter-Rubrik geacuteneacuteraliteacutes (oa) zu den jeweiligen groumlszligeren Abschnitten bei HalligWartburg

Gsell spricht anhand der Begriffe des zweiten Bereichs (den dritten nennt er nicht ausdruumlcklich) von laquosemantischen Strukturwoumlrternraquo (im Gegensatz zu den syntaktischen) sie lieszligen sich keinem bestimmten sachlichen oder begrifflichen Bereich

34 Herbert HClark spricht in diesem Zusammenhang (1970 275f) von der laquoRegel des minimalen Kon-trastsraquo In der Ontogenese kann im Uumlbrigen beobachtet werden dass die Beziehungen zwischen kontrastierenden Paaren zT insofern asymmetrisch sind als eins der beiden Elemente privilegiert dh fruumlher gelernt bzw als Oberbegriff verwendet wird Hiermit hat sich in einer Reihe von Arbeiten vor allem Eve V Clark befasst

zuordnen seien jedoch (besser sollte man sagen gerade deshalb) in jeder Art von Rede unentbehrlich

Der Begriff der laquosemantischen Strukturwoumlrterraquo scheint mir gluumlcklich gewaumlhlt zu sein weil solche Woumlrter - als eine von jeweils zwei Alternativen - unsere Erfahrung in houmlchstem Maszlige strukturieren Hierzu zwei Beispiele Von den 34 Woumlrtern der Listen von RussellJenkins (1970) bzw PalermoJenkins (1964) auf die mindestens 50 der Probanden als Assoziation an erster Stelle dasselbe Wort nennen sind 23 solche auf die ein Antonym assoziiert wird Als Strukturierungsdimension dienen dabei

ndash siebenmal der Geschlechtsunterschied (boygirl heshe kingqueen etc)ndash viermal im Bereich des Gesichtssinns die Dimension helldunkel (blackwhite dark light)ndash fuumlnfmal die Orientierung in Raum bzw Raum undoder Zeit (slowfast herethere longshort highlow youngerolder) weiterhin [p 23]ndash die Kommunikationssituation zwischen Sprecher und Houmlrer (meyou)ndash zweimal der Tast- oder Handsinn (hardsoft heavylight) schlieszliglichndash der Geschmackssinn (sour bzw bittersweet) ndash der Gehoumlrsinn (loudsoft) sowiendash die konverse Relation Zwischen Geben und Nehmen (sellbuy buyingselling)

Ist ein tertium moumlglich so immer in Form einer Skala zwischen den beiden Extrempolen die den Bereich eingrenzen - genauso wie dies Aristoteles fuumlr seine Klassifizierung der Tast- Geschmacks- und Geruchsempfindungen vorgeschlagen hatte

Das zweite Beispiel Wolfgang Lorenz und Gerd Wotjak haben aus 80 sprachwissenschaftlichen Untersuchungen haumlufig vorkommende laquoSemeraquo zusammengetragen also solche Begriffe die dazu verwendet werden um den Inhalt anderer Begriffe zu beschreiben Von den 129 in einer ersten Liste bei LorenzWotjak (1977 310-334) zusammengetragenen haumlufig genannten laquoSemenraquo sind nun mehr als die Haumllfte solche die zu Antonymen-Paaren geordnet werden koumlnnen - was wiederum ganz unabhaumlngig davon wie man zur Existenz von semantischen Merkmalen oder Semen stehen mag aufschlussreich ist fuumlr die Strukturierungs- und Reduktionsleistung entsprechender Begriffspaare

Waumlhrend bei der dominant syntagmatischen Art des Assoziierens die Aufgabe der semantischen Einordnung einer Einheit aus Wortart und Lautbild uumlber die Einbettung in den syntagmatischen Kontext also in ein komplexeres Zeichen geleistet wird verlaumluft somit im Fall der geschilderten Unterart des paradigmatischen Assoziierens die Einordnung anders Das betreffende Wort wird wo immer dies moumlglich ist uumlber die Zuordnung des Kontrast-Werts im Dreiecks-Modul identifiziert Dies ist Goethes laquoAnklingen des Gegensinnsraquo das seit Jost Trier im Bereich der Wortfeldlehre erwaumlhnt wird Die Identifizierung der Bedeutung von B mit Hilfe des kontrastierenden C fuumlhrt natuumlrlich dazu dass jeder normale Sprecher sich etwa bei Muumldigkeit dh bei verringerter Aufmerksamkeit zum Gegenteil hin versprechen kann35 In pathologischen Faumlllen fuumlhrt dann eine verringerte Unterscheidungsfaumlhigkeit zwischen den Teilen B und C des Moduls zu den haumlufigen laquoverbalen Paraphasienraquo des Typs nehmen fuumlr geben fragen fuumlr antworten groszlig fuumlr klein

35 Die Ursache dafuumlr dass der ungeuumlbte Houmlrer Versprech-Leistungen normalerweise gar nicht wahrnimmt haben schon Meringer und Mayer genannt laquo(hellip) Der Hauptgrund des Uumlberhoumlrens von Sprechfehlern liegt darin dass der Houmlrer ganz aumlhnlich daran ist wie der Sprecher und wohl aus derselben Ursache uumlberhoumlrt aus der der andere sich versprichtraquo (1895 10f)

3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Im Similaritaumlt-Kontrast-System das wo immer dies moumlglich ist den Zugriff auf semantische Information primaumlr steuert steht Mutter in [p 24] Kontrast zu Vater - tertium non datur Mutter steht jedoch auch in Beziehung zu anderen Lexemen zB zu Kind Tochter Stiefmutter Groszligmutter auch zu Frau etc Bei Frau oder Maumldchen bestehen uumlbrigens unabhaumlngig vom Geschlecht der Probanden - assoziative Verbindungen zu huumlbsch schoumln Schoumlnheit und dergleichen Die ersten dieser Verknuumlpfungen koumlnnte man noch leicht mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Vater und Mutter bilden ein minimales Paar das sich nur durch den bewussten kleinen Unterschied die Opposition maumlnnlichweiblich semantisch voneinander abhebt Bei Paaren wie MutterKind bzw MutterTochter waumlren es bereits mehrere differenzierende Merkmale (und das Beispiel zeigt zugleich dass es noch ganz andere Relationen gibt als die des Kontrasts hier zB die temporale oder die kausale) Bei MaumldchenSchoumlnheit muumlsste man schon mit Selektionspraumlferenzen arbeiten man koumlnnte wohl auch an den Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt denken

Es gibt nun allerdings eindeutig paradigmatische Assoziationen bei denen merk-malsemantische Konstruktionen angesichts ihrer notwendigen Komplexitaumlt in eklatantem Widerspruch zur hochgradigen Gelaumlufigkeit der betreffenden Assoziationen stuumlnden Ein einfaches Beispiel ist das Paar TischStuhl Die Zahlen 84 bei Russell Jenkins 69 bei PalermoJenkins 55 bei franzoumlsischen Studenten36 Man koumlnnte hier die Merkmal-Similaritaumlt uumlber den Oberbegriff Moumlbelstuumlck konstruieren aber wie waumlre dann zu erklaumlren dass die Verbindung zwischen Tisch und Stuhl enger ist als die zwischen den Moumlbelstuumlcken Tisch und Hocker (die sich im Prinzip nur durch die Groumlszlige unterscheiden) oder zwischen Tisch und Bett (1 der Nennungen trotz laquogetrennt von Tisch und Bett lebenraquo) Wie waumlren weiterhin so gelaumlufige Assoziationen wie pied chaussure araigneacuteetoile tobaccosmoke zu erklaumlren fuumlr die Oberbegriffe schwer zu konstruieren sind und die sich in einer solchen Konstruktion wenn sie gelingt immer noch durch eine Fuumllle von Merkmalen nicht etwa nur durch ein einziges unterschieden

Angesichts solcher Verhaumlltnisse scheint es mir plausibel zu sein das als grundlegend angesetzte Dreiecks-Modul in diesen Faumlllen als eine Similaritaumlts-Kontiguitaumlts-Beziehung zu interpretieren also in Anlehnung an das oben erlaumluterte bdquoGesetz der Naumlhe aus dem Bereich der optischen Wahrnehmung Solche Similaritaumlts-Kontiguitaumlts-Beziehungen beruhen bei einem flieszligenden Uumlbergang zum Similaritaumlt-Kontrast-Bereich ndash jeweils auf Erfahrungskontexten in denen Erscheinungen als zusammengehoumlrig verwandt benachbart verstanden werden Die Komponente der Similaritaumlt versteht sich hier vor allem als Zugehoumlrigkeit zum selben Er- [p 25] fahrungsbereich meist - aber keinesfalls ausschlieszliglich - auch als Zugehoumlrigkeit zur selben Wortart Die Kontiguitaumlt wird zumeist verkoumlrpert durch eine spezielle in der Regel gerichtete Beziehung zwischen den Elementen B und C (Die Zahl der Probanden die auf Stuhl wieder Tisch assoziieren ist viel geringer als die Zahl derer die auf Tisch die Assoziation Stuhl haben) Entscheidend ist dabei nun dass die Erfahrungskontexte zwar individuell verschieden sind dass die Relationen durch welche die Begriffe verknuumlpft sind dagegen meist ganz spezifische invariante Relationen darstellen Tisch und Stuhl sind zB integrierende Teile eines groumlszligeren Ganzen im Erfahrungsbereich des Wohnens und Arbeitens zwischen tobacco und

36 Die Zahl fuumlr die deutschen Probanden lautet 29 - hier stellen die 15 Nennungen fuumlr die im Grenzbe-reich zwischen semantischer und syntagmatischer Kontiguitaumlt liegende Assoziation Bein(e) eine starke Konkurrenz zu Stuhl dar

smoke araigneacutee und toile besteht eine kausale zwischen Hammer und Nagel eine finale Relation Das Gegenstuumlck zur Kontiguitaumlt die Distanz grenzt hier die Dreiecksmoduln gegeneinander ab Interessant ist dass in vielen Faumlllen nicht eigentlich der kontige Partner sondern die spezifische Relation etwa zwischen dem Gegenstand und einem allfaumllligen Benutzer assoziiert wird Um die finale Relation geht es zB in den Faumlllen Bettschlafen Schereschneiden ciseauxcouper scissorscut

32 Sonderfaumllle

Fuumlr beide Varianten des paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssystems gilt natuumlrlich Sobald auf der Achse BC mehr als zwei gleichrangige Mitglieder anzusiedeln sind sobald also in Trubetzkoys oder Coserius Terminologie eine laquoaumlquipollenteraquo und nicht eine laquoprivativeraquo Opposition vorliegt37 verliert die Assoziation von einem dieser Mitglieder zum anderen an Schaumlrfe die buumlndelnde Kraft des einzigen Antonyms oder des in spezifischer Weise kontigen Partners fehlt Musterbeispiel ist das Dreiecks-Modul fuumlr die Farbwerte im Gegensatz zu dem fuumlr die Grauwerte

Wegen der Auswahl aus einer groszligen Zahl gleichberechtigter Moumlglichkeiten sind die Reaktionen auf Farben dementsprechend wenig gebuumlndelt38 ndash auf gelb nennen an ers-ter Stelle 14 der amerikanischen Pro- [p 26] banden blau 12 der deutschen rot 11 der franzoumlsischen gruumln Bei den Ausgangswoumlrtern blau und gruumln ist die Assozia-tion im paradigmatischen Bereich sogar schwaumlcher als im syntagmatischen ndash hier nen-nen die Probanden in allen drei Sprachen an erster Stelle den Himmel (blau) und den Bereich GrasWieseLandschaft (gruumln) und dies mit einer Frequenz die vertreten durch Werte zwischen 20 und 30 deutlich uumlber den Frequenzen liegt die in den ande-

37 Coseriu 19641978 120f 1976 34 Eine graduelle Opposition entspricht wie oben in Anm 5 erwaumlhnt einer Unterart des aristotelischen Entgegengesetzten mit gegebenem tertium38 Nach der oben erwaumlhnten aristotelischen Farbkonzeption oder dem analogen Vorschlag bei Weinrich 1967 2213 oder Coseriu 1976 43f waumlren die beiden Dreiecks-Moduln zu einem einzigen zu kombinieren - die extremen Farbwerte waumlren also schwarz und weiszlig Dem widerspricht einerseits nicht das Assoziationsverhalten der Probanden im englischen franzoumlsischen und deutschen Sprachbereich wo auf rot blau gelb gruumln sowie auf Farbe jeweils auch und zT mit betraumlchtlichen Nennungszahlen schwarz undoder weiszlig genannt werden (Bei gebildeten franzoumlsischen Sprechern liegt in einem dieser Faumllle freilich eine syntagmatische Assoziation vor gerade wegen ihrer Bildung assoziieren 18 an erster Stelle auf rouge das Wort noir) Andererseits entspricht das Assoziieren von schwarz undoder weiszlig auf Farbadjektive den Erkenntnissen die der geniale Edwin H Land (1977) uumlber die Physiologie des Farbsehens gewonnen hat

ren Faumlllen fuumlr Farbwerte eintreten ndash Auch zwischen Zahlen scheinen auf den ersten Blick dieselben aumlquipollenten Beziehungen zu bestehen wie etwa zwischen Farbadjekti-ven Bei naumlherem Zusehen zeigt sich jedoch dass als spezifische Relation zwischen Zah-len die Relation bdquogroumlszliger als gesehen wird (Ganz abstrakt lautet die Regel fuumlr das Zaumlhlen ja Ersetze die letzte Zahl n durch n+1) Entsprechend sind die Assoziationen auf Zahlwoumlrter immer gerichtet zB im Sinn des n + 1 auf zwei wird drei auf drei wird vier assoziiert auf jeden Fall immer eine houmlhere Zahl39

Ein weiterer Sonderfall sind Erfahrungsbereiche die nicht zu denjenigen einer Vielzahl von Sprechern gehoumlren Zum Loumlwen wird gemeinhin als kontiger Partner im Erfahrungsbereich exotische wilde Tiere der Tiger assoziiert Beim Adler fehlt fuumlr den normalen Sterblichen der Partner In solchen Faumlllen kann die Assoziation dann zur Spitze A eines potentiellen Moduls verlaufen (man koumlnnte auch sagen Auf dem Weg von B zu einem potentiellen C endet die Assoziation in Ermangelung eines C bei A das sonst die Zwischenstation gewesen waumlre) Die Konsequenz Die haumlufigste Assoziation auf Ad-ler ist Vogel (21) oiseau (16) und bird (55) Solche Assoziationen zum Klassennamen dh zur Spitze A des Moduls hin sind relativ selten Mit groumlszligerer Haumlufig-keit treten sie sozusagen als Vorstufe zu Similaritaumlt-Kontrast-Assoziationen bei sprach-lich weniger sozialisierten Probanden auf40 [p 27]

4 Schlussuumlberlegungen

laquoDie Aufstellung von Oppositionen ist im Wortschatz wesentlich komplizierter als im phonologischen System einer Sprache da die beteiligten Merkmale wesentlich zahlrei-cher sind als in der Phonologie Prinzipiell handelt es sich jedoch um die gleichen Oppositionstypenraquo (Coseriu 1973 65)

Ich habe eingangs gezeigt dass Zweierschemata haumlufig als Denkmodell verwendet wer-den dass die Sprache im Bereich der Bezeichnungen des Entgegengesetzten uumlber eine ganze Skala solcher Zweierschemata verfuumlgt weiterhin dass Wahrnehmen und Erfassen von etwas stets zugleich bedeutet uumlber die Information hinausgehen die gegeben wird und dass auch bei diesem laquouumlber die Information hinausgehenraquo wieder Zweierschemata wie die von Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz entscheidend sind Ich habe dann Ergebnisse der sprachlichen Assoziationsforschung einer ersten Analyse unterzogen und diese Analyse in einem weiteren Schritt dadurch vertieft dass ich sprachliche Assoziationen als den Reflex von Strategien aufgefasst habe die dazu dienen semantische Information zu erfassen und einzuordnen Zum Abschluss will ich in vier Schlussuumlberlegungen skizzieren worin der moumlgliche Ertrag einer staumlrkeren Einbeziehung der Assoziationsforschung und verwandter Gebiete liegen kann in einem (1) Einblick in das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems und seine (2) Transformation in Onto- und Pathogenese sowie in der Diachronie in einem (3) neuen Licht das auf Probleme der Wortfeldforschung geworfen wird und schlieszliglich auch in einer (4) angemesseneren Haltung gegenuumlber der Wissenschaftsgeschichte

39 Schuchardts oben zitierte Vermutung auf drei koumlnne (aus Gruumlnden der Lautaumlhnlichkeit) auch zwei assoziiert werden ist auch deshalb abwegig weil Ruumlckwaumlrtszaumlhlen eine sehr schwierige Aufgabe ist sie wird zB haumlufig verwendet um das Ausmaszlig von Aphasien zu bestimmen Dasselbe gilt fuumlr Tages- und Monatsnamen wo die spezifische gerichtete Relation bdquospaumlter als oder bdquonach lautet40 Vgl Rosenzweig 1970 102 105 zum relativ groszligen Anteil der Assoziationen zum Oberbegriff hin bei amerikanischen und franzoumlsischen Arbeitern Jenkins 1970 7 erwaumlhnt das Zuruumlckgehen der Oberbegriffs- und der Synonym-Assoziationen in der Geschichte amerikanischer Assoziationstests - Angesichts des vorliegenden Materials ist mir unklar worauf Clark (1970 279) die Ansicht stuumltzt laquoFast-Synonymeraquo wie house - home odour - smell seem - appear thing - object sowie Ober- und Unterbegriffe kaumlmen bei den Wortassoziationen oft vor

41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems

In unserem paradigmatischen Orientierungssystem scheint es zwei Bereiche zu geben die flieszligend ineinander uumlbergehen und miteinander kombiniert sein koumlnnen ei-nen Bereich mit Similaritaumlt-Kontrast- und einen Bereich mit Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-(Distanz-)Struktur Im einen Bereich wird Information aumlhnlich wie im Fall des bdquoGesetzes der Gleichfoumlrmigkeit (und des Kontrastes) vor dem Hintergrund der Similaritaumlt domi-nant eingeordnet im Hinblick auf das Entgegengesetzte im anderen im Hinblick auf den Nachbarn im selben Erfahrungsbereich ndash was dem gestaltpsychologischen bdquoGesetz der Naumlhe entsprechen wuumlrde

[p 28] Das erste System strukturiert durch seine Reduktion auf in der Regel zwei Alternativen (mit falls ein tertium zugelassen ist Zwischenmoumlglichkeiten) unsere Erfah-rung in auszligerordentlich starkem Maszlig Hier bestehen zugleich die groumlszligten auszligereinzel-sprachlichen Uumlbereinstimmungen ndash und zwar deswegen weil bestimmte Strukturie-rungs-Dimensionen ethologisch gesehen nichts anderes darstellen als Verbalisierungen jener Interpretation der Natur der Umwelt und ihrer Gesetzlichkeiten die unser Organismus im Lauf seiner entwicklungsgeschichtlichen Adaptation vorgenommen hat Orientierung im Raum in der Zeit Orientierung durch Houmlren Sehen Riechen Schme-cken Fuumlhlen und Tasten Eine Reihe solcher Strukturierungs-Dimensionen (die generell Coserius und Pottiers Klassemen Greimas Kontextsemen oder Luumldis Kongruenzsemen gleichen)41 sind sogar grammatikalisiert also zu grammatischen Ordnungsdimensionen geworden (wobei die Einzelsprachen das Angebot natuumlrlich in jeweils verschiedener Weise wahrnehmen) Es geht ua pythagoreisch ausgedruumlckt um die Unterscheidung zwischen dem Einen und dem Vielen um die zwischen maumlnnlich und weiblich (die im grammatischen Bereich freilich neutralisiert werden kann) zwischen tot und lebendig (wofuumlr die Grammatiker unbelebtbelebt vorziehen) zwischen menschlich und nicht-menschlich geben (bdquoAllativ bdquoDativ) und nehmen (bdquoAblativ) zwischen ich und du ja und nein (vierte Art des Entgegengesetzten im aristotelischen Sinn) hier und dort jetzt und nicht-jetzt42

Besonders augenfaumlllig sind solche Klasseme und ihre Reduktionsleistung in den sogenannten Klassifikator-Sprachen ndash dort hat jedes Nomen ein Element bei sich das das Bezeichnete einer bestimmten Klasse von Denotaten zuweist etwa zur Klasse Tier oder Mensch zur Klasse der horizontalen oder vertikalen Objekte ndash wobei was nicht unerwartet ist als generellstes und haumlufigstes Klassifikationskriterium die Opposition zwischen belebt und unbelebt verwendet wird (vgl Serzisko 1980)

Unser so vorstrukturiertes Wahrnehmen und Denken erkennt umgekehrt in der Umwelt wieder Prinzipien wie die eingangs genannten Gegensatzpaare des fruumlhgriechi-schen Denkens ndash wobei inzwischen klar sein duumlrfte dass es sich um alles andere als um bdquoarchaisches oder bdquoprimitives Denken handelt Bemerkenswert an den Wort-Assozia-tionen ist ja ua dass man sie nicht dadurch erhaumllt dass man im Sinn des dritten noogenetischen Prinzips von Spearman den Ausgangspunkt und die gewuumlnschte Rela-tion vorgibt um zu einem Ergebnis zu kommen es genuumlgt die Angabe des Ausgangspunkts Wahrnehmen Erkennen Verstehen bedeuten naumlmlich stets Einordnen Relationen herstellen ndash gleichguumlltig ob es um [p 29] die optische Wahrnehmung geht an der einige (vermutlich verwandte) Gestaltgesetze erlaumlutert wurden oder aber um das Einordnen sprachlicher Information So ist es ganz selbstverstaumlndlich dass die gege-

41 Vgl Coseriu 1972 52 LorenzWotjak 1977 235 mit Anm 10342 Vgl zur binaumlren Opposition als einer Extremform des grammatischen Paradigmas auch Weinrich 1967 1975

bene Information erst im Hinausgehen uumlber das Gegebene erfasst wird - ein Hinausge-hen das die Psychologen bekanntlich auch Denken nennen Im sprachlichen Erfassen ist so auch das Denken oder laquouumlber das Gegebene Hinausgehenraquo angelegt Das Denk-schema von These Antithese und Synthese spiegelt zB das Dreiecks-Modul des Similaritaumlt-Kontrast-Systems wider Mann und Frau sind in Mensch aufgehoben43

Waumlhrend im Bereich des Similaritaumlt-Kontrast-Systems nicht nur im Prinzip son-dern zT auch materiell gewisse auszligereinzelsprachliche Uumlbereinstimmungen vorhanden sind gibt es im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System natuumlrlich entsprechend dem Erfahrungs- und Lebensbereich kulturelle und soziale Unterschiede Entscheidend ist jedoch auch hier dass Einordnen nicht nur bedeutet in Relation Setzen zu diese Relationen sind ebenso wie die Kontrast-Relation im anderen System wiederum ganz spezifische ihrer-seits in aller Regel uumlberindividuelle Denk-Relationen TeilGanzes Kausalitaumlt Finalitaumlt Zeitrelation Invariant oder auszligereinzelsprachlich sind also die Relationen nicht notwendigerweise dagegen die Terme die durch solche Relationen verbunden sind

42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semanti-schen Orientierungssystems

Nach den vorgefuumlhrten Analysen gibt es drei Strategien zur Wahrnehmung und Einordnung semantischer Information eine dominant syntagmatische und die beiden eben erwaumlhnten paradigmatischen Dabei entspricht die syntagmatische Strategie dem was Hansjakob Seiler im Bereich der bdquosprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden mit Piaget zunaumlchst als Einordnen dann als Individualisierung bezeichnet hat insbeson-dere das paradigmatische Similaritaumlt-Kontrast-System entspricht dagegen dem Seiler-schen Klassifizieren bzw Generalisieren als der anderen polaren Instanz im Bereich der sprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden (Seiler 1981) Die Charakteristika aller drei Orientierungs- und [p 30] Einordnungssysteme sind in der folgenden Uumlbersicht nochmals zusammengestellt

I II IIISyntagmatisches Konti-guitaumlts-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontrast-System

Dominante Strategie Einordnen in ein groumlszlige-res Syntagma (dh in ein komplexeres Zei-chen)

Zuordnung eines Part-ners aus demselben Er-fahrungsbereich (uumlber spezifische Relationen)

Zuordnung eines Anto-nyms (uumlber die Gegen-satz-Relation)

Wortklasse in aller Regel verschie-den

in der Regel gleich gleich

Kontiguitaumlt vs Distanz ja ja

43 Es ist gewiss nicht erstaunlich dass wie Coseriu (1977a) gezeigt hat gerade Hegel in seiner Humboldt-Rezension als Vergleichsgrundlage fuumlr alle Sprachen die Unterscheidung von Gattungen und Arten bzw von laquoAllgemeinheiten und Bestimmtheitenraquo ansieht ndash mit anderen Worten also das DreiecksModul in sei-ner Similaritaumlt-Kontrast-Auspraumlgung ndash Die Bolle des Kontrasts (als drittes Moment neben Similaritaumlt und Kontiguitaumlt) hat aus der phaumlnomenologischen Tradition heraus sehr schoumln und einleuchtend Elmar Holen-stein dargestellt und gerade auch fuumlr die sprachliche Seite als grundlegend bezeichnet laquoDamit uumlberhaupt eine Auswahl (gemeint ist auf der paradigmatischen Achse der Selektion) getroffen werden kann muss sich etwas von etwas abhebenraquo (1976 86) Bruners going beyond the information given kann also zT auch im phaumlnomenologischen Sinn interpretiert werden

Similaritaumlt vs Kontrast ja ja

Fuumlr alle Woumlrter moumlg-lich

ja groszliger Bereich kleiner Bereich (bdquosemantische Struktur-woumlrterldquo)

Die spezifischen Relationen im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System entsprechen dabei in etwa Piagets laquoinfralogischenraquo Relationen oder Spearmans (1923 67-71) laquorealraquo relati-ons die Relationen des Similaritaumlt-Kontrast-Systems entsprechen dagegen Piagets laquologi-schenraquo und in etwa wohl Spearmans (71-74) laquoidealraquo relations Fuumlr die veschiedentlich erwaumlhnte nicht scharfe Trennung der Bereiche II und III duumlrften ua die Teil-Ganzes-Relationen verantwortlich sein die sowohl im laquologischenraquo (Inklusion) als auch im laquoinfralogischenraquo Bereich vorkommen Waumlhrend die Relationen des Similaritaumlt-Kontigui-taumlt-Systems dominant gerichtete Relationen sind ist die Gegensatz-Relation des Similaritaumlt-Kontrast-Systems grundsaumltzlich zweiseitig Abweichungen ergeben sich insbesondere durch Polysemie (vgl o S 12)

Ontogenetisch gesehen werden nun die paradigmatischen Systeme II und III uumlber das syntagmatische System I aufgebaut Dabei nimmt das System II wie aus seinen Merkmalen ersichtlich ist eine Mittelstellung zwischen den Systemen I und III ein - im Sinn der Konzeption Seilers stellt es also gewissermaszligen den bdquoWendepunkt zwischen den beiden Polen der Dimension sprachliche Erfassung von Gegenstaumlnden dar Auch der flieszligende Uumlbergang zwischen den drei Systemen erhellt aus dem Schema die Grenz-faumllle liegen interessanterweise nicht zwischen I und III sondern zwischen den Systemen III (zB Coserius laquolexikalische Solidaritaumltenraquo) und zwischen den Systemen IIIII Es ist somit plausibel dass [p 31] in der Ontogenese die Systeme in der Reihenfolge I-II-III aufgebaut werden Das System III nimmt dabei insofern eine Sonderstellung ein als es wie die letzte Zeile des Schemas nochmals ausweist direkt nur auf einen kleinen aber wichtigen Ausschnitt des Wortschatzes anwendbar ist

Was den Abbau der Sprache bei pathologischer (oder altersbedingter) Beeintraumlchtigung des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems betrifft so ist den vorliegenden Beobachtungen nach die Reihenfolge wohl umgekehrt Das System III wird vor dem System II beeintraumlchtigt Dies entspraumlche der Erkenntnis Jakobsons dass man zuerst verliert was man zuletzt erworben hat44 Was schlieszliglich diachronische Transformationen speziell den Bedeutungswandel betrifft so ist die Affinitaumlt zu Uumlberlegungen sehr wichtig die in Teilbereichen schon Wilhelm Wundt (o S 7) und dann vor allem Stephen Ullman angestellt hat Ullman resuumlmiert ja die Arbeit seines Lands-manns Zoltan Gombocz (Jelentestan Pecs [Fuumlnfkirchen] 1926) und den ihm zu Grunde liegenden Aufsatz von Leacuteonce Roudet (1921) mit folgenden Worten

laquoAn associative network of names clusters around each name some of these associations are rooted in similarity others in contiguityraquo (1967 79)

Dem entspricht dann seine Klassifizierung des Bedeutungswandels (1967 220ff) Uumlbertragung von signantia aufgrund von Similaritaumlt bzw Kontiguitaumlt zwischen den sig-nata bzw umgekehrt Uumlbertragung von signata aufgrund der SimilaritaumltKontiguitaumlt zwi-schen den signantia Zu praumlzisieren waumlre dass es sich nicht um Similaritaumlt oder Kontiguitaumlt handelt sondern um Transfer im Rahmen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- oder 44 Die Arbeit von Stachowiak uumlber die Semantische Struktur des subjektiven Lexikons (1979) bestaumltigt diese Hypothese was dort vorgefuumlhrt wird laumlsst sich mE alles in dem Sinn interpretieren dass bei aphasischem Abbau der Sprache vor allem das System III beeintraumlchtigt wird Nach dem was oben (S 18f) uumlber die Komplexitaumlt von Benennungs- und Assoziations-Aufgaben gesagt wurde unterstreicht dies im Grund auch die These Jakobsons dass es sich im wesentlichen um eine Stoumlrung handelt bei der die metasprachliche Punktion der Sprache beeintraumlchtigt ist

des Similaritaumlt-Kontrast-Systems die Rolle des Kontrasts ist wie schon Wundt sah in der Tat nicht unwichtig45 [p 32]43 Wortfeld-Probleme

Die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen werfen auch ein Licht auf manche Probleme der Wortfeldforschung Zunaumlchst erklaumlren sowohl die Wortassoziationen als auch die Sprechfehler das eher selten reflektierte Phaumlnomen dass die bisher vorgestellten Wortfelder alle aus Elementen derselben Wortart bestehen46 Weiterhin muumlsste man ge-maumlszlig den beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssystemen wohl auch zwischen zwei Grundarten von Wortfeldern unterscheiden zwischen solchen des Similaritaumlt-Kontrast-Typs und solchen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- [p 33] Systems (etwa Wortfeld desWohnens der Werkzeuge der Landschaft)47 In der Form wie sie durch die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen nahegelegt werden vermitteln dabei die Wortfel-

45 Was die Unterscheidung der beiden paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssysteme angeht so fuumlhle ich mich nicht nur in der guten Gesellschaft Ullmans sondern auch in der einer Reihe von Psychologen Sprachpsychologen und Aphasieforschern Jean Piaget und Baumlrbel Inhelder unterscheiden bei der Ordnungsleistung von Kindern zwischen dem Ordnen nach dem Prinzip der Aumlhnlichkeit und nach demjenigen der Konvenienz und etwa analog dazu zwischen den schon erwaumlhnten laquologischenraquo Relatio -nen (Klassifizierung) und den laquoinfralogischenraquo (PiagetInhelder 19731 38ff) Elisabeth Wiig und Diana Globus haben 1971 in einem kontrollierten Assoziationsversuch mit 7 Aphasikern und 7 gesunden Kon -trollpersonen explizit mit Piagets logischen und infralogischen Relationen gearbeitet Das Ergebnis kann nicht nur dahingehend interpretiert werden dass es entsprechend zu diesen Relationen zwei verschie -dene Orientierungs- und Einordnungssysteme gibt sondern auch dahingehend dass das klassifikatorische System (Similaritaumlt-Kontrast-System) sowohl bei Gesunden als auch bei Aphasikern im Verfahren der kontrollierten Assoziation (gegeben ist ein Ausgangsbegriff und die Relation gesucht wird ein Zielwort) nur dann gute Ergebnisse erbringt wenn die Merkmalunterschiede gering sind - und am geringsten sind sie natuumlrlich bei binaumlren Oppositionen also etwa bei Antonymie Sobald die Merkmalsunterschiede groumlszliger werden etwa beim Ausgangsbegriff Kind und dem gesuchten Begriff Eltern sind die Suchergebnisse bei Aphasikern und Gesunden gleichermaszligen schlecht Dagegen funktioniert das infralogische System sowohl bei hoher als auch bei geringer Kontiguitaumlt der Begriffe bei den unter-suchten Aphasikern und den gesunden Kontrollpersonen recht gut (laquoWas ist der Zweck von Heizung - Ergebnis Waumlrme oaraquo) ndash Was die beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssysteme an-langt stehe ich auch weitgehend in Einklang mit James Deese Deese zieht nach einer essentiell faktoranalytischen Untersuchung von Assoziationsverhalten ua folgende Konsequenz (1965 164) laquoThe data on associative distribution suggest that the two fundamental operations we have for sorting out meaningful ndashthat is logical and syntactical relations among wordsndash are contrast and groupingraquo Deese sieht freilich ua nicht die Einordnung in ein Syntagma als dritte Strategie und anhand einer sprachpsychologischen Darstellung des Assoziationsverhaltens wie sie etwa von Houmlrmann (1967 115-156) gegeben wird vermisst man generell den Ansatz Assoziationen als Reflex von Strategien zum Erfas-sen von Bedeutung anzusehen so erscheinen dann viele Beobachtungen die anhand des obigen Schemas sinnvoll integriert werden koumlnnen eher als membra disiecta ndash Ich nenne schlieszliglich noch die Arbeit von Huber et al 1975 und die schon erwaumlhnte Dissertation von Stachowiak (1979) In der Arbeit von 1975 wird ndashbei einer Beschreibung jenes Aphasie-Typs der nach Carl Wernicke benannt istndash unterschieden zwischen zwei Orientierungsprinzipien im Lexikon einem laquosemantisch-klassifikatorischenraquo und einem laquosituativ-referentiellenraquo (1975 88 vgl Stachowiak 1979 58f) Ich bin freilich nicht einverstanden mit der These Stachowiaks es handle sich dabei einerseits um einen laquoinnersprachlichenraquo andererseits um ei-nen laquoenzyklopaumldischenraquo Bereich Wesentlich ist was nochmals betont sein soll fuumlr beide Bereiche als invariantes Prinzip dasjenige der Relation dabei sind die Relationen im einen Fall gewiss klassifikatorisch im anderen laquoinfralogischraquo beide Arten von Relationen sind jedoch gleichermaszligen uumlberindividuell und sie werden gleichermaszligen erlernt46 Geckeler sieht (1971 218) die Wortart-Gleichheit als die gewissermaszligen selbstverstaumlndliche Folge ei -ner paradigmatischen Perspektive an (was einer engen Konzeption von Paradigma entspricht) vgl u S 3547 Wenn ich recht sehe korrespondieren die beiden Grundarten mit einer Unterscheidung die Coseriu (1976 47f) innerhalb eines seiner fuumlnf Kriterien zur Klassifizierung von Wortfeldern macht naumlmlich der Unterscheidung zwischen laquorelationellenraquo und laquosubstantivenraquo Oppositionen bzw Feldern Im Rahmen der hier vorgetragenen Konzeption wird diese Unterscheidung zu einer zentralen Groumlszlige

der des Similaritaumlt-Kontrast-Typs gewissermaszligen zwischen zwei extremen Konzeptio-nen von Wortfeld zwischen der von Andre Jolles und der von Jost Trier Jolles (der des-halb von Trier und anderen gescholten wurde) wollte nur Minimalformen mit jeweils zwei (antonymen) Gliedern als laquoBedeutungsfelderraquo gelten lassen Felder die in dieser Form natuumlrlich fest umgrenzt waumlren (Jolles 1934) Fuumlr Trier galt dagegen das Prinzip der Wert jedes Worts ergebe sich aus dem Feldwert also aus der Position in einem semantischen Feld Das Wort bedeute laquonur in diesem Ganzen und kraft dieses Ganzenraquo Die vermittelnde Position ist die in einem zentralen Antonymenpaar den festen Kern zu sehen um den sich ein ganzes Feld verwandter Termini schart wobei im Normalfall die Grenze des Feldes verschwimmt Das Feld waumlre also nur von seinem zentralen Kern aus als solches zu greifen Geckelers Doppel-Wortfeld zwischen altrsquo und seinen beiden Antonymen jung und neursquo scheint mir de facto im Sinn einer solchen Konzeption interpretierbar zu sein

Die Wortfelder des Similaritaumlt-Kontrast-Typs lassen sich nun wie schon er-waumlhnt in einleuchtender Weise mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Spaumltestens bei dem Versuch Wortfelder des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs merkmalsemantisch zu rekonstruieren treten jedoch betraumlchtliche Schwierigkeiten auf Ein Verfahren auch solche Bereiche bdquodurchsichtig zu machen besteht nun darin dass man an die Spitze eines Feldes neben den eventuell vorhandenen Oberbegriff noch eine der spezifischen Auspraumlgungen der Kontiguitaumlts-Relation stellt (wodurch dann das was die Basiskante BC des Moduls von S 21 ausmacht als Seitenkante bzw Suchbegriff verwendet wird) Pottiers Wortfeld der Sitzmoumlbel im Franzoumlsischen hat als konstituierende Merkmale ne-ben dem Oberbegriff Artefakt eine solche spezifische Auspraumlgung naumlmlich das finale zum Sitzen Die Similaritaumlt die durch diese beiden Merkmale geschaffen wird stellt einerseits das Auswahlkriterium dar nach dem das Feld begrenzt andererseits den Hintergrund an Similaritaumlt vor dem es analysiert werden kann Ein Bereich wie Werk-zeug laumlsst sich um ein weiteres Beispiel zu geben nur schwer merkmalsemantisch beschreiben weil man Begriffe wie Stechbeitel Loumltkolben Nietzange und Maumlhdre-scher zu beruumlcksichtigen haumltte Fuumlgt man jedoch zu Werkzeug die finale Relation zum Bearbeiten von (beispielsweise von Holz) so entsteht ein uumlberschaubares und strukturierbares Feld [p 34]

Dabei zeigt sich nicht nur dass solche Wortfelder in gewissem Maszlig beliebig (re)konstruierbar sind - man kann etwa Katze mit gleichem Recht einmal zu den Haus-tieren ein andermal zu den fleischfressenden Saumlugetieren rechnen Es zeigt sich gleichzeitig dass eine solche Rekonstruktion genau nach dem dritten noogenetischen Prinzip von Spearman verlaumluft Zu einem Ausgangsbegriff (Werkzeug) und einer Rela-tion (zum Bearbeiten von Holz) werden Entsprechungen gesucht und gebildet Unter dem Blickwinkel dieses noogenetischen Prinzips sind Wortfelder nun nicht nur beschreibbar als Ergebnisse eines Verfahrens der kontrollierten Assoziation die beiden angedeuteten Grundtypen von Wortfeldern beruhen dann sogar beide auf demselben Grundprinzip Gegeben ist der Ausgangsbegriff und eine Relation ndash eine Relation die im Fall des Similaritaumlt-Kontrast-Typs die Gegensatzrelation ist im Fall des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs eine finale kausale temporale lokale TeilGanzes-Relation etc Dass solche Konstruktionen oder Rekonstruktionen48 also die Wortfelder der Linguisten keinesfalls - um mit Gauger (zB 1976) zu sprechen - laquobewusstseinsfremdraquo sind zeigt gerade das Verfahren der freien Assoziation dessen Interpretation Ausgangspunkt die-ser Uumlberlegungen war

Dies hat auch Auswirkungen auf das von Saussure aufgeworfene Negativitaumltsproblem Gewiss bedeutet Vater nicht nur Nicht-Mutter sondern auch

48 Von der Konstruktion von Wortfeldern spricht auch Coseriu (zB 1970 113)

Nicht-Sohn Nicht-Barock Nicht-Jahrhundert Bei einer solchen Betrachtung wird je-doch eine bestimmte Art des Gegensatzes die parmenideische Relation des bdquoIst nicht verabsolutiert Sie spielt gewiss eine wichtige Rolle in der Sprache sowohl in der Semantik als auch im Bereich der geschlossenen grammatischen Paradigmen Man sollte jedoch (trotz des Umstands dass die Kontrast-Relation und mit ihr die Relation des oppositiven bdquoIst nicht gerne als laquologischraquo die Relationen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Systems dagegen als laquoinfralogischraquo bezeichnet werden) nicht vergessen dass beide Ar-ten von Relationen unabdingbare Konstanten unseres Wahrnehmens Erfassens und Denkens darstellen und dass eine Semantik die nicht bewusstseinsfremd sein will dementsprechend nicht nur die im Motto auf S 27 angegebenen Oppositionen sondern die ganze Skala moumlglicher Relationen mit in ihr Beschreibungsinstrumentarium aufneh-men muss

44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte

Eugenio Coseriu hat 1977 in seiner Antrittsrede an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften als eines der vier Prinzipien seines Schaffens das Stichwort Tradition und Neuerung genannt Es heiszligt dort laquodass die Geschichte unserer Wissenschaften wie uumlberhaupt die Kultur- [p 35] geschichte Fortsetzung von Traditionen und Erneuerung innerhalb von Traditionen istraquo Man sage eigentlich Neues nur wenn man an Traditionen anknuumlpfe und Traditionen fortsetze (1977 109 vgl 1979 5) Ich habe im vorliegenden Beitrag versucht in mehrfacher Weise an solche Traditionen anzuknuumlpfen ua an diejenige der Assoziationsforschung der Jahrhundertwende Dass hier uumlberhaupt von einem (Wieder-)laquoAnknuumlpfenraquo gesprochen werden muss hat seine Gruumlnde

Der Begriff Assoziation war noch Saussure so gelaumlufig dass er ihn in dem Sinn verwendete in dem heute Paradigma und paradigmatisch gebraucht werden (Saus-sure spricht nicht von paradigmatischen sondern von assoziativen Relationen) Henri Frei oder Charles Bally setzten in dieser Hinsicht nicht nur die Tradition des Meisters fort Bally kannte wie ua einschlaumlgige Stellen aus dem Traiteacute de stylistique franccedilaise von 1909 zeigen offensichtlich auch die Arbeit von Thumb und Marbe sowie den dort angesprochenen Bereich des Assoziierens insbesondere zum Gegenteil hin Seither hat jedoch in der Sprachwissenschaft ein grundlegender Paradigmawechsel stattgefunden Eine im Uumlbermaszlig psychologisierende Stroumlmung wurde wie uumlblich durch das Gegenteil abgeloumlst und seither scheinen die Sprachwissenschaftler den Begriff Assoziation als et-was eher Anruumlchiges zu meiden und allenfalls mit ganz spitzen Fingern anzufassen laquoCest pour eacuteviter le psychologisme adopteacute dans le Cours de F de Saussure que je substi-tue le terme rapport paradigmatique agrave celui de rapport associatifraquo schreibt Louis Hjelmslev der den terminologischen Wandel vollzogen hat in einer Fuszlignote des Vor-trags den er 1936 auf dem Linguisten-Kongress in Kopenhagen gehalten hat (1938140) Interessanterweise ist auch der Anti-Psychologismus wie Gauger zeigen konnte (1976 73-87) bei Saussure schon mit angelegt

Freilich motiviert sowohl die weitere Geschichte der Assoziationsforschung als auch die Auffassung der Sprechfehler diese spitzen Finger in betraumlchtlichem Maszlig beide Phaumlnomene wurden in den Bereich der Abnormalitaumlt und des Pathologischen geruumlckt Was das Versprechen angeht so ist die Ursache kein anderer als Sigmund Freud er griff aus den Sprechfehlern die Meringer und Mayer vorgefuumlhrt hatten vor allem die Gruppe des Versprechens zum Gegenteil hin heraus und interpretierte sie in dem bekannten Sinn Das Versprechen zum Gegenteil hin lege die geheimen Gedanken des Sprechers bloszlig Dies ist ganz ohne Zweifel eine Uumlberinterpretation die in manchen Faumlllen zutreffen

mag fuumlr den Durchschnittsfall jedoch keinerlei Allgemeinguumlltigkeit beanspruchen kann49 Wie nachhal- [p 36] tig die Interpretation Freuds ndashin diesem Fall leiderndash ge-wirkt hat zeigt die Verbindlichkeit jener Bezeichnung mit der man Sprechfehler heute erfasst bdquo(Freudsche) Fehlleistungen Ein in gleichem Maszlig bdquopathologischer Geruch begleitet spaumltestens seit 1910 die Versuche mit Wortassoziationen Carl Gustav Jung machte Versuche mit Assoziationen Kent und Rosanoff hatten die Absicht mit ihrer Liste von 100 Ausgangswoumlrtern und dem Durchschnitt der Assoziationen von 1000 Probanden eine Norm aufzustellen von der sich abnormale Assoziationen abheben soll-ten Die Untersuchung erschien nicht nur in der Zeitschrift American Journal of Insanity sie hieszlig auch noch A Study of Association in Insanity I Association in Normal Subjects Alle seitherigen einschlaumlgigen Assoziations-Listen werden von den Psychologen entspre-chend mit dem Etikett Norm versehen (laquoRussellJenkins-Normraquo laquoPalermoJenkins-Normraquo etc)

Die Haltung spaumlterer Sprachwissenschaftler ist also auch damit zu erklaumlren dass das Assoziieren und die Sprechfehler durch Pathologisierung ihrer ehemaligen (und angemesseneren) Unschuld verlustig gegangen waren Freilich gibt es seit einiger Zeit wieder ein neues und zunehmendes Interesse an Fragestellungen des Sich-Versprechens Assoziierens und der (wirklich zum Bereich des Pathologischen gehoumlrenden) Aphasie-Forschung50 Dass dabei in der Regel die eigentliche Tradition ausgespart wird ist weniger erfreulich Denn es geht nicht nur um eine sehr alte Tradition des Denkens es geht mit der Omnipraumlsenz bestimmter Relationen eigentlich um grundlegende Charakteristika des Sprechens und Denkens selbst

Freiburg Wolfgang Raible

[p 37] Literaturverzeichnis

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49 Vgl hier die analoge Einstufung der Freudschen Konzeption sprachlicher Fehlleistungen bei Kainz 1956 38 - Die Auseinandersetzung zwischen Freud und Meringer war zT sehr heftig Auf einer houmlheren Stufe der Eskalation zieh Meringer Freud beispielsweise der laquoStuumlmperraquo-Haftigkeit auf dem Gebiet des Beobach-tens laquoEr sieht und houmlrt naumlmlich nur das was sich eventuell zur Begruumlndung seiner phantastischen Theorien missbrauchen laumlsst Die unendlich vielen Faumllle die sich dagegen mit Haumlnden und Fuumlszligen straumlu-ben sieht er nicht (1912 55)50 Ich nenne drei Indizien fuumlr die Wiederbelebung der Tradition bzw das verstaumlrkte Interesse an den betreffenden Zusammenhaumlngen Erstens wird die Arbeit von Meringer und Mayer in einem 1973 von Victoria A Fromkin herausgegebenen Sammelband in den beiden Beitraumlgen der Herausgeberin wenigs-tens gelegentlich wenn auch zT falsch zitiert Die Arbeit von Thumb und Marbe wurde 1978 sogar neu ediert Zweitens gibt es insbesondere in den Vereinigten Staaten eine Reihe von Arbeiten zu linguistischen Aspekten der Assoziationsforschung (die wichtigste ist wohl die allerdings weitgehend psychologisch und psychometrisch orientierte von Deese 1965) die zB in den Versuch einer Synthese eingegangen sind den Herbert H Clark 1970 veroumlffentlicht hat (Die Arbeit von Clark ist freilich noch ein wenig zu stark dem Grammatikmodell der Transformationsgrammatik verhaftet) Noumlth (1975) hat den Ansatz von Clark zT weitergefuumlhrt sich zT jedoch auch in kasuistischen Uumlberlegungen gefangen Drittens ist das Wiedererwa-chen des linguistischen Interesses an der Aphasie-Forschung zu vermerken (es war zB schon bei Meringer und Mayer vorhanden) Fuumlr dieses ndashallerdings in Schuumlben auftretendendash Interesse ist nicht zuletzt auch Roman Jakobson verantwortlich

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  • Von der Allgegenwart des Gegensinns
  • (und einiger anderer Relationen)
  • Strategien zur Einordnung semantischer Information
  • Wolfgang Raible (Universitaumlt Freiburg)
  • Eugenio Coseriu zum 2771981
  • 21 Gesetzmaumlszligigkeiten des Assoziierens
  • 211 Argumentum quantitatis
  • 212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt
  • 22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens
  • 311 Syntagmatisches Assoziieren
  • 312 Paradigmatisches Assoziieren
  • 3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System
  • 3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System
  • 32 Sonderfaumllle
  • 41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems
  • 42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semantishyschen Orientierungssystems
  • ja
  • Fuumlr alle Woumlrter moumlgshylich
  • 44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte
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  • Ullmann S The Principles of Semantics OxfordGlasgow 1967
Page 3: latina.phil2.uni-freiburg.delatina.phil2.uni-freiburg.de/.../Files/Gegensinn_neu.docx  · Web viewZeitschrift für romanische Philologie Bd. 97, Heft 1/2, S. 1-40. Die Seitenangabe

Mit Platon koumlnnte man sie auch dialektische Begriffe nennen Heute sind solche Arten des Entgegengesetzten insbesondere unter dem Begriff konvers bekannt

2 Den Gegensatz (ἀντικείμενα ὡς τὰ ἐναντία) wo keine Korrelation im Sinn von 1 vorliegt Hier sind zwei Faumllle zu unterscheiden je nachdem ob eine dritte Moumlglichkeit zugelassen ist oder nicht

a) tertium non datur totlebendig bewegtruhend geradeungerade Die klassische Bezeichnung ist hier der Begriff kontradiktorisch neuere Bezeichnungen sind Komplementaritaumlt oder Komplenymieb) tertium datur Schwarzweiszlig vornehinten rechtslinks helldunkel Andere Bezeichnungen sind hier Begriffe wie kontraumlr inkompatibel Im bdquoLexikon der Metaphysik wird der Begriff des ἐναντίον dann noch weiter differenziert (A 1018a 25ff)

3 Entgegengesetztes im Sinn von VorhandenseinNicht-Vorhandensein (στέρησις ἕξις) - also etwa die Sehfaumlhigkeit gegenuumlber der Blindheit eines Auges Dabei ist explizit gesagt dass hier jeweils ein Kontext gegeben sein muss zB ein Objekt an dem sich das Vorhandensein bzw das Nicht-Vorhandensein realisieren kann - im genannten Beispiel das Auge

4 Entgegengesetztes im Bereich der Aussagen (κατάφασιςἀπόφασις) also Negation und Affirmation - er sitzter sitzt nicht etc

Als wichtigste zusaumltzliche Differenzierung kommt im A der Metaphysik (1018a21) noch der Bereich des Werdens und des Vergehens hinzu

5 Entgegengesetztes im Sinn des laquoaus was und in wasraquo (ἐξ ὧν καὶ ἐς ἃ ἔσχατα) - es geht also um den Bereich der Veraumlnderung (μεταβολή) zu dem fuumlr Aristoteles das an derselben Stelle beispielshalber angefuumlhrte Paar WerdenVergehen ebenso zaumlhlt wie die Bewegung (κίνησις) mit ihren drei Unterarten Veraumlnderung (ἀλλοίωσις) VermehrungVerminderung (αὔξησιςφθίσις) und lokale Translation (φορά)5 Sprachliche Beispiele solcher Erscheinungsformen des Entgegengesetzten waumlren also Faumllle wie entstehenvergehen kommengehen hinaufsteigenherabsteigen einschlafenaufwachen etc Eine der Erscheinungsformen dieser Art des Entgegengesetzten ist auch das was Coseriu (1972 52) als [p 4] laquoallativeraquo den laquoablativen Verbenraquo entgegenstellt (riceveredare prenderelasciare etc) Diese Art des Entgegengesetzten scheint erst in relativ jungen Abhandlungen wieder aufzutauchen als laquoinversion de Positionraquo und laquoinversion de directionraquo bei Robert Martin (1973) oder als laquodirectional oppositionraquo bei John Lyons (1977)

Abgesehen davon dass man die dritte Unterart des Entgegengesetzten unter Umstaumlnden als Sonderfall der zweiten (Variante tertium non datur) sehen koumlnnte ist diese Klassifikation durchaus befriedigend Dies zeigt sich einerseits darin dass alle unter 11 genannten Beispiele nach dieser Einteilung sinnvoll einzuordnen sind Es zeigt sich andererseits darin dass neuere Klassifikationsversuche wie sie verschiedentlich zusammengestellt oder vorgelegt wurden auf die aristotelische Einteilung abgebildet werden koumlnnen6

5 Belege bei Raible 1965 24 6 Vgl die Zusammenstellungen bei Geckeler 1971 450-465 Henrici 1975 191-203 Gsell 1979 60-73 so-wie die Einteilung bei Lyons 1977 270-290 Auffaumlllig ist dass AffirmationNegation nie beruumlcksichtigt werden obwohl es sich doch wie etwa H Weinrich ausgefuumlhrt hat um den Prototyp eines Zweierparadig-mas handelt (1975 57f) - Zur Abbildung spaumlterer Klassifizierungen des Entgegengesetzten auf die aristotelische bedarf es einer Ergaumlnzung Unter Entgegengesetztes mit zugelassenem tertium muss neben

13 Going Beyond the Information Given

Anlaumlsslich eines Symposiums hat sich der illustre Harvard-Psychologe Jerome S Bruner 1957 in bemerkenswerter Weise zu Problemen der Kognition geaumluszligert Sein Beitrag handelt von dem Phaumlnomen dass wir alle in der Lage sind einzelne Daten in einen allgemeineren Zusammenhang einzuordnen und dadurch in Relationen zu bringen die man mit Bruner - und gemaumlszlig der damals aktuellen Informationstheorie - codes mit Piaget (den Bruner zitiert) Schemata nennen kann Es geht also etwa darum dass wir in der Lage sind zwischen der gegebenen Zahlenreihe 1 4 9 16 25 und der nicht gegebenen Zahlenreihe 1 2 3 4 5 eine Relation herzustellen und dadurch die gegebene erste Zahlenreihe nicht nur leicht im Gedaumlchtnis behalten bzw aus dem Gedaumlchtnis rekonstruieren sondern auch beliebig fortsetzen dh in doppeltem Sinn uumlber die gegebene Information hinausgehen koumlnnen7

Ohne die Wichtigkeit solcher Schemata und ihrer Erkenntnis im geringsten anzweifeln zu wollen Es gibt noch elementarere Formen des Hinausgehens uumlber die gegebene Information Ein einfaches und einleuchtendes [p 5] Beispiel sind bereits einige Gesetze aus dem Bereich der Gestaltpsychologie Um diese im vorliegenden Zusammenhang nicht unwichtigen Gesetzmaumlszligigkeiten wuumlrdigen zu koumlnnen muumlssen vorab drei seit Aristoteles bekannte insbesondere durch die Phaumlnomenologie und die Gestaltpsychologie gelaumlufige Begriffe um einen weiteren ergaumlnzt und als zwei bdquoDimensionen mit jeweils zwei Extrempolen begriffen werden - es geht also wiederum um Gegensatzpaare Die bekannten Begriffe sind Similaritaumlt Kontrast Kontiguitaumlt Der zu ergaumlnzende ist derjenige der Distanz Die beiden Dimensionen sind dementsprechend

Dimension 1 Similaritaumlt - KontrastDimension 2 Kontiguitaumlt - Distanz8

Die Dimension Similaritaumlt - Kontrast scheint besonders einleuchtend und erklaumlrungsstark zu sein - sie spielt zB in den vorsokratischen Vorstellungen von der Sinneswahrnehmung die entscheidende Rolle Theophrast konnte entsprechend dann die jeweiligen von ihm referierten Positionen in ein Zweier-Raster einordnen Man erkennt Gleiches durch Gleiches sagten die einen und noch Goethe stellte fest laquoWaumlr nicht das Auge sonnenhaft die Sonne koumlnnt es nie erblickenraquo Die anderen vertraten dagegen die These man erkenne Gleiches durch Gegensaumltzliches9

Mit Hilfe dieser beiden Dimensionen und ihrer vier polaren Instanzen lassen sich nun wie mir scheint grundlegende Gestaltgesetze leicht beschreiben Das sogenannte bdquoGesetz der Naumlhe besagt dass - wenn man die Dimension 1 neutral haumllt also identische Formen waumlhlt - bei Erscheinungen die sich durch ihre unterschiedliche Entfernung voneinander auszeichnen die Kontiguitaumlt gegenuumlber der Distanz das gestaltbildende

der fuumlnften Art des Entgegengesetzten noch eine weitere von Aristoteles zwar de facto verwendete hier jedoch nicht eigens angegebene Variante untergeordnet werden in der zwischen zwei Extrempolen eine gradierbare Skala besteht Manche Autoren (Lyons Schifko) verwenden speziell fuumlr diese Art des Entgegengesetzten den Begriff Antonymie7 Bruner 1957 50 1973 erschien ein Sammelband mit Aufsaumltzen Bruners unter dem fast identischen Ti tel Beyond the Information Given in dem auch der in Rede stehende Aufsatz wieder abgedruckt ist (218-238) 8 Zur Erklaumlrung weiterer Gesetze der Gestaltpsychologie in diesem Rahmen bedarf es ua noch der Dimensionen Kontinuitaumlt - Diskontinuitaumlt und Vollstaumlndigkeit - Unvollstaumlndigkeit Auch hier entsteht bezeichnenderweise eine richtiggehende bdquoSystoichie von entgegengesetzten Begriffen9 Goethe Zahme Xenien III Theophrast De sensu 1ff

Prinzip ausmacht Sobald z B in einer Schar von Parallelen unterschiedliche Distanzen vorhanden sind gruppiert man automatisch die naumlher beieinander liegenden als zusammengehoumlrig dh als groumlszligere Einheiten ndash Das bdquoGesetz der Gleichartigkeit (und des Kontrasts) betrifft die Dimension 1 wobei diesmal durch gleiche Entfernung die Dimension 2 neutralisiert wird Erscheinungen werden einerseits nach dem Prinzip der groumlszligtmoumlglichen mutuellen Similaritaumlt gruppiert und diese Gruppen werden ihrerseits nach dem Prinzip des groumlszligtmoumlglichen Kontrasts voneinander abgehoben Man sieht dementsprechend in den beiden folgenden Beispielen je nachdem Spalten (auf der linken Seite) oder Zeilen (rechts)

a b a b a b a a a a a a a aa b a b a b a b b b b b b b a b a b a b a a a a a a a a a b a b a b a b b b b b b ba b a b a b a a a a a a a a

[p 6] Das bdquoGesetz der guten Gestalt nach dem in komplexen Figuren vorzugsweise einfachere Figuren wahrgenommen werden oder nach dem umgekehrt bis zu einem bestimmten Grade unvollstaumlndige Figuren automatisch zu vollstaumlndigen ergaumlnzt werden ndash beide Erscheinungsformen dieses letztgenannten Gesetzes die Vereinfachung und die Ergaumlnzung bestaumltigen auf ihre Weise weiterhin jenes (schon im der Η Metaphysik ndash 1041b 11 ff - nachzulesende) Grundgesetz der Gestaltpsychologie dass ein Ganzes nicht gleichgesetzt werden darf mit der Summe seiner Teile

Alle diese elementaren Gesetze zeigen nun dass wir schon bei der einfachen Wahrnehmung stets uumlber die objektiv vorhandene Information hinausgehen Auch Bruner geht bei seinen Uumlberlegungen eigentlich von elementaren Erscheinungen aus naumlmlich den drei laquonoogenetischenraquo (im Original noegenetischen) Prinzipien die Charles Spearman 1923 aufgestellt hat

laquoOne of these (principles) called () the eduction of relations holds that there is an im-mediate evocation of a sense of relation given the mental presentation of two or more things White and black evoke opposite or different The third principle the eduction of correlates states that in the presence of a thing and a relation one immediately edu-ces another thing White and opposite of evoke blackraquo (Bruner 1957 41 vgl Spear-man 1923 63 ff und 91ff)

Auch Bruner verwendet wie man sieht zur Exemplifizierung des zweiten und des dritten der noogenetischen Prinzipien Spearmans nichts anderes als die offenbar schwer zu vermeidende Relation des Kontrastes

2 Der allgegenwaumlrtige Gegensinn oder Von Assoziationen und anderen lsquoFehlleistungenrsquo

Die Systoichie der Pythagoreer die kosmogonischen und kognitiven Lehren der Vorsokratiker Platons δυάς ἀόριστος Aristoteles Konzeption des Werdens und des Vergehens desgleichen seine Klassifizierung der Sinneseindruumlcke und seine Beschaumlftigung mit den laquoKategorienraquo Grundgesetzlichkeiten der Gestaltpsychologie und die laquonoondashgenetischen Prinzipienraquo Spearmans in der erwaumlhnten Form Alle diese Faumllle weisen bei selbstverstaumlndlichen Unterschieden im Einzelnen eine Gemeinsamkeit auf sie sind allesamt Instanzen oder Auspraumlgungen dessen was man mit Goethe (also nicht

mit Abel) den Gegensinn10 nennen koumlnnte sie verkoumlrpern das Prinzip des Kontrasts - oder sie setzen es sogar voraus

Auch in der Sprache scheint es Aumlhnliches zu geben Saussure hat wie man weiszlig zwischen syntagmatischen und ndashder Sache nachndash paradigma [p 7] tischen Relationen in der Sprache unterschieden und er hat nicht zuletzt im Hinblick auf die paradigmatischen Relationen gesagt in der Sprache sei alles negativ Ein Zeichen wie Vater waumlre um ein Beispiel von Harald Weinrich (1975 40) aufzugreifen gleichbedeutend mit einer sehr langen Kette negativer Terme Vater ist Nicht-Mutter NichtSohn Nicht-Bruder Nicht-Haus Nicht-Barock Nicht-Vergessen etc Freilich Stuumlnde - aufgrund der Verabsolutierung einer bestimmten Art von Relation - jedes Zeichen prinzipiell in Opposition zu jedem anderen so waumlren die paradigmatischen Relationen notgedrungen ungeheuer zahlreich also aumluszligerst komplex unuumlberschaubar und ungeordnet Im Folgenden soll gezeigt werden dass solche Relationen weder unbegrenzt noch unspezifisch noch ungeordnet sind sie sind fuumlr jedes Zeichen prinzipiell uumlberschaubar sie sind spezifisch und in hohem Maszlige voraussagbar Es wird sich erweisen dass bei der Erfassung dieser spezifischen Relationen die in 13 genannten Dimensionen also SimilaritaumltKontrast und KontiguitaumltDistanz eine entscheidende Rolle spielen

Die interessierte Fachwelt weiszlig spaumltestens seit der Jahrhundertwende dass nicht nur die Similaritaumlt sondern auch der Kontrast in Form des Gegensinns also in der ganzen Breite die der Begriff entgegengesetzt bei Aristoteles hat eine aumluszligerst wichtige Rolle in der Sprache spielt Nicht nur dies Auch gewichtige Indizien dafuumlr warum es sich so verhaumllt liegen seit jener Zeit eigentlich auf der Hand Ich denke dabei an zwei wissenschaftliche Pionierarbeiten Die eine wurde 1895 von Rudolf Meringer ao Professor fuumlr indogermanische Sprachwissenschaft an der Universitaumlt Wien und Karl Mayer ao Professor fuumlr Psychiatrie und Nervenpathologie an der Universitaumlt Innsbruck vorgelegt Versprechen und Verlesen Eine psychologisch-linguistische Studie Auch die andere ging aus der Zusammenarbeit zwischen einem Sprach- und einem Seelenwissenschaftler hervor Es sind die Experimentellen Untersuchungen uumlber die psychologischen Grundlagen der sprachlichen Analogiebildung (1901) von Albert Thumb damals Privatdozent fuumlr Indogermanistik in Freiburg und Karl Marbe Professor fuumlr Psychologie in Wuumlrzburg Ausgangspunkt beider Arbeiten war die Frage nach den Ursachen des Sprachwandels Waumlhrend im Hintergrund der Arbeit von Meringer und Mayer eine Hypothese von Hermann Paul steht (Sprachwandel durch Versprechen) geht es Thumb und Marbe insbesondere um eine Art der Analogiebildung die Wilhelm Wundt in seiner Voumllkerpsychologie als Angleichung nach logischen Beziehungen der Begriffe benannt hatte

ndash laquoAngleichung an Woumlrter von verwandter Bedeutungraquo dh laquodurch Aumlhnlichkeitraquo und

ndash laquoAngleichung an Woumlrter von gegensaumltzlicher Bedeutungraquo dh laquodurch Kontrastraquo (Thumb-Marbe 1901 4f)

10 Dies bedeutet dass Gegensinn nicht in der engeren Bedeutung verstanden wird die etwa Wolfgang Meid (1976) dem Begriff gibt Gegensinn wuumlrde danach ein Wort verkoumlrpern das sich selbst und zugleich sein Gegenteil bezeichnet (also etwa lernen fuumlr lehren und lernen) Meid steht damit natuumlrlich in der Tradition von Carl Abel (1884)

[p 8] Insbesondere die ndashsei es formale sei es inhaltlichendash Angleichung durch Kontrast war seither mitunter Gegenstand von Untersuchungen wobei man sich freilich weder auf Wundt noch auf Thumb und Marbe bezog11

21 Gesetzmaumlszligigkeiten des Assoziierens

laquoAssociations are structuralraquo (Deese 1965 160)

Obwohl Thumb und Marbe mit dem zeituumlblich geringen (also in der heutigen Experimentalpsychologie wohl kaum noch denkbaren) methodischen Aufwand gearbeitet haben sind ihre Ergebnisse bahnbrechend Trotz einiger Vorlaumlufer stellt die Arbeit nicht zuletzt wohl auch dank ihrer Interdisziplinaritaumlt den eigentlichen Beginn der sprachpsychologischen Assoziationsforschung dar12 Das Werk steht also am Anfang einer Fuumllle von Untersuchungen die dann zumeist von Psychologen durchgefuumlhrt wurden (und deren Ertrag verglichen mit dem der Arbeit von Thumb und Marbe zumeist in umgekehrtem Verhaumlltnis zum methodischen und praktischen Aufwand steht)

Das Verfahren von Thumb und Marbe war einfach Eine Reihe von acht Probanden musste auf zugerufene Woumlrter ihre Wort-Assoziationen nennen Die Zeit zwischen dem Zurufen und der Antwort wurde dabei gemessen Da keine Vorgaben gemacht wurden (wie sie etwa bei Spearmans drittem laquonoogenetischem Prinzipraquo gegeben waren dh man gibt weiszlig und die Relation Gegensatz zu an um schwarz zu erhalten) liegt nicht das Verfahren einer kontrollierten sondern das der sogenannten laquofreien Assoziationraquo vor

Es ist nun zweifellos richtig dass die Zahl und die Art moumlglicher Assoziationen individuell verschieden und damit potentiell unendlich ist Darauf hat auch Eugenio Co-seriu hingewiesen (zB 1966 185f) Ich betone das potentiell ndash denn in Wirklichkeit sind die Verhaumlltnisse anders Die Reaktionswoumlrter sind meist hochgradig voraussagbar Mit anderen Worten Es muss Beziehungen zwischen Ausgangs- und Reaktionswort ge-ben die gerade gegen Individualitaumlt und Beliebigkeit im Bereich des Assoziierens sprechen Die Indizien fuumlr diese Beziehungen sind quantitativer und qualitativer Natur

[p 9] Ich schicke der Behandlung dieser Indizien voraus dass ich mich neben den ersten Erkenntnissen von Thumb und Marbe vor allem auf die Interpretation von Material stuumltze das unter nordamerikanischer Federfuumlhrung erstellt und zusammengetragen wurde Ausgangspunkt ist eine Liste von 100 Woumlrtern die 1910 von G HKent und A JRosanoff aufgestellt und mit 1000 Probanden getestet worden war Mit dieser Wortliste und ihrer Uumlbersetzung wurden dann auch spaumlter eine groumlszligere Zahl von Assoziationstests durchgefuumlhrt und publiziert Das vor allem auf der Liste von Kent und Rosanoff basierende Material ist bequem zugaumlnglich in dem Sammelband von PostmanKeppel 1970 Die um 100 Woumlrter erweiterte Liste von D S Palermo und J J Jenkins sowie das sich daraus ergebende Material sind zugaumlnglich seit 196413

11 Leo Spitzer (1921) hat das Problem der Angleichung der Gegensaumltze im Bereich der Morphologie behan-delt speziell im Bereich der Genus-Opposition und der Opposition augmentativdiminutiv also im Bereich von Groszlig und Klein Yakov Malkiel (1951) ging der formalen Angleichung von Gegensatzpaaren (Typ dextersenexter) nach Eacutemile Benveniste hat sich im selben Jahr unter etwas anderem Vorzeichen und zwar eher im Abelschen oder Meidschen Sinn von Gegensinn mit dem Bedeutungsaustausch zwi-schen den Bezeichnungen fuumlr geben und nehmen im indoeuropaumlischen Bereich befasst Oswald Panagl (1978) hat in diesem Bereich Parallelen zwischen Spracherwerb Sprachabbau und Sprachgeschichte konstatiert12 Esper 1973 60 spricht von einem Meilenstein in der Geschichte der sprachlichen Analogieforschung vgl aumlhnlich auch Houmlrmann 1967 119

211 Argumentum quantitatis

Ich spreche zunaumlchst drei quantitative Indizien an die gegen die Beliebigkeit von Assoziationen sprechen Erstes Indiz ist das Verhaumlltnis zwischen der Zahl der Probanden und der Zahl der assoziierten Reaktionswoumlrter Waumlren Assoziationen voumlllig individuell so koumlnnte man auf das gleiche Ausgangswort bei 1000 Probanden im Extremfall 1000 verschiedene Reaktionen erwarten Die wirklichen Verhaumlltnisse sind anders Bei einem Versuch mit 1000 Probanden und den 100 Ausgangswoumlrtern von KentRosanoff ergaben sich im Fall des Ausgangsworts mit der kleinsten bdquoStreuung (dark) 41 verschiedene Assoziationen im Fall des Ausgangsworts mit der groumlszligten Streuung (trouble) 260 Der Durchschnitt den ich errechnet habe liegt bei knapp 105 verschiedenen Nennungen14 Es ist aber nicht nur so dass bei 1000 Probanden keine 1000 sondern durchschnittlich nur 105 verschiedene Reaktionen vorliegen Es ist auch keinesfalls so dass die Zahl der verschiedenen Reaktionswoumlrter proportional zur Zahl der Probanden ansteigt Ich waumlhle als Beispiel ein Ausgangslexem das wegen analoger semantischer Lagerung auch durch verschiedene Sprachen hindurch in etwa verglichen werden kann das Wort Hand und seine Aumlquivalente in anderen Sprachen bei 288 franzoumlsischen Probanden ergaben sich hier 77 verschiedene Assoziationen bei 331 deutschen 104 bei 400 Englaumlndern 72 bei 998 Amerikanern 99 [p 10]

Noch aufschlussreicher ist das zweite Indiz Die Haumlufigkeit mit der beispielsweise 1000 Probanden die durchschnittlich 105 Reaktionswoumlrter nennen entspricht naumlmlich allem anderen als einer Zufallsverteilung Von 1008 Probanden reagieren etwa auf das Ausgangswort slow 752 (also 75) mit demselben Wort Auf diejenigen Woumlrter welche die folgenden Raumlnge 2 3 und 4 einnehmen entfallen jeweils noch etwa 2 der Nennungen auf die Woumlrter der Raumlnge 5 bis 13 noch etwa 1 auf die Raumlnge 36 bis 94 (94 ist in diesem Fall die obere Zahl) entfallen jeweils noch genau 01 dh die Woumlrter wurden jeweils noch von einem Probanden genannt Ordnet man derartige Werte in ein Koordinatensystem ein in dem auf der Abszisse die Raumlnge der assoziierten Woumlrter auf der Ordinate die mit dem jeweiligen Rang gegebene Frequenz eingetragen wird so erhaumllt man das typische Bild einer Hyperbel hohe Frequenz fuumlr die ersten zwei drei Raumlnge ganz niedrige Frequenzen fuumlr den Rest Es ergibt sich also was die ersten Raumlnge betrifft generell das Bild einer eindrucksvollen Uumlbereinstimmung Aktualitaumlt und Individualitaumlt gehen immer erst unter bdquoferner liefen dh auf den niedrigeren oder den niedrigsten Raumlngen durchs Ziel15

Von groumlszligtem Interesse ist als Abschluss der quantitativen Indizien das Verhaumlltnis von Frequenz und Reaktionszeit hier gilt Je haumlufiger ein Wort als Reaktion genannt 13 Das amerikanische Material liefert in dem Sammelband von PostmanKeppel James J Jenkins 1970 das englischaustralische stammt von Kenneth M Miller 1970 das deutsche von Wallace A Russell 1970 das franzoumlsische von Mark R Rosenzweig 1970 Obwohl alle diese Materialien im Gegensatz zu Thumb und Marbe in schriftlichen Tests gewonnen wurden (weshalb zB die Kontrolle der Reaktionszeit nicht moumlg-lich war) koumlnnen die Daten schon wegen ihrer breiten Basis an Probanden zur Unterstuumltzung und Ergaumln-zung der Ergebnisse von Thumb und Marbe herangezogen werden14 Dabei stellt die Zahl 260 einen Sonderfall dar Die Reihenfolge nach unten lautet 260 174 168 158 157 Die entsprechenden Zahlen fuumlr den Pol der kleinsten Streuung 41 51 57 62 64 6615 Ein Beispiel fuumlr die Aktualitaumlt sowie die Individualitaumlt von Assoziationen Die franzoumlsischen Tests wur-den Mitte der fuumlnfziger Jahre durchgefuumlhrt also zu einer Zeit zu der ein Film mit dem Titel Bitterer Reis von sich reden machte Im franzoumlsischen Test assoziierten dann immerhin noch 3 der Probanden (Rang 6) auf das Ausgangswort amer die Reaktion rizlsquo Weiter Von den 1004 Probanden die ihr Reaktionswort auf girl niederschrieben nannten 70 dasselbe Wort Mit jeweils 2 Nennungen erscheinen dann noch eine Joan eine Mary und eine Shirley auf den Raumlngen zwischen 23 und 39 auf den Raumlngen zwischen 40 und 103 sind dann mit je einer Nennung noch eine Ardis eine Barb eine Beverly Marilyn Nancy Sharon Sue und eine Susie vertreten

wird desto kuumlrzer die Reaktionszeit der jeweiligen Probanden16 Umgekehrt Die ausgefallenen Reaktionen erfordern ein Vielfaches dieser kuumlrzesten Reaktionszeit Waumlhrend etwa die Mehrzahl der Probanden von Thumb und Marbe auf fuumlnf mit sechs reagierte brauchte das Enfant terrible ein Dr Roos uumlber zehn Sekunden um mit dem fuumlnften Badischen Infanterieregiment wie uumlblich aus dem Rahmen zu fallen

212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt

Die Spontaneitaumlt und die hochgradige Uumlbereinstimmung17 der Assoziationen von bei-spielsweise 1000 Probanden waumlren gewiss nicht moumlglich [p 11] ohne innere bdquoqualitative Ursachen Sie sollen im folgenden - in einem ersten Interpretationsversuch - insbesondere anhand des Materials analysiert werden das auf der Wortliste von Kent und Rosanoff basiert Beruumlcksichtigt wird dabei zunaumlchst die Gruppe der Erwachsenen und zwar derjenigen Erwachsenen die sich durch einen hohen Grad an sprachlicher Sozialisierung auszeichnen (die Probanden der psychologischen Assoziationstests rekrutieren sich zumeist aus der Gruppe der Studenten) Die Analyse des Materials laumlsst hier die folgenden fuumlnf Prioritaumlten-Ebenen erkennen

1 Assoziationen sind vorzugsweise solche der gleichen Wortart18 Der modus significandi dh die Information die die Zugehoumlrigkeit zu einer Wortart bringt erweist sich damit fuumlr die Verarbeitung sprachlicher Information als das Merkmal mit der houmlchsten Prioritaumlt

Die haumlufigste Reaktion ist also vom Typ Nomen-Nomen Pronomen Pronomen Adjektiv - Adjektiv komparative Form des Adjektivs komparative Form etc Sind die Ausgangswoumlrter Formen die zwischen verschiedenen Wortarten stehen wie etwa der Infinitiv der im Verbalsystem das nominale Element darstellt so sind die Reaktionen entsprechend gespalten also bald nominal bald verbal wie schon Thumb und Marbe feststellen konnten Die Klassengleichheit zwischen Ausgangswort und Assoziation ist fuumlr das am haumlufigsten genannte Wort durchschnittlich in 80 bis 90 der Faumllle gegeben19

2 Assoziationen sind vorzugsweise aus demselben semantischen Bereich Sie stammen also wie man heute sagen wuumlrde aus demselben Wortfeld Ich interpretiere dabei wie sich noch zeigen wird semantischer Bereich und Wortfeld bewusst weit So werden auf Verwandtschaftsnamen in 80 bis 90 der Faumllle Verwandtschaftsbezeichnungen assoziiert auf Hand kommt Fuszlig auf Spinne Netz Abweichungen sind in aller Regel mit houmlheren Reaktionszeiten verbunden

16 Dieser Zusammenhang wurde spaumlter als das bdquoGesetz von Marbe bekannt und zitiert auch in Amerika - freilich ohne dass man wie Esper 1973 berichtet deshalb das Werk von Thumb und Marbe auch gelesen haumltte17 Es duumlrfte nicht uumlberraschen dass bei gleichem Ausgangsmaterial - den 100 Woumlrtern von Kent und Rosanoff 1910 - in verschiedenen Testsituationen undoder in verschiedenen Sprachen die Ergebnisse variieren Die Marge fuumlr die drei am haumlufigsten genannten Reaktionswoumlrter liegt im Durchschnitt der 100 Testwoumlrter und der Versuche in fuumlnf Sprachen jeweils Zwischen 40 und 60 der Nennungen Vgl Rosen -zweig 1970 99 Wichtig im Hinblick auf Variationen ist wie sich noch zeigen wird der Grad der sprachli -chen Sozialisierung der Probanden18 Diese Beobachtung wurde vor ThumbMarbe 1901 schon von Bourdon 1895 gemacht vgl hierzu Rosenzweig 1970 10219 Ich habe eine Auswahl von 48 Ausgangswoumlrtern der jeweils auf KentRosanoff basierenden Listen fuumlr das genannte amerikanische deutsche und franzoumlsische Material auf die Wortart-Zugehoumlrigkeit hin unter-sucht Dabei wurden alle Reaktionswoumlrter beruumlcksichtigt auf die drei und mehr Prozent der Nennungen entfielen Es erwies sich dass die jeweiligen Nennungen also angefangen vom haumlufigsten Wort bis hin zu dem Wort das noch von 3 der Probanden genannt wurde in etwa der Haumllfte der Faumllle sogar zwischen 90 und 100 klassengleich sind (Amerikanisches Material 26 von 48 Faumlllen deutsches 25 von 48 franzoumlsisches 27 von 48)

[p 12] Die beiden ersten Prioritaumlten zeigen also dass die Similaritaumlt bei den Assoziationen eine grundlegende Rolle spielt - allerdings wie die beiden folgenden Prioritaumltsebenen zeigen eine Hintergrund-Rolle Auf der dritten Prioritaumlts-Ebene kommt naumlmlich vor diesem Hintergrund an Similaritaumlt das Prinzip des Kontrasts zum Zuge

3 Assoziationen sind wo immer dies moumlglich ist fast ausnahmslos Assoziationen zum Entgegengesetzten hin - entgegengesetzt im oben dargelegten aristotelischen Sinn Typische Paare sind also schwarzweiszlig helldunkel kleingroszlig leichtschwer altjung (bzw neu) TagNacht schnellerlangsamer kommengehen kaufenverkaufen ichdu ersie nowthen herethere alwaysnever etc

Dass diese besonders praumlgnante Rolle des Kontrasts kein einzelsprachliches Phaumlnomen ist zeigen die Versuche die mit der Wortliste von Kent und Rosanoff im Bereich des Englischen Englands Amerikas Australiens Kanadas im Deutschen Franzoumlsischen Italienischen und Polnischen gemacht wurden20 Eine starke dh eindeutige Antonymie-Relation (Antonymie im erwaumlhnten weiten Sinn) fuumlhrt stets dazu dass das am haumlufigsten genannte assoziierte Wort das korrespondierende Antonym ist Das Feld der assoziierten Woumlrter bekommt dadurch einen sehr scharfen Fokus der Halo der restlichen Nennungen bleibt gering Paradefall in der liste von KentRosanoff ist das Ausgangswort dark Die Streuung also die Zahl der von 1000 Probanden insgesamt assoziierten verschiedenen Woumlrter betraumlgt hier wie schon erwaumlhnt nur 41 Von den Probanden reagieren 829 (83) mit light 55 weitere mit night 33 mit room 31 mit black etc Sobald eine Antonymie-Relation dagegen schwaumlcher ist zB deshalb weil das Ausgangswort mehrere Antonyme besitzt (also merkmalloser ist) ist entsprechend der weiteren Bedeutungsaura des Ausgangsworts der Fokus der assoziierten Woumlrter weit weniger scharf der Halo der Streuung wird entsprechend breiter Waumlhlt man dagegen eines aus jener Mehrzahl von Antonymen aus also ein notwendigerweise merkmalhaltigeres Wort so verlaufen die Assoziationen mit starker Buumlndelung auf das urspruumlngliche Ausgangswort zu21

[p 13] Auf Rang 4 der Prioritaumltsebenen tritt die Dimension Kontiguitaumlt - Distanz in Erscheinung - und zwar in Form der semantischen nicht der syntagmatischen Kontiguitaumlt

4 Assoziationen richten sich wenn keine oder keine dominierende Antonymie-Relation gegeben ist unter Fortgeltung der Prioritaumlten 1 und 2 nach der semantischen

20 Vgl Rosenzweig 1961 und CarrollKjeldergaardCarton 196221 Ein Beispiel Die Reaktionen auf sweet und suumlszlig weisen in etwa dieselbe Streuung auf Die Streuung ist jedoch bei doux in auffaumllliger Weise groumlszliger Die Ursache Auf sweet wird an 1 Stelle das Antonym sour (43) an 4 Stelle das Antonym bitter (8) assoziiert Analog verhaumllt es sich im Deutschen den 1 Rang belegt sauer (39) den 4 bitter (3) Bei franz doux weist der Petit Robert nicht weniger als 21 Antonyme auf Doux hat also im Gegensatz zu sweet und suumlszlig eine wesentlich weniger praumlgnante Bedeutung Es kommt hinzu dass die praumlgnanteste Bedeutung gar nicht doux im Gegensatz zu aigre oder acide ist sondern doux im Gegensatz zu dur (9) Die einzige einigermaszligen dominante Bedeu-tung von doux ist also weich Als naumlchstes Antonym wird auf Rang 8 noch amer (3) genannt ruumlde nennen noch 2 brutal fort rugueux jeweils 1 mit je einer Nennung sind noch vertreten aigre grossier roche sevegravere Waumlhlt man nun das dominante Antonym des deutschen und englischen suumlszlig naumlmlich sauer wieder als Ausgangswort so zeigt sich hier eine weitgehende Uumlbereinstimmung zwischen allen drei Sprachen an der Spitze der genannten Reaktionswoumlrter liegen sweet (57) suumlszlig (39) und doux (30) - Zur Rolle der MerkmalhaltigkeitMerkmallosigkeit von Antonymen bei der Assoziation sei auch auf Clark 1970 276 hingewiesen

Kontiguitaumlt Allerdings ist die Wortart-Identitaumlt der Prioritaumltsebene 1 hier etwas eingeschraumlnkt die Gruumlnde dafuumlr werden spaumlter evident werden

Es handelt sich hier in der Regel um Assoziationen von etwas was im Bereich der Denotata und das heiszligt auch im Erfahrungsbereich der Probanden mit dem was durch das Ausgangswort bezeichnet ist in einer spezifischen Relation steht Im Gegensatz zum Normalfall der (zweiseitigen) Antonymie-Relation sind diese spezifischen Relationen in der Regel gerichtet Dass die Basis solcher Relationen die Kontiguitaumlt im Erfahrungsbereich ist hat natuumlrlich zur Folge dass hier unter Umstaumlnden soziale und kulturelle Unterschiede vorliegen koumlnnen Dies wird nicht der Fall sein in Beispielen wie araigneacutee toile ragnoragnatela tigefleur stemflower piedchaussure footshoe Es koumlnnte dagegen eher zutreffen in Faumlllen wie comfortchair confortfauteuilrsquo oder BequemlichkeitSessel

5 Assoziationen sind wenn sich keine Kontrast- oder keine semantische Kontiguitaumlts-Relation einstellt Assoziationen im Bereich der semantischen Similaritaumlt oder der syntagmatischen Kontiguitaumlt

Zunaumlchst zur semantischen Similaritaumlt Es handelt sich bei den Assoziationen dieser Gruppe entweder um bdquoSynonyme Oberbegriffe oder um etwas im Ausgangswort Impliziertes Die Beispiele sind relativ selten Bezeichnend ist allein dass solche Assoziationen wenn sie schon gelegentlich an erster Stelle genannt werden nur in relativ geringem Maszlige buumlndeln22 Die andere Variante der fuumlnften Prioritaumltsebene Assoziationen [p 14] im Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt ist in dem von mir analysierten Materialebenfalls nur schwach vertreten (hier gelten uumlbrigens die Prioritaumltsebenen 1 und 2 nur noch sehr eingeschraumlnkt der Grund auch hierfuumlr wird wiederum spaumlter deutlich werden) Zwei Beispiele aus dem deutschen Bereich Auf glatt assoziierten immerhin 40 der Probanden an erster Stelle Eis (laquoGlatteisraquo) erst an zweiter Stelle folgte hier mit 15 das Antonym rau Desgleichen assoziierten auf Stiel (die falsche Uumlbersetzung des englischen stem - gemeint war Stengel) 38 der Probanden den Besen Auch die zweithaumlufigste Assoziation zaumlhlt hier noch zum Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt 6 nannten Stumpf Im englischen und franzoumlsischen Material treten solche Arten der Assoziation erst an untergeordneter Stelle auf ndash etwa vinaigre auf aigre becircte auf belle marche auf pied

Als Hugo Schuchardt die Arbeit von Thumb und Marbe ein Jahr nach ihrem Erscheinen (sehr kritisch) besprach machte er hauptsaumlchlich zwei Einwaumlnde Mit dem ersten dieser Einwaumlnde stand er ganz in der Tradition der bisherigen Assoziationsforschung Thumb und Marbe haumltten die Nachbarschaft in der Rede als eine der Ursachen fuumlr die Assoziationen nicht gebuumlhrend gewuumlrdigt Die analysierten Verhaumlltnisse widerlegen Schuchardt sehr deutlich Sein Einwand trifft allerdings wie sich noch zeigen wird unter ontogenetischem Aspekt zu Auch Schuchardts zweites Monitum die lautliche Aumlhnlichkeit muumlsste als einer der Faktoren des Assoziierens staumlrker betont werden ist obsolet Selbst unter 1000 Probanden waumlre entgegen der Vermutung Schuchardts kaum einer gewesen der auf drei die Zahl zwei assoziiert 22 Dies zeigen die folgenden Beispiele enfant 1 petit (12) 2 beacutebeacute (8) child 1 baby (16) Kind 1 klein (12) (2 Mutter (10)) 3 Baby (6) oder Quadrat 1 Viereck (14) Ein Beispiel fuumlr die Wahl des Oberbegriffs aigle 1 oiseau (16) Adler 1 Vogel (21) Typisch fuumlr die relativ geringe Wir-kung der semantischen Similaritaumlt im Sinn von Synonymie ist der Umstand dass die meisten Syno nyme ansonsten an nachgeordneter Stelle vorkommen Auf dark assoziieren 3 (und an 4 Stelle) black auf beautiful immerhin 14 an 2 Stelle pretty an 6 Stelle (4) lovely an 1 Stelle steht das Antonym ugly Auf rough wird an 1 Stelle mit dem Antonym smooth (44) reagiert erst an 2 Stelle folgt mit 7 hard Auf sommeil folgt an 1 Stelle das semantisch benachbarte lit erst an 2 Stelle (10)reposrsquo

haumltte23 Dies liegt daran dass sprachliche Information primaumlr nach ihrem syntaktisch-semantischen [p 15] Gehalt analysiert und verarbeitet wird (und die Assoziationen auf Zahlen sind hier wie noch in 32 gezeigt werden wird hochgradig gerichtet) Klangphaumlnomene sind auf jeden Fall sekundaumlr Erst dann wenn der Proband die Bedeutung nicht versteht wie etwa bei Fremdwoumlrtern bei Termini technici oder bei Woumlrtern einer ihm unbekannten Sprache spielt die Laut-Assoziation eine Rolle24 Thumb zeigte dies in einer spaumlteren Studie aus dem Jahre 1908

21a Aktualisierender Zusatz im Jahr 2011

Ein Team von drei Wissenschaftlern der Universitaumlten von South Florida und Kansas hat den bisher wohl groumlszligt-angelegten Test mit Assoziationen auf Wort-Stimuli unternommen und dies mit einer Unzahl von Probanden Nelson D L McEvoy C L amp Schreiber T A (1998) The University of South Florida word association rhyme and word fragment norms25 ldquoMore than 6000 participants produced nearly three-quarters of a million responses to 5019 stimulus wordsrdquo

Im vorliegenden Fall geht es um insgesamt 4870 Woumlrter als Ausgangspunkte fuumlr Assoziationen (cues) 76 davon Nomina 13 Adjektive 7 Verben 16 waren Homographen Die Testpersonen durften jeweils ein einziges Wort als Reaktion aufschreiben Die Reaktionszeit wurde dabei nicht gemessen Aus den 4870 Faumlllen habe ich die 538 ausgewaumlhlt in denen eine ldquoForward Cue-to-Target Strengthrdquo von ge 05 vorlag bei denen also ein Reizwort mit hoher Wahrscheinlichkeit ein oder mehrere Zielwoumlrter ausloumlst Dabei bestaumltigen sich die Ergebnisse der 1980 vorgenommenen Analyse fast vollstaumlndig

Antonymen-Relationen die sich anhand des Corpus der University of Southern Florida ergeben Die meisten sind zweiseitig Sie entsprechen den u auf S 2223 analysierten acht Strukturierungsdimensionenabove lt--gt belowadd lt--gt subtractaddition lt--gt subtraction

defense --gt offensedifferent --gt samedown lt--gt up

major --gt minorme lt--gt youmine lt--gt yours

23 Vgl im Einzelnen Schuchardt 1902 - Dass Assonanzen keine Rolle spielen gilt natuumlrlich nicht dort wo jemand im Sinn des dritten noogenetischen Prinzips von Spearman explizit Woumlrter sucht die mit dem Ausgangswort durch die Relation lautlicher Similaritaumlt verbunden sind also beispielsweise Reimwoumlrter - Wie sehr die Verarbeitung sprachlicher Information primaumlr auf die Analyse syntaktischer und semanti-scher Merkmale ausgerichtet ist zeigt sich einerseits bei den unendlich zahlreichen Versuchen der Psychologen vergangener Jahrzehnte mit kuumlnstlichem sinnlosem Wortmaterial zu arbeiten die Proban-den versuchen auch dort ganz automatisch zunaumlchst einen Sinn zu houmlren Wie sehr die etwa von Coseriu stets betonte Semantizitaumlt der Sprache selbst bei traumatischen und sonstigen Aphasikern im Vorder-grund steht zeigt andererseits die einschlaumlgige Forschung Luria (1976 150f) berichtet dass auch bei den Assoziationen von Aphasikern Woumlrter mit verwandter Bedeutung den Vorrang vor Woumlrtern mit aumlhnli-chem Klang haben Nur bei besonders schweren Faumlllen von Aphasie und bei geistig Zuruumlckgebliebenen dominiert die Lautassoziation vor der inhaltlichen Als Beispiel fuumlr die untergeordnete Bedeutung von Lautassoziationen kann auch ein Versuch mit Aphasikern dienen dessen Gegenstand kontrollierte Assoziationen waren (Aufzaumlhlen von Tiernamen) von den 2918 Namen die von insgesamt 94 Patienten innerhalb von fuumlnf Minuten genannt wurden waren ganze 6 Faumllle vom Typ MausLaus (GloningMuumlller 19711972 264)24 Bin illustratives Beispiel sind die Reaktionen auf das im amerikanischen Englischen aumluszligerst selten be -legte Ausgangswort abbess (Aumlbtissin) Den 1 Rang unter den Antworten hat hier mit 9 hole - ganz offensichtlich deshalb weil die Probanden abbess als abyss verstanden Erst an 2 Stelle folgt mit 5 ein Wort bei dem wohl die lautliche Assoziation Pate gestanden hat abscess (Postman 1970 260) 25 httpw3usfeduFreeAssociation

answer lt--gt questionasleep lt--gt awakeback lt--gt frontbad lt--gt goodbefore --gt afterbegin lt--gt endbest lt--gt worstblack lt--gt whiteborrow --gt lendbottom lt--gt topfemale lt--gt maleboy lt--gt girluncle lt--gt auntactor lt--gt actressbrother lt--gt sisterdad lt--gt momfather lt--gt motherdaughter lt--gt songrandma lt--gt grandpahusband lt--gt wifeman lt--gt womanbuyer lt--gt sellerclose --gt openday lt--gt nightdead --gt alive

downstairs lt--gt upstairsdryer --gt washereast lt--gt westempty lt--gt fulleven lt--gt oddexit --gt entranceexplode --gt implodefalse lt--gt truefar lt--gt nearfind lt--gt seeksearchfirst --gt lastforward lt--gt backwardfound lt--gt lostgo lt--gt stopgroom lt--gt bridehello --gt goodbyehe lt--gt shehere lt--gt therehigh lt--gt lowin lt--gt outleader --gt followerless lt--gt morelose --gt winloser lt--gt winnerlost lt--gt found

minus lt--gt plusnegative lt--gt positiveno lt--gt yesnorth lt--gt southoff lt--gt onold --gt newopen --gt closeclosedoutside --gt insideover lt--gt underpoor lt--gt richqueen --gt kingquestion lt--gt answerright --gt leftright --gt wrongscratch --gt itchseller lt--gt buyersit --gt standslow lt--gt fastsoft lt--gt hardthin --gt thicktight --gt loosetoday lt--gt tomorrowtwice --gt onceweak --gt strong

Bemerkenswert sind solche abweichenden Faumllle in denen an erster Stelle nicht ein Antonym assoziiert wird sondern ein aumlquivalenter Begriff etwa finish --gt done und erst an zweiter Stelle start happy fuumlhrt an erster Stelle zu joyous an dritter und vierter Stelle immer noch sehr haumlufig zu cheerful und glad sad steht erst an zweiter Stelle Hard fuumlhrt an erster und zweiter Stelle zu difficulty und difficult die beiden moumlglichen Antonyme easy und soft folgen (mit immer noch hoher Frequenz) an dritter und virter Stelle Umgekehrt fuumlhrt nur soft hoch frequent zu hard Parallel ist ein Fall wie hate zu dem hoch frequent despise und dislike assoziiert wird waumlhrend love unter der 05-Schwelle an dritter Stelle folgt Genauso verhaumllt es sich mit love das zu affection ro-mance und adore fuumlhrt (love ist als Wortart polyfunktional) hate folgt an vierter Stelle in der Frequenz Hot fuumlhrt in seiner einen Bedeutung zu spicy in einer anderen zu humid erst an dritter Stelle zu cold Umgekehrt gilt aber cold --gt hot Late fuumlhrt an erster Stelle zu tardy erst an zweiter zu early Auf many wird an erster und zweiter Stelle several und numerous assoziiert erst an dritter folgt unter der 05-Schwelle fewsome waumlhrend umgekehrt nur few mit einiger Frequenz zu many fuumlhrt Bei old gilt zwar --gt new aber dann folgen drei verwandte Begriffe (elderly antique ancient) erst an vierter Stelle kommt das andere Antonym young Vergleichbar ist das vieldeutige present an erster Stelle steht hier gift dann folgt mit past ein Antonym mit absent ein anderes In einem Fall wie forget wird an erster Stelle forgive (ldquolet us forget itrdquo) assoziiert also ein willentliches vergessen waumlhrend umgekehrt remember direkt zu forget fuumlhrt Mehrdeutigkeit ist also immer ein lsquoStoumlrfaktorrsquo wie auch der Fall short --gt talllong an zweiter Stelle short --gt brief zeigt oder small --gt tiny und an zweiter und dritter Stelle --gt big large Interessant ist auch das Beispiel square das an erster Stelle zum Oberbegriff rectangle fuumlhrt und dann zu zwei gleichermaszligen moumlglichen lsquoAntonymenrsquo circleround

und triangle Strong fuumlhrt an erster Stelle zu einem Parallelbegriff powerful erst an zweiter zu weak waumlhrend weak direkt zu strong fuumlhrt Wet fuumlhrt -- in dieser Reihenfolge -- zu slippery moist drench und dry aber nur dry fuumlhrt in nennenswertem Umfang zuruumlck zu wet

Die uumlberwiegende Zahl der anderen Faumllle sind solche in denen ein Begriff aus demselben Erfahrungsbereich assoziiert wird In manchen Faumlllen sind das sehr viele So gibt es bei money der hohen Zahl von Probanden entsprechend eine hohe Zahl von Nennungen fuumlr (in absteigender Reihenfolge aber immer noch mit einer Forward Cue-to-Target Strength von gt05) cash bank fund wallet profit spend banker income bud-get lottery dollars checkbook salary Insgesamt sind es hier 302 verschiedene Targets Aumlhnliches gilt fuumlr tree -- wo jeder an eine spezifische ihm gelaumlufige Baumart oder einen Baum-Bestandteil denken kann

22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens

Mit seinem genialen Blick fuumlr das Grundlegende hat Roman Jakobson inspiriert von Mikołai Habdank Kruszewski (1886) die Aufmerksamkeit auf das Zusammenwirken zweier Prozesse beim Sprechen gelenkt eines paradigmatischen bei dem Einheiten aus anderen gleichrangigen Einheiten ausgewaumlhlt und eines syntagmatischen bei dem die ausgewaumlhlten Einheiten in eine lineare Abfolge gebracht werden Im paradigmatischen Prozess spielt die Dimension Similaritaumlt - Kontrast im syntagmatischen die Dimension Kontiguitaumlt - Distanz eine dominierende Rolle

In diesen Rahmen lassen sich nun nicht nur Typen der Aphasie einordnen26 sondern auch die Typen des Versprechens die Meringer und Mayer 1895 vorgefuumlhrt haben Da die lineare Anordnung elementarer Zeichen ein Charakteristikum der Rede ist ist die Mehrzahl der bdquosprachlichen Fehlleistungen im Bereich der syntagmatischen KontiguitaumltDistanz anzutreffen Ihre Hauptursache ist darin zu sehen dass (wenigstens normalerweise) das Denken einen Vorlauf vor dem Artikulieren hat - und der Sprecher setzt dann das was er zu sagen plant an die Stelle dessen was er im Moment artikuliert Das bdquoSpaumltere wirkt also dabei scheinbar paradoxerweise - auf das bdquoFruumlhere Ohne auf die Einzelheiten dieser Art des Versprechens eingehen zu wollen dessen Ergebnisse sehr haumlufig Vertauschungen also Metathesen sind sei hier zweierlei festgehalten Zum einen sind die in der Rede auf diese Art vertauschten Elemente in aller Regel klassengleich - wobei der Begriff Klasse nicht nur Wortarten also den modus significandi sondern beispielsweise auch Anlaute Auslaute Stammvokale betonte Silben usw umfassen kann27 Mit den Worten von Meringer und Mayer [p 16] (1895 17) laquoAm gewoumlhnlichsten sind die Vertauschungen der Adjectiva mit Adjectiven Substantiva mit Substantiven Verba mit Verbenraquo Zweitens sei festgehalten laquoAntithetische Woumlrter werden besonders leicht vertauschtraquo (1895 15) Ein Beispiel fuumlr diese Art der Metathese laquoDa steht der Einsatz nicht fuumlr den Gewinnraquo

Die zweite groszlige Gruppe fuumlr Versprech-Leistungen sind solche deren Ursache in der Auswahl waumlhrend des paradigmatischen Prozesses gesehen werden muss Die eine Untergruppe sind hier die bdquoKontaminationen bei der Vorstellung etwas schreiben werden die Ausdrucksmoumlglichkeiten etwas zu Papier bringen und etwas schreiben

26 Zur Fruchtbarkeit der Unterscheidung Jakobsons fuumlr die Klassifizierung von Aphasien vgl Luria 1976 5227 Einige Beispiele laquoSaint-Exupeacuterinces Petit Princeraquo laquoMinuster fuumlr Kultus und Unterrichtraquo Die Elemente koumlnnen auch vertauscht werden - Metathesen dieser Art sind laquoeine Sorte von Tacherraquo laquodenile Semenzraquo laquoVerteidigung ist die Spiele des Seelsraquo etc Die Beispiele stammen bis auf das erste aus MeringerMayer 1895 Zu analogen Erscheinungen beim Verlesen vgl auch Kolers 1976

kombiniert zu etwas zu Papier schreiben Freud nennt dies gewiss zutreffend Verdichtungen Die andere Unterart dieses semantischen Versprechens besteht in der Vertauschung (bdquoSubstitution) zweier Elemente - wobei es sich nicht mehr um Elemente aus dem Syntagma sondern um Elemente des paradigmatischen Auswahlprozesses handelt laquoBekannt istraquo so heiszligt es bei Meringer und Mayer (1895 79) laquodass kontrastierende Vorstellungen einander assoziieren So kommt man auf dem Wege der Substitution dazu das Gegenteil von dem zu sagen was man gemeint hatraquo Also etwa laquoIhm war auch kein Berg zu niedrigraquo (statt zu hoch) laquowas er verliert (statt gewinnt) gibt er seinen Kindern in die Sparbuumlchseraquo

Was schon bei voumlllig gesunden Sprechern wenn man ein Ohr dafuumlr hat mit bemerkenswerter Haumlufigkeit zu beobachten ist kann natuumlrlich im Fall von verminderter Sprechfaumlhigkeit (Aphasien) in verstaumlrktem Maszlige auftreten Herbert Pilch hat aus linguistischer Sicht auf die bekannte Erscheinung hingewiesen dass Aphasiker Woumlrter verwechseln die im Verhaumlltnis des Gegensinns zueinander stehen (1972 8) Ein einfaches Beispiel aus einem Sprachtest mit Aphasikern (Muumlller 1976 257ff) Es handelt sich um einen Test in dem der Umgang mit metakommunikativen Verben uumlberpruumlft wurde Beim Nachsprechen eines groumlszligeren zusammenhaumlngenden Texts - dies war eine der Aufgaben - wurden dabei vereinzelt sinnstoumlrende Vertauschungen zwischen den korrelativen Begriffen fragen und antworten beobachtet Von einem analogen Test mit Einzelsaumltzen heiszligt es laquoSinnstoumlrend vertauscht wurden fragen mit erwidern wissen wollen bzw sich erkundigen (wurden) durch sprechen ersetztraquo In einem Sortiertest sollten metakommunikative Verben nach inhaltlichen Kriterien zu Gruppen geordnet werden Dieser Test wurde wegen der erforderlichen hohen Konzentration allerdings nur von fuumlnf Probanden absolviert Vier davon gruppierten fragen wissen wollen sich erkundigen antworten entgegnen erwidern Der fuumlnfte Proband gekennzeichnet mit dem Stichwort laquoKonduktionsaphasieraquo bildete dagegen [p 17] die Paare fragenantworten antwortenerkundigen wissen wollenentgegnen Er gliederte also was der Untersuchende nicht direkt sieht nach Antonymen-Paaren28

3 Interpretation der beschriebenen Phaumlnomene oder Die verschiedenen Strategien zum Erfassen von Bedeutung

No hay que explicar el hablar desde el punto de vista de la lengua sino viceversa (Coseriu 19551973 287)

Meringer und Mayer haben darauf hingewiesen man muumlsse sich huumlten den Sprechfehler als etwas Pathologisches aufzufassen Sie erlaumlutern dies mit einem praumlgnanten Bild Beim Sprechfehler versage nur die Aufmerksamkeit die Maschine laufe ohne Waumlchter sich selbst uumlberlassen Und was den Sprechfehler fuumlr die Sprachwissenschaft lehrreich mache sei der Umstand dass das Uhrwerk in solchen Augenblicken des Mantels entkleidet scheine und ein Blick in die Raumlder moumlglich sei (1895 7) Aumlhnliches gilt fuumlr die permanenten Abweichungen von der Sprachnorm die sich im Sprechen von Individuen oder Individuen-Gruppen finden (und die zB Henri Frei in seiner Grammaire des fautes (1929) festgehalten hat) Die Uumlberlegungen gelten natuumlrlich ebenso fuumlr die Wort-Assoziationen insbesondere dann wenn man wie urspruumlnglich Thumb und Marbe mit der Beruumlcksichtigung der Spontaneitaumlt also der Reaktionszeit ein Indiz dafuumlr hat welche Prozesse unter Umstaumlnden laquoautomatischraquo 28 Nach der Analyse die Luria von dem seit Wernicke und Lichtheim so genannten Syndrom der bdquoLeitungsaphasie gibt duumlrfte es sich um die Variante mit akustisch-artikulatorischer Stoumlrung handeln In der Variante mit akustisch-mnestischer Stoumlrung sind sogenannte bdquoverbale Paraphasien relativ selten Vgl Luria 1976 239-285 insbes S 247-273

oder mit Meringer und Mayer so ablaufen dass laquoder Waumlchterraquo also das Bewusstsein des Sprechers dessen bestenfalls hinterher richtig gewahr wird Mutatis mutandis gilt die Uumlberlegung schlieszliglich auch fuumlr den Bereich der Sprachstoumlrungen laquoPathologia illustrat physiologiamraquo das Anomale lehrt uns wie das Normale funktioniert ndash so lautet ein alter Grundsatz der medizinischen Forschung Wie betraumlchtlich der Unterschied zwischen den voll bewussten mehr Zeit in Anspruch nehmenden Suchprozessen und den halbbewussten Assoziationen ist zeigen solche Aphasien in denen der Patient ein Wort bei bewusstem Suchen nicht findet oder ein Wort das ihm vorgesprochen wird nicht wiederholen kann waumlhrend er im Bereich des offenbar funktionierenden Assoziierens das betreffende Wort findet bzw sagen kann29

[p 18] Wenn ich nach der obigen Skizzierung quantitativer und qualitativer Verhaumlltnisse im Bereich von Wortassoziationen nun versuche die bisherige Untersuchung im eigentlichen Sinn zu interpretieren so lasse ich mich von der folgenden Grunduumlberlegung leiten Da Assoziationen mit Wortmaterial im Idealfall in einem halbbewussten Bereich spontanen Reagierens ablaufen koumlnnte man meinen es handle sich um ganz einfache primaumlre Prozesse sprachlicher Aktivitaumlt Komplex und sekundaumlr waumlre dagegen die Aumluszligerung von Saumltzen und Texten Nun hat freilich einer der groszligen Aphasieforscher Kurt Goldstein gezeigt dass es sich eigentlich genau umgekehrt verhaumllt Primaumlr am Sprechen ist die Mitteilungsabsicht dh das Kommunizieren mit Hilfe groumlszligerer syntagmatischer Einheiten im Rahmen von Kommunikationssituationen Das scheinbar so einfache Assoziieren von Woumlrtern oder das Benennen von Gegenstaumlnden sind dagegen recht schwierige und komplexe Aufgaben Wie Roman Jakobson gezeigt hat ist zB das Benennen eines Gegenstandes ein metasprachlicher Akt30 Ein solcher Akt setzt die Existenz und das isolierte Funktionieren eines praumlzisen Orientierungs- und Einordnungssystems voraus Bei Assoziations-Tests muss ein gehoumlrtes Wort ohne jede Situations- oder Kontexthilfe analysiert erkannt und eingeordnet werden

Ich habe nun eingangs mit Hilfe einiger einfacher Beispiele aus dem Bereich der Gestaltpsychologie gezeigt dass eine solche Erkenntnis immer erst dadurch zustande kommt dass man uumlber das Gegebene hinausgeht going beyond the Information given Dementsprechend besteht mein Interpretations-Ansatz jetzt darin dass ich die von einem vorgegebenen Ausgangswort ausgehende Assoziation als den Reflex einer Strategie interpretiere einer Strategie die dazu dient die Bedeutung von Woumlrtern im Hinausgehen uumlber das gegebene Wort zB durch die Einordnung in das semantische Orientierungs-System zu erfassen

31 Zwei Grundtypen des Assoziierens

Hier gibt es nun nicht eine einzige es gibt wenn ich recht sehe zwei Grundstrategien zur Erfassung von Bedeutung Vergegenwaumlrtigt man sich den primaumlren auf Mitteilung ausgerichteten Aspekt des situativen Sprechens in Saumltzen und Texten und den subsidiaumlren - wenn auch unverzichtbaren - Charakter desjenigen Bereichs in den auch das Assoziieren von Woumlrtern faumlllt so versteht man sofort die eine von zwei grundlegend verschiedenen Strategien dh Arten der sprachlichen Reaktion auf

29 Kurt Goldstein der von solchen Faumlllen berichtet erwaumlhnt im selben Zusammenhang das Phaumlnomen laquodass die falschen Woumlrter oft mit weniger Paraphasie (gemeint ist hier Paraphasie als lautliche Abwei-chung) geaumluszligert werden als die richtigenraquo (1948 101 vgl 239) Dies duumlrften diejenigen Faumllle sein in de -nen der Sprechprozess gewissermaszligen bdquovon oben her dh von der bewussten intentional vom laquoWaumlch-terraquo gesteuerten Seite her gestoumlrt ist30 Jakobson 1974 125ff vgl generell Goldstein 1948 zum Bereich der Kategorisierung

Wortmaterial Kinder erwerben Sprache sei sie nun kommunikativ oder das eigene Handeln begleitend in Situationen und damit dominant in syntagmatischer Realisierung Uumlber die nach und nach verstandene [p 19] fremde und die nach und nach sich entwickelnde eigene syntagmatische Realisierung von Sprache baut sich dann jenes semantische Orientierungs- und Einordnungssystem auf innerhalb dessen Rahmen die andere dominant paradigmatische Strategie anzusiedeln ist Wie Hans-Martin Gauger ausgefuumlhrt hat handelt es sich bei dem Aufbau dieses Systems um einen Prozess zunehmender bdquoVerdichtung (1970 65-69)

311 Syntagmatisches Assoziieren

Da sprachliche Elemente wie die Woumlrter fuumlr Kinder zunaumlchst einmal Woumlrter im syntagmatischen Kontext sind ist es nicht verwunderlich dass - wie seit Anfang des Jahrhunderts beobachtet wurde - Kinder vorwiegend syntagmatische Assoziationen haben Sie nennen also vorwiegend Woumlrter mit denen die Ausgangswoumlrter zusammen vorkommen dh die Assoziationen verlaufen im Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt Typisch sind derartige Assoziationen auch fuumlr solche Personen deren sprachliche Sozialisierung nicht durch den bewussten Umgang mit der eigenen und mit fremden Sprachen waumlhrend zwoumllf bis dreizehn Schuljahren perfektioniert wurde also etwa fuumlr Volksschul-Absolventen Schuchardts Einwand Thumb und Marbe haumltten die Bedeutung der syntagmatischen KontiguitaumltDistanz fuumlr das Assoziieren nicht gebuumlhrend beruumlcksichtigt hat also von der Ontogenese her gesehen seine Berechtigung31 Waumlhrend syntagmatische Assoziationen bei bdquogebildeten Erwachsenen also relativ selten sind sind sie bei Kindern und anderen sprachlich weniger Sozialisierten recht haumlufig Typische (und in allen nachfolgenden Faumlllen von den Assoziationen der 288 franzoumlsischen Studenten abweichende) Beispiele sind aus den jeweils erstrangigen Nennungen von 115 franzoumlsischen Bauarbeitern fenecirctre - ouverte (31) blanc - neige (27) aigre - vinaigre (26) rouge - sang (25) santeacute - bonne (23) table ronde (23) faim - (de) loup (23) citoyen - franccedilais (22) lune - (de) miel (20) tabac - blond (17) musique - douce (17 - zusammen mit classique leacute-gegravere agreacuteable harmonieuse 31) lent - tortue (15) meacutemoire - courte (14) joie - (de) vivre (14) papillon - vole (10) etc Charakteristisch ist hier wiederum dass solche dominant von der syntagmatischen Kontiguitaumlt bestimmten (und in der Regel nicht wortartgleichen) Assoziationen nur selten jene stark buumlndelnde Wirkung haben die fuumlr Assoziationen zum Gegensinn hin charakteristisch ist [p 20]

312 Paradigmatisches Assoziieren

Die andere (trotz mancher Grenzfaumllle von der syntagmatisehen zu unterscheidende) grundlegende Strategie zum Erfassen von Bedeutung spiegelt sich im dominant paradigmatischen Assoziieren also in jenen Assoziationen die im Bereich des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems verlaufen Eingangsvoraussetzung fuumlr beide Arten des Assoziierens ist die vorgaumlngige phonologische Analyse mit der Zuordnung eines Lautbildes und der (natuumlrlich

31 Das assoziative Verhalten der Kinder und Jugendlichen hat sich allerdings seit dem Beginn des Jahrhun-derts in betraumlchtlichem Maszlig demjenigen der Erwachsenen angenaumlhert Die Ursache ist zweifellos in einer fruumlheren und ausgepraumlgteren sprachlichen Sozialisierung zu sehen Vgl dazu auch Esper 1973 105 Pa-lermoJenkins 1965 oder Jenkins 1970 7

vorlaumlufigen32) Zuordnung einer Wortart Beim dominant syntagmatischen Assoziieren besteht die Strategie fuumlr die Zuordnung einer Bedeutung zu dieser Einheit aus Wortart und Lautschema vor allem im Assoziieren eines syntagmatischen Gebrauchskontextes also in der Einordnung in ein komplexeres Zeichen mit dem sich daraus ergebenden bdquomonosemierenden Effekt lune - lune de miel blanc (comme la) neige citoyen - (un) citoyen franccedilais table - (la) table (est) ronde etc Bei der paradigmatischen Art des Assoziierens besteht die Strategie zur Erfassung von Bedeutung dagegen darin dass das Ausgangswort in Relation zu einem anderen gleichrangigen Zeichen gesetzt wird Die Strategie ist also abstrakter ja geradezu metasprachlich ndash eine Analyse die schoumln Goldsteins These von der Komplexitaumlt scheinbar ganz einfacher Aufgaben bestaumltigt

Was nun das spezifisch paradigmatische Orientierungs- und Einordnungssystem betrifft so scheinen mir hier bei angemessener Interpretation der Verhaumlltnisse zwei Untersysteme vorzuliegen Untersysteme die nicht scharf voneinander getrennt sind Im einen dieser Systeme vollzieht sich der Zugriff uumlber die Dimension Similaritaumlt - Kontrast im anderen System ist wie noch erlaumlutert wird die Information (vor dem Hintergrund der Similaritaumlt) verfuumlgbar uumlber die semantische Kontiguitaumlt in Opposition zur Distanz Beide Systeme arbeiten jedoch mit einem gemeinsamen Grundprinzip das man als bdquoModul in Form eines Dreiecks (mit einer Reihe von Varianten) konzipieren kann Einer Informationseinheit A sind mindestens zwei andere Einheiten B und C in folgender Weise zugeordnet33 [p 21]

Dabei sind die Beziehungen zwischen AB und AC solche der Similaritaumlt ndash eine Similaritaumlt der die oben auf S 11 f genannten Prioritaumltsebenen 1 (gleiche Wortart) und 2 (gleicher semantischer Bereich) entsprechen Die Beziehung zwischen B und C ist je nachdem eine Beziehung des Kontrasts (dem entspricht die oben genannte Prioritaumltsebene 3) oder der semantischen Kontiguitaumlt (der die Prioritaumltsebene 4 entspricht) Die Varianten ergeben sich hauptsaumlchlich aus der Zahl der Elemente auf der Achse BC zum Teil auch daraus dass die Position von A einzelsprachlich nicht besetzt oder aber wie im Fall von A = homme B = homme G = femme mit einem der dann merkmallosen Elemente B oder

32 Analyse-Ergebnisse sind auf dem Weg von den kleineren zu den groumlszligeren Einheiten insofern vorlaumlufig als die Analyse der kleineren Einheit im Rahmen der Analyse der Uumlbergreifenderen Einheit stets korrigiert werden kann (Der entsprechende Ruumlckkopplungs-Effekt hat seine physiologische Basis in dem Faktum dass die Zellen der kortikalen Lamina VI [die etwa 2 mm dicke Groszlighirnrinde hat sechs physiologisch und funktionell differenzierbare Schichten] vorwiegend Ruumlckkopplungs-Funktion haben) Der Ruumlckkopplungs-Effekt ist der Grund dafuumlr dass manche bdquoDefekte bei Aphasikern erst dann entdeckt werden wenn man sie kleinere Einheiten ohne Kontext nachsprechen laumlsst33 Der Gedanke der modularen Struktur ist inspiriert durch Erkenntnisse der Neuroanatomen Sie haben in der letzten Dekade zunehmend die These vertreten die komplexe Struktur unseres Nervensystems - ein-schlieszliglich des Groszlighirns - basiere auf relativ ein-fachen genetischen Programmen Korrelat dieser Pro-gramme sind laquomodulareraquo laquorepetitiveraquo oder laquoperiodischeraquo Strukturen etwa im Bereich des Ruumlckenmarks oder der Groszlighirnrinde Vgl beispielsweise Szentaacutegothai 1978

C identisch ist (Ist ein spezieller Begriff fuumlr A vorhanden oder ist A identisch mit B oder C so liegt ein Fall von Gegensinn in jener Verwendungsweise vor wie man sie sinnvollerweise Abel unterstellen muss ndash Abels Beispiele sind von Benveniste (1956) zerpfluumlckt worden Ein aumlhnliches Vorkommen solchen Gegensinns gilt fuumlr Fragen des Typs bdquoWie alt (und nicht wie jung) wie groszlig wie lang wie schoumln ist das und dasldquo also fuumlr Faumllle die zB Elmar Holenstein treffend analysiert hat (1976 69f))

Im Fall der Similaritaumlt-Kontrast-Interpretation des Dreiecks ist eine merkmalsemantische Interpretation plausibel B und C enthalten alle Merkmale von A (A ist der Oberbegriff) sie enthalten jedoch noch zusaumltzliche Merkmale und zwar dergestalt dass diejenigen von B und C nicht voumlllig identisch sind sondern in der Regel in einem Merkmal kontrastieren34 [p 22]

3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System

Zunaumlchst zu dem paradigmatischen System in dem fuumlr das Hinausgehen uumlber die gegebene Information die Kontrast-Relation ausschlaggebend ist Es geht also um den Bereich des Entgegengesetzten ndash Otto Gsell hat in seiner Arbeit uumlber die Gegensatzrelationen im Wortschatz romanischer Sprachen eine sehr wesentliche Beobachtung gemacht und so fruumlhere analoge Beobachtungen in entscheidendem Maszlige praumlzisiert Unser Wortschatz ist keinesfalls so beschaffen dass alle Woumlrter ihr Antonym haumltten Ganz im Gegenteil der Wortschatz der bdquoantonymfaumlhig ist macht nur einen relativ geringen Teil des Gesamtwortschatzes aus ndash aber er konzentriert sich auf bestimmte inhaltliche Bereiche des Lexikons Nimmt man wie Gsell als Maszligstab das Begriffssystem von Rudolf Hallig und Walther v Wartburg (19521963) so ergeben sich drei Schwerpunkte Die gegensatzfaumlhigen Woumlrter konzentrieren sich

l in der Rubrik laquoLacircme et lintellectraquo wo es sich um etwa vier Fuumlnftel von insgesamt 2000 Eintraumlgen handelt Es geht dort um geistige Faumlhigkeiten Bewusstsein Gedaumlchtnis Wahrnehmung Denken Vorstellung Gefuumlhle und dergleichen (Hallig und Wartburg verwenden in dieser Rubrik teilweise was Gsell nicht eigens erwaumlhnt Antonymenpaare explizit als Unter-Rubriken)

2 in der Rubrik laquoLa prioriraquo Hallig und Wartburg versuchen dort laquoden inhaltlich sehr allgemeinen nicht sachgebietsbezogenen Wortschatz nach Denk- und Begriffskategorien wie Existenz physische Zustandsformen Eigenschaften Ordnung Wertung Quantitaumlt Raum Zeit Kausalitaumlt Bewegung und Veraumlnderung zu gliedernraquo (Gsell 1979 114) Die Rolle des Kontrasts fuumlr diesen Bereich ist im Uumlbrigen bereits durch das oben zitierte Beispiel der aristotelischen Kategorien ersichtlich

3 im Bereich der jeweiligen Unter-Rubrik geacuteneacuteraliteacutes (oa) zu den jeweiligen groumlszligeren Abschnitten bei HalligWartburg

Gsell spricht anhand der Begriffe des zweiten Bereichs (den dritten nennt er nicht ausdruumlcklich) von laquosemantischen Strukturwoumlrternraquo (im Gegensatz zu den syntaktischen) sie lieszligen sich keinem bestimmten sachlichen oder begrifflichen Bereich

34 Herbert HClark spricht in diesem Zusammenhang (1970 275f) von der laquoRegel des minimalen Kon-trastsraquo In der Ontogenese kann im Uumlbrigen beobachtet werden dass die Beziehungen zwischen kontrastierenden Paaren zT insofern asymmetrisch sind als eins der beiden Elemente privilegiert dh fruumlher gelernt bzw als Oberbegriff verwendet wird Hiermit hat sich in einer Reihe von Arbeiten vor allem Eve V Clark befasst

zuordnen seien jedoch (besser sollte man sagen gerade deshalb) in jeder Art von Rede unentbehrlich

Der Begriff der laquosemantischen Strukturwoumlrterraquo scheint mir gluumlcklich gewaumlhlt zu sein weil solche Woumlrter - als eine von jeweils zwei Alternativen - unsere Erfahrung in houmlchstem Maszlige strukturieren Hierzu zwei Beispiele Von den 34 Woumlrtern der Listen von RussellJenkins (1970) bzw PalermoJenkins (1964) auf die mindestens 50 der Probanden als Assoziation an erster Stelle dasselbe Wort nennen sind 23 solche auf die ein Antonym assoziiert wird Als Strukturierungsdimension dienen dabei

ndash siebenmal der Geschlechtsunterschied (boygirl heshe kingqueen etc)ndash viermal im Bereich des Gesichtssinns die Dimension helldunkel (blackwhite dark light)ndash fuumlnfmal die Orientierung in Raum bzw Raum undoder Zeit (slowfast herethere longshort highlow youngerolder) weiterhin [p 23]ndash die Kommunikationssituation zwischen Sprecher und Houmlrer (meyou)ndash zweimal der Tast- oder Handsinn (hardsoft heavylight) schlieszliglichndash der Geschmackssinn (sour bzw bittersweet) ndash der Gehoumlrsinn (loudsoft) sowiendash die konverse Relation Zwischen Geben und Nehmen (sellbuy buyingselling)

Ist ein tertium moumlglich so immer in Form einer Skala zwischen den beiden Extrempolen die den Bereich eingrenzen - genauso wie dies Aristoteles fuumlr seine Klassifizierung der Tast- Geschmacks- und Geruchsempfindungen vorgeschlagen hatte

Das zweite Beispiel Wolfgang Lorenz und Gerd Wotjak haben aus 80 sprachwissenschaftlichen Untersuchungen haumlufig vorkommende laquoSemeraquo zusammengetragen also solche Begriffe die dazu verwendet werden um den Inhalt anderer Begriffe zu beschreiben Von den 129 in einer ersten Liste bei LorenzWotjak (1977 310-334) zusammengetragenen haumlufig genannten laquoSemenraquo sind nun mehr als die Haumllfte solche die zu Antonymen-Paaren geordnet werden koumlnnen - was wiederum ganz unabhaumlngig davon wie man zur Existenz von semantischen Merkmalen oder Semen stehen mag aufschlussreich ist fuumlr die Strukturierungs- und Reduktionsleistung entsprechender Begriffspaare

Waumlhrend bei der dominant syntagmatischen Art des Assoziierens die Aufgabe der semantischen Einordnung einer Einheit aus Wortart und Lautbild uumlber die Einbettung in den syntagmatischen Kontext also in ein komplexeres Zeichen geleistet wird verlaumluft somit im Fall der geschilderten Unterart des paradigmatischen Assoziierens die Einordnung anders Das betreffende Wort wird wo immer dies moumlglich ist uumlber die Zuordnung des Kontrast-Werts im Dreiecks-Modul identifiziert Dies ist Goethes laquoAnklingen des Gegensinnsraquo das seit Jost Trier im Bereich der Wortfeldlehre erwaumlhnt wird Die Identifizierung der Bedeutung von B mit Hilfe des kontrastierenden C fuumlhrt natuumlrlich dazu dass jeder normale Sprecher sich etwa bei Muumldigkeit dh bei verringerter Aufmerksamkeit zum Gegenteil hin versprechen kann35 In pathologischen Faumlllen fuumlhrt dann eine verringerte Unterscheidungsfaumlhigkeit zwischen den Teilen B und C des Moduls zu den haumlufigen laquoverbalen Paraphasienraquo des Typs nehmen fuumlr geben fragen fuumlr antworten groszlig fuumlr klein

35 Die Ursache dafuumlr dass der ungeuumlbte Houmlrer Versprech-Leistungen normalerweise gar nicht wahrnimmt haben schon Meringer und Mayer genannt laquo(hellip) Der Hauptgrund des Uumlberhoumlrens von Sprechfehlern liegt darin dass der Houmlrer ganz aumlhnlich daran ist wie der Sprecher und wohl aus derselben Ursache uumlberhoumlrt aus der der andere sich versprichtraquo (1895 10f)

3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Im Similaritaumlt-Kontrast-System das wo immer dies moumlglich ist den Zugriff auf semantische Information primaumlr steuert steht Mutter in [p 24] Kontrast zu Vater - tertium non datur Mutter steht jedoch auch in Beziehung zu anderen Lexemen zB zu Kind Tochter Stiefmutter Groszligmutter auch zu Frau etc Bei Frau oder Maumldchen bestehen uumlbrigens unabhaumlngig vom Geschlecht der Probanden - assoziative Verbindungen zu huumlbsch schoumln Schoumlnheit und dergleichen Die ersten dieser Verknuumlpfungen koumlnnte man noch leicht mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Vater und Mutter bilden ein minimales Paar das sich nur durch den bewussten kleinen Unterschied die Opposition maumlnnlichweiblich semantisch voneinander abhebt Bei Paaren wie MutterKind bzw MutterTochter waumlren es bereits mehrere differenzierende Merkmale (und das Beispiel zeigt zugleich dass es noch ganz andere Relationen gibt als die des Kontrasts hier zB die temporale oder die kausale) Bei MaumldchenSchoumlnheit muumlsste man schon mit Selektionspraumlferenzen arbeiten man koumlnnte wohl auch an den Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt denken

Es gibt nun allerdings eindeutig paradigmatische Assoziationen bei denen merk-malsemantische Konstruktionen angesichts ihrer notwendigen Komplexitaumlt in eklatantem Widerspruch zur hochgradigen Gelaumlufigkeit der betreffenden Assoziationen stuumlnden Ein einfaches Beispiel ist das Paar TischStuhl Die Zahlen 84 bei Russell Jenkins 69 bei PalermoJenkins 55 bei franzoumlsischen Studenten36 Man koumlnnte hier die Merkmal-Similaritaumlt uumlber den Oberbegriff Moumlbelstuumlck konstruieren aber wie waumlre dann zu erklaumlren dass die Verbindung zwischen Tisch und Stuhl enger ist als die zwischen den Moumlbelstuumlcken Tisch und Hocker (die sich im Prinzip nur durch die Groumlszlige unterscheiden) oder zwischen Tisch und Bett (1 der Nennungen trotz laquogetrennt von Tisch und Bett lebenraquo) Wie waumlren weiterhin so gelaumlufige Assoziationen wie pied chaussure araigneacuteetoile tobaccosmoke zu erklaumlren fuumlr die Oberbegriffe schwer zu konstruieren sind und die sich in einer solchen Konstruktion wenn sie gelingt immer noch durch eine Fuumllle von Merkmalen nicht etwa nur durch ein einziges unterschieden

Angesichts solcher Verhaumlltnisse scheint es mir plausibel zu sein das als grundlegend angesetzte Dreiecks-Modul in diesen Faumlllen als eine Similaritaumlts-Kontiguitaumlts-Beziehung zu interpretieren also in Anlehnung an das oben erlaumluterte bdquoGesetz der Naumlhe aus dem Bereich der optischen Wahrnehmung Solche Similaritaumlts-Kontiguitaumlts-Beziehungen beruhen bei einem flieszligenden Uumlbergang zum Similaritaumlt-Kontrast-Bereich ndash jeweils auf Erfahrungskontexten in denen Erscheinungen als zusammengehoumlrig verwandt benachbart verstanden werden Die Komponente der Similaritaumlt versteht sich hier vor allem als Zugehoumlrigkeit zum selben Er- [p 25] fahrungsbereich meist - aber keinesfalls ausschlieszliglich - auch als Zugehoumlrigkeit zur selben Wortart Die Kontiguitaumlt wird zumeist verkoumlrpert durch eine spezielle in der Regel gerichtete Beziehung zwischen den Elementen B und C (Die Zahl der Probanden die auf Stuhl wieder Tisch assoziieren ist viel geringer als die Zahl derer die auf Tisch die Assoziation Stuhl haben) Entscheidend ist dabei nun dass die Erfahrungskontexte zwar individuell verschieden sind dass die Relationen durch welche die Begriffe verknuumlpft sind dagegen meist ganz spezifische invariante Relationen darstellen Tisch und Stuhl sind zB integrierende Teile eines groumlszligeren Ganzen im Erfahrungsbereich des Wohnens und Arbeitens zwischen tobacco und

36 Die Zahl fuumlr die deutschen Probanden lautet 29 - hier stellen die 15 Nennungen fuumlr die im Grenzbe-reich zwischen semantischer und syntagmatischer Kontiguitaumlt liegende Assoziation Bein(e) eine starke Konkurrenz zu Stuhl dar

smoke araigneacutee und toile besteht eine kausale zwischen Hammer und Nagel eine finale Relation Das Gegenstuumlck zur Kontiguitaumlt die Distanz grenzt hier die Dreiecksmoduln gegeneinander ab Interessant ist dass in vielen Faumlllen nicht eigentlich der kontige Partner sondern die spezifische Relation etwa zwischen dem Gegenstand und einem allfaumllligen Benutzer assoziiert wird Um die finale Relation geht es zB in den Faumlllen Bettschlafen Schereschneiden ciseauxcouper scissorscut

32 Sonderfaumllle

Fuumlr beide Varianten des paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssystems gilt natuumlrlich Sobald auf der Achse BC mehr als zwei gleichrangige Mitglieder anzusiedeln sind sobald also in Trubetzkoys oder Coserius Terminologie eine laquoaumlquipollenteraquo und nicht eine laquoprivativeraquo Opposition vorliegt37 verliert die Assoziation von einem dieser Mitglieder zum anderen an Schaumlrfe die buumlndelnde Kraft des einzigen Antonyms oder des in spezifischer Weise kontigen Partners fehlt Musterbeispiel ist das Dreiecks-Modul fuumlr die Farbwerte im Gegensatz zu dem fuumlr die Grauwerte

Wegen der Auswahl aus einer groszligen Zahl gleichberechtigter Moumlglichkeiten sind die Reaktionen auf Farben dementsprechend wenig gebuumlndelt38 ndash auf gelb nennen an ers-ter Stelle 14 der amerikanischen Pro- [p 26] banden blau 12 der deutschen rot 11 der franzoumlsischen gruumln Bei den Ausgangswoumlrtern blau und gruumln ist die Assozia-tion im paradigmatischen Bereich sogar schwaumlcher als im syntagmatischen ndash hier nen-nen die Probanden in allen drei Sprachen an erster Stelle den Himmel (blau) und den Bereich GrasWieseLandschaft (gruumln) und dies mit einer Frequenz die vertreten durch Werte zwischen 20 und 30 deutlich uumlber den Frequenzen liegt die in den ande-

37 Coseriu 19641978 120f 1976 34 Eine graduelle Opposition entspricht wie oben in Anm 5 erwaumlhnt einer Unterart des aristotelischen Entgegengesetzten mit gegebenem tertium38 Nach der oben erwaumlhnten aristotelischen Farbkonzeption oder dem analogen Vorschlag bei Weinrich 1967 2213 oder Coseriu 1976 43f waumlren die beiden Dreiecks-Moduln zu einem einzigen zu kombinieren - die extremen Farbwerte waumlren also schwarz und weiszlig Dem widerspricht einerseits nicht das Assoziationsverhalten der Probanden im englischen franzoumlsischen und deutschen Sprachbereich wo auf rot blau gelb gruumln sowie auf Farbe jeweils auch und zT mit betraumlchtlichen Nennungszahlen schwarz undoder weiszlig genannt werden (Bei gebildeten franzoumlsischen Sprechern liegt in einem dieser Faumllle freilich eine syntagmatische Assoziation vor gerade wegen ihrer Bildung assoziieren 18 an erster Stelle auf rouge das Wort noir) Andererseits entspricht das Assoziieren von schwarz undoder weiszlig auf Farbadjektive den Erkenntnissen die der geniale Edwin H Land (1977) uumlber die Physiologie des Farbsehens gewonnen hat

ren Faumlllen fuumlr Farbwerte eintreten ndash Auch zwischen Zahlen scheinen auf den ersten Blick dieselben aumlquipollenten Beziehungen zu bestehen wie etwa zwischen Farbadjekti-ven Bei naumlherem Zusehen zeigt sich jedoch dass als spezifische Relation zwischen Zah-len die Relation bdquogroumlszliger als gesehen wird (Ganz abstrakt lautet die Regel fuumlr das Zaumlhlen ja Ersetze die letzte Zahl n durch n+1) Entsprechend sind die Assoziationen auf Zahlwoumlrter immer gerichtet zB im Sinn des n + 1 auf zwei wird drei auf drei wird vier assoziiert auf jeden Fall immer eine houmlhere Zahl39

Ein weiterer Sonderfall sind Erfahrungsbereiche die nicht zu denjenigen einer Vielzahl von Sprechern gehoumlren Zum Loumlwen wird gemeinhin als kontiger Partner im Erfahrungsbereich exotische wilde Tiere der Tiger assoziiert Beim Adler fehlt fuumlr den normalen Sterblichen der Partner In solchen Faumlllen kann die Assoziation dann zur Spitze A eines potentiellen Moduls verlaufen (man koumlnnte auch sagen Auf dem Weg von B zu einem potentiellen C endet die Assoziation in Ermangelung eines C bei A das sonst die Zwischenstation gewesen waumlre) Die Konsequenz Die haumlufigste Assoziation auf Ad-ler ist Vogel (21) oiseau (16) und bird (55) Solche Assoziationen zum Klassennamen dh zur Spitze A des Moduls hin sind relativ selten Mit groumlszligerer Haumlufig-keit treten sie sozusagen als Vorstufe zu Similaritaumlt-Kontrast-Assoziationen bei sprach-lich weniger sozialisierten Probanden auf40 [p 27]

4 Schlussuumlberlegungen

laquoDie Aufstellung von Oppositionen ist im Wortschatz wesentlich komplizierter als im phonologischen System einer Sprache da die beteiligten Merkmale wesentlich zahlrei-cher sind als in der Phonologie Prinzipiell handelt es sich jedoch um die gleichen Oppositionstypenraquo (Coseriu 1973 65)

Ich habe eingangs gezeigt dass Zweierschemata haumlufig als Denkmodell verwendet wer-den dass die Sprache im Bereich der Bezeichnungen des Entgegengesetzten uumlber eine ganze Skala solcher Zweierschemata verfuumlgt weiterhin dass Wahrnehmen und Erfassen von etwas stets zugleich bedeutet uumlber die Information hinausgehen die gegeben wird und dass auch bei diesem laquouumlber die Information hinausgehenraquo wieder Zweierschemata wie die von Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz entscheidend sind Ich habe dann Ergebnisse der sprachlichen Assoziationsforschung einer ersten Analyse unterzogen und diese Analyse in einem weiteren Schritt dadurch vertieft dass ich sprachliche Assoziationen als den Reflex von Strategien aufgefasst habe die dazu dienen semantische Information zu erfassen und einzuordnen Zum Abschluss will ich in vier Schlussuumlberlegungen skizzieren worin der moumlgliche Ertrag einer staumlrkeren Einbeziehung der Assoziationsforschung und verwandter Gebiete liegen kann in einem (1) Einblick in das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems und seine (2) Transformation in Onto- und Pathogenese sowie in der Diachronie in einem (3) neuen Licht das auf Probleme der Wortfeldforschung geworfen wird und schlieszliglich auch in einer (4) angemesseneren Haltung gegenuumlber der Wissenschaftsgeschichte

39 Schuchardts oben zitierte Vermutung auf drei koumlnne (aus Gruumlnden der Lautaumlhnlichkeit) auch zwei assoziiert werden ist auch deshalb abwegig weil Ruumlckwaumlrtszaumlhlen eine sehr schwierige Aufgabe ist sie wird zB haumlufig verwendet um das Ausmaszlig von Aphasien zu bestimmen Dasselbe gilt fuumlr Tages- und Monatsnamen wo die spezifische gerichtete Relation bdquospaumlter als oder bdquonach lautet40 Vgl Rosenzweig 1970 102 105 zum relativ groszligen Anteil der Assoziationen zum Oberbegriff hin bei amerikanischen und franzoumlsischen Arbeitern Jenkins 1970 7 erwaumlhnt das Zuruumlckgehen der Oberbegriffs- und der Synonym-Assoziationen in der Geschichte amerikanischer Assoziationstests - Angesichts des vorliegenden Materials ist mir unklar worauf Clark (1970 279) die Ansicht stuumltzt laquoFast-Synonymeraquo wie house - home odour - smell seem - appear thing - object sowie Ober- und Unterbegriffe kaumlmen bei den Wortassoziationen oft vor

41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems

In unserem paradigmatischen Orientierungssystem scheint es zwei Bereiche zu geben die flieszligend ineinander uumlbergehen und miteinander kombiniert sein koumlnnen ei-nen Bereich mit Similaritaumlt-Kontrast- und einen Bereich mit Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-(Distanz-)Struktur Im einen Bereich wird Information aumlhnlich wie im Fall des bdquoGesetzes der Gleichfoumlrmigkeit (und des Kontrastes) vor dem Hintergrund der Similaritaumlt domi-nant eingeordnet im Hinblick auf das Entgegengesetzte im anderen im Hinblick auf den Nachbarn im selben Erfahrungsbereich ndash was dem gestaltpsychologischen bdquoGesetz der Naumlhe entsprechen wuumlrde

[p 28] Das erste System strukturiert durch seine Reduktion auf in der Regel zwei Alternativen (mit falls ein tertium zugelassen ist Zwischenmoumlglichkeiten) unsere Erfah-rung in auszligerordentlich starkem Maszlig Hier bestehen zugleich die groumlszligten auszligereinzel-sprachlichen Uumlbereinstimmungen ndash und zwar deswegen weil bestimmte Strukturie-rungs-Dimensionen ethologisch gesehen nichts anderes darstellen als Verbalisierungen jener Interpretation der Natur der Umwelt und ihrer Gesetzlichkeiten die unser Organismus im Lauf seiner entwicklungsgeschichtlichen Adaptation vorgenommen hat Orientierung im Raum in der Zeit Orientierung durch Houmlren Sehen Riechen Schme-cken Fuumlhlen und Tasten Eine Reihe solcher Strukturierungs-Dimensionen (die generell Coserius und Pottiers Klassemen Greimas Kontextsemen oder Luumldis Kongruenzsemen gleichen)41 sind sogar grammatikalisiert also zu grammatischen Ordnungsdimensionen geworden (wobei die Einzelsprachen das Angebot natuumlrlich in jeweils verschiedener Weise wahrnehmen) Es geht ua pythagoreisch ausgedruumlckt um die Unterscheidung zwischen dem Einen und dem Vielen um die zwischen maumlnnlich und weiblich (die im grammatischen Bereich freilich neutralisiert werden kann) zwischen tot und lebendig (wofuumlr die Grammatiker unbelebtbelebt vorziehen) zwischen menschlich und nicht-menschlich geben (bdquoAllativ bdquoDativ) und nehmen (bdquoAblativ) zwischen ich und du ja und nein (vierte Art des Entgegengesetzten im aristotelischen Sinn) hier und dort jetzt und nicht-jetzt42

Besonders augenfaumlllig sind solche Klasseme und ihre Reduktionsleistung in den sogenannten Klassifikator-Sprachen ndash dort hat jedes Nomen ein Element bei sich das das Bezeichnete einer bestimmten Klasse von Denotaten zuweist etwa zur Klasse Tier oder Mensch zur Klasse der horizontalen oder vertikalen Objekte ndash wobei was nicht unerwartet ist als generellstes und haumlufigstes Klassifikationskriterium die Opposition zwischen belebt und unbelebt verwendet wird (vgl Serzisko 1980)

Unser so vorstrukturiertes Wahrnehmen und Denken erkennt umgekehrt in der Umwelt wieder Prinzipien wie die eingangs genannten Gegensatzpaare des fruumlhgriechi-schen Denkens ndash wobei inzwischen klar sein duumlrfte dass es sich um alles andere als um bdquoarchaisches oder bdquoprimitives Denken handelt Bemerkenswert an den Wort-Assozia-tionen ist ja ua dass man sie nicht dadurch erhaumllt dass man im Sinn des dritten noogenetischen Prinzips von Spearman den Ausgangspunkt und die gewuumlnschte Rela-tion vorgibt um zu einem Ergebnis zu kommen es genuumlgt die Angabe des Ausgangspunkts Wahrnehmen Erkennen Verstehen bedeuten naumlmlich stets Einordnen Relationen herstellen ndash gleichguumlltig ob es um [p 29] die optische Wahrnehmung geht an der einige (vermutlich verwandte) Gestaltgesetze erlaumlutert wurden oder aber um das Einordnen sprachlicher Information So ist es ganz selbstverstaumlndlich dass die gege-

41 Vgl Coseriu 1972 52 LorenzWotjak 1977 235 mit Anm 10342 Vgl zur binaumlren Opposition als einer Extremform des grammatischen Paradigmas auch Weinrich 1967 1975

bene Information erst im Hinausgehen uumlber das Gegebene erfasst wird - ein Hinausge-hen das die Psychologen bekanntlich auch Denken nennen Im sprachlichen Erfassen ist so auch das Denken oder laquouumlber das Gegebene Hinausgehenraquo angelegt Das Denk-schema von These Antithese und Synthese spiegelt zB das Dreiecks-Modul des Similaritaumlt-Kontrast-Systems wider Mann und Frau sind in Mensch aufgehoben43

Waumlhrend im Bereich des Similaritaumlt-Kontrast-Systems nicht nur im Prinzip son-dern zT auch materiell gewisse auszligereinzelsprachliche Uumlbereinstimmungen vorhanden sind gibt es im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System natuumlrlich entsprechend dem Erfahrungs- und Lebensbereich kulturelle und soziale Unterschiede Entscheidend ist jedoch auch hier dass Einordnen nicht nur bedeutet in Relation Setzen zu diese Relationen sind ebenso wie die Kontrast-Relation im anderen System wiederum ganz spezifische ihrer-seits in aller Regel uumlberindividuelle Denk-Relationen TeilGanzes Kausalitaumlt Finalitaumlt Zeitrelation Invariant oder auszligereinzelsprachlich sind also die Relationen nicht notwendigerweise dagegen die Terme die durch solche Relationen verbunden sind

42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semanti-schen Orientierungssystems

Nach den vorgefuumlhrten Analysen gibt es drei Strategien zur Wahrnehmung und Einordnung semantischer Information eine dominant syntagmatische und die beiden eben erwaumlhnten paradigmatischen Dabei entspricht die syntagmatische Strategie dem was Hansjakob Seiler im Bereich der bdquosprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden mit Piaget zunaumlchst als Einordnen dann als Individualisierung bezeichnet hat insbeson-dere das paradigmatische Similaritaumlt-Kontrast-System entspricht dagegen dem Seiler-schen Klassifizieren bzw Generalisieren als der anderen polaren Instanz im Bereich der sprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden (Seiler 1981) Die Charakteristika aller drei Orientierungs- und [p 30] Einordnungssysteme sind in der folgenden Uumlbersicht nochmals zusammengestellt

I II IIISyntagmatisches Konti-guitaumlts-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontrast-System

Dominante Strategie Einordnen in ein groumlszlige-res Syntagma (dh in ein komplexeres Zei-chen)

Zuordnung eines Part-ners aus demselben Er-fahrungsbereich (uumlber spezifische Relationen)

Zuordnung eines Anto-nyms (uumlber die Gegen-satz-Relation)

Wortklasse in aller Regel verschie-den

in der Regel gleich gleich

Kontiguitaumlt vs Distanz ja ja

43 Es ist gewiss nicht erstaunlich dass wie Coseriu (1977a) gezeigt hat gerade Hegel in seiner Humboldt-Rezension als Vergleichsgrundlage fuumlr alle Sprachen die Unterscheidung von Gattungen und Arten bzw von laquoAllgemeinheiten und Bestimmtheitenraquo ansieht ndash mit anderen Worten also das DreiecksModul in sei-ner Similaritaumlt-Kontrast-Auspraumlgung ndash Die Bolle des Kontrasts (als drittes Moment neben Similaritaumlt und Kontiguitaumlt) hat aus der phaumlnomenologischen Tradition heraus sehr schoumln und einleuchtend Elmar Holen-stein dargestellt und gerade auch fuumlr die sprachliche Seite als grundlegend bezeichnet laquoDamit uumlberhaupt eine Auswahl (gemeint ist auf der paradigmatischen Achse der Selektion) getroffen werden kann muss sich etwas von etwas abhebenraquo (1976 86) Bruners going beyond the information given kann also zT auch im phaumlnomenologischen Sinn interpretiert werden

Similaritaumlt vs Kontrast ja ja

Fuumlr alle Woumlrter moumlg-lich

ja groszliger Bereich kleiner Bereich (bdquosemantische Struktur-woumlrterldquo)

Die spezifischen Relationen im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System entsprechen dabei in etwa Piagets laquoinfralogischenraquo Relationen oder Spearmans (1923 67-71) laquorealraquo relati-ons die Relationen des Similaritaumlt-Kontrast-Systems entsprechen dagegen Piagets laquologi-schenraquo und in etwa wohl Spearmans (71-74) laquoidealraquo relations Fuumlr die veschiedentlich erwaumlhnte nicht scharfe Trennung der Bereiche II und III duumlrften ua die Teil-Ganzes-Relationen verantwortlich sein die sowohl im laquologischenraquo (Inklusion) als auch im laquoinfralogischenraquo Bereich vorkommen Waumlhrend die Relationen des Similaritaumlt-Kontigui-taumlt-Systems dominant gerichtete Relationen sind ist die Gegensatz-Relation des Similaritaumlt-Kontrast-Systems grundsaumltzlich zweiseitig Abweichungen ergeben sich insbesondere durch Polysemie (vgl o S 12)

Ontogenetisch gesehen werden nun die paradigmatischen Systeme II und III uumlber das syntagmatische System I aufgebaut Dabei nimmt das System II wie aus seinen Merkmalen ersichtlich ist eine Mittelstellung zwischen den Systemen I und III ein - im Sinn der Konzeption Seilers stellt es also gewissermaszligen den bdquoWendepunkt zwischen den beiden Polen der Dimension sprachliche Erfassung von Gegenstaumlnden dar Auch der flieszligende Uumlbergang zwischen den drei Systemen erhellt aus dem Schema die Grenz-faumllle liegen interessanterweise nicht zwischen I und III sondern zwischen den Systemen III (zB Coserius laquolexikalische Solidaritaumltenraquo) und zwischen den Systemen IIIII Es ist somit plausibel dass [p 31] in der Ontogenese die Systeme in der Reihenfolge I-II-III aufgebaut werden Das System III nimmt dabei insofern eine Sonderstellung ein als es wie die letzte Zeile des Schemas nochmals ausweist direkt nur auf einen kleinen aber wichtigen Ausschnitt des Wortschatzes anwendbar ist

Was den Abbau der Sprache bei pathologischer (oder altersbedingter) Beeintraumlchtigung des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems betrifft so ist den vorliegenden Beobachtungen nach die Reihenfolge wohl umgekehrt Das System III wird vor dem System II beeintraumlchtigt Dies entspraumlche der Erkenntnis Jakobsons dass man zuerst verliert was man zuletzt erworben hat44 Was schlieszliglich diachronische Transformationen speziell den Bedeutungswandel betrifft so ist die Affinitaumlt zu Uumlberlegungen sehr wichtig die in Teilbereichen schon Wilhelm Wundt (o S 7) und dann vor allem Stephen Ullman angestellt hat Ullman resuumlmiert ja die Arbeit seines Lands-manns Zoltan Gombocz (Jelentestan Pecs [Fuumlnfkirchen] 1926) und den ihm zu Grunde liegenden Aufsatz von Leacuteonce Roudet (1921) mit folgenden Worten

laquoAn associative network of names clusters around each name some of these associations are rooted in similarity others in contiguityraquo (1967 79)

Dem entspricht dann seine Klassifizierung des Bedeutungswandels (1967 220ff) Uumlbertragung von signantia aufgrund von Similaritaumlt bzw Kontiguitaumlt zwischen den sig-nata bzw umgekehrt Uumlbertragung von signata aufgrund der SimilaritaumltKontiguitaumlt zwi-schen den signantia Zu praumlzisieren waumlre dass es sich nicht um Similaritaumlt oder Kontiguitaumlt handelt sondern um Transfer im Rahmen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- oder 44 Die Arbeit von Stachowiak uumlber die Semantische Struktur des subjektiven Lexikons (1979) bestaumltigt diese Hypothese was dort vorgefuumlhrt wird laumlsst sich mE alles in dem Sinn interpretieren dass bei aphasischem Abbau der Sprache vor allem das System III beeintraumlchtigt wird Nach dem was oben (S 18f) uumlber die Komplexitaumlt von Benennungs- und Assoziations-Aufgaben gesagt wurde unterstreicht dies im Grund auch die These Jakobsons dass es sich im wesentlichen um eine Stoumlrung handelt bei der die metasprachliche Punktion der Sprache beeintraumlchtigt ist

des Similaritaumlt-Kontrast-Systems die Rolle des Kontrasts ist wie schon Wundt sah in der Tat nicht unwichtig45 [p 32]43 Wortfeld-Probleme

Die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen werfen auch ein Licht auf manche Probleme der Wortfeldforschung Zunaumlchst erklaumlren sowohl die Wortassoziationen als auch die Sprechfehler das eher selten reflektierte Phaumlnomen dass die bisher vorgestellten Wortfelder alle aus Elementen derselben Wortart bestehen46 Weiterhin muumlsste man ge-maumlszlig den beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssystemen wohl auch zwischen zwei Grundarten von Wortfeldern unterscheiden zwischen solchen des Similaritaumlt-Kontrast-Typs und solchen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- [p 33] Systems (etwa Wortfeld desWohnens der Werkzeuge der Landschaft)47 In der Form wie sie durch die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen nahegelegt werden vermitteln dabei die Wortfel-

45 Was die Unterscheidung der beiden paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssysteme angeht so fuumlhle ich mich nicht nur in der guten Gesellschaft Ullmans sondern auch in der einer Reihe von Psychologen Sprachpsychologen und Aphasieforschern Jean Piaget und Baumlrbel Inhelder unterscheiden bei der Ordnungsleistung von Kindern zwischen dem Ordnen nach dem Prinzip der Aumlhnlichkeit und nach demjenigen der Konvenienz und etwa analog dazu zwischen den schon erwaumlhnten laquologischenraquo Relatio -nen (Klassifizierung) und den laquoinfralogischenraquo (PiagetInhelder 19731 38ff) Elisabeth Wiig und Diana Globus haben 1971 in einem kontrollierten Assoziationsversuch mit 7 Aphasikern und 7 gesunden Kon -trollpersonen explizit mit Piagets logischen und infralogischen Relationen gearbeitet Das Ergebnis kann nicht nur dahingehend interpretiert werden dass es entsprechend zu diesen Relationen zwei verschie -dene Orientierungs- und Einordnungssysteme gibt sondern auch dahingehend dass das klassifikatorische System (Similaritaumlt-Kontrast-System) sowohl bei Gesunden als auch bei Aphasikern im Verfahren der kontrollierten Assoziation (gegeben ist ein Ausgangsbegriff und die Relation gesucht wird ein Zielwort) nur dann gute Ergebnisse erbringt wenn die Merkmalunterschiede gering sind - und am geringsten sind sie natuumlrlich bei binaumlren Oppositionen also etwa bei Antonymie Sobald die Merkmalsunterschiede groumlszliger werden etwa beim Ausgangsbegriff Kind und dem gesuchten Begriff Eltern sind die Suchergebnisse bei Aphasikern und Gesunden gleichermaszligen schlecht Dagegen funktioniert das infralogische System sowohl bei hoher als auch bei geringer Kontiguitaumlt der Begriffe bei den unter-suchten Aphasikern und den gesunden Kontrollpersonen recht gut (laquoWas ist der Zweck von Heizung - Ergebnis Waumlrme oaraquo) ndash Was die beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssysteme an-langt stehe ich auch weitgehend in Einklang mit James Deese Deese zieht nach einer essentiell faktoranalytischen Untersuchung von Assoziationsverhalten ua folgende Konsequenz (1965 164) laquoThe data on associative distribution suggest that the two fundamental operations we have for sorting out meaningful ndashthat is logical and syntactical relations among wordsndash are contrast and groupingraquo Deese sieht freilich ua nicht die Einordnung in ein Syntagma als dritte Strategie und anhand einer sprachpsychologischen Darstellung des Assoziationsverhaltens wie sie etwa von Houmlrmann (1967 115-156) gegeben wird vermisst man generell den Ansatz Assoziationen als Reflex von Strategien zum Erfas-sen von Bedeutung anzusehen so erscheinen dann viele Beobachtungen die anhand des obigen Schemas sinnvoll integriert werden koumlnnen eher als membra disiecta ndash Ich nenne schlieszliglich noch die Arbeit von Huber et al 1975 und die schon erwaumlhnte Dissertation von Stachowiak (1979) In der Arbeit von 1975 wird ndashbei einer Beschreibung jenes Aphasie-Typs der nach Carl Wernicke benannt istndash unterschieden zwischen zwei Orientierungsprinzipien im Lexikon einem laquosemantisch-klassifikatorischenraquo und einem laquosituativ-referentiellenraquo (1975 88 vgl Stachowiak 1979 58f) Ich bin freilich nicht einverstanden mit der These Stachowiaks es handle sich dabei einerseits um einen laquoinnersprachlichenraquo andererseits um ei-nen laquoenzyklopaumldischenraquo Bereich Wesentlich ist was nochmals betont sein soll fuumlr beide Bereiche als invariantes Prinzip dasjenige der Relation dabei sind die Relationen im einen Fall gewiss klassifikatorisch im anderen laquoinfralogischraquo beide Arten von Relationen sind jedoch gleichermaszligen uumlberindividuell und sie werden gleichermaszligen erlernt46 Geckeler sieht (1971 218) die Wortart-Gleichheit als die gewissermaszligen selbstverstaumlndliche Folge ei -ner paradigmatischen Perspektive an (was einer engen Konzeption von Paradigma entspricht) vgl u S 3547 Wenn ich recht sehe korrespondieren die beiden Grundarten mit einer Unterscheidung die Coseriu (1976 47f) innerhalb eines seiner fuumlnf Kriterien zur Klassifizierung von Wortfeldern macht naumlmlich der Unterscheidung zwischen laquorelationellenraquo und laquosubstantivenraquo Oppositionen bzw Feldern Im Rahmen der hier vorgetragenen Konzeption wird diese Unterscheidung zu einer zentralen Groumlszlige

der des Similaritaumlt-Kontrast-Typs gewissermaszligen zwischen zwei extremen Konzeptio-nen von Wortfeld zwischen der von Andre Jolles und der von Jost Trier Jolles (der des-halb von Trier und anderen gescholten wurde) wollte nur Minimalformen mit jeweils zwei (antonymen) Gliedern als laquoBedeutungsfelderraquo gelten lassen Felder die in dieser Form natuumlrlich fest umgrenzt waumlren (Jolles 1934) Fuumlr Trier galt dagegen das Prinzip der Wert jedes Worts ergebe sich aus dem Feldwert also aus der Position in einem semantischen Feld Das Wort bedeute laquonur in diesem Ganzen und kraft dieses Ganzenraquo Die vermittelnde Position ist die in einem zentralen Antonymenpaar den festen Kern zu sehen um den sich ein ganzes Feld verwandter Termini schart wobei im Normalfall die Grenze des Feldes verschwimmt Das Feld waumlre also nur von seinem zentralen Kern aus als solches zu greifen Geckelers Doppel-Wortfeld zwischen altrsquo und seinen beiden Antonymen jung und neursquo scheint mir de facto im Sinn einer solchen Konzeption interpretierbar zu sein

Die Wortfelder des Similaritaumlt-Kontrast-Typs lassen sich nun wie schon er-waumlhnt in einleuchtender Weise mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Spaumltestens bei dem Versuch Wortfelder des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs merkmalsemantisch zu rekonstruieren treten jedoch betraumlchtliche Schwierigkeiten auf Ein Verfahren auch solche Bereiche bdquodurchsichtig zu machen besteht nun darin dass man an die Spitze eines Feldes neben den eventuell vorhandenen Oberbegriff noch eine der spezifischen Auspraumlgungen der Kontiguitaumlts-Relation stellt (wodurch dann das was die Basiskante BC des Moduls von S 21 ausmacht als Seitenkante bzw Suchbegriff verwendet wird) Pottiers Wortfeld der Sitzmoumlbel im Franzoumlsischen hat als konstituierende Merkmale ne-ben dem Oberbegriff Artefakt eine solche spezifische Auspraumlgung naumlmlich das finale zum Sitzen Die Similaritaumlt die durch diese beiden Merkmale geschaffen wird stellt einerseits das Auswahlkriterium dar nach dem das Feld begrenzt andererseits den Hintergrund an Similaritaumlt vor dem es analysiert werden kann Ein Bereich wie Werk-zeug laumlsst sich um ein weiteres Beispiel zu geben nur schwer merkmalsemantisch beschreiben weil man Begriffe wie Stechbeitel Loumltkolben Nietzange und Maumlhdre-scher zu beruumlcksichtigen haumltte Fuumlgt man jedoch zu Werkzeug die finale Relation zum Bearbeiten von (beispielsweise von Holz) so entsteht ein uumlberschaubares und strukturierbares Feld [p 34]

Dabei zeigt sich nicht nur dass solche Wortfelder in gewissem Maszlig beliebig (re)konstruierbar sind - man kann etwa Katze mit gleichem Recht einmal zu den Haus-tieren ein andermal zu den fleischfressenden Saumlugetieren rechnen Es zeigt sich gleichzeitig dass eine solche Rekonstruktion genau nach dem dritten noogenetischen Prinzip von Spearman verlaumluft Zu einem Ausgangsbegriff (Werkzeug) und einer Rela-tion (zum Bearbeiten von Holz) werden Entsprechungen gesucht und gebildet Unter dem Blickwinkel dieses noogenetischen Prinzips sind Wortfelder nun nicht nur beschreibbar als Ergebnisse eines Verfahrens der kontrollierten Assoziation die beiden angedeuteten Grundtypen von Wortfeldern beruhen dann sogar beide auf demselben Grundprinzip Gegeben ist der Ausgangsbegriff und eine Relation ndash eine Relation die im Fall des Similaritaumlt-Kontrast-Typs die Gegensatzrelation ist im Fall des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs eine finale kausale temporale lokale TeilGanzes-Relation etc Dass solche Konstruktionen oder Rekonstruktionen48 also die Wortfelder der Linguisten keinesfalls - um mit Gauger (zB 1976) zu sprechen - laquobewusstseinsfremdraquo sind zeigt gerade das Verfahren der freien Assoziation dessen Interpretation Ausgangspunkt die-ser Uumlberlegungen war

Dies hat auch Auswirkungen auf das von Saussure aufgeworfene Negativitaumltsproblem Gewiss bedeutet Vater nicht nur Nicht-Mutter sondern auch

48 Von der Konstruktion von Wortfeldern spricht auch Coseriu (zB 1970 113)

Nicht-Sohn Nicht-Barock Nicht-Jahrhundert Bei einer solchen Betrachtung wird je-doch eine bestimmte Art des Gegensatzes die parmenideische Relation des bdquoIst nicht verabsolutiert Sie spielt gewiss eine wichtige Rolle in der Sprache sowohl in der Semantik als auch im Bereich der geschlossenen grammatischen Paradigmen Man sollte jedoch (trotz des Umstands dass die Kontrast-Relation und mit ihr die Relation des oppositiven bdquoIst nicht gerne als laquologischraquo die Relationen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Systems dagegen als laquoinfralogischraquo bezeichnet werden) nicht vergessen dass beide Ar-ten von Relationen unabdingbare Konstanten unseres Wahrnehmens Erfassens und Denkens darstellen und dass eine Semantik die nicht bewusstseinsfremd sein will dementsprechend nicht nur die im Motto auf S 27 angegebenen Oppositionen sondern die ganze Skala moumlglicher Relationen mit in ihr Beschreibungsinstrumentarium aufneh-men muss

44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte

Eugenio Coseriu hat 1977 in seiner Antrittsrede an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften als eines der vier Prinzipien seines Schaffens das Stichwort Tradition und Neuerung genannt Es heiszligt dort laquodass die Geschichte unserer Wissenschaften wie uumlberhaupt die Kultur- [p 35] geschichte Fortsetzung von Traditionen und Erneuerung innerhalb von Traditionen istraquo Man sage eigentlich Neues nur wenn man an Traditionen anknuumlpfe und Traditionen fortsetze (1977 109 vgl 1979 5) Ich habe im vorliegenden Beitrag versucht in mehrfacher Weise an solche Traditionen anzuknuumlpfen ua an diejenige der Assoziationsforschung der Jahrhundertwende Dass hier uumlberhaupt von einem (Wieder-)laquoAnknuumlpfenraquo gesprochen werden muss hat seine Gruumlnde

Der Begriff Assoziation war noch Saussure so gelaumlufig dass er ihn in dem Sinn verwendete in dem heute Paradigma und paradigmatisch gebraucht werden (Saus-sure spricht nicht von paradigmatischen sondern von assoziativen Relationen) Henri Frei oder Charles Bally setzten in dieser Hinsicht nicht nur die Tradition des Meisters fort Bally kannte wie ua einschlaumlgige Stellen aus dem Traiteacute de stylistique franccedilaise von 1909 zeigen offensichtlich auch die Arbeit von Thumb und Marbe sowie den dort angesprochenen Bereich des Assoziierens insbesondere zum Gegenteil hin Seither hat jedoch in der Sprachwissenschaft ein grundlegender Paradigmawechsel stattgefunden Eine im Uumlbermaszlig psychologisierende Stroumlmung wurde wie uumlblich durch das Gegenteil abgeloumlst und seither scheinen die Sprachwissenschaftler den Begriff Assoziation als et-was eher Anruumlchiges zu meiden und allenfalls mit ganz spitzen Fingern anzufassen laquoCest pour eacuteviter le psychologisme adopteacute dans le Cours de F de Saussure que je substi-tue le terme rapport paradigmatique agrave celui de rapport associatifraquo schreibt Louis Hjelmslev der den terminologischen Wandel vollzogen hat in einer Fuszlignote des Vor-trags den er 1936 auf dem Linguisten-Kongress in Kopenhagen gehalten hat (1938140) Interessanterweise ist auch der Anti-Psychologismus wie Gauger zeigen konnte (1976 73-87) bei Saussure schon mit angelegt

Freilich motiviert sowohl die weitere Geschichte der Assoziationsforschung als auch die Auffassung der Sprechfehler diese spitzen Finger in betraumlchtlichem Maszlig beide Phaumlnomene wurden in den Bereich der Abnormalitaumlt und des Pathologischen geruumlckt Was das Versprechen angeht so ist die Ursache kein anderer als Sigmund Freud er griff aus den Sprechfehlern die Meringer und Mayer vorgefuumlhrt hatten vor allem die Gruppe des Versprechens zum Gegenteil hin heraus und interpretierte sie in dem bekannten Sinn Das Versprechen zum Gegenteil hin lege die geheimen Gedanken des Sprechers bloszlig Dies ist ganz ohne Zweifel eine Uumlberinterpretation die in manchen Faumlllen zutreffen

mag fuumlr den Durchschnittsfall jedoch keinerlei Allgemeinguumlltigkeit beanspruchen kann49 Wie nachhal- [p 36] tig die Interpretation Freuds ndashin diesem Fall leiderndash ge-wirkt hat zeigt die Verbindlichkeit jener Bezeichnung mit der man Sprechfehler heute erfasst bdquo(Freudsche) Fehlleistungen Ein in gleichem Maszlig bdquopathologischer Geruch begleitet spaumltestens seit 1910 die Versuche mit Wortassoziationen Carl Gustav Jung machte Versuche mit Assoziationen Kent und Rosanoff hatten die Absicht mit ihrer Liste von 100 Ausgangswoumlrtern und dem Durchschnitt der Assoziationen von 1000 Probanden eine Norm aufzustellen von der sich abnormale Assoziationen abheben soll-ten Die Untersuchung erschien nicht nur in der Zeitschrift American Journal of Insanity sie hieszlig auch noch A Study of Association in Insanity I Association in Normal Subjects Alle seitherigen einschlaumlgigen Assoziations-Listen werden von den Psychologen entspre-chend mit dem Etikett Norm versehen (laquoRussellJenkins-Normraquo laquoPalermoJenkins-Normraquo etc)

Die Haltung spaumlterer Sprachwissenschaftler ist also auch damit zu erklaumlren dass das Assoziieren und die Sprechfehler durch Pathologisierung ihrer ehemaligen (und angemesseneren) Unschuld verlustig gegangen waren Freilich gibt es seit einiger Zeit wieder ein neues und zunehmendes Interesse an Fragestellungen des Sich-Versprechens Assoziierens und der (wirklich zum Bereich des Pathologischen gehoumlrenden) Aphasie-Forschung50 Dass dabei in der Regel die eigentliche Tradition ausgespart wird ist weniger erfreulich Denn es geht nicht nur um eine sehr alte Tradition des Denkens es geht mit der Omnipraumlsenz bestimmter Relationen eigentlich um grundlegende Charakteristika des Sprechens und Denkens selbst

Freiburg Wolfgang Raible

[p 37] Literaturverzeichnis

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49 Vgl hier die analoge Einstufung der Freudschen Konzeption sprachlicher Fehlleistungen bei Kainz 1956 38 - Die Auseinandersetzung zwischen Freud und Meringer war zT sehr heftig Auf einer houmlheren Stufe der Eskalation zieh Meringer Freud beispielsweise der laquoStuumlmperraquo-Haftigkeit auf dem Gebiet des Beobach-tens laquoEr sieht und houmlrt naumlmlich nur das was sich eventuell zur Begruumlndung seiner phantastischen Theorien missbrauchen laumlsst Die unendlich vielen Faumllle die sich dagegen mit Haumlnden und Fuumlszligen straumlu-ben sieht er nicht (1912 55)50 Ich nenne drei Indizien fuumlr die Wiederbelebung der Tradition bzw das verstaumlrkte Interesse an den betreffenden Zusammenhaumlngen Erstens wird die Arbeit von Meringer und Mayer in einem 1973 von Victoria A Fromkin herausgegebenen Sammelband in den beiden Beitraumlgen der Herausgeberin wenigs-tens gelegentlich wenn auch zT falsch zitiert Die Arbeit von Thumb und Marbe wurde 1978 sogar neu ediert Zweitens gibt es insbesondere in den Vereinigten Staaten eine Reihe von Arbeiten zu linguistischen Aspekten der Assoziationsforschung (die wichtigste ist wohl die allerdings weitgehend psychologisch und psychometrisch orientierte von Deese 1965) die zB in den Versuch einer Synthese eingegangen sind den Herbert H Clark 1970 veroumlffentlicht hat (Die Arbeit von Clark ist freilich noch ein wenig zu stark dem Grammatikmodell der Transformationsgrammatik verhaftet) Noumlth (1975) hat den Ansatz von Clark zT weitergefuumlhrt sich zT jedoch auch in kasuistischen Uumlberlegungen gefangen Drittens ist das Wiedererwa-chen des linguistischen Interesses an der Aphasie-Forschung zu vermerken (es war zB schon bei Meringer und Mayer vorhanden) Fuumlr dieses ndashallerdings in Schuumlben auftretendendash Interesse ist nicht zuletzt auch Roman Jakobson verantwortlich

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  • Von der Allgegenwart des Gegensinns
  • (und einiger anderer Relationen)
  • Strategien zur Einordnung semantischer Information
  • Wolfgang Raible (Universitaumlt Freiburg)
  • Eugenio Coseriu zum 2771981
  • 21 Gesetzmaumlszligigkeiten des Assoziierens
  • 211 Argumentum quantitatis
  • 212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt
  • 22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens
  • 311 Syntagmatisches Assoziieren
  • 312 Paradigmatisches Assoziieren
  • 3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System
  • 3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System
  • 32 Sonderfaumllle
  • 41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems
  • 42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semantishyschen Orientierungssystems
  • ja
  • Fuumlr alle Woumlrter moumlgshylich
  • 44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte
  • Freiburg Wolfgang Raible
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Page 4: latina.phil2.uni-freiburg.delatina.phil2.uni-freiburg.de/.../Files/Gegensinn_neu.docx  · Web viewZeitschrift für romanische Philologie Bd. 97, Heft 1/2, S. 1-40. Die Seitenangabe

13 Going Beyond the Information Given

Anlaumlsslich eines Symposiums hat sich der illustre Harvard-Psychologe Jerome S Bruner 1957 in bemerkenswerter Weise zu Problemen der Kognition geaumluszligert Sein Beitrag handelt von dem Phaumlnomen dass wir alle in der Lage sind einzelne Daten in einen allgemeineren Zusammenhang einzuordnen und dadurch in Relationen zu bringen die man mit Bruner - und gemaumlszlig der damals aktuellen Informationstheorie - codes mit Piaget (den Bruner zitiert) Schemata nennen kann Es geht also etwa darum dass wir in der Lage sind zwischen der gegebenen Zahlenreihe 1 4 9 16 25 und der nicht gegebenen Zahlenreihe 1 2 3 4 5 eine Relation herzustellen und dadurch die gegebene erste Zahlenreihe nicht nur leicht im Gedaumlchtnis behalten bzw aus dem Gedaumlchtnis rekonstruieren sondern auch beliebig fortsetzen dh in doppeltem Sinn uumlber die gegebene Information hinausgehen koumlnnen7

Ohne die Wichtigkeit solcher Schemata und ihrer Erkenntnis im geringsten anzweifeln zu wollen Es gibt noch elementarere Formen des Hinausgehens uumlber die gegebene Information Ein einfaches und einleuchtendes [p 5] Beispiel sind bereits einige Gesetze aus dem Bereich der Gestaltpsychologie Um diese im vorliegenden Zusammenhang nicht unwichtigen Gesetzmaumlszligigkeiten wuumlrdigen zu koumlnnen muumlssen vorab drei seit Aristoteles bekannte insbesondere durch die Phaumlnomenologie und die Gestaltpsychologie gelaumlufige Begriffe um einen weiteren ergaumlnzt und als zwei bdquoDimensionen mit jeweils zwei Extrempolen begriffen werden - es geht also wiederum um Gegensatzpaare Die bekannten Begriffe sind Similaritaumlt Kontrast Kontiguitaumlt Der zu ergaumlnzende ist derjenige der Distanz Die beiden Dimensionen sind dementsprechend

Dimension 1 Similaritaumlt - KontrastDimension 2 Kontiguitaumlt - Distanz8

Die Dimension Similaritaumlt - Kontrast scheint besonders einleuchtend und erklaumlrungsstark zu sein - sie spielt zB in den vorsokratischen Vorstellungen von der Sinneswahrnehmung die entscheidende Rolle Theophrast konnte entsprechend dann die jeweiligen von ihm referierten Positionen in ein Zweier-Raster einordnen Man erkennt Gleiches durch Gleiches sagten die einen und noch Goethe stellte fest laquoWaumlr nicht das Auge sonnenhaft die Sonne koumlnnt es nie erblickenraquo Die anderen vertraten dagegen die These man erkenne Gleiches durch Gegensaumltzliches9

Mit Hilfe dieser beiden Dimensionen und ihrer vier polaren Instanzen lassen sich nun wie mir scheint grundlegende Gestaltgesetze leicht beschreiben Das sogenannte bdquoGesetz der Naumlhe besagt dass - wenn man die Dimension 1 neutral haumllt also identische Formen waumlhlt - bei Erscheinungen die sich durch ihre unterschiedliche Entfernung voneinander auszeichnen die Kontiguitaumlt gegenuumlber der Distanz das gestaltbildende

der fuumlnften Art des Entgegengesetzten noch eine weitere von Aristoteles zwar de facto verwendete hier jedoch nicht eigens angegebene Variante untergeordnet werden in der zwischen zwei Extrempolen eine gradierbare Skala besteht Manche Autoren (Lyons Schifko) verwenden speziell fuumlr diese Art des Entgegengesetzten den Begriff Antonymie7 Bruner 1957 50 1973 erschien ein Sammelband mit Aufsaumltzen Bruners unter dem fast identischen Ti tel Beyond the Information Given in dem auch der in Rede stehende Aufsatz wieder abgedruckt ist (218-238) 8 Zur Erklaumlrung weiterer Gesetze der Gestaltpsychologie in diesem Rahmen bedarf es ua noch der Dimensionen Kontinuitaumlt - Diskontinuitaumlt und Vollstaumlndigkeit - Unvollstaumlndigkeit Auch hier entsteht bezeichnenderweise eine richtiggehende bdquoSystoichie von entgegengesetzten Begriffen9 Goethe Zahme Xenien III Theophrast De sensu 1ff

Prinzip ausmacht Sobald z B in einer Schar von Parallelen unterschiedliche Distanzen vorhanden sind gruppiert man automatisch die naumlher beieinander liegenden als zusammengehoumlrig dh als groumlszligere Einheiten ndash Das bdquoGesetz der Gleichartigkeit (und des Kontrasts) betrifft die Dimension 1 wobei diesmal durch gleiche Entfernung die Dimension 2 neutralisiert wird Erscheinungen werden einerseits nach dem Prinzip der groumlszligtmoumlglichen mutuellen Similaritaumlt gruppiert und diese Gruppen werden ihrerseits nach dem Prinzip des groumlszligtmoumlglichen Kontrasts voneinander abgehoben Man sieht dementsprechend in den beiden folgenden Beispielen je nachdem Spalten (auf der linken Seite) oder Zeilen (rechts)

a b a b a b a a a a a a a aa b a b a b a b b b b b b b a b a b a b a a a a a a a a a b a b a b a b b b b b b ba b a b a b a a a a a a a a

[p 6] Das bdquoGesetz der guten Gestalt nach dem in komplexen Figuren vorzugsweise einfachere Figuren wahrgenommen werden oder nach dem umgekehrt bis zu einem bestimmten Grade unvollstaumlndige Figuren automatisch zu vollstaumlndigen ergaumlnzt werden ndash beide Erscheinungsformen dieses letztgenannten Gesetzes die Vereinfachung und die Ergaumlnzung bestaumltigen auf ihre Weise weiterhin jenes (schon im der Η Metaphysik ndash 1041b 11 ff - nachzulesende) Grundgesetz der Gestaltpsychologie dass ein Ganzes nicht gleichgesetzt werden darf mit der Summe seiner Teile

Alle diese elementaren Gesetze zeigen nun dass wir schon bei der einfachen Wahrnehmung stets uumlber die objektiv vorhandene Information hinausgehen Auch Bruner geht bei seinen Uumlberlegungen eigentlich von elementaren Erscheinungen aus naumlmlich den drei laquonoogenetischenraquo (im Original noegenetischen) Prinzipien die Charles Spearman 1923 aufgestellt hat

laquoOne of these (principles) called () the eduction of relations holds that there is an im-mediate evocation of a sense of relation given the mental presentation of two or more things White and black evoke opposite or different The third principle the eduction of correlates states that in the presence of a thing and a relation one immediately edu-ces another thing White and opposite of evoke blackraquo (Bruner 1957 41 vgl Spear-man 1923 63 ff und 91ff)

Auch Bruner verwendet wie man sieht zur Exemplifizierung des zweiten und des dritten der noogenetischen Prinzipien Spearmans nichts anderes als die offenbar schwer zu vermeidende Relation des Kontrastes

2 Der allgegenwaumlrtige Gegensinn oder Von Assoziationen und anderen lsquoFehlleistungenrsquo

Die Systoichie der Pythagoreer die kosmogonischen und kognitiven Lehren der Vorsokratiker Platons δυάς ἀόριστος Aristoteles Konzeption des Werdens und des Vergehens desgleichen seine Klassifizierung der Sinneseindruumlcke und seine Beschaumlftigung mit den laquoKategorienraquo Grundgesetzlichkeiten der Gestaltpsychologie und die laquonoondashgenetischen Prinzipienraquo Spearmans in der erwaumlhnten Form Alle diese Faumllle weisen bei selbstverstaumlndlichen Unterschieden im Einzelnen eine Gemeinsamkeit auf sie sind allesamt Instanzen oder Auspraumlgungen dessen was man mit Goethe (also nicht

mit Abel) den Gegensinn10 nennen koumlnnte sie verkoumlrpern das Prinzip des Kontrasts - oder sie setzen es sogar voraus

Auch in der Sprache scheint es Aumlhnliches zu geben Saussure hat wie man weiszlig zwischen syntagmatischen und ndashder Sache nachndash paradigma [p 7] tischen Relationen in der Sprache unterschieden und er hat nicht zuletzt im Hinblick auf die paradigmatischen Relationen gesagt in der Sprache sei alles negativ Ein Zeichen wie Vater waumlre um ein Beispiel von Harald Weinrich (1975 40) aufzugreifen gleichbedeutend mit einer sehr langen Kette negativer Terme Vater ist Nicht-Mutter NichtSohn Nicht-Bruder Nicht-Haus Nicht-Barock Nicht-Vergessen etc Freilich Stuumlnde - aufgrund der Verabsolutierung einer bestimmten Art von Relation - jedes Zeichen prinzipiell in Opposition zu jedem anderen so waumlren die paradigmatischen Relationen notgedrungen ungeheuer zahlreich also aumluszligerst komplex unuumlberschaubar und ungeordnet Im Folgenden soll gezeigt werden dass solche Relationen weder unbegrenzt noch unspezifisch noch ungeordnet sind sie sind fuumlr jedes Zeichen prinzipiell uumlberschaubar sie sind spezifisch und in hohem Maszlige voraussagbar Es wird sich erweisen dass bei der Erfassung dieser spezifischen Relationen die in 13 genannten Dimensionen also SimilaritaumltKontrast und KontiguitaumltDistanz eine entscheidende Rolle spielen

Die interessierte Fachwelt weiszlig spaumltestens seit der Jahrhundertwende dass nicht nur die Similaritaumlt sondern auch der Kontrast in Form des Gegensinns also in der ganzen Breite die der Begriff entgegengesetzt bei Aristoteles hat eine aumluszligerst wichtige Rolle in der Sprache spielt Nicht nur dies Auch gewichtige Indizien dafuumlr warum es sich so verhaumllt liegen seit jener Zeit eigentlich auf der Hand Ich denke dabei an zwei wissenschaftliche Pionierarbeiten Die eine wurde 1895 von Rudolf Meringer ao Professor fuumlr indogermanische Sprachwissenschaft an der Universitaumlt Wien und Karl Mayer ao Professor fuumlr Psychiatrie und Nervenpathologie an der Universitaumlt Innsbruck vorgelegt Versprechen und Verlesen Eine psychologisch-linguistische Studie Auch die andere ging aus der Zusammenarbeit zwischen einem Sprach- und einem Seelenwissenschaftler hervor Es sind die Experimentellen Untersuchungen uumlber die psychologischen Grundlagen der sprachlichen Analogiebildung (1901) von Albert Thumb damals Privatdozent fuumlr Indogermanistik in Freiburg und Karl Marbe Professor fuumlr Psychologie in Wuumlrzburg Ausgangspunkt beider Arbeiten war die Frage nach den Ursachen des Sprachwandels Waumlhrend im Hintergrund der Arbeit von Meringer und Mayer eine Hypothese von Hermann Paul steht (Sprachwandel durch Versprechen) geht es Thumb und Marbe insbesondere um eine Art der Analogiebildung die Wilhelm Wundt in seiner Voumllkerpsychologie als Angleichung nach logischen Beziehungen der Begriffe benannt hatte

ndash laquoAngleichung an Woumlrter von verwandter Bedeutungraquo dh laquodurch Aumlhnlichkeitraquo und

ndash laquoAngleichung an Woumlrter von gegensaumltzlicher Bedeutungraquo dh laquodurch Kontrastraquo (Thumb-Marbe 1901 4f)

10 Dies bedeutet dass Gegensinn nicht in der engeren Bedeutung verstanden wird die etwa Wolfgang Meid (1976) dem Begriff gibt Gegensinn wuumlrde danach ein Wort verkoumlrpern das sich selbst und zugleich sein Gegenteil bezeichnet (also etwa lernen fuumlr lehren und lernen) Meid steht damit natuumlrlich in der Tradition von Carl Abel (1884)

[p 8] Insbesondere die ndashsei es formale sei es inhaltlichendash Angleichung durch Kontrast war seither mitunter Gegenstand von Untersuchungen wobei man sich freilich weder auf Wundt noch auf Thumb und Marbe bezog11

21 Gesetzmaumlszligigkeiten des Assoziierens

laquoAssociations are structuralraquo (Deese 1965 160)

Obwohl Thumb und Marbe mit dem zeituumlblich geringen (also in der heutigen Experimentalpsychologie wohl kaum noch denkbaren) methodischen Aufwand gearbeitet haben sind ihre Ergebnisse bahnbrechend Trotz einiger Vorlaumlufer stellt die Arbeit nicht zuletzt wohl auch dank ihrer Interdisziplinaritaumlt den eigentlichen Beginn der sprachpsychologischen Assoziationsforschung dar12 Das Werk steht also am Anfang einer Fuumllle von Untersuchungen die dann zumeist von Psychologen durchgefuumlhrt wurden (und deren Ertrag verglichen mit dem der Arbeit von Thumb und Marbe zumeist in umgekehrtem Verhaumlltnis zum methodischen und praktischen Aufwand steht)

Das Verfahren von Thumb und Marbe war einfach Eine Reihe von acht Probanden musste auf zugerufene Woumlrter ihre Wort-Assoziationen nennen Die Zeit zwischen dem Zurufen und der Antwort wurde dabei gemessen Da keine Vorgaben gemacht wurden (wie sie etwa bei Spearmans drittem laquonoogenetischem Prinzipraquo gegeben waren dh man gibt weiszlig und die Relation Gegensatz zu an um schwarz zu erhalten) liegt nicht das Verfahren einer kontrollierten sondern das der sogenannten laquofreien Assoziationraquo vor

Es ist nun zweifellos richtig dass die Zahl und die Art moumlglicher Assoziationen individuell verschieden und damit potentiell unendlich ist Darauf hat auch Eugenio Co-seriu hingewiesen (zB 1966 185f) Ich betone das potentiell ndash denn in Wirklichkeit sind die Verhaumlltnisse anders Die Reaktionswoumlrter sind meist hochgradig voraussagbar Mit anderen Worten Es muss Beziehungen zwischen Ausgangs- und Reaktionswort ge-ben die gerade gegen Individualitaumlt und Beliebigkeit im Bereich des Assoziierens sprechen Die Indizien fuumlr diese Beziehungen sind quantitativer und qualitativer Natur

[p 9] Ich schicke der Behandlung dieser Indizien voraus dass ich mich neben den ersten Erkenntnissen von Thumb und Marbe vor allem auf die Interpretation von Material stuumltze das unter nordamerikanischer Federfuumlhrung erstellt und zusammengetragen wurde Ausgangspunkt ist eine Liste von 100 Woumlrtern die 1910 von G HKent und A JRosanoff aufgestellt und mit 1000 Probanden getestet worden war Mit dieser Wortliste und ihrer Uumlbersetzung wurden dann auch spaumlter eine groumlszligere Zahl von Assoziationstests durchgefuumlhrt und publiziert Das vor allem auf der Liste von Kent und Rosanoff basierende Material ist bequem zugaumlnglich in dem Sammelband von PostmanKeppel 1970 Die um 100 Woumlrter erweiterte Liste von D S Palermo und J J Jenkins sowie das sich daraus ergebende Material sind zugaumlnglich seit 196413

11 Leo Spitzer (1921) hat das Problem der Angleichung der Gegensaumltze im Bereich der Morphologie behan-delt speziell im Bereich der Genus-Opposition und der Opposition augmentativdiminutiv also im Bereich von Groszlig und Klein Yakov Malkiel (1951) ging der formalen Angleichung von Gegensatzpaaren (Typ dextersenexter) nach Eacutemile Benveniste hat sich im selben Jahr unter etwas anderem Vorzeichen und zwar eher im Abelschen oder Meidschen Sinn von Gegensinn mit dem Bedeutungsaustausch zwi-schen den Bezeichnungen fuumlr geben und nehmen im indoeuropaumlischen Bereich befasst Oswald Panagl (1978) hat in diesem Bereich Parallelen zwischen Spracherwerb Sprachabbau und Sprachgeschichte konstatiert12 Esper 1973 60 spricht von einem Meilenstein in der Geschichte der sprachlichen Analogieforschung vgl aumlhnlich auch Houmlrmann 1967 119

211 Argumentum quantitatis

Ich spreche zunaumlchst drei quantitative Indizien an die gegen die Beliebigkeit von Assoziationen sprechen Erstes Indiz ist das Verhaumlltnis zwischen der Zahl der Probanden und der Zahl der assoziierten Reaktionswoumlrter Waumlren Assoziationen voumlllig individuell so koumlnnte man auf das gleiche Ausgangswort bei 1000 Probanden im Extremfall 1000 verschiedene Reaktionen erwarten Die wirklichen Verhaumlltnisse sind anders Bei einem Versuch mit 1000 Probanden und den 100 Ausgangswoumlrtern von KentRosanoff ergaben sich im Fall des Ausgangsworts mit der kleinsten bdquoStreuung (dark) 41 verschiedene Assoziationen im Fall des Ausgangsworts mit der groumlszligten Streuung (trouble) 260 Der Durchschnitt den ich errechnet habe liegt bei knapp 105 verschiedenen Nennungen14 Es ist aber nicht nur so dass bei 1000 Probanden keine 1000 sondern durchschnittlich nur 105 verschiedene Reaktionen vorliegen Es ist auch keinesfalls so dass die Zahl der verschiedenen Reaktionswoumlrter proportional zur Zahl der Probanden ansteigt Ich waumlhle als Beispiel ein Ausgangslexem das wegen analoger semantischer Lagerung auch durch verschiedene Sprachen hindurch in etwa verglichen werden kann das Wort Hand und seine Aumlquivalente in anderen Sprachen bei 288 franzoumlsischen Probanden ergaben sich hier 77 verschiedene Assoziationen bei 331 deutschen 104 bei 400 Englaumlndern 72 bei 998 Amerikanern 99 [p 10]

Noch aufschlussreicher ist das zweite Indiz Die Haumlufigkeit mit der beispielsweise 1000 Probanden die durchschnittlich 105 Reaktionswoumlrter nennen entspricht naumlmlich allem anderen als einer Zufallsverteilung Von 1008 Probanden reagieren etwa auf das Ausgangswort slow 752 (also 75) mit demselben Wort Auf diejenigen Woumlrter welche die folgenden Raumlnge 2 3 und 4 einnehmen entfallen jeweils noch etwa 2 der Nennungen auf die Woumlrter der Raumlnge 5 bis 13 noch etwa 1 auf die Raumlnge 36 bis 94 (94 ist in diesem Fall die obere Zahl) entfallen jeweils noch genau 01 dh die Woumlrter wurden jeweils noch von einem Probanden genannt Ordnet man derartige Werte in ein Koordinatensystem ein in dem auf der Abszisse die Raumlnge der assoziierten Woumlrter auf der Ordinate die mit dem jeweiligen Rang gegebene Frequenz eingetragen wird so erhaumllt man das typische Bild einer Hyperbel hohe Frequenz fuumlr die ersten zwei drei Raumlnge ganz niedrige Frequenzen fuumlr den Rest Es ergibt sich also was die ersten Raumlnge betrifft generell das Bild einer eindrucksvollen Uumlbereinstimmung Aktualitaumlt und Individualitaumlt gehen immer erst unter bdquoferner liefen dh auf den niedrigeren oder den niedrigsten Raumlngen durchs Ziel15

Von groumlszligtem Interesse ist als Abschluss der quantitativen Indizien das Verhaumlltnis von Frequenz und Reaktionszeit hier gilt Je haumlufiger ein Wort als Reaktion genannt 13 Das amerikanische Material liefert in dem Sammelband von PostmanKeppel James J Jenkins 1970 das englischaustralische stammt von Kenneth M Miller 1970 das deutsche von Wallace A Russell 1970 das franzoumlsische von Mark R Rosenzweig 1970 Obwohl alle diese Materialien im Gegensatz zu Thumb und Marbe in schriftlichen Tests gewonnen wurden (weshalb zB die Kontrolle der Reaktionszeit nicht moumlg-lich war) koumlnnen die Daten schon wegen ihrer breiten Basis an Probanden zur Unterstuumltzung und Ergaumln-zung der Ergebnisse von Thumb und Marbe herangezogen werden14 Dabei stellt die Zahl 260 einen Sonderfall dar Die Reihenfolge nach unten lautet 260 174 168 158 157 Die entsprechenden Zahlen fuumlr den Pol der kleinsten Streuung 41 51 57 62 64 6615 Ein Beispiel fuumlr die Aktualitaumlt sowie die Individualitaumlt von Assoziationen Die franzoumlsischen Tests wur-den Mitte der fuumlnfziger Jahre durchgefuumlhrt also zu einer Zeit zu der ein Film mit dem Titel Bitterer Reis von sich reden machte Im franzoumlsischen Test assoziierten dann immerhin noch 3 der Probanden (Rang 6) auf das Ausgangswort amer die Reaktion rizlsquo Weiter Von den 1004 Probanden die ihr Reaktionswort auf girl niederschrieben nannten 70 dasselbe Wort Mit jeweils 2 Nennungen erscheinen dann noch eine Joan eine Mary und eine Shirley auf den Raumlngen zwischen 23 und 39 auf den Raumlngen zwischen 40 und 103 sind dann mit je einer Nennung noch eine Ardis eine Barb eine Beverly Marilyn Nancy Sharon Sue und eine Susie vertreten

wird desto kuumlrzer die Reaktionszeit der jeweiligen Probanden16 Umgekehrt Die ausgefallenen Reaktionen erfordern ein Vielfaches dieser kuumlrzesten Reaktionszeit Waumlhrend etwa die Mehrzahl der Probanden von Thumb und Marbe auf fuumlnf mit sechs reagierte brauchte das Enfant terrible ein Dr Roos uumlber zehn Sekunden um mit dem fuumlnften Badischen Infanterieregiment wie uumlblich aus dem Rahmen zu fallen

212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt

Die Spontaneitaumlt und die hochgradige Uumlbereinstimmung17 der Assoziationen von bei-spielsweise 1000 Probanden waumlren gewiss nicht moumlglich [p 11] ohne innere bdquoqualitative Ursachen Sie sollen im folgenden - in einem ersten Interpretationsversuch - insbesondere anhand des Materials analysiert werden das auf der Wortliste von Kent und Rosanoff basiert Beruumlcksichtigt wird dabei zunaumlchst die Gruppe der Erwachsenen und zwar derjenigen Erwachsenen die sich durch einen hohen Grad an sprachlicher Sozialisierung auszeichnen (die Probanden der psychologischen Assoziationstests rekrutieren sich zumeist aus der Gruppe der Studenten) Die Analyse des Materials laumlsst hier die folgenden fuumlnf Prioritaumlten-Ebenen erkennen

1 Assoziationen sind vorzugsweise solche der gleichen Wortart18 Der modus significandi dh die Information die die Zugehoumlrigkeit zu einer Wortart bringt erweist sich damit fuumlr die Verarbeitung sprachlicher Information als das Merkmal mit der houmlchsten Prioritaumlt

Die haumlufigste Reaktion ist also vom Typ Nomen-Nomen Pronomen Pronomen Adjektiv - Adjektiv komparative Form des Adjektivs komparative Form etc Sind die Ausgangswoumlrter Formen die zwischen verschiedenen Wortarten stehen wie etwa der Infinitiv der im Verbalsystem das nominale Element darstellt so sind die Reaktionen entsprechend gespalten also bald nominal bald verbal wie schon Thumb und Marbe feststellen konnten Die Klassengleichheit zwischen Ausgangswort und Assoziation ist fuumlr das am haumlufigsten genannte Wort durchschnittlich in 80 bis 90 der Faumllle gegeben19

2 Assoziationen sind vorzugsweise aus demselben semantischen Bereich Sie stammen also wie man heute sagen wuumlrde aus demselben Wortfeld Ich interpretiere dabei wie sich noch zeigen wird semantischer Bereich und Wortfeld bewusst weit So werden auf Verwandtschaftsnamen in 80 bis 90 der Faumllle Verwandtschaftsbezeichnungen assoziiert auf Hand kommt Fuszlig auf Spinne Netz Abweichungen sind in aller Regel mit houmlheren Reaktionszeiten verbunden

16 Dieser Zusammenhang wurde spaumlter als das bdquoGesetz von Marbe bekannt und zitiert auch in Amerika - freilich ohne dass man wie Esper 1973 berichtet deshalb das Werk von Thumb und Marbe auch gelesen haumltte17 Es duumlrfte nicht uumlberraschen dass bei gleichem Ausgangsmaterial - den 100 Woumlrtern von Kent und Rosanoff 1910 - in verschiedenen Testsituationen undoder in verschiedenen Sprachen die Ergebnisse variieren Die Marge fuumlr die drei am haumlufigsten genannten Reaktionswoumlrter liegt im Durchschnitt der 100 Testwoumlrter und der Versuche in fuumlnf Sprachen jeweils Zwischen 40 und 60 der Nennungen Vgl Rosen -zweig 1970 99 Wichtig im Hinblick auf Variationen ist wie sich noch zeigen wird der Grad der sprachli -chen Sozialisierung der Probanden18 Diese Beobachtung wurde vor ThumbMarbe 1901 schon von Bourdon 1895 gemacht vgl hierzu Rosenzweig 1970 10219 Ich habe eine Auswahl von 48 Ausgangswoumlrtern der jeweils auf KentRosanoff basierenden Listen fuumlr das genannte amerikanische deutsche und franzoumlsische Material auf die Wortart-Zugehoumlrigkeit hin unter-sucht Dabei wurden alle Reaktionswoumlrter beruumlcksichtigt auf die drei und mehr Prozent der Nennungen entfielen Es erwies sich dass die jeweiligen Nennungen also angefangen vom haumlufigsten Wort bis hin zu dem Wort das noch von 3 der Probanden genannt wurde in etwa der Haumllfte der Faumllle sogar zwischen 90 und 100 klassengleich sind (Amerikanisches Material 26 von 48 Faumlllen deutsches 25 von 48 franzoumlsisches 27 von 48)

[p 12] Die beiden ersten Prioritaumlten zeigen also dass die Similaritaumlt bei den Assoziationen eine grundlegende Rolle spielt - allerdings wie die beiden folgenden Prioritaumltsebenen zeigen eine Hintergrund-Rolle Auf der dritten Prioritaumlts-Ebene kommt naumlmlich vor diesem Hintergrund an Similaritaumlt das Prinzip des Kontrasts zum Zuge

3 Assoziationen sind wo immer dies moumlglich ist fast ausnahmslos Assoziationen zum Entgegengesetzten hin - entgegengesetzt im oben dargelegten aristotelischen Sinn Typische Paare sind also schwarzweiszlig helldunkel kleingroszlig leichtschwer altjung (bzw neu) TagNacht schnellerlangsamer kommengehen kaufenverkaufen ichdu ersie nowthen herethere alwaysnever etc

Dass diese besonders praumlgnante Rolle des Kontrasts kein einzelsprachliches Phaumlnomen ist zeigen die Versuche die mit der Wortliste von Kent und Rosanoff im Bereich des Englischen Englands Amerikas Australiens Kanadas im Deutschen Franzoumlsischen Italienischen und Polnischen gemacht wurden20 Eine starke dh eindeutige Antonymie-Relation (Antonymie im erwaumlhnten weiten Sinn) fuumlhrt stets dazu dass das am haumlufigsten genannte assoziierte Wort das korrespondierende Antonym ist Das Feld der assoziierten Woumlrter bekommt dadurch einen sehr scharfen Fokus der Halo der restlichen Nennungen bleibt gering Paradefall in der liste von KentRosanoff ist das Ausgangswort dark Die Streuung also die Zahl der von 1000 Probanden insgesamt assoziierten verschiedenen Woumlrter betraumlgt hier wie schon erwaumlhnt nur 41 Von den Probanden reagieren 829 (83) mit light 55 weitere mit night 33 mit room 31 mit black etc Sobald eine Antonymie-Relation dagegen schwaumlcher ist zB deshalb weil das Ausgangswort mehrere Antonyme besitzt (also merkmalloser ist) ist entsprechend der weiteren Bedeutungsaura des Ausgangsworts der Fokus der assoziierten Woumlrter weit weniger scharf der Halo der Streuung wird entsprechend breiter Waumlhlt man dagegen eines aus jener Mehrzahl von Antonymen aus also ein notwendigerweise merkmalhaltigeres Wort so verlaufen die Assoziationen mit starker Buumlndelung auf das urspruumlngliche Ausgangswort zu21

[p 13] Auf Rang 4 der Prioritaumltsebenen tritt die Dimension Kontiguitaumlt - Distanz in Erscheinung - und zwar in Form der semantischen nicht der syntagmatischen Kontiguitaumlt

4 Assoziationen richten sich wenn keine oder keine dominierende Antonymie-Relation gegeben ist unter Fortgeltung der Prioritaumlten 1 und 2 nach der semantischen

20 Vgl Rosenzweig 1961 und CarrollKjeldergaardCarton 196221 Ein Beispiel Die Reaktionen auf sweet und suumlszlig weisen in etwa dieselbe Streuung auf Die Streuung ist jedoch bei doux in auffaumllliger Weise groumlszliger Die Ursache Auf sweet wird an 1 Stelle das Antonym sour (43) an 4 Stelle das Antonym bitter (8) assoziiert Analog verhaumllt es sich im Deutschen den 1 Rang belegt sauer (39) den 4 bitter (3) Bei franz doux weist der Petit Robert nicht weniger als 21 Antonyme auf Doux hat also im Gegensatz zu sweet und suumlszlig eine wesentlich weniger praumlgnante Bedeutung Es kommt hinzu dass die praumlgnanteste Bedeutung gar nicht doux im Gegensatz zu aigre oder acide ist sondern doux im Gegensatz zu dur (9) Die einzige einigermaszligen dominante Bedeu-tung von doux ist also weich Als naumlchstes Antonym wird auf Rang 8 noch amer (3) genannt ruumlde nennen noch 2 brutal fort rugueux jeweils 1 mit je einer Nennung sind noch vertreten aigre grossier roche sevegravere Waumlhlt man nun das dominante Antonym des deutschen und englischen suumlszlig naumlmlich sauer wieder als Ausgangswort so zeigt sich hier eine weitgehende Uumlbereinstimmung zwischen allen drei Sprachen an der Spitze der genannten Reaktionswoumlrter liegen sweet (57) suumlszlig (39) und doux (30) - Zur Rolle der MerkmalhaltigkeitMerkmallosigkeit von Antonymen bei der Assoziation sei auch auf Clark 1970 276 hingewiesen

Kontiguitaumlt Allerdings ist die Wortart-Identitaumlt der Prioritaumltsebene 1 hier etwas eingeschraumlnkt die Gruumlnde dafuumlr werden spaumlter evident werden

Es handelt sich hier in der Regel um Assoziationen von etwas was im Bereich der Denotata und das heiszligt auch im Erfahrungsbereich der Probanden mit dem was durch das Ausgangswort bezeichnet ist in einer spezifischen Relation steht Im Gegensatz zum Normalfall der (zweiseitigen) Antonymie-Relation sind diese spezifischen Relationen in der Regel gerichtet Dass die Basis solcher Relationen die Kontiguitaumlt im Erfahrungsbereich ist hat natuumlrlich zur Folge dass hier unter Umstaumlnden soziale und kulturelle Unterschiede vorliegen koumlnnen Dies wird nicht der Fall sein in Beispielen wie araigneacutee toile ragnoragnatela tigefleur stemflower piedchaussure footshoe Es koumlnnte dagegen eher zutreffen in Faumlllen wie comfortchair confortfauteuilrsquo oder BequemlichkeitSessel

5 Assoziationen sind wenn sich keine Kontrast- oder keine semantische Kontiguitaumlts-Relation einstellt Assoziationen im Bereich der semantischen Similaritaumlt oder der syntagmatischen Kontiguitaumlt

Zunaumlchst zur semantischen Similaritaumlt Es handelt sich bei den Assoziationen dieser Gruppe entweder um bdquoSynonyme Oberbegriffe oder um etwas im Ausgangswort Impliziertes Die Beispiele sind relativ selten Bezeichnend ist allein dass solche Assoziationen wenn sie schon gelegentlich an erster Stelle genannt werden nur in relativ geringem Maszlige buumlndeln22 Die andere Variante der fuumlnften Prioritaumltsebene Assoziationen [p 14] im Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt ist in dem von mir analysierten Materialebenfalls nur schwach vertreten (hier gelten uumlbrigens die Prioritaumltsebenen 1 und 2 nur noch sehr eingeschraumlnkt der Grund auch hierfuumlr wird wiederum spaumlter deutlich werden) Zwei Beispiele aus dem deutschen Bereich Auf glatt assoziierten immerhin 40 der Probanden an erster Stelle Eis (laquoGlatteisraquo) erst an zweiter Stelle folgte hier mit 15 das Antonym rau Desgleichen assoziierten auf Stiel (die falsche Uumlbersetzung des englischen stem - gemeint war Stengel) 38 der Probanden den Besen Auch die zweithaumlufigste Assoziation zaumlhlt hier noch zum Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt 6 nannten Stumpf Im englischen und franzoumlsischen Material treten solche Arten der Assoziation erst an untergeordneter Stelle auf ndash etwa vinaigre auf aigre becircte auf belle marche auf pied

Als Hugo Schuchardt die Arbeit von Thumb und Marbe ein Jahr nach ihrem Erscheinen (sehr kritisch) besprach machte er hauptsaumlchlich zwei Einwaumlnde Mit dem ersten dieser Einwaumlnde stand er ganz in der Tradition der bisherigen Assoziationsforschung Thumb und Marbe haumltten die Nachbarschaft in der Rede als eine der Ursachen fuumlr die Assoziationen nicht gebuumlhrend gewuumlrdigt Die analysierten Verhaumlltnisse widerlegen Schuchardt sehr deutlich Sein Einwand trifft allerdings wie sich noch zeigen wird unter ontogenetischem Aspekt zu Auch Schuchardts zweites Monitum die lautliche Aumlhnlichkeit muumlsste als einer der Faktoren des Assoziierens staumlrker betont werden ist obsolet Selbst unter 1000 Probanden waumlre entgegen der Vermutung Schuchardts kaum einer gewesen der auf drei die Zahl zwei assoziiert 22 Dies zeigen die folgenden Beispiele enfant 1 petit (12) 2 beacutebeacute (8) child 1 baby (16) Kind 1 klein (12) (2 Mutter (10)) 3 Baby (6) oder Quadrat 1 Viereck (14) Ein Beispiel fuumlr die Wahl des Oberbegriffs aigle 1 oiseau (16) Adler 1 Vogel (21) Typisch fuumlr die relativ geringe Wir-kung der semantischen Similaritaumlt im Sinn von Synonymie ist der Umstand dass die meisten Syno nyme ansonsten an nachgeordneter Stelle vorkommen Auf dark assoziieren 3 (und an 4 Stelle) black auf beautiful immerhin 14 an 2 Stelle pretty an 6 Stelle (4) lovely an 1 Stelle steht das Antonym ugly Auf rough wird an 1 Stelle mit dem Antonym smooth (44) reagiert erst an 2 Stelle folgt mit 7 hard Auf sommeil folgt an 1 Stelle das semantisch benachbarte lit erst an 2 Stelle (10)reposrsquo

haumltte23 Dies liegt daran dass sprachliche Information primaumlr nach ihrem syntaktisch-semantischen [p 15] Gehalt analysiert und verarbeitet wird (und die Assoziationen auf Zahlen sind hier wie noch in 32 gezeigt werden wird hochgradig gerichtet) Klangphaumlnomene sind auf jeden Fall sekundaumlr Erst dann wenn der Proband die Bedeutung nicht versteht wie etwa bei Fremdwoumlrtern bei Termini technici oder bei Woumlrtern einer ihm unbekannten Sprache spielt die Laut-Assoziation eine Rolle24 Thumb zeigte dies in einer spaumlteren Studie aus dem Jahre 1908

21a Aktualisierender Zusatz im Jahr 2011

Ein Team von drei Wissenschaftlern der Universitaumlten von South Florida und Kansas hat den bisher wohl groumlszligt-angelegten Test mit Assoziationen auf Wort-Stimuli unternommen und dies mit einer Unzahl von Probanden Nelson D L McEvoy C L amp Schreiber T A (1998) The University of South Florida word association rhyme and word fragment norms25 ldquoMore than 6000 participants produced nearly three-quarters of a million responses to 5019 stimulus wordsrdquo

Im vorliegenden Fall geht es um insgesamt 4870 Woumlrter als Ausgangspunkte fuumlr Assoziationen (cues) 76 davon Nomina 13 Adjektive 7 Verben 16 waren Homographen Die Testpersonen durften jeweils ein einziges Wort als Reaktion aufschreiben Die Reaktionszeit wurde dabei nicht gemessen Aus den 4870 Faumlllen habe ich die 538 ausgewaumlhlt in denen eine ldquoForward Cue-to-Target Strengthrdquo von ge 05 vorlag bei denen also ein Reizwort mit hoher Wahrscheinlichkeit ein oder mehrere Zielwoumlrter ausloumlst Dabei bestaumltigen sich die Ergebnisse der 1980 vorgenommenen Analyse fast vollstaumlndig

Antonymen-Relationen die sich anhand des Corpus der University of Southern Florida ergeben Die meisten sind zweiseitig Sie entsprechen den u auf S 2223 analysierten acht Strukturierungsdimensionenabove lt--gt belowadd lt--gt subtractaddition lt--gt subtraction

defense --gt offensedifferent --gt samedown lt--gt up

major --gt minorme lt--gt youmine lt--gt yours

23 Vgl im Einzelnen Schuchardt 1902 - Dass Assonanzen keine Rolle spielen gilt natuumlrlich nicht dort wo jemand im Sinn des dritten noogenetischen Prinzips von Spearman explizit Woumlrter sucht die mit dem Ausgangswort durch die Relation lautlicher Similaritaumlt verbunden sind also beispielsweise Reimwoumlrter - Wie sehr die Verarbeitung sprachlicher Information primaumlr auf die Analyse syntaktischer und semanti-scher Merkmale ausgerichtet ist zeigt sich einerseits bei den unendlich zahlreichen Versuchen der Psychologen vergangener Jahrzehnte mit kuumlnstlichem sinnlosem Wortmaterial zu arbeiten die Proban-den versuchen auch dort ganz automatisch zunaumlchst einen Sinn zu houmlren Wie sehr die etwa von Coseriu stets betonte Semantizitaumlt der Sprache selbst bei traumatischen und sonstigen Aphasikern im Vorder-grund steht zeigt andererseits die einschlaumlgige Forschung Luria (1976 150f) berichtet dass auch bei den Assoziationen von Aphasikern Woumlrter mit verwandter Bedeutung den Vorrang vor Woumlrtern mit aumlhnli-chem Klang haben Nur bei besonders schweren Faumlllen von Aphasie und bei geistig Zuruumlckgebliebenen dominiert die Lautassoziation vor der inhaltlichen Als Beispiel fuumlr die untergeordnete Bedeutung von Lautassoziationen kann auch ein Versuch mit Aphasikern dienen dessen Gegenstand kontrollierte Assoziationen waren (Aufzaumlhlen von Tiernamen) von den 2918 Namen die von insgesamt 94 Patienten innerhalb von fuumlnf Minuten genannt wurden waren ganze 6 Faumllle vom Typ MausLaus (GloningMuumlller 19711972 264)24 Bin illustratives Beispiel sind die Reaktionen auf das im amerikanischen Englischen aumluszligerst selten be -legte Ausgangswort abbess (Aumlbtissin) Den 1 Rang unter den Antworten hat hier mit 9 hole - ganz offensichtlich deshalb weil die Probanden abbess als abyss verstanden Erst an 2 Stelle folgt mit 5 ein Wort bei dem wohl die lautliche Assoziation Pate gestanden hat abscess (Postman 1970 260) 25 httpw3usfeduFreeAssociation

answer lt--gt questionasleep lt--gt awakeback lt--gt frontbad lt--gt goodbefore --gt afterbegin lt--gt endbest lt--gt worstblack lt--gt whiteborrow --gt lendbottom lt--gt topfemale lt--gt maleboy lt--gt girluncle lt--gt auntactor lt--gt actressbrother lt--gt sisterdad lt--gt momfather lt--gt motherdaughter lt--gt songrandma lt--gt grandpahusband lt--gt wifeman lt--gt womanbuyer lt--gt sellerclose --gt openday lt--gt nightdead --gt alive

downstairs lt--gt upstairsdryer --gt washereast lt--gt westempty lt--gt fulleven lt--gt oddexit --gt entranceexplode --gt implodefalse lt--gt truefar lt--gt nearfind lt--gt seeksearchfirst --gt lastforward lt--gt backwardfound lt--gt lostgo lt--gt stopgroom lt--gt bridehello --gt goodbyehe lt--gt shehere lt--gt therehigh lt--gt lowin lt--gt outleader --gt followerless lt--gt morelose --gt winloser lt--gt winnerlost lt--gt found

minus lt--gt plusnegative lt--gt positiveno lt--gt yesnorth lt--gt southoff lt--gt onold --gt newopen --gt closeclosedoutside --gt insideover lt--gt underpoor lt--gt richqueen --gt kingquestion lt--gt answerright --gt leftright --gt wrongscratch --gt itchseller lt--gt buyersit --gt standslow lt--gt fastsoft lt--gt hardthin --gt thicktight --gt loosetoday lt--gt tomorrowtwice --gt onceweak --gt strong

Bemerkenswert sind solche abweichenden Faumllle in denen an erster Stelle nicht ein Antonym assoziiert wird sondern ein aumlquivalenter Begriff etwa finish --gt done und erst an zweiter Stelle start happy fuumlhrt an erster Stelle zu joyous an dritter und vierter Stelle immer noch sehr haumlufig zu cheerful und glad sad steht erst an zweiter Stelle Hard fuumlhrt an erster und zweiter Stelle zu difficulty und difficult die beiden moumlglichen Antonyme easy und soft folgen (mit immer noch hoher Frequenz) an dritter und virter Stelle Umgekehrt fuumlhrt nur soft hoch frequent zu hard Parallel ist ein Fall wie hate zu dem hoch frequent despise und dislike assoziiert wird waumlhrend love unter der 05-Schwelle an dritter Stelle folgt Genauso verhaumllt es sich mit love das zu affection ro-mance und adore fuumlhrt (love ist als Wortart polyfunktional) hate folgt an vierter Stelle in der Frequenz Hot fuumlhrt in seiner einen Bedeutung zu spicy in einer anderen zu humid erst an dritter Stelle zu cold Umgekehrt gilt aber cold --gt hot Late fuumlhrt an erster Stelle zu tardy erst an zweiter zu early Auf many wird an erster und zweiter Stelle several und numerous assoziiert erst an dritter folgt unter der 05-Schwelle fewsome waumlhrend umgekehrt nur few mit einiger Frequenz zu many fuumlhrt Bei old gilt zwar --gt new aber dann folgen drei verwandte Begriffe (elderly antique ancient) erst an vierter Stelle kommt das andere Antonym young Vergleichbar ist das vieldeutige present an erster Stelle steht hier gift dann folgt mit past ein Antonym mit absent ein anderes In einem Fall wie forget wird an erster Stelle forgive (ldquolet us forget itrdquo) assoziiert also ein willentliches vergessen waumlhrend umgekehrt remember direkt zu forget fuumlhrt Mehrdeutigkeit ist also immer ein lsquoStoumlrfaktorrsquo wie auch der Fall short --gt talllong an zweiter Stelle short --gt brief zeigt oder small --gt tiny und an zweiter und dritter Stelle --gt big large Interessant ist auch das Beispiel square das an erster Stelle zum Oberbegriff rectangle fuumlhrt und dann zu zwei gleichermaszligen moumlglichen lsquoAntonymenrsquo circleround

und triangle Strong fuumlhrt an erster Stelle zu einem Parallelbegriff powerful erst an zweiter zu weak waumlhrend weak direkt zu strong fuumlhrt Wet fuumlhrt -- in dieser Reihenfolge -- zu slippery moist drench und dry aber nur dry fuumlhrt in nennenswertem Umfang zuruumlck zu wet

Die uumlberwiegende Zahl der anderen Faumllle sind solche in denen ein Begriff aus demselben Erfahrungsbereich assoziiert wird In manchen Faumlllen sind das sehr viele So gibt es bei money der hohen Zahl von Probanden entsprechend eine hohe Zahl von Nennungen fuumlr (in absteigender Reihenfolge aber immer noch mit einer Forward Cue-to-Target Strength von gt05) cash bank fund wallet profit spend banker income bud-get lottery dollars checkbook salary Insgesamt sind es hier 302 verschiedene Targets Aumlhnliches gilt fuumlr tree -- wo jeder an eine spezifische ihm gelaumlufige Baumart oder einen Baum-Bestandteil denken kann

22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens

Mit seinem genialen Blick fuumlr das Grundlegende hat Roman Jakobson inspiriert von Mikołai Habdank Kruszewski (1886) die Aufmerksamkeit auf das Zusammenwirken zweier Prozesse beim Sprechen gelenkt eines paradigmatischen bei dem Einheiten aus anderen gleichrangigen Einheiten ausgewaumlhlt und eines syntagmatischen bei dem die ausgewaumlhlten Einheiten in eine lineare Abfolge gebracht werden Im paradigmatischen Prozess spielt die Dimension Similaritaumlt - Kontrast im syntagmatischen die Dimension Kontiguitaumlt - Distanz eine dominierende Rolle

In diesen Rahmen lassen sich nun nicht nur Typen der Aphasie einordnen26 sondern auch die Typen des Versprechens die Meringer und Mayer 1895 vorgefuumlhrt haben Da die lineare Anordnung elementarer Zeichen ein Charakteristikum der Rede ist ist die Mehrzahl der bdquosprachlichen Fehlleistungen im Bereich der syntagmatischen KontiguitaumltDistanz anzutreffen Ihre Hauptursache ist darin zu sehen dass (wenigstens normalerweise) das Denken einen Vorlauf vor dem Artikulieren hat - und der Sprecher setzt dann das was er zu sagen plant an die Stelle dessen was er im Moment artikuliert Das bdquoSpaumltere wirkt also dabei scheinbar paradoxerweise - auf das bdquoFruumlhere Ohne auf die Einzelheiten dieser Art des Versprechens eingehen zu wollen dessen Ergebnisse sehr haumlufig Vertauschungen also Metathesen sind sei hier zweierlei festgehalten Zum einen sind die in der Rede auf diese Art vertauschten Elemente in aller Regel klassengleich - wobei der Begriff Klasse nicht nur Wortarten also den modus significandi sondern beispielsweise auch Anlaute Auslaute Stammvokale betonte Silben usw umfassen kann27 Mit den Worten von Meringer und Mayer [p 16] (1895 17) laquoAm gewoumlhnlichsten sind die Vertauschungen der Adjectiva mit Adjectiven Substantiva mit Substantiven Verba mit Verbenraquo Zweitens sei festgehalten laquoAntithetische Woumlrter werden besonders leicht vertauschtraquo (1895 15) Ein Beispiel fuumlr diese Art der Metathese laquoDa steht der Einsatz nicht fuumlr den Gewinnraquo

Die zweite groszlige Gruppe fuumlr Versprech-Leistungen sind solche deren Ursache in der Auswahl waumlhrend des paradigmatischen Prozesses gesehen werden muss Die eine Untergruppe sind hier die bdquoKontaminationen bei der Vorstellung etwas schreiben werden die Ausdrucksmoumlglichkeiten etwas zu Papier bringen und etwas schreiben

26 Zur Fruchtbarkeit der Unterscheidung Jakobsons fuumlr die Klassifizierung von Aphasien vgl Luria 1976 5227 Einige Beispiele laquoSaint-Exupeacuterinces Petit Princeraquo laquoMinuster fuumlr Kultus und Unterrichtraquo Die Elemente koumlnnen auch vertauscht werden - Metathesen dieser Art sind laquoeine Sorte von Tacherraquo laquodenile Semenzraquo laquoVerteidigung ist die Spiele des Seelsraquo etc Die Beispiele stammen bis auf das erste aus MeringerMayer 1895 Zu analogen Erscheinungen beim Verlesen vgl auch Kolers 1976

kombiniert zu etwas zu Papier schreiben Freud nennt dies gewiss zutreffend Verdichtungen Die andere Unterart dieses semantischen Versprechens besteht in der Vertauschung (bdquoSubstitution) zweier Elemente - wobei es sich nicht mehr um Elemente aus dem Syntagma sondern um Elemente des paradigmatischen Auswahlprozesses handelt laquoBekannt istraquo so heiszligt es bei Meringer und Mayer (1895 79) laquodass kontrastierende Vorstellungen einander assoziieren So kommt man auf dem Wege der Substitution dazu das Gegenteil von dem zu sagen was man gemeint hatraquo Also etwa laquoIhm war auch kein Berg zu niedrigraquo (statt zu hoch) laquowas er verliert (statt gewinnt) gibt er seinen Kindern in die Sparbuumlchseraquo

Was schon bei voumlllig gesunden Sprechern wenn man ein Ohr dafuumlr hat mit bemerkenswerter Haumlufigkeit zu beobachten ist kann natuumlrlich im Fall von verminderter Sprechfaumlhigkeit (Aphasien) in verstaumlrktem Maszlige auftreten Herbert Pilch hat aus linguistischer Sicht auf die bekannte Erscheinung hingewiesen dass Aphasiker Woumlrter verwechseln die im Verhaumlltnis des Gegensinns zueinander stehen (1972 8) Ein einfaches Beispiel aus einem Sprachtest mit Aphasikern (Muumlller 1976 257ff) Es handelt sich um einen Test in dem der Umgang mit metakommunikativen Verben uumlberpruumlft wurde Beim Nachsprechen eines groumlszligeren zusammenhaumlngenden Texts - dies war eine der Aufgaben - wurden dabei vereinzelt sinnstoumlrende Vertauschungen zwischen den korrelativen Begriffen fragen und antworten beobachtet Von einem analogen Test mit Einzelsaumltzen heiszligt es laquoSinnstoumlrend vertauscht wurden fragen mit erwidern wissen wollen bzw sich erkundigen (wurden) durch sprechen ersetztraquo In einem Sortiertest sollten metakommunikative Verben nach inhaltlichen Kriterien zu Gruppen geordnet werden Dieser Test wurde wegen der erforderlichen hohen Konzentration allerdings nur von fuumlnf Probanden absolviert Vier davon gruppierten fragen wissen wollen sich erkundigen antworten entgegnen erwidern Der fuumlnfte Proband gekennzeichnet mit dem Stichwort laquoKonduktionsaphasieraquo bildete dagegen [p 17] die Paare fragenantworten antwortenerkundigen wissen wollenentgegnen Er gliederte also was der Untersuchende nicht direkt sieht nach Antonymen-Paaren28

3 Interpretation der beschriebenen Phaumlnomene oder Die verschiedenen Strategien zum Erfassen von Bedeutung

No hay que explicar el hablar desde el punto de vista de la lengua sino viceversa (Coseriu 19551973 287)

Meringer und Mayer haben darauf hingewiesen man muumlsse sich huumlten den Sprechfehler als etwas Pathologisches aufzufassen Sie erlaumlutern dies mit einem praumlgnanten Bild Beim Sprechfehler versage nur die Aufmerksamkeit die Maschine laufe ohne Waumlchter sich selbst uumlberlassen Und was den Sprechfehler fuumlr die Sprachwissenschaft lehrreich mache sei der Umstand dass das Uhrwerk in solchen Augenblicken des Mantels entkleidet scheine und ein Blick in die Raumlder moumlglich sei (1895 7) Aumlhnliches gilt fuumlr die permanenten Abweichungen von der Sprachnorm die sich im Sprechen von Individuen oder Individuen-Gruppen finden (und die zB Henri Frei in seiner Grammaire des fautes (1929) festgehalten hat) Die Uumlberlegungen gelten natuumlrlich ebenso fuumlr die Wort-Assoziationen insbesondere dann wenn man wie urspruumlnglich Thumb und Marbe mit der Beruumlcksichtigung der Spontaneitaumlt also der Reaktionszeit ein Indiz dafuumlr hat welche Prozesse unter Umstaumlnden laquoautomatischraquo 28 Nach der Analyse die Luria von dem seit Wernicke und Lichtheim so genannten Syndrom der bdquoLeitungsaphasie gibt duumlrfte es sich um die Variante mit akustisch-artikulatorischer Stoumlrung handeln In der Variante mit akustisch-mnestischer Stoumlrung sind sogenannte bdquoverbale Paraphasien relativ selten Vgl Luria 1976 239-285 insbes S 247-273

oder mit Meringer und Mayer so ablaufen dass laquoder Waumlchterraquo also das Bewusstsein des Sprechers dessen bestenfalls hinterher richtig gewahr wird Mutatis mutandis gilt die Uumlberlegung schlieszliglich auch fuumlr den Bereich der Sprachstoumlrungen laquoPathologia illustrat physiologiamraquo das Anomale lehrt uns wie das Normale funktioniert ndash so lautet ein alter Grundsatz der medizinischen Forschung Wie betraumlchtlich der Unterschied zwischen den voll bewussten mehr Zeit in Anspruch nehmenden Suchprozessen und den halbbewussten Assoziationen ist zeigen solche Aphasien in denen der Patient ein Wort bei bewusstem Suchen nicht findet oder ein Wort das ihm vorgesprochen wird nicht wiederholen kann waumlhrend er im Bereich des offenbar funktionierenden Assoziierens das betreffende Wort findet bzw sagen kann29

[p 18] Wenn ich nach der obigen Skizzierung quantitativer und qualitativer Verhaumlltnisse im Bereich von Wortassoziationen nun versuche die bisherige Untersuchung im eigentlichen Sinn zu interpretieren so lasse ich mich von der folgenden Grunduumlberlegung leiten Da Assoziationen mit Wortmaterial im Idealfall in einem halbbewussten Bereich spontanen Reagierens ablaufen koumlnnte man meinen es handle sich um ganz einfache primaumlre Prozesse sprachlicher Aktivitaumlt Komplex und sekundaumlr waumlre dagegen die Aumluszligerung von Saumltzen und Texten Nun hat freilich einer der groszligen Aphasieforscher Kurt Goldstein gezeigt dass es sich eigentlich genau umgekehrt verhaumllt Primaumlr am Sprechen ist die Mitteilungsabsicht dh das Kommunizieren mit Hilfe groumlszligerer syntagmatischer Einheiten im Rahmen von Kommunikationssituationen Das scheinbar so einfache Assoziieren von Woumlrtern oder das Benennen von Gegenstaumlnden sind dagegen recht schwierige und komplexe Aufgaben Wie Roman Jakobson gezeigt hat ist zB das Benennen eines Gegenstandes ein metasprachlicher Akt30 Ein solcher Akt setzt die Existenz und das isolierte Funktionieren eines praumlzisen Orientierungs- und Einordnungssystems voraus Bei Assoziations-Tests muss ein gehoumlrtes Wort ohne jede Situations- oder Kontexthilfe analysiert erkannt und eingeordnet werden

Ich habe nun eingangs mit Hilfe einiger einfacher Beispiele aus dem Bereich der Gestaltpsychologie gezeigt dass eine solche Erkenntnis immer erst dadurch zustande kommt dass man uumlber das Gegebene hinausgeht going beyond the Information given Dementsprechend besteht mein Interpretations-Ansatz jetzt darin dass ich die von einem vorgegebenen Ausgangswort ausgehende Assoziation als den Reflex einer Strategie interpretiere einer Strategie die dazu dient die Bedeutung von Woumlrtern im Hinausgehen uumlber das gegebene Wort zB durch die Einordnung in das semantische Orientierungs-System zu erfassen

31 Zwei Grundtypen des Assoziierens

Hier gibt es nun nicht eine einzige es gibt wenn ich recht sehe zwei Grundstrategien zur Erfassung von Bedeutung Vergegenwaumlrtigt man sich den primaumlren auf Mitteilung ausgerichteten Aspekt des situativen Sprechens in Saumltzen und Texten und den subsidiaumlren - wenn auch unverzichtbaren - Charakter desjenigen Bereichs in den auch das Assoziieren von Woumlrtern faumlllt so versteht man sofort die eine von zwei grundlegend verschiedenen Strategien dh Arten der sprachlichen Reaktion auf

29 Kurt Goldstein der von solchen Faumlllen berichtet erwaumlhnt im selben Zusammenhang das Phaumlnomen laquodass die falschen Woumlrter oft mit weniger Paraphasie (gemeint ist hier Paraphasie als lautliche Abwei-chung) geaumluszligert werden als die richtigenraquo (1948 101 vgl 239) Dies duumlrften diejenigen Faumllle sein in de -nen der Sprechprozess gewissermaszligen bdquovon oben her dh von der bewussten intentional vom laquoWaumlch-terraquo gesteuerten Seite her gestoumlrt ist30 Jakobson 1974 125ff vgl generell Goldstein 1948 zum Bereich der Kategorisierung

Wortmaterial Kinder erwerben Sprache sei sie nun kommunikativ oder das eigene Handeln begleitend in Situationen und damit dominant in syntagmatischer Realisierung Uumlber die nach und nach verstandene [p 19] fremde und die nach und nach sich entwickelnde eigene syntagmatische Realisierung von Sprache baut sich dann jenes semantische Orientierungs- und Einordnungssystem auf innerhalb dessen Rahmen die andere dominant paradigmatische Strategie anzusiedeln ist Wie Hans-Martin Gauger ausgefuumlhrt hat handelt es sich bei dem Aufbau dieses Systems um einen Prozess zunehmender bdquoVerdichtung (1970 65-69)

311 Syntagmatisches Assoziieren

Da sprachliche Elemente wie die Woumlrter fuumlr Kinder zunaumlchst einmal Woumlrter im syntagmatischen Kontext sind ist es nicht verwunderlich dass - wie seit Anfang des Jahrhunderts beobachtet wurde - Kinder vorwiegend syntagmatische Assoziationen haben Sie nennen also vorwiegend Woumlrter mit denen die Ausgangswoumlrter zusammen vorkommen dh die Assoziationen verlaufen im Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt Typisch sind derartige Assoziationen auch fuumlr solche Personen deren sprachliche Sozialisierung nicht durch den bewussten Umgang mit der eigenen und mit fremden Sprachen waumlhrend zwoumllf bis dreizehn Schuljahren perfektioniert wurde also etwa fuumlr Volksschul-Absolventen Schuchardts Einwand Thumb und Marbe haumltten die Bedeutung der syntagmatischen KontiguitaumltDistanz fuumlr das Assoziieren nicht gebuumlhrend beruumlcksichtigt hat also von der Ontogenese her gesehen seine Berechtigung31 Waumlhrend syntagmatische Assoziationen bei bdquogebildeten Erwachsenen also relativ selten sind sind sie bei Kindern und anderen sprachlich weniger Sozialisierten recht haumlufig Typische (und in allen nachfolgenden Faumlllen von den Assoziationen der 288 franzoumlsischen Studenten abweichende) Beispiele sind aus den jeweils erstrangigen Nennungen von 115 franzoumlsischen Bauarbeitern fenecirctre - ouverte (31) blanc - neige (27) aigre - vinaigre (26) rouge - sang (25) santeacute - bonne (23) table ronde (23) faim - (de) loup (23) citoyen - franccedilais (22) lune - (de) miel (20) tabac - blond (17) musique - douce (17 - zusammen mit classique leacute-gegravere agreacuteable harmonieuse 31) lent - tortue (15) meacutemoire - courte (14) joie - (de) vivre (14) papillon - vole (10) etc Charakteristisch ist hier wiederum dass solche dominant von der syntagmatischen Kontiguitaumlt bestimmten (und in der Regel nicht wortartgleichen) Assoziationen nur selten jene stark buumlndelnde Wirkung haben die fuumlr Assoziationen zum Gegensinn hin charakteristisch ist [p 20]

312 Paradigmatisches Assoziieren

Die andere (trotz mancher Grenzfaumllle von der syntagmatisehen zu unterscheidende) grundlegende Strategie zum Erfassen von Bedeutung spiegelt sich im dominant paradigmatischen Assoziieren also in jenen Assoziationen die im Bereich des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems verlaufen Eingangsvoraussetzung fuumlr beide Arten des Assoziierens ist die vorgaumlngige phonologische Analyse mit der Zuordnung eines Lautbildes und der (natuumlrlich

31 Das assoziative Verhalten der Kinder und Jugendlichen hat sich allerdings seit dem Beginn des Jahrhun-derts in betraumlchtlichem Maszlig demjenigen der Erwachsenen angenaumlhert Die Ursache ist zweifellos in einer fruumlheren und ausgepraumlgteren sprachlichen Sozialisierung zu sehen Vgl dazu auch Esper 1973 105 Pa-lermoJenkins 1965 oder Jenkins 1970 7

vorlaumlufigen32) Zuordnung einer Wortart Beim dominant syntagmatischen Assoziieren besteht die Strategie fuumlr die Zuordnung einer Bedeutung zu dieser Einheit aus Wortart und Lautschema vor allem im Assoziieren eines syntagmatischen Gebrauchskontextes also in der Einordnung in ein komplexeres Zeichen mit dem sich daraus ergebenden bdquomonosemierenden Effekt lune - lune de miel blanc (comme la) neige citoyen - (un) citoyen franccedilais table - (la) table (est) ronde etc Bei der paradigmatischen Art des Assoziierens besteht die Strategie zur Erfassung von Bedeutung dagegen darin dass das Ausgangswort in Relation zu einem anderen gleichrangigen Zeichen gesetzt wird Die Strategie ist also abstrakter ja geradezu metasprachlich ndash eine Analyse die schoumln Goldsteins These von der Komplexitaumlt scheinbar ganz einfacher Aufgaben bestaumltigt

Was nun das spezifisch paradigmatische Orientierungs- und Einordnungssystem betrifft so scheinen mir hier bei angemessener Interpretation der Verhaumlltnisse zwei Untersysteme vorzuliegen Untersysteme die nicht scharf voneinander getrennt sind Im einen dieser Systeme vollzieht sich der Zugriff uumlber die Dimension Similaritaumlt - Kontrast im anderen System ist wie noch erlaumlutert wird die Information (vor dem Hintergrund der Similaritaumlt) verfuumlgbar uumlber die semantische Kontiguitaumlt in Opposition zur Distanz Beide Systeme arbeiten jedoch mit einem gemeinsamen Grundprinzip das man als bdquoModul in Form eines Dreiecks (mit einer Reihe von Varianten) konzipieren kann Einer Informationseinheit A sind mindestens zwei andere Einheiten B und C in folgender Weise zugeordnet33 [p 21]

Dabei sind die Beziehungen zwischen AB und AC solche der Similaritaumlt ndash eine Similaritaumlt der die oben auf S 11 f genannten Prioritaumltsebenen 1 (gleiche Wortart) und 2 (gleicher semantischer Bereich) entsprechen Die Beziehung zwischen B und C ist je nachdem eine Beziehung des Kontrasts (dem entspricht die oben genannte Prioritaumltsebene 3) oder der semantischen Kontiguitaumlt (der die Prioritaumltsebene 4 entspricht) Die Varianten ergeben sich hauptsaumlchlich aus der Zahl der Elemente auf der Achse BC zum Teil auch daraus dass die Position von A einzelsprachlich nicht besetzt oder aber wie im Fall von A = homme B = homme G = femme mit einem der dann merkmallosen Elemente B oder

32 Analyse-Ergebnisse sind auf dem Weg von den kleineren zu den groumlszligeren Einheiten insofern vorlaumlufig als die Analyse der kleineren Einheit im Rahmen der Analyse der Uumlbergreifenderen Einheit stets korrigiert werden kann (Der entsprechende Ruumlckkopplungs-Effekt hat seine physiologische Basis in dem Faktum dass die Zellen der kortikalen Lamina VI [die etwa 2 mm dicke Groszlighirnrinde hat sechs physiologisch und funktionell differenzierbare Schichten] vorwiegend Ruumlckkopplungs-Funktion haben) Der Ruumlckkopplungs-Effekt ist der Grund dafuumlr dass manche bdquoDefekte bei Aphasikern erst dann entdeckt werden wenn man sie kleinere Einheiten ohne Kontext nachsprechen laumlsst33 Der Gedanke der modularen Struktur ist inspiriert durch Erkenntnisse der Neuroanatomen Sie haben in der letzten Dekade zunehmend die These vertreten die komplexe Struktur unseres Nervensystems - ein-schlieszliglich des Groszlighirns - basiere auf relativ ein-fachen genetischen Programmen Korrelat dieser Pro-gramme sind laquomodulareraquo laquorepetitiveraquo oder laquoperiodischeraquo Strukturen etwa im Bereich des Ruumlckenmarks oder der Groszlighirnrinde Vgl beispielsweise Szentaacutegothai 1978

C identisch ist (Ist ein spezieller Begriff fuumlr A vorhanden oder ist A identisch mit B oder C so liegt ein Fall von Gegensinn in jener Verwendungsweise vor wie man sie sinnvollerweise Abel unterstellen muss ndash Abels Beispiele sind von Benveniste (1956) zerpfluumlckt worden Ein aumlhnliches Vorkommen solchen Gegensinns gilt fuumlr Fragen des Typs bdquoWie alt (und nicht wie jung) wie groszlig wie lang wie schoumln ist das und dasldquo also fuumlr Faumllle die zB Elmar Holenstein treffend analysiert hat (1976 69f))

Im Fall der Similaritaumlt-Kontrast-Interpretation des Dreiecks ist eine merkmalsemantische Interpretation plausibel B und C enthalten alle Merkmale von A (A ist der Oberbegriff) sie enthalten jedoch noch zusaumltzliche Merkmale und zwar dergestalt dass diejenigen von B und C nicht voumlllig identisch sind sondern in der Regel in einem Merkmal kontrastieren34 [p 22]

3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System

Zunaumlchst zu dem paradigmatischen System in dem fuumlr das Hinausgehen uumlber die gegebene Information die Kontrast-Relation ausschlaggebend ist Es geht also um den Bereich des Entgegengesetzten ndash Otto Gsell hat in seiner Arbeit uumlber die Gegensatzrelationen im Wortschatz romanischer Sprachen eine sehr wesentliche Beobachtung gemacht und so fruumlhere analoge Beobachtungen in entscheidendem Maszlige praumlzisiert Unser Wortschatz ist keinesfalls so beschaffen dass alle Woumlrter ihr Antonym haumltten Ganz im Gegenteil der Wortschatz der bdquoantonymfaumlhig ist macht nur einen relativ geringen Teil des Gesamtwortschatzes aus ndash aber er konzentriert sich auf bestimmte inhaltliche Bereiche des Lexikons Nimmt man wie Gsell als Maszligstab das Begriffssystem von Rudolf Hallig und Walther v Wartburg (19521963) so ergeben sich drei Schwerpunkte Die gegensatzfaumlhigen Woumlrter konzentrieren sich

l in der Rubrik laquoLacircme et lintellectraquo wo es sich um etwa vier Fuumlnftel von insgesamt 2000 Eintraumlgen handelt Es geht dort um geistige Faumlhigkeiten Bewusstsein Gedaumlchtnis Wahrnehmung Denken Vorstellung Gefuumlhle und dergleichen (Hallig und Wartburg verwenden in dieser Rubrik teilweise was Gsell nicht eigens erwaumlhnt Antonymenpaare explizit als Unter-Rubriken)

2 in der Rubrik laquoLa prioriraquo Hallig und Wartburg versuchen dort laquoden inhaltlich sehr allgemeinen nicht sachgebietsbezogenen Wortschatz nach Denk- und Begriffskategorien wie Existenz physische Zustandsformen Eigenschaften Ordnung Wertung Quantitaumlt Raum Zeit Kausalitaumlt Bewegung und Veraumlnderung zu gliedernraquo (Gsell 1979 114) Die Rolle des Kontrasts fuumlr diesen Bereich ist im Uumlbrigen bereits durch das oben zitierte Beispiel der aristotelischen Kategorien ersichtlich

3 im Bereich der jeweiligen Unter-Rubrik geacuteneacuteraliteacutes (oa) zu den jeweiligen groumlszligeren Abschnitten bei HalligWartburg

Gsell spricht anhand der Begriffe des zweiten Bereichs (den dritten nennt er nicht ausdruumlcklich) von laquosemantischen Strukturwoumlrternraquo (im Gegensatz zu den syntaktischen) sie lieszligen sich keinem bestimmten sachlichen oder begrifflichen Bereich

34 Herbert HClark spricht in diesem Zusammenhang (1970 275f) von der laquoRegel des minimalen Kon-trastsraquo In der Ontogenese kann im Uumlbrigen beobachtet werden dass die Beziehungen zwischen kontrastierenden Paaren zT insofern asymmetrisch sind als eins der beiden Elemente privilegiert dh fruumlher gelernt bzw als Oberbegriff verwendet wird Hiermit hat sich in einer Reihe von Arbeiten vor allem Eve V Clark befasst

zuordnen seien jedoch (besser sollte man sagen gerade deshalb) in jeder Art von Rede unentbehrlich

Der Begriff der laquosemantischen Strukturwoumlrterraquo scheint mir gluumlcklich gewaumlhlt zu sein weil solche Woumlrter - als eine von jeweils zwei Alternativen - unsere Erfahrung in houmlchstem Maszlige strukturieren Hierzu zwei Beispiele Von den 34 Woumlrtern der Listen von RussellJenkins (1970) bzw PalermoJenkins (1964) auf die mindestens 50 der Probanden als Assoziation an erster Stelle dasselbe Wort nennen sind 23 solche auf die ein Antonym assoziiert wird Als Strukturierungsdimension dienen dabei

ndash siebenmal der Geschlechtsunterschied (boygirl heshe kingqueen etc)ndash viermal im Bereich des Gesichtssinns die Dimension helldunkel (blackwhite dark light)ndash fuumlnfmal die Orientierung in Raum bzw Raum undoder Zeit (slowfast herethere longshort highlow youngerolder) weiterhin [p 23]ndash die Kommunikationssituation zwischen Sprecher und Houmlrer (meyou)ndash zweimal der Tast- oder Handsinn (hardsoft heavylight) schlieszliglichndash der Geschmackssinn (sour bzw bittersweet) ndash der Gehoumlrsinn (loudsoft) sowiendash die konverse Relation Zwischen Geben und Nehmen (sellbuy buyingselling)

Ist ein tertium moumlglich so immer in Form einer Skala zwischen den beiden Extrempolen die den Bereich eingrenzen - genauso wie dies Aristoteles fuumlr seine Klassifizierung der Tast- Geschmacks- und Geruchsempfindungen vorgeschlagen hatte

Das zweite Beispiel Wolfgang Lorenz und Gerd Wotjak haben aus 80 sprachwissenschaftlichen Untersuchungen haumlufig vorkommende laquoSemeraquo zusammengetragen also solche Begriffe die dazu verwendet werden um den Inhalt anderer Begriffe zu beschreiben Von den 129 in einer ersten Liste bei LorenzWotjak (1977 310-334) zusammengetragenen haumlufig genannten laquoSemenraquo sind nun mehr als die Haumllfte solche die zu Antonymen-Paaren geordnet werden koumlnnen - was wiederum ganz unabhaumlngig davon wie man zur Existenz von semantischen Merkmalen oder Semen stehen mag aufschlussreich ist fuumlr die Strukturierungs- und Reduktionsleistung entsprechender Begriffspaare

Waumlhrend bei der dominant syntagmatischen Art des Assoziierens die Aufgabe der semantischen Einordnung einer Einheit aus Wortart und Lautbild uumlber die Einbettung in den syntagmatischen Kontext also in ein komplexeres Zeichen geleistet wird verlaumluft somit im Fall der geschilderten Unterart des paradigmatischen Assoziierens die Einordnung anders Das betreffende Wort wird wo immer dies moumlglich ist uumlber die Zuordnung des Kontrast-Werts im Dreiecks-Modul identifiziert Dies ist Goethes laquoAnklingen des Gegensinnsraquo das seit Jost Trier im Bereich der Wortfeldlehre erwaumlhnt wird Die Identifizierung der Bedeutung von B mit Hilfe des kontrastierenden C fuumlhrt natuumlrlich dazu dass jeder normale Sprecher sich etwa bei Muumldigkeit dh bei verringerter Aufmerksamkeit zum Gegenteil hin versprechen kann35 In pathologischen Faumlllen fuumlhrt dann eine verringerte Unterscheidungsfaumlhigkeit zwischen den Teilen B und C des Moduls zu den haumlufigen laquoverbalen Paraphasienraquo des Typs nehmen fuumlr geben fragen fuumlr antworten groszlig fuumlr klein

35 Die Ursache dafuumlr dass der ungeuumlbte Houmlrer Versprech-Leistungen normalerweise gar nicht wahrnimmt haben schon Meringer und Mayer genannt laquo(hellip) Der Hauptgrund des Uumlberhoumlrens von Sprechfehlern liegt darin dass der Houmlrer ganz aumlhnlich daran ist wie der Sprecher und wohl aus derselben Ursache uumlberhoumlrt aus der der andere sich versprichtraquo (1895 10f)

3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Im Similaritaumlt-Kontrast-System das wo immer dies moumlglich ist den Zugriff auf semantische Information primaumlr steuert steht Mutter in [p 24] Kontrast zu Vater - tertium non datur Mutter steht jedoch auch in Beziehung zu anderen Lexemen zB zu Kind Tochter Stiefmutter Groszligmutter auch zu Frau etc Bei Frau oder Maumldchen bestehen uumlbrigens unabhaumlngig vom Geschlecht der Probanden - assoziative Verbindungen zu huumlbsch schoumln Schoumlnheit und dergleichen Die ersten dieser Verknuumlpfungen koumlnnte man noch leicht mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Vater und Mutter bilden ein minimales Paar das sich nur durch den bewussten kleinen Unterschied die Opposition maumlnnlichweiblich semantisch voneinander abhebt Bei Paaren wie MutterKind bzw MutterTochter waumlren es bereits mehrere differenzierende Merkmale (und das Beispiel zeigt zugleich dass es noch ganz andere Relationen gibt als die des Kontrasts hier zB die temporale oder die kausale) Bei MaumldchenSchoumlnheit muumlsste man schon mit Selektionspraumlferenzen arbeiten man koumlnnte wohl auch an den Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt denken

Es gibt nun allerdings eindeutig paradigmatische Assoziationen bei denen merk-malsemantische Konstruktionen angesichts ihrer notwendigen Komplexitaumlt in eklatantem Widerspruch zur hochgradigen Gelaumlufigkeit der betreffenden Assoziationen stuumlnden Ein einfaches Beispiel ist das Paar TischStuhl Die Zahlen 84 bei Russell Jenkins 69 bei PalermoJenkins 55 bei franzoumlsischen Studenten36 Man koumlnnte hier die Merkmal-Similaritaumlt uumlber den Oberbegriff Moumlbelstuumlck konstruieren aber wie waumlre dann zu erklaumlren dass die Verbindung zwischen Tisch und Stuhl enger ist als die zwischen den Moumlbelstuumlcken Tisch und Hocker (die sich im Prinzip nur durch die Groumlszlige unterscheiden) oder zwischen Tisch und Bett (1 der Nennungen trotz laquogetrennt von Tisch und Bett lebenraquo) Wie waumlren weiterhin so gelaumlufige Assoziationen wie pied chaussure araigneacuteetoile tobaccosmoke zu erklaumlren fuumlr die Oberbegriffe schwer zu konstruieren sind und die sich in einer solchen Konstruktion wenn sie gelingt immer noch durch eine Fuumllle von Merkmalen nicht etwa nur durch ein einziges unterschieden

Angesichts solcher Verhaumlltnisse scheint es mir plausibel zu sein das als grundlegend angesetzte Dreiecks-Modul in diesen Faumlllen als eine Similaritaumlts-Kontiguitaumlts-Beziehung zu interpretieren also in Anlehnung an das oben erlaumluterte bdquoGesetz der Naumlhe aus dem Bereich der optischen Wahrnehmung Solche Similaritaumlts-Kontiguitaumlts-Beziehungen beruhen bei einem flieszligenden Uumlbergang zum Similaritaumlt-Kontrast-Bereich ndash jeweils auf Erfahrungskontexten in denen Erscheinungen als zusammengehoumlrig verwandt benachbart verstanden werden Die Komponente der Similaritaumlt versteht sich hier vor allem als Zugehoumlrigkeit zum selben Er- [p 25] fahrungsbereich meist - aber keinesfalls ausschlieszliglich - auch als Zugehoumlrigkeit zur selben Wortart Die Kontiguitaumlt wird zumeist verkoumlrpert durch eine spezielle in der Regel gerichtete Beziehung zwischen den Elementen B und C (Die Zahl der Probanden die auf Stuhl wieder Tisch assoziieren ist viel geringer als die Zahl derer die auf Tisch die Assoziation Stuhl haben) Entscheidend ist dabei nun dass die Erfahrungskontexte zwar individuell verschieden sind dass die Relationen durch welche die Begriffe verknuumlpft sind dagegen meist ganz spezifische invariante Relationen darstellen Tisch und Stuhl sind zB integrierende Teile eines groumlszligeren Ganzen im Erfahrungsbereich des Wohnens und Arbeitens zwischen tobacco und

36 Die Zahl fuumlr die deutschen Probanden lautet 29 - hier stellen die 15 Nennungen fuumlr die im Grenzbe-reich zwischen semantischer und syntagmatischer Kontiguitaumlt liegende Assoziation Bein(e) eine starke Konkurrenz zu Stuhl dar

smoke araigneacutee und toile besteht eine kausale zwischen Hammer und Nagel eine finale Relation Das Gegenstuumlck zur Kontiguitaumlt die Distanz grenzt hier die Dreiecksmoduln gegeneinander ab Interessant ist dass in vielen Faumlllen nicht eigentlich der kontige Partner sondern die spezifische Relation etwa zwischen dem Gegenstand und einem allfaumllligen Benutzer assoziiert wird Um die finale Relation geht es zB in den Faumlllen Bettschlafen Schereschneiden ciseauxcouper scissorscut

32 Sonderfaumllle

Fuumlr beide Varianten des paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssystems gilt natuumlrlich Sobald auf der Achse BC mehr als zwei gleichrangige Mitglieder anzusiedeln sind sobald also in Trubetzkoys oder Coserius Terminologie eine laquoaumlquipollenteraquo und nicht eine laquoprivativeraquo Opposition vorliegt37 verliert die Assoziation von einem dieser Mitglieder zum anderen an Schaumlrfe die buumlndelnde Kraft des einzigen Antonyms oder des in spezifischer Weise kontigen Partners fehlt Musterbeispiel ist das Dreiecks-Modul fuumlr die Farbwerte im Gegensatz zu dem fuumlr die Grauwerte

Wegen der Auswahl aus einer groszligen Zahl gleichberechtigter Moumlglichkeiten sind die Reaktionen auf Farben dementsprechend wenig gebuumlndelt38 ndash auf gelb nennen an ers-ter Stelle 14 der amerikanischen Pro- [p 26] banden blau 12 der deutschen rot 11 der franzoumlsischen gruumln Bei den Ausgangswoumlrtern blau und gruumln ist die Assozia-tion im paradigmatischen Bereich sogar schwaumlcher als im syntagmatischen ndash hier nen-nen die Probanden in allen drei Sprachen an erster Stelle den Himmel (blau) und den Bereich GrasWieseLandschaft (gruumln) und dies mit einer Frequenz die vertreten durch Werte zwischen 20 und 30 deutlich uumlber den Frequenzen liegt die in den ande-

37 Coseriu 19641978 120f 1976 34 Eine graduelle Opposition entspricht wie oben in Anm 5 erwaumlhnt einer Unterart des aristotelischen Entgegengesetzten mit gegebenem tertium38 Nach der oben erwaumlhnten aristotelischen Farbkonzeption oder dem analogen Vorschlag bei Weinrich 1967 2213 oder Coseriu 1976 43f waumlren die beiden Dreiecks-Moduln zu einem einzigen zu kombinieren - die extremen Farbwerte waumlren also schwarz und weiszlig Dem widerspricht einerseits nicht das Assoziationsverhalten der Probanden im englischen franzoumlsischen und deutschen Sprachbereich wo auf rot blau gelb gruumln sowie auf Farbe jeweils auch und zT mit betraumlchtlichen Nennungszahlen schwarz undoder weiszlig genannt werden (Bei gebildeten franzoumlsischen Sprechern liegt in einem dieser Faumllle freilich eine syntagmatische Assoziation vor gerade wegen ihrer Bildung assoziieren 18 an erster Stelle auf rouge das Wort noir) Andererseits entspricht das Assoziieren von schwarz undoder weiszlig auf Farbadjektive den Erkenntnissen die der geniale Edwin H Land (1977) uumlber die Physiologie des Farbsehens gewonnen hat

ren Faumlllen fuumlr Farbwerte eintreten ndash Auch zwischen Zahlen scheinen auf den ersten Blick dieselben aumlquipollenten Beziehungen zu bestehen wie etwa zwischen Farbadjekti-ven Bei naumlherem Zusehen zeigt sich jedoch dass als spezifische Relation zwischen Zah-len die Relation bdquogroumlszliger als gesehen wird (Ganz abstrakt lautet die Regel fuumlr das Zaumlhlen ja Ersetze die letzte Zahl n durch n+1) Entsprechend sind die Assoziationen auf Zahlwoumlrter immer gerichtet zB im Sinn des n + 1 auf zwei wird drei auf drei wird vier assoziiert auf jeden Fall immer eine houmlhere Zahl39

Ein weiterer Sonderfall sind Erfahrungsbereiche die nicht zu denjenigen einer Vielzahl von Sprechern gehoumlren Zum Loumlwen wird gemeinhin als kontiger Partner im Erfahrungsbereich exotische wilde Tiere der Tiger assoziiert Beim Adler fehlt fuumlr den normalen Sterblichen der Partner In solchen Faumlllen kann die Assoziation dann zur Spitze A eines potentiellen Moduls verlaufen (man koumlnnte auch sagen Auf dem Weg von B zu einem potentiellen C endet die Assoziation in Ermangelung eines C bei A das sonst die Zwischenstation gewesen waumlre) Die Konsequenz Die haumlufigste Assoziation auf Ad-ler ist Vogel (21) oiseau (16) und bird (55) Solche Assoziationen zum Klassennamen dh zur Spitze A des Moduls hin sind relativ selten Mit groumlszligerer Haumlufig-keit treten sie sozusagen als Vorstufe zu Similaritaumlt-Kontrast-Assoziationen bei sprach-lich weniger sozialisierten Probanden auf40 [p 27]

4 Schlussuumlberlegungen

laquoDie Aufstellung von Oppositionen ist im Wortschatz wesentlich komplizierter als im phonologischen System einer Sprache da die beteiligten Merkmale wesentlich zahlrei-cher sind als in der Phonologie Prinzipiell handelt es sich jedoch um die gleichen Oppositionstypenraquo (Coseriu 1973 65)

Ich habe eingangs gezeigt dass Zweierschemata haumlufig als Denkmodell verwendet wer-den dass die Sprache im Bereich der Bezeichnungen des Entgegengesetzten uumlber eine ganze Skala solcher Zweierschemata verfuumlgt weiterhin dass Wahrnehmen und Erfassen von etwas stets zugleich bedeutet uumlber die Information hinausgehen die gegeben wird und dass auch bei diesem laquouumlber die Information hinausgehenraquo wieder Zweierschemata wie die von Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz entscheidend sind Ich habe dann Ergebnisse der sprachlichen Assoziationsforschung einer ersten Analyse unterzogen und diese Analyse in einem weiteren Schritt dadurch vertieft dass ich sprachliche Assoziationen als den Reflex von Strategien aufgefasst habe die dazu dienen semantische Information zu erfassen und einzuordnen Zum Abschluss will ich in vier Schlussuumlberlegungen skizzieren worin der moumlgliche Ertrag einer staumlrkeren Einbeziehung der Assoziationsforschung und verwandter Gebiete liegen kann in einem (1) Einblick in das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems und seine (2) Transformation in Onto- und Pathogenese sowie in der Diachronie in einem (3) neuen Licht das auf Probleme der Wortfeldforschung geworfen wird und schlieszliglich auch in einer (4) angemesseneren Haltung gegenuumlber der Wissenschaftsgeschichte

39 Schuchardts oben zitierte Vermutung auf drei koumlnne (aus Gruumlnden der Lautaumlhnlichkeit) auch zwei assoziiert werden ist auch deshalb abwegig weil Ruumlckwaumlrtszaumlhlen eine sehr schwierige Aufgabe ist sie wird zB haumlufig verwendet um das Ausmaszlig von Aphasien zu bestimmen Dasselbe gilt fuumlr Tages- und Monatsnamen wo die spezifische gerichtete Relation bdquospaumlter als oder bdquonach lautet40 Vgl Rosenzweig 1970 102 105 zum relativ groszligen Anteil der Assoziationen zum Oberbegriff hin bei amerikanischen und franzoumlsischen Arbeitern Jenkins 1970 7 erwaumlhnt das Zuruumlckgehen der Oberbegriffs- und der Synonym-Assoziationen in der Geschichte amerikanischer Assoziationstests - Angesichts des vorliegenden Materials ist mir unklar worauf Clark (1970 279) die Ansicht stuumltzt laquoFast-Synonymeraquo wie house - home odour - smell seem - appear thing - object sowie Ober- und Unterbegriffe kaumlmen bei den Wortassoziationen oft vor

41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems

In unserem paradigmatischen Orientierungssystem scheint es zwei Bereiche zu geben die flieszligend ineinander uumlbergehen und miteinander kombiniert sein koumlnnen ei-nen Bereich mit Similaritaumlt-Kontrast- und einen Bereich mit Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-(Distanz-)Struktur Im einen Bereich wird Information aumlhnlich wie im Fall des bdquoGesetzes der Gleichfoumlrmigkeit (und des Kontrastes) vor dem Hintergrund der Similaritaumlt domi-nant eingeordnet im Hinblick auf das Entgegengesetzte im anderen im Hinblick auf den Nachbarn im selben Erfahrungsbereich ndash was dem gestaltpsychologischen bdquoGesetz der Naumlhe entsprechen wuumlrde

[p 28] Das erste System strukturiert durch seine Reduktion auf in der Regel zwei Alternativen (mit falls ein tertium zugelassen ist Zwischenmoumlglichkeiten) unsere Erfah-rung in auszligerordentlich starkem Maszlig Hier bestehen zugleich die groumlszligten auszligereinzel-sprachlichen Uumlbereinstimmungen ndash und zwar deswegen weil bestimmte Strukturie-rungs-Dimensionen ethologisch gesehen nichts anderes darstellen als Verbalisierungen jener Interpretation der Natur der Umwelt und ihrer Gesetzlichkeiten die unser Organismus im Lauf seiner entwicklungsgeschichtlichen Adaptation vorgenommen hat Orientierung im Raum in der Zeit Orientierung durch Houmlren Sehen Riechen Schme-cken Fuumlhlen und Tasten Eine Reihe solcher Strukturierungs-Dimensionen (die generell Coserius und Pottiers Klassemen Greimas Kontextsemen oder Luumldis Kongruenzsemen gleichen)41 sind sogar grammatikalisiert also zu grammatischen Ordnungsdimensionen geworden (wobei die Einzelsprachen das Angebot natuumlrlich in jeweils verschiedener Weise wahrnehmen) Es geht ua pythagoreisch ausgedruumlckt um die Unterscheidung zwischen dem Einen und dem Vielen um die zwischen maumlnnlich und weiblich (die im grammatischen Bereich freilich neutralisiert werden kann) zwischen tot und lebendig (wofuumlr die Grammatiker unbelebtbelebt vorziehen) zwischen menschlich und nicht-menschlich geben (bdquoAllativ bdquoDativ) und nehmen (bdquoAblativ) zwischen ich und du ja und nein (vierte Art des Entgegengesetzten im aristotelischen Sinn) hier und dort jetzt und nicht-jetzt42

Besonders augenfaumlllig sind solche Klasseme und ihre Reduktionsleistung in den sogenannten Klassifikator-Sprachen ndash dort hat jedes Nomen ein Element bei sich das das Bezeichnete einer bestimmten Klasse von Denotaten zuweist etwa zur Klasse Tier oder Mensch zur Klasse der horizontalen oder vertikalen Objekte ndash wobei was nicht unerwartet ist als generellstes und haumlufigstes Klassifikationskriterium die Opposition zwischen belebt und unbelebt verwendet wird (vgl Serzisko 1980)

Unser so vorstrukturiertes Wahrnehmen und Denken erkennt umgekehrt in der Umwelt wieder Prinzipien wie die eingangs genannten Gegensatzpaare des fruumlhgriechi-schen Denkens ndash wobei inzwischen klar sein duumlrfte dass es sich um alles andere als um bdquoarchaisches oder bdquoprimitives Denken handelt Bemerkenswert an den Wort-Assozia-tionen ist ja ua dass man sie nicht dadurch erhaumllt dass man im Sinn des dritten noogenetischen Prinzips von Spearman den Ausgangspunkt und die gewuumlnschte Rela-tion vorgibt um zu einem Ergebnis zu kommen es genuumlgt die Angabe des Ausgangspunkts Wahrnehmen Erkennen Verstehen bedeuten naumlmlich stets Einordnen Relationen herstellen ndash gleichguumlltig ob es um [p 29] die optische Wahrnehmung geht an der einige (vermutlich verwandte) Gestaltgesetze erlaumlutert wurden oder aber um das Einordnen sprachlicher Information So ist es ganz selbstverstaumlndlich dass die gege-

41 Vgl Coseriu 1972 52 LorenzWotjak 1977 235 mit Anm 10342 Vgl zur binaumlren Opposition als einer Extremform des grammatischen Paradigmas auch Weinrich 1967 1975

bene Information erst im Hinausgehen uumlber das Gegebene erfasst wird - ein Hinausge-hen das die Psychologen bekanntlich auch Denken nennen Im sprachlichen Erfassen ist so auch das Denken oder laquouumlber das Gegebene Hinausgehenraquo angelegt Das Denk-schema von These Antithese und Synthese spiegelt zB das Dreiecks-Modul des Similaritaumlt-Kontrast-Systems wider Mann und Frau sind in Mensch aufgehoben43

Waumlhrend im Bereich des Similaritaumlt-Kontrast-Systems nicht nur im Prinzip son-dern zT auch materiell gewisse auszligereinzelsprachliche Uumlbereinstimmungen vorhanden sind gibt es im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System natuumlrlich entsprechend dem Erfahrungs- und Lebensbereich kulturelle und soziale Unterschiede Entscheidend ist jedoch auch hier dass Einordnen nicht nur bedeutet in Relation Setzen zu diese Relationen sind ebenso wie die Kontrast-Relation im anderen System wiederum ganz spezifische ihrer-seits in aller Regel uumlberindividuelle Denk-Relationen TeilGanzes Kausalitaumlt Finalitaumlt Zeitrelation Invariant oder auszligereinzelsprachlich sind also die Relationen nicht notwendigerweise dagegen die Terme die durch solche Relationen verbunden sind

42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semanti-schen Orientierungssystems

Nach den vorgefuumlhrten Analysen gibt es drei Strategien zur Wahrnehmung und Einordnung semantischer Information eine dominant syntagmatische und die beiden eben erwaumlhnten paradigmatischen Dabei entspricht die syntagmatische Strategie dem was Hansjakob Seiler im Bereich der bdquosprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden mit Piaget zunaumlchst als Einordnen dann als Individualisierung bezeichnet hat insbeson-dere das paradigmatische Similaritaumlt-Kontrast-System entspricht dagegen dem Seiler-schen Klassifizieren bzw Generalisieren als der anderen polaren Instanz im Bereich der sprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden (Seiler 1981) Die Charakteristika aller drei Orientierungs- und [p 30] Einordnungssysteme sind in der folgenden Uumlbersicht nochmals zusammengestellt

I II IIISyntagmatisches Konti-guitaumlts-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontrast-System

Dominante Strategie Einordnen in ein groumlszlige-res Syntagma (dh in ein komplexeres Zei-chen)

Zuordnung eines Part-ners aus demselben Er-fahrungsbereich (uumlber spezifische Relationen)

Zuordnung eines Anto-nyms (uumlber die Gegen-satz-Relation)

Wortklasse in aller Regel verschie-den

in der Regel gleich gleich

Kontiguitaumlt vs Distanz ja ja

43 Es ist gewiss nicht erstaunlich dass wie Coseriu (1977a) gezeigt hat gerade Hegel in seiner Humboldt-Rezension als Vergleichsgrundlage fuumlr alle Sprachen die Unterscheidung von Gattungen und Arten bzw von laquoAllgemeinheiten und Bestimmtheitenraquo ansieht ndash mit anderen Worten also das DreiecksModul in sei-ner Similaritaumlt-Kontrast-Auspraumlgung ndash Die Bolle des Kontrasts (als drittes Moment neben Similaritaumlt und Kontiguitaumlt) hat aus der phaumlnomenologischen Tradition heraus sehr schoumln und einleuchtend Elmar Holen-stein dargestellt und gerade auch fuumlr die sprachliche Seite als grundlegend bezeichnet laquoDamit uumlberhaupt eine Auswahl (gemeint ist auf der paradigmatischen Achse der Selektion) getroffen werden kann muss sich etwas von etwas abhebenraquo (1976 86) Bruners going beyond the information given kann also zT auch im phaumlnomenologischen Sinn interpretiert werden

Similaritaumlt vs Kontrast ja ja

Fuumlr alle Woumlrter moumlg-lich

ja groszliger Bereich kleiner Bereich (bdquosemantische Struktur-woumlrterldquo)

Die spezifischen Relationen im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System entsprechen dabei in etwa Piagets laquoinfralogischenraquo Relationen oder Spearmans (1923 67-71) laquorealraquo relati-ons die Relationen des Similaritaumlt-Kontrast-Systems entsprechen dagegen Piagets laquologi-schenraquo und in etwa wohl Spearmans (71-74) laquoidealraquo relations Fuumlr die veschiedentlich erwaumlhnte nicht scharfe Trennung der Bereiche II und III duumlrften ua die Teil-Ganzes-Relationen verantwortlich sein die sowohl im laquologischenraquo (Inklusion) als auch im laquoinfralogischenraquo Bereich vorkommen Waumlhrend die Relationen des Similaritaumlt-Kontigui-taumlt-Systems dominant gerichtete Relationen sind ist die Gegensatz-Relation des Similaritaumlt-Kontrast-Systems grundsaumltzlich zweiseitig Abweichungen ergeben sich insbesondere durch Polysemie (vgl o S 12)

Ontogenetisch gesehen werden nun die paradigmatischen Systeme II und III uumlber das syntagmatische System I aufgebaut Dabei nimmt das System II wie aus seinen Merkmalen ersichtlich ist eine Mittelstellung zwischen den Systemen I und III ein - im Sinn der Konzeption Seilers stellt es also gewissermaszligen den bdquoWendepunkt zwischen den beiden Polen der Dimension sprachliche Erfassung von Gegenstaumlnden dar Auch der flieszligende Uumlbergang zwischen den drei Systemen erhellt aus dem Schema die Grenz-faumllle liegen interessanterweise nicht zwischen I und III sondern zwischen den Systemen III (zB Coserius laquolexikalische Solidaritaumltenraquo) und zwischen den Systemen IIIII Es ist somit plausibel dass [p 31] in der Ontogenese die Systeme in der Reihenfolge I-II-III aufgebaut werden Das System III nimmt dabei insofern eine Sonderstellung ein als es wie die letzte Zeile des Schemas nochmals ausweist direkt nur auf einen kleinen aber wichtigen Ausschnitt des Wortschatzes anwendbar ist

Was den Abbau der Sprache bei pathologischer (oder altersbedingter) Beeintraumlchtigung des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems betrifft so ist den vorliegenden Beobachtungen nach die Reihenfolge wohl umgekehrt Das System III wird vor dem System II beeintraumlchtigt Dies entspraumlche der Erkenntnis Jakobsons dass man zuerst verliert was man zuletzt erworben hat44 Was schlieszliglich diachronische Transformationen speziell den Bedeutungswandel betrifft so ist die Affinitaumlt zu Uumlberlegungen sehr wichtig die in Teilbereichen schon Wilhelm Wundt (o S 7) und dann vor allem Stephen Ullman angestellt hat Ullman resuumlmiert ja die Arbeit seines Lands-manns Zoltan Gombocz (Jelentestan Pecs [Fuumlnfkirchen] 1926) und den ihm zu Grunde liegenden Aufsatz von Leacuteonce Roudet (1921) mit folgenden Worten

laquoAn associative network of names clusters around each name some of these associations are rooted in similarity others in contiguityraquo (1967 79)

Dem entspricht dann seine Klassifizierung des Bedeutungswandels (1967 220ff) Uumlbertragung von signantia aufgrund von Similaritaumlt bzw Kontiguitaumlt zwischen den sig-nata bzw umgekehrt Uumlbertragung von signata aufgrund der SimilaritaumltKontiguitaumlt zwi-schen den signantia Zu praumlzisieren waumlre dass es sich nicht um Similaritaumlt oder Kontiguitaumlt handelt sondern um Transfer im Rahmen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- oder 44 Die Arbeit von Stachowiak uumlber die Semantische Struktur des subjektiven Lexikons (1979) bestaumltigt diese Hypothese was dort vorgefuumlhrt wird laumlsst sich mE alles in dem Sinn interpretieren dass bei aphasischem Abbau der Sprache vor allem das System III beeintraumlchtigt wird Nach dem was oben (S 18f) uumlber die Komplexitaumlt von Benennungs- und Assoziations-Aufgaben gesagt wurde unterstreicht dies im Grund auch die These Jakobsons dass es sich im wesentlichen um eine Stoumlrung handelt bei der die metasprachliche Punktion der Sprache beeintraumlchtigt ist

des Similaritaumlt-Kontrast-Systems die Rolle des Kontrasts ist wie schon Wundt sah in der Tat nicht unwichtig45 [p 32]43 Wortfeld-Probleme

Die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen werfen auch ein Licht auf manche Probleme der Wortfeldforschung Zunaumlchst erklaumlren sowohl die Wortassoziationen als auch die Sprechfehler das eher selten reflektierte Phaumlnomen dass die bisher vorgestellten Wortfelder alle aus Elementen derselben Wortart bestehen46 Weiterhin muumlsste man ge-maumlszlig den beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssystemen wohl auch zwischen zwei Grundarten von Wortfeldern unterscheiden zwischen solchen des Similaritaumlt-Kontrast-Typs und solchen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- [p 33] Systems (etwa Wortfeld desWohnens der Werkzeuge der Landschaft)47 In der Form wie sie durch die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen nahegelegt werden vermitteln dabei die Wortfel-

45 Was die Unterscheidung der beiden paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssysteme angeht so fuumlhle ich mich nicht nur in der guten Gesellschaft Ullmans sondern auch in der einer Reihe von Psychologen Sprachpsychologen und Aphasieforschern Jean Piaget und Baumlrbel Inhelder unterscheiden bei der Ordnungsleistung von Kindern zwischen dem Ordnen nach dem Prinzip der Aumlhnlichkeit und nach demjenigen der Konvenienz und etwa analog dazu zwischen den schon erwaumlhnten laquologischenraquo Relatio -nen (Klassifizierung) und den laquoinfralogischenraquo (PiagetInhelder 19731 38ff) Elisabeth Wiig und Diana Globus haben 1971 in einem kontrollierten Assoziationsversuch mit 7 Aphasikern und 7 gesunden Kon -trollpersonen explizit mit Piagets logischen und infralogischen Relationen gearbeitet Das Ergebnis kann nicht nur dahingehend interpretiert werden dass es entsprechend zu diesen Relationen zwei verschie -dene Orientierungs- und Einordnungssysteme gibt sondern auch dahingehend dass das klassifikatorische System (Similaritaumlt-Kontrast-System) sowohl bei Gesunden als auch bei Aphasikern im Verfahren der kontrollierten Assoziation (gegeben ist ein Ausgangsbegriff und die Relation gesucht wird ein Zielwort) nur dann gute Ergebnisse erbringt wenn die Merkmalunterschiede gering sind - und am geringsten sind sie natuumlrlich bei binaumlren Oppositionen also etwa bei Antonymie Sobald die Merkmalsunterschiede groumlszliger werden etwa beim Ausgangsbegriff Kind und dem gesuchten Begriff Eltern sind die Suchergebnisse bei Aphasikern und Gesunden gleichermaszligen schlecht Dagegen funktioniert das infralogische System sowohl bei hoher als auch bei geringer Kontiguitaumlt der Begriffe bei den unter-suchten Aphasikern und den gesunden Kontrollpersonen recht gut (laquoWas ist der Zweck von Heizung - Ergebnis Waumlrme oaraquo) ndash Was die beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssysteme an-langt stehe ich auch weitgehend in Einklang mit James Deese Deese zieht nach einer essentiell faktoranalytischen Untersuchung von Assoziationsverhalten ua folgende Konsequenz (1965 164) laquoThe data on associative distribution suggest that the two fundamental operations we have for sorting out meaningful ndashthat is logical and syntactical relations among wordsndash are contrast and groupingraquo Deese sieht freilich ua nicht die Einordnung in ein Syntagma als dritte Strategie und anhand einer sprachpsychologischen Darstellung des Assoziationsverhaltens wie sie etwa von Houmlrmann (1967 115-156) gegeben wird vermisst man generell den Ansatz Assoziationen als Reflex von Strategien zum Erfas-sen von Bedeutung anzusehen so erscheinen dann viele Beobachtungen die anhand des obigen Schemas sinnvoll integriert werden koumlnnen eher als membra disiecta ndash Ich nenne schlieszliglich noch die Arbeit von Huber et al 1975 und die schon erwaumlhnte Dissertation von Stachowiak (1979) In der Arbeit von 1975 wird ndashbei einer Beschreibung jenes Aphasie-Typs der nach Carl Wernicke benannt istndash unterschieden zwischen zwei Orientierungsprinzipien im Lexikon einem laquosemantisch-klassifikatorischenraquo und einem laquosituativ-referentiellenraquo (1975 88 vgl Stachowiak 1979 58f) Ich bin freilich nicht einverstanden mit der These Stachowiaks es handle sich dabei einerseits um einen laquoinnersprachlichenraquo andererseits um ei-nen laquoenzyklopaumldischenraquo Bereich Wesentlich ist was nochmals betont sein soll fuumlr beide Bereiche als invariantes Prinzip dasjenige der Relation dabei sind die Relationen im einen Fall gewiss klassifikatorisch im anderen laquoinfralogischraquo beide Arten von Relationen sind jedoch gleichermaszligen uumlberindividuell und sie werden gleichermaszligen erlernt46 Geckeler sieht (1971 218) die Wortart-Gleichheit als die gewissermaszligen selbstverstaumlndliche Folge ei -ner paradigmatischen Perspektive an (was einer engen Konzeption von Paradigma entspricht) vgl u S 3547 Wenn ich recht sehe korrespondieren die beiden Grundarten mit einer Unterscheidung die Coseriu (1976 47f) innerhalb eines seiner fuumlnf Kriterien zur Klassifizierung von Wortfeldern macht naumlmlich der Unterscheidung zwischen laquorelationellenraquo und laquosubstantivenraquo Oppositionen bzw Feldern Im Rahmen der hier vorgetragenen Konzeption wird diese Unterscheidung zu einer zentralen Groumlszlige

der des Similaritaumlt-Kontrast-Typs gewissermaszligen zwischen zwei extremen Konzeptio-nen von Wortfeld zwischen der von Andre Jolles und der von Jost Trier Jolles (der des-halb von Trier und anderen gescholten wurde) wollte nur Minimalformen mit jeweils zwei (antonymen) Gliedern als laquoBedeutungsfelderraquo gelten lassen Felder die in dieser Form natuumlrlich fest umgrenzt waumlren (Jolles 1934) Fuumlr Trier galt dagegen das Prinzip der Wert jedes Worts ergebe sich aus dem Feldwert also aus der Position in einem semantischen Feld Das Wort bedeute laquonur in diesem Ganzen und kraft dieses Ganzenraquo Die vermittelnde Position ist die in einem zentralen Antonymenpaar den festen Kern zu sehen um den sich ein ganzes Feld verwandter Termini schart wobei im Normalfall die Grenze des Feldes verschwimmt Das Feld waumlre also nur von seinem zentralen Kern aus als solches zu greifen Geckelers Doppel-Wortfeld zwischen altrsquo und seinen beiden Antonymen jung und neursquo scheint mir de facto im Sinn einer solchen Konzeption interpretierbar zu sein

Die Wortfelder des Similaritaumlt-Kontrast-Typs lassen sich nun wie schon er-waumlhnt in einleuchtender Weise mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Spaumltestens bei dem Versuch Wortfelder des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs merkmalsemantisch zu rekonstruieren treten jedoch betraumlchtliche Schwierigkeiten auf Ein Verfahren auch solche Bereiche bdquodurchsichtig zu machen besteht nun darin dass man an die Spitze eines Feldes neben den eventuell vorhandenen Oberbegriff noch eine der spezifischen Auspraumlgungen der Kontiguitaumlts-Relation stellt (wodurch dann das was die Basiskante BC des Moduls von S 21 ausmacht als Seitenkante bzw Suchbegriff verwendet wird) Pottiers Wortfeld der Sitzmoumlbel im Franzoumlsischen hat als konstituierende Merkmale ne-ben dem Oberbegriff Artefakt eine solche spezifische Auspraumlgung naumlmlich das finale zum Sitzen Die Similaritaumlt die durch diese beiden Merkmale geschaffen wird stellt einerseits das Auswahlkriterium dar nach dem das Feld begrenzt andererseits den Hintergrund an Similaritaumlt vor dem es analysiert werden kann Ein Bereich wie Werk-zeug laumlsst sich um ein weiteres Beispiel zu geben nur schwer merkmalsemantisch beschreiben weil man Begriffe wie Stechbeitel Loumltkolben Nietzange und Maumlhdre-scher zu beruumlcksichtigen haumltte Fuumlgt man jedoch zu Werkzeug die finale Relation zum Bearbeiten von (beispielsweise von Holz) so entsteht ein uumlberschaubares und strukturierbares Feld [p 34]

Dabei zeigt sich nicht nur dass solche Wortfelder in gewissem Maszlig beliebig (re)konstruierbar sind - man kann etwa Katze mit gleichem Recht einmal zu den Haus-tieren ein andermal zu den fleischfressenden Saumlugetieren rechnen Es zeigt sich gleichzeitig dass eine solche Rekonstruktion genau nach dem dritten noogenetischen Prinzip von Spearman verlaumluft Zu einem Ausgangsbegriff (Werkzeug) und einer Rela-tion (zum Bearbeiten von Holz) werden Entsprechungen gesucht und gebildet Unter dem Blickwinkel dieses noogenetischen Prinzips sind Wortfelder nun nicht nur beschreibbar als Ergebnisse eines Verfahrens der kontrollierten Assoziation die beiden angedeuteten Grundtypen von Wortfeldern beruhen dann sogar beide auf demselben Grundprinzip Gegeben ist der Ausgangsbegriff und eine Relation ndash eine Relation die im Fall des Similaritaumlt-Kontrast-Typs die Gegensatzrelation ist im Fall des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs eine finale kausale temporale lokale TeilGanzes-Relation etc Dass solche Konstruktionen oder Rekonstruktionen48 also die Wortfelder der Linguisten keinesfalls - um mit Gauger (zB 1976) zu sprechen - laquobewusstseinsfremdraquo sind zeigt gerade das Verfahren der freien Assoziation dessen Interpretation Ausgangspunkt die-ser Uumlberlegungen war

Dies hat auch Auswirkungen auf das von Saussure aufgeworfene Negativitaumltsproblem Gewiss bedeutet Vater nicht nur Nicht-Mutter sondern auch

48 Von der Konstruktion von Wortfeldern spricht auch Coseriu (zB 1970 113)

Nicht-Sohn Nicht-Barock Nicht-Jahrhundert Bei einer solchen Betrachtung wird je-doch eine bestimmte Art des Gegensatzes die parmenideische Relation des bdquoIst nicht verabsolutiert Sie spielt gewiss eine wichtige Rolle in der Sprache sowohl in der Semantik als auch im Bereich der geschlossenen grammatischen Paradigmen Man sollte jedoch (trotz des Umstands dass die Kontrast-Relation und mit ihr die Relation des oppositiven bdquoIst nicht gerne als laquologischraquo die Relationen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Systems dagegen als laquoinfralogischraquo bezeichnet werden) nicht vergessen dass beide Ar-ten von Relationen unabdingbare Konstanten unseres Wahrnehmens Erfassens und Denkens darstellen und dass eine Semantik die nicht bewusstseinsfremd sein will dementsprechend nicht nur die im Motto auf S 27 angegebenen Oppositionen sondern die ganze Skala moumlglicher Relationen mit in ihr Beschreibungsinstrumentarium aufneh-men muss

44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte

Eugenio Coseriu hat 1977 in seiner Antrittsrede an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften als eines der vier Prinzipien seines Schaffens das Stichwort Tradition und Neuerung genannt Es heiszligt dort laquodass die Geschichte unserer Wissenschaften wie uumlberhaupt die Kultur- [p 35] geschichte Fortsetzung von Traditionen und Erneuerung innerhalb von Traditionen istraquo Man sage eigentlich Neues nur wenn man an Traditionen anknuumlpfe und Traditionen fortsetze (1977 109 vgl 1979 5) Ich habe im vorliegenden Beitrag versucht in mehrfacher Weise an solche Traditionen anzuknuumlpfen ua an diejenige der Assoziationsforschung der Jahrhundertwende Dass hier uumlberhaupt von einem (Wieder-)laquoAnknuumlpfenraquo gesprochen werden muss hat seine Gruumlnde

Der Begriff Assoziation war noch Saussure so gelaumlufig dass er ihn in dem Sinn verwendete in dem heute Paradigma und paradigmatisch gebraucht werden (Saus-sure spricht nicht von paradigmatischen sondern von assoziativen Relationen) Henri Frei oder Charles Bally setzten in dieser Hinsicht nicht nur die Tradition des Meisters fort Bally kannte wie ua einschlaumlgige Stellen aus dem Traiteacute de stylistique franccedilaise von 1909 zeigen offensichtlich auch die Arbeit von Thumb und Marbe sowie den dort angesprochenen Bereich des Assoziierens insbesondere zum Gegenteil hin Seither hat jedoch in der Sprachwissenschaft ein grundlegender Paradigmawechsel stattgefunden Eine im Uumlbermaszlig psychologisierende Stroumlmung wurde wie uumlblich durch das Gegenteil abgeloumlst und seither scheinen die Sprachwissenschaftler den Begriff Assoziation als et-was eher Anruumlchiges zu meiden und allenfalls mit ganz spitzen Fingern anzufassen laquoCest pour eacuteviter le psychologisme adopteacute dans le Cours de F de Saussure que je substi-tue le terme rapport paradigmatique agrave celui de rapport associatifraquo schreibt Louis Hjelmslev der den terminologischen Wandel vollzogen hat in einer Fuszlignote des Vor-trags den er 1936 auf dem Linguisten-Kongress in Kopenhagen gehalten hat (1938140) Interessanterweise ist auch der Anti-Psychologismus wie Gauger zeigen konnte (1976 73-87) bei Saussure schon mit angelegt

Freilich motiviert sowohl die weitere Geschichte der Assoziationsforschung als auch die Auffassung der Sprechfehler diese spitzen Finger in betraumlchtlichem Maszlig beide Phaumlnomene wurden in den Bereich der Abnormalitaumlt und des Pathologischen geruumlckt Was das Versprechen angeht so ist die Ursache kein anderer als Sigmund Freud er griff aus den Sprechfehlern die Meringer und Mayer vorgefuumlhrt hatten vor allem die Gruppe des Versprechens zum Gegenteil hin heraus und interpretierte sie in dem bekannten Sinn Das Versprechen zum Gegenteil hin lege die geheimen Gedanken des Sprechers bloszlig Dies ist ganz ohne Zweifel eine Uumlberinterpretation die in manchen Faumlllen zutreffen

mag fuumlr den Durchschnittsfall jedoch keinerlei Allgemeinguumlltigkeit beanspruchen kann49 Wie nachhal- [p 36] tig die Interpretation Freuds ndashin diesem Fall leiderndash ge-wirkt hat zeigt die Verbindlichkeit jener Bezeichnung mit der man Sprechfehler heute erfasst bdquo(Freudsche) Fehlleistungen Ein in gleichem Maszlig bdquopathologischer Geruch begleitet spaumltestens seit 1910 die Versuche mit Wortassoziationen Carl Gustav Jung machte Versuche mit Assoziationen Kent und Rosanoff hatten die Absicht mit ihrer Liste von 100 Ausgangswoumlrtern und dem Durchschnitt der Assoziationen von 1000 Probanden eine Norm aufzustellen von der sich abnormale Assoziationen abheben soll-ten Die Untersuchung erschien nicht nur in der Zeitschrift American Journal of Insanity sie hieszlig auch noch A Study of Association in Insanity I Association in Normal Subjects Alle seitherigen einschlaumlgigen Assoziations-Listen werden von den Psychologen entspre-chend mit dem Etikett Norm versehen (laquoRussellJenkins-Normraquo laquoPalermoJenkins-Normraquo etc)

Die Haltung spaumlterer Sprachwissenschaftler ist also auch damit zu erklaumlren dass das Assoziieren und die Sprechfehler durch Pathologisierung ihrer ehemaligen (und angemesseneren) Unschuld verlustig gegangen waren Freilich gibt es seit einiger Zeit wieder ein neues und zunehmendes Interesse an Fragestellungen des Sich-Versprechens Assoziierens und der (wirklich zum Bereich des Pathologischen gehoumlrenden) Aphasie-Forschung50 Dass dabei in der Regel die eigentliche Tradition ausgespart wird ist weniger erfreulich Denn es geht nicht nur um eine sehr alte Tradition des Denkens es geht mit der Omnipraumlsenz bestimmter Relationen eigentlich um grundlegende Charakteristika des Sprechens und Denkens selbst

Freiburg Wolfgang Raible

[p 37] Literaturverzeichnis

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49 Vgl hier die analoge Einstufung der Freudschen Konzeption sprachlicher Fehlleistungen bei Kainz 1956 38 - Die Auseinandersetzung zwischen Freud und Meringer war zT sehr heftig Auf einer houmlheren Stufe der Eskalation zieh Meringer Freud beispielsweise der laquoStuumlmperraquo-Haftigkeit auf dem Gebiet des Beobach-tens laquoEr sieht und houmlrt naumlmlich nur das was sich eventuell zur Begruumlndung seiner phantastischen Theorien missbrauchen laumlsst Die unendlich vielen Faumllle die sich dagegen mit Haumlnden und Fuumlszligen straumlu-ben sieht er nicht (1912 55)50 Ich nenne drei Indizien fuumlr die Wiederbelebung der Tradition bzw das verstaumlrkte Interesse an den betreffenden Zusammenhaumlngen Erstens wird die Arbeit von Meringer und Mayer in einem 1973 von Victoria A Fromkin herausgegebenen Sammelband in den beiden Beitraumlgen der Herausgeberin wenigs-tens gelegentlich wenn auch zT falsch zitiert Die Arbeit von Thumb und Marbe wurde 1978 sogar neu ediert Zweitens gibt es insbesondere in den Vereinigten Staaten eine Reihe von Arbeiten zu linguistischen Aspekten der Assoziationsforschung (die wichtigste ist wohl die allerdings weitgehend psychologisch und psychometrisch orientierte von Deese 1965) die zB in den Versuch einer Synthese eingegangen sind den Herbert H Clark 1970 veroumlffentlicht hat (Die Arbeit von Clark ist freilich noch ein wenig zu stark dem Grammatikmodell der Transformationsgrammatik verhaftet) Noumlth (1975) hat den Ansatz von Clark zT weitergefuumlhrt sich zT jedoch auch in kasuistischen Uumlberlegungen gefangen Drittens ist das Wiedererwa-chen des linguistischen Interesses an der Aphasie-Forschung zu vermerken (es war zB schon bei Meringer und Mayer vorhanden) Fuumlr dieses ndashallerdings in Schuumlben auftretendendash Interesse ist nicht zuletzt auch Roman Jakobson verantwortlich

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  • Von der Allgegenwart des Gegensinns
  • (und einiger anderer Relationen)
  • Strategien zur Einordnung semantischer Information
  • Wolfgang Raible (Universitaumlt Freiburg)
  • Eugenio Coseriu zum 2771981
  • 21 Gesetzmaumlszligigkeiten des Assoziierens
  • 211 Argumentum quantitatis
  • 212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt
  • 22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens
  • 311 Syntagmatisches Assoziieren
  • 312 Paradigmatisches Assoziieren
  • 3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System
  • 3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System
  • 32 Sonderfaumllle
  • 41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems
  • 42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semantishyschen Orientierungssystems
  • ja
  • Fuumlr alle Woumlrter moumlgshylich
  • 44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte
  • Freiburg Wolfgang Raible
  • Abel C Uumlber den Gegensinn der Urworte Leipzig 1884
  • Bally C Preacutecis de stylistique Genegraveve 1905
  • Bally C Traiteacute de stylistique franccedilaise Genegraveve 1909
  • Coseriu E Einfuumlhrung in die strukturelle Betrachtung des Wortschatzes Tuumlbingen 1970
  • Coseriu E Probleme der strukturellen Semantik Tuumlbingen 1973
  • Coseriu E Zu Hegels Semantik in Kwartalnik neofilologiczny 24 (1977) 183-193
  • Deese J The Structure of Association in Language and Thought Baltimore 1965
  • Duumlring I Aristoteles Darstellung und Interpretation seines Denkens Heidelberg 1966
  • Esper EA Analogy and Association in Linguistics and Psychology Athens 1973
  • Frei H La grammaire des fautes Genegraveve 1929
  • Fromkin V A (Hg) Speech Errors As Linguistic Evidence The HagueParis 1973
  • Gauger H-M Wort und Sprache Sprachwissenschaftliche Grundfragen Tuumlbingen 1970
  • Gauger H-M Sprachbewusstsein und Sprachwissenschaft Muumlnchen 1976
  • Geckeler H (Hg) Strukturelle Bedeutungslehre Darmstadt 1978
  • Happ H Hyle Studien zum aristotelischen Materie-Begriff BerlinNew York 1971
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  • Luria AR Basic Problems of Neurolinguistics The HagueParis 1976
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  • NoumlthW Wortassoziationen als linguistisches Problem in Orbis 24 (1975) 5-37
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  • Postman LKeppel G (Hg) Norms of Word Association New YorkLondon 1970
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  • Ullmann S The Principles of Semantics OxfordGlasgow 1967
Page 5: latina.phil2.uni-freiburg.delatina.phil2.uni-freiburg.de/.../Files/Gegensinn_neu.docx  · Web viewZeitschrift für romanische Philologie Bd. 97, Heft 1/2, S. 1-40. Die Seitenangabe

Prinzip ausmacht Sobald z B in einer Schar von Parallelen unterschiedliche Distanzen vorhanden sind gruppiert man automatisch die naumlher beieinander liegenden als zusammengehoumlrig dh als groumlszligere Einheiten ndash Das bdquoGesetz der Gleichartigkeit (und des Kontrasts) betrifft die Dimension 1 wobei diesmal durch gleiche Entfernung die Dimension 2 neutralisiert wird Erscheinungen werden einerseits nach dem Prinzip der groumlszligtmoumlglichen mutuellen Similaritaumlt gruppiert und diese Gruppen werden ihrerseits nach dem Prinzip des groumlszligtmoumlglichen Kontrasts voneinander abgehoben Man sieht dementsprechend in den beiden folgenden Beispielen je nachdem Spalten (auf der linken Seite) oder Zeilen (rechts)

a b a b a b a a a a a a a aa b a b a b a b b b b b b b a b a b a b a a a a a a a a a b a b a b a b b b b b b ba b a b a b a a a a a a a a

[p 6] Das bdquoGesetz der guten Gestalt nach dem in komplexen Figuren vorzugsweise einfachere Figuren wahrgenommen werden oder nach dem umgekehrt bis zu einem bestimmten Grade unvollstaumlndige Figuren automatisch zu vollstaumlndigen ergaumlnzt werden ndash beide Erscheinungsformen dieses letztgenannten Gesetzes die Vereinfachung und die Ergaumlnzung bestaumltigen auf ihre Weise weiterhin jenes (schon im der Η Metaphysik ndash 1041b 11 ff - nachzulesende) Grundgesetz der Gestaltpsychologie dass ein Ganzes nicht gleichgesetzt werden darf mit der Summe seiner Teile

Alle diese elementaren Gesetze zeigen nun dass wir schon bei der einfachen Wahrnehmung stets uumlber die objektiv vorhandene Information hinausgehen Auch Bruner geht bei seinen Uumlberlegungen eigentlich von elementaren Erscheinungen aus naumlmlich den drei laquonoogenetischenraquo (im Original noegenetischen) Prinzipien die Charles Spearman 1923 aufgestellt hat

laquoOne of these (principles) called () the eduction of relations holds that there is an im-mediate evocation of a sense of relation given the mental presentation of two or more things White and black evoke opposite or different The third principle the eduction of correlates states that in the presence of a thing and a relation one immediately edu-ces another thing White and opposite of evoke blackraquo (Bruner 1957 41 vgl Spear-man 1923 63 ff und 91ff)

Auch Bruner verwendet wie man sieht zur Exemplifizierung des zweiten und des dritten der noogenetischen Prinzipien Spearmans nichts anderes als die offenbar schwer zu vermeidende Relation des Kontrastes

2 Der allgegenwaumlrtige Gegensinn oder Von Assoziationen und anderen lsquoFehlleistungenrsquo

Die Systoichie der Pythagoreer die kosmogonischen und kognitiven Lehren der Vorsokratiker Platons δυάς ἀόριστος Aristoteles Konzeption des Werdens und des Vergehens desgleichen seine Klassifizierung der Sinneseindruumlcke und seine Beschaumlftigung mit den laquoKategorienraquo Grundgesetzlichkeiten der Gestaltpsychologie und die laquonoondashgenetischen Prinzipienraquo Spearmans in der erwaumlhnten Form Alle diese Faumllle weisen bei selbstverstaumlndlichen Unterschieden im Einzelnen eine Gemeinsamkeit auf sie sind allesamt Instanzen oder Auspraumlgungen dessen was man mit Goethe (also nicht

mit Abel) den Gegensinn10 nennen koumlnnte sie verkoumlrpern das Prinzip des Kontrasts - oder sie setzen es sogar voraus

Auch in der Sprache scheint es Aumlhnliches zu geben Saussure hat wie man weiszlig zwischen syntagmatischen und ndashder Sache nachndash paradigma [p 7] tischen Relationen in der Sprache unterschieden und er hat nicht zuletzt im Hinblick auf die paradigmatischen Relationen gesagt in der Sprache sei alles negativ Ein Zeichen wie Vater waumlre um ein Beispiel von Harald Weinrich (1975 40) aufzugreifen gleichbedeutend mit einer sehr langen Kette negativer Terme Vater ist Nicht-Mutter NichtSohn Nicht-Bruder Nicht-Haus Nicht-Barock Nicht-Vergessen etc Freilich Stuumlnde - aufgrund der Verabsolutierung einer bestimmten Art von Relation - jedes Zeichen prinzipiell in Opposition zu jedem anderen so waumlren die paradigmatischen Relationen notgedrungen ungeheuer zahlreich also aumluszligerst komplex unuumlberschaubar und ungeordnet Im Folgenden soll gezeigt werden dass solche Relationen weder unbegrenzt noch unspezifisch noch ungeordnet sind sie sind fuumlr jedes Zeichen prinzipiell uumlberschaubar sie sind spezifisch und in hohem Maszlige voraussagbar Es wird sich erweisen dass bei der Erfassung dieser spezifischen Relationen die in 13 genannten Dimensionen also SimilaritaumltKontrast und KontiguitaumltDistanz eine entscheidende Rolle spielen

Die interessierte Fachwelt weiszlig spaumltestens seit der Jahrhundertwende dass nicht nur die Similaritaumlt sondern auch der Kontrast in Form des Gegensinns also in der ganzen Breite die der Begriff entgegengesetzt bei Aristoteles hat eine aumluszligerst wichtige Rolle in der Sprache spielt Nicht nur dies Auch gewichtige Indizien dafuumlr warum es sich so verhaumllt liegen seit jener Zeit eigentlich auf der Hand Ich denke dabei an zwei wissenschaftliche Pionierarbeiten Die eine wurde 1895 von Rudolf Meringer ao Professor fuumlr indogermanische Sprachwissenschaft an der Universitaumlt Wien und Karl Mayer ao Professor fuumlr Psychiatrie und Nervenpathologie an der Universitaumlt Innsbruck vorgelegt Versprechen und Verlesen Eine psychologisch-linguistische Studie Auch die andere ging aus der Zusammenarbeit zwischen einem Sprach- und einem Seelenwissenschaftler hervor Es sind die Experimentellen Untersuchungen uumlber die psychologischen Grundlagen der sprachlichen Analogiebildung (1901) von Albert Thumb damals Privatdozent fuumlr Indogermanistik in Freiburg und Karl Marbe Professor fuumlr Psychologie in Wuumlrzburg Ausgangspunkt beider Arbeiten war die Frage nach den Ursachen des Sprachwandels Waumlhrend im Hintergrund der Arbeit von Meringer und Mayer eine Hypothese von Hermann Paul steht (Sprachwandel durch Versprechen) geht es Thumb und Marbe insbesondere um eine Art der Analogiebildung die Wilhelm Wundt in seiner Voumllkerpsychologie als Angleichung nach logischen Beziehungen der Begriffe benannt hatte

ndash laquoAngleichung an Woumlrter von verwandter Bedeutungraquo dh laquodurch Aumlhnlichkeitraquo und

ndash laquoAngleichung an Woumlrter von gegensaumltzlicher Bedeutungraquo dh laquodurch Kontrastraquo (Thumb-Marbe 1901 4f)

10 Dies bedeutet dass Gegensinn nicht in der engeren Bedeutung verstanden wird die etwa Wolfgang Meid (1976) dem Begriff gibt Gegensinn wuumlrde danach ein Wort verkoumlrpern das sich selbst und zugleich sein Gegenteil bezeichnet (also etwa lernen fuumlr lehren und lernen) Meid steht damit natuumlrlich in der Tradition von Carl Abel (1884)

[p 8] Insbesondere die ndashsei es formale sei es inhaltlichendash Angleichung durch Kontrast war seither mitunter Gegenstand von Untersuchungen wobei man sich freilich weder auf Wundt noch auf Thumb und Marbe bezog11

21 Gesetzmaumlszligigkeiten des Assoziierens

laquoAssociations are structuralraquo (Deese 1965 160)

Obwohl Thumb und Marbe mit dem zeituumlblich geringen (also in der heutigen Experimentalpsychologie wohl kaum noch denkbaren) methodischen Aufwand gearbeitet haben sind ihre Ergebnisse bahnbrechend Trotz einiger Vorlaumlufer stellt die Arbeit nicht zuletzt wohl auch dank ihrer Interdisziplinaritaumlt den eigentlichen Beginn der sprachpsychologischen Assoziationsforschung dar12 Das Werk steht also am Anfang einer Fuumllle von Untersuchungen die dann zumeist von Psychologen durchgefuumlhrt wurden (und deren Ertrag verglichen mit dem der Arbeit von Thumb und Marbe zumeist in umgekehrtem Verhaumlltnis zum methodischen und praktischen Aufwand steht)

Das Verfahren von Thumb und Marbe war einfach Eine Reihe von acht Probanden musste auf zugerufene Woumlrter ihre Wort-Assoziationen nennen Die Zeit zwischen dem Zurufen und der Antwort wurde dabei gemessen Da keine Vorgaben gemacht wurden (wie sie etwa bei Spearmans drittem laquonoogenetischem Prinzipraquo gegeben waren dh man gibt weiszlig und die Relation Gegensatz zu an um schwarz zu erhalten) liegt nicht das Verfahren einer kontrollierten sondern das der sogenannten laquofreien Assoziationraquo vor

Es ist nun zweifellos richtig dass die Zahl und die Art moumlglicher Assoziationen individuell verschieden und damit potentiell unendlich ist Darauf hat auch Eugenio Co-seriu hingewiesen (zB 1966 185f) Ich betone das potentiell ndash denn in Wirklichkeit sind die Verhaumlltnisse anders Die Reaktionswoumlrter sind meist hochgradig voraussagbar Mit anderen Worten Es muss Beziehungen zwischen Ausgangs- und Reaktionswort ge-ben die gerade gegen Individualitaumlt und Beliebigkeit im Bereich des Assoziierens sprechen Die Indizien fuumlr diese Beziehungen sind quantitativer und qualitativer Natur

[p 9] Ich schicke der Behandlung dieser Indizien voraus dass ich mich neben den ersten Erkenntnissen von Thumb und Marbe vor allem auf die Interpretation von Material stuumltze das unter nordamerikanischer Federfuumlhrung erstellt und zusammengetragen wurde Ausgangspunkt ist eine Liste von 100 Woumlrtern die 1910 von G HKent und A JRosanoff aufgestellt und mit 1000 Probanden getestet worden war Mit dieser Wortliste und ihrer Uumlbersetzung wurden dann auch spaumlter eine groumlszligere Zahl von Assoziationstests durchgefuumlhrt und publiziert Das vor allem auf der Liste von Kent und Rosanoff basierende Material ist bequem zugaumlnglich in dem Sammelband von PostmanKeppel 1970 Die um 100 Woumlrter erweiterte Liste von D S Palermo und J J Jenkins sowie das sich daraus ergebende Material sind zugaumlnglich seit 196413

11 Leo Spitzer (1921) hat das Problem der Angleichung der Gegensaumltze im Bereich der Morphologie behan-delt speziell im Bereich der Genus-Opposition und der Opposition augmentativdiminutiv also im Bereich von Groszlig und Klein Yakov Malkiel (1951) ging der formalen Angleichung von Gegensatzpaaren (Typ dextersenexter) nach Eacutemile Benveniste hat sich im selben Jahr unter etwas anderem Vorzeichen und zwar eher im Abelschen oder Meidschen Sinn von Gegensinn mit dem Bedeutungsaustausch zwi-schen den Bezeichnungen fuumlr geben und nehmen im indoeuropaumlischen Bereich befasst Oswald Panagl (1978) hat in diesem Bereich Parallelen zwischen Spracherwerb Sprachabbau und Sprachgeschichte konstatiert12 Esper 1973 60 spricht von einem Meilenstein in der Geschichte der sprachlichen Analogieforschung vgl aumlhnlich auch Houmlrmann 1967 119

211 Argumentum quantitatis

Ich spreche zunaumlchst drei quantitative Indizien an die gegen die Beliebigkeit von Assoziationen sprechen Erstes Indiz ist das Verhaumlltnis zwischen der Zahl der Probanden und der Zahl der assoziierten Reaktionswoumlrter Waumlren Assoziationen voumlllig individuell so koumlnnte man auf das gleiche Ausgangswort bei 1000 Probanden im Extremfall 1000 verschiedene Reaktionen erwarten Die wirklichen Verhaumlltnisse sind anders Bei einem Versuch mit 1000 Probanden und den 100 Ausgangswoumlrtern von KentRosanoff ergaben sich im Fall des Ausgangsworts mit der kleinsten bdquoStreuung (dark) 41 verschiedene Assoziationen im Fall des Ausgangsworts mit der groumlszligten Streuung (trouble) 260 Der Durchschnitt den ich errechnet habe liegt bei knapp 105 verschiedenen Nennungen14 Es ist aber nicht nur so dass bei 1000 Probanden keine 1000 sondern durchschnittlich nur 105 verschiedene Reaktionen vorliegen Es ist auch keinesfalls so dass die Zahl der verschiedenen Reaktionswoumlrter proportional zur Zahl der Probanden ansteigt Ich waumlhle als Beispiel ein Ausgangslexem das wegen analoger semantischer Lagerung auch durch verschiedene Sprachen hindurch in etwa verglichen werden kann das Wort Hand und seine Aumlquivalente in anderen Sprachen bei 288 franzoumlsischen Probanden ergaben sich hier 77 verschiedene Assoziationen bei 331 deutschen 104 bei 400 Englaumlndern 72 bei 998 Amerikanern 99 [p 10]

Noch aufschlussreicher ist das zweite Indiz Die Haumlufigkeit mit der beispielsweise 1000 Probanden die durchschnittlich 105 Reaktionswoumlrter nennen entspricht naumlmlich allem anderen als einer Zufallsverteilung Von 1008 Probanden reagieren etwa auf das Ausgangswort slow 752 (also 75) mit demselben Wort Auf diejenigen Woumlrter welche die folgenden Raumlnge 2 3 und 4 einnehmen entfallen jeweils noch etwa 2 der Nennungen auf die Woumlrter der Raumlnge 5 bis 13 noch etwa 1 auf die Raumlnge 36 bis 94 (94 ist in diesem Fall die obere Zahl) entfallen jeweils noch genau 01 dh die Woumlrter wurden jeweils noch von einem Probanden genannt Ordnet man derartige Werte in ein Koordinatensystem ein in dem auf der Abszisse die Raumlnge der assoziierten Woumlrter auf der Ordinate die mit dem jeweiligen Rang gegebene Frequenz eingetragen wird so erhaumllt man das typische Bild einer Hyperbel hohe Frequenz fuumlr die ersten zwei drei Raumlnge ganz niedrige Frequenzen fuumlr den Rest Es ergibt sich also was die ersten Raumlnge betrifft generell das Bild einer eindrucksvollen Uumlbereinstimmung Aktualitaumlt und Individualitaumlt gehen immer erst unter bdquoferner liefen dh auf den niedrigeren oder den niedrigsten Raumlngen durchs Ziel15

Von groumlszligtem Interesse ist als Abschluss der quantitativen Indizien das Verhaumlltnis von Frequenz und Reaktionszeit hier gilt Je haumlufiger ein Wort als Reaktion genannt 13 Das amerikanische Material liefert in dem Sammelband von PostmanKeppel James J Jenkins 1970 das englischaustralische stammt von Kenneth M Miller 1970 das deutsche von Wallace A Russell 1970 das franzoumlsische von Mark R Rosenzweig 1970 Obwohl alle diese Materialien im Gegensatz zu Thumb und Marbe in schriftlichen Tests gewonnen wurden (weshalb zB die Kontrolle der Reaktionszeit nicht moumlg-lich war) koumlnnen die Daten schon wegen ihrer breiten Basis an Probanden zur Unterstuumltzung und Ergaumln-zung der Ergebnisse von Thumb und Marbe herangezogen werden14 Dabei stellt die Zahl 260 einen Sonderfall dar Die Reihenfolge nach unten lautet 260 174 168 158 157 Die entsprechenden Zahlen fuumlr den Pol der kleinsten Streuung 41 51 57 62 64 6615 Ein Beispiel fuumlr die Aktualitaumlt sowie die Individualitaumlt von Assoziationen Die franzoumlsischen Tests wur-den Mitte der fuumlnfziger Jahre durchgefuumlhrt also zu einer Zeit zu der ein Film mit dem Titel Bitterer Reis von sich reden machte Im franzoumlsischen Test assoziierten dann immerhin noch 3 der Probanden (Rang 6) auf das Ausgangswort amer die Reaktion rizlsquo Weiter Von den 1004 Probanden die ihr Reaktionswort auf girl niederschrieben nannten 70 dasselbe Wort Mit jeweils 2 Nennungen erscheinen dann noch eine Joan eine Mary und eine Shirley auf den Raumlngen zwischen 23 und 39 auf den Raumlngen zwischen 40 und 103 sind dann mit je einer Nennung noch eine Ardis eine Barb eine Beverly Marilyn Nancy Sharon Sue und eine Susie vertreten

wird desto kuumlrzer die Reaktionszeit der jeweiligen Probanden16 Umgekehrt Die ausgefallenen Reaktionen erfordern ein Vielfaches dieser kuumlrzesten Reaktionszeit Waumlhrend etwa die Mehrzahl der Probanden von Thumb und Marbe auf fuumlnf mit sechs reagierte brauchte das Enfant terrible ein Dr Roos uumlber zehn Sekunden um mit dem fuumlnften Badischen Infanterieregiment wie uumlblich aus dem Rahmen zu fallen

212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt

Die Spontaneitaumlt und die hochgradige Uumlbereinstimmung17 der Assoziationen von bei-spielsweise 1000 Probanden waumlren gewiss nicht moumlglich [p 11] ohne innere bdquoqualitative Ursachen Sie sollen im folgenden - in einem ersten Interpretationsversuch - insbesondere anhand des Materials analysiert werden das auf der Wortliste von Kent und Rosanoff basiert Beruumlcksichtigt wird dabei zunaumlchst die Gruppe der Erwachsenen und zwar derjenigen Erwachsenen die sich durch einen hohen Grad an sprachlicher Sozialisierung auszeichnen (die Probanden der psychologischen Assoziationstests rekrutieren sich zumeist aus der Gruppe der Studenten) Die Analyse des Materials laumlsst hier die folgenden fuumlnf Prioritaumlten-Ebenen erkennen

1 Assoziationen sind vorzugsweise solche der gleichen Wortart18 Der modus significandi dh die Information die die Zugehoumlrigkeit zu einer Wortart bringt erweist sich damit fuumlr die Verarbeitung sprachlicher Information als das Merkmal mit der houmlchsten Prioritaumlt

Die haumlufigste Reaktion ist also vom Typ Nomen-Nomen Pronomen Pronomen Adjektiv - Adjektiv komparative Form des Adjektivs komparative Form etc Sind die Ausgangswoumlrter Formen die zwischen verschiedenen Wortarten stehen wie etwa der Infinitiv der im Verbalsystem das nominale Element darstellt so sind die Reaktionen entsprechend gespalten also bald nominal bald verbal wie schon Thumb und Marbe feststellen konnten Die Klassengleichheit zwischen Ausgangswort und Assoziation ist fuumlr das am haumlufigsten genannte Wort durchschnittlich in 80 bis 90 der Faumllle gegeben19

2 Assoziationen sind vorzugsweise aus demselben semantischen Bereich Sie stammen also wie man heute sagen wuumlrde aus demselben Wortfeld Ich interpretiere dabei wie sich noch zeigen wird semantischer Bereich und Wortfeld bewusst weit So werden auf Verwandtschaftsnamen in 80 bis 90 der Faumllle Verwandtschaftsbezeichnungen assoziiert auf Hand kommt Fuszlig auf Spinne Netz Abweichungen sind in aller Regel mit houmlheren Reaktionszeiten verbunden

16 Dieser Zusammenhang wurde spaumlter als das bdquoGesetz von Marbe bekannt und zitiert auch in Amerika - freilich ohne dass man wie Esper 1973 berichtet deshalb das Werk von Thumb und Marbe auch gelesen haumltte17 Es duumlrfte nicht uumlberraschen dass bei gleichem Ausgangsmaterial - den 100 Woumlrtern von Kent und Rosanoff 1910 - in verschiedenen Testsituationen undoder in verschiedenen Sprachen die Ergebnisse variieren Die Marge fuumlr die drei am haumlufigsten genannten Reaktionswoumlrter liegt im Durchschnitt der 100 Testwoumlrter und der Versuche in fuumlnf Sprachen jeweils Zwischen 40 und 60 der Nennungen Vgl Rosen -zweig 1970 99 Wichtig im Hinblick auf Variationen ist wie sich noch zeigen wird der Grad der sprachli -chen Sozialisierung der Probanden18 Diese Beobachtung wurde vor ThumbMarbe 1901 schon von Bourdon 1895 gemacht vgl hierzu Rosenzweig 1970 10219 Ich habe eine Auswahl von 48 Ausgangswoumlrtern der jeweils auf KentRosanoff basierenden Listen fuumlr das genannte amerikanische deutsche und franzoumlsische Material auf die Wortart-Zugehoumlrigkeit hin unter-sucht Dabei wurden alle Reaktionswoumlrter beruumlcksichtigt auf die drei und mehr Prozent der Nennungen entfielen Es erwies sich dass die jeweiligen Nennungen also angefangen vom haumlufigsten Wort bis hin zu dem Wort das noch von 3 der Probanden genannt wurde in etwa der Haumllfte der Faumllle sogar zwischen 90 und 100 klassengleich sind (Amerikanisches Material 26 von 48 Faumlllen deutsches 25 von 48 franzoumlsisches 27 von 48)

[p 12] Die beiden ersten Prioritaumlten zeigen also dass die Similaritaumlt bei den Assoziationen eine grundlegende Rolle spielt - allerdings wie die beiden folgenden Prioritaumltsebenen zeigen eine Hintergrund-Rolle Auf der dritten Prioritaumlts-Ebene kommt naumlmlich vor diesem Hintergrund an Similaritaumlt das Prinzip des Kontrasts zum Zuge

3 Assoziationen sind wo immer dies moumlglich ist fast ausnahmslos Assoziationen zum Entgegengesetzten hin - entgegengesetzt im oben dargelegten aristotelischen Sinn Typische Paare sind also schwarzweiszlig helldunkel kleingroszlig leichtschwer altjung (bzw neu) TagNacht schnellerlangsamer kommengehen kaufenverkaufen ichdu ersie nowthen herethere alwaysnever etc

Dass diese besonders praumlgnante Rolle des Kontrasts kein einzelsprachliches Phaumlnomen ist zeigen die Versuche die mit der Wortliste von Kent und Rosanoff im Bereich des Englischen Englands Amerikas Australiens Kanadas im Deutschen Franzoumlsischen Italienischen und Polnischen gemacht wurden20 Eine starke dh eindeutige Antonymie-Relation (Antonymie im erwaumlhnten weiten Sinn) fuumlhrt stets dazu dass das am haumlufigsten genannte assoziierte Wort das korrespondierende Antonym ist Das Feld der assoziierten Woumlrter bekommt dadurch einen sehr scharfen Fokus der Halo der restlichen Nennungen bleibt gering Paradefall in der liste von KentRosanoff ist das Ausgangswort dark Die Streuung also die Zahl der von 1000 Probanden insgesamt assoziierten verschiedenen Woumlrter betraumlgt hier wie schon erwaumlhnt nur 41 Von den Probanden reagieren 829 (83) mit light 55 weitere mit night 33 mit room 31 mit black etc Sobald eine Antonymie-Relation dagegen schwaumlcher ist zB deshalb weil das Ausgangswort mehrere Antonyme besitzt (also merkmalloser ist) ist entsprechend der weiteren Bedeutungsaura des Ausgangsworts der Fokus der assoziierten Woumlrter weit weniger scharf der Halo der Streuung wird entsprechend breiter Waumlhlt man dagegen eines aus jener Mehrzahl von Antonymen aus also ein notwendigerweise merkmalhaltigeres Wort so verlaufen die Assoziationen mit starker Buumlndelung auf das urspruumlngliche Ausgangswort zu21

[p 13] Auf Rang 4 der Prioritaumltsebenen tritt die Dimension Kontiguitaumlt - Distanz in Erscheinung - und zwar in Form der semantischen nicht der syntagmatischen Kontiguitaumlt

4 Assoziationen richten sich wenn keine oder keine dominierende Antonymie-Relation gegeben ist unter Fortgeltung der Prioritaumlten 1 und 2 nach der semantischen

20 Vgl Rosenzweig 1961 und CarrollKjeldergaardCarton 196221 Ein Beispiel Die Reaktionen auf sweet und suumlszlig weisen in etwa dieselbe Streuung auf Die Streuung ist jedoch bei doux in auffaumllliger Weise groumlszliger Die Ursache Auf sweet wird an 1 Stelle das Antonym sour (43) an 4 Stelle das Antonym bitter (8) assoziiert Analog verhaumllt es sich im Deutschen den 1 Rang belegt sauer (39) den 4 bitter (3) Bei franz doux weist der Petit Robert nicht weniger als 21 Antonyme auf Doux hat also im Gegensatz zu sweet und suumlszlig eine wesentlich weniger praumlgnante Bedeutung Es kommt hinzu dass die praumlgnanteste Bedeutung gar nicht doux im Gegensatz zu aigre oder acide ist sondern doux im Gegensatz zu dur (9) Die einzige einigermaszligen dominante Bedeu-tung von doux ist also weich Als naumlchstes Antonym wird auf Rang 8 noch amer (3) genannt ruumlde nennen noch 2 brutal fort rugueux jeweils 1 mit je einer Nennung sind noch vertreten aigre grossier roche sevegravere Waumlhlt man nun das dominante Antonym des deutschen und englischen suumlszlig naumlmlich sauer wieder als Ausgangswort so zeigt sich hier eine weitgehende Uumlbereinstimmung zwischen allen drei Sprachen an der Spitze der genannten Reaktionswoumlrter liegen sweet (57) suumlszlig (39) und doux (30) - Zur Rolle der MerkmalhaltigkeitMerkmallosigkeit von Antonymen bei der Assoziation sei auch auf Clark 1970 276 hingewiesen

Kontiguitaumlt Allerdings ist die Wortart-Identitaumlt der Prioritaumltsebene 1 hier etwas eingeschraumlnkt die Gruumlnde dafuumlr werden spaumlter evident werden

Es handelt sich hier in der Regel um Assoziationen von etwas was im Bereich der Denotata und das heiszligt auch im Erfahrungsbereich der Probanden mit dem was durch das Ausgangswort bezeichnet ist in einer spezifischen Relation steht Im Gegensatz zum Normalfall der (zweiseitigen) Antonymie-Relation sind diese spezifischen Relationen in der Regel gerichtet Dass die Basis solcher Relationen die Kontiguitaumlt im Erfahrungsbereich ist hat natuumlrlich zur Folge dass hier unter Umstaumlnden soziale und kulturelle Unterschiede vorliegen koumlnnen Dies wird nicht der Fall sein in Beispielen wie araigneacutee toile ragnoragnatela tigefleur stemflower piedchaussure footshoe Es koumlnnte dagegen eher zutreffen in Faumlllen wie comfortchair confortfauteuilrsquo oder BequemlichkeitSessel

5 Assoziationen sind wenn sich keine Kontrast- oder keine semantische Kontiguitaumlts-Relation einstellt Assoziationen im Bereich der semantischen Similaritaumlt oder der syntagmatischen Kontiguitaumlt

Zunaumlchst zur semantischen Similaritaumlt Es handelt sich bei den Assoziationen dieser Gruppe entweder um bdquoSynonyme Oberbegriffe oder um etwas im Ausgangswort Impliziertes Die Beispiele sind relativ selten Bezeichnend ist allein dass solche Assoziationen wenn sie schon gelegentlich an erster Stelle genannt werden nur in relativ geringem Maszlige buumlndeln22 Die andere Variante der fuumlnften Prioritaumltsebene Assoziationen [p 14] im Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt ist in dem von mir analysierten Materialebenfalls nur schwach vertreten (hier gelten uumlbrigens die Prioritaumltsebenen 1 und 2 nur noch sehr eingeschraumlnkt der Grund auch hierfuumlr wird wiederum spaumlter deutlich werden) Zwei Beispiele aus dem deutschen Bereich Auf glatt assoziierten immerhin 40 der Probanden an erster Stelle Eis (laquoGlatteisraquo) erst an zweiter Stelle folgte hier mit 15 das Antonym rau Desgleichen assoziierten auf Stiel (die falsche Uumlbersetzung des englischen stem - gemeint war Stengel) 38 der Probanden den Besen Auch die zweithaumlufigste Assoziation zaumlhlt hier noch zum Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt 6 nannten Stumpf Im englischen und franzoumlsischen Material treten solche Arten der Assoziation erst an untergeordneter Stelle auf ndash etwa vinaigre auf aigre becircte auf belle marche auf pied

Als Hugo Schuchardt die Arbeit von Thumb und Marbe ein Jahr nach ihrem Erscheinen (sehr kritisch) besprach machte er hauptsaumlchlich zwei Einwaumlnde Mit dem ersten dieser Einwaumlnde stand er ganz in der Tradition der bisherigen Assoziationsforschung Thumb und Marbe haumltten die Nachbarschaft in der Rede als eine der Ursachen fuumlr die Assoziationen nicht gebuumlhrend gewuumlrdigt Die analysierten Verhaumlltnisse widerlegen Schuchardt sehr deutlich Sein Einwand trifft allerdings wie sich noch zeigen wird unter ontogenetischem Aspekt zu Auch Schuchardts zweites Monitum die lautliche Aumlhnlichkeit muumlsste als einer der Faktoren des Assoziierens staumlrker betont werden ist obsolet Selbst unter 1000 Probanden waumlre entgegen der Vermutung Schuchardts kaum einer gewesen der auf drei die Zahl zwei assoziiert 22 Dies zeigen die folgenden Beispiele enfant 1 petit (12) 2 beacutebeacute (8) child 1 baby (16) Kind 1 klein (12) (2 Mutter (10)) 3 Baby (6) oder Quadrat 1 Viereck (14) Ein Beispiel fuumlr die Wahl des Oberbegriffs aigle 1 oiseau (16) Adler 1 Vogel (21) Typisch fuumlr die relativ geringe Wir-kung der semantischen Similaritaumlt im Sinn von Synonymie ist der Umstand dass die meisten Syno nyme ansonsten an nachgeordneter Stelle vorkommen Auf dark assoziieren 3 (und an 4 Stelle) black auf beautiful immerhin 14 an 2 Stelle pretty an 6 Stelle (4) lovely an 1 Stelle steht das Antonym ugly Auf rough wird an 1 Stelle mit dem Antonym smooth (44) reagiert erst an 2 Stelle folgt mit 7 hard Auf sommeil folgt an 1 Stelle das semantisch benachbarte lit erst an 2 Stelle (10)reposrsquo

haumltte23 Dies liegt daran dass sprachliche Information primaumlr nach ihrem syntaktisch-semantischen [p 15] Gehalt analysiert und verarbeitet wird (und die Assoziationen auf Zahlen sind hier wie noch in 32 gezeigt werden wird hochgradig gerichtet) Klangphaumlnomene sind auf jeden Fall sekundaumlr Erst dann wenn der Proband die Bedeutung nicht versteht wie etwa bei Fremdwoumlrtern bei Termini technici oder bei Woumlrtern einer ihm unbekannten Sprache spielt die Laut-Assoziation eine Rolle24 Thumb zeigte dies in einer spaumlteren Studie aus dem Jahre 1908

21a Aktualisierender Zusatz im Jahr 2011

Ein Team von drei Wissenschaftlern der Universitaumlten von South Florida und Kansas hat den bisher wohl groumlszligt-angelegten Test mit Assoziationen auf Wort-Stimuli unternommen und dies mit einer Unzahl von Probanden Nelson D L McEvoy C L amp Schreiber T A (1998) The University of South Florida word association rhyme and word fragment norms25 ldquoMore than 6000 participants produced nearly three-quarters of a million responses to 5019 stimulus wordsrdquo

Im vorliegenden Fall geht es um insgesamt 4870 Woumlrter als Ausgangspunkte fuumlr Assoziationen (cues) 76 davon Nomina 13 Adjektive 7 Verben 16 waren Homographen Die Testpersonen durften jeweils ein einziges Wort als Reaktion aufschreiben Die Reaktionszeit wurde dabei nicht gemessen Aus den 4870 Faumlllen habe ich die 538 ausgewaumlhlt in denen eine ldquoForward Cue-to-Target Strengthrdquo von ge 05 vorlag bei denen also ein Reizwort mit hoher Wahrscheinlichkeit ein oder mehrere Zielwoumlrter ausloumlst Dabei bestaumltigen sich die Ergebnisse der 1980 vorgenommenen Analyse fast vollstaumlndig

Antonymen-Relationen die sich anhand des Corpus der University of Southern Florida ergeben Die meisten sind zweiseitig Sie entsprechen den u auf S 2223 analysierten acht Strukturierungsdimensionenabove lt--gt belowadd lt--gt subtractaddition lt--gt subtraction

defense --gt offensedifferent --gt samedown lt--gt up

major --gt minorme lt--gt youmine lt--gt yours

23 Vgl im Einzelnen Schuchardt 1902 - Dass Assonanzen keine Rolle spielen gilt natuumlrlich nicht dort wo jemand im Sinn des dritten noogenetischen Prinzips von Spearman explizit Woumlrter sucht die mit dem Ausgangswort durch die Relation lautlicher Similaritaumlt verbunden sind also beispielsweise Reimwoumlrter - Wie sehr die Verarbeitung sprachlicher Information primaumlr auf die Analyse syntaktischer und semanti-scher Merkmale ausgerichtet ist zeigt sich einerseits bei den unendlich zahlreichen Versuchen der Psychologen vergangener Jahrzehnte mit kuumlnstlichem sinnlosem Wortmaterial zu arbeiten die Proban-den versuchen auch dort ganz automatisch zunaumlchst einen Sinn zu houmlren Wie sehr die etwa von Coseriu stets betonte Semantizitaumlt der Sprache selbst bei traumatischen und sonstigen Aphasikern im Vorder-grund steht zeigt andererseits die einschlaumlgige Forschung Luria (1976 150f) berichtet dass auch bei den Assoziationen von Aphasikern Woumlrter mit verwandter Bedeutung den Vorrang vor Woumlrtern mit aumlhnli-chem Klang haben Nur bei besonders schweren Faumlllen von Aphasie und bei geistig Zuruumlckgebliebenen dominiert die Lautassoziation vor der inhaltlichen Als Beispiel fuumlr die untergeordnete Bedeutung von Lautassoziationen kann auch ein Versuch mit Aphasikern dienen dessen Gegenstand kontrollierte Assoziationen waren (Aufzaumlhlen von Tiernamen) von den 2918 Namen die von insgesamt 94 Patienten innerhalb von fuumlnf Minuten genannt wurden waren ganze 6 Faumllle vom Typ MausLaus (GloningMuumlller 19711972 264)24 Bin illustratives Beispiel sind die Reaktionen auf das im amerikanischen Englischen aumluszligerst selten be -legte Ausgangswort abbess (Aumlbtissin) Den 1 Rang unter den Antworten hat hier mit 9 hole - ganz offensichtlich deshalb weil die Probanden abbess als abyss verstanden Erst an 2 Stelle folgt mit 5 ein Wort bei dem wohl die lautliche Assoziation Pate gestanden hat abscess (Postman 1970 260) 25 httpw3usfeduFreeAssociation

answer lt--gt questionasleep lt--gt awakeback lt--gt frontbad lt--gt goodbefore --gt afterbegin lt--gt endbest lt--gt worstblack lt--gt whiteborrow --gt lendbottom lt--gt topfemale lt--gt maleboy lt--gt girluncle lt--gt auntactor lt--gt actressbrother lt--gt sisterdad lt--gt momfather lt--gt motherdaughter lt--gt songrandma lt--gt grandpahusband lt--gt wifeman lt--gt womanbuyer lt--gt sellerclose --gt openday lt--gt nightdead --gt alive

downstairs lt--gt upstairsdryer --gt washereast lt--gt westempty lt--gt fulleven lt--gt oddexit --gt entranceexplode --gt implodefalse lt--gt truefar lt--gt nearfind lt--gt seeksearchfirst --gt lastforward lt--gt backwardfound lt--gt lostgo lt--gt stopgroom lt--gt bridehello --gt goodbyehe lt--gt shehere lt--gt therehigh lt--gt lowin lt--gt outleader --gt followerless lt--gt morelose --gt winloser lt--gt winnerlost lt--gt found

minus lt--gt plusnegative lt--gt positiveno lt--gt yesnorth lt--gt southoff lt--gt onold --gt newopen --gt closeclosedoutside --gt insideover lt--gt underpoor lt--gt richqueen --gt kingquestion lt--gt answerright --gt leftright --gt wrongscratch --gt itchseller lt--gt buyersit --gt standslow lt--gt fastsoft lt--gt hardthin --gt thicktight --gt loosetoday lt--gt tomorrowtwice --gt onceweak --gt strong

Bemerkenswert sind solche abweichenden Faumllle in denen an erster Stelle nicht ein Antonym assoziiert wird sondern ein aumlquivalenter Begriff etwa finish --gt done und erst an zweiter Stelle start happy fuumlhrt an erster Stelle zu joyous an dritter und vierter Stelle immer noch sehr haumlufig zu cheerful und glad sad steht erst an zweiter Stelle Hard fuumlhrt an erster und zweiter Stelle zu difficulty und difficult die beiden moumlglichen Antonyme easy und soft folgen (mit immer noch hoher Frequenz) an dritter und virter Stelle Umgekehrt fuumlhrt nur soft hoch frequent zu hard Parallel ist ein Fall wie hate zu dem hoch frequent despise und dislike assoziiert wird waumlhrend love unter der 05-Schwelle an dritter Stelle folgt Genauso verhaumllt es sich mit love das zu affection ro-mance und adore fuumlhrt (love ist als Wortart polyfunktional) hate folgt an vierter Stelle in der Frequenz Hot fuumlhrt in seiner einen Bedeutung zu spicy in einer anderen zu humid erst an dritter Stelle zu cold Umgekehrt gilt aber cold --gt hot Late fuumlhrt an erster Stelle zu tardy erst an zweiter zu early Auf many wird an erster und zweiter Stelle several und numerous assoziiert erst an dritter folgt unter der 05-Schwelle fewsome waumlhrend umgekehrt nur few mit einiger Frequenz zu many fuumlhrt Bei old gilt zwar --gt new aber dann folgen drei verwandte Begriffe (elderly antique ancient) erst an vierter Stelle kommt das andere Antonym young Vergleichbar ist das vieldeutige present an erster Stelle steht hier gift dann folgt mit past ein Antonym mit absent ein anderes In einem Fall wie forget wird an erster Stelle forgive (ldquolet us forget itrdquo) assoziiert also ein willentliches vergessen waumlhrend umgekehrt remember direkt zu forget fuumlhrt Mehrdeutigkeit ist also immer ein lsquoStoumlrfaktorrsquo wie auch der Fall short --gt talllong an zweiter Stelle short --gt brief zeigt oder small --gt tiny und an zweiter und dritter Stelle --gt big large Interessant ist auch das Beispiel square das an erster Stelle zum Oberbegriff rectangle fuumlhrt und dann zu zwei gleichermaszligen moumlglichen lsquoAntonymenrsquo circleround

und triangle Strong fuumlhrt an erster Stelle zu einem Parallelbegriff powerful erst an zweiter zu weak waumlhrend weak direkt zu strong fuumlhrt Wet fuumlhrt -- in dieser Reihenfolge -- zu slippery moist drench und dry aber nur dry fuumlhrt in nennenswertem Umfang zuruumlck zu wet

Die uumlberwiegende Zahl der anderen Faumllle sind solche in denen ein Begriff aus demselben Erfahrungsbereich assoziiert wird In manchen Faumlllen sind das sehr viele So gibt es bei money der hohen Zahl von Probanden entsprechend eine hohe Zahl von Nennungen fuumlr (in absteigender Reihenfolge aber immer noch mit einer Forward Cue-to-Target Strength von gt05) cash bank fund wallet profit spend banker income bud-get lottery dollars checkbook salary Insgesamt sind es hier 302 verschiedene Targets Aumlhnliches gilt fuumlr tree -- wo jeder an eine spezifische ihm gelaumlufige Baumart oder einen Baum-Bestandteil denken kann

22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens

Mit seinem genialen Blick fuumlr das Grundlegende hat Roman Jakobson inspiriert von Mikołai Habdank Kruszewski (1886) die Aufmerksamkeit auf das Zusammenwirken zweier Prozesse beim Sprechen gelenkt eines paradigmatischen bei dem Einheiten aus anderen gleichrangigen Einheiten ausgewaumlhlt und eines syntagmatischen bei dem die ausgewaumlhlten Einheiten in eine lineare Abfolge gebracht werden Im paradigmatischen Prozess spielt die Dimension Similaritaumlt - Kontrast im syntagmatischen die Dimension Kontiguitaumlt - Distanz eine dominierende Rolle

In diesen Rahmen lassen sich nun nicht nur Typen der Aphasie einordnen26 sondern auch die Typen des Versprechens die Meringer und Mayer 1895 vorgefuumlhrt haben Da die lineare Anordnung elementarer Zeichen ein Charakteristikum der Rede ist ist die Mehrzahl der bdquosprachlichen Fehlleistungen im Bereich der syntagmatischen KontiguitaumltDistanz anzutreffen Ihre Hauptursache ist darin zu sehen dass (wenigstens normalerweise) das Denken einen Vorlauf vor dem Artikulieren hat - und der Sprecher setzt dann das was er zu sagen plant an die Stelle dessen was er im Moment artikuliert Das bdquoSpaumltere wirkt also dabei scheinbar paradoxerweise - auf das bdquoFruumlhere Ohne auf die Einzelheiten dieser Art des Versprechens eingehen zu wollen dessen Ergebnisse sehr haumlufig Vertauschungen also Metathesen sind sei hier zweierlei festgehalten Zum einen sind die in der Rede auf diese Art vertauschten Elemente in aller Regel klassengleich - wobei der Begriff Klasse nicht nur Wortarten also den modus significandi sondern beispielsweise auch Anlaute Auslaute Stammvokale betonte Silben usw umfassen kann27 Mit den Worten von Meringer und Mayer [p 16] (1895 17) laquoAm gewoumlhnlichsten sind die Vertauschungen der Adjectiva mit Adjectiven Substantiva mit Substantiven Verba mit Verbenraquo Zweitens sei festgehalten laquoAntithetische Woumlrter werden besonders leicht vertauschtraquo (1895 15) Ein Beispiel fuumlr diese Art der Metathese laquoDa steht der Einsatz nicht fuumlr den Gewinnraquo

Die zweite groszlige Gruppe fuumlr Versprech-Leistungen sind solche deren Ursache in der Auswahl waumlhrend des paradigmatischen Prozesses gesehen werden muss Die eine Untergruppe sind hier die bdquoKontaminationen bei der Vorstellung etwas schreiben werden die Ausdrucksmoumlglichkeiten etwas zu Papier bringen und etwas schreiben

26 Zur Fruchtbarkeit der Unterscheidung Jakobsons fuumlr die Klassifizierung von Aphasien vgl Luria 1976 5227 Einige Beispiele laquoSaint-Exupeacuterinces Petit Princeraquo laquoMinuster fuumlr Kultus und Unterrichtraquo Die Elemente koumlnnen auch vertauscht werden - Metathesen dieser Art sind laquoeine Sorte von Tacherraquo laquodenile Semenzraquo laquoVerteidigung ist die Spiele des Seelsraquo etc Die Beispiele stammen bis auf das erste aus MeringerMayer 1895 Zu analogen Erscheinungen beim Verlesen vgl auch Kolers 1976

kombiniert zu etwas zu Papier schreiben Freud nennt dies gewiss zutreffend Verdichtungen Die andere Unterart dieses semantischen Versprechens besteht in der Vertauschung (bdquoSubstitution) zweier Elemente - wobei es sich nicht mehr um Elemente aus dem Syntagma sondern um Elemente des paradigmatischen Auswahlprozesses handelt laquoBekannt istraquo so heiszligt es bei Meringer und Mayer (1895 79) laquodass kontrastierende Vorstellungen einander assoziieren So kommt man auf dem Wege der Substitution dazu das Gegenteil von dem zu sagen was man gemeint hatraquo Also etwa laquoIhm war auch kein Berg zu niedrigraquo (statt zu hoch) laquowas er verliert (statt gewinnt) gibt er seinen Kindern in die Sparbuumlchseraquo

Was schon bei voumlllig gesunden Sprechern wenn man ein Ohr dafuumlr hat mit bemerkenswerter Haumlufigkeit zu beobachten ist kann natuumlrlich im Fall von verminderter Sprechfaumlhigkeit (Aphasien) in verstaumlrktem Maszlige auftreten Herbert Pilch hat aus linguistischer Sicht auf die bekannte Erscheinung hingewiesen dass Aphasiker Woumlrter verwechseln die im Verhaumlltnis des Gegensinns zueinander stehen (1972 8) Ein einfaches Beispiel aus einem Sprachtest mit Aphasikern (Muumlller 1976 257ff) Es handelt sich um einen Test in dem der Umgang mit metakommunikativen Verben uumlberpruumlft wurde Beim Nachsprechen eines groumlszligeren zusammenhaumlngenden Texts - dies war eine der Aufgaben - wurden dabei vereinzelt sinnstoumlrende Vertauschungen zwischen den korrelativen Begriffen fragen und antworten beobachtet Von einem analogen Test mit Einzelsaumltzen heiszligt es laquoSinnstoumlrend vertauscht wurden fragen mit erwidern wissen wollen bzw sich erkundigen (wurden) durch sprechen ersetztraquo In einem Sortiertest sollten metakommunikative Verben nach inhaltlichen Kriterien zu Gruppen geordnet werden Dieser Test wurde wegen der erforderlichen hohen Konzentration allerdings nur von fuumlnf Probanden absolviert Vier davon gruppierten fragen wissen wollen sich erkundigen antworten entgegnen erwidern Der fuumlnfte Proband gekennzeichnet mit dem Stichwort laquoKonduktionsaphasieraquo bildete dagegen [p 17] die Paare fragenantworten antwortenerkundigen wissen wollenentgegnen Er gliederte also was der Untersuchende nicht direkt sieht nach Antonymen-Paaren28

3 Interpretation der beschriebenen Phaumlnomene oder Die verschiedenen Strategien zum Erfassen von Bedeutung

No hay que explicar el hablar desde el punto de vista de la lengua sino viceversa (Coseriu 19551973 287)

Meringer und Mayer haben darauf hingewiesen man muumlsse sich huumlten den Sprechfehler als etwas Pathologisches aufzufassen Sie erlaumlutern dies mit einem praumlgnanten Bild Beim Sprechfehler versage nur die Aufmerksamkeit die Maschine laufe ohne Waumlchter sich selbst uumlberlassen Und was den Sprechfehler fuumlr die Sprachwissenschaft lehrreich mache sei der Umstand dass das Uhrwerk in solchen Augenblicken des Mantels entkleidet scheine und ein Blick in die Raumlder moumlglich sei (1895 7) Aumlhnliches gilt fuumlr die permanenten Abweichungen von der Sprachnorm die sich im Sprechen von Individuen oder Individuen-Gruppen finden (und die zB Henri Frei in seiner Grammaire des fautes (1929) festgehalten hat) Die Uumlberlegungen gelten natuumlrlich ebenso fuumlr die Wort-Assoziationen insbesondere dann wenn man wie urspruumlnglich Thumb und Marbe mit der Beruumlcksichtigung der Spontaneitaumlt also der Reaktionszeit ein Indiz dafuumlr hat welche Prozesse unter Umstaumlnden laquoautomatischraquo 28 Nach der Analyse die Luria von dem seit Wernicke und Lichtheim so genannten Syndrom der bdquoLeitungsaphasie gibt duumlrfte es sich um die Variante mit akustisch-artikulatorischer Stoumlrung handeln In der Variante mit akustisch-mnestischer Stoumlrung sind sogenannte bdquoverbale Paraphasien relativ selten Vgl Luria 1976 239-285 insbes S 247-273

oder mit Meringer und Mayer so ablaufen dass laquoder Waumlchterraquo also das Bewusstsein des Sprechers dessen bestenfalls hinterher richtig gewahr wird Mutatis mutandis gilt die Uumlberlegung schlieszliglich auch fuumlr den Bereich der Sprachstoumlrungen laquoPathologia illustrat physiologiamraquo das Anomale lehrt uns wie das Normale funktioniert ndash so lautet ein alter Grundsatz der medizinischen Forschung Wie betraumlchtlich der Unterschied zwischen den voll bewussten mehr Zeit in Anspruch nehmenden Suchprozessen und den halbbewussten Assoziationen ist zeigen solche Aphasien in denen der Patient ein Wort bei bewusstem Suchen nicht findet oder ein Wort das ihm vorgesprochen wird nicht wiederholen kann waumlhrend er im Bereich des offenbar funktionierenden Assoziierens das betreffende Wort findet bzw sagen kann29

[p 18] Wenn ich nach der obigen Skizzierung quantitativer und qualitativer Verhaumlltnisse im Bereich von Wortassoziationen nun versuche die bisherige Untersuchung im eigentlichen Sinn zu interpretieren so lasse ich mich von der folgenden Grunduumlberlegung leiten Da Assoziationen mit Wortmaterial im Idealfall in einem halbbewussten Bereich spontanen Reagierens ablaufen koumlnnte man meinen es handle sich um ganz einfache primaumlre Prozesse sprachlicher Aktivitaumlt Komplex und sekundaumlr waumlre dagegen die Aumluszligerung von Saumltzen und Texten Nun hat freilich einer der groszligen Aphasieforscher Kurt Goldstein gezeigt dass es sich eigentlich genau umgekehrt verhaumllt Primaumlr am Sprechen ist die Mitteilungsabsicht dh das Kommunizieren mit Hilfe groumlszligerer syntagmatischer Einheiten im Rahmen von Kommunikationssituationen Das scheinbar so einfache Assoziieren von Woumlrtern oder das Benennen von Gegenstaumlnden sind dagegen recht schwierige und komplexe Aufgaben Wie Roman Jakobson gezeigt hat ist zB das Benennen eines Gegenstandes ein metasprachlicher Akt30 Ein solcher Akt setzt die Existenz und das isolierte Funktionieren eines praumlzisen Orientierungs- und Einordnungssystems voraus Bei Assoziations-Tests muss ein gehoumlrtes Wort ohne jede Situations- oder Kontexthilfe analysiert erkannt und eingeordnet werden

Ich habe nun eingangs mit Hilfe einiger einfacher Beispiele aus dem Bereich der Gestaltpsychologie gezeigt dass eine solche Erkenntnis immer erst dadurch zustande kommt dass man uumlber das Gegebene hinausgeht going beyond the Information given Dementsprechend besteht mein Interpretations-Ansatz jetzt darin dass ich die von einem vorgegebenen Ausgangswort ausgehende Assoziation als den Reflex einer Strategie interpretiere einer Strategie die dazu dient die Bedeutung von Woumlrtern im Hinausgehen uumlber das gegebene Wort zB durch die Einordnung in das semantische Orientierungs-System zu erfassen

31 Zwei Grundtypen des Assoziierens

Hier gibt es nun nicht eine einzige es gibt wenn ich recht sehe zwei Grundstrategien zur Erfassung von Bedeutung Vergegenwaumlrtigt man sich den primaumlren auf Mitteilung ausgerichteten Aspekt des situativen Sprechens in Saumltzen und Texten und den subsidiaumlren - wenn auch unverzichtbaren - Charakter desjenigen Bereichs in den auch das Assoziieren von Woumlrtern faumlllt so versteht man sofort die eine von zwei grundlegend verschiedenen Strategien dh Arten der sprachlichen Reaktion auf

29 Kurt Goldstein der von solchen Faumlllen berichtet erwaumlhnt im selben Zusammenhang das Phaumlnomen laquodass die falschen Woumlrter oft mit weniger Paraphasie (gemeint ist hier Paraphasie als lautliche Abwei-chung) geaumluszligert werden als die richtigenraquo (1948 101 vgl 239) Dies duumlrften diejenigen Faumllle sein in de -nen der Sprechprozess gewissermaszligen bdquovon oben her dh von der bewussten intentional vom laquoWaumlch-terraquo gesteuerten Seite her gestoumlrt ist30 Jakobson 1974 125ff vgl generell Goldstein 1948 zum Bereich der Kategorisierung

Wortmaterial Kinder erwerben Sprache sei sie nun kommunikativ oder das eigene Handeln begleitend in Situationen und damit dominant in syntagmatischer Realisierung Uumlber die nach und nach verstandene [p 19] fremde und die nach und nach sich entwickelnde eigene syntagmatische Realisierung von Sprache baut sich dann jenes semantische Orientierungs- und Einordnungssystem auf innerhalb dessen Rahmen die andere dominant paradigmatische Strategie anzusiedeln ist Wie Hans-Martin Gauger ausgefuumlhrt hat handelt es sich bei dem Aufbau dieses Systems um einen Prozess zunehmender bdquoVerdichtung (1970 65-69)

311 Syntagmatisches Assoziieren

Da sprachliche Elemente wie die Woumlrter fuumlr Kinder zunaumlchst einmal Woumlrter im syntagmatischen Kontext sind ist es nicht verwunderlich dass - wie seit Anfang des Jahrhunderts beobachtet wurde - Kinder vorwiegend syntagmatische Assoziationen haben Sie nennen also vorwiegend Woumlrter mit denen die Ausgangswoumlrter zusammen vorkommen dh die Assoziationen verlaufen im Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt Typisch sind derartige Assoziationen auch fuumlr solche Personen deren sprachliche Sozialisierung nicht durch den bewussten Umgang mit der eigenen und mit fremden Sprachen waumlhrend zwoumllf bis dreizehn Schuljahren perfektioniert wurde also etwa fuumlr Volksschul-Absolventen Schuchardts Einwand Thumb und Marbe haumltten die Bedeutung der syntagmatischen KontiguitaumltDistanz fuumlr das Assoziieren nicht gebuumlhrend beruumlcksichtigt hat also von der Ontogenese her gesehen seine Berechtigung31 Waumlhrend syntagmatische Assoziationen bei bdquogebildeten Erwachsenen also relativ selten sind sind sie bei Kindern und anderen sprachlich weniger Sozialisierten recht haumlufig Typische (und in allen nachfolgenden Faumlllen von den Assoziationen der 288 franzoumlsischen Studenten abweichende) Beispiele sind aus den jeweils erstrangigen Nennungen von 115 franzoumlsischen Bauarbeitern fenecirctre - ouverte (31) blanc - neige (27) aigre - vinaigre (26) rouge - sang (25) santeacute - bonne (23) table ronde (23) faim - (de) loup (23) citoyen - franccedilais (22) lune - (de) miel (20) tabac - blond (17) musique - douce (17 - zusammen mit classique leacute-gegravere agreacuteable harmonieuse 31) lent - tortue (15) meacutemoire - courte (14) joie - (de) vivre (14) papillon - vole (10) etc Charakteristisch ist hier wiederum dass solche dominant von der syntagmatischen Kontiguitaumlt bestimmten (und in der Regel nicht wortartgleichen) Assoziationen nur selten jene stark buumlndelnde Wirkung haben die fuumlr Assoziationen zum Gegensinn hin charakteristisch ist [p 20]

312 Paradigmatisches Assoziieren

Die andere (trotz mancher Grenzfaumllle von der syntagmatisehen zu unterscheidende) grundlegende Strategie zum Erfassen von Bedeutung spiegelt sich im dominant paradigmatischen Assoziieren also in jenen Assoziationen die im Bereich des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems verlaufen Eingangsvoraussetzung fuumlr beide Arten des Assoziierens ist die vorgaumlngige phonologische Analyse mit der Zuordnung eines Lautbildes und der (natuumlrlich

31 Das assoziative Verhalten der Kinder und Jugendlichen hat sich allerdings seit dem Beginn des Jahrhun-derts in betraumlchtlichem Maszlig demjenigen der Erwachsenen angenaumlhert Die Ursache ist zweifellos in einer fruumlheren und ausgepraumlgteren sprachlichen Sozialisierung zu sehen Vgl dazu auch Esper 1973 105 Pa-lermoJenkins 1965 oder Jenkins 1970 7

vorlaumlufigen32) Zuordnung einer Wortart Beim dominant syntagmatischen Assoziieren besteht die Strategie fuumlr die Zuordnung einer Bedeutung zu dieser Einheit aus Wortart und Lautschema vor allem im Assoziieren eines syntagmatischen Gebrauchskontextes also in der Einordnung in ein komplexeres Zeichen mit dem sich daraus ergebenden bdquomonosemierenden Effekt lune - lune de miel blanc (comme la) neige citoyen - (un) citoyen franccedilais table - (la) table (est) ronde etc Bei der paradigmatischen Art des Assoziierens besteht die Strategie zur Erfassung von Bedeutung dagegen darin dass das Ausgangswort in Relation zu einem anderen gleichrangigen Zeichen gesetzt wird Die Strategie ist also abstrakter ja geradezu metasprachlich ndash eine Analyse die schoumln Goldsteins These von der Komplexitaumlt scheinbar ganz einfacher Aufgaben bestaumltigt

Was nun das spezifisch paradigmatische Orientierungs- und Einordnungssystem betrifft so scheinen mir hier bei angemessener Interpretation der Verhaumlltnisse zwei Untersysteme vorzuliegen Untersysteme die nicht scharf voneinander getrennt sind Im einen dieser Systeme vollzieht sich der Zugriff uumlber die Dimension Similaritaumlt - Kontrast im anderen System ist wie noch erlaumlutert wird die Information (vor dem Hintergrund der Similaritaumlt) verfuumlgbar uumlber die semantische Kontiguitaumlt in Opposition zur Distanz Beide Systeme arbeiten jedoch mit einem gemeinsamen Grundprinzip das man als bdquoModul in Form eines Dreiecks (mit einer Reihe von Varianten) konzipieren kann Einer Informationseinheit A sind mindestens zwei andere Einheiten B und C in folgender Weise zugeordnet33 [p 21]

Dabei sind die Beziehungen zwischen AB und AC solche der Similaritaumlt ndash eine Similaritaumlt der die oben auf S 11 f genannten Prioritaumltsebenen 1 (gleiche Wortart) und 2 (gleicher semantischer Bereich) entsprechen Die Beziehung zwischen B und C ist je nachdem eine Beziehung des Kontrasts (dem entspricht die oben genannte Prioritaumltsebene 3) oder der semantischen Kontiguitaumlt (der die Prioritaumltsebene 4 entspricht) Die Varianten ergeben sich hauptsaumlchlich aus der Zahl der Elemente auf der Achse BC zum Teil auch daraus dass die Position von A einzelsprachlich nicht besetzt oder aber wie im Fall von A = homme B = homme G = femme mit einem der dann merkmallosen Elemente B oder

32 Analyse-Ergebnisse sind auf dem Weg von den kleineren zu den groumlszligeren Einheiten insofern vorlaumlufig als die Analyse der kleineren Einheit im Rahmen der Analyse der Uumlbergreifenderen Einheit stets korrigiert werden kann (Der entsprechende Ruumlckkopplungs-Effekt hat seine physiologische Basis in dem Faktum dass die Zellen der kortikalen Lamina VI [die etwa 2 mm dicke Groszlighirnrinde hat sechs physiologisch und funktionell differenzierbare Schichten] vorwiegend Ruumlckkopplungs-Funktion haben) Der Ruumlckkopplungs-Effekt ist der Grund dafuumlr dass manche bdquoDefekte bei Aphasikern erst dann entdeckt werden wenn man sie kleinere Einheiten ohne Kontext nachsprechen laumlsst33 Der Gedanke der modularen Struktur ist inspiriert durch Erkenntnisse der Neuroanatomen Sie haben in der letzten Dekade zunehmend die These vertreten die komplexe Struktur unseres Nervensystems - ein-schlieszliglich des Groszlighirns - basiere auf relativ ein-fachen genetischen Programmen Korrelat dieser Pro-gramme sind laquomodulareraquo laquorepetitiveraquo oder laquoperiodischeraquo Strukturen etwa im Bereich des Ruumlckenmarks oder der Groszlighirnrinde Vgl beispielsweise Szentaacutegothai 1978

C identisch ist (Ist ein spezieller Begriff fuumlr A vorhanden oder ist A identisch mit B oder C so liegt ein Fall von Gegensinn in jener Verwendungsweise vor wie man sie sinnvollerweise Abel unterstellen muss ndash Abels Beispiele sind von Benveniste (1956) zerpfluumlckt worden Ein aumlhnliches Vorkommen solchen Gegensinns gilt fuumlr Fragen des Typs bdquoWie alt (und nicht wie jung) wie groszlig wie lang wie schoumln ist das und dasldquo also fuumlr Faumllle die zB Elmar Holenstein treffend analysiert hat (1976 69f))

Im Fall der Similaritaumlt-Kontrast-Interpretation des Dreiecks ist eine merkmalsemantische Interpretation plausibel B und C enthalten alle Merkmale von A (A ist der Oberbegriff) sie enthalten jedoch noch zusaumltzliche Merkmale und zwar dergestalt dass diejenigen von B und C nicht voumlllig identisch sind sondern in der Regel in einem Merkmal kontrastieren34 [p 22]

3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System

Zunaumlchst zu dem paradigmatischen System in dem fuumlr das Hinausgehen uumlber die gegebene Information die Kontrast-Relation ausschlaggebend ist Es geht also um den Bereich des Entgegengesetzten ndash Otto Gsell hat in seiner Arbeit uumlber die Gegensatzrelationen im Wortschatz romanischer Sprachen eine sehr wesentliche Beobachtung gemacht und so fruumlhere analoge Beobachtungen in entscheidendem Maszlige praumlzisiert Unser Wortschatz ist keinesfalls so beschaffen dass alle Woumlrter ihr Antonym haumltten Ganz im Gegenteil der Wortschatz der bdquoantonymfaumlhig ist macht nur einen relativ geringen Teil des Gesamtwortschatzes aus ndash aber er konzentriert sich auf bestimmte inhaltliche Bereiche des Lexikons Nimmt man wie Gsell als Maszligstab das Begriffssystem von Rudolf Hallig und Walther v Wartburg (19521963) so ergeben sich drei Schwerpunkte Die gegensatzfaumlhigen Woumlrter konzentrieren sich

l in der Rubrik laquoLacircme et lintellectraquo wo es sich um etwa vier Fuumlnftel von insgesamt 2000 Eintraumlgen handelt Es geht dort um geistige Faumlhigkeiten Bewusstsein Gedaumlchtnis Wahrnehmung Denken Vorstellung Gefuumlhle und dergleichen (Hallig und Wartburg verwenden in dieser Rubrik teilweise was Gsell nicht eigens erwaumlhnt Antonymenpaare explizit als Unter-Rubriken)

2 in der Rubrik laquoLa prioriraquo Hallig und Wartburg versuchen dort laquoden inhaltlich sehr allgemeinen nicht sachgebietsbezogenen Wortschatz nach Denk- und Begriffskategorien wie Existenz physische Zustandsformen Eigenschaften Ordnung Wertung Quantitaumlt Raum Zeit Kausalitaumlt Bewegung und Veraumlnderung zu gliedernraquo (Gsell 1979 114) Die Rolle des Kontrasts fuumlr diesen Bereich ist im Uumlbrigen bereits durch das oben zitierte Beispiel der aristotelischen Kategorien ersichtlich

3 im Bereich der jeweiligen Unter-Rubrik geacuteneacuteraliteacutes (oa) zu den jeweiligen groumlszligeren Abschnitten bei HalligWartburg

Gsell spricht anhand der Begriffe des zweiten Bereichs (den dritten nennt er nicht ausdruumlcklich) von laquosemantischen Strukturwoumlrternraquo (im Gegensatz zu den syntaktischen) sie lieszligen sich keinem bestimmten sachlichen oder begrifflichen Bereich

34 Herbert HClark spricht in diesem Zusammenhang (1970 275f) von der laquoRegel des minimalen Kon-trastsraquo In der Ontogenese kann im Uumlbrigen beobachtet werden dass die Beziehungen zwischen kontrastierenden Paaren zT insofern asymmetrisch sind als eins der beiden Elemente privilegiert dh fruumlher gelernt bzw als Oberbegriff verwendet wird Hiermit hat sich in einer Reihe von Arbeiten vor allem Eve V Clark befasst

zuordnen seien jedoch (besser sollte man sagen gerade deshalb) in jeder Art von Rede unentbehrlich

Der Begriff der laquosemantischen Strukturwoumlrterraquo scheint mir gluumlcklich gewaumlhlt zu sein weil solche Woumlrter - als eine von jeweils zwei Alternativen - unsere Erfahrung in houmlchstem Maszlige strukturieren Hierzu zwei Beispiele Von den 34 Woumlrtern der Listen von RussellJenkins (1970) bzw PalermoJenkins (1964) auf die mindestens 50 der Probanden als Assoziation an erster Stelle dasselbe Wort nennen sind 23 solche auf die ein Antonym assoziiert wird Als Strukturierungsdimension dienen dabei

ndash siebenmal der Geschlechtsunterschied (boygirl heshe kingqueen etc)ndash viermal im Bereich des Gesichtssinns die Dimension helldunkel (blackwhite dark light)ndash fuumlnfmal die Orientierung in Raum bzw Raum undoder Zeit (slowfast herethere longshort highlow youngerolder) weiterhin [p 23]ndash die Kommunikationssituation zwischen Sprecher und Houmlrer (meyou)ndash zweimal der Tast- oder Handsinn (hardsoft heavylight) schlieszliglichndash der Geschmackssinn (sour bzw bittersweet) ndash der Gehoumlrsinn (loudsoft) sowiendash die konverse Relation Zwischen Geben und Nehmen (sellbuy buyingselling)

Ist ein tertium moumlglich so immer in Form einer Skala zwischen den beiden Extrempolen die den Bereich eingrenzen - genauso wie dies Aristoteles fuumlr seine Klassifizierung der Tast- Geschmacks- und Geruchsempfindungen vorgeschlagen hatte

Das zweite Beispiel Wolfgang Lorenz und Gerd Wotjak haben aus 80 sprachwissenschaftlichen Untersuchungen haumlufig vorkommende laquoSemeraquo zusammengetragen also solche Begriffe die dazu verwendet werden um den Inhalt anderer Begriffe zu beschreiben Von den 129 in einer ersten Liste bei LorenzWotjak (1977 310-334) zusammengetragenen haumlufig genannten laquoSemenraquo sind nun mehr als die Haumllfte solche die zu Antonymen-Paaren geordnet werden koumlnnen - was wiederum ganz unabhaumlngig davon wie man zur Existenz von semantischen Merkmalen oder Semen stehen mag aufschlussreich ist fuumlr die Strukturierungs- und Reduktionsleistung entsprechender Begriffspaare

Waumlhrend bei der dominant syntagmatischen Art des Assoziierens die Aufgabe der semantischen Einordnung einer Einheit aus Wortart und Lautbild uumlber die Einbettung in den syntagmatischen Kontext also in ein komplexeres Zeichen geleistet wird verlaumluft somit im Fall der geschilderten Unterart des paradigmatischen Assoziierens die Einordnung anders Das betreffende Wort wird wo immer dies moumlglich ist uumlber die Zuordnung des Kontrast-Werts im Dreiecks-Modul identifiziert Dies ist Goethes laquoAnklingen des Gegensinnsraquo das seit Jost Trier im Bereich der Wortfeldlehre erwaumlhnt wird Die Identifizierung der Bedeutung von B mit Hilfe des kontrastierenden C fuumlhrt natuumlrlich dazu dass jeder normale Sprecher sich etwa bei Muumldigkeit dh bei verringerter Aufmerksamkeit zum Gegenteil hin versprechen kann35 In pathologischen Faumlllen fuumlhrt dann eine verringerte Unterscheidungsfaumlhigkeit zwischen den Teilen B und C des Moduls zu den haumlufigen laquoverbalen Paraphasienraquo des Typs nehmen fuumlr geben fragen fuumlr antworten groszlig fuumlr klein

35 Die Ursache dafuumlr dass der ungeuumlbte Houmlrer Versprech-Leistungen normalerweise gar nicht wahrnimmt haben schon Meringer und Mayer genannt laquo(hellip) Der Hauptgrund des Uumlberhoumlrens von Sprechfehlern liegt darin dass der Houmlrer ganz aumlhnlich daran ist wie der Sprecher und wohl aus derselben Ursache uumlberhoumlrt aus der der andere sich versprichtraquo (1895 10f)

3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Im Similaritaumlt-Kontrast-System das wo immer dies moumlglich ist den Zugriff auf semantische Information primaumlr steuert steht Mutter in [p 24] Kontrast zu Vater - tertium non datur Mutter steht jedoch auch in Beziehung zu anderen Lexemen zB zu Kind Tochter Stiefmutter Groszligmutter auch zu Frau etc Bei Frau oder Maumldchen bestehen uumlbrigens unabhaumlngig vom Geschlecht der Probanden - assoziative Verbindungen zu huumlbsch schoumln Schoumlnheit und dergleichen Die ersten dieser Verknuumlpfungen koumlnnte man noch leicht mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Vater und Mutter bilden ein minimales Paar das sich nur durch den bewussten kleinen Unterschied die Opposition maumlnnlichweiblich semantisch voneinander abhebt Bei Paaren wie MutterKind bzw MutterTochter waumlren es bereits mehrere differenzierende Merkmale (und das Beispiel zeigt zugleich dass es noch ganz andere Relationen gibt als die des Kontrasts hier zB die temporale oder die kausale) Bei MaumldchenSchoumlnheit muumlsste man schon mit Selektionspraumlferenzen arbeiten man koumlnnte wohl auch an den Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt denken

Es gibt nun allerdings eindeutig paradigmatische Assoziationen bei denen merk-malsemantische Konstruktionen angesichts ihrer notwendigen Komplexitaumlt in eklatantem Widerspruch zur hochgradigen Gelaumlufigkeit der betreffenden Assoziationen stuumlnden Ein einfaches Beispiel ist das Paar TischStuhl Die Zahlen 84 bei Russell Jenkins 69 bei PalermoJenkins 55 bei franzoumlsischen Studenten36 Man koumlnnte hier die Merkmal-Similaritaumlt uumlber den Oberbegriff Moumlbelstuumlck konstruieren aber wie waumlre dann zu erklaumlren dass die Verbindung zwischen Tisch und Stuhl enger ist als die zwischen den Moumlbelstuumlcken Tisch und Hocker (die sich im Prinzip nur durch die Groumlszlige unterscheiden) oder zwischen Tisch und Bett (1 der Nennungen trotz laquogetrennt von Tisch und Bett lebenraquo) Wie waumlren weiterhin so gelaumlufige Assoziationen wie pied chaussure araigneacuteetoile tobaccosmoke zu erklaumlren fuumlr die Oberbegriffe schwer zu konstruieren sind und die sich in einer solchen Konstruktion wenn sie gelingt immer noch durch eine Fuumllle von Merkmalen nicht etwa nur durch ein einziges unterschieden

Angesichts solcher Verhaumlltnisse scheint es mir plausibel zu sein das als grundlegend angesetzte Dreiecks-Modul in diesen Faumlllen als eine Similaritaumlts-Kontiguitaumlts-Beziehung zu interpretieren also in Anlehnung an das oben erlaumluterte bdquoGesetz der Naumlhe aus dem Bereich der optischen Wahrnehmung Solche Similaritaumlts-Kontiguitaumlts-Beziehungen beruhen bei einem flieszligenden Uumlbergang zum Similaritaumlt-Kontrast-Bereich ndash jeweils auf Erfahrungskontexten in denen Erscheinungen als zusammengehoumlrig verwandt benachbart verstanden werden Die Komponente der Similaritaumlt versteht sich hier vor allem als Zugehoumlrigkeit zum selben Er- [p 25] fahrungsbereich meist - aber keinesfalls ausschlieszliglich - auch als Zugehoumlrigkeit zur selben Wortart Die Kontiguitaumlt wird zumeist verkoumlrpert durch eine spezielle in der Regel gerichtete Beziehung zwischen den Elementen B und C (Die Zahl der Probanden die auf Stuhl wieder Tisch assoziieren ist viel geringer als die Zahl derer die auf Tisch die Assoziation Stuhl haben) Entscheidend ist dabei nun dass die Erfahrungskontexte zwar individuell verschieden sind dass die Relationen durch welche die Begriffe verknuumlpft sind dagegen meist ganz spezifische invariante Relationen darstellen Tisch und Stuhl sind zB integrierende Teile eines groumlszligeren Ganzen im Erfahrungsbereich des Wohnens und Arbeitens zwischen tobacco und

36 Die Zahl fuumlr die deutschen Probanden lautet 29 - hier stellen die 15 Nennungen fuumlr die im Grenzbe-reich zwischen semantischer und syntagmatischer Kontiguitaumlt liegende Assoziation Bein(e) eine starke Konkurrenz zu Stuhl dar

smoke araigneacutee und toile besteht eine kausale zwischen Hammer und Nagel eine finale Relation Das Gegenstuumlck zur Kontiguitaumlt die Distanz grenzt hier die Dreiecksmoduln gegeneinander ab Interessant ist dass in vielen Faumlllen nicht eigentlich der kontige Partner sondern die spezifische Relation etwa zwischen dem Gegenstand und einem allfaumllligen Benutzer assoziiert wird Um die finale Relation geht es zB in den Faumlllen Bettschlafen Schereschneiden ciseauxcouper scissorscut

32 Sonderfaumllle

Fuumlr beide Varianten des paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssystems gilt natuumlrlich Sobald auf der Achse BC mehr als zwei gleichrangige Mitglieder anzusiedeln sind sobald also in Trubetzkoys oder Coserius Terminologie eine laquoaumlquipollenteraquo und nicht eine laquoprivativeraquo Opposition vorliegt37 verliert die Assoziation von einem dieser Mitglieder zum anderen an Schaumlrfe die buumlndelnde Kraft des einzigen Antonyms oder des in spezifischer Weise kontigen Partners fehlt Musterbeispiel ist das Dreiecks-Modul fuumlr die Farbwerte im Gegensatz zu dem fuumlr die Grauwerte

Wegen der Auswahl aus einer groszligen Zahl gleichberechtigter Moumlglichkeiten sind die Reaktionen auf Farben dementsprechend wenig gebuumlndelt38 ndash auf gelb nennen an ers-ter Stelle 14 der amerikanischen Pro- [p 26] banden blau 12 der deutschen rot 11 der franzoumlsischen gruumln Bei den Ausgangswoumlrtern blau und gruumln ist die Assozia-tion im paradigmatischen Bereich sogar schwaumlcher als im syntagmatischen ndash hier nen-nen die Probanden in allen drei Sprachen an erster Stelle den Himmel (blau) und den Bereich GrasWieseLandschaft (gruumln) und dies mit einer Frequenz die vertreten durch Werte zwischen 20 und 30 deutlich uumlber den Frequenzen liegt die in den ande-

37 Coseriu 19641978 120f 1976 34 Eine graduelle Opposition entspricht wie oben in Anm 5 erwaumlhnt einer Unterart des aristotelischen Entgegengesetzten mit gegebenem tertium38 Nach der oben erwaumlhnten aristotelischen Farbkonzeption oder dem analogen Vorschlag bei Weinrich 1967 2213 oder Coseriu 1976 43f waumlren die beiden Dreiecks-Moduln zu einem einzigen zu kombinieren - die extremen Farbwerte waumlren also schwarz und weiszlig Dem widerspricht einerseits nicht das Assoziationsverhalten der Probanden im englischen franzoumlsischen und deutschen Sprachbereich wo auf rot blau gelb gruumln sowie auf Farbe jeweils auch und zT mit betraumlchtlichen Nennungszahlen schwarz undoder weiszlig genannt werden (Bei gebildeten franzoumlsischen Sprechern liegt in einem dieser Faumllle freilich eine syntagmatische Assoziation vor gerade wegen ihrer Bildung assoziieren 18 an erster Stelle auf rouge das Wort noir) Andererseits entspricht das Assoziieren von schwarz undoder weiszlig auf Farbadjektive den Erkenntnissen die der geniale Edwin H Land (1977) uumlber die Physiologie des Farbsehens gewonnen hat

ren Faumlllen fuumlr Farbwerte eintreten ndash Auch zwischen Zahlen scheinen auf den ersten Blick dieselben aumlquipollenten Beziehungen zu bestehen wie etwa zwischen Farbadjekti-ven Bei naumlherem Zusehen zeigt sich jedoch dass als spezifische Relation zwischen Zah-len die Relation bdquogroumlszliger als gesehen wird (Ganz abstrakt lautet die Regel fuumlr das Zaumlhlen ja Ersetze die letzte Zahl n durch n+1) Entsprechend sind die Assoziationen auf Zahlwoumlrter immer gerichtet zB im Sinn des n + 1 auf zwei wird drei auf drei wird vier assoziiert auf jeden Fall immer eine houmlhere Zahl39

Ein weiterer Sonderfall sind Erfahrungsbereiche die nicht zu denjenigen einer Vielzahl von Sprechern gehoumlren Zum Loumlwen wird gemeinhin als kontiger Partner im Erfahrungsbereich exotische wilde Tiere der Tiger assoziiert Beim Adler fehlt fuumlr den normalen Sterblichen der Partner In solchen Faumlllen kann die Assoziation dann zur Spitze A eines potentiellen Moduls verlaufen (man koumlnnte auch sagen Auf dem Weg von B zu einem potentiellen C endet die Assoziation in Ermangelung eines C bei A das sonst die Zwischenstation gewesen waumlre) Die Konsequenz Die haumlufigste Assoziation auf Ad-ler ist Vogel (21) oiseau (16) und bird (55) Solche Assoziationen zum Klassennamen dh zur Spitze A des Moduls hin sind relativ selten Mit groumlszligerer Haumlufig-keit treten sie sozusagen als Vorstufe zu Similaritaumlt-Kontrast-Assoziationen bei sprach-lich weniger sozialisierten Probanden auf40 [p 27]

4 Schlussuumlberlegungen

laquoDie Aufstellung von Oppositionen ist im Wortschatz wesentlich komplizierter als im phonologischen System einer Sprache da die beteiligten Merkmale wesentlich zahlrei-cher sind als in der Phonologie Prinzipiell handelt es sich jedoch um die gleichen Oppositionstypenraquo (Coseriu 1973 65)

Ich habe eingangs gezeigt dass Zweierschemata haumlufig als Denkmodell verwendet wer-den dass die Sprache im Bereich der Bezeichnungen des Entgegengesetzten uumlber eine ganze Skala solcher Zweierschemata verfuumlgt weiterhin dass Wahrnehmen und Erfassen von etwas stets zugleich bedeutet uumlber die Information hinausgehen die gegeben wird und dass auch bei diesem laquouumlber die Information hinausgehenraquo wieder Zweierschemata wie die von Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz entscheidend sind Ich habe dann Ergebnisse der sprachlichen Assoziationsforschung einer ersten Analyse unterzogen und diese Analyse in einem weiteren Schritt dadurch vertieft dass ich sprachliche Assoziationen als den Reflex von Strategien aufgefasst habe die dazu dienen semantische Information zu erfassen und einzuordnen Zum Abschluss will ich in vier Schlussuumlberlegungen skizzieren worin der moumlgliche Ertrag einer staumlrkeren Einbeziehung der Assoziationsforschung und verwandter Gebiete liegen kann in einem (1) Einblick in das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems und seine (2) Transformation in Onto- und Pathogenese sowie in der Diachronie in einem (3) neuen Licht das auf Probleme der Wortfeldforschung geworfen wird und schlieszliglich auch in einer (4) angemesseneren Haltung gegenuumlber der Wissenschaftsgeschichte

39 Schuchardts oben zitierte Vermutung auf drei koumlnne (aus Gruumlnden der Lautaumlhnlichkeit) auch zwei assoziiert werden ist auch deshalb abwegig weil Ruumlckwaumlrtszaumlhlen eine sehr schwierige Aufgabe ist sie wird zB haumlufig verwendet um das Ausmaszlig von Aphasien zu bestimmen Dasselbe gilt fuumlr Tages- und Monatsnamen wo die spezifische gerichtete Relation bdquospaumlter als oder bdquonach lautet40 Vgl Rosenzweig 1970 102 105 zum relativ groszligen Anteil der Assoziationen zum Oberbegriff hin bei amerikanischen und franzoumlsischen Arbeitern Jenkins 1970 7 erwaumlhnt das Zuruumlckgehen der Oberbegriffs- und der Synonym-Assoziationen in der Geschichte amerikanischer Assoziationstests - Angesichts des vorliegenden Materials ist mir unklar worauf Clark (1970 279) die Ansicht stuumltzt laquoFast-Synonymeraquo wie house - home odour - smell seem - appear thing - object sowie Ober- und Unterbegriffe kaumlmen bei den Wortassoziationen oft vor

41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems

In unserem paradigmatischen Orientierungssystem scheint es zwei Bereiche zu geben die flieszligend ineinander uumlbergehen und miteinander kombiniert sein koumlnnen ei-nen Bereich mit Similaritaumlt-Kontrast- und einen Bereich mit Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-(Distanz-)Struktur Im einen Bereich wird Information aumlhnlich wie im Fall des bdquoGesetzes der Gleichfoumlrmigkeit (und des Kontrastes) vor dem Hintergrund der Similaritaumlt domi-nant eingeordnet im Hinblick auf das Entgegengesetzte im anderen im Hinblick auf den Nachbarn im selben Erfahrungsbereich ndash was dem gestaltpsychologischen bdquoGesetz der Naumlhe entsprechen wuumlrde

[p 28] Das erste System strukturiert durch seine Reduktion auf in der Regel zwei Alternativen (mit falls ein tertium zugelassen ist Zwischenmoumlglichkeiten) unsere Erfah-rung in auszligerordentlich starkem Maszlig Hier bestehen zugleich die groumlszligten auszligereinzel-sprachlichen Uumlbereinstimmungen ndash und zwar deswegen weil bestimmte Strukturie-rungs-Dimensionen ethologisch gesehen nichts anderes darstellen als Verbalisierungen jener Interpretation der Natur der Umwelt und ihrer Gesetzlichkeiten die unser Organismus im Lauf seiner entwicklungsgeschichtlichen Adaptation vorgenommen hat Orientierung im Raum in der Zeit Orientierung durch Houmlren Sehen Riechen Schme-cken Fuumlhlen und Tasten Eine Reihe solcher Strukturierungs-Dimensionen (die generell Coserius und Pottiers Klassemen Greimas Kontextsemen oder Luumldis Kongruenzsemen gleichen)41 sind sogar grammatikalisiert also zu grammatischen Ordnungsdimensionen geworden (wobei die Einzelsprachen das Angebot natuumlrlich in jeweils verschiedener Weise wahrnehmen) Es geht ua pythagoreisch ausgedruumlckt um die Unterscheidung zwischen dem Einen und dem Vielen um die zwischen maumlnnlich und weiblich (die im grammatischen Bereich freilich neutralisiert werden kann) zwischen tot und lebendig (wofuumlr die Grammatiker unbelebtbelebt vorziehen) zwischen menschlich und nicht-menschlich geben (bdquoAllativ bdquoDativ) und nehmen (bdquoAblativ) zwischen ich und du ja und nein (vierte Art des Entgegengesetzten im aristotelischen Sinn) hier und dort jetzt und nicht-jetzt42

Besonders augenfaumlllig sind solche Klasseme und ihre Reduktionsleistung in den sogenannten Klassifikator-Sprachen ndash dort hat jedes Nomen ein Element bei sich das das Bezeichnete einer bestimmten Klasse von Denotaten zuweist etwa zur Klasse Tier oder Mensch zur Klasse der horizontalen oder vertikalen Objekte ndash wobei was nicht unerwartet ist als generellstes und haumlufigstes Klassifikationskriterium die Opposition zwischen belebt und unbelebt verwendet wird (vgl Serzisko 1980)

Unser so vorstrukturiertes Wahrnehmen und Denken erkennt umgekehrt in der Umwelt wieder Prinzipien wie die eingangs genannten Gegensatzpaare des fruumlhgriechi-schen Denkens ndash wobei inzwischen klar sein duumlrfte dass es sich um alles andere als um bdquoarchaisches oder bdquoprimitives Denken handelt Bemerkenswert an den Wort-Assozia-tionen ist ja ua dass man sie nicht dadurch erhaumllt dass man im Sinn des dritten noogenetischen Prinzips von Spearman den Ausgangspunkt und die gewuumlnschte Rela-tion vorgibt um zu einem Ergebnis zu kommen es genuumlgt die Angabe des Ausgangspunkts Wahrnehmen Erkennen Verstehen bedeuten naumlmlich stets Einordnen Relationen herstellen ndash gleichguumlltig ob es um [p 29] die optische Wahrnehmung geht an der einige (vermutlich verwandte) Gestaltgesetze erlaumlutert wurden oder aber um das Einordnen sprachlicher Information So ist es ganz selbstverstaumlndlich dass die gege-

41 Vgl Coseriu 1972 52 LorenzWotjak 1977 235 mit Anm 10342 Vgl zur binaumlren Opposition als einer Extremform des grammatischen Paradigmas auch Weinrich 1967 1975

bene Information erst im Hinausgehen uumlber das Gegebene erfasst wird - ein Hinausge-hen das die Psychologen bekanntlich auch Denken nennen Im sprachlichen Erfassen ist so auch das Denken oder laquouumlber das Gegebene Hinausgehenraquo angelegt Das Denk-schema von These Antithese und Synthese spiegelt zB das Dreiecks-Modul des Similaritaumlt-Kontrast-Systems wider Mann und Frau sind in Mensch aufgehoben43

Waumlhrend im Bereich des Similaritaumlt-Kontrast-Systems nicht nur im Prinzip son-dern zT auch materiell gewisse auszligereinzelsprachliche Uumlbereinstimmungen vorhanden sind gibt es im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System natuumlrlich entsprechend dem Erfahrungs- und Lebensbereich kulturelle und soziale Unterschiede Entscheidend ist jedoch auch hier dass Einordnen nicht nur bedeutet in Relation Setzen zu diese Relationen sind ebenso wie die Kontrast-Relation im anderen System wiederum ganz spezifische ihrer-seits in aller Regel uumlberindividuelle Denk-Relationen TeilGanzes Kausalitaumlt Finalitaumlt Zeitrelation Invariant oder auszligereinzelsprachlich sind also die Relationen nicht notwendigerweise dagegen die Terme die durch solche Relationen verbunden sind

42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semanti-schen Orientierungssystems

Nach den vorgefuumlhrten Analysen gibt es drei Strategien zur Wahrnehmung und Einordnung semantischer Information eine dominant syntagmatische und die beiden eben erwaumlhnten paradigmatischen Dabei entspricht die syntagmatische Strategie dem was Hansjakob Seiler im Bereich der bdquosprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden mit Piaget zunaumlchst als Einordnen dann als Individualisierung bezeichnet hat insbeson-dere das paradigmatische Similaritaumlt-Kontrast-System entspricht dagegen dem Seiler-schen Klassifizieren bzw Generalisieren als der anderen polaren Instanz im Bereich der sprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden (Seiler 1981) Die Charakteristika aller drei Orientierungs- und [p 30] Einordnungssysteme sind in der folgenden Uumlbersicht nochmals zusammengestellt

I II IIISyntagmatisches Konti-guitaumlts-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontrast-System

Dominante Strategie Einordnen in ein groumlszlige-res Syntagma (dh in ein komplexeres Zei-chen)

Zuordnung eines Part-ners aus demselben Er-fahrungsbereich (uumlber spezifische Relationen)

Zuordnung eines Anto-nyms (uumlber die Gegen-satz-Relation)

Wortklasse in aller Regel verschie-den

in der Regel gleich gleich

Kontiguitaumlt vs Distanz ja ja

43 Es ist gewiss nicht erstaunlich dass wie Coseriu (1977a) gezeigt hat gerade Hegel in seiner Humboldt-Rezension als Vergleichsgrundlage fuumlr alle Sprachen die Unterscheidung von Gattungen und Arten bzw von laquoAllgemeinheiten und Bestimmtheitenraquo ansieht ndash mit anderen Worten also das DreiecksModul in sei-ner Similaritaumlt-Kontrast-Auspraumlgung ndash Die Bolle des Kontrasts (als drittes Moment neben Similaritaumlt und Kontiguitaumlt) hat aus der phaumlnomenologischen Tradition heraus sehr schoumln und einleuchtend Elmar Holen-stein dargestellt und gerade auch fuumlr die sprachliche Seite als grundlegend bezeichnet laquoDamit uumlberhaupt eine Auswahl (gemeint ist auf der paradigmatischen Achse der Selektion) getroffen werden kann muss sich etwas von etwas abhebenraquo (1976 86) Bruners going beyond the information given kann also zT auch im phaumlnomenologischen Sinn interpretiert werden

Similaritaumlt vs Kontrast ja ja

Fuumlr alle Woumlrter moumlg-lich

ja groszliger Bereich kleiner Bereich (bdquosemantische Struktur-woumlrterldquo)

Die spezifischen Relationen im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System entsprechen dabei in etwa Piagets laquoinfralogischenraquo Relationen oder Spearmans (1923 67-71) laquorealraquo relati-ons die Relationen des Similaritaumlt-Kontrast-Systems entsprechen dagegen Piagets laquologi-schenraquo und in etwa wohl Spearmans (71-74) laquoidealraquo relations Fuumlr die veschiedentlich erwaumlhnte nicht scharfe Trennung der Bereiche II und III duumlrften ua die Teil-Ganzes-Relationen verantwortlich sein die sowohl im laquologischenraquo (Inklusion) als auch im laquoinfralogischenraquo Bereich vorkommen Waumlhrend die Relationen des Similaritaumlt-Kontigui-taumlt-Systems dominant gerichtete Relationen sind ist die Gegensatz-Relation des Similaritaumlt-Kontrast-Systems grundsaumltzlich zweiseitig Abweichungen ergeben sich insbesondere durch Polysemie (vgl o S 12)

Ontogenetisch gesehen werden nun die paradigmatischen Systeme II und III uumlber das syntagmatische System I aufgebaut Dabei nimmt das System II wie aus seinen Merkmalen ersichtlich ist eine Mittelstellung zwischen den Systemen I und III ein - im Sinn der Konzeption Seilers stellt es also gewissermaszligen den bdquoWendepunkt zwischen den beiden Polen der Dimension sprachliche Erfassung von Gegenstaumlnden dar Auch der flieszligende Uumlbergang zwischen den drei Systemen erhellt aus dem Schema die Grenz-faumllle liegen interessanterweise nicht zwischen I und III sondern zwischen den Systemen III (zB Coserius laquolexikalische Solidaritaumltenraquo) und zwischen den Systemen IIIII Es ist somit plausibel dass [p 31] in der Ontogenese die Systeme in der Reihenfolge I-II-III aufgebaut werden Das System III nimmt dabei insofern eine Sonderstellung ein als es wie die letzte Zeile des Schemas nochmals ausweist direkt nur auf einen kleinen aber wichtigen Ausschnitt des Wortschatzes anwendbar ist

Was den Abbau der Sprache bei pathologischer (oder altersbedingter) Beeintraumlchtigung des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems betrifft so ist den vorliegenden Beobachtungen nach die Reihenfolge wohl umgekehrt Das System III wird vor dem System II beeintraumlchtigt Dies entspraumlche der Erkenntnis Jakobsons dass man zuerst verliert was man zuletzt erworben hat44 Was schlieszliglich diachronische Transformationen speziell den Bedeutungswandel betrifft so ist die Affinitaumlt zu Uumlberlegungen sehr wichtig die in Teilbereichen schon Wilhelm Wundt (o S 7) und dann vor allem Stephen Ullman angestellt hat Ullman resuumlmiert ja die Arbeit seines Lands-manns Zoltan Gombocz (Jelentestan Pecs [Fuumlnfkirchen] 1926) und den ihm zu Grunde liegenden Aufsatz von Leacuteonce Roudet (1921) mit folgenden Worten

laquoAn associative network of names clusters around each name some of these associations are rooted in similarity others in contiguityraquo (1967 79)

Dem entspricht dann seine Klassifizierung des Bedeutungswandels (1967 220ff) Uumlbertragung von signantia aufgrund von Similaritaumlt bzw Kontiguitaumlt zwischen den sig-nata bzw umgekehrt Uumlbertragung von signata aufgrund der SimilaritaumltKontiguitaumlt zwi-schen den signantia Zu praumlzisieren waumlre dass es sich nicht um Similaritaumlt oder Kontiguitaumlt handelt sondern um Transfer im Rahmen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- oder 44 Die Arbeit von Stachowiak uumlber die Semantische Struktur des subjektiven Lexikons (1979) bestaumltigt diese Hypothese was dort vorgefuumlhrt wird laumlsst sich mE alles in dem Sinn interpretieren dass bei aphasischem Abbau der Sprache vor allem das System III beeintraumlchtigt wird Nach dem was oben (S 18f) uumlber die Komplexitaumlt von Benennungs- und Assoziations-Aufgaben gesagt wurde unterstreicht dies im Grund auch die These Jakobsons dass es sich im wesentlichen um eine Stoumlrung handelt bei der die metasprachliche Punktion der Sprache beeintraumlchtigt ist

des Similaritaumlt-Kontrast-Systems die Rolle des Kontrasts ist wie schon Wundt sah in der Tat nicht unwichtig45 [p 32]43 Wortfeld-Probleme

Die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen werfen auch ein Licht auf manche Probleme der Wortfeldforschung Zunaumlchst erklaumlren sowohl die Wortassoziationen als auch die Sprechfehler das eher selten reflektierte Phaumlnomen dass die bisher vorgestellten Wortfelder alle aus Elementen derselben Wortart bestehen46 Weiterhin muumlsste man ge-maumlszlig den beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssystemen wohl auch zwischen zwei Grundarten von Wortfeldern unterscheiden zwischen solchen des Similaritaumlt-Kontrast-Typs und solchen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- [p 33] Systems (etwa Wortfeld desWohnens der Werkzeuge der Landschaft)47 In der Form wie sie durch die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen nahegelegt werden vermitteln dabei die Wortfel-

45 Was die Unterscheidung der beiden paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssysteme angeht so fuumlhle ich mich nicht nur in der guten Gesellschaft Ullmans sondern auch in der einer Reihe von Psychologen Sprachpsychologen und Aphasieforschern Jean Piaget und Baumlrbel Inhelder unterscheiden bei der Ordnungsleistung von Kindern zwischen dem Ordnen nach dem Prinzip der Aumlhnlichkeit und nach demjenigen der Konvenienz und etwa analog dazu zwischen den schon erwaumlhnten laquologischenraquo Relatio -nen (Klassifizierung) und den laquoinfralogischenraquo (PiagetInhelder 19731 38ff) Elisabeth Wiig und Diana Globus haben 1971 in einem kontrollierten Assoziationsversuch mit 7 Aphasikern und 7 gesunden Kon -trollpersonen explizit mit Piagets logischen und infralogischen Relationen gearbeitet Das Ergebnis kann nicht nur dahingehend interpretiert werden dass es entsprechend zu diesen Relationen zwei verschie -dene Orientierungs- und Einordnungssysteme gibt sondern auch dahingehend dass das klassifikatorische System (Similaritaumlt-Kontrast-System) sowohl bei Gesunden als auch bei Aphasikern im Verfahren der kontrollierten Assoziation (gegeben ist ein Ausgangsbegriff und die Relation gesucht wird ein Zielwort) nur dann gute Ergebnisse erbringt wenn die Merkmalunterschiede gering sind - und am geringsten sind sie natuumlrlich bei binaumlren Oppositionen also etwa bei Antonymie Sobald die Merkmalsunterschiede groumlszliger werden etwa beim Ausgangsbegriff Kind und dem gesuchten Begriff Eltern sind die Suchergebnisse bei Aphasikern und Gesunden gleichermaszligen schlecht Dagegen funktioniert das infralogische System sowohl bei hoher als auch bei geringer Kontiguitaumlt der Begriffe bei den unter-suchten Aphasikern und den gesunden Kontrollpersonen recht gut (laquoWas ist der Zweck von Heizung - Ergebnis Waumlrme oaraquo) ndash Was die beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssysteme an-langt stehe ich auch weitgehend in Einklang mit James Deese Deese zieht nach einer essentiell faktoranalytischen Untersuchung von Assoziationsverhalten ua folgende Konsequenz (1965 164) laquoThe data on associative distribution suggest that the two fundamental operations we have for sorting out meaningful ndashthat is logical and syntactical relations among wordsndash are contrast and groupingraquo Deese sieht freilich ua nicht die Einordnung in ein Syntagma als dritte Strategie und anhand einer sprachpsychologischen Darstellung des Assoziationsverhaltens wie sie etwa von Houmlrmann (1967 115-156) gegeben wird vermisst man generell den Ansatz Assoziationen als Reflex von Strategien zum Erfas-sen von Bedeutung anzusehen so erscheinen dann viele Beobachtungen die anhand des obigen Schemas sinnvoll integriert werden koumlnnen eher als membra disiecta ndash Ich nenne schlieszliglich noch die Arbeit von Huber et al 1975 und die schon erwaumlhnte Dissertation von Stachowiak (1979) In der Arbeit von 1975 wird ndashbei einer Beschreibung jenes Aphasie-Typs der nach Carl Wernicke benannt istndash unterschieden zwischen zwei Orientierungsprinzipien im Lexikon einem laquosemantisch-klassifikatorischenraquo und einem laquosituativ-referentiellenraquo (1975 88 vgl Stachowiak 1979 58f) Ich bin freilich nicht einverstanden mit der These Stachowiaks es handle sich dabei einerseits um einen laquoinnersprachlichenraquo andererseits um ei-nen laquoenzyklopaumldischenraquo Bereich Wesentlich ist was nochmals betont sein soll fuumlr beide Bereiche als invariantes Prinzip dasjenige der Relation dabei sind die Relationen im einen Fall gewiss klassifikatorisch im anderen laquoinfralogischraquo beide Arten von Relationen sind jedoch gleichermaszligen uumlberindividuell und sie werden gleichermaszligen erlernt46 Geckeler sieht (1971 218) die Wortart-Gleichheit als die gewissermaszligen selbstverstaumlndliche Folge ei -ner paradigmatischen Perspektive an (was einer engen Konzeption von Paradigma entspricht) vgl u S 3547 Wenn ich recht sehe korrespondieren die beiden Grundarten mit einer Unterscheidung die Coseriu (1976 47f) innerhalb eines seiner fuumlnf Kriterien zur Klassifizierung von Wortfeldern macht naumlmlich der Unterscheidung zwischen laquorelationellenraquo und laquosubstantivenraquo Oppositionen bzw Feldern Im Rahmen der hier vorgetragenen Konzeption wird diese Unterscheidung zu einer zentralen Groumlszlige

der des Similaritaumlt-Kontrast-Typs gewissermaszligen zwischen zwei extremen Konzeptio-nen von Wortfeld zwischen der von Andre Jolles und der von Jost Trier Jolles (der des-halb von Trier und anderen gescholten wurde) wollte nur Minimalformen mit jeweils zwei (antonymen) Gliedern als laquoBedeutungsfelderraquo gelten lassen Felder die in dieser Form natuumlrlich fest umgrenzt waumlren (Jolles 1934) Fuumlr Trier galt dagegen das Prinzip der Wert jedes Worts ergebe sich aus dem Feldwert also aus der Position in einem semantischen Feld Das Wort bedeute laquonur in diesem Ganzen und kraft dieses Ganzenraquo Die vermittelnde Position ist die in einem zentralen Antonymenpaar den festen Kern zu sehen um den sich ein ganzes Feld verwandter Termini schart wobei im Normalfall die Grenze des Feldes verschwimmt Das Feld waumlre also nur von seinem zentralen Kern aus als solches zu greifen Geckelers Doppel-Wortfeld zwischen altrsquo und seinen beiden Antonymen jung und neursquo scheint mir de facto im Sinn einer solchen Konzeption interpretierbar zu sein

Die Wortfelder des Similaritaumlt-Kontrast-Typs lassen sich nun wie schon er-waumlhnt in einleuchtender Weise mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Spaumltestens bei dem Versuch Wortfelder des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs merkmalsemantisch zu rekonstruieren treten jedoch betraumlchtliche Schwierigkeiten auf Ein Verfahren auch solche Bereiche bdquodurchsichtig zu machen besteht nun darin dass man an die Spitze eines Feldes neben den eventuell vorhandenen Oberbegriff noch eine der spezifischen Auspraumlgungen der Kontiguitaumlts-Relation stellt (wodurch dann das was die Basiskante BC des Moduls von S 21 ausmacht als Seitenkante bzw Suchbegriff verwendet wird) Pottiers Wortfeld der Sitzmoumlbel im Franzoumlsischen hat als konstituierende Merkmale ne-ben dem Oberbegriff Artefakt eine solche spezifische Auspraumlgung naumlmlich das finale zum Sitzen Die Similaritaumlt die durch diese beiden Merkmale geschaffen wird stellt einerseits das Auswahlkriterium dar nach dem das Feld begrenzt andererseits den Hintergrund an Similaritaumlt vor dem es analysiert werden kann Ein Bereich wie Werk-zeug laumlsst sich um ein weiteres Beispiel zu geben nur schwer merkmalsemantisch beschreiben weil man Begriffe wie Stechbeitel Loumltkolben Nietzange und Maumlhdre-scher zu beruumlcksichtigen haumltte Fuumlgt man jedoch zu Werkzeug die finale Relation zum Bearbeiten von (beispielsweise von Holz) so entsteht ein uumlberschaubares und strukturierbares Feld [p 34]

Dabei zeigt sich nicht nur dass solche Wortfelder in gewissem Maszlig beliebig (re)konstruierbar sind - man kann etwa Katze mit gleichem Recht einmal zu den Haus-tieren ein andermal zu den fleischfressenden Saumlugetieren rechnen Es zeigt sich gleichzeitig dass eine solche Rekonstruktion genau nach dem dritten noogenetischen Prinzip von Spearman verlaumluft Zu einem Ausgangsbegriff (Werkzeug) und einer Rela-tion (zum Bearbeiten von Holz) werden Entsprechungen gesucht und gebildet Unter dem Blickwinkel dieses noogenetischen Prinzips sind Wortfelder nun nicht nur beschreibbar als Ergebnisse eines Verfahrens der kontrollierten Assoziation die beiden angedeuteten Grundtypen von Wortfeldern beruhen dann sogar beide auf demselben Grundprinzip Gegeben ist der Ausgangsbegriff und eine Relation ndash eine Relation die im Fall des Similaritaumlt-Kontrast-Typs die Gegensatzrelation ist im Fall des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs eine finale kausale temporale lokale TeilGanzes-Relation etc Dass solche Konstruktionen oder Rekonstruktionen48 also die Wortfelder der Linguisten keinesfalls - um mit Gauger (zB 1976) zu sprechen - laquobewusstseinsfremdraquo sind zeigt gerade das Verfahren der freien Assoziation dessen Interpretation Ausgangspunkt die-ser Uumlberlegungen war

Dies hat auch Auswirkungen auf das von Saussure aufgeworfene Negativitaumltsproblem Gewiss bedeutet Vater nicht nur Nicht-Mutter sondern auch

48 Von der Konstruktion von Wortfeldern spricht auch Coseriu (zB 1970 113)

Nicht-Sohn Nicht-Barock Nicht-Jahrhundert Bei einer solchen Betrachtung wird je-doch eine bestimmte Art des Gegensatzes die parmenideische Relation des bdquoIst nicht verabsolutiert Sie spielt gewiss eine wichtige Rolle in der Sprache sowohl in der Semantik als auch im Bereich der geschlossenen grammatischen Paradigmen Man sollte jedoch (trotz des Umstands dass die Kontrast-Relation und mit ihr die Relation des oppositiven bdquoIst nicht gerne als laquologischraquo die Relationen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Systems dagegen als laquoinfralogischraquo bezeichnet werden) nicht vergessen dass beide Ar-ten von Relationen unabdingbare Konstanten unseres Wahrnehmens Erfassens und Denkens darstellen und dass eine Semantik die nicht bewusstseinsfremd sein will dementsprechend nicht nur die im Motto auf S 27 angegebenen Oppositionen sondern die ganze Skala moumlglicher Relationen mit in ihr Beschreibungsinstrumentarium aufneh-men muss

44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte

Eugenio Coseriu hat 1977 in seiner Antrittsrede an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften als eines der vier Prinzipien seines Schaffens das Stichwort Tradition und Neuerung genannt Es heiszligt dort laquodass die Geschichte unserer Wissenschaften wie uumlberhaupt die Kultur- [p 35] geschichte Fortsetzung von Traditionen und Erneuerung innerhalb von Traditionen istraquo Man sage eigentlich Neues nur wenn man an Traditionen anknuumlpfe und Traditionen fortsetze (1977 109 vgl 1979 5) Ich habe im vorliegenden Beitrag versucht in mehrfacher Weise an solche Traditionen anzuknuumlpfen ua an diejenige der Assoziationsforschung der Jahrhundertwende Dass hier uumlberhaupt von einem (Wieder-)laquoAnknuumlpfenraquo gesprochen werden muss hat seine Gruumlnde

Der Begriff Assoziation war noch Saussure so gelaumlufig dass er ihn in dem Sinn verwendete in dem heute Paradigma und paradigmatisch gebraucht werden (Saus-sure spricht nicht von paradigmatischen sondern von assoziativen Relationen) Henri Frei oder Charles Bally setzten in dieser Hinsicht nicht nur die Tradition des Meisters fort Bally kannte wie ua einschlaumlgige Stellen aus dem Traiteacute de stylistique franccedilaise von 1909 zeigen offensichtlich auch die Arbeit von Thumb und Marbe sowie den dort angesprochenen Bereich des Assoziierens insbesondere zum Gegenteil hin Seither hat jedoch in der Sprachwissenschaft ein grundlegender Paradigmawechsel stattgefunden Eine im Uumlbermaszlig psychologisierende Stroumlmung wurde wie uumlblich durch das Gegenteil abgeloumlst und seither scheinen die Sprachwissenschaftler den Begriff Assoziation als et-was eher Anruumlchiges zu meiden und allenfalls mit ganz spitzen Fingern anzufassen laquoCest pour eacuteviter le psychologisme adopteacute dans le Cours de F de Saussure que je substi-tue le terme rapport paradigmatique agrave celui de rapport associatifraquo schreibt Louis Hjelmslev der den terminologischen Wandel vollzogen hat in einer Fuszlignote des Vor-trags den er 1936 auf dem Linguisten-Kongress in Kopenhagen gehalten hat (1938140) Interessanterweise ist auch der Anti-Psychologismus wie Gauger zeigen konnte (1976 73-87) bei Saussure schon mit angelegt

Freilich motiviert sowohl die weitere Geschichte der Assoziationsforschung als auch die Auffassung der Sprechfehler diese spitzen Finger in betraumlchtlichem Maszlig beide Phaumlnomene wurden in den Bereich der Abnormalitaumlt und des Pathologischen geruumlckt Was das Versprechen angeht so ist die Ursache kein anderer als Sigmund Freud er griff aus den Sprechfehlern die Meringer und Mayer vorgefuumlhrt hatten vor allem die Gruppe des Versprechens zum Gegenteil hin heraus und interpretierte sie in dem bekannten Sinn Das Versprechen zum Gegenteil hin lege die geheimen Gedanken des Sprechers bloszlig Dies ist ganz ohne Zweifel eine Uumlberinterpretation die in manchen Faumlllen zutreffen

mag fuumlr den Durchschnittsfall jedoch keinerlei Allgemeinguumlltigkeit beanspruchen kann49 Wie nachhal- [p 36] tig die Interpretation Freuds ndashin diesem Fall leiderndash ge-wirkt hat zeigt die Verbindlichkeit jener Bezeichnung mit der man Sprechfehler heute erfasst bdquo(Freudsche) Fehlleistungen Ein in gleichem Maszlig bdquopathologischer Geruch begleitet spaumltestens seit 1910 die Versuche mit Wortassoziationen Carl Gustav Jung machte Versuche mit Assoziationen Kent und Rosanoff hatten die Absicht mit ihrer Liste von 100 Ausgangswoumlrtern und dem Durchschnitt der Assoziationen von 1000 Probanden eine Norm aufzustellen von der sich abnormale Assoziationen abheben soll-ten Die Untersuchung erschien nicht nur in der Zeitschrift American Journal of Insanity sie hieszlig auch noch A Study of Association in Insanity I Association in Normal Subjects Alle seitherigen einschlaumlgigen Assoziations-Listen werden von den Psychologen entspre-chend mit dem Etikett Norm versehen (laquoRussellJenkins-Normraquo laquoPalermoJenkins-Normraquo etc)

Die Haltung spaumlterer Sprachwissenschaftler ist also auch damit zu erklaumlren dass das Assoziieren und die Sprechfehler durch Pathologisierung ihrer ehemaligen (und angemesseneren) Unschuld verlustig gegangen waren Freilich gibt es seit einiger Zeit wieder ein neues und zunehmendes Interesse an Fragestellungen des Sich-Versprechens Assoziierens und der (wirklich zum Bereich des Pathologischen gehoumlrenden) Aphasie-Forschung50 Dass dabei in der Regel die eigentliche Tradition ausgespart wird ist weniger erfreulich Denn es geht nicht nur um eine sehr alte Tradition des Denkens es geht mit der Omnipraumlsenz bestimmter Relationen eigentlich um grundlegende Charakteristika des Sprechens und Denkens selbst

Freiburg Wolfgang Raible

[p 37] Literaturverzeichnis

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49 Vgl hier die analoge Einstufung der Freudschen Konzeption sprachlicher Fehlleistungen bei Kainz 1956 38 - Die Auseinandersetzung zwischen Freud und Meringer war zT sehr heftig Auf einer houmlheren Stufe der Eskalation zieh Meringer Freud beispielsweise der laquoStuumlmperraquo-Haftigkeit auf dem Gebiet des Beobach-tens laquoEr sieht und houmlrt naumlmlich nur das was sich eventuell zur Begruumlndung seiner phantastischen Theorien missbrauchen laumlsst Die unendlich vielen Faumllle die sich dagegen mit Haumlnden und Fuumlszligen straumlu-ben sieht er nicht (1912 55)50 Ich nenne drei Indizien fuumlr die Wiederbelebung der Tradition bzw das verstaumlrkte Interesse an den betreffenden Zusammenhaumlngen Erstens wird die Arbeit von Meringer und Mayer in einem 1973 von Victoria A Fromkin herausgegebenen Sammelband in den beiden Beitraumlgen der Herausgeberin wenigs-tens gelegentlich wenn auch zT falsch zitiert Die Arbeit von Thumb und Marbe wurde 1978 sogar neu ediert Zweitens gibt es insbesondere in den Vereinigten Staaten eine Reihe von Arbeiten zu linguistischen Aspekten der Assoziationsforschung (die wichtigste ist wohl die allerdings weitgehend psychologisch und psychometrisch orientierte von Deese 1965) die zB in den Versuch einer Synthese eingegangen sind den Herbert H Clark 1970 veroumlffentlicht hat (Die Arbeit von Clark ist freilich noch ein wenig zu stark dem Grammatikmodell der Transformationsgrammatik verhaftet) Noumlth (1975) hat den Ansatz von Clark zT weitergefuumlhrt sich zT jedoch auch in kasuistischen Uumlberlegungen gefangen Drittens ist das Wiedererwa-chen des linguistischen Interesses an der Aphasie-Forschung zu vermerken (es war zB schon bei Meringer und Mayer vorhanden) Fuumlr dieses ndashallerdings in Schuumlben auftretendendash Interesse ist nicht zuletzt auch Roman Jakobson verantwortlich

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  • Von der Allgegenwart des Gegensinns
  • (und einiger anderer Relationen)
  • Strategien zur Einordnung semantischer Information
  • Wolfgang Raible (Universitaumlt Freiburg)
  • Eugenio Coseriu zum 2771981
  • 21 Gesetzmaumlszligigkeiten des Assoziierens
  • 211 Argumentum quantitatis
  • 212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt
  • 22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens
  • 311 Syntagmatisches Assoziieren
  • 312 Paradigmatisches Assoziieren
  • 3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System
  • 3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System
  • 32 Sonderfaumllle
  • 41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems
  • 42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semantishyschen Orientierungssystems
  • ja
  • Fuumlr alle Woumlrter moumlgshylich
  • 44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte
  • Freiburg Wolfgang Raible
  • Abel C Uumlber den Gegensinn der Urworte Leipzig 1884
  • Bally C Preacutecis de stylistique Genegraveve 1905
  • Bally C Traiteacute de stylistique franccedilaise Genegraveve 1909
  • Coseriu E Einfuumlhrung in die strukturelle Betrachtung des Wortschatzes Tuumlbingen 1970
  • Coseriu E Probleme der strukturellen Semantik Tuumlbingen 1973
  • Coseriu E Zu Hegels Semantik in Kwartalnik neofilologiczny 24 (1977) 183-193
  • Deese J The Structure of Association in Language and Thought Baltimore 1965
  • Duumlring I Aristoteles Darstellung und Interpretation seines Denkens Heidelberg 1966
  • Esper EA Analogy and Association in Linguistics and Psychology Athens 1973
  • Frei H La grammaire des fautes Genegraveve 1929
  • Fromkin V A (Hg) Speech Errors As Linguistic Evidence The HagueParis 1973
  • Gauger H-M Wort und Sprache Sprachwissenschaftliche Grundfragen Tuumlbingen 1970
  • Gauger H-M Sprachbewusstsein und Sprachwissenschaft Muumlnchen 1976
  • Geckeler H (Hg) Strukturelle Bedeutungslehre Darmstadt 1978
  • Happ H Hyle Studien zum aristotelischen Materie-Begriff BerlinNew York 1971
  • Houmlrmann H Psychologie der Sprache BerlinHeidelbergNew York 1967
  • Luria AR Basic Problems of Neurolinguistics The HagueParis 1976
  • Lyons J Semantics LondonNew York 1977
  • Malkiel Y Lexical Polarization in Romance in Language 27 (1951) 485-518
  • Martin B Logique et meacutecanisme de lantonymie in TraLiLi 11 1 (1973) 37-51
  • NoumlthW Wortassoziationen als linguistisches Problem in Orbis 24 (1975) 5-37
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  • Postman LKeppel G (Hg) Norms of Word Association New YorkLondon 1970
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Page 6: latina.phil2.uni-freiburg.delatina.phil2.uni-freiburg.de/.../Files/Gegensinn_neu.docx  · Web viewZeitschrift für romanische Philologie Bd. 97, Heft 1/2, S. 1-40. Die Seitenangabe

mit Abel) den Gegensinn10 nennen koumlnnte sie verkoumlrpern das Prinzip des Kontrasts - oder sie setzen es sogar voraus

Auch in der Sprache scheint es Aumlhnliches zu geben Saussure hat wie man weiszlig zwischen syntagmatischen und ndashder Sache nachndash paradigma [p 7] tischen Relationen in der Sprache unterschieden und er hat nicht zuletzt im Hinblick auf die paradigmatischen Relationen gesagt in der Sprache sei alles negativ Ein Zeichen wie Vater waumlre um ein Beispiel von Harald Weinrich (1975 40) aufzugreifen gleichbedeutend mit einer sehr langen Kette negativer Terme Vater ist Nicht-Mutter NichtSohn Nicht-Bruder Nicht-Haus Nicht-Barock Nicht-Vergessen etc Freilich Stuumlnde - aufgrund der Verabsolutierung einer bestimmten Art von Relation - jedes Zeichen prinzipiell in Opposition zu jedem anderen so waumlren die paradigmatischen Relationen notgedrungen ungeheuer zahlreich also aumluszligerst komplex unuumlberschaubar und ungeordnet Im Folgenden soll gezeigt werden dass solche Relationen weder unbegrenzt noch unspezifisch noch ungeordnet sind sie sind fuumlr jedes Zeichen prinzipiell uumlberschaubar sie sind spezifisch und in hohem Maszlige voraussagbar Es wird sich erweisen dass bei der Erfassung dieser spezifischen Relationen die in 13 genannten Dimensionen also SimilaritaumltKontrast und KontiguitaumltDistanz eine entscheidende Rolle spielen

Die interessierte Fachwelt weiszlig spaumltestens seit der Jahrhundertwende dass nicht nur die Similaritaumlt sondern auch der Kontrast in Form des Gegensinns also in der ganzen Breite die der Begriff entgegengesetzt bei Aristoteles hat eine aumluszligerst wichtige Rolle in der Sprache spielt Nicht nur dies Auch gewichtige Indizien dafuumlr warum es sich so verhaumllt liegen seit jener Zeit eigentlich auf der Hand Ich denke dabei an zwei wissenschaftliche Pionierarbeiten Die eine wurde 1895 von Rudolf Meringer ao Professor fuumlr indogermanische Sprachwissenschaft an der Universitaumlt Wien und Karl Mayer ao Professor fuumlr Psychiatrie und Nervenpathologie an der Universitaumlt Innsbruck vorgelegt Versprechen und Verlesen Eine psychologisch-linguistische Studie Auch die andere ging aus der Zusammenarbeit zwischen einem Sprach- und einem Seelenwissenschaftler hervor Es sind die Experimentellen Untersuchungen uumlber die psychologischen Grundlagen der sprachlichen Analogiebildung (1901) von Albert Thumb damals Privatdozent fuumlr Indogermanistik in Freiburg und Karl Marbe Professor fuumlr Psychologie in Wuumlrzburg Ausgangspunkt beider Arbeiten war die Frage nach den Ursachen des Sprachwandels Waumlhrend im Hintergrund der Arbeit von Meringer und Mayer eine Hypothese von Hermann Paul steht (Sprachwandel durch Versprechen) geht es Thumb und Marbe insbesondere um eine Art der Analogiebildung die Wilhelm Wundt in seiner Voumllkerpsychologie als Angleichung nach logischen Beziehungen der Begriffe benannt hatte

ndash laquoAngleichung an Woumlrter von verwandter Bedeutungraquo dh laquodurch Aumlhnlichkeitraquo und

ndash laquoAngleichung an Woumlrter von gegensaumltzlicher Bedeutungraquo dh laquodurch Kontrastraquo (Thumb-Marbe 1901 4f)

10 Dies bedeutet dass Gegensinn nicht in der engeren Bedeutung verstanden wird die etwa Wolfgang Meid (1976) dem Begriff gibt Gegensinn wuumlrde danach ein Wort verkoumlrpern das sich selbst und zugleich sein Gegenteil bezeichnet (also etwa lernen fuumlr lehren und lernen) Meid steht damit natuumlrlich in der Tradition von Carl Abel (1884)

[p 8] Insbesondere die ndashsei es formale sei es inhaltlichendash Angleichung durch Kontrast war seither mitunter Gegenstand von Untersuchungen wobei man sich freilich weder auf Wundt noch auf Thumb und Marbe bezog11

21 Gesetzmaumlszligigkeiten des Assoziierens

laquoAssociations are structuralraquo (Deese 1965 160)

Obwohl Thumb und Marbe mit dem zeituumlblich geringen (also in der heutigen Experimentalpsychologie wohl kaum noch denkbaren) methodischen Aufwand gearbeitet haben sind ihre Ergebnisse bahnbrechend Trotz einiger Vorlaumlufer stellt die Arbeit nicht zuletzt wohl auch dank ihrer Interdisziplinaritaumlt den eigentlichen Beginn der sprachpsychologischen Assoziationsforschung dar12 Das Werk steht also am Anfang einer Fuumllle von Untersuchungen die dann zumeist von Psychologen durchgefuumlhrt wurden (und deren Ertrag verglichen mit dem der Arbeit von Thumb und Marbe zumeist in umgekehrtem Verhaumlltnis zum methodischen und praktischen Aufwand steht)

Das Verfahren von Thumb und Marbe war einfach Eine Reihe von acht Probanden musste auf zugerufene Woumlrter ihre Wort-Assoziationen nennen Die Zeit zwischen dem Zurufen und der Antwort wurde dabei gemessen Da keine Vorgaben gemacht wurden (wie sie etwa bei Spearmans drittem laquonoogenetischem Prinzipraquo gegeben waren dh man gibt weiszlig und die Relation Gegensatz zu an um schwarz zu erhalten) liegt nicht das Verfahren einer kontrollierten sondern das der sogenannten laquofreien Assoziationraquo vor

Es ist nun zweifellos richtig dass die Zahl und die Art moumlglicher Assoziationen individuell verschieden und damit potentiell unendlich ist Darauf hat auch Eugenio Co-seriu hingewiesen (zB 1966 185f) Ich betone das potentiell ndash denn in Wirklichkeit sind die Verhaumlltnisse anders Die Reaktionswoumlrter sind meist hochgradig voraussagbar Mit anderen Worten Es muss Beziehungen zwischen Ausgangs- und Reaktionswort ge-ben die gerade gegen Individualitaumlt und Beliebigkeit im Bereich des Assoziierens sprechen Die Indizien fuumlr diese Beziehungen sind quantitativer und qualitativer Natur

[p 9] Ich schicke der Behandlung dieser Indizien voraus dass ich mich neben den ersten Erkenntnissen von Thumb und Marbe vor allem auf die Interpretation von Material stuumltze das unter nordamerikanischer Federfuumlhrung erstellt und zusammengetragen wurde Ausgangspunkt ist eine Liste von 100 Woumlrtern die 1910 von G HKent und A JRosanoff aufgestellt und mit 1000 Probanden getestet worden war Mit dieser Wortliste und ihrer Uumlbersetzung wurden dann auch spaumlter eine groumlszligere Zahl von Assoziationstests durchgefuumlhrt und publiziert Das vor allem auf der Liste von Kent und Rosanoff basierende Material ist bequem zugaumlnglich in dem Sammelband von PostmanKeppel 1970 Die um 100 Woumlrter erweiterte Liste von D S Palermo und J J Jenkins sowie das sich daraus ergebende Material sind zugaumlnglich seit 196413

11 Leo Spitzer (1921) hat das Problem der Angleichung der Gegensaumltze im Bereich der Morphologie behan-delt speziell im Bereich der Genus-Opposition und der Opposition augmentativdiminutiv also im Bereich von Groszlig und Klein Yakov Malkiel (1951) ging der formalen Angleichung von Gegensatzpaaren (Typ dextersenexter) nach Eacutemile Benveniste hat sich im selben Jahr unter etwas anderem Vorzeichen und zwar eher im Abelschen oder Meidschen Sinn von Gegensinn mit dem Bedeutungsaustausch zwi-schen den Bezeichnungen fuumlr geben und nehmen im indoeuropaumlischen Bereich befasst Oswald Panagl (1978) hat in diesem Bereich Parallelen zwischen Spracherwerb Sprachabbau und Sprachgeschichte konstatiert12 Esper 1973 60 spricht von einem Meilenstein in der Geschichte der sprachlichen Analogieforschung vgl aumlhnlich auch Houmlrmann 1967 119

211 Argumentum quantitatis

Ich spreche zunaumlchst drei quantitative Indizien an die gegen die Beliebigkeit von Assoziationen sprechen Erstes Indiz ist das Verhaumlltnis zwischen der Zahl der Probanden und der Zahl der assoziierten Reaktionswoumlrter Waumlren Assoziationen voumlllig individuell so koumlnnte man auf das gleiche Ausgangswort bei 1000 Probanden im Extremfall 1000 verschiedene Reaktionen erwarten Die wirklichen Verhaumlltnisse sind anders Bei einem Versuch mit 1000 Probanden und den 100 Ausgangswoumlrtern von KentRosanoff ergaben sich im Fall des Ausgangsworts mit der kleinsten bdquoStreuung (dark) 41 verschiedene Assoziationen im Fall des Ausgangsworts mit der groumlszligten Streuung (trouble) 260 Der Durchschnitt den ich errechnet habe liegt bei knapp 105 verschiedenen Nennungen14 Es ist aber nicht nur so dass bei 1000 Probanden keine 1000 sondern durchschnittlich nur 105 verschiedene Reaktionen vorliegen Es ist auch keinesfalls so dass die Zahl der verschiedenen Reaktionswoumlrter proportional zur Zahl der Probanden ansteigt Ich waumlhle als Beispiel ein Ausgangslexem das wegen analoger semantischer Lagerung auch durch verschiedene Sprachen hindurch in etwa verglichen werden kann das Wort Hand und seine Aumlquivalente in anderen Sprachen bei 288 franzoumlsischen Probanden ergaben sich hier 77 verschiedene Assoziationen bei 331 deutschen 104 bei 400 Englaumlndern 72 bei 998 Amerikanern 99 [p 10]

Noch aufschlussreicher ist das zweite Indiz Die Haumlufigkeit mit der beispielsweise 1000 Probanden die durchschnittlich 105 Reaktionswoumlrter nennen entspricht naumlmlich allem anderen als einer Zufallsverteilung Von 1008 Probanden reagieren etwa auf das Ausgangswort slow 752 (also 75) mit demselben Wort Auf diejenigen Woumlrter welche die folgenden Raumlnge 2 3 und 4 einnehmen entfallen jeweils noch etwa 2 der Nennungen auf die Woumlrter der Raumlnge 5 bis 13 noch etwa 1 auf die Raumlnge 36 bis 94 (94 ist in diesem Fall die obere Zahl) entfallen jeweils noch genau 01 dh die Woumlrter wurden jeweils noch von einem Probanden genannt Ordnet man derartige Werte in ein Koordinatensystem ein in dem auf der Abszisse die Raumlnge der assoziierten Woumlrter auf der Ordinate die mit dem jeweiligen Rang gegebene Frequenz eingetragen wird so erhaumllt man das typische Bild einer Hyperbel hohe Frequenz fuumlr die ersten zwei drei Raumlnge ganz niedrige Frequenzen fuumlr den Rest Es ergibt sich also was die ersten Raumlnge betrifft generell das Bild einer eindrucksvollen Uumlbereinstimmung Aktualitaumlt und Individualitaumlt gehen immer erst unter bdquoferner liefen dh auf den niedrigeren oder den niedrigsten Raumlngen durchs Ziel15

Von groumlszligtem Interesse ist als Abschluss der quantitativen Indizien das Verhaumlltnis von Frequenz und Reaktionszeit hier gilt Je haumlufiger ein Wort als Reaktion genannt 13 Das amerikanische Material liefert in dem Sammelband von PostmanKeppel James J Jenkins 1970 das englischaustralische stammt von Kenneth M Miller 1970 das deutsche von Wallace A Russell 1970 das franzoumlsische von Mark R Rosenzweig 1970 Obwohl alle diese Materialien im Gegensatz zu Thumb und Marbe in schriftlichen Tests gewonnen wurden (weshalb zB die Kontrolle der Reaktionszeit nicht moumlg-lich war) koumlnnen die Daten schon wegen ihrer breiten Basis an Probanden zur Unterstuumltzung und Ergaumln-zung der Ergebnisse von Thumb und Marbe herangezogen werden14 Dabei stellt die Zahl 260 einen Sonderfall dar Die Reihenfolge nach unten lautet 260 174 168 158 157 Die entsprechenden Zahlen fuumlr den Pol der kleinsten Streuung 41 51 57 62 64 6615 Ein Beispiel fuumlr die Aktualitaumlt sowie die Individualitaumlt von Assoziationen Die franzoumlsischen Tests wur-den Mitte der fuumlnfziger Jahre durchgefuumlhrt also zu einer Zeit zu der ein Film mit dem Titel Bitterer Reis von sich reden machte Im franzoumlsischen Test assoziierten dann immerhin noch 3 der Probanden (Rang 6) auf das Ausgangswort amer die Reaktion rizlsquo Weiter Von den 1004 Probanden die ihr Reaktionswort auf girl niederschrieben nannten 70 dasselbe Wort Mit jeweils 2 Nennungen erscheinen dann noch eine Joan eine Mary und eine Shirley auf den Raumlngen zwischen 23 und 39 auf den Raumlngen zwischen 40 und 103 sind dann mit je einer Nennung noch eine Ardis eine Barb eine Beverly Marilyn Nancy Sharon Sue und eine Susie vertreten

wird desto kuumlrzer die Reaktionszeit der jeweiligen Probanden16 Umgekehrt Die ausgefallenen Reaktionen erfordern ein Vielfaches dieser kuumlrzesten Reaktionszeit Waumlhrend etwa die Mehrzahl der Probanden von Thumb und Marbe auf fuumlnf mit sechs reagierte brauchte das Enfant terrible ein Dr Roos uumlber zehn Sekunden um mit dem fuumlnften Badischen Infanterieregiment wie uumlblich aus dem Rahmen zu fallen

212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt

Die Spontaneitaumlt und die hochgradige Uumlbereinstimmung17 der Assoziationen von bei-spielsweise 1000 Probanden waumlren gewiss nicht moumlglich [p 11] ohne innere bdquoqualitative Ursachen Sie sollen im folgenden - in einem ersten Interpretationsversuch - insbesondere anhand des Materials analysiert werden das auf der Wortliste von Kent und Rosanoff basiert Beruumlcksichtigt wird dabei zunaumlchst die Gruppe der Erwachsenen und zwar derjenigen Erwachsenen die sich durch einen hohen Grad an sprachlicher Sozialisierung auszeichnen (die Probanden der psychologischen Assoziationstests rekrutieren sich zumeist aus der Gruppe der Studenten) Die Analyse des Materials laumlsst hier die folgenden fuumlnf Prioritaumlten-Ebenen erkennen

1 Assoziationen sind vorzugsweise solche der gleichen Wortart18 Der modus significandi dh die Information die die Zugehoumlrigkeit zu einer Wortart bringt erweist sich damit fuumlr die Verarbeitung sprachlicher Information als das Merkmal mit der houmlchsten Prioritaumlt

Die haumlufigste Reaktion ist also vom Typ Nomen-Nomen Pronomen Pronomen Adjektiv - Adjektiv komparative Form des Adjektivs komparative Form etc Sind die Ausgangswoumlrter Formen die zwischen verschiedenen Wortarten stehen wie etwa der Infinitiv der im Verbalsystem das nominale Element darstellt so sind die Reaktionen entsprechend gespalten also bald nominal bald verbal wie schon Thumb und Marbe feststellen konnten Die Klassengleichheit zwischen Ausgangswort und Assoziation ist fuumlr das am haumlufigsten genannte Wort durchschnittlich in 80 bis 90 der Faumllle gegeben19

2 Assoziationen sind vorzugsweise aus demselben semantischen Bereich Sie stammen also wie man heute sagen wuumlrde aus demselben Wortfeld Ich interpretiere dabei wie sich noch zeigen wird semantischer Bereich und Wortfeld bewusst weit So werden auf Verwandtschaftsnamen in 80 bis 90 der Faumllle Verwandtschaftsbezeichnungen assoziiert auf Hand kommt Fuszlig auf Spinne Netz Abweichungen sind in aller Regel mit houmlheren Reaktionszeiten verbunden

16 Dieser Zusammenhang wurde spaumlter als das bdquoGesetz von Marbe bekannt und zitiert auch in Amerika - freilich ohne dass man wie Esper 1973 berichtet deshalb das Werk von Thumb und Marbe auch gelesen haumltte17 Es duumlrfte nicht uumlberraschen dass bei gleichem Ausgangsmaterial - den 100 Woumlrtern von Kent und Rosanoff 1910 - in verschiedenen Testsituationen undoder in verschiedenen Sprachen die Ergebnisse variieren Die Marge fuumlr die drei am haumlufigsten genannten Reaktionswoumlrter liegt im Durchschnitt der 100 Testwoumlrter und der Versuche in fuumlnf Sprachen jeweils Zwischen 40 und 60 der Nennungen Vgl Rosen -zweig 1970 99 Wichtig im Hinblick auf Variationen ist wie sich noch zeigen wird der Grad der sprachli -chen Sozialisierung der Probanden18 Diese Beobachtung wurde vor ThumbMarbe 1901 schon von Bourdon 1895 gemacht vgl hierzu Rosenzweig 1970 10219 Ich habe eine Auswahl von 48 Ausgangswoumlrtern der jeweils auf KentRosanoff basierenden Listen fuumlr das genannte amerikanische deutsche und franzoumlsische Material auf die Wortart-Zugehoumlrigkeit hin unter-sucht Dabei wurden alle Reaktionswoumlrter beruumlcksichtigt auf die drei und mehr Prozent der Nennungen entfielen Es erwies sich dass die jeweiligen Nennungen also angefangen vom haumlufigsten Wort bis hin zu dem Wort das noch von 3 der Probanden genannt wurde in etwa der Haumllfte der Faumllle sogar zwischen 90 und 100 klassengleich sind (Amerikanisches Material 26 von 48 Faumlllen deutsches 25 von 48 franzoumlsisches 27 von 48)

[p 12] Die beiden ersten Prioritaumlten zeigen also dass die Similaritaumlt bei den Assoziationen eine grundlegende Rolle spielt - allerdings wie die beiden folgenden Prioritaumltsebenen zeigen eine Hintergrund-Rolle Auf der dritten Prioritaumlts-Ebene kommt naumlmlich vor diesem Hintergrund an Similaritaumlt das Prinzip des Kontrasts zum Zuge

3 Assoziationen sind wo immer dies moumlglich ist fast ausnahmslos Assoziationen zum Entgegengesetzten hin - entgegengesetzt im oben dargelegten aristotelischen Sinn Typische Paare sind also schwarzweiszlig helldunkel kleingroszlig leichtschwer altjung (bzw neu) TagNacht schnellerlangsamer kommengehen kaufenverkaufen ichdu ersie nowthen herethere alwaysnever etc

Dass diese besonders praumlgnante Rolle des Kontrasts kein einzelsprachliches Phaumlnomen ist zeigen die Versuche die mit der Wortliste von Kent und Rosanoff im Bereich des Englischen Englands Amerikas Australiens Kanadas im Deutschen Franzoumlsischen Italienischen und Polnischen gemacht wurden20 Eine starke dh eindeutige Antonymie-Relation (Antonymie im erwaumlhnten weiten Sinn) fuumlhrt stets dazu dass das am haumlufigsten genannte assoziierte Wort das korrespondierende Antonym ist Das Feld der assoziierten Woumlrter bekommt dadurch einen sehr scharfen Fokus der Halo der restlichen Nennungen bleibt gering Paradefall in der liste von KentRosanoff ist das Ausgangswort dark Die Streuung also die Zahl der von 1000 Probanden insgesamt assoziierten verschiedenen Woumlrter betraumlgt hier wie schon erwaumlhnt nur 41 Von den Probanden reagieren 829 (83) mit light 55 weitere mit night 33 mit room 31 mit black etc Sobald eine Antonymie-Relation dagegen schwaumlcher ist zB deshalb weil das Ausgangswort mehrere Antonyme besitzt (also merkmalloser ist) ist entsprechend der weiteren Bedeutungsaura des Ausgangsworts der Fokus der assoziierten Woumlrter weit weniger scharf der Halo der Streuung wird entsprechend breiter Waumlhlt man dagegen eines aus jener Mehrzahl von Antonymen aus also ein notwendigerweise merkmalhaltigeres Wort so verlaufen die Assoziationen mit starker Buumlndelung auf das urspruumlngliche Ausgangswort zu21

[p 13] Auf Rang 4 der Prioritaumltsebenen tritt die Dimension Kontiguitaumlt - Distanz in Erscheinung - und zwar in Form der semantischen nicht der syntagmatischen Kontiguitaumlt

4 Assoziationen richten sich wenn keine oder keine dominierende Antonymie-Relation gegeben ist unter Fortgeltung der Prioritaumlten 1 und 2 nach der semantischen

20 Vgl Rosenzweig 1961 und CarrollKjeldergaardCarton 196221 Ein Beispiel Die Reaktionen auf sweet und suumlszlig weisen in etwa dieselbe Streuung auf Die Streuung ist jedoch bei doux in auffaumllliger Weise groumlszliger Die Ursache Auf sweet wird an 1 Stelle das Antonym sour (43) an 4 Stelle das Antonym bitter (8) assoziiert Analog verhaumllt es sich im Deutschen den 1 Rang belegt sauer (39) den 4 bitter (3) Bei franz doux weist der Petit Robert nicht weniger als 21 Antonyme auf Doux hat also im Gegensatz zu sweet und suumlszlig eine wesentlich weniger praumlgnante Bedeutung Es kommt hinzu dass die praumlgnanteste Bedeutung gar nicht doux im Gegensatz zu aigre oder acide ist sondern doux im Gegensatz zu dur (9) Die einzige einigermaszligen dominante Bedeu-tung von doux ist also weich Als naumlchstes Antonym wird auf Rang 8 noch amer (3) genannt ruumlde nennen noch 2 brutal fort rugueux jeweils 1 mit je einer Nennung sind noch vertreten aigre grossier roche sevegravere Waumlhlt man nun das dominante Antonym des deutschen und englischen suumlszlig naumlmlich sauer wieder als Ausgangswort so zeigt sich hier eine weitgehende Uumlbereinstimmung zwischen allen drei Sprachen an der Spitze der genannten Reaktionswoumlrter liegen sweet (57) suumlszlig (39) und doux (30) - Zur Rolle der MerkmalhaltigkeitMerkmallosigkeit von Antonymen bei der Assoziation sei auch auf Clark 1970 276 hingewiesen

Kontiguitaumlt Allerdings ist die Wortart-Identitaumlt der Prioritaumltsebene 1 hier etwas eingeschraumlnkt die Gruumlnde dafuumlr werden spaumlter evident werden

Es handelt sich hier in der Regel um Assoziationen von etwas was im Bereich der Denotata und das heiszligt auch im Erfahrungsbereich der Probanden mit dem was durch das Ausgangswort bezeichnet ist in einer spezifischen Relation steht Im Gegensatz zum Normalfall der (zweiseitigen) Antonymie-Relation sind diese spezifischen Relationen in der Regel gerichtet Dass die Basis solcher Relationen die Kontiguitaumlt im Erfahrungsbereich ist hat natuumlrlich zur Folge dass hier unter Umstaumlnden soziale und kulturelle Unterschiede vorliegen koumlnnen Dies wird nicht der Fall sein in Beispielen wie araigneacutee toile ragnoragnatela tigefleur stemflower piedchaussure footshoe Es koumlnnte dagegen eher zutreffen in Faumlllen wie comfortchair confortfauteuilrsquo oder BequemlichkeitSessel

5 Assoziationen sind wenn sich keine Kontrast- oder keine semantische Kontiguitaumlts-Relation einstellt Assoziationen im Bereich der semantischen Similaritaumlt oder der syntagmatischen Kontiguitaumlt

Zunaumlchst zur semantischen Similaritaumlt Es handelt sich bei den Assoziationen dieser Gruppe entweder um bdquoSynonyme Oberbegriffe oder um etwas im Ausgangswort Impliziertes Die Beispiele sind relativ selten Bezeichnend ist allein dass solche Assoziationen wenn sie schon gelegentlich an erster Stelle genannt werden nur in relativ geringem Maszlige buumlndeln22 Die andere Variante der fuumlnften Prioritaumltsebene Assoziationen [p 14] im Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt ist in dem von mir analysierten Materialebenfalls nur schwach vertreten (hier gelten uumlbrigens die Prioritaumltsebenen 1 und 2 nur noch sehr eingeschraumlnkt der Grund auch hierfuumlr wird wiederum spaumlter deutlich werden) Zwei Beispiele aus dem deutschen Bereich Auf glatt assoziierten immerhin 40 der Probanden an erster Stelle Eis (laquoGlatteisraquo) erst an zweiter Stelle folgte hier mit 15 das Antonym rau Desgleichen assoziierten auf Stiel (die falsche Uumlbersetzung des englischen stem - gemeint war Stengel) 38 der Probanden den Besen Auch die zweithaumlufigste Assoziation zaumlhlt hier noch zum Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt 6 nannten Stumpf Im englischen und franzoumlsischen Material treten solche Arten der Assoziation erst an untergeordneter Stelle auf ndash etwa vinaigre auf aigre becircte auf belle marche auf pied

Als Hugo Schuchardt die Arbeit von Thumb und Marbe ein Jahr nach ihrem Erscheinen (sehr kritisch) besprach machte er hauptsaumlchlich zwei Einwaumlnde Mit dem ersten dieser Einwaumlnde stand er ganz in der Tradition der bisherigen Assoziationsforschung Thumb und Marbe haumltten die Nachbarschaft in der Rede als eine der Ursachen fuumlr die Assoziationen nicht gebuumlhrend gewuumlrdigt Die analysierten Verhaumlltnisse widerlegen Schuchardt sehr deutlich Sein Einwand trifft allerdings wie sich noch zeigen wird unter ontogenetischem Aspekt zu Auch Schuchardts zweites Monitum die lautliche Aumlhnlichkeit muumlsste als einer der Faktoren des Assoziierens staumlrker betont werden ist obsolet Selbst unter 1000 Probanden waumlre entgegen der Vermutung Schuchardts kaum einer gewesen der auf drei die Zahl zwei assoziiert 22 Dies zeigen die folgenden Beispiele enfant 1 petit (12) 2 beacutebeacute (8) child 1 baby (16) Kind 1 klein (12) (2 Mutter (10)) 3 Baby (6) oder Quadrat 1 Viereck (14) Ein Beispiel fuumlr die Wahl des Oberbegriffs aigle 1 oiseau (16) Adler 1 Vogel (21) Typisch fuumlr die relativ geringe Wir-kung der semantischen Similaritaumlt im Sinn von Synonymie ist der Umstand dass die meisten Syno nyme ansonsten an nachgeordneter Stelle vorkommen Auf dark assoziieren 3 (und an 4 Stelle) black auf beautiful immerhin 14 an 2 Stelle pretty an 6 Stelle (4) lovely an 1 Stelle steht das Antonym ugly Auf rough wird an 1 Stelle mit dem Antonym smooth (44) reagiert erst an 2 Stelle folgt mit 7 hard Auf sommeil folgt an 1 Stelle das semantisch benachbarte lit erst an 2 Stelle (10)reposrsquo

haumltte23 Dies liegt daran dass sprachliche Information primaumlr nach ihrem syntaktisch-semantischen [p 15] Gehalt analysiert und verarbeitet wird (und die Assoziationen auf Zahlen sind hier wie noch in 32 gezeigt werden wird hochgradig gerichtet) Klangphaumlnomene sind auf jeden Fall sekundaumlr Erst dann wenn der Proband die Bedeutung nicht versteht wie etwa bei Fremdwoumlrtern bei Termini technici oder bei Woumlrtern einer ihm unbekannten Sprache spielt die Laut-Assoziation eine Rolle24 Thumb zeigte dies in einer spaumlteren Studie aus dem Jahre 1908

21a Aktualisierender Zusatz im Jahr 2011

Ein Team von drei Wissenschaftlern der Universitaumlten von South Florida und Kansas hat den bisher wohl groumlszligt-angelegten Test mit Assoziationen auf Wort-Stimuli unternommen und dies mit einer Unzahl von Probanden Nelson D L McEvoy C L amp Schreiber T A (1998) The University of South Florida word association rhyme and word fragment norms25 ldquoMore than 6000 participants produced nearly three-quarters of a million responses to 5019 stimulus wordsrdquo

Im vorliegenden Fall geht es um insgesamt 4870 Woumlrter als Ausgangspunkte fuumlr Assoziationen (cues) 76 davon Nomina 13 Adjektive 7 Verben 16 waren Homographen Die Testpersonen durften jeweils ein einziges Wort als Reaktion aufschreiben Die Reaktionszeit wurde dabei nicht gemessen Aus den 4870 Faumlllen habe ich die 538 ausgewaumlhlt in denen eine ldquoForward Cue-to-Target Strengthrdquo von ge 05 vorlag bei denen also ein Reizwort mit hoher Wahrscheinlichkeit ein oder mehrere Zielwoumlrter ausloumlst Dabei bestaumltigen sich die Ergebnisse der 1980 vorgenommenen Analyse fast vollstaumlndig

Antonymen-Relationen die sich anhand des Corpus der University of Southern Florida ergeben Die meisten sind zweiseitig Sie entsprechen den u auf S 2223 analysierten acht Strukturierungsdimensionenabove lt--gt belowadd lt--gt subtractaddition lt--gt subtraction

defense --gt offensedifferent --gt samedown lt--gt up

major --gt minorme lt--gt youmine lt--gt yours

23 Vgl im Einzelnen Schuchardt 1902 - Dass Assonanzen keine Rolle spielen gilt natuumlrlich nicht dort wo jemand im Sinn des dritten noogenetischen Prinzips von Spearman explizit Woumlrter sucht die mit dem Ausgangswort durch die Relation lautlicher Similaritaumlt verbunden sind also beispielsweise Reimwoumlrter - Wie sehr die Verarbeitung sprachlicher Information primaumlr auf die Analyse syntaktischer und semanti-scher Merkmale ausgerichtet ist zeigt sich einerseits bei den unendlich zahlreichen Versuchen der Psychologen vergangener Jahrzehnte mit kuumlnstlichem sinnlosem Wortmaterial zu arbeiten die Proban-den versuchen auch dort ganz automatisch zunaumlchst einen Sinn zu houmlren Wie sehr die etwa von Coseriu stets betonte Semantizitaumlt der Sprache selbst bei traumatischen und sonstigen Aphasikern im Vorder-grund steht zeigt andererseits die einschlaumlgige Forschung Luria (1976 150f) berichtet dass auch bei den Assoziationen von Aphasikern Woumlrter mit verwandter Bedeutung den Vorrang vor Woumlrtern mit aumlhnli-chem Klang haben Nur bei besonders schweren Faumlllen von Aphasie und bei geistig Zuruumlckgebliebenen dominiert die Lautassoziation vor der inhaltlichen Als Beispiel fuumlr die untergeordnete Bedeutung von Lautassoziationen kann auch ein Versuch mit Aphasikern dienen dessen Gegenstand kontrollierte Assoziationen waren (Aufzaumlhlen von Tiernamen) von den 2918 Namen die von insgesamt 94 Patienten innerhalb von fuumlnf Minuten genannt wurden waren ganze 6 Faumllle vom Typ MausLaus (GloningMuumlller 19711972 264)24 Bin illustratives Beispiel sind die Reaktionen auf das im amerikanischen Englischen aumluszligerst selten be -legte Ausgangswort abbess (Aumlbtissin) Den 1 Rang unter den Antworten hat hier mit 9 hole - ganz offensichtlich deshalb weil die Probanden abbess als abyss verstanden Erst an 2 Stelle folgt mit 5 ein Wort bei dem wohl die lautliche Assoziation Pate gestanden hat abscess (Postman 1970 260) 25 httpw3usfeduFreeAssociation

answer lt--gt questionasleep lt--gt awakeback lt--gt frontbad lt--gt goodbefore --gt afterbegin lt--gt endbest lt--gt worstblack lt--gt whiteborrow --gt lendbottom lt--gt topfemale lt--gt maleboy lt--gt girluncle lt--gt auntactor lt--gt actressbrother lt--gt sisterdad lt--gt momfather lt--gt motherdaughter lt--gt songrandma lt--gt grandpahusband lt--gt wifeman lt--gt womanbuyer lt--gt sellerclose --gt openday lt--gt nightdead --gt alive

downstairs lt--gt upstairsdryer --gt washereast lt--gt westempty lt--gt fulleven lt--gt oddexit --gt entranceexplode --gt implodefalse lt--gt truefar lt--gt nearfind lt--gt seeksearchfirst --gt lastforward lt--gt backwardfound lt--gt lostgo lt--gt stopgroom lt--gt bridehello --gt goodbyehe lt--gt shehere lt--gt therehigh lt--gt lowin lt--gt outleader --gt followerless lt--gt morelose --gt winloser lt--gt winnerlost lt--gt found

minus lt--gt plusnegative lt--gt positiveno lt--gt yesnorth lt--gt southoff lt--gt onold --gt newopen --gt closeclosedoutside --gt insideover lt--gt underpoor lt--gt richqueen --gt kingquestion lt--gt answerright --gt leftright --gt wrongscratch --gt itchseller lt--gt buyersit --gt standslow lt--gt fastsoft lt--gt hardthin --gt thicktight --gt loosetoday lt--gt tomorrowtwice --gt onceweak --gt strong

Bemerkenswert sind solche abweichenden Faumllle in denen an erster Stelle nicht ein Antonym assoziiert wird sondern ein aumlquivalenter Begriff etwa finish --gt done und erst an zweiter Stelle start happy fuumlhrt an erster Stelle zu joyous an dritter und vierter Stelle immer noch sehr haumlufig zu cheerful und glad sad steht erst an zweiter Stelle Hard fuumlhrt an erster und zweiter Stelle zu difficulty und difficult die beiden moumlglichen Antonyme easy und soft folgen (mit immer noch hoher Frequenz) an dritter und virter Stelle Umgekehrt fuumlhrt nur soft hoch frequent zu hard Parallel ist ein Fall wie hate zu dem hoch frequent despise und dislike assoziiert wird waumlhrend love unter der 05-Schwelle an dritter Stelle folgt Genauso verhaumllt es sich mit love das zu affection ro-mance und adore fuumlhrt (love ist als Wortart polyfunktional) hate folgt an vierter Stelle in der Frequenz Hot fuumlhrt in seiner einen Bedeutung zu spicy in einer anderen zu humid erst an dritter Stelle zu cold Umgekehrt gilt aber cold --gt hot Late fuumlhrt an erster Stelle zu tardy erst an zweiter zu early Auf many wird an erster und zweiter Stelle several und numerous assoziiert erst an dritter folgt unter der 05-Schwelle fewsome waumlhrend umgekehrt nur few mit einiger Frequenz zu many fuumlhrt Bei old gilt zwar --gt new aber dann folgen drei verwandte Begriffe (elderly antique ancient) erst an vierter Stelle kommt das andere Antonym young Vergleichbar ist das vieldeutige present an erster Stelle steht hier gift dann folgt mit past ein Antonym mit absent ein anderes In einem Fall wie forget wird an erster Stelle forgive (ldquolet us forget itrdquo) assoziiert also ein willentliches vergessen waumlhrend umgekehrt remember direkt zu forget fuumlhrt Mehrdeutigkeit ist also immer ein lsquoStoumlrfaktorrsquo wie auch der Fall short --gt talllong an zweiter Stelle short --gt brief zeigt oder small --gt tiny und an zweiter und dritter Stelle --gt big large Interessant ist auch das Beispiel square das an erster Stelle zum Oberbegriff rectangle fuumlhrt und dann zu zwei gleichermaszligen moumlglichen lsquoAntonymenrsquo circleround

und triangle Strong fuumlhrt an erster Stelle zu einem Parallelbegriff powerful erst an zweiter zu weak waumlhrend weak direkt zu strong fuumlhrt Wet fuumlhrt -- in dieser Reihenfolge -- zu slippery moist drench und dry aber nur dry fuumlhrt in nennenswertem Umfang zuruumlck zu wet

Die uumlberwiegende Zahl der anderen Faumllle sind solche in denen ein Begriff aus demselben Erfahrungsbereich assoziiert wird In manchen Faumlllen sind das sehr viele So gibt es bei money der hohen Zahl von Probanden entsprechend eine hohe Zahl von Nennungen fuumlr (in absteigender Reihenfolge aber immer noch mit einer Forward Cue-to-Target Strength von gt05) cash bank fund wallet profit spend banker income bud-get lottery dollars checkbook salary Insgesamt sind es hier 302 verschiedene Targets Aumlhnliches gilt fuumlr tree -- wo jeder an eine spezifische ihm gelaumlufige Baumart oder einen Baum-Bestandteil denken kann

22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens

Mit seinem genialen Blick fuumlr das Grundlegende hat Roman Jakobson inspiriert von Mikołai Habdank Kruszewski (1886) die Aufmerksamkeit auf das Zusammenwirken zweier Prozesse beim Sprechen gelenkt eines paradigmatischen bei dem Einheiten aus anderen gleichrangigen Einheiten ausgewaumlhlt und eines syntagmatischen bei dem die ausgewaumlhlten Einheiten in eine lineare Abfolge gebracht werden Im paradigmatischen Prozess spielt die Dimension Similaritaumlt - Kontrast im syntagmatischen die Dimension Kontiguitaumlt - Distanz eine dominierende Rolle

In diesen Rahmen lassen sich nun nicht nur Typen der Aphasie einordnen26 sondern auch die Typen des Versprechens die Meringer und Mayer 1895 vorgefuumlhrt haben Da die lineare Anordnung elementarer Zeichen ein Charakteristikum der Rede ist ist die Mehrzahl der bdquosprachlichen Fehlleistungen im Bereich der syntagmatischen KontiguitaumltDistanz anzutreffen Ihre Hauptursache ist darin zu sehen dass (wenigstens normalerweise) das Denken einen Vorlauf vor dem Artikulieren hat - und der Sprecher setzt dann das was er zu sagen plant an die Stelle dessen was er im Moment artikuliert Das bdquoSpaumltere wirkt also dabei scheinbar paradoxerweise - auf das bdquoFruumlhere Ohne auf die Einzelheiten dieser Art des Versprechens eingehen zu wollen dessen Ergebnisse sehr haumlufig Vertauschungen also Metathesen sind sei hier zweierlei festgehalten Zum einen sind die in der Rede auf diese Art vertauschten Elemente in aller Regel klassengleich - wobei der Begriff Klasse nicht nur Wortarten also den modus significandi sondern beispielsweise auch Anlaute Auslaute Stammvokale betonte Silben usw umfassen kann27 Mit den Worten von Meringer und Mayer [p 16] (1895 17) laquoAm gewoumlhnlichsten sind die Vertauschungen der Adjectiva mit Adjectiven Substantiva mit Substantiven Verba mit Verbenraquo Zweitens sei festgehalten laquoAntithetische Woumlrter werden besonders leicht vertauschtraquo (1895 15) Ein Beispiel fuumlr diese Art der Metathese laquoDa steht der Einsatz nicht fuumlr den Gewinnraquo

Die zweite groszlige Gruppe fuumlr Versprech-Leistungen sind solche deren Ursache in der Auswahl waumlhrend des paradigmatischen Prozesses gesehen werden muss Die eine Untergruppe sind hier die bdquoKontaminationen bei der Vorstellung etwas schreiben werden die Ausdrucksmoumlglichkeiten etwas zu Papier bringen und etwas schreiben

26 Zur Fruchtbarkeit der Unterscheidung Jakobsons fuumlr die Klassifizierung von Aphasien vgl Luria 1976 5227 Einige Beispiele laquoSaint-Exupeacuterinces Petit Princeraquo laquoMinuster fuumlr Kultus und Unterrichtraquo Die Elemente koumlnnen auch vertauscht werden - Metathesen dieser Art sind laquoeine Sorte von Tacherraquo laquodenile Semenzraquo laquoVerteidigung ist die Spiele des Seelsraquo etc Die Beispiele stammen bis auf das erste aus MeringerMayer 1895 Zu analogen Erscheinungen beim Verlesen vgl auch Kolers 1976

kombiniert zu etwas zu Papier schreiben Freud nennt dies gewiss zutreffend Verdichtungen Die andere Unterart dieses semantischen Versprechens besteht in der Vertauschung (bdquoSubstitution) zweier Elemente - wobei es sich nicht mehr um Elemente aus dem Syntagma sondern um Elemente des paradigmatischen Auswahlprozesses handelt laquoBekannt istraquo so heiszligt es bei Meringer und Mayer (1895 79) laquodass kontrastierende Vorstellungen einander assoziieren So kommt man auf dem Wege der Substitution dazu das Gegenteil von dem zu sagen was man gemeint hatraquo Also etwa laquoIhm war auch kein Berg zu niedrigraquo (statt zu hoch) laquowas er verliert (statt gewinnt) gibt er seinen Kindern in die Sparbuumlchseraquo

Was schon bei voumlllig gesunden Sprechern wenn man ein Ohr dafuumlr hat mit bemerkenswerter Haumlufigkeit zu beobachten ist kann natuumlrlich im Fall von verminderter Sprechfaumlhigkeit (Aphasien) in verstaumlrktem Maszlige auftreten Herbert Pilch hat aus linguistischer Sicht auf die bekannte Erscheinung hingewiesen dass Aphasiker Woumlrter verwechseln die im Verhaumlltnis des Gegensinns zueinander stehen (1972 8) Ein einfaches Beispiel aus einem Sprachtest mit Aphasikern (Muumlller 1976 257ff) Es handelt sich um einen Test in dem der Umgang mit metakommunikativen Verben uumlberpruumlft wurde Beim Nachsprechen eines groumlszligeren zusammenhaumlngenden Texts - dies war eine der Aufgaben - wurden dabei vereinzelt sinnstoumlrende Vertauschungen zwischen den korrelativen Begriffen fragen und antworten beobachtet Von einem analogen Test mit Einzelsaumltzen heiszligt es laquoSinnstoumlrend vertauscht wurden fragen mit erwidern wissen wollen bzw sich erkundigen (wurden) durch sprechen ersetztraquo In einem Sortiertest sollten metakommunikative Verben nach inhaltlichen Kriterien zu Gruppen geordnet werden Dieser Test wurde wegen der erforderlichen hohen Konzentration allerdings nur von fuumlnf Probanden absolviert Vier davon gruppierten fragen wissen wollen sich erkundigen antworten entgegnen erwidern Der fuumlnfte Proband gekennzeichnet mit dem Stichwort laquoKonduktionsaphasieraquo bildete dagegen [p 17] die Paare fragenantworten antwortenerkundigen wissen wollenentgegnen Er gliederte also was der Untersuchende nicht direkt sieht nach Antonymen-Paaren28

3 Interpretation der beschriebenen Phaumlnomene oder Die verschiedenen Strategien zum Erfassen von Bedeutung

No hay que explicar el hablar desde el punto de vista de la lengua sino viceversa (Coseriu 19551973 287)

Meringer und Mayer haben darauf hingewiesen man muumlsse sich huumlten den Sprechfehler als etwas Pathologisches aufzufassen Sie erlaumlutern dies mit einem praumlgnanten Bild Beim Sprechfehler versage nur die Aufmerksamkeit die Maschine laufe ohne Waumlchter sich selbst uumlberlassen Und was den Sprechfehler fuumlr die Sprachwissenschaft lehrreich mache sei der Umstand dass das Uhrwerk in solchen Augenblicken des Mantels entkleidet scheine und ein Blick in die Raumlder moumlglich sei (1895 7) Aumlhnliches gilt fuumlr die permanenten Abweichungen von der Sprachnorm die sich im Sprechen von Individuen oder Individuen-Gruppen finden (und die zB Henri Frei in seiner Grammaire des fautes (1929) festgehalten hat) Die Uumlberlegungen gelten natuumlrlich ebenso fuumlr die Wort-Assoziationen insbesondere dann wenn man wie urspruumlnglich Thumb und Marbe mit der Beruumlcksichtigung der Spontaneitaumlt also der Reaktionszeit ein Indiz dafuumlr hat welche Prozesse unter Umstaumlnden laquoautomatischraquo 28 Nach der Analyse die Luria von dem seit Wernicke und Lichtheim so genannten Syndrom der bdquoLeitungsaphasie gibt duumlrfte es sich um die Variante mit akustisch-artikulatorischer Stoumlrung handeln In der Variante mit akustisch-mnestischer Stoumlrung sind sogenannte bdquoverbale Paraphasien relativ selten Vgl Luria 1976 239-285 insbes S 247-273

oder mit Meringer und Mayer so ablaufen dass laquoder Waumlchterraquo also das Bewusstsein des Sprechers dessen bestenfalls hinterher richtig gewahr wird Mutatis mutandis gilt die Uumlberlegung schlieszliglich auch fuumlr den Bereich der Sprachstoumlrungen laquoPathologia illustrat physiologiamraquo das Anomale lehrt uns wie das Normale funktioniert ndash so lautet ein alter Grundsatz der medizinischen Forschung Wie betraumlchtlich der Unterschied zwischen den voll bewussten mehr Zeit in Anspruch nehmenden Suchprozessen und den halbbewussten Assoziationen ist zeigen solche Aphasien in denen der Patient ein Wort bei bewusstem Suchen nicht findet oder ein Wort das ihm vorgesprochen wird nicht wiederholen kann waumlhrend er im Bereich des offenbar funktionierenden Assoziierens das betreffende Wort findet bzw sagen kann29

[p 18] Wenn ich nach der obigen Skizzierung quantitativer und qualitativer Verhaumlltnisse im Bereich von Wortassoziationen nun versuche die bisherige Untersuchung im eigentlichen Sinn zu interpretieren so lasse ich mich von der folgenden Grunduumlberlegung leiten Da Assoziationen mit Wortmaterial im Idealfall in einem halbbewussten Bereich spontanen Reagierens ablaufen koumlnnte man meinen es handle sich um ganz einfache primaumlre Prozesse sprachlicher Aktivitaumlt Komplex und sekundaumlr waumlre dagegen die Aumluszligerung von Saumltzen und Texten Nun hat freilich einer der groszligen Aphasieforscher Kurt Goldstein gezeigt dass es sich eigentlich genau umgekehrt verhaumllt Primaumlr am Sprechen ist die Mitteilungsabsicht dh das Kommunizieren mit Hilfe groumlszligerer syntagmatischer Einheiten im Rahmen von Kommunikationssituationen Das scheinbar so einfache Assoziieren von Woumlrtern oder das Benennen von Gegenstaumlnden sind dagegen recht schwierige und komplexe Aufgaben Wie Roman Jakobson gezeigt hat ist zB das Benennen eines Gegenstandes ein metasprachlicher Akt30 Ein solcher Akt setzt die Existenz und das isolierte Funktionieren eines praumlzisen Orientierungs- und Einordnungssystems voraus Bei Assoziations-Tests muss ein gehoumlrtes Wort ohne jede Situations- oder Kontexthilfe analysiert erkannt und eingeordnet werden

Ich habe nun eingangs mit Hilfe einiger einfacher Beispiele aus dem Bereich der Gestaltpsychologie gezeigt dass eine solche Erkenntnis immer erst dadurch zustande kommt dass man uumlber das Gegebene hinausgeht going beyond the Information given Dementsprechend besteht mein Interpretations-Ansatz jetzt darin dass ich die von einem vorgegebenen Ausgangswort ausgehende Assoziation als den Reflex einer Strategie interpretiere einer Strategie die dazu dient die Bedeutung von Woumlrtern im Hinausgehen uumlber das gegebene Wort zB durch die Einordnung in das semantische Orientierungs-System zu erfassen

31 Zwei Grundtypen des Assoziierens

Hier gibt es nun nicht eine einzige es gibt wenn ich recht sehe zwei Grundstrategien zur Erfassung von Bedeutung Vergegenwaumlrtigt man sich den primaumlren auf Mitteilung ausgerichteten Aspekt des situativen Sprechens in Saumltzen und Texten und den subsidiaumlren - wenn auch unverzichtbaren - Charakter desjenigen Bereichs in den auch das Assoziieren von Woumlrtern faumlllt so versteht man sofort die eine von zwei grundlegend verschiedenen Strategien dh Arten der sprachlichen Reaktion auf

29 Kurt Goldstein der von solchen Faumlllen berichtet erwaumlhnt im selben Zusammenhang das Phaumlnomen laquodass die falschen Woumlrter oft mit weniger Paraphasie (gemeint ist hier Paraphasie als lautliche Abwei-chung) geaumluszligert werden als die richtigenraquo (1948 101 vgl 239) Dies duumlrften diejenigen Faumllle sein in de -nen der Sprechprozess gewissermaszligen bdquovon oben her dh von der bewussten intentional vom laquoWaumlch-terraquo gesteuerten Seite her gestoumlrt ist30 Jakobson 1974 125ff vgl generell Goldstein 1948 zum Bereich der Kategorisierung

Wortmaterial Kinder erwerben Sprache sei sie nun kommunikativ oder das eigene Handeln begleitend in Situationen und damit dominant in syntagmatischer Realisierung Uumlber die nach und nach verstandene [p 19] fremde und die nach und nach sich entwickelnde eigene syntagmatische Realisierung von Sprache baut sich dann jenes semantische Orientierungs- und Einordnungssystem auf innerhalb dessen Rahmen die andere dominant paradigmatische Strategie anzusiedeln ist Wie Hans-Martin Gauger ausgefuumlhrt hat handelt es sich bei dem Aufbau dieses Systems um einen Prozess zunehmender bdquoVerdichtung (1970 65-69)

311 Syntagmatisches Assoziieren

Da sprachliche Elemente wie die Woumlrter fuumlr Kinder zunaumlchst einmal Woumlrter im syntagmatischen Kontext sind ist es nicht verwunderlich dass - wie seit Anfang des Jahrhunderts beobachtet wurde - Kinder vorwiegend syntagmatische Assoziationen haben Sie nennen also vorwiegend Woumlrter mit denen die Ausgangswoumlrter zusammen vorkommen dh die Assoziationen verlaufen im Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt Typisch sind derartige Assoziationen auch fuumlr solche Personen deren sprachliche Sozialisierung nicht durch den bewussten Umgang mit der eigenen und mit fremden Sprachen waumlhrend zwoumllf bis dreizehn Schuljahren perfektioniert wurde also etwa fuumlr Volksschul-Absolventen Schuchardts Einwand Thumb und Marbe haumltten die Bedeutung der syntagmatischen KontiguitaumltDistanz fuumlr das Assoziieren nicht gebuumlhrend beruumlcksichtigt hat also von der Ontogenese her gesehen seine Berechtigung31 Waumlhrend syntagmatische Assoziationen bei bdquogebildeten Erwachsenen also relativ selten sind sind sie bei Kindern und anderen sprachlich weniger Sozialisierten recht haumlufig Typische (und in allen nachfolgenden Faumlllen von den Assoziationen der 288 franzoumlsischen Studenten abweichende) Beispiele sind aus den jeweils erstrangigen Nennungen von 115 franzoumlsischen Bauarbeitern fenecirctre - ouverte (31) blanc - neige (27) aigre - vinaigre (26) rouge - sang (25) santeacute - bonne (23) table ronde (23) faim - (de) loup (23) citoyen - franccedilais (22) lune - (de) miel (20) tabac - blond (17) musique - douce (17 - zusammen mit classique leacute-gegravere agreacuteable harmonieuse 31) lent - tortue (15) meacutemoire - courte (14) joie - (de) vivre (14) papillon - vole (10) etc Charakteristisch ist hier wiederum dass solche dominant von der syntagmatischen Kontiguitaumlt bestimmten (und in der Regel nicht wortartgleichen) Assoziationen nur selten jene stark buumlndelnde Wirkung haben die fuumlr Assoziationen zum Gegensinn hin charakteristisch ist [p 20]

312 Paradigmatisches Assoziieren

Die andere (trotz mancher Grenzfaumllle von der syntagmatisehen zu unterscheidende) grundlegende Strategie zum Erfassen von Bedeutung spiegelt sich im dominant paradigmatischen Assoziieren also in jenen Assoziationen die im Bereich des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems verlaufen Eingangsvoraussetzung fuumlr beide Arten des Assoziierens ist die vorgaumlngige phonologische Analyse mit der Zuordnung eines Lautbildes und der (natuumlrlich

31 Das assoziative Verhalten der Kinder und Jugendlichen hat sich allerdings seit dem Beginn des Jahrhun-derts in betraumlchtlichem Maszlig demjenigen der Erwachsenen angenaumlhert Die Ursache ist zweifellos in einer fruumlheren und ausgepraumlgteren sprachlichen Sozialisierung zu sehen Vgl dazu auch Esper 1973 105 Pa-lermoJenkins 1965 oder Jenkins 1970 7

vorlaumlufigen32) Zuordnung einer Wortart Beim dominant syntagmatischen Assoziieren besteht die Strategie fuumlr die Zuordnung einer Bedeutung zu dieser Einheit aus Wortart und Lautschema vor allem im Assoziieren eines syntagmatischen Gebrauchskontextes also in der Einordnung in ein komplexeres Zeichen mit dem sich daraus ergebenden bdquomonosemierenden Effekt lune - lune de miel blanc (comme la) neige citoyen - (un) citoyen franccedilais table - (la) table (est) ronde etc Bei der paradigmatischen Art des Assoziierens besteht die Strategie zur Erfassung von Bedeutung dagegen darin dass das Ausgangswort in Relation zu einem anderen gleichrangigen Zeichen gesetzt wird Die Strategie ist also abstrakter ja geradezu metasprachlich ndash eine Analyse die schoumln Goldsteins These von der Komplexitaumlt scheinbar ganz einfacher Aufgaben bestaumltigt

Was nun das spezifisch paradigmatische Orientierungs- und Einordnungssystem betrifft so scheinen mir hier bei angemessener Interpretation der Verhaumlltnisse zwei Untersysteme vorzuliegen Untersysteme die nicht scharf voneinander getrennt sind Im einen dieser Systeme vollzieht sich der Zugriff uumlber die Dimension Similaritaumlt - Kontrast im anderen System ist wie noch erlaumlutert wird die Information (vor dem Hintergrund der Similaritaumlt) verfuumlgbar uumlber die semantische Kontiguitaumlt in Opposition zur Distanz Beide Systeme arbeiten jedoch mit einem gemeinsamen Grundprinzip das man als bdquoModul in Form eines Dreiecks (mit einer Reihe von Varianten) konzipieren kann Einer Informationseinheit A sind mindestens zwei andere Einheiten B und C in folgender Weise zugeordnet33 [p 21]

Dabei sind die Beziehungen zwischen AB und AC solche der Similaritaumlt ndash eine Similaritaumlt der die oben auf S 11 f genannten Prioritaumltsebenen 1 (gleiche Wortart) und 2 (gleicher semantischer Bereich) entsprechen Die Beziehung zwischen B und C ist je nachdem eine Beziehung des Kontrasts (dem entspricht die oben genannte Prioritaumltsebene 3) oder der semantischen Kontiguitaumlt (der die Prioritaumltsebene 4 entspricht) Die Varianten ergeben sich hauptsaumlchlich aus der Zahl der Elemente auf der Achse BC zum Teil auch daraus dass die Position von A einzelsprachlich nicht besetzt oder aber wie im Fall von A = homme B = homme G = femme mit einem der dann merkmallosen Elemente B oder

32 Analyse-Ergebnisse sind auf dem Weg von den kleineren zu den groumlszligeren Einheiten insofern vorlaumlufig als die Analyse der kleineren Einheit im Rahmen der Analyse der Uumlbergreifenderen Einheit stets korrigiert werden kann (Der entsprechende Ruumlckkopplungs-Effekt hat seine physiologische Basis in dem Faktum dass die Zellen der kortikalen Lamina VI [die etwa 2 mm dicke Groszlighirnrinde hat sechs physiologisch und funktionell differenzierbare Schichten] vorwiegend Ruumlckkopplungs-Funktion haben) Der Ruumlckkopplungs-Effekt ist der Grund dafuumlr dass manche bdquoDefekte bei Aphasikern erst dann entdeckt werden wenn man sie kleinere Einheiten ohne Kontext nachsprechen laumlsst33 Der Gedanke der modularen Struktur ist inspiriert durch Erkenntnisse der Neuroanatomen Sie haben in der letzten Dekade zunehmend die These vertreten die komplexe Struktur unseres Nervensystems - ein-schlieszliglich des Groszlighirns - basiere auf relativ ein-fachen genetischen Programmen Korrelat dieser Pro-gramme sind laquomodulareraquo laquorepetitiveraquo oder laquoperiodischeraquo Strukturen etwa im Bereich des Ruumlckenmarks oder der Groszlighirnrinde Vgl beispielsweise Szentaacutegothai 1978

C identisch ist (Ist ein spezieller Begriff fuumlr A vorhanden oder ist A identisch mit B oder C so liegt ein Fall von Gegensinn in jener Verwendungsweise vor wie man sie sinnvollerweise Abel unterstellen muss ndash Abels Beispiele sind von Benveniste (1956) zerpfluumlckt worden Ein aumlhnliches Vorkommen solchen Gegensinns gilt fuumlr Fragen des Typs bdquoWie alt (und nicht wie jung) wie groszlig wie lang wie schoumln ist das und dasldquo also fuumlr Faumllle die zB Elmar Holenstein treffend analysiert hat (1976 69f))

Im Fall der Similaritaumlt-Kontrast-Interpretation des Dreiecks ist eine merkmalsemantische Interpretation plausibel B und C enthalten alle Merkmale von A (A ist der Oberbegriff) sie enthalten jedoch noch zusaumltzliche Merkmale und zwar dergestalt dass diejenigen von B und C nicht voumlllig identisch sind sondern in der Regel in einem Merkmal kontrastieren34 [p 22]

3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System

Zunaumlchst zu dem paradigmatischen System in dem fuumlr das Hinausgehen uumlber die gegebene Information die Kontrast-Relation ausschlaggebend ist Es geht also um den Bereich des Entgegengesetzten ndash Otto Gsell hat in seiner Arbeit uumlber die Gegensatzrelationen im Wortschatz romanischer Sprachen eine sehr wesentliche Beobachtung gemacht und so fruumlhere analoge Beobachtungen in entscheidendem Maszlige praumlzisiert Unser Wortschatz ist keinesfalls so beschaffen dass alle Woumlrter ihr Antonym haumltten Ganz im Gegenteil der Wortschatz der bdquoantonymfaumlhig ist macht nur einen relativ geringen Teil des Gesamtwortschatzes aus ndash aber er konzentriert sich auf bestimmte inhaltliche Bereiche des Lexikons Nimmt man wie Gsell als Maszligstab das Begriffssystem von Rudolf Hallig und Walther v Wartburg (19521963) so ergeben sich drei Schwerpunkte Die gegensatzfaumlhigen Woumlrter konzentrieren sich

l in der Rubrik laquoLacircme et lintellectraquo wo es sich um etwa vier Fuumlnftel von insgesamt 2000 Eintraumlgen handelt Es geht dort um geistige Faumlhigkeiten Bewusstsein Gedaumlchtnis Wahrnehmung Denken Vorstellung Gefuumlhle und dergleichen (Hallig und Wartburg verwenden in dieser Rubrik teilweise was Gsell nicht eigens erwaumlhnt Antonymenpaare explizit als Unter-Rubriken)

2 in der Rubrik laquoLa prioriraquo Hallig und Wartburg versuchen dort laquoden inhaltlich sehr allgemeinen nicht sachgebietsbezogenen Wortschatz nach Denk- und Begriffskategorien wie Existenz physische Zustandsformen Eigenschaften Ordnung Wertung Quantitaumlt Raum Zeit Kausalitaumlt Bewegung und Veraumlnderung zu gliedernraquo (Gsell 1979 114) Die Rolle des Kontrasts fuumlr diesen Bereich ist im Uumlbrigen bereits durch das oben zitierte Beispiel der aristotelischen Kategorien ersichtlich

3 im Bereich der jeweiligen Unter-Rubrik geacuteneacuteraliteacutes (oa) zu den jeweiligen groumlszligeren Abschnitten bei HalligWartburg

Gsell spricht anhand der Begriffe des zweiten Bereichs (den dritten nennt er nicht ausdruumlcklich) von laquosemantischen Strukturwoumlrternraquo (im Gegensatz zu den syntaktischen) sie lieszligen sich keinem bestimmten sachlichen oder begrifflichen Bereich

34 Herbert HClark spricht in diesem Zusammenhang (1970 275f) von der laquoRegel des minimalen Kon-trastsraquo In der Ontogenese kann im Uumlbrigen beobachtet werden dass die Beziehungen zwischen kontrastierenden Paaren zT insofern asymmetrisch sind als eins der beiden Elemente privilegiert dh fruumlher gelernt bzw als Oberbegriff verwendet wird Hiermit hat sich in einer Reihe von Arbeiten vor allem Eve V Clark befasst

zuordnen seien jedoch (besser sollte man sagen gerade deshalb) in jeder Art von Rede unentbehrlich

Der Begriff der laquosemantischen Strukturwoumlrterraquo scheint mir gluumlcklich gewaumlhlt zu sein weil solche Woumlrter - als eine von jeweils zwei Alternativen - unsere Erfahrung in houmlchstem Maszlige strukturieren Hierzu zwei Beispiele Von den 34 Woumlrtern der Listen von RussellJenkins (1970) bzw PalermoJenkins (1964) auf die mindestens 50 der Probanden als Assoziation an erster Stelle dasselbe Wort nennen sind 23 solche auf die ein Antonym assoziiert wird Als Strukturierungsdimension dienen dabei

ndash siebenmal der Geschlechtsunterschied (boygirl heshe kingqueen etc)ndash viermal im Bereich des Gesichtssinns die Dimension helldunkel (blackwhite dark light)ndash fuumlnfmal die Orientierung in Raum bzw Raum undoder Zeit (slowfast herethere longshort highlow youngerolder) weiterhin [p 23]ndash die Kommunikationssituation zwischen Sprecher und Houmlrer (meyou)ndash zweimal der Tast- oder Handsinn (hardsoft heavylight) schlieszliglichndash der Geschmackssinn (sour bzw bittersweet) ndash der Gehoumlrsinn (loudsoft) sowiendash die konverse Relation Zwischen Geben und Nehmen (sellbuy buyingselling)

Ist ein tertium moumlglich so immer in Form einer Skala zwischen den beiden Extrempolen die den Bereich eingrenzen - genauso wie dies Aristoteles fuumlr seine Klassifizierung der Tast- Geschmacks- und Geruchsempfindungen vorgeschlagen hatte

Das zweite Beispiel Wolfgang Lorenz und Gerd Wotjak haben aus 80 sprachwissenschaftlichen Untersuchungen haumlufig vorkommende laquoSemeraquo zusammengetragen also solche Begriffe die dazu verwendet werden um den Inhalt anderer Begriffe zu beschreiben Von den 129 in einer ersten Liste bei LorenzWotjak (1977 310-334) zusammengetragenen haumlufig genannten laquoSemenraquo sind nun mehr als die Haumllfte solche die zu Antonymen-Paaren geordnet werden koumlnnen - was wiederum ganz unabhaumlngig davon wie man zur Existenz von semantischen Merkmalen oder Semen stehen mag aufschlussreich ist fuumlr die Strukturierungs- und Reduktionsleistung entsprechender Begriffspaare

Waumlhrend bei der dominant syntagmatischen Art des Assoziierens die Aufgabe der semantischen Einordnung einer Einheit aus Wortart und Lautbild uumlber die Einbettung in den syntagmatischen Kontext also in ein komplexeres Zeichen geleistet wird verlaumluft somit im Fall der geschilderten Unterart des paradigmatischen Assoziierens die Einordnung anders Das betreffende Wort wird wo immer dies moumlglich ist uumlber die Zuordnung des Kontrast-Werts im Dreiecks-Modul identifiziert Dies ist Goethes laquoAnklingen des Gegensinnsraquo das seit Jost Trier im Bereich der Wortfeldlehre erwaumlhnt wird Die Identifizierung der Bedeutung von B mit Hilfe des kontrastierenden C fuumlhrt natuumlrlich dazu dass jeder normale Sprecher sich etwa bei Muumldigkeit dh bei verringerter Aufmerksamkeit zum Gegenteil hin versprechen kann35 In pathologischen Faumlllen fuumlhrt dann eine verringerte Unterscheidungsfaumlhigkeit zwischen den Teilen B und C des Moduls zu den haumlufigen laquoverbalen Paraphasienraquo des Typs nehmen fuumlr geben fragen fuumlr antworten groszlig fuumlr klein

35 Die Ursache dafuumlr dass der ungeuumlbte Houmlrer Versprech-Leistungen normalerweise gar nicht wahrnimmt haben schon Meringer und Mayer genannt laquo(hellip) Der Hauptgrund des Uumlberhoumlrens von Sprechfehlern liegt darin dass der Houmlrer ganz aumlhnlich daran ist wie der Sprecher und wohl aus derselben Ursache uumlberhoumlrt aus der der andere sich versprichtraquo (1895 10f)

3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Im Similaritaumlt-Kontrast-System das wo immer dies moumlglich ist den Zugriff auf semantische Information primaumlr steuert steht Mutter in [p 24] Kontrast zu Vater - tertium non datur Mutter steht jedoch auch in Beziehung zu anderen Lexemen zB zu Kind Tochter Stiefmutter Groszligmutter auch zu Frau etc Bei Frau oder Maumldchen bestehen uumlbrigens unabhaumlngig vom Geschlecht der Probanden - assoziative Verbindungen zu huumlbsch schoumln Schoumlnheit und dergleichen Die ersten dieser Verknuumlpfungen koumlnnte man noch leicht mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Vater und Mutter bilden ein minimales Paar das sich nur durch den bewussten kleinen Unterschied die Opposition maumlnnlichweiblich semantisch voneinander abhebt Bei Paaren wie MutterKind bzw MutterTochter waumlren es bereits mehrere differenzierende Merkmale (und das Beispiel zeigt zugleich dass es noch ganz andere Relationen gibt als die des Kontrasts hier zB die temporale oder die kausale) Bei MaumldchenSchoumlnheit muumlsste man schon mit Selektionspraumlferenzen arbeiten man koumlnnte wohl auch an den Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt denken

Es gibt nun allerdings eindeutig paradigmatische Assoziationen bei denen merk-malsemantische Konstruktionen angesichts ihrer notwendigen Komplexitaumlt in eklatantem Widerspruch zur hochgradigen Gelaumlufigkeit der betreffenden Assoziationen stuumlnden Ein einfaches Beispiel ist das Paar TischStuhl Die Zahlen 84 bei Russell Jenkins 69 bei PalermoJenkins 55 bei franzoumlsischen Studenten36 Man koumlnnte hier die Merkmal-Similaritaumlt uumlber den Oberbegriff Moumlbelstuumlck konstruieren aber wie waumlre dann zu erklaumlren dass die Verbindung zwischen Tisch und Stuhl enger ist als die zwischen den Moumlbelstuumlcken Tisch und Hocker (die sich im Prinzip nur durch die Groumlszlige unterscheiden) oder zwischen Tisch und Bett (1 der Nennungen trotz laquogetrennt von Tisch und Bett lebenraquo) Wie waumlren weiterhin so gelaumlufige Assoziationen wie pied chaussure araigneacuteetoile tobaccosmoke zu erklaumlren fuumlr die Oberbegriffe schwer zu konstruieren sind und die sich in einer solchen Konstruktion wenn sie gelingt immer noch durch eine Fuumllle von Merkmalen nicht etwa nur durch ein einziges unterschieden

Angesichts solcher Verhaumlltnisse scheint es mir plausibel zu sein das als grundlegend angesetzte Dreiecks-Modul in diesen Faumlllen als eine Similaritaumlts-Kontiguitaumlts-Beziehung zu interpretieren also in Anlehnung an das oben erlaumluterte bdquoGesetz der Naumlhe aus dem Bereich der optischen Wahrnehmung Solche Similaritaumlts-Kontiguitaumlts-Beziehungen beruhen bei einem flieszligenden Uumlbergang zum Similaritaumlt-Kontrast-Bereich ndash jeweils auf Erfahrungskontexten in denen Erscheinungen als zusammengehoumlrig verwandt benachbart verstanden werden Die Komponente der Similaritaumlt versteht sich hier vor allem als Zugehoumlrigkeit zum selben Er- [p 25] fahrungsbereich meist - aber keinesfalls ausschlieszliglich - auch als Zugehoumlrigkeit zur selben Wortart Die Kontiguitaumlt wird zumeist verkoumlrpert durch eine spezielle in der Regel gerichtete Beziehung zwischen den Elementen B und C (Die Zahl der Probanden die auf Stuhl wieder Tisch assoziieren ist viel geringer als die Zahl derer die auf Tisch die Assoziation Stuhl haben) Entscheidend ist dabei nun dass die Erfahrungskontexte zwar individuell verschieden sind dass die Relationen durch welche die Begriffe verknuumlpft sind dagegen meist ganz spezifische invariante Relationen darstellen Tisch und Stuhl sind zB integrierende Teile eines groumlszligeren Ganzen im Erfahrungsbereich des Wohnens und Arbeitens zwischen tobacco und

36 Die Zahl fuumlr die deutschen Probanden lautet 29 - hier stellen die 15 Nennungen fuumlr die im Grenzbe-reich zwischen semantischer und syntagmatischer Kontiguitaumlt liegende Assoziation Bein(e) eine starke Konkurrenz zu Stuhl dar

smoke araigneacutee und toile besteht eine kausale zwischen Hammer und Nagel eine finale Relation Das Gegenstuumlck zur Kontiguitaumlt die Distanz grenzt hier die Dreiecksmoduln gegeneinander ab Interessant ist dass in vielen Faumlllen nicht eigentlich der kontige Partner sondern die spezifische Relation etwa zwischen dem Gegenstand und einem allfaumllligen Benutzer assoziiert wird Um die finale Relation geht es zB in den Faumlllen Bettschlafen Schereschneiden ciseauxcouper scissorscut

32 Sonderfaumllle

Fuumlr beide Varianten des paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssystems gilt natuumlrlich Sobald auf der Achse BC mehr als zwei gleichrangige Mitglieder anzusiedeln sind sobald also in Trubetzkoys oder Coserius Terminologie eine laquoaumlquipollenteraquo und nicht eine laquoprivativeraquo Opposition vorliegt37 verliert die Assoziation von einem dieser Mitglieder zum anderen an Schaumlrfe die buumlndelnde Kraft des einzigen Antonyms oder des in spezifischer Weise kontigen Partners fehlt Musterbeispiel ist das Dreiecks-Modul fuumlr die Farbwerte im Gegensatz zu dem fuumlr die Grauwerte

Wegen der Auswahl aus einer groszligen Zahl gleichberechtigter Moumlglichkeiten sind die Reaktionen auf Farben dementsprechend wenig gebuumlndelt38 ndash auf gelb nennen an ers-ter Stelle 14 der amerikanischen Pro- [p 26] banden blau 12 der deutschen rot 11 der franzoumlsischen gruumln Bei den Ausgangswoumlrtern blau und gruumln ist die Assozia-tion im paradigmatischen Bereich sogar schwaumlcher als im syntagmatischen ndash hier nen-nen die Probanden in allen drei Sprachen an erster Stelle den Himmel (blau) und den Bereich GrasWieseLandschaft (gruumln) und dies mit einer Frequenz die vertreten durch Werte zwischen 20 und 30 deutlich uumlber den Frequenzen liegt die in den ande-

37 Coseriu 19641978 120f 1976 34 Eine graduelle Opposition entspricht wie oben in Anm 5 erwaumlhnt einer Unterart des aristotelischen Entgegengesetzten mit gegebenem tertium38 Nach der oben erwaumlhnten aristotelischen Farbkonzeption oder dem analogen Vorschlag bei Weinrich 1967 2213 oder Coseriu 1976 43f waumlren die beiden Dreiecks-Moduln zu einem einzigen zu kombinieren - die extremen Farbwerte waumlren also schwarz und weiszlig Dem widerspricht einerseits nicht das Assoziationsverhalten der Probanden im englischen franzoumlsischen und deutschen Sprachbereich wo auf rot blau gelb gruumln sowie auf Farbe jeweils auch und zT mit betraumlchtlichen Nennungszahlen schwarz undoder weiszlig genannt werden (Bei gebildeten franzoumlsischen Sprechern liegt in einem dieser Faumllle freilich eine syntagmatische Assoziation vor gerade wegen ihrer Bildung assoziieren 18 an erster Stelle auf rouge das Wort noir) Andererseits entspricht das Assoziieren von schwarz undoder weiszlig auf Farbadjektive den Erkenntnissen die der geniale Edwin H Land (1977) uumlber die Physiologie des Farbsehens gewonnen hat

ren Faumlllen fuumlr Farbwerte eintreten ndash Auch zwischen Zahlen scheinen auf den ersten Blick dieselben aumlquipollenten Beziehungen zu bestehen wie etwa zwischen Farbadjekti-ven Bei naumlherem Zusehen zeigt sich jedoch dass als spezifische Relation zwischen Zah-len die Relation bdquogroumlszliger als gesehen wird (Ganz abstrakt lautet die Regel fuumlr das Zaumlhlen ja Ersetze die letzte Zahl n durch n+1) Entsprechend sind die Assoziationen auf Zahlwoumlrter immer gerichtet zB im Sinn des n + 1 auf zwei wird drei auf drei wird vier assoziiert auf jeden Fall immer eine houmlhere Zahl39

Ein weiterer Sonderfall sind Erfahrungsbereiche die nicht zu denjenigen einer Vielzahl von Sprechern gehoumlren Zum Loumlwen wird gemeinhin als kontiger Partner im Erfahrungsbereich exotische wilde Tiere der Tiger assoziiert Beim Adler fehlt fuumlr den normalen Sterblichen der Partner In solchen Faumlllen kann die Assoziation dann zur Spitze A eines potentiellen Moduls verlaufen (man koumlnnte auch sagen Auf dem Weg von B zu einem potentiellen C endet die Assoziation in Ermangelung eines C bei A das sonst die Zwischenstation gewesen waumlre) Die Konsequenz Die haumlufigste Assoziation auf Ad-ler ist Vogel (21) oiseau (16) und bird (55) Solche Assoziationen zum Klassennamen dh zur Spitze A des Moduls hin sind relativ selten Mit groumlszligerer Haumlufig-keit treten sie sozusagen als Vorstufe zu Similaritaumlt-Kontrast-Assoziationen bei sprach-lich weniger sozialisierten Probanden auf40 [p 27]

4 Schlussuumlberlegungen

laquoDie Aufstellung von Oppositionen ist im Wortschatz wesentlich komplizierter als im phonologischen System einer Sprache da die beteiligten Merkmale wesentlich zahlrei-cher sind als in der Phonologie Prinzipiell handelt es sich jedoch um die gleichen Oppositionstypenraquo (Coseriu 1973 65)

Ich habe eingangs gezeigt dass Zweierschemata haumlufig als Denkmodell verwendet wer-den dass die Sprache im Bereich der Bezeichnungen des Entgegengesetzten uumlber eine ganze Skala solcher Zweierschemata verfuumlgt weiterhin dass Wahrnehmen und Erfassen von etwas stets zugleich bedeutet uumlber die Information hinausgehen die gegeben wird und dass auch bei diesem laquouumlber die Information hinausgehenraquo wieder Zweierschemata wie die von Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz entscheidend sind Ich habe dann Ergebnisse der sprachlichen Assoziationsforschung einer ersten Analyse unterzogen und diese Analyse in einem weiteren Schritt dadurch vertieft dass ich sprachliche Assoziationen als den Reflex von Strategien aufgefasst habe die dazu dienen semantische Information zu erfassen und einzuordnen Zum Abschluss will ich in vier Schlussuumlberlegungen skizzieren worin der moumlgliche Ertrag einer staumlrkeren Einbeziehung der Assoziationsforschung und verwandter Gebiete liegen kann in einem (1) Einblick in das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems und seine (2) Transformation in Onto- und Pathogenese sowie in der Diachronie in einem (3) neuen Licht das auf Probleme der Wortfeldforschung geworfen wird und schlieszliglich auch in einer (4) angemesseneren Haltung gegenuumlber der Wissenschaftsgeschichte

39 Schuchardts oben zitierte Vermutung auf drei koumlnne (aus Gruumlnden der Lautaumlhnlichkeit) auch zwei assoziiert werden ist auch deshalb abwegig weil Ruumlckwaumlrtszaumlhlen eine sehr schwierige Aufgabe ist sie wird zB haumlufig verwendet um das Ausmaszlig von Aphasien zu bestimmen Dasselbe gilt fuumlr Tages- und Monatsnamen wo die spezifische gerichtete Relation bdquospaumlter als oder bdquonach lautet40 Vgl Rosenzweig 1970 102 105 zum relativ groszligen Anteil der Assoziationen zum Oberbegriff hin bei amerikanischen und franzoumlsischen Arbeitern Jenkins 1970 7 erwaumlhnt das Zuruumlckgehen der Oberbegriffs- und der Synonym-Assoziationen in der Geschichte amerikanischer Assoziationstests - Angesichts des vorliegenden Materials ist mir unklar worauf Clark (1970 279) die Ansicht stuumltzt laquoFast-Synonymeraquo wie house - home odour - smell seem - appear thing - object sowie Ober- und Unterbegriffe kaumlmen bei den Wortassoziationen oft vor

41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems

In unserem paradigmatischen Orientierungssystem scheint es zwei Bereiche zu geben die flieszligend ineinander uumlbergehen und miteinander kombiniert sein koumlnnen ei-nen Bereich mit Similaritaumlt-Kontrast- und einen Bereich mit Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-(Distanz-)Struktur Im einen Bereich wird Information aumlhnlich wie im Fall des bdquoGesetzes der Gleichfoumlrmigkeit (und des Kontrastes) vor dem Hintergrund der Similaritaumlt domi-nant eingeordnet im Hinblick auf das Entgegengesetzte im anderen im Hinblick auf den Nachbarn im selben Erfahrungsbereich ndash was dem gestaltpsychologischen bdquoGesetz der Naumlhe entsprechen wuumlrde

[p 28] Das erste System strukturiert durch seine Reduktion auf in der Regel zwei Alternativen (mit falls ein tertium zugelassen ist Zwischenmoumlglichkeiten) unsere Erfah-rung in auszligerordentlich starkem Maszlig Hier bestehen zugleich die groumlszligten auszligereinzel-sprachlichen Uumlbereinstimmungen ndash und zwar deswegen weil bestimmte Strukturie-rungs-Dimensionen ethologisch gesehen nichts anderes darstellen als Verbalisierungen jener Interpretation der Natur der Umwelt und ihrer Gesetzlichkeiten die unser Organismus im Lauf seiner entwicklungsgeschichtlichen Adaptation vorgenommen hat Orientierung im Raum in der Zeit Orientierung durch Houmlren Sehen Riechen Schme-cken Fuumlhlen und Tasten Eine Reihe solcher Strukturierungs-Dimensionen (die generell Coserius und Pottiers Klassemen Greimas Kontextsemen oder Luumldis Kongruenzsemen gleichen)41 sind sogar grammatikalisiert also zu grammatischen Ordnungsdimensionen geworden (wobei die Einzelsprachen das Angebot natuumlrlich in jeweils verschiedener Weise wahrnehmen) Es geht ua pythagoreisch ausgedruumlckt um die Unterscheidung zwischen dem Einen und dem Vielen um die zwischen maumlnnlich und weiblich (die im grammatischen Bereich freilich neutralisiert werden kann) zwischen tot und lebendig (wofuumlr die Grammatiker unbelebtbelebt vorziehen) zwischen menschlich und nicht-menschlich geben (bdquoAllativ bdquoDativ) und nehmen (bdquoAblativ) zwischen ich und du ja und nein (vierte Art des Entgegengesetzten im aristotelischen Sinn) hier und dort jetzt und nicht-jetzt42

Besonders augenfaumlllig sind solche Klasseme und ihre Reduktionsleistung in den sogenannten Klassifikator-Sprachen ndash dort hat jedes Nomen ein Element bei sich das das Bezeichnete einer bestimmten Klasse von Denotaten zuweist etwa zur Klasse Tier oder Mensch zur Klasse der horizontalen oder vertikalen Objekte ndash wobei was nicht unerwartet ist als generellstes und haumlufigstes Klassifikationskriterium die Opposition zwischen belebt und unbelebt verwendet wird (vgl Serzisko 1980)

Unser so vorstrukturiertes Wahrnehmen und Denken erkennt umgekehrt in der Umwelt wieder Prinzipien wie die eingangs genannten Gegensatzpaare des fruumlhgriechi-schen Denkens ndash wobei inzwischen klar sein duumlrfte dass es sich um alles andere als um bdquoarchaisches oder bdquoprimitives Denken handelt Bemerkenswert an den Wort-Assozia-tionen ist ja ua dass man sie nicht dadurch erhaumllt dass man im Sinn des dritten noogenetischen Prinzips von Spearman den Ausgangspunkt und die gewuumlnschte Rela-tion vorgibt um zu einem Ergebnis zu kommen es genuumlgt die Angabe des Ausgangspunkts Wahrnehmen Erkennen Verstehen bedeuten naumlmlich stets Einordnen Relationen herstellen ndash gleichguumlltig ob es um [p 29] die optische Wahrnehmung geht an der einige (vermutlich verwandte) Gestaltgesetze erlaumlutert wurden oder aber um das Einordnen sprachlicher Information So ist es ganz selbstverstaumlndlich dass die gege-

41 Vgl Coseriu 1972 52 LorenzWotjak 1977 235 mit Anm 10342 Vgl zur binaumlren Opposition als einer Extremform des grammatischen Paradigmas auch Weinrich 1967 1975

bene Information erst im Hinausgehen uumlber das Gegebene erfasst wird - ein Hinausge-hen das die Psychologen bekanntlich auch Denken nennen Im sprachlichen Erfassen ist so auch das Denken oder laquouumlber das Gegebene Hinausgehenraquo angelegt Das Denk-schema von These Antithese und Synthese spiegelt zB das Dreiecks-Modul des Similaritaumlt-Kontrast-Systems wider Mann und Frau sind in Mensch aufgehoben43

Waumlhrend im Bereich des Similaritaumlt-Kontrast-Systems nicht nur im Prinzip son-dern zT auch materiell gewisse auszligereinzelsprachliche Uumlbereinstimmungen vorhanden sind gibt es im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System natuumlrlich entsprechend dem Erfahrungs- und Lebensbereich kulturelle und soziale Unterschiede Entscheidend ist jedoch auch hier dass Einordnen nicht nur bedeutet in Relation Setzen zu diese Relationen sind ebenso wie die Kontrast-Relation im anderen System wiederum ganz spezifische ihrer-seits in aller Regel uumlberindividuelle Denk-Relationen TeilGanzes Kausalitaumlt Finalitaumlt Zeitrelation Invariant oder auszligereinzelsprachlich sind also die Relationen nicht notwendigerweise dagegen die Terme die durch solche Relationen verbunden sind

42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semanti-schen Orientierungssystems

Nach den vorgefuumlhrten Analysen gibt es drei Strategien zur Wahrnehmung und Einordnung semantischer Information eine dominant syntagmatische und die beiden eben erwaumlhnten paradigmatischen Dabei entspricht die syntagmatische Strategie dem was Hansjakob Seiler im Bereich der bdquosprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden mit Piaget zunaumlchst als Einordnen dann als Individualisierung bezeichnet hat insbeson-dere das paradigmatische Similaritaumlt-Kontrast-System entspricht dagegen dem Seiler-schen Klassifizieren bzw Generalisieren als der anderen polaren Instanz im Bereich der sprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden (Seiler 1981) Die Charakteristika aller drei Orientierungs- und [p 30] Einordnungssysteme sind in der folgenden Uumlbersicht nochmals zusammengestellt

I II IIISyntagmatisches Konti-guitaumlts-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontrast-System

Dominante Strategie Einordnen in ein groumlszlige-res Syntagma (dh in ein komplexeres Zei-chen)

Zuordnung eines Part-ners aus demselben Er-fahrungsbereich (uumlber spezifische Relationen)

Zuordnung eines Anto-nyms (uumlber die Gegen-satz-Relation)

Wortklasse in aller Regel verschie-den

in der Regel gleich gleich

Kontiguitaumlt vs Distanz ja ja

43 Es ist gewiss nicht erstaunlich dass wie Coseriu (1977a) gezeigt hat gerade Hegel in seiner Humboldt-Rezension als Vergleichsgrundlage fuumlr alle Sprachen die Unterscheidung von Gattungen und Arten bzw von laquoAllgemeinheiten und Bestimmtheitenraquo ansieht ndash mit anderen Worten also das DreiecksModul in sei-ner Similaritaumlt-Kontrast-Auspraumlgung ndash Die Bolle des Kontrasts (als drittes Moment neben Similaritaumlt und Kontiguitaumlt) hat aus der phaumlnomenologischen Tradition heraus sehr schoumln und einleuchtend Elmar Holen-stein dargestellt und gerade auch fuumlr die sprachliche Seite als grundlegend bezeichnet laquoDamit uumlberhaupt eine Auswahl (gemeint ist auf der paradigmatischen Achse der Selektion) getroffen werden kann muss sich etwas von etwas abhebenraquo (1976 86) Bruners going beyond the information given kann also zT auch im phaumlnomenologischen Sinn interpretiert werden

Similaritaumlt vs Kontrast ja ja

Fuumlr alle Woumlrter moumlg-lich

ja groszliger Bereich kleiner Bereich (bdquosemantische Struktur-woumlrterldquo)

Die spezifischen Relationen im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System entsprechen dabei in etwa Piagets laquoinfralogischenraquo Relationen oder Spearmans (1923 67-71) laquorealraquo relati-ons die Relationen des Similaritaumlt-Kontrast-Systems entsprechen dagegen Piagets laquologi-schenraquo und in etwa wohl Spearmans (71-74) laquoidealraquo relations Fuumlr die veschiedentlich erwaumlhnte nicht scharfe Trennung der Bereiche II und III duumlrften ua die Teil-Ganzes-Relationen verantwortlich sein die sowohl im laquologischenraquo (Inklusion) als auch im laquoinfralogischenraquo Bereich vorkommen Waumlhrend die Relationen des Similaritaumlt-Kontigui-taumlt-Systems dominant gerichtete Relationen sind ist die Gegensatz-Relation des Similaritaumlt-Kontrast-Systems grundsaumltzlich zweiseitig Abweichungen ergeben sich insbesondere durch Polysemie (vgl o S 12)

Ontogenetisch gesehen werden nun die paradigmatischen Systeme II und III uumlber das syntagmatische System I aufgebaut Dabei nimmt das System II wie aus seinen Merkmalen ersichtlich ist eine Mittelstellung zwischen den Systemen I und III ein - im Sinn der Konzeption Seilers stellt es also gewissermaszligen den bdquoWendepunkt zwischen den beiden Polen der Dimension sprachliche Erfassung von Gegenstaumlnden dar Auch der flieszligende Uumlbergang zwischen den drei Systemen erhellt aus dem Schema die Grenz-faumllle liegen interessanterweise nicht zwischen I und III sondern zwischen den Systemen III (zB Coserius laquolexikalische Solidaritaumltenraquo) und zwischen den Systemen IIIII Es ist somit plausibel dass [p 31] in der Ontogenese die Systeme in der Reihenfolge I-II-III aufgebaut werden Das System III nimmt dabei insofern eine Sonderstellung ein als es wie die letzte Zeile des Schemas nochmals ausweist direkt nur auf einen kleinen aber wichtigen Ausschnitt des Wortschatzes anwendbar ist

Was den Abbau der Sprache bei pathologischer (oder altersbedingter) Beeintraumlchtigung des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems betrifft so ist den vorliegenden Beobachtungen nach die Reihenfolge wohl umgekehrt Das System III wird vor dem System II beeintraumlchtigt Dies entspraumlche der Erkenntnis Jakobsons dass man zuerst verliert was man zuletzt erworben hat44 Was schlieszliglich diachronische Transformationen speziell den Bedeutungswandel betrifft so ist die Affinitaumlt zu Uumlberlegungen sehr wichtig die in Teilbereichen schon Wilhelm Wundt (o S 7) und dann vor allem Stephen Ullman angestellt hat Ullman resuumlmiert ja die Arbeit seines Lands-manns Zoltan Gombocz (Jelentestan Pecs [Fuumlnfkirchen] 1926) und den ihm zu Grunde liegenden Aufsatz von Leacuteonce Roudet (1921) mit folgenden Worten

laquoAn associative network of names clusters around each name some of these associations are rooted in similarity others in contiguityraquo (1967 79)

Dem entspricht dann seine Klassifizierung des Bedeutungswandels (1967 220ff) Uumlbertragung von signantia aufgrund von Similaritaumlt bzw Kontiguitaumlt zwischen den sig-nata bzw umgekehrt Uumlbertragung von signata aufgrund der SimilaritaumltKontiguitaumlt zwi-schen den signantia Zu praumlzisieren waumlre dass es sich nicht um Similaritaumlt oder Kontiguitaumlt handelt sondern um Transfer im Rahmen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- oder 44 Die Arbeit von Stachowiak uumlber die Semantische Struktur des subjektiven Lexikons (1979) bestaumltigt diese Hypothese was dort vorgefuumlhrt wird laumlsst sich mE alles in dem Sinn interpretieren dass bei aphasischem Abbau der Sprache vor allem das System III beeintraumlchtigt wird Nach dem was oben (S 18f) uumlber die Komplexitaumlt von Benennungs- und Assoziations-Aufgaben gesagt wurde unterstreicht dies im Grund auch die These Jakobsons dass es sich im wesentlichen um eine Stoumlrung handelt bei der die metasprachliche Punktion der Sprache beeintraumlchtigt ist

des Similaritaumlt-Kontrast-Systems die Rolle des Kontrasts ist wie schon Wundt sah in der Tat nicht unwichtig45 [p 32]43 Wortfeld-Probleme

Die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen werfen auch ein Licht auf manche Probleme der Wortfeldforschung Zunaumlchst erklaumlren sowohl die Wortassoziationen als auch die Sprechfehler das eher selten reflektierte Phaumlnomen dass die bisher vorgestellten Wortfelder alle aus Elementen derselben Wortart bestehen46 Weiterhin muumlsste man ge-maumlszlig den beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssystemen wohl auch zwischen zwei Grundarten von Wortfeldern unterscheiden zwischen solchen des Similaritaumlt-Kontrast-Typs und solchen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- [p 33] Systems (etwa Wortfeld desWohnens der Werkzeuge der Landschaft)47 In der Form wie sie durch die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen nahegelegt werden vermitteln dabei die Wortfel-

45 Was die Unterscheidung der beiden paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssysteme angeht so fuumlhle ich mich nicht nur in der guten Gesellschaft Ullmans sondern auch in der einer Reihe von Psychologen Sprachpsychologen und Aphasieforschern Jean Piaget und Baumlrbel Inhelder unterscheiden bei der Ordnungsleistung von Kindern zwischen dem Ordnen nach dem Prinzip der Aumlhnlichkeit und nach demjenigen der Konvenienz und etwa analog dazu zwischen den schon erwaumlhnten laquologischenraquo Relatio -nen (Klassifizierung) und den laquoinfralogischenraquo (PiagetInhelder 19731 38ff) Elisabeth Wiig und Diana Globus haben 1971 in einem kontrollierten Assoziationsversuch mit 7 Aphasikern und 7 gesunden Kon -trollpersonen explizit mit Piagets logischen und infralogischen Relationen gearbeitet Das Ergebnis kann nicht nur dahingehend interpretiert werden dass es entsprechend zu diesen Relationen zwei verschie -dene Orientierungs- und Einordnungssysteme gibt sondern auch dahingehend dass das klassifikatorische System (Similaritaumlt-Kontrast-System) sowohl bei Gesunden als auch bei Aphasikern im Verfahren der kontrollierten Assoziation (gegeben ist ein Ausgangsbegriff und die Relation gesucht wird ein Zielwort) nur dann gute Ergebnisse erbringt wenn die Merkmalunterschiede gering sind - und am geringsten sind sie natuumlrlich bei binaumlren Oppositionen also etwa bei Antonymie Sobald die Merkmalsunterschiede groumlszliger werden etwa beim Ausgangsbegriff Kind und dem gesuchten Begriff Eltern sind die Suchergebnisse bei Aphasikern und Gesunden gleichermaszligen schlecht Dagegen funktioniert das infralogische System sowohl bei hoher als auch bei geringer Kontiguitaumlt der Begriffe bei den unter-suchten Aphasikern und den gesunden Kontrollpersonen recht gut (laquoWas ist der Zweck von Heizung - Ergebnis Waumlrme oaraquo) ndash Was die beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssysteme an-langt stehe ich auch weitgehend in Einklang mit James Deese Deese zieht nach einer essentiell faktoranalytischen Untersuchung von Assoziationsverhalten ua folgende Konsequenz (1965 164) laquoThe data on associative distribution suggest that the two fundamental operations we have for sorting out meaningful ndashthat is logical and syntactical relations among wordsndash are contrast and groupingraquo Deese sieht freilich ua nicht die Einordnung in ein Syntagma als dritte Strategie und anhand einer sprachpsychologischen Darstellung des Assoziationsverhaltens wie sie etwa von Houmlrmann (1967 115-156) gegeben wird vermisst man generell den Ansatz Assoziationen als Reflex von Strategien zum Erfas-sen von Bedeutung anzusehen so erscheinen dann viele Beobachtungen die anhand des obigen Schemas sinnvoll integriert werden koumlnnen eher als membra disiecta ndash Ich nenne schlieszliglich noch die Arbeit von Huber et al 1975 und die schon erwaumlhnte Dissertation von Stachowiak (1979) In der Arbeit von 1975 wird ndashbei einer Beschreibung jenes Aphasie-Typs der nach Carl Wernicke benannt istndash unterschieden zwischen zwei Orientierungsprinzipien im Lexikon einem laquosemantisch-klassifikatorischenraquo und einem laquosituativ-referentiellenraquo (1975 88 vgl Stachowiak 1979 58f) Ich bin freilich nicht einverstanden mit der These Stachowiaks es handle sich dabei einerseits um einen laquoinnersprachlichenraquo andererseits um ei-nen laquoenzyklopaumldischenraquo Bereich Wesentlich ist was nochmals betont sein soll fuumlr beide Bereiche als invariantes Prinzip dasjenige der Relation dabei sind die Relationen im einen Fall gewiss klassifikatorisch im anderen laquoinfralogischraquo beide Arten von Relationen sind jedoch gleichermaszligen uumlberindividuell und sie werden gleichermaszligen erlernt46 Geckeler sieht (1971 218) die Wortart-Gleichheit als die gewissermaszligen selbstverstaumlndliche Folge ei -ner paradigmatischen Perspektive an (was einer engen Konzeption von Paradigma entspricht) vgl u S 3547 Wenn ich recht sehe korrespondieren die beiden Grundarten mit einer Unterscheidung die Coseriu (1976 47f) innerhalb eines seiner fuumlnf Kriterien zur Klassifizierung von Wortfeldern macht naumlmlich der Unterscheidung zwischen laquorelationellenraquo und laquosubstantivenraquo Oppositionen bzw Feldern Im Rahmen der hier vorgetragenen Konzeption wird diese Unterscheidung zu einer zentralen Groumlszlige

der des Similaritaumlt-Kontrast-Typs gewissermaszligen zwischen zwei extremen Konzeptio-nen von Wortfeld zwischen der von Andre Jolles und der von Jost Trier Jolles (der des-halb von Trier und anderen gescholten wurde) wollte nur Minimalformen mit jeweils zwei (antonymen) Gliedern als laquoBedeutungsfelderraquo gelten lassen Felder die in dieser Form natuumlrlich fest umgrenzt waumlren (Jolles 1934) Fuumlr Trier galt dagegen das Prinzip der Wert jedes Worts ergebe sich aus dem Feldwert also aus der Position in einem semantischen Feld Das Wort bedeute laquonur in diesem Ganzen und kraft dieses Ganzenraquo Die vermittelnde Position ist die in einem zentralen Antonymenpaar den festen Kern zu sehen um den sich ein ganzes Feld verwandter Termini schart wobei im Normalfall die Grenze des Feldes verschwimmt Das Feld waumlre also nur von seinem zentralen Kern aus als solches zu greifen Geckelers Doppel-Wortfeld zwischen altrsquo und seinen beiden Antonymen jung und neursquo scheint mir de facto im Sinn einer solchen Konzeption interpretierbar zu sein

Die Wortfelder des Similaritaumlt-Kontrast-Typs lassen sich nun wie schon er-waumlhnt in einleuchtender Weise mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Spaumltestens bei dem Versuch Wortfelder des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs merkmalsemantisch zu rekonstruieren treten jedoch betraumlchtliche Schwierigkeiten auf Ein Verfahren auch solche Bereiche bdquodurchsichtig zu machen besteht nun darin dass man an die Spitze eines Feldes neben den eventuell vorhandenen Oberbegriff noch eine der spezifischen Auspraumlgungen der Kontiguitaumlts-Relation stellt (wodurch dann das was die Basiskante BC des Moduls von S 21 ausmacht als Seitenkante bzw Suchbegriff verwendet wird) Pottiers Wortfeld der Sitzmoumlbel im Franzoumlsischen hat als konstituierende Merkmale ne-ben dem Oberbegriff Artefakt eine solche spezifische Auspraumlgung naumlmlich das finale zum Sitzen Die Similaritaumlt die durch diese beiden Merkmale geschaffen wird stellt einerseits das Auswahlkriterium dar nach dem das Feld begrenzt andererseits den Hintergrund an Similaritaumlt vor dem es analysiert werden kann Ein Bereich wie Werk-zeug laumlsst sich um ein weiteres Beispiel zu geben nur schwer merkmalsemantisch beschreiben weil man Begriffe wie Stechbeitel Loumltkolben Nietzange und Maumlhdre-scher zu beruumlcksichtigen haumltte Fuumlgt man jedoch zu Werkzeug die finale Relation zum Bearbeiten von (beispielsweise von Holz) so entsteht ein uumlberschaubares und strukturierbares Feld [p 34]

Dabei zeigt sich nicht nur dass solche Wortfelder in gewissem Maszlig beliebig (re)konstruierbar sind - man kann etwa Katze mit gleichem Recht einmal zu den Haus-tieren ein andermal zu den fleischfressenden Saumlugetieren rechnen Es zeigt sich gleichzeitig dass eine solche Rekonstruktion genau nach dem dritten noogenetischen Prinzip von Spearman verlaumluft Zu einem Ausgangsbegriff (Werkzeug) und einer Rela-tion (zum Bearbeiten von Holz) werden Entsprechungen gesucht und gebildet Unter dem Blickwinkel dieses noogenetischen Prinzips sind Wortfelder nun nicht nur beschreibbar als Ergebnisse eines Verfahrens der kontrollierten Assoziation die beiden angedeuteten Grundtypen von Wortfeldern beruhen dann sogar beide auf demselben Grundprinzip Gegeben ist der Ausgangsbegriff und eine Relation ndash eine Relation die im Fall des Similaritaumlt-Kontrast-Typs die Gegensatzrelation ist im Fall des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs eine finale kausale temporale lokale TeilGanzes-Relation etc Dass solche Konstruktionen oder Rekonstruktionen48 also die Wortfelder der Linguisten keinesfalls - um mit Gauger (zB 1976) zu sprechen - laquobewusstseinsfremdraquo sind zeigt gerade das Verfahren der freien Assoziation dessen Interpretation Ausgangspunkt die-ser Uumlberlegungen war

Dies hat auch Auswirkungen auf das von Saussure aufgeworfene Negativitaumltsproblem Gewiss bedeutet Vater nicht nur Nicht-Mutter sondern auch

48 Von der Konstruktion von Wortfeldern spricht auch Coseriu (zB 1970 113)

Nicht-Sohn Nicht-Barock Nicht-Jahrhundert Bei einer solchen Betrachtung wird je-doch eine bestimmte Art des Gegensatzes die parmenideische Relation des bdquoIst nicht verabsolutiert Sie spielt gewiss eine wichtige Rolle in der Sprache sowohl in der Semantik als auch im Bereich der geschlossenen grammatischen Paradigmen Man sollte jedoch (trotz des Umstands dass die Kontrast-Relation und mit ihr die Relation des oppositiven bdquoIst nicht gerne als laquologischraquo die Relationen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Systems dagegen als laquoinfralogischraquo bezeichnet werden) nicht vergessen dass beide Ar-ten von Relationen unabdingbare Konstanten unseres Wahrnehmens Erfassens und Denkens darstellen und dass eine Semantik die nicht bewusstseinsfremd sein will dementsprechend nicht nur die im Motto auf S 27 angegebenen Oppositionen sondern die ganze Skala moumlglicher Relationen mit in ihr Beschreibungsinstrumentarium aufneh-men muss

44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte

Eugenio Coseriu hat 1977 in seiner Antrittsrede an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften als eines der vier Prinzipien seines Schaffens das Stichwort Tradition und Neuerung genannt Es heiszligt dort laquodass die Geschichte unserer Wissenschaften wie uumlberhaupt die Kultur- [p 35] geschichte Fortsetzung von Traditionen und Erneuerung innerhalb von Traditionen istraquo Man sage eigentlich Neues nur wenn man an Traditionen anknuumlpfe und Traditionen fortsetze (1977 109 vgl 1979 5) Ich habe im vorliegenden Beitrag versucht in mehrfacher Weise an solche Traditionen anzuknuumlpfen ua an diejenige der Assoziationsforschung der Jahrhundertwende Dass hier uumlberhaupt von einem (Wieder-)laquoAnknuumlpfenraquo gesprochen werden muss hat seine Gruumlnde

Der Begriff Assoziation war noch Saussure so gelaumlufig dass er ihn in dem Sinn verwendete in dem heute Paradigma und paradigmatisch gebraucht werden (Saus-sure spricht nicht von paradigmatischen sondern von assoziativen Relationen) Henri Frei oder Charles Bally setzten in dieser Hinsicht nicht nur die Tradition des Meisters fort Bally kannte wie ua einschlaumlgige Stellen aus dem Traiteacute de stylistique franccedilaise von 1909 zeigen offensichtlich auch die Arbeit von Thumb und Marbe sowie den dort angesprochenen Bereich des Assoziierens insbesondere zum Gegenteil hin Seither hat jedoch in der Sprachwissenschaft ein grundlegender Paradigmawechsel stattgefunden Eine im Uumlbermaszlig psychologisierende Stroumlmung wurde wie uumlblich durch das Gegenteil abgeloumlst und seither scheinen die Sprachwissenschaftler den Begriff Assoziation als et-was eher Anruumlchiges zu meiden und allenfalls mit ganz spitzen Fingern anzufassen laquoCest pour eacuteviter le psychologisme adopteacute dans le Cours de F de Saussure que je substi-tue le terme rapport paradigmatique agrave celui de rapport associatifraquo schreibt Louis Hjelmslev der den terminologischen Wandel vollzogen hat in einer Fuszlignote des Vor-trags den er 1936 auf dem Linguisten-Kongress in Kopenhagen gehalten hat (1938140) Interessanterweise ist auch der Anti-Psychologismus wie Gauger zeigen konnte (1976 73-87) bei Saussure schon mit angelegt

Freilich motiviert sowohl die weitere Geschichte der Assoziationsforschung als auch die Auffassung der Sprechfehler diese spitzen Finger in betraumlchtlichem Maszlig beide Phaumlnomene wurden in den Bereich der Abnormalitaumlt und des Pathologischen geruumlckt Was das Versprechen angeht so ist die Ursache kein anderer als Sigmund Freud er griff aus den Sprechfehlern die Meringer und Mayer vorgefuumlhrt hatten vor allem die Gruppe des Versprechens zum Gegenteil hin heraus und interpretierte sie in dem bekannten Sinn Das Versprechen zum Gegenteil hin lege die geheimen Gedanken des Sprechers bloszlig Dies ist ganz ohne Zweifel eine Uumlberinterpretation die in manchen Faumlllen zutreffen

mag fuumlr den Durchschnittsfall jedoch keinerlei Allgemeinguumlltigkeit beanspruchen kann49 Wie nachhal- [p 36] tig die Interpretation Freuds ndashin diesem Fall leiderndash ge-wirkt hat zeigt die Verbindlichkeit jener Bezeichnung mit der man Sprechfehler heute erfasst bdquo(Freudsche) Fehlleistungen Ein in gleichem Maszlig bdquopathologischer Geruch begleitet spaumltestens seit 1910 die Versuche mit Wortassoziationen Carl Gustav Jung machte Versuche mit Assoziationen Kent und Rosanoff hatten die Absicht mit ihrer Liste von 100 Ausgangswoumlrtern und dem Durchschnitt der Assoziationen von 1000 Probanden eine Norm aufzustellen von der sich abnormale Assoziationen abheben soll-ten Die Untersuchung erschien nicht nur in der Zeitschrift American Journal of Insanity sie hieszlig auch noch A Study of Association in Insanity I Association in Normal Subjects Alle seitherigen einschlaumlgigen Assoziations-Listen werden von den Psychologen entspre-chend mit dem Etikett Norm versehen (laquoRussellJenkins-Normraquo laquoPalermoJenkins-Normraquo etc)

Die Haltung spaumlterer Sprachwissenschaftler ist also auch damit zu erklaumlren dass das Assoziieren und die Sprechfehler durch Pathologisierung ihrer ehemaligen (und angemesseneren) Unschuld verlustig gegangen waren Freilich gibt es seit einiger Zeit wieder ein neues und zunehmendes Interesse an Fragestellungen des Sich-Versprechens Assoziierens und der (wirklich zum Bereich des Pathologischen gehoumlrenden) Aphasie-Forschung50 Dass dabei in der Regel die eigentliche Tradition ausgespart wird ist weniger erfreulich Denn es geht nicht nur um eine sehr alte Tradition des Denkens es geht mit der Omnipraumlsenz bestimmter Relationen eigentlich um grundlegende Charakteristika des Sprechens und Denkens selbst

Freiburg Wolfgang Raible

[p 37] Literaturverzeichnis

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49 Vgl hier die analoge Einstufung der Freudschen Konzeption sprachlicher Fehlleistungen bei Kainz 1956 38 - Die Auseinandersetzung zwischen Freud und Meringer war zT sehr heftig Auf einer houmlheren Stufe der Eskalation zieh Meringer Freud beispielsweise der laquoStuumlmperraquo-Haftigkeit auf dem Gebiet des Beobach-tens laquoEr sieht und houmlrt naumlmlich nur das was sich eventuell zur Begruumlndung seiner phantastischen Theorien missbrauchen laumlsst Die unendlich vielen Faumllle die sich dagegen mit Haumlnden und Fuumlszligen straumlu-ben sieht er nicht (1912 55)50 Ich nenne drei Indizien fuumlr die Wiederbelebung der Tradition bzw das verstaumlrkte Interesse an den betreffenden Zusammenhaumlngen Erstens wird die Arbeit von Meringer und Mayer in einem 1973 von Victoria A Fromkin herausgegebenen Sammelband in den beiden Beitraumlgen der Herausgeberin wenigs-tens gelegentlich wenn auch zT falsch zitiert Die Arbeit von Thumb und Marbe wurde 1978 sogar neu ediert Zweitens gibt es insbesondere in den Vereinigten Staaten eine Reihe von Arbeiten zu linguistischen Aspekten der Assoziationsforschung (die wichtigste ist wohl die allerdings weitgehend psychologisch und psychometrisch orientierte von Deese 1965) die zB in den Versuch einer Synthese eingegangen sind den Herbert H Clark 1970 veroumlffentlicht hat (Die Arbeit von Clark ist freilich noch ein wenig zu stark dem Grammatikmodell der Transformationsgrammatik verhaftet) Noumlth (1975) hat den Ansatz von Clark zT weitergefuumlhrt sich zT jedoch auch in kasuistischen Uumlberlegungen gefangen Drittens ist das Wiedererwa-chen des linguistischen Interesses an der Aphasie-Forschung zu vermerken (es war zB schon bei Meringer und Mayer vorhanden) Fuumlr dieses ndashallerdings in Schuumlben auftretendendash Interesse ist nicht zuletzt auch Roman Jakobson verantwortlich

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  • Von der Allgegenwart des Gegensinns
  • (und einiger anderer Relationen)
  • Strategien zur Einordnung semantischer Information
  • Wolfgang Raible (Universitaumlt Freiburg)
  • Eugenio Coseriu zum 2771981
  • 21 Gesetzmaumlszligigkeiten des Assoziierens
  • 211 Argumentum quantitatis
  • 212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt
  • 22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens
  • 311 Syntagmatisches Assoziieren
  • 312 Paradigmatisches Assoziieren
  • 3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System
  • 3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System
  • 32 Sonderfaumllle
  • 41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems
  • 42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semantishyschen Orientierungssystems
  • ja
  • Fuumlr alle Woumlrter moumlgshylich
  • 44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte
  • Freiburg Wolfgang Raible
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Page 7: latina.phil2.uni-freiburg.delatina.phil2.uni-freiburg.de/.../Files/Gegensinn_neu.docx  · Web viewZeitschrift für romanische Philologie Bd. 97, Heft 1/2, S. 1-40. Die Seitenangabe

[p 8] Insbesondere die ndashsei es formale sei es inhaltlichendash Angleichung durch Kontrast war seither mitunter Gegenstand von Untersuchungen wobei man sich freilich weder auf Wundt noch auf Thumb und Marbe bezog11

21 Gesetzmaumlszligigkeiten des Assoziierens

laquoAssociations are structuralraquo (Deese 1965 160)

Obwohl Thumb und Marbe mit dem zeituumlblich geringen (also in der heutigen Experimentalpsychologie wohl kaum noch denkbaren) methodischen Aufwand gearbeitet haben sind ihre Ergebnisse bahnbrechend Trotz einiger Vorlaumlufer stellt die Arbeit nicht zuletzt wohl auch dank ihrer Interdisziplinaritaumlt den eigentlichen Beginn der sprachpsychologischen Assoziationsforschung dar12 Das Werk steht also am Anfang einer Fuumllle von Untersuchungen die dann zumeist von Psychologen durchgefuumlhrt wurden (und deren Ertrag verglichen mit dem der Arbeit von Thumb und Marbe zumeist in umgekehrtem Verhaumlltnis zum methodischen und praktischen Aufwand steht)

Das Verfahren von Thumb und Marbe war einfach Eine Reihe von acht Probanden musste auf zugerufene Woumlrter ihre Wort-Assoziationen nennen Die Zeit zwischen dem Zurufen und der Antwort wurde dabei gemessen Da keine Vorgaben gemacht wurden (wie sie etwa bei Spearmans drittem laquonoogenetischem Prinzipraquo gegeben waren dh man gibt weiszlig und die Relation Gegensatz zu an um schwarz zu erhalten) liegt nicht das Verfahren einer kontrollierten sondern das der sogenannten laquofreien Assoziationraquo vor

Es ist nun zweifellos richtig dass die Zahl und die Art moumlglicher Assoziationen individuell verschieden und damit potentiell unendlich ist Darauf hat auch Eugenio Co-seriu hingewiesen (zB 1966 185f) Ich betone das potentiell ndash denn in Wirklichkeit sind die Verhaumlltnisse anders Die Reaktionswoumlrter sind meist hochgradig voraussagbar Mit anderen Worten Es muss Beziehungen zwischen Ausgangs- und Reaktionswort ge-ben die gerade gegen Individualitaumlt und Beliebigkeit im Bereich des Assoziierens sprechen Die Indizien fuumlr diese Beziehungen sind quantitativer und qualitativer Natur

[p 9] Ich schicke der Behandlung dieser Indizien voraus dass ich mich neben den ersten Erkenntnissen von Thumb und Marbe vor allem auf die Interpretation von Material stuumltze das unter nordamerikanischer Federfuumlhrung erstellt und zusammengetragen wurde Ausgangspunkt ist eine Liste von 100 Woumlrtern die 1910 von G HKent und A JRosanoff aufgestellt und mit 1000 Probanden getestet worden war Mit dieser Wortliste und ihrer Uumlbersetzung wurden dann auch spaumlter eine groumlszligere Zahl von Assoziationstests durchgefuumlhrt und publiziert Das vor allem auf der Liste von Kent und Rosanoff basierende Material ist bequem zugaumlnglich in dem Sammelband von PostmanKeppel 1970 Die um 100 Woumlrter erweiterte Liste von D S Palermo und J J Jenkins sowie das sich daraus ergebende Material sind zugaumlnglich seit 196413

11 Leo Spitzer (1921) hat das Problem der Angleichung der Gegensaumltze im Bereich der Morphologie behan-delt speziell im Bereich der Genus-Opposition und der Opposition augmentativdiminutiv also im Bereich von Groszlig und Klein Yakov Malkiel (1951) ging der formalen Angleichung von Gegensatzpaaren (Typ dextersenexter) nach Eacutemile Benveniste hat sich im selben Jahr unter etwas anderem Vorzeichen und zwar eher im Abelschen oder Meidschen Sinn von Gegensinn mit dem Bedeutungsaustausch zwi-schen den Bezeichnungen fuumlr geben und nehmen im indoeuropaumlischen Bereich befasst Oswald Panagl (1978) hat in diesem Bereich Parallelen zwischen Spracherwerb Sprachabbau und Sprachgeschichte konstatiert12 Esper 1973 60 spricht von einem Meilenstein in der Geschichte der sprachlichen Analogieforschung vgl aumlhnlich auch Houmlrmann 1967 119

211 Argumentum quantitatis

Ich spreche zunaumlchst drei quantitative Indizien an die gegen die Beliebigkeit von Assoziationen sprechen Erstes Indiz ist das Verhaumlltnis zwischen der Zahl der Probanden und der Zahl der assoziierten Reaktionswoumlrter Waumlren Assoziationen voumlllig individuell so koumlnnte man auf das gleiche Ausgangswort bei 1000 Probanden im Extremfall 1000 verschiedene Reaktionen erwarten Die wirklichen Verhaumlltnisse sind anders Bei einem Versuch mit 1000 Probanden und den 100 Ausgangswoumlrtern von KentRosanoff ergaben sich im Fall des Ausgangsworts mit der kleinsten bdquoStreuung (dark) 41 verschiedene Assoziationen im Fall des Ausgangsworts mit der groumlszligten Streuung (trouble) 260 Der Durchschnitt den ich errechnet habe liegt bei knapp 105 verschiedenen Nennungen14 Es ist aber nicht nur so dass bei 1000 Probanden keine 1000 sondern durchschnittlich nur 105 verschiedene Reaktionen vorliegen Es ist auch keinesfalls so dass die Zahl der verschiedenen Reaktionswoumlrter proportional zur Zahl der Probanden ansteigt Ich waumlhle als Beispiel ein Ausgangslexem das wegen analoger semantischer Lagerung auch durch verschiedene Sprachen hindurch in etwa verglichen werden kann das Wort Hand und seine Aumlquivalente in anderen Sprachen bei 288 franzoumlsischen Probanden ergaben sich hier 77 verschiedene Assoziationen bei 331 deutschen 104 bei 400 Englaumlndern 72 bei 998 Amerikanern 99 [p 10]

Noch aufschlussreicher ist das zweite Indiz Die Haumlufigkeit mit der beispielsweise 1000 Probanden die durchschnittlich 105 Reaktionswoumlrter nennen entspricht naumlmlich allem anderen als einer Zufallsverteilung Von 1008 Probanden reagieren etwa auf das Ausgangswort slow 752 (also 75) mit demselben Wort Auf diejenigen Woumlrter welche die folgenden Raumlnge 2 3 und 4 einnehmen entfallen jeweils noch etwa 2 der Nennungen auf die Woumlrter der Raumlnge 5 bis 13 noch etwa 1 auf die Raumlnge 36 bis 94 (94 ist in diesem Fall die obere Zahl) entfallen jeweils noch genau 01 dh die Woumlrter wurden jeweils noch von einem Probanden genannt Ordnet man derartige Werte in ein Koordinatensystem ein in dem auf der Abszisse die Raumlnge der assoziierten Woumlrter auf der Ordinate die mit dem jeweiligen Rang gegebene Frequenz eingetragen wird so erhaumllt man das typische Bild einer Hyperbel hohe Frequenz fuumlr die ersten zwei drei Raumlnge ganz niedrige Frequenzen fuumlr den Rest Es ergibt sich also was die ersten Raumlnge betrifft generell das Bild einer eindrucksvollen Uumlbereinstimmung Aktualitaumlt und Individualitaumlt gehen immer erst unter bdquoferner liefen dh auf den niedrigeren oder den niedrigsten Raumlngen durchs Ziel15

Von groumlszligtem Interesse ist als Abschluss der quantitativen Indizien das Verhaumlltnis von Frequenz und Reaktionszeit hier gilt Je haumlufiger ein Wort als Reaktion genannt 13 Das amerikanische Material liefert in dem Sammelband von PostmanKeppel James J Jenkins 1970 das englischaustralische stammt von Kenneth M Miller 1970 das deutsche von Wallace A Russell 1970 das franzoumlsische von Mark R Rosenzweig 1970 Obwohl alle diese Materialien im Gegensatz zu Thumb und Marbe in schriftlichen Tests gewonnen wurden (weshalb zB die Kontrolle der Reaktionszeit nicht moumlg-lich war) koumlnnen die Daten schon wegen ihrer breiten Basis an Probanden zur Unterstuumltzung und Ergaumln-zung der Ergebnisse von Thumb und Marbe herangezogen werden14 Dabei stellt die Zahl 260 einen Sonderfall dar Die Reihenfolge nach unten lautet 260 174 168 158 157 Die entsprechenden Zahlen fuumlr den Pol der kleinsten Streuung 41 51 57 62 64 6615 Ein Beispiel fuumlr die Aktualitaumlt sowie die Individualitaumlt von Assoziationen Die franzoumlsischen Tests wur-den Mitte der fuumlnfziger Jahre durchgefuumlhrt also zu einer Zeit zu der ein Film mit dem Titel Bitterer Reis von sich reden machte Im franzoumlsischen Test assoziierten dann immerhin noch 3 der Probanden (Rang 6) auf das Ausgangswort amer die Reaktion rizlsquo Weiter Von den 1004 Probanden die ihr Reaktionswort auf girl niederschrieben nannten 70 dasselbe Wort Mit jeweils 2 Nennungen erscheinen dann noch eine Joan eine Mary und eine Shirley auf den Raumlngen zwischen 23 und 39 auf den Raumlngen zwischen 40 und 103 sind dann mit je einer Nennung noch eine Ardis eine Barb eine Beverly Marilyn Nancy Sharon Sue und eine Susie vertreten

wird desto kuumlrzer die Reaktionszeit der jeweiligen Probanden16 Umgekehrt Die ausgefallenen Reaktionen erfordern ein Vielfaches dieser kuumlrzesten Reaktionszeit Waumlhrend etwa die Mehrzahl der Probanden von Thumb und Marbe auf fuumlnf mit sechs reagierte brauchte das Enfant terrible ein Dr Roos uumlber zehn Sekunden um mit dem fuumlnften Badischen Infanterieregiment wie uumlblich aus dem Rahmen zu fallen

212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt

Die Spontaneitaumlt und die hochgradige Uumlbereinstimmung17 der Assoziationen von bei-spielsweise 1000 Probanden waumlren gewiss nicht moumlglich [p 11] ohne innere bdquoqualitative Ursachen Sie sollen im folgenden - in einem ersten Interpretationsversuch - insbesondere anhand des Materials analysiert werden das auf der Wortliste von Kent und Rosanoff basiert Beruumlcksichtigt wird dabei zunaumlchst die Gruppe der Erwachsenen und zwar derjenigen Erwachsenen die sich durch einen hohen Grad an sprachlicher Sozialisierung auszeichnen (die Probanden der psychologischen Assoziationstests rekrutieren sich zumeist aus der Gruppe der Studenten) Die Analyse des Materials laumlsst hier die folgenden fuumlnf Prioritaumlten-Ebenen erkennen

1 Assoziationen sind vorzugsweise solche der gleichen Wortart18 Der modus significandi dh die Information die die Zugehoumlrigkeit zu einer Wortart bringt erweist sich damit fuumlr die Verarbeitung sprachlicher Information als das Merkmal mit der houmlchsten Prioritaumlt

Die haumlufigste Reaktion ist also vom Typ Nomen-Nomen Pronomen Pronomen Adjektiv - Adjektiv komparative Form des Adjektivs komparative Form etc Sind die Ausgangswoumlrter Formen die zwischen verschiedenen Wortarten stehen wie etwa der Infinitiv der im Verbalsystem das nominale Element darstellt so sind die Reaktionen entsprechend gespalten also bald nominal bald verbal wie schon Thumb und Marbe feststellen konnten Die Klassengleichheit zwischen Ausgangswort und Assoziation ist fuumlr das am haumlufigsten genannte Wort durchschnittlich in 80 bis 90 der Faumllle gegeben19

2 Assoziationen sind vorzugsweise aus demselben semantischen Bereich Sie stammen also wie man heute sagen wuumlrde aus demselben Wortfeld Ich interpretiere dabei wie sich noch zeigen wird semantischer Bereich und Wortfeld bewusst weit So werden auf Verwandtschaftsnamen in 80 bis 90 der Faumllle Verwandtschaftsbezeichnungen assoziiert auf Hand kommt Fuszlig auf Spinne Netz Abweichungen sind in aller Regel mit houmlheren Reaktionszeiten verbunden

16 Dieser Zusammenhang wurde spaumlter als das bdquoGesetz von Marbe bekannt und zitiert auch in Amerika - freilich ohne dass man wie Esper 1973 berichtet deshalb das Werk von Thumb und Marbe auch gelesen haumltte17 Es duumlrfte nicht uumlberraschen dass bei gleichem Ausgangsmaterial - den 100 Woumlrtern von Kent und Rosanoff 1910 - in verschiedenen Testsituationen undoder in verschiedenen Sprachen die Ergebnisse variieren Die Marge fuumlr die drei am haumlufigsten genannten Reaktionswoumlrter liegt im Durchschnitt der 100 Testwoumlrter und der Versuche in fuumlnf Sprachen jeweils Zwischen 40 und 60 der Nennungen Vgl Rosen -zweig 1970 99 Wichtig im Hinblick auf Variationen ist wie sich noch zeigen wird der Grad der sprachli -chen Sozialisierung der Probanden18 Diese Beobachtung wurde vor ThumbMarbe 1901 schon von Bourdon 1895 gemacht vgl hierzu Rosenzweig 1970 10219 Ich habe eine Auswahl von 48 Ausgangswoumlrtern der jeweils auf KentRosanoff basierenden Listen fuumlr das genannte amerikanische deutsche und franzoumlsische Material auf die Wortart-Zugehoumlrigkeit hin unter-sucht Dabei wurden alle Reaktionswoumlrter beruumlcksichtigt auf die drei und mehr Prozent der Nennungen entfielen Es erwies sich dass die jeweiligen Nennungen also angefangen vom haumlufigsten Wort bis hin zu dem Wort das noch von 3 der Probanden genannt wurde in etwa der Haumllfte der Faumllle sogar zwischen 90 und 100 klassengleich sind (Amerikanisches Material 26 von 48 Faumlllen deutsches 25 von 48 franzoumlsisches 27 von 48)

[p 12] Die beiden ersten Prioritaumlten zeigen also dass die Similaritaumlt bei den Assoziationen eine grundlegende Rolle spielt - allerdings wie die beiden folgenden Prioritaumltsebenen zeigen eine Hintergrund-Rolle Auf der dritten Prioritaumlts-Ebene kommt naumlmlich vor diesem Hintergrund an Similaritaumlt das Prinzip des Kontrasts zum Zuge

3 Assoziationen sind wo immer dies moumlglich ist fast ausnahmslos Assoziationen zum Entgegengesetzten hin - entgegengesetzt im oben dargelegten aristotelischen Sinn Typische Paare sind also schwarzweiszlig helldunkel kleingroszlig leichtschwer altjung (bzw neu) TagNacht schnellerlangsamer kommengehen kaufenverkaufen ichdu ersie nowthen herethere alwaysnever etc

Dass diese besonders praumlgnante Rolle des Kontrasts kein einzelsprachliches Phaumlnomen ist zeigen die Versuche die mit der Wortliste von Kent und Rosanoff im Bereich des Englischen Englands Amerikas Australiens Kanadas im Deutschen Franzoumlsischen Italienischen und Polnischen gemacht wurden20 Eine starke dh eindeutige Antonymie-Relation (Antonymie im erwaumlhnten weiten Sinn) fuumlhrt stets dazu dass das am haumlufigsten genannte assoziierte Wort das korrespondierende Antonym ist Das Feld der assoziierten Woumlrter bekommt dadurch einen sehr scharfen Fokus der Halo der restlichen Nennungen bleibt gering Paradefall in der liste von KentRosanoff ist das Ausgangswort dark Die Streuung also die Zahl der von 1000 Probanden insgesamt assoziierten verschiedenen Woumlrter betraumlgt hier wie schon erwaumlhnt nur 41 Von den Probanden reagieren 829 (83) mit light 55 weitere mit night 33 mit room 31 mit black etc Sobald eine Antonymie-Relation dagegen schwaumlcher ist zB deshalb weil das Ausgangswort mehrere Antonyme besitzt (also merkmalloser ist) ist entsprechend der weiteren Bedeutungsaura des Ausgangsworts der Fokus der assoziierten Woumlrter weit weniger scharf der Halo der Streuung wird entsprechend breiter Waumlhlt man dagegen eines aus jener Mehrzahl von Antonymen aus also ein notwendigerweise merkmalhaltigeres Wort so verlaufen die Assoziationen mit starker Buumlndelung auf das urspruumlngliche Ausgangswort zu21

[p 13] Auf Rang 4 der Prioritaumltsebenen tritt die Dimension Kontiguitaumlt - Distanz in Erscheinung - und zwar in Form der semantischen nicht der syntagmatischen Kontiguitaumlt

4 Assoziationen richten sich wenn keine oder keine dominierende Antonymie-Relation gegeben ist unter Fortgeltung der Prioritaumlten 1 und 2 nach der semantischen

20 Vgl Rosenzweig 1961 und CarrollKjeldergaardCarton 196221 Ein Beispiel Die Reaktionen auf sweet und suumlszlig weisen in etwa dieselbe Streuung auf Die Streuung ist jedoch bei doux in auffaumllliger Weise groumlszliger Die Ursache Auf sweet wird an 1 Stelle das Antonym sour (43) an 4 Stelle das Antonym bitter (8) assoziiert Analog verhaumllt es sich im Deutschen den 1 Rang belegt sauer (39) den 4 bitter (3) Bei franz doux weist der Petit Robert nicht weniger als 21 Antonyme auf Doux hat also im Gegensatz zu sweet und suumlszlig eine wesentlich weniger praumlgnante Bedeutung Es kommt hinzu dass die praumlgnanteste Bedeutung gar nicht doux im Gegensatz zu aigre oder acide ist sondern doux im Gegensatz zu dur (9) Die einzige einigermaszligen dominante Bedeu-tung von doux ist also weich Als naumlchstes Antonym wird auf Rang 8 noch amer (3) genannt ruumlde nennen noch 2 brutal fort rugueux jeweils 1 mit je einer Nennung sind noch vertreten aigre grossier roche sevegravere Waumlhlt man nun das dominante Antonym des deutschen und englischen suumlszlig naumlmlich sauer wieder als Ausgangswort so zeigt sich hier eine weitgehende Uumlbereinstimmung zwischen allen drei Sprachen an der Spitze der genannten Reaktionswoumlrter liegen sweet (57) suumlszlig (39) und doux (30) - Zur Rolle der MerkmalhaltigkeitMerkmallosigkeit von Antonymen bei der Assoziation sei auch auf Clark 1970 276 hingewiesen

Kontiguitaumlt Allerdings ist die Wortart-Identitaumlt der Prioritaumltsebene 1 hier etwas eingeschraumlnkt die Gruumlnde dafuumlr werden spaumlter evident werden

Es handelt sich hier in der Regel um Assoziationen von etwas was im Bereich der Denotata und das heiszligt auch im Erfahrungsbereich der Probanden mit dem was durch das Ausgangswort bezeichnet ist in einer spezifischen Relation steht Im Gegensatz zum Normalfall der (zweiseitigen) Antonymie-Relation sind diese spezifischen Relationen in der Regel gerichtet Dass die Basis solcher Relationen die Kontiguitaumlt im Erfahrungsbereich ist hat natuumlrlich zur Folge dass hier unter Umstaumlnden soziale und kulturelle Unterschiede vorliegen koumlnnen Dies wird nicht der Fall sein in Beispielen wie araigneacutee toile ragnoragnatela tigefleur stemflower piedchaussure footshoe Es koumlnnte dagegen eher zutreffen in Faumlllen wie comfortchair confortfauteuilrsquo oder BequemlichkeitSessel

5 Assoziationen sind wenn sich keine Kontrast- oder keine semantische Kontiguitaumlts-Relation einstellt Assoziationen im Bereich der semantischen Similaritaumlt oder der syntagmatischen Kontiguitaumlt

Zunaumlchst zur semantischen Similaritaumlt Es handelt sich bei den Assoziationen dieser Gruppe entweder um bdquoSynonyme Oberbegriffe oder um etwas im Ausgangswort Impliziertes Die Beispiele sind relativ selten Bezeichnend ist allein dass solche Assoziationen wenn sie schon gelegentlich an erster Stelle genannt werden nur in relativ geringem Maszlige buumlndeln22 Die andere Variante der fuumlnften Prioritaumltsebene Assoziationen [p 14] im Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt ist in dem von mir analysierten Materialebenfalls nur schwach vertreten (hier gelten uumlbrigens die Prioritaumltsebenen 1 und 2 nur noch sehr eingeschraumlnkt der Grund auch hierfuumlr wird wiederum spaumlter deutlich werden) Zwei Beispiele aus dem deutschen Bereich Auf glatt assoziierten immerhin 40 der Probanden an erster Stelle Eis (laquoGlatteisraquo) erst an zweiter Stelle folgte hier mit 15 das Antonym rau Desgleichen assoziierten auf Stiel (die falsche Uumlbersetzung des englischen stem - gemeint war Stengel) 38 der Probanden den Besen Auch die zweithaumlufigste Assoziation zaumlhlt hier noch zum Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt 6 nannten Stumpf Im englischen und franzoumlsischen Material treten solche Arten der Assoziation erst an untergeordneter Stelle auf ndash etwa vinaigre auf aigre becircte auf belle marche auf pied

Als Hugo Schuchardt die Arbeit von Thumb und Marbe ein Jahr nach ihrem Erscheinen (sehr kritisch) besprach machte er hauptsaumlchlich zwei Einwaumlnde Mit dem ersten dieser Einwaumlnde stand er ganz in der Tradition der bisherigen Assoziationsforschung Thumb und Marbe haumltten die Nachbarschaft in der Rede als eine der Ursachen fuumlr die Assoziationen nicht gebuumlhrend gewuumlrdigt Die analysierten Verhaumlltnisse widerlegen Schuchardt sehr deutlich Sein Einwand trifft allerdings wie sich noch zeigen wird unter ontogenetischem Aspekt zu Auch Schuchardts zweites Monitum die lautliche Aumlhnlichkeit muumlsste als einer der Faktoren des Assoziierens staumlrker betont werden ist obsolet Selbst unter 1000 Probanden waumlre entgegen der Vermutung Schuchardts kaum einer gewesen der auf drei die Zahl zwei assoziiert 22 Dies zeigen die folgenden Beispiele enfant 1 petit (12) 2 beacutebeacute (8) child 1 baby (16) Kind 1 klein (12) (2 Mutter (10)) 3 Baby (6) oder Quadrat 1 Viereck (14) Ein Beispiel fuumlr die Wahl des Oberbegriffs aigle 1 oiseau (16) Adler 1 Vogel (21) Typisch fuumlr die relativ geringe Wir-kung der semantischen Similaritaumlt im Sinn von Synonymie ist der Umstand dass die meisten Syno nyme ansonsten an nachgeordneter Stelle vorkommen Auf dark assoziieren 3 (und an 4 Stelle) black auf beautiful immerhin 14 an 2 Stelle pretty an 6 Stelle (4) lovely an 1 Stelle steht das Antonym ugly Auf rough wird an 1 Stelle mit dem Antonym smooth (44) reagiert erst an 2 Stelle folgt mit 7 hard Auf sommeil folgt an 1 Stelle das semantisch benachbarte lit erst an 2 Stelle (10)reposrsquo

haumltte23 Dies liegt daran dass sprachliche Information primaumlr nach ihrem syntaktisch-semantischen [p 15] Gehalt analysiert und verarbeitet wird (und die Assoziationen auf Zahlen sind hier wie noch in 32 gezeigt werden wird hochgradig gerichtet) Klangphaumlnomene sind auf jeden Fall sekundaumlr Erst dann wenn der Proband die Bedeutung nicht versteht wie etwa bei Fremdwoumlrtern bei Termini technici oder bei Woumlrtern einer ihm unbekannten Sprache spielt die Laut-Assoziation eine Rolle24 Thumb zeigte dies in einer spaumlteren Studie aus dem Jahre 1908

21a Aktualisierender Zusatz im Jahr 2011

Ein Team von drei Wissenschaftlern der Universitaumlten von South Florida und Kansas hat den bisher wohl groumlszligt-angelegten Test mit Assoziationen auf Wort-Stimuli unternommen und dies mit einer Unzahl von Probanden Nelson D L McEvoy C L amp Schreiber T A (1998) The University of South Florida word association rhyme and word fragment norms25 ldquoMore than 6000 participants produced nearly three-quarters of a million responses to 5019 stimulus wordsrdquo

Im vorliegenden Fall geht es um insgesamt 4870 Woumlrter als Ausgangspunkte fuumlr Assoziationen (cues) 76 davon Nomina 13 Adjektive 7 Verben 16 waren Homographen Die Testpersonen durften jeweils ein einziges Wort als Reaktion aufschreiben Die Reaktionszeit wurde dabei nicht gemessen Aus den 4870 Faumlllen habe ich die 538 ausgewaumlhlt in denen eine ldquoForward Cue-to-Target Strengthrdquo von ge 05 vorlag bei denen also ein Reizwort mit hoher Wahrscheinlichkeit ein oder mehrere Zielwoumlrter ausloumlst Dabei bestaumltigen sich die Ergebnisse der 1980 vorgenommenen Analyse fast vollstaumlndig

Antonymen-Relationen die sich anhand des Corpus der University of Southern Florida ergeben Die meisten sind zweiseitig Sie entsprechen den u auf S 2223 analysierten acht Strukturierungsdimensionenabove lt--gt belowadd lt--gt subtractaddition lt--gt subtraction

defense --gt offensedifferent --gt samedown lt--gt up

major --gt minorme lt--gt youmine lt--gt yours

23 Vgl im Einzelnen Schuchardt 1902 - Dass Assonanzen keine Rolle spielen gilt natuumlrlich nicht dort wo jemand im Sinn des dritten noogenetischen Prinzips von Spearman explizit Woumlrter sucht die mit dem Ausgangswort durch die Relation lautlicher Similaritaumlt verbunden sind also beispielsweise Reimwoumlrter - Wie sehr die Verarbeitung sprachlicher Information primaumlr auf die Analyse syntaktischer und semanti-scher Merkmale ausgerichtet ist zeigt sich einerseits bei den unendlich zahlreichen Versuchen der Psychologen vergangener Jahrzehnte mit kuumlnstlichem sinnlosem Wortmaterial zu arbeiten die Proban-den versuchen auch dort ganz automatisch zunaumlchst einen Sinn zu houmlren Wie sehr die etwa von Coseriu stets betonte Semantizitaumlt der Sprache selbst bei traumatischen und sonstigen Aphasikern im Vorder-grund steht zeigt andererseits die einschlaumlgige Forschung Luria (1976 150f) berichtet dass auch bei den Assoziationen von Aphasikern Woumlrter mit verwandter Bedeutung den Vorrang vor Woumlrtern mit aumlhnli-chem Klang haben Nur bei besonders schweren Faumlllen von Aphasie und bei geistig Zuruumlckgebliebenen dominiert die Lautassoziation vor der inhaltlichen Als Beispiel fuumlr die untergeordnete Bedeutung von Lautassoziationen kann auch ein Versuch mit Aphasikern dienen dessen Gegenstand kontrollierte Assoziationen waren (Aufzaumlhlen von Tiernamen) von den 2918 Namen die von insgesamt 94 Patienten innerhalb von fuumlnf Minuten genannt wurden waren ganze 6 Faumllle vom Typ MausLaus (GloningMuumlller 19711972 264)24 Bin illustratives Beispiel sind die Reaktionen auf das im amerikanischen Englischen aumluszligerst selten be -legte Ausgangswort abbess (Aumlbtissin) Den 1 Rang unter den Antworten hat hier mit 9 hole - ganz offensichtlich deshalb weil die Probanden abbess als abyss verstanden Erst an 2 Stelle folgt mit 5 ein Wort bei dem wohl die lautliche Assoziation Pate gestanden hat abscess (Postman 1970 260) 25 httpw3usfeduFreeAssociation

answer lt--gt questionasleep lt--gt awakeback lt--gt frontbad lt--gt goodbefore --gt afterbegin lt--gt endbest lt--gt worstblack lt--gt whiteborrow --gt lendbottom lt--gt topfemale lt--gt maleboy lt--gt girluncle lt--gt auntactor lt--gt actressbrother lt--gt sisterdad lt--gt momfather lt--gt motherdaughter lt--gt songrandma lt--gt grandpahusband lt--gt wifeman lt--gt womanbuyer lt--gt sellerclose --gt openday lt--gt nightdead --gt alive

downstairs lt--gt upstairsdryer --gt washereast lt--gt westempty lt--gt fulleven lt--gt oddexit --gt entranceexplode --gt implodefalse lt--gt truefar lt--gt nearfind lt--gt seeksearchfirst --gt lastforward lt--gt backwardfound lt--gt lostgo lt--gt stopgroom lt--gt bridehello --gt goodbyehe lt--gt shehere lt--gt therehigh lt--gt lowin lt--gt outleader --gt followerless lt--gt morelose --gt winloser lt--gt winnerlost lt--gt found

minus lt--gt plusnegative lt--gt positiveno lt--gt yesnorth lt--gt southoff lt--gt onold --gt newopen --gt closeclosedoutside --gt insideover lt--gt underpoor lt--gt richqueen --gt kingquestion lt--gt answerright --gt leftright --gt wrongscratch --gt itchseller lt--gt buyersit --gt standslow lt--gt fastsoft lt--gt hardthin --gt thicktight --gt loosetoday lt--gt tomorrowtwice --gt onceweak --gt strong

Bemerkenswert sind solche abweichenden Faumllle in denen an erster Stelle nicht ein Antonym assoziiert wird sondern ein aumlquivalenter Begriff etwa finish --gt done und erst an zweiter Stelle start happy fuumlhrt an erster Stelle zu joyous an dritter und vierter Stelle immer noch sehr haumlufig zu cheerful und glad sad steht erst an zweiter Stelle Hard fuumlhrt an erster und zweiter Stelle zu difficulty und difficult die beiden moumlglichen Antonyme easy und soft folgen (mit immer noch hoher Frequenz) an dritter und virter Stelle Umgekehrt fuumlhrt nur soft hoch frequent zu hard Parallel ist ein Fall wie hate zu dem hoch frequent despise und dislike assoziiert wird waumlhrend love unter der 05-Schwelle an dritter Stelle folgt Genauso verhaumllt es sich mit love das zu affection ro-mance und adore fuumlhrt (love ist als Wortart polyfunktional) hate folgt an vierter Stelle in der Frequenz Hot fuumlhrt in seiner einen Bedeutung zu spicy in einer anderen zu humid erst an dritter Stelle zu cold Umgekehrt gilt aber cold --gt hot Late fuumlhrt an erster Stelle zu tardy erst an zweiter zu early Auf many wird an erster und zweiter Stelle several und numerous assoziiert erst an dritter folgt unter der 05-Schwelle fewsome waumlhrend umgekehrt nur few mit einiger Frequenz zu many fuumlhrt Bei old gilt zwar --gt new aber dann folgen drei verwandte Begriffe (elderly antique ancient) erst an vierter Stelle kommt das andere Antonym young Vergleichbar ist das vieldeutige present an erster Stelle steht hier gift dann folgt mit past ein Antonym mit absent ein anderes In einem Fall wie forget wird an erster Stelle forgive (ldquolet us forget itrdquo) assoziiert also ein willentliches vergessen waumlhrend umgekehrt remember direkt zu forget fuumlhrt Mehrdeutigkeit ist also immer ein lsquoStoumlrfaktorrsquo wie auch der Fall short --gt talllong an zweiter Stelle short --gt brief zeigt oder small --gt tiny und an zweiter und dritter Stelle --gt big large Interessant ist auch das Beispiel square das an erster Stelle zum Oberbegriff rectangle fuumlhrt und dann zu zwei gleichermaszligen moumlglichen lsquoAntonymenrsquo circleround

und triangle Strong fuumlhrt an erster Stelle zu einem Parallelbegriff powerful erst an zweiter zu weak waumlhrend weak direkt zu strong fuumlhrt Wet fuumlhrt -- in dieser Reihenfolge -- zu slippery moist drench und dry aber nur dry fuumlhrt in nennenswertem Umfang zuruumlck zu wet

Die uumlberwiegende Zahl der anderen Faumllle sind solche in denen ein Begriff aus demselben Erfahrungsbereich assoziiert wird In manchen Faumlllen sind das sehr viele So gibt es bei money der hohen Zahl von Probanden entsprechend eine hohe Zahl von Nennungen fuumlr (in absteigender Reihenfolge aber immer noch mit einer Forward Cue-to-Target Strength von gt05) cash bank fund wallet profit spend banker income bud-get lottery dollars checkbook salary Insgesamt sind es hier 302 verschiedene Targets Aumlhnliches gilt fuumlr tree -- wo jeder an eine spezifische ihm gelaumlufige Baumart oder einen Baum-Bestandteil denken kann

22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens

Mit seinem genialen Blick fuumlr das Grundlegende hat Roman Jakobson inspiriert von Mikołai Habdank Kruszewski (1886) die Aufmerksamkeit auf das Zusammenwirken zweier Prozesse beim Sprechen gelenkt eines paradigmatischen bei dem Einheiten aus anderen gleichrangigen Einheiten ausgewaumlhlt und eines syntagmatischen bei dem die ausgewaumlhlten Einheiten in eine lineare Abfolge gebracht werden Im paradigmatischen Prozess spielt die Dimension Similaritaumlt - Kontrast im syntagmatischen die Dimension Kontiguitaumlt - Distanz eine dominierende Rolle

In diesen Rahmen lassen sich nun nicht nur Typen der Aphasie einordnen26 sondern auch die Typen des Versprechens die Meringer und Mayer 1895 vorgefuumlhrt haben Da die lineare Anordnung elementarer Zeichen ein Charakteristikum der Rede ist ist die Mehrzahl der bdquosprachlichen Fehlleistungen im Bereich der syntagmatischen KontiguitaumltDistanz anzutreffen Ihre Hauptursache ist darin zu sehen dass (wenigstens normalerweise) das Denken einen Vorlauf vor dem Artikulieren hat - und der Sprecher setzt dann das was er zu sagen plant an die Stelle dessen was er im Moment artikuliert Das bdquoSpaumltere wirkt also dabei scheinbar paradoxerweise - auf das bdquoFruumlhere Ohne auf die Einzelheiten dieser Art des Versprechens eingehen zu wollen dessen Ergebnisse sehr haumlufig Vertauschungen also Metathesen sind sei hier zweierlei festgehalten Zum einen sind die in der Rede auf diese Art vertauschten Elemente in aller Regel klassengleich - wobei der Begriff Klasse nicht nur Wortarten also den modus significandi sondern beispielsweise auch Anlaute Auslaute Stammvokale betonte Silben usw umfassen kann27 Mit den Worten von Meringer und Mayer [p 16] (1895 17) laquoAm gewoumlhnlichsten sind die Vertauschungen der Adjectiva mit Adjectiven Substantiva mit Substantiven Verba mit Verbenraquo Zweitens sei festgehalten laquoAntithetische Woumlrter werden besonders leicht vertauschtraquo (1895 15) Ein Beispiel fuumlr diese Art der Metathese laquoDa steht der Einsatz nicht fuumlr den Gewinnraquo

Die zweite groszlige Gruppe fuumlr Versprech-Leistungen sind solche deren Ursache in der Auswahl waumlhrend des paradigmatischen Prozesses gesehen werden muss Die eine Untergruppe sind hier die bdquoKontaminationen bei der Vorstellung etwas schreiben werden die Ausdrucksmoumlglichkeiten etwas zu Papier bringen und etwas schreiben

26 Zur Fruchtbarkeit der Unterscheidung Jakobsons fuumlr die Klassifizierung von Aphasien vgl Luria 1976 5227 Einige Beispiele laquoSaint-Exupeacuterinces Petit Princeraquo laquoMinuster fuumlr Kultus und Unterrichtraquo Die Elemente koumlnnen auch vertauscht werden - Metathesen dieser Art sind laquoeine Sorte von Tacherraquo laquodenile Semenzraquo laquoVerteidigung ist die Spiele des Seelsraquo etc Die Beispiele stammen bis auf das erste aus MeringerMayer 1895 Zu analogen Erscheinungen beim Verlesen vgl auch Kolers 1976

kombiniert zu etwas zu Papier schreiben Freud nennt dies gewiss zutreffend Verdichtungen Die andere Unterart dieses semantischen Versprechens besteht in der Vertauschung (bdquoSubstitution) zweier Elemente - wobei es sich nicht mehr um Elemente aus dem Syntagma sondern um Elemente des paradigmatischen Auswahlprozesses handelt laquoBekannt istraquo so heiszligt es bei Meringer und Mayer (1895 79) laquodass kontrastierende Vorstellungen einander assoziieren So kommt man auf dem Wege der Substitution dazu das Gegenteil von dem zu sagen was man gemeint hatraquo Also etwa laquoIhm war auch kein Berg zu niedrigraquo (statt zu hoch) laquowas er verliert (statt gewinnt) gibt er seinen Kindern in die Sparbuumlchseraquo

Was schon bei voumlllig gesunden Sprechern wenn man ein Ohr dafuumlr hat mit bemerkenswerter Haumlufigkeit zu beobachten ist kann natuumlrlich im Fall von verminderter Sprechfaumlhigkeit (Aphasien) in verstaumlrktem Maszlige auftreten Herbert Pilch hat aus linguistischer Sicht auf die bekannte Erscheinung hingewiesen dass Aphasiker Woumlrter verwechseln die im Verhaumlltnis des Gegensinns zueinander stehen (1972 8) Ein einfaches Beispiel aus einem Sprachtest mit Aphasikern (Muumlller 1976 257ff) Es handelt sich um einen Test in dem der Umgang mit metakommunikativen Verben uumlberpruumlft wurde Beim Nachsprechen eines groumlszligeren zusammenhaumlngenden Texts - dies war eine der Aufgaben - wurden dabei vereinzelt sinnstoumlrende Vertauschungen zwischen den korrelativen Begriffen fragen und antworten beobachtet Von einem analogen Test mit Einzelsaumltzen heiszligt es laquoSinnstoumlrend vertauscht wurden fragen mit erwidern wissen wollen bzw sich erkundigen (wurden) durch sprechen ersetztraquo In einem Sortiertest sollten metakommunikative Verben nach inhaltlichen Kriterien zu Gruppen geordnet werden Dieser Test wurde wegen der erforderlichen hohen Konzentration allerdings nur von fuumlnf Probanden absolviert Vier davon gruppierten fragen wissen wollen sich erkundigen antworten entgegnen erwidern Der fuumlnfte Proband gekennzeichnet mit dem Stichwort laquoKonduktionsaphasieraquo bildete dagegen [p 17] die Paare fragenantworten antwortenerkundigen wissen wollenentgegnen Er gliederte also was der Untersuchende nicht direkt sieht nach Antonymen-Paaren28

3 Interpretation der beschriebenen Phaumlnomene oder Die verschiedenen Strategien zum Erfassen von Bedeutung

No hay que explicar el hablar desde el punto de vista de la lengua sino viceversa (Coseriu 19551973 287)

Meringer und Mayer haben darauf hingewiesen man muumlsse sich huumlten den Sprechfehler als etwas Pathologisches aufzufassen Sie erlaumlutern dies mit einem praumlgnanten Bild Beim Sprechfehler versage nur die Aufmerksamkeit die Maschine laufe ohne Waumlchter sich selbst uumlberlassen Und was den Sprechfehler fuumlr die Sprachwissenschaft lehrreich mache sei der Umstand dass das Uhrwerk in solchen Augenblicken des Mantels entkleidet scheine und ein Blick in die Raumlder moumlglich sei (1895 7) Aumlhnliches gilt fuumlr die permanenten Abweichungen von der Sprachnorm die sich im Sprechen von Individuen oder Individuen-Gruppen finden (und die zB Henri Frei in seiner Grammaire des fautes (1929) festgehalten hat) Die Uumlberlegungen gelten natuumlrlich ebenso fuumlr die Wort-Assoziationen insbesondere dann wenn man wie urspruumlnglich Thumb und Marbe mit der Beruumlcksichtigung der Spontaneitaumlt also der Reaktionszeit ein Indiz dafuumlr hat welche Prozesse unter Umstaumlnden laquoautomatischraquo 28 Nach der Analyse die Luria von dem seit Wernicke und Lichtheim so genannten Syndrom der bdquoLeitungsaphasie gibt duumlrfte es sich um die Variante mit akustisch-artikulatorischer Stoumlrung handeln In der Variante mit akustisch-mnestischer Stoumlrung sind sogenannte bdquoverbale Paraphasien relativ selten Vgl Luria 1976 239-285 insbes S 247-273

oder mit Meringer und Mayer so ablaufen dass laquoder Waumlchterraquo also das Bewusstsein des Sprechers dessen bestenfalls hinterher richtig gewahr wird Mutatis mutandis gilt die Uumlberlegung schlieszliglich auch fuumlr den Bereich der Sprachstoumlrungen laquoPathologia illustrat physiologiamraquo das Anomale lehrt uns wie das Normale funktioniert ndash so lautet ein alter Grundsatz der medizinischen Forschung Wie betraumlchtlich der Unterschied zwischen den voll bewussten mehr Zeit in Anspruch nehmenden Suchprozessen und den halbbewussten Assoziationen ist zeigen solche Aphasien in denen der Patient ein Wort bei bewusstem Suchen nicht findet oder ein Wort das ihm vorgesprochen wird nicht wiederholen kann waumlhrend er im Bereich des offenbar funktionierenden Assoziierens das betreffende Wort findet bzw sagen kann29

[p 18] Wenn ich nach der obigen Skizzierung quantitativer und qualitativer Verhaumlltnisse im Bereich von Wortassoziationen nun versuche die bisherige Untersuchung im eigentlichen Sinn zu interpretieren so lasse ich mich von der folgenden Grunduumlberlegung leiten Da Assoziationen mit Wortmaterial im Idealfall in einem halbbewussten Bereich spontanen Reagierens ablaufen koumlnnte man meinen es handle sich um ganz einfache primaumlre Prozesse sprachlicher Aktivitaumlt Komplex und sekundaumlr waumlre dagegen die Aumluszligerung von Saumltzen und Texten Nun hat freilich einer der groszligen Aphasieforscher Kurt Goldstein gezeigt dass es sich eigentlich genau umgekehrt verhaumllt Primaumlr am Sprechen ist die Mitteilungsabsicht dh das Kommunizieren mit Hilfe groumlszligerer syntagmatischer Einheiten im Rahmen von Kommunikationssituationen Das scheinbar so einfache Assoziieren von Woumlrtern oder das Benennen von Gegenstaumlnden sind dagegen recht schwierige und komplexe Aufgaben Wie Roman Jakobson gezeigt hat ist zB das Benennen eines Gegenstandes ein metasprachlicher Akt30 Ein solcher Akt setzt die Existenz und das isolierte Funktionieren eines praumlzisen Orientierungs- und Einordnungssystems voraus Bei Assoziations-Tests muss ein gehoumlrtes Wort ohne jede Situations- oder Kontexthilfe analysiert erkannt und eingeordnet werden

Ich habe nun eingangs mit Hilfe einiger einfacher Beispiele aus dem Bereich der Gestaltpsychologie gezeigt dass eine solche Erkenntnis immer erst dadurch zustande kommt dass man uumlber das Gegebene hinausgeht going beyond the Information given Dementsprechend besteht mein Interpretations-Ansatz jetzt darin dass ich die von einem vorgegebenen Ausgangswort ausgehende Assoziation als den Reflex einer Strategie interpretiere einer Strategie die dazu dient die Bedeutung von Woumlrtern im Hinausgehen uumlber das gegebene Wort zB durch die Einordnung in das semantische Orientierungs-System zu erfassen

31 Zwei Grundtypen des Assoziierens

Hier gibt es nun nicht eine einzige es gibt wenn ich recht sehe zwei Grundstrategien zur Erfassung von Bedeutung Vergegenwaumlrtigt man sich den primaumlren auf Mitteilung ausgerichteten Aspekt des situativen Sprechens in Saumltzen und Texten und den subsidiaumlren - wenn auch unverzichtbaren - Charakter desjenigen Bereichs in den auch das Assoziieren von Woumlrtern faumlllt so versteht man sofort die eine von zwei grundlegend verschiedenen Strategien dh Arten der sprachlichen Reaktion auf

29 Kurt Goldstein der von solchen Faumlllen berichtet erwaumlhnt im selben Zusammenhang das Phaumlnomen laquodass die falschen Woumlrter oft mit weniger Paraphasie (gemeint ist hier Paraphasie als lautliche Abwei-chung) geaumluszligert werden als die richtigenraquo (1948 101 vgl 239) Dies duumlrften diejenigen Faumllle sein in de -nen der Sprechprozess gewissermaszligen bdquovon oben her dh von der bewussten intentional vom laquoWaumlch-terraquo gesteuerten Seite her gestoumlrt ist30 Jakobson 1974 125ff vgl generell Goldstein 1948 zum Bereich der Kategorisierung

Wortmaterial Kinder erwerben Sprache sei sie nun kommunikativ oder das eigene Handeln begleitend in Situationen und damit dominant in syntagmatischer Realisierung Uumlber die nach und nach verstandene [p 19] fremde und die nach und nach sich entwickelnde eigene syntagmatische Realisierung von Sprache baut sich dann jenes semantische Orientierungs- und Einordnungssystem auf innerhalb dessen Rahmen die andere dominant paradigmatische Strategie anzusiedeln ist Wie Hans-Martin Gauger ausgefuumlhrt hat handelt es sich bei dem Aufbau dieses Systems um einen Prozess zunehmender bdquoVerdichtung (1970 65-69)

311 Syntagmatisches Assoziieren

Da sprachliche Elemente wie die Woumlrter fuumlr Kinder zunaumlchst einmal Woumlrter im syntagmatischen Kontext sind ist es nicht verwunderlich dass - wie seit Anfang des Jahrhunderts beobachtet wurde - Kinder vorwiegend syntagmatische Assoziationen haben Sie nennen also vorwiegend Woumlrter mit denen die Ausgangswoumlrter zusammen vorkommen dh die Assoziationen verlaufen im Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt Typisch sind derartige Assoziationen auch fuumlr solche Personen deren sprachliche Sozialisierung nicht durch den bewussten Umgang mit der eigenen und mit fremden Sprachen waumlhrend zwoumllf bis dreizehn Schuljahren perfektioniert wurde also etwa fuumlr Volksschul-Absolventen Schuchardts Einwand Thumb und Marbe haumltten die Bedeutung der syntagmatischen KontiguitaumltDistanz fuumlr das Assoziieren nicht gebuumlhrend beruumlcksichtigt hat also von der Ontogenese her gesehen seine Berechtigung31 Waumlhrend syntagmatische Assoziationen bei bdquogebildeten Erwachsenen also relativ selten sind sind sie bei Kindern und anderen sprachlich weniger Sozialisierten recht haumlufig Typische (und in allen nachfolgenden Faumlllen von den Assoziationen der 288 franzoumlsischen Studenten abweichende) Beispiele sind aus den jeweils erstrangigen Nennungen von 115 franzoumlsischen Bauarbeitern fenecirctre - ouverte (31) blanc - neige (27) aigre - vinaigre (26) rouge - sang (25) santeacute - bonne (23) table ronde (23) faim - (de) loup (23) citoyen - franccedilais (22) lune - (de) miel (20) tabac - blond (17) musique - douce (17 - zusammen mit classique leacute-gegravere agreacuteable harmonieuse 31) lent - tortue (15) meacutemoire - courte (14) joie - (de) vivre (14) papillon - vole (10) etc Charakteristisch ist hier wiederum dass solche dominant von der syntagmatischen Kontiguitaumlt bestimmten (und in der Regel nicht wortartgleichen) Assoziationen nur selten jene stark buumlndelnde Wirkung haben die fuumlr Assoziationen zum Gegensinn hin charakteristisch ist [p 20]

312 Paradigmatisches Assoziieren

Die andere (trotz mancher Grenzfaumllle von der syntagmatisehen zu unterscheidende) grundlegende Strategie zum Erfassen von Bedeutung spiegelt sich im dominant paradigmatischen Assoziieren also in jenen Assoziationen die im Bereich des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems verlaufen Eingangsvoraussetzung fuumlr beide Arten des Assoziierens ist die vorgaumlngige phonologische Analyse mit der Zuordnung eines Lautbildes und der (natuumlrlich

31 Das assoziative Verhalten der Kinder und Jugendlichen hat sich allerdings seit dem Beginn des Jahrhun-derts in betraumlchtlichem Maszlig demjenigen der Erwachsenen angenaumlhert Die Ursache ist zweifellos in einer fruumlheren und ausgepraumlgteren sprachlichen Sozialisierung zu sehen Vgl dazu auch Esper 1973 105 Pa-lermoJenkins 1965 oder Jenkins 1970 7

vorlaumlufigen32) Zuordnung einer Wortart Beim dominant syntagmatischen Assoziieren besteht die Strategie fuumlr die Zuordnung einer Bedeutung zu dieser Einheit aus Wortart und Lautschema vor allem im Assoziieren eines syntagmatischen Gebrauchskontextes also in der Einordnung in ein komplexeres Zeichen mit dem sich daraus ergebenden bdquomonosemierenden Effekt lune - lune de miel blanc (comme la) neige citoyen - (un) citoyen franccedilais table - (la) table (est) ronde etc Bei der paradigmatischen Art des Assoziierens besteht die Strategie zur Erfassung von Bedeutung dagegen darin dass das Ausgangswort in Relation zu einem anderen gleichrangigen Zeichen gesetzt wird Die Strategie ist also abstrakter ja geradezu metasprachlich ndash eine Analyse die schoumln Goldsteins These von der Komplexitaumlt scheinbar ganz einfacher Aufgaben bestaumltigt

Was nun das spezifisch paradigmatische Orientierungs- und Einordnungssystem betrifft so scheinen mir hier bei angemessener Interpretation der Verhaumlltnisse zwei Untersysteme vorzuliegen Untersysteme die nicht scharf voneinander getrennt sind Im einen dieser Systeme vollzieht sich der Zugriff uumlber die Dimension Similaritaumlt - Kontrast im anderen System ist wie noch erlaumlutert wird die Information (vor dem Hintergrund der Similaritaumlt) verfuumlgbar uumlber die semantische Kontiguitaumlt in Opposition zur Distanz Beide Systeme arbeiten jedoch mit einem gemeinsamen Grundprinzip das man als bdquoModul in Form eines Dreiecks (mit einer Reihe von Varianten) konzipieren kann Einer Informationseinheit A sind mindestens zwei andere Einheiten B und C in folgender Weise zugeordnet33 [p 21]

Dabei sind die Beziehungen zwischen AB und AC solche der Similaritaumlt ndash eine Similaritaumlt der die oben auf S 11 f genannten Prioritaumltsebenen 1 (gleiche Wortart) und 2 (gleicher semantischer Bereich) entsprechen Die Beziehung zwischen B und C ist je nachdem eine Beziehung des Kontrasts (dem entspricht die oben genannte Prioritaumltsebene 3) oder der semantischen Kontiguitaumlt (der die Prioritaumltsebene 4 entspricht) Die Varianten ergeben sich hauptsaumlchlich aus der Zahl der Elemente auf der Achse BC zum Teil auch daraus dass die Position von A einzelsprachlich nicht besetzt oder aber wie im Fall von A = homme B = homme G = femme mit einem der dann merkmallosen Elemente B oder

32 Analyse-Ergebnisse sind auf dem Weg von den kleineren zu den groumlszligeren Einheiten insofern vorlaumlufig als die Analyse der kleineren Einheit im Rahmen der Analyse der Uumlbergreifenderen Einheit stets korrigiert werden kann (Der entsprechende Ruumlckkopplungs-Effekt hat seine physiologische Basis in dem Faktum dass die Zellen der kortikalen Lamina VI [die etwa 2 mm dicke Groszlighirnrinde hat sechs physiologisch und funktionell differenzierbare Schichten] vorwiegend Ruumlckkopplungs-Funktion haben) Der Ruumlckkopplungs-Effekt ist der Grund dafuumlr dass manche bdquoDefekte bei Aphasikern erst dann entdeckt werden wenn man sie kleinere Einheiten ohne Kontext nachsprechen laumlsst33 Der Gedanke der modularen Struktur ist inspiriert durch Erkenntnisse der Neuroanatomen Sie haben in der letzten Dekade zunehmend die These vertreten die komplexe Struktur unseres Nervensystems - ein-schlieszliglich des Groszlighirns - basiere auf relativ ein-fachen genetischen Programmen Korrelat dieser Pro-gramme sind laquomodulareraquo laquorepetitiveraquo oder laquoperiodischeraquo Strukturen etwa im Bereich des Ruumlckenmarks oder der Groszlighirnrinde Vgl beispielsweise Szentaacutegothai 1978

C identisch ist (Ist ein spezieller Begriff fuumlr A vorhanden oder ist A identisch mit B oder C so liegt ein Fall von Gegensinn in jener Verwendungsweise vor wie man sie sinnvollerweise Abel unterstellen muss ndash Abels Beispiele sind von Benveniste (1956) zerpfluumlckt worden Ein aumlhnliches Vorkommen solchen Gegensinns gilt fuumlr Fragen des Typs bdquoWie alt (und nicht wie jung) wie groszlig wie lang wie schoumln ist das und dasldquo also fuumlr Faumllle die zB Elmar Holenstein treffend analysiert hat (1976 69f))

Im Fall der Similaritaumlt-Kontrast-Interpretation des Dreiecks ist eine merkmalsemantische Interpretation plausibel B und C enthalten alle Merkmale von A (A ist der Oberbegriff) sie enthalten jedoch noch zusaumltzliche Merkmale und zwar dergestalt dass diejenigen von B und C nicht voumlllig identisch sind sondern in der Regel in einem Merkmal kontrastieren34 [p 22]

3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System

Zunaumlchst zu dem paradigmatischen System in dem fuumlr das Hinausgehen uumlber die gegebene Information die Kontrast-Relation ausschlaggebend ist Es geht also um den Bereich des Entgegengesetzten ndash Otto Gsell hat in seiner Arbeit uumlber die Gegensatzrelationen im Wortschatz romanischer Sprachen eine sehr wesentliche Beobachtung gemacht und so fruumlhere analoge Beobachtungen in entscheidendem Maszlige praumlzisiert Unser Wortschatz ist keinesfalls so beschaffen dass alle Woumlrter ihr Antonym haumltten Ganz im Gegenteil der Wortschatz der bdquoantonymfaumlhig ist macht nur einen relativ geringen Teil des Gesamtwortschatzes aus ndash aber er konzentriert sich auf bestimmte inhaltliche Bereiche des Lexikons Nimmt man wie Gsell als Maszligstab das Begriffssystem von Rudolf Hallig und Walther v Wartburg (19521963) so ergeben sich drei Schwerpunkte Die gegensatzfaumlhigen Woumlrter konzentrieren sich

l in der Rubrik laquoLacircme et lintellectraquo wo es sich um etwa vier Fuumlnftel von insgesamt 2000 Eintraumlgen handelt Es geht dort um geistige Faumlhigkeiten Bewusstsein Gedaumlchtnis Wahrnehmung Denken Vorstellung Gefuumlhle und dergleichen (Hallig und Wartburg verwenden in dieser Rubrik teilweise was Gsell nicht eigens erwaumlhnt Antonymenpaare explizit als Unter-Rubriken)

2 in der Rubrik laquoLa prioriraquo Hallig und Wartburg versuchen dort laquoden inhaltlich sehr allgemeinen nicht sachgebietsbezogenen Wortschatz nach Denk- und Begriffskategorien wie Existenz physische Zustandsformen Eigenschaften Ordnung Wertung Quantitaumlt Raum Zeit Kausalitaumlt Bewegung und Veraumlnderung zu gliedernraquo (Gsell 1979 114) Die Rolle des Kontrasts fuumlr diesen Bereich ist im Uumlbrigen bereits durch das oben zitierte Beispiel der aristotelischen Kategorien ersichtlich

3 im Bereich der jeweiligen Unter-Rubrik geacuteneacuteraliteacutes (oa) zu den jeweiligen groumlszligeren Abschnitten bei HalligWartburg

Gsell spricht anhand der Begriffe des zweiten Bereichs (den dritten nennt er nicht ausdruumlcklich) von laquosemantischen Strukturwoumlrternraquo (im Gegensatz zu den syntaktischen) sie lieszligen sich keinem bestimmten sachlichen oder begrifflichen Bereich

34 Herbert HClark spricht in diesem Zusammenhang (1970 275f) von der laquoRegel des minimalen Kon-trastsraquo In der Ontogenese kann im Uumlbrigen beobachtet werden dass die Beziehungen zwischen kontrastierenden Paaren zT insofern asymmetrisch sind als eins der beiden Elemente privilegiert dh fruumlher gelernt bzw als Oberbegriff verwendet wird Hiermit hat sich in einer Reihe von Arbeiten vor allem Eve V Clark befasst

zuordnen seien jedoch (besser sollte man sagen gerade deshalb) in jeder Art von Rede unentbehrlich

Der Begriff der laquosemantischen Strukturwoumlrterraquo scheint mir gluumlcklich gewaumlhlt zu sein weil solche Woumlrter - als eine von jeweils zwei Alternativen - unsere Erfahrung in houmlchstem Maszlige strukturieren Hierzu zwei Beispiele Von den 34 Woumlrtern der Listen von RussellJenkins (1970) bzw PalermoJenkins (1964) auf die mindestens 50 der Probanden als Assoziation an erster Stelle dasselbe Wort nennen sind 23 solche auf die ein Antonym assoziiert wird Als Strukturierungsdimension dienen dabei

ndash siebenmal der Geschlechtsunterschied (boygirl heshe kingqueen etc)ndash viermal im Bereich des Gesichtssinns die Dimension helldunkel (blackwhite dark light)ndash fuumlnfmal die Orientierung in Raum bzw Raum undoder Zeit (slowfast herethere longshort highlow youngerolder) weiterhin [p 23]ndash die Kommunikationssituation zwischen Sprecher und Houmlrer (meyou)ndash zweimal der Tast- oder Handsinn (hardsoft heavylight) schlieszliglichndash der Geschmackssinn (sour bzw bittersweet) ndash der Gehoumlrsinn (loudsoft) sowiendash die konverse Relation Zwischen Geben und Nehmen (sellbuy buyingselling)

Ist ein tertium moumlglich so immer in Form einer Skala zwischen den beiden Extrempolen die den Bereich eingrenzen - genauso wie dies Aristoteles fuumlr seine Klassifizierung der Tast- Geschmacks- und Geruchsempfindungen vorgeschlagen hatte

Das zweite Beispiel Wolfgang Lorenz und Gerd Wotjak haben aus 80 sprachwissenschaftlichen Untersuchungen haumlufig vorkommende laquoSemeraquo zusammengetragen also solche Begriffe die dazu verwendet werden um den Inhalt anderer Begriffe zu beschreiben Von den 129 in einer ersten Liste bei LorenzWotjak (1977 310-334) zusammengetragenen haumlufig genannten laquoSemenraquo sind nun mehr als die Haumllfte solche die zu Antonymen-Paaren geordnet werden koumlnnen - was wiederum ganz unabhaumlngig davon wie man zur Existenz von semantischen Merkmalen oder Semen stehen mag aufschlussreich ist fuumlr die Strukturierungs- und Reduktionsleistung entsprechender Begriffspaare

Waumlhrend bei der dominant syntagmatischen Art des Assoziierens die Aufgabe der semantischen Einordnung einer Einheit aus Wortart und Lautbild uumlber die Einbettung in den syntagmatischen Kontext also in ein komplexeres Zeichen geleistet wird verlaumluft somit im Fall der geschilderten Unterart des paradigmatischen Assoziierens die Einordnung anders Das betreffende Wort wird wo immer dies moumlglich ist uumlber die Zuordnung des Kontrast-Werts im Dreiecks-Modul identifiziert Dies ist Goethes laquoAnklingen des Gegensinnsraquo das seit Jost Trier im Bereich der Wortfeldlehre erwaumlhnt wird Die Identifizierung der Bedeutung von B mit Hilfe des kontrastierenden C fuumlhrt natuumlrlich dazu dass jeder normale Sprecher sich etwa bei Muumldigkeit dh bei verringerter Aufmerksamkeit zum Gegenteil hin versprechen kann35 In pathologischen Faumlllen fuumlhrt dann eine verringerte Unterscheidungsfaumlhigkeit zwischen den Teilen B und C des Moduls zu den haumlufigen laquoverbalen Paraphasienraquo des Typs nehmen fuumlr geben fragen fuumlr antworten groszlig fuumlr klein

35 Die Ursache dafuumlr dass der ungeuumlbte Houmlrer Versprech-Leistungen normalerweise gar nicht wahrnimmt haben schon Meringer und Mayer genannt laquo(hellip) Der Hauptgrund des Uumlberhoumlrens von Sprechfehlern liegt darin dass der Houmlrer ganz aumlhnlich daran ist wie der Sprecher und wohl aus derselben Ursache uumlberhoumlrt aus der der andere sich versprichtraquo (1895 10f)

3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Im Similaritaumlt-Kontrast-System das wo immer dies moumlglich ist den Zugriff auf semantische Information primaumlr steuert steht Mutter in [p 24] Kontrast zu Vater - tertium non datur Mutter steht jedoch auch in Beziehung zu anderen Lexemen zB zu Kind Tochter Stiefmutter Groszligmutter auch zu Frau etc Bei Frau oder Maumldchen bestehen uumlbrigens unabhaumlngig vom Geschlecht der Probanden - assoziative Verbindungen zu huumlbsch schoumln Schoumlnheit und dergleichen Die ersten dieser Verknuumlpfungen koumlnnte man noch leicht mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Vater und Mutter bilden ein minimales Paar das sich nur durch den bewussten kleinen Unterschied die Opposition maumlnnlichweiblich semantisch voneinander abhebt Bei Paaren wie MutterKind bzw MutterTochter waumlren es bereits mehrere differenzierende Merkmale (und das Beispiel zeigt zugleich dass es noch ganz andere Relationen gibt als die des Kontrasts hier zB die temporale oder die kausale) Bei MaumldchenSchoumlnheit muumlsste man schon mit Selektionspraumlferenzen arbeiten man koumlnnte wohl auch an den Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt denken

Es gibt nun allerdings eindeutig paradigmatische Assoziationen bei denen merk-malsemantische Konstruktionen angesichts ihrer notwendigen Komplexitaumlt in eklatantem Widerspruch zur hochgradigen Gelaumlufigkeit der betreffenden Assoziationen stuumlnden Ein einfaches Beispiel ist das Paar TischStuhl Die Zahlen 84 bei Russell Jenkins 69 bei PalermoJenkins 55 bei franzoumlsischen Studenten36 Man koumlnnte hier die Merkmal-Similaritaumlt uumlber den Oberbegriff Moumlbelstuumlck konstruieren aber wie waumlre dann zu erklaumlren dass die Verbindung zwischen Tisch und Stuhl enger ist als die zwischen den Moumlbelstuumlcken Tisch und Hocker (die sich im Prinzip nur durch die Groumlszlige unterscheiden) oder zwischen Tisch und Bett (1 der Nennungen trotz laquogetrennt von Tisch und Bett lebenraquo) Wie waumlren weiterhin so gelaumlufige Assoziationen wie pied chaussure araigneacuteetoile tobaccosmoke zu erklaumlren fuumlr die Oberbegriffe schwer zu konstruieren sind und die sich in einer solchen Konstruktion wenn sie gelingt immer noch durch eine Fuumllle von Merkmalen nicht etwa nur durch ein einziges unterschieden

Angesichts solcher Verhaumlltnisse scheint es mir plausibel zu sein das als grundlegend angesetzte Dreiecks-Modul in diesen Faumlllen als eine Similaritaumlts-Kontiguitaumlts-Beziehung zu interpretieren also in Anlehnung an das oben erlaumluterte bdquoGesetz der Naumlhe aus dem Bereich der optischen Wahrnehmung Solche Similaritaumlts-Kontiguitaumlts-Beziehungen beruhen bei einem flieszligenden Uumlbergang zum Similaritaumlt-Kontrast-Bereich ndash jeweils auf Erfahrungskontexten in denen Erscheinungen als zusammengehoumlrig verwandt benachbart verstanden werden Die Komponente der Similaritaumlt versteht sich hier vor allem als Zugehoumlrigkeit zum selben Er- [p 25] fahrungsbereich meist - aber keinesfalls ausschlieszliglich - auch als Zugehoumlrigkeit zur selben Wortart Die Kontiguitaumlt wird zumeist verkoumlrpert durch eine spezielle in der Regel gerichtete Beziehung zwischen den Elementen B und C (Die Zahl der Probanden die auf Stuhl wieder Tisch assoziieren ist viel geringer als die Zahl derer die auf Tisch die Assoziation Stuhl haben) Entscheidend ist dabei nun dass die Erfahrungskontexte zwar individuell verschieden sind dass die Relationen durch welche die Begriffe verknuumlpft sind dagegen meist ganz spezifische invariante Relationen darstellen Tisch und Stuhl sind zB integrierende Teile eines groumlszligeren Ganzen im Erfahrungsbereich des Wohnens und Arbeitens zwischen tobacco und

36 Die Zahl fuumlr die deutschen Probanden lautet 29 - hier stellen die 15 Nennungen fuumlr die im Grenzbe-reich zwischen semantischer und syntagmatischer Kontiguitaumlt liegende Assoziation Bein(e) eine starke Konkurrenz zu Stuhl dar

smoke araigneacutee und toile besteht eine kausale zwischen Hammer und Nagel eine finale Relation Das Gegenstuumlck zur Kontiguitaumlt die Distanz grenzt hier die Dreiecksmoduln gegeneinander ab Interessant ist dass in vielen Faumlllen nicht eigentlich der kontige Partner sondern die spezifische Relation etwa zwischen dem Gegenstand und einem allfaumllligen Benutzer assoziiert wird Um die finale Relation geht es zB in den Faumlllen Bettschlafen Schereschneiden ciseauxcouper scissorscut

32 Sonderfaumllle

Fuumlr beide Varianten des paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssystems gilt natuumlrlich Sobald auf der Achse BC mehr als zwei gleichrangige Mitglieder anzusiedeln sind sobald also in Trubetzkoys oder Coserius Terminologie eine laquoaumlquipollenteraquo und nicht eine laquoprivativeraquo Opposition vorliegt37 verliert die Assoziation von einem dieser Mitglieder zum anderen an Schaumlrfe die buumlndelnde Kraft des einzigen Antonyms oder des in spezifischer Weise kontigen Partners fehlt Musterbeispiel ist das Dreiecks-Modul fuumlr die Farbwerte im Gegensatz zu dem fuumlr die Grauwerte

Wegen der Auswahl aus einer groszligen Zahl gleichberechtigter Moumlglichkeiten sind die Reaktionen auf Farben dementsprechend wenig gebuumlndelt38 ndash auf gelb nennen an ers-ter Stelle 14 der amerikanischen Pro- [p 26] banden blau 12 der deutschen rot 11 der franzoumlsischen gruumln Bei den Ausgangswoumlrtern blau und gruumln ist die Assozia-tion im paradigmatischen Bereich sogar schwaumlcher als im syntagmatischen ndash hier nen-nen die Probanden in allen drei Sprachen an erster Stelle den Himmel (blau) und den Bereich GrasWieseLandschaft (gruumln) und dies mit einer Frequenz die vertreten durch Werte zwischen 20 und 30 deutlich uumlber den Frequenzen liegt die in den ande-

37 Coseriu 19641978 120f 1976 34 Eine graduelle Opposition entspricht wie oben in Anm 5 erwaumlhnt einer Unterart des aristotelischen Entgegengesetzten mit gegebenem tertium38 Nach der oben erwaumlhnten aristotelischen Farbkonzeption oder dem analogen Vorschlag bei Weinrich 1967 2213 oder Coseriu 1976 43f waumlren die beiden Dreiecks-Moduln zu einem einzigen zu kombinieren - die extremen Farbwerte waumlren also schwarz und weiszlig Dem widerspricht einerseits nicht das Assoziationsverhalten der Probanden im englischen franzoumlsischen und deutschen Sprachbereich wo auf rot blau gelb gruumln sowie auf Farbe jeweils auch und zT mit betraumlchtlichen Nennungszahlen schwarz undoder weiszlig genannt werden (Bei gebildeten franzoumlsischen Sprechern liegt in einem dieser Faumllle freilich eine syntagmatische Assoziation vor gerade wegen ihrer Bildung assoziieren 18 an erster Stelle auf rouge das Wort noir) Andererseits entspricht das Assoziieren von schwarz undoder weiszlig auf Farbadjektive den Erkenntnissen die der geniale Edwin H Land (1977) uumlber die Physiologie des Farbsehens gewonnen hat

ren Faumlllen fuumlr Farbwerte eintreten ndash Auch zwischen Zahlen scheinen auf den ersten Blick dieselben aumlquipollenten Beziehungen zu bestehen wie etwa zwischen Farbadjekti-ven Bei naumlherem Zusehen zeigt sich jedoch dass als spezifische Relation zwischen Zah-len die Relation bdquogroumlszliger als gesehen wird (Ganz abstrakt lautet die Regel fuumlr das Zaumlhlen ja Ersetze die letzte Zahl n durch n+1) Entsprechend sind die Assoziationen auf Zahlwoumlrter immer gerichtet zB im Sinn des n + 1 auf zwei wird drei auf drei wird vier assoziiert auf jeden Fall immer eine houmlhere Zahl39

Ein weiterer Sonderfall sind Erfahrungsbereiche die nicht zu denjenigen einer Vielzahl von Sprechern gehoumlren Zum Loumlwen wird gemeinhin als kontiger Partner im Erfahrungsbereich exotische wilde Tiere der Tiger assoziiert Beim Adler fehlt fuumlr den normalen Sterblichen der Partner In solchen Faumlllen kann die Assoziation dann zur Spitze A eines potentiellen Moduls verlaufen (man koumlnnte auch sagen Auf dem Weg von B zu einem potentiellen C endet die Assoziation in Ermangelung eines C bei A das sonst die Zwischenstation gewesen waumlre) Die Konsequenz Die haumlufigste Assoziation auf Ad-ler ist Vogel (21) oiseau (16) und bird (55) Solche Assoziationen zum Klassennamen dh zur Spitze A des Moduls hin sind relativ selten Mit groumlszligerer Haumlufig-keit treten sie sozusagen als Vorstufe zu Similaritaumlt-Kontrast-Assoziationen bei sprach-lich weniger sozialisierten Probanden auf40 [p 27]

4 Schlussuumlberlegungen

laquoDie Aufstellung von Oppositionen ist im Wortschatz wesentlich komplizierter als im phonologischen System einer Sprache da die beteiligten Merkmale wesentlich zahlrei-cher sind als in der Phonologie Prinzipiell handelt es sich jedoch um die gleichen Oppositionstypenraquo (Coseriu 1973 65)

Ich habe eingangs gezeigt dass Zweierschemata haumlufig als Denkmodell verwendet wer-den dass die Sprache im Bereich der Bezeichnungen des Entgegengesetzten uumlber eine ganze Skala solcher Zweierschemata verfuumlgt weiterhin dass Wahrnehmen und Erfassen von etwas stets zugleich bedeutet uumlber die Information hinausgehen die gegeben wird und dass auch bei diesem laquouumlber die Information hinausgehenraquo wieder Zweierschemata wie die von Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz entscheidend sind Ich habe dann Ergebnisse der sprachlichen Assoziationsforschung einer ersten Analyse unterzogen und diese Analyse in einem weiteren Schritt dadurch vertieft dass ich sprachliche Assoziationen als den Reflex von Strategien aufgefasst habe die dazu dienen semantische Information zu erfassen und einzuordnen Zum Abschluss will ich in vier Schlussuumlberlegungen skizzieren worin der moumlgliche Ertrag einer staumlrkeren Einbeziehung der Assoziationsforschung und verwandter Gebiete liegen kann in einem (1) Einblick in das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems und seine (2) Transformation in Onto- und Pathogenese sowie in der Diachronie in einem (3) neuen Licht das auf Probleme der Wortfeldforschung geworfen wird und schlieszliglich auch in einer (4) angemesseneren Haltung gegenuumlber der Wissenschaftsgeschichte

39 Schuchardts oben zitierte Vermutung auf drei koumlnne (aus Gruumlnden der Lautaumlhnlichkeit) auch zwei assoziiert werden ist auch deshalb abwegig weil Ruumlckwaumlrtszaumlhlen eine sehr schwierige Aufgabe ist sie wird zB haumlufig verwendet um das Ausmaszlig von Aphasien zu bestimmen Dasselbe gilt fuumlr Tages- und Monatsnamen wo die spezifische gerichtete Relation bdquospaumlter als oder bdquonach lautet40 Vgl Rosenzweig 1970 102 105 zum relativ groszligen Anteil der Assoziationen zum Oberbegriff hin bei amerikanischen und franzoumlsischen Arbeitern Jenkins 1970 7 erwaumlhnt das Zuruumlckgehen der Oberbegriffs- und der Synonym-Assoziationen in der Geschichte amerikanischer Assoziationstests - Angesichts des vorliegenden Materials ist mir unklar worauf Clark (1970 279) die Ansicht stuumltzt laquoFast-Synonymeraquo wie house - home odour - smell seem - appear thing - object sowie Ober- und Unterbegriffe kaumlmen bei den Wortassoziationen oft vor

41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems

In unserem paradigmatischen Orientierungssystem scheint es zwei Bereiche zu geben die flieszligend ineinander uumlbergehen und miteinander kombiniert sein koumlnnen ei-nen Bereich mit Similaritaumlt-Kontrast- und einen Bereich mit Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-(Distanz-)Struktur Im einen Bereich wird Information aumlhnlich wie im Fall des bdquoGesetzes der Gleichfoumlrmigkeit (und des Kontrastes) vor dem Hintergrund der Similaritaumlt domi-nant eingeordnet im Hinblick auf das Entgegengesetzte im anderen im Hinblick auf den Nachbarn im selben Erfahrungsbereich ndash was dem gestaltpsychologischen bdquoGesetz der Naumlhe entsprechen wuumlrde

[p 28] Das erste System strukturiert durch seine Reduktion auf in der Regel zwei Alternativen (mit falls ein tertium zugelassen ist Zwischenmoumlglichkeiten) unsere Erfah-rung in auszligerordentlich starkem Maszlig Hier bestehen zugleich die groumlszligten auszligereinzel-sprachlichen Uumlbereinstimmungen ndash und zwar deswegen weil bestimmte Strukturie-rungs-Dimensionen ethologisch gesehen nichts anderes darstellen als Verbalisierungen jener Interpretation der Natur der Umwelt und ihrer Gesetzlichkeiten die unser Organismus im Lauf seiner entwicklungsgeschichtlichen Adaptation vorgenommen hat Orientierung im Raum in der Zeit Orientierung durch Houmlren Sehen Riechen Schme-cken Fuumlhlen und Tasten Eine Reihe solcher Strukturierungs-Dimensionen (die generell Coserius und Pottiers Klassemen Greimas Kontextsemen oder Luumldis Kongruenzsemen gleichen)41 sind sogar grammatikalisiert also zu grammatischen Ordnungsdimensionen geworden (wobei die Einzelsprachen das Angebot natuumlrlich in jeweils verschiedener Weise wahrnehmen) Es geht ua pythagoreisch ausgedruumlckt um die Unterscheidung zwischen dem Einen und dem Vielen um die zwischen maumlnnlich und weiblich (die im grammatischen Bereich freilich neutralisiert werden kann) zwischen tot und lebendig (wofuumlr die Grammatiker unbelebtbelebt vorziehen) zwischen menschlich und nicht-menschlich geben (bdquoAllativ bdquoDativ) und nehmen (bdquoAblativ) zwischen ich und du ja und nein (vierte Art des Entgegengesetzten im aristotelischen Sinn) hier und dort jetzt und nicht-jetzt42

Besonders augenfaumlllig sind solche Klasseme und ihre Reduktionsleistung in den sogenannten Klassifikator-Sprachen ndash dort hat jedes Nomen ein Element bei sich das das Bezeichnete einer bestimmten Klasse von Denotaten zuweist etwa zur Klasse Tier oder Mensch zur Klasse der horizontalen oder vertikalen Objekte ndash wobei was nicht unerwartet ist als generellstes und haumlufigstes Klassifikationskriterium die Opposition zwischen belebt und unbelebt verwendet wird (vgl Serzisko 1980)

Unser so vorstrukturiertes Wahrnehmen und Denken erkennt umgekehrt in der Umwelt wieder Prinzipien wie die eingangs genannten Gegensatzpaare des fruumlhgriechi-schen Denkens ndash wobei inzwischen klar sein duumlrfte dass es sich um alles andere als um bdquoarchaisches oder bdquoprimitives Denken handelt Bemerkenswert an den Wort-Assozia-tionen ist ja ua dass man sie nicht dadurch erhaumllt dass man im Sinn des dritten noogenetischen Prinzips von Spearman den Ausgangspunkt und die gewuumlnschte Rela-tion vorgibt um zu einem Ergebnis zu kommen es genuumlgt die Angabe des Ausgangspunkts Wahrnehmen Erkennen Verstehen bedeuten naumlmlich stets Einordnen Relationen herstellen ndash gleichguumlltig ob es um [p 29] die optische Wahrnehmung geht an der einige (vermutlich verwandte) Gestaltgesetze erlaumlutert wurden oder aber um das Einordnen sprachlicher Information So ist es ganz selbstverstaumlndlich dass die gege-

41 Vgl Coseriu 1972 52 LorenzWotjak 1977 235 mit Anm 10342 Vgl zur binaumlren Opposition als einer Extremform des grammatischen Paradigmas auch Weinrich 1967 1975

bene Information erst im Hinausgehen uumlber das Gegebene erfasst wird - ein Hinausge-hen das die Psychologen bekanntlich auch Denken nennen Im sprachlichen Erfassen ist so auch das Denken oder laquouumlber das Gegebene Hinausgehenraquo angelegt Das Denk-schema von These Antithese und Synthese spiegelt zB das Dreiecks-Modul des Similaritaumlt-Kontrast-Systems wider Mann und Frau sind in Mensch aufgehoben43

Waumlhrend im Bereich des Similaritaumlt-Kontrast-Systems nicht nur im Prinzip son-dern zT auch materiell gewisse auszligereinzelsprachliche Uumlbereinstimmungen vorhanden sind gibt es im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System natuumlrlich entsprechend dem Erfahrungs- und Lebensbereich kulturelle und soziale Unterschiede Entscheidend ist jedoch auch hier dass Einordnen nicht nur bedeutet in Relation Setzen zu diese Relationen sind ebenso wie die Kontrast-Relation im anderen System wiederum ganz spezifische ihrer-seits in aller Regel uumlberindividuelle Denk-Relationen TeilGanzes Kausalitaumlt Finalitaumlt Zeitrelation Invariant oder auszligereinzelsprachlich sind also die Relationen nicht notwendigerweise dagegen die Terme die durch solche Relationen verbunden sind

42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semanti-schen Orientierungssystems

Nach den vorgefuumlhrten Analysen gibt es drei Strategien zur Wahrnehmung und Einordnung semantischer Information eine dominant syntagmatische und die beiden eben erwaumlhnten paradigmatischen Dabei entspricht die syntagmatische Strategie dem was Hansjakob Seiler im Bereich der bdquosprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden mit Piaget zunaumlchst als Einordnen dann als Individualisierung bezeichnet hat insbeson-dere das paradigmatische Similaritaumlt-Kontrast-System entspricht dagegen dem Seiler-schen Klassifizieren bzw Generalisieren als der anderen polaren Instanz im Bereich der sprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden (Seiler 1981) Die Charakteristika aller drei Orientierungs- und [p 30] Einordnungssysteme sind in der folgenden Uumlbersicht nochmals zusammengestellt

I II IIISyntagmatisches Konti-guitaumlts-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontrast-System

Dominante Strategie Einordnen in ein groumlszlige-res Syntagma (dh in ein komplexeres Zei-chen)

Zuordnung eines Part-ners aus demselben Er-fahrungsbereich (uumlber spezifische Relationen)

Zuordnung eines Anto-nyms (uumlber die Gegen-satz-Relation)

Wortklasse in aller Regel verschie-den

in der Regel gleich gleich

Kontiguitaumlt vs Distanz ja ja

43 Es ist gewiss nicht erstaunlich dass wie Coseriu (1977a) gezeigt hat gerade Hegel in seiner Humboldt-Rezension als Vergleichsgrundlage fuumlr alle Sprachen die Unterscheidung von Gattungen und Arten bzw von laquoAllgemeinheiten und Bestimmtheitenraquo ansieht ndash mit anderen Worten also das DreiecksModul in sei-ner Similaritaumlt-Kontrast-Auspraumlgung ndash Die Bolle des Kontrasts (als drittes Moment neben Similaritaumlt und Kontiguitaumlt) hat aus der phaumlnomenologischen Tradition heraus sehr schoumln und einleuchtend Elmar Holen-stein dargestellt und gerade auch fuumlr die sprachliche Seite als grundlegend bezeichnet laquoDamit uumlberhaupt eine Auswahl (gemeint ist auf der paradigmatischen Achse der Selektion) getroffen werden kann muss sich etwas von etwas abhebenraquo (1976 86) Bruners going beyond the information given kann also zT auch im phaumlnomenologischen Sinn interpretiert werden

Similaritaumlt vs Kontrast ja ja

Fuumlr alle Woumlrter moumlg-lich

ja groszliger Bereich kleiner Bereich (bdquosemantische Struktur-woumlrterldquo)

Die spezifischen Relationen im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System entsprechen dabei in etwa Piagets laquoinfralogischenraquo Relationen oder Spearmans (1923 67-71) laquorealraquo relati-ons die Relationen des Similaritaumlt-Kontrast-Systems entsprechen dagegen Piagets laquologi-schenraquo und in etwa wohl Spearmans (71-74) laquoidealraquo relations Fuumlr die veschiedentlich erwaumlhnte nicht scharfe Trennung der Bereiche II und III duumlrften ua die Teil-Ganzes-Relationen verantwortlich sein die sowohl im laquologischenraquo (Inklusion) als auch im laquoinfralogischenraquo Bereich vorkommen Waumlhrend die Relationen des Similaritaumlt-Kontigui-taumlt-Systems dominant gerichtete Relationen sind ist die Gegensatz-Relation des Similaritaumlt-Kontrast-Systems grundsaumltzlich zweiseitig Abweichungen ergeben sich insbesondere durch Polysemie (vgl o S 12)

Ontogenetisch gesehen werden nun die paradigmatischen Systeme II und III uumlber das syntagmatische System I aufgebaut Dabei nimmt das System II wie aus seinen Merkmalen ersichtlich ist eine Mittelstellung zwischen den Systemen I und III ein - im Sinn der Konzeption Seilers stellt es also gewissermaszligen den bdquoWendepunkt zwischen den beiden Polen der Dimension sprachliche Erfassung von Gegenstaumlnden dar Auch der flieszligende Uumlbergang zwischen den drei Systemen erhellt aus dem Schema die Grenz-faumllle liegen interessanterweise nicht zwischen I und III sondern zwischen den Systemen III (zB Coserius laquolexikalische Solidaritaumltenraquo) und zwischen den Systemen IIIII Es ist somit plausibel dass [p 31] in der Ontogenese die Systeme in der Reihenfolge I-II-III aufgebaut werden Das System III nimmt dabei insofern eine Sonderstellung ein als es wie die letzte Zeile des Schemas nochmals ausweist direkt nur auf einen kleinen aber wichtigen Ausschnitt des Wortschatzes anwendbar ist

Was den Abbau der Sprache bei pathologischer (oder altersbedingter) Beeintraumlchtigung des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems betrifft so ist den vorliegenden Beobachtungen nach die Reihenfolge wohl umgekehrt Das System III wird vor dem System II beeintraumlchtigt Dies entspraumlche der Erkenntnis Jakobsons dass man zuerst verliert was man zuletzt erworben hat44 Was schlieszliglich diachronische Transformationen speziell den Bedeutungswandel betrifft so ist die Affinitaumlt zu Uumlberlegungen sehr wichtig die in Teilbereichen schon Wilhelm Wundt (o S 7) und dann vor allem Stephen Ullman angestellt hat Ullman resuumlmiert ja die Arbeit seines Lands-manns Zoltan Gombocz (Jelentestan Pecs [Fuumlnfkirchen] 1926) und den ihm zu Grunde liegenden Aufsatz von Leacuteonce Roudet (1921) mit folgenden Worten

laquoAn associative network of names clusters around each name some of these associations are rooted in similarity others in contiguityraquo (1967 79)

Dem entspricht dann seine Klassifizierung des Bedeutungswandels (1967 220ff) Uumlbertragung von signantia aufgrund von Similaritaumlt bzw Kontiguitaumlt zwischen den sig-nata bzw umgekehrt Uumlbertragung von signata aufgrund der SimilaritaumltKontiguitaumlt zwi-schen den signantia Zu praumlzisieren waumlre dass es sich nicht um Similaritaumlt oder Kontiguitaumlt handelt sondern um Transfer im Rahmen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- oder 44 Die Arbeit von Stachowiak uumlber die Semantische Struktur des subjektiven Lexikons (1979) bestaumltigt diese Hypothese was dort vorgefuumlhrt wird laumlsst sich mE alles in dem Sinn interpretieren dass bei aphasischem Abbau der Sprache vor allem das System III beeintraumlchtigt wird Nach dem was oben (S 18f) uumlber die Komplexitaumlt von Benennungs- und Assoziations-Aufgaben gesagt wurde unterstreicht dies im Grund auch die These Jakobsons dass es sich im wesentlichen um eine Stoumlrung handelt bei der die metasprachliche Punktion der Sprache beeintraumlchtigt ist

des Similaritaumlt-Kontrast-Systems die Rolle des Kontrasts ist wie schon Wundt sah in der Tat nicht unwichtig45 [p 32]43 Wortfeld-Probleme

Die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen werfen auch ein Licht auf manche Probleme der Wortfeldforschung Zunaumlchst erklaumlren sowohl die Wortassoziationen als auch die Sprechfehler das eher selten reflektierte Phaumlnomen dass die bisher vorgestellten Wortfelder alle aus Elementen derselben Wortart bestehen46 Weiterhin muumlsste man ge-maumlszlig den beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssystemen wohl auch zwischen zwei Grundarten von Wortfeldern unterscheiden zwischen solchen des Similaritaumlt-Kontrast-Typs und solchen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- [p 33] Systems (etwa Wortfeld desWohnens der Werkzeuge der Landschaft)47 In der Form wie sie durch die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen nahegelegt werden vermitteln dabei die Wortfel-

45 Was die Unterscheidung der beiden paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssysteme angeht so fuumlhle ich mich nicht nur in der guten Gesellschaft Ullmans sondern auch in der einer Reihe von Psychologen Sprachpsychologen und Aphasieforschern Jean Piaget und Baumlrbel Inhelder unterscheiden bei der Ordnungsleistung von Kindern zwischen dem Ordnen nach dem Prinzip der Aumlhnlichkeit und nach demjenigen der Konvenienz und etwa analog dazu zwischen den schon erwaumlhnten laquologischenraquo Relatio -nen (Klassifizierung) und den laquoinfralogischenraquo (PiagetInhelder 19731 38ff) Elisabeth Wiig und Diana Globus haben 1971 in einem kontrollierten Assoziationsversuch mit 7 Aphasikern und 7 gesunden Kon -trollpersonen explizit mit Piagets logischen und infralogischen Relationen gearbeitet Das Ergebnis kann nicht nur dahingehend interpretiert werden dass es entsprechend zu diesen Relationen zwei verschie -dene Orientierungs- und Einordnungssysteme gibt sondern auch dahingehend dass das klassifikatorische System (Similaritaumlt-Kontrast-System) sowohl bei Gesunden als auch bei Aphasikern im Verfahren der kontrollierten Assoziation (gegeben ist ein Ausgangsbegriff und die Relation gesucht wird ein Zielwort) nur dann gute Ergebnisse erbringt wenn die Merkmalunterschiede gering sind - und am geringsten sind sie natuumlrlich bei binaumlren Oppositionen also etwa bei Antonymie Sobald die Merkmalsunterschiede groumlszliger werden etwa beim Ausgangsbegriff Kind und dem gesuchten Begriff Eltern sind die Suchergebnisse bei Aphasikern und Gesunden gleichermaszligen schlecht Dagegen funktioniert das infralogische System sowohl bei hoher als auch bei geringer Kontiguitaumlt der Begriffe bei den unter-suchten Aphasikern und den gesunden Kontrollpersonen recht gut (laquoWas ist der Zweck von Heizung - Ergebnis Waumlrme oaraquo) ndash Was die beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssysteme an-langt stehe ich auch weitgehend in Einklang mit James Deese Deese zieht nach einer essentiell faktoranalytischen Untersuchung von Assoziationsverhalten ua folgende Konsequenz (1965 164) laquoThe data on associative distribution suggest that the two fundamental operations we have for sorting out meaningful ndashthat is logical and syntactical relations among wordsndash are contrast and groupingraquo Deese sieht freilich ua nicht die Einordnung in ein Syntagma als dritte Strategie und anhand einer sprachpsychologischen Darstellung des Assoziationsverhaltens wie sie etwa von Houmlrmann (1967 115-156) gegeben wird vermisst man generell den Ansatz Assoziationen als Reflex von Strategien zum Erfas-sen von Bedeutung anzusehen so erscheinen dann viele Beobachtungen die anhand des obigen Schemas sinnvoll integriert werden koumlnnen eher als membra disiecta ndash Ich nenne schlieszliglich noch die Arbeit von Huber et al 1975 und die schon erwaumlhnte Dissertation von Stachowiak (1979) In der Arbeit von 1975 wird ndashbei einer Beschreibung jenes Aphasie-Typs der nach Carl Wernicke benannt istndash unterschieden zwischen zwei Orientierungsprinzipien im Lexikon einem laquosemantisch-klassifikatorischenraquo und einem laquosituativ-referentiellenraquo (1975 88 vgl Stachowiak 1979 58f) Ich bin freilich nicht einverstanden mit der These Stachowiaks es handle sich dabei einerseits um einen laquoinnersprachlichenraquo andererseits um ei-nen laquoenzyklopaumldischenraquo Bereich Wesentlich ist was nochmals betont sein soll fuumlr beide Bereiche als invariantes Prinzip dasjenige der Relation dabei sind die Relationen im einen Fall gewiss klassifikatorisch im anderen laquoinfralogischraquo beide Arten von Relationen sind jedoch gleichermaszligen uumlberindividuell und sie werden gleichermaszligen erlernt46 Geckeler sieht (1971 218) die Wortart-Gleichheit als die gewissermaszligen selbstverstaumlndliche Folge ei -ner paradigmatischen Perspektive an (was einer engen Konzeption von Paradigma entspricht) vgl u S 3547 Wenn ich recht sehe korrespondieren die beiden Grundarten mit einer Unterscheidung die Coseriu (1976 47f) innerhalb eines seiner fuumlnf Kriterien zur Klassifizierung von Wortfeldern macht naumlmlich der Unterscheidung zwischen laquorelationellenraquo und laquosubstantivenraquo Oppositionen bzw Feldern Im Rahmen der hier vorgetragenen Konzeption wird diese Unterscheidung zu einer zentralen Groumlszlige

der des Similaritaumlt-Kontrast-Typs gewissermaszligen zwischen zwei extremen Konzeptio-nen von Wortfeld zwischen der von Andre Jolles und der von Jost Trier Jolles (der des-halb von Trier und anderen gescholten wurde) wollte nur Minimalformen mit jeweils zwei (antonymen) Gliedern als laquoBedeutungsfelderraquo gelten lassen Felder die in dieser Form natuumlrlich fest umgrenzt waumlren (Jolles 1934) Fuumlr Trier galt dagegen das Prinzip der Wert jedes Worts ergebe sich aus dem Feldwert also aus der Position in einem semantischen Feld Das Wort bedeute laquonur in diesem Ganzen und kraft dieses Ganzenraquo Die vermittelnde Position ist die in einem zentralen Antonymenpaar den festen Kern zu sehen um den sich ein ganzes Feld verwandter Termini schart wobei im Normalfall die Grenze des Feldes verschwimmt Das Feld waumlre also nur von seinem zentralen Kern aus als solches zu greifen Geckelers Doppel-Wortfeld zwischen altrsquo und seinen beiden Antonymen jung und neursquo scheint mir de facto im Sinn einer solchen Konzeption interpretierbar zu sein

Die Wortfelder des Similaritaumlt-Kontrast-Typs lassen sich nun wie schon er-waumlhnt in einleuchtender Weise mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Spaumltestens bei dem Versuch Wortfelder des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs merkmalsemantisch zu rekonstruieren treten jedoch betraumlchtliche Schwierigkeiten auf Ein Verfahren auch solche Bereiche bdquodurchsichtig zu machen besteht nun darin dass man an die Spitze eines Feldes neben den eventuell vorhandenen Oberbegriff noch eine der spezifischen Auspraumlgungen der Kontiguitaumlts-Relation stellt (wodurch dann das was die Basiskante BC des Moduls von S 21 ausmacht als Seitenkante bzw Suchbegriff verwendet wird) Pottiers Wortfeld der Sitzmoumlbel im Franzoumlsischen hat als konstituierende Merkmale ne-ben dem Oberbegriff Artefakt eine solche spezifische Auspraumlgung naumlmlich das finale zum Sitzen Die Similaritaumlt die durch diese beiden Merkmale geschaffen wird stellt einerseits das Auswahlkriterium dar nach dem das Feld begrenzt andererseits den Hintergrund an Similaritaumlt vor dem es analysiert werden kann Ein Bereich wie Werk-zeug laumlsst sich um ein weiteres Beispiel zu geben nur schwer merkmalsemantisch beschreiben weil man Begriffe wie Stechbeitel Loumltkolben Nietzange und Maumlhdre-scher zu beruumlcksichtigen haumltte Fuumlgt man jedoch zu Werkzeug die finale Relation zum Bearbeiten von (beispielsweise von Holz) so entsteht ein uumlberschaubares und strukturierbares Feld [p 34]

Dabei zeigt sich nicht nur dass solche Wortfelder in gewissem Maszlig beliebig (re)konstruierbar sind - man kann etwa Katze mit gleichem Recht einmal zu den Haus-tieren ein andermal zu den fleischfressenden Saumlugetieren rechnen Es zeigt sich gleichzeitig dass eine solche Rekonstruktion genau nach dem dritten noogenetischen Prinzip von Spearman verlaumluft Zu einem Ausgangsbegriff (Werkzeug) und einer Rela-tion (zum Bearbeiten von Holz) werden Entsprechungen gesucht und gebildet Unter dem Blickwinkel dieses noogenetischen Prinzips sind Wortfelder nun nicht nur beschreibbar als Ergebnisse eines Verfahrens der kontrollierten Assoziation die beiden angedeuteten Grundtypen von Wortfeldern beruhen dann sogar beide auf demselben Grundprinzip Gegeben ist der Ausgangsbegriff und eine Relation ndash eine Relation die im Fall des Similaritaumlt-Kontrast-Typs die Gegensatzrelation ist im Fall des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs eine finale kausale temporale lokale TeilGanzes-Relation etc Dass solche Konstruktionen oder Rekonstruktionen48 also die Wortfelder der Linguisten keinesfalls - um mit Gauger (zB 1976) zu sprechen - laquobewusstseinsfremdraquo sind zeigt gerade das Verfahren der freien Assoziation dessen Interpretation Ausgangspunkt die-ser Uumlberlegungen war

Dies hat auch Auswirkungen auf das von Saussure aufgeworfene Negativitaumltsproblem Gewiss bedeutet Vater nicht nur Nicht-Mutter sondern auch

48 Von der Konstruktion von Wortfeldern spricht auch Coseriu (zB 1970 113)

Nicht-Sohn Nicht-Barock Nicht-Jahrhundert Bei einer solchen Betrachtung wird je-doch eine bestimmte Art des Gegensatzes die parmenideische Relation des bdquoIst nicht verabsolutiert Sie spielt gewiss eine wichtige Rolle in der Sprache sowohl in der Semantik als auch im Bereich der geschlossenen grammatischen Paradigmen Man sollte jedoch (trotz des Umstands dass die Kontrast-Relation und mit ihr die Relation des oppositiven bdquoIst nicht gerne als laquologischraquo die Relationen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Systems dagegen als laquoinfralogischraquo bezeichnet werden) nicht vergessen dass beide Ar-ten von Relationen unabdingbare Konstanten unseres Wahrnehmens Erfassens und Denkens darstellen und dass eine Semantik die nicht bewusstseinsfremd sein will dementsprechend nicht nur die im Motto auf S 27 angegebenen Oppositionen sondern die ganze Skala moumlglicher Relationen mit in ihr Beschreibungsinstrumentarium aufneh-men muss

44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte

Eugenio Coseriu hat 1977 in seiner Antrittsrede an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften als eines der vier Prinzipien seines Schaffens das Stichwort Tradition und Neuerung genannt Es heiszligt dort laquodass die Geschichte unserer Wissenschaften wie uumlberhaupt die Kultur- [p 35] geschichte Fortsetzung von Traditionen und Erneuerung innerhalb von Traditionen istraquo Man sage eigentlich Neues nur wenn man an Traditionen anknuumlpfe und Traditionen fortsetze (1977 109 vgl 1979 5) Ich habe im vorliegenden Beitrag versucht in mehrfacher Weise an solche Traditionen anzuknuumlpfen ua an diejenige der Assoziationsforschung der Jahrhundertwende Dass hier uumlberhaupt von einem (Wieder-)laquoAnknuumlpfenraquo gesprochen werden muss hat seine Gruumlnde

Der Begriff Assoziation war noch Saussure so gelaumlufig dass er ihn in dem Sinn verwendete in dem heute Paradigma und paradigmatisch gebraucht werden (Saus-sure spricht nicht von paradigmatischen sondern von assoziativen Relationen) Henri Frei oder Charles Bally setzten in dieser Hinsicht nicht nur die Tradition des Meisters fort Bally kannte wie ua einschlaumlgige Stellen aus dem Traiteacute de stylistique franccedilaise von 1909 zeigen offensichtlich auch die Arbeit von Thumb und Marbe sowie den dort angesprochenen Bereich des Assoziierens insbesondere zum Gegenteil hin Seither hat jedoch in der Sprachwissenschaft ein grundlegender Paradigmawechsel stattgefunden Eine im Uumlbermaszlig psychologisierende Stroumlmung wurde wie uumlblich durch das Gegenteil abgeloumlst und seither scheinen die Sprachwissenschaftler den Begriff Assoziation als et-was eher Anruumlchiges zu meiden und allenfalls mit ganz spitzen Fingern anzufassen laquoCest pour eacuteviter le psychologisme adopteacute dans le Cours de F de Saussure que je substi-tue le terme rapport paradigmatique agrave celui de rapport associatifraquo schreibt Louis Hjelmslev der den terminologischen Wandel vollzogen hat in einer Fuszlignote des Vor-trags den er 1936 auf dem Linguisten-Kongress in Kopenhagen gehalten hat (1938140) Interessanterweise ist auch der Anti-Psychologismus wie Gauger zeigen konnte (1976 73-87) bei Saussure schon mit angelegt

Freilich motiviert sowohl die weitere Geschichte der Assoziationsforschung als auch die Auffassung der Sprechfehler diese spitzen Finger in betraumlchtlichem Maszlig beide Phaumlnomene wurden in den Bereich der Abnormalitaumlt und des Pathologischen geruumlckt Was das Versprechen angeht so ist die Ursache kein anderer als Sigmund Freud er griff aus den Sprechfehlern die Meringer und Mayer vorgefuumlhrt hatten vor allem die Gruppe des Versprechens zum Gegenteil hin heraus und interpretierte sie in dem bekannten Sinn Das Versprechen zum Gegenteil hin lege die geheimen Gedanken des Sprechers bloszlig Dies ist ganz ohne Zweifel eine Uumlberinterpretation die in manchen Faumlllen zutreffen

mag fuumlr den Durchschnittsfall jedoch keinerlei Allgemeinguumlltigkeit beanspruchen kann49 Wie nachhal- [p 36] tig die Interpretation Freuds ndashin diesem Fall leiderndash ge-wirkt hat zeigt die Verbindlichkeit jener Bezeichnung mit der man Sprechfehler heute erfasst bdquo(Freudsche) Fehlleistungen Ein in gleichem Maszlig bdquopathologischer Geruch begleitet spaumltestens seit 1910 die Versuche mit Wortassoziationen Carl Gustav Jung machte Versuche mit Assoziationen Kent und Rosanoff hatten die Absicht mit ihrer Liste von 100 Ausgangswoumlrtern und dem Durchschnitt der Assoziationen von 1000 Probanden eine Norm aufzustellen von der sich abnormale Assoziationen abheben soll-ten Die Untersuchung erschien nicht nur in der Zeitschrift American Journal of Insanity sie hieszlig auch noch A Study of Association in Insanity I Association in Normal Subjects Alle seitherigen einschlaumlgigen Assoziations-Listen werden von den Psychologen entspre-chend mit dem Etikett Norm versehen (laquoRussellJenkins-Normraquo laquoPalermoJenkins-Normraquo etc)

Die Haltung spaumlterer Sprachwissenschaftler ist also auch damit zu erklaumlren dass das Assoziieren und die Sprechfehler durch Pathologisierung ihrer ehemaligen (und angemesseneren) Unschuld verlustig gegangen waren Freilich gibt es seit einiger Zeit wieder ein neues und zunehmendes Interesse an Fragestellungen des Sich-Versprechens Assoziierens und der (wirklich zum Bereich des Pathologischen gehoumlrenden) Aphasie-Forschung50 Dass dabei in der Regel die eigentliche Tradition ausgespart wird ist weniger erfreulich Denn es geht nicht nur um eine sehr alte Tradition des Denkens es geht mit der Omnipraumlsenz bestimmter Relationen eigentlich um grundlegende Charakteristika des Sprechens und Denkens selbst

Freiburg Wolfgang Raible

[p 37] Literaturverzeichnis

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49 Vgl hier die analoge Einstufung der Freudschen Konzeption sprachlicher Fehlleistungen bei Kainz 1956 38 - Die Auseinandersetzung zwischen Freud und Meringer war zT sehr heftig Auf einer houmlheren Stufe der Eskalation zieh Meringer Freud beispielsweise der laquoStuumlmperraquo-Haftigkeit auf dem Gebiet des Beobach-tens laquoEr sieht und houmlrt naumlmlich nur das was sich eventuell zur Begruumlndung seiner phantastischen Theorien missbrauchen laumlsst Die unendlich vielen Faumllle die sich dagegen mit Haumlnden und Fuumlszligen straumlu-ben sieht er nicht (1912 55)50 Ich nenne drei Indizien fuumlr die Wiederbelebung der Tradition bzw das verstaumlrkte Interesse an den betreffenden Zusammenhaumlngen Erstens wird die Arbeit von Meringer und Mayer in einem 1973 von Victoria A Fromkin herausgegebenen Sammelband in den beiden Beitraumlgen der Herausgeberin wenigs-tens gelegentlich wenn auch zT falsch zitiert Die Arbeit von Thumb und Marbe wurde 1978 sogar neu ediert Zweitens gibt es insbesondere in den Vereinigten Staaten eine Reihe von Arbeiten zu linguistischen Aspekten der Assoziationsforschung (die wichtigste ist wohl die allerdings weitgehend psychologisch und psychometrisch orientierte von Deese 1965) die zB in den Versuch einer Synthese eingegangen sind den Herbert H Clark 1970 veroumlffentlicht hat (Die Arbeit von Clark ist freilich noch ein wenig zu stark dem Grammatikmodell der Transformationsgrammatik verhaftet) Noumlth (1975) hat den Ansatz von Clark zT weitergefuumlhrt sich zT jedoch auch in kasuistischen Uumlberlegungen gefangen Drittens ist das Wiedererwa-chen des linguistischen Interesses an der Aphasie-Forschung zu vermerken (es war zB schon bei Meringer und Mayer vorhanden) Fuumlr dieses ndashallerdings in Schuumlben auftretendendash Interesse ist nicht zuletzt auch Roman Jakobson verantwortlich

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  • Von der Allgegenwart des Gegensinns
  • (und einiger anderer Relationen)
  • Strategien zur Einordnung semantischer Information
  • Wolfgang Raible (Universitaumlt Freiburg)
  • Eugenio Coseriu zum 2771981
  • 21 Gesetzmaumlszligigkeiten des Assoziierens
  • 211 Argumentum quantitatis
  • 212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt
  • 22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens
  • 311 Syntagmatisches Assoziieren
  • 312 Paradigmatisches Assoziieren
  • 3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System
  • 3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System
  • 32 Sonderfaumllle
  • 41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems
  • 42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semantishyschen Orientierungssystems
  • ja
  • Fuumlr alle Woumlrter moumlgshylich
  • 44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte
  • Freiburg Wolfgang Raible
  • Abel C Uumlber den Gegensinn der Urworte Leipzig 1884
  • Bally C Preacutecis de stylistique Genegraveve 1905
  • Bally C Traiteacute de stylistique franccedilaise Genegraveve 1909
  • Coseriu E Einfuumlhrung in die strukturelle Betrachtung des Wortschatzes Tuumlbingen 1970
  • Coseriu E Probleme der strukturellen Semantik Tuumlbingen 1973
  • Coseriu E Zu Hegels Semantik in Kwartalnik neofilologiczny 24 (1977) 183-193
  • Deese J The Structure of Association in Language and Thought Baltimore 1965
  • Duumlring I Aristoteles Darstellung und Interpretation seines Denkens Heidelberg 1966
  • Esper EA Analogy and Association in Linguistics and Psychology Athens 1973
  • Frei H La grammaire des fautes Genegraveve 1929
  • Fromkin V A (Hg) Speech Errors As Linguistic Evidence The HagueParis 1973
  • Gauger H-M Wort und Sprache Sprachwissenschaftliche Grundfragen Tuumlbingen 1970
  • Gauger H-M Sprachbewusstsein und Sprachwissenschaft Muumlnchen 1976
  • Geckeler H (Hg) Strukturelle Bedeutungslehre Darmstadt 1978
  • Happ H Hyle Studien zum aristotelischen Materie-Begriff BerlinNew York 1971
  • Houmlrmann H Psychologie der Sprache BerlinHeidelbergNew York 1967
  • Luria AR Basic Problems of Neurolinguistics The HagueParis 1976
  • Lyons J Semantics LondonNew York 1977
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  • Martin B Logique et meacutecanisme de lantonymie in TraLiLi 11 1 (1973) 37-51
  • NoumlthW Wortassoziationen als linguistisches Problem in Orbis 24 (1975) 5-37
  • Pilch H A Linguistic View of Aphasia in Language Sciences 20 (1972) 6-12
  • Postman LKeppel G (Hg) Norms of Word Association New YorkLondon 1970
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  • Ullmann S The Principles of Semantics OxfordGlasgow 1967
Page 8: latina.phil2.uni-freiburg.delatina.phil2.uni-freiburg.de/.../Files/Gegensinn_neu.docx  · Web viewZeitschrift für romanische Philologie Bd. 97, Heft 1/2, S. 1-40. Die Seitenangabe

211 Argumentum quantitatis

Ich spreche zunaumlchst drei quantitative Indizien an die gegen die Beliebigkeit von Assoziationen sprechen Erstes Indiz ist das Verhaumlltnis zwischen der Zahl der Probanden und der Zahl der assoziierten Reaktionswoumlrter Waumlren Assoziationen voumlllig individuell so koumlnnte man auf das gleiche Ausgangswort bei 1000 Probanden im Extremfall 1000 verschiedene Reaktionen erwarten Die wirklichen Verhaumlltnisse sind anders Bei einem Versuch mit 1000 Probanden und den 100 Ausgangswoumlrtern von KentRosanoff ergaben sich im Fall des Ausgangsworts mit der kleinsten bdquoStreuung (dark) 41 verschiedene Assoziationen im Fall des Ausgangsworts mit der groumlszligten Streuung (trouble) 260 Der Durchschnitt den ich errechnet habe liegt bei knapp 105 verschiedenen Nennungen14 Es ist aber nicht nur so dass bei 1000 Probanden keine 1000 sondern durchschnittlich nur 105 verschiedene Reaktionen vorliegen Es ist auch keinesfalls so dass die Zahl der verschiedenen Reaktionswoumlrter proportional zur Zahl der Probanden ansteigt Ich waumlhle als Beispiel ein Ausgangslexem das wegen analoger semantischer Lagerung auch durch verschiedene Sprachen hindurch in etwa verglichen werden kann das Wort Hand und seine Aumlquivalente in anderen Sprachen bei 288 franzoumlsischen Probanden ergaben sich hier 77 verschiedene Assoziationen bei 331 deutschen 104 bei 400 Englaumlndern 72 bei 998 Amerikanern 99 [p 10]

Noch aufschlussreicher ist das zweite Indiz Die Haumlufigkeit mit der beispielsweise 1000 Probanden die durchschnittlich 105 Reaktionswoumlrter nennen entspricht naumlmlich allem anderen als einer Zufallsverteilung Von 1008 Probanden reagieren etwa auf das Ausgangswort slow 752 (also 75) mit demselben Wort Auf diejenigen Woumlrter welche die folgenden Raumlnge 2 3 und 4 einnehmen entfallen jeweils noch etwa 2 der Nennungen auf die Woumlrter der Raumlnge 5 bis 13 noch etwa 1 auf die Raumlnge 36 bis 94 (94 ist in diesem Fall die obere Zahl) entfallen jeweils noch genau 01 dh die Woumlrter wurden jeweils noch von einem Probanden genannt Ordnet man derartige Werte in ein Koordinatensystem ein in dem auf der Abszisse die Raumlnge der assoziierten Woumlrter auf der Ordinate die mit dem jeweiligen Rang gegebene Frequenz eingetragen wird so erhaumllt man das typische Bild einer Hyperbel hohe Frequenz fuumlr die ersten zwei drei Raumlnge ganz niedrige Frequenzen fuumlr den Rest Es ergibt sich also was die ersten Raumlnge betrifft generell das Bild einer eindrucksvollen Uumlbereinstimmung Aktualitaumlt und Individualitaumlt gehen immer erst unter bdquoferner liefen dh auf den niedrigeren oder den niedrigsten Raumlngen durchs Ziel15

Von groumlszligtem Interesse ist als Abschluss der quantitativen Indizien das Verhaumlltnis von Frequenz und Reaktionszeit hier gilt Je haumlufiger ein Wort als Reaktion genannt 13 Das amerikanische Material liefert in dem Sammelband von PostmanKeppel James J Jenkins 1970 das englischaustralische stammt von Kenneth M Miller 1970 das deutsche von Wallace A Russell 1970 das franzoumlsische von Mark R Rosenzweig 1970 Obwohl alle diese Materialien im Gegensatz zu Thumb und Marbe in schriftlichen Tests gewonnen wurden (weshalb zB die Kontrolle der Reaktionszeit nicht moumlg-lich war) koumlnnen die Daten schon wegen ihrer breiten Basis an Probanden zur Unterstuumltzung und Ergaumln-zung der Ergebnisse von Thumb und Marbe herangezogen werden14 Dabei stellt die Zahl 260 einen Sonderfall dar Die Reihenfolge nach unten lautet 260 174 168 158 157 Die entsprechenden Zahlen fuumlr den Pol der kleinsten Streuung 41 51 57 62 64 6615 Ein Beispiel fuumlr die Aktualitaumlt sowie die Individualitaumlt von Assoziationen Die franzoumlsischen Tests wur-den Mitte der fuumlnfziger Jahre durchgefuumlhrt also zu einer Zeit zu der ein Film mit dem Titel Bitterer Reis von sich reden machte Im franzoumlsischen Test assoziierten dann immerhin noch 3 der Probanden (Rang 6) auf das Ausgangswort amer die Reaktion rizlsquo Weiter Von den 1004 Probanden die ihr Reaktionswort auf girl niederschrieben nannten 70 dasselbe Wort Mit jeweils 2 Nennungen erscheinen dann noch eine Joan eine Mary und eine Shirley auf den Raumlngen zwischen 23 und 39 auf den Raumlngen zwischen 40 und 103 sind dann mit je einer Nennung noch eine Ardis eine Barb eine Beverly Marilyn Nancy Sharon Sue und eine Susie vertreten

wird desto kuumlrzer die Reaktionszeit der jeweiligen Probanden16 Umgekehrt Die ausgefallenen Reaktionen erfordern ein Vielfaches dieser kuumlrzesten Reaktionszeit Waumlhrend etwa die Mehrzahl der Probanden von Thumb und Marbe auf fuumlnf mit sechs reagierte brauchte das Enfant terrible ein Dr Roos uumlber zehn Sekunden um mit dem fuumlnften Badischen Infanterieregiment wie uumlblich aus dem Rahmen zu fallen

212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt

Die Spontaneitaumlt und die hochgradige Uumlbereinstimmung17 der Assoziationen von bei-spielsweise 1000 Probanden waumlren gewiss nicht moumlglich [p 11] ohne innere bdquoqualitative Ursachen Sie sollen im folgenden - in einem ersten Interpretationsversuch - insbesondere anhand des Materials analysiert werden das auf der Wortliste von Kent und Rosanoff basiert Beruumlcksichtigt wird dabei zunaumlchst die Gruppe der Erwachsenen und zwar derjenigen Erwachsenen die sich durch einen hohen Grad an sprachlicher Sozialisierung auszeichnen (die Probanden der psychologischen Assoziationstests rekrutieren sich zumeist aus der Gruppe der Studenten) Die Analyse des Materials laumlsst hier die folgenden fuumlnf Prioritaumlten-Ebenen erkennen

1 Assoziationen sind vorzugsweise solche der gleichen Wortart18 Der modus significandi dh die Information die die Zugehoumlrigkeit zu einer Wortart bringt erweist sich damit fuumlr die Verarbeitung sprachlicher Information als das Merkmal mit der houmlchsten Prioritaumlt

Die haumlufigste Reaktion ist also vom Typ Nomen-Nomen Pronomen Pronomen Adjektiv - Adjektiv komparative Form des Adjektivs komparative Form etc Sind die Ausgangswoumlrter Formen die zwischen verschiedenen Wortarten stehen wie etwa der Infinitiv der im Verbalsystem das nominale Element darstellt so sind die Reaktionen entsprechend gespalten also bald nominal bald verbal wie schon Thumb und Marbe feststellen konnten Die Klassengleichheit zwischen Ausgangswort und Assoziation ist fuumlr das am haumlufigsten genannte Wort durchschnittlich in 80 bis 90 der Faumllle gegeben19

2 Assoziationen sind vorzugsweise aus demselben semantischen Bereich Sie stammen also wie man heute sagen wuumlrde aus demselben Wortfeld Ich interpretiere dabei wie sich noch zeigen wird semantischer Bereich und Wortfeld bewusst weit So werden auf Verwandtschaftsnamen in 80 bis 90 der Faumllle Verwandtschaftsbezeichnungen assoziiert auf Hand kommt Fuszlig auf Spinne Netz Abweichungen sind in aller Regel mit houmlheren Reaktionszeiten verbunden

16 Dieser Zusammenhang wurde spaumlter als das bdquoGesetz von Marbe bekannt und zitiert auch in Amerika - freilich ohne dass man wie Esper 1973 berichtet deshalb das Werk von Thumb und Marbe auch gelesen haumltte17 Es duumlrfte nicht uumlberraschen dass bei gleichem Ausgangsmaterial - den 100 Woumlrtern von Kent und Rosanoff 1910 - in verschiedenen Testsituationen undoder in verschiedenen Sprachen die Ergebnisse variieren Die Marge fuumlr die drei am haumlufigsten genannten Reaktionswoumlrter liegt im Durchschnitt der 100 Testwoumlrter und der Versuche in fuumlnf Sprachen jeweils Zwischen 40 und 60 der Nennungen Vgl Rosen -zweig 1970 99 Wichtig im Hinblick auf Variationen ist wie sich noch zeigen wird der Grad der sprachli -chen Sozialisierung der Probanden18 Diese Beobachtung wurde vor ThumbMarbe 1901 schon von Bourdon 1895 gemacht vgl hierzu Rosenzweig 1970 10219 Ich habe eine Auswahl von 48 Ausgangswoumlrtern der jeweils auf KentRosanoff basierenden Listen fuumlr das genannte amerikanische deutsche und franzoumlsische Material auf die Wortart-Zugehoumlrigkeit hin unter-sucht Dabei wurden alle Reaktionswoumlrter beruumlcksichtigt auf die drei und mehr Prozent der Nennungen entfielen Es erwies sich dass die jeweiligen Nennungen also angefangen vom haumlufigsten Wort bis hin zu dem Wort das noch von 3 der Probanden genannt wurde in etwa der Haumllfte der Faumllle sogar zwischen 90 und 100 klassengleich sind (Amerikanisches Material 26 von 48 Faumlllen deutsches 25 von 48 franzoumlsisches 27 von 48)

[p 12] Die beiden ersten Prioritaumlten zeigen also dass die Similaritaumlt bei den Assoziationen eine grundlegende Rolle spielt - allerdings wie die beiden folgenden Prioritaumltsebenen zeigen eine Hintergrund-Rolle Auf der dritten Prioritaumlts-Ebene kommt naumlmlich vor diesem Hintergrund an Similaritaumlt das Prinzip des Kontrasts zum Zuge

3 Assoziationen sind wo immer dies moumlglich ist fast ausnahmslos Assoziationen zum Entgegengesetzten hin - entgegengesetzt im oben dargelegten aristotelischen Sinn Typische Paare sind also schwarzweiszlig helldunkel kleingroszlig leichtschwer altjung (bzw neu) TagNacht schnellerlangsamer kommengehen kaufenverkaufen ichdu ersie nowthen herethere alwaysnever etc

Dass diese besonders praumlgnante Rolle des Kontrasts kein einzelsprachliches Phaumlnomen ist zeigen die Versuche die mit der Wortliste von Kent und Rosanoff im Bereich des Englischen Englands Amerikas Australiens Kanadas im Deutschen Franzoumlsischen Italienischen und Polnischen gemacht wurden20 Eine starke dh eindeutige Antonymie-Relation (Antonymie im erwaumlhnten weiten Sinn) fuumlhrt stets dazu dass das am haumlufigsten genannte assoziierte Wort das korrespondierende Antonym ist Das Feld der assoziierten Woumlrter bekommt dadurch einen sehr scharfen Fokus der Halo der restlichen Nennungen bleibt gering Paradefall in der liste von KentRosanoff ist das Ausgangswort dark Die Streuung also die Zahl der von 1000 Probanden insgesamt assoziierten verschiedenen Woumlrter betraumlgt hier wie schon erwaumlhnt nur 41 Von den Probanden reagieren 829 (83) mit light 55 weitere mit night 33 mit room 31 mit black etc Sobald eine Antonymie-Relation dagegen schwaumlcher ist zB deshalb weil das Ausgangswort mehrere Antonyme besitzt (also merkmalloser ist) ist entsprechend der weiteren Bedeutungsaura des Ausgangsworts der Fokus der assoziierten Woumlrter weit weniger scharf der Halo der Streuung wird entsprechend breiter Waumlhlt man dagegen eines aus jener Mehrzahl von Antonymen aus also ein notwendigerweise merkmalhaltigeres Wort so verlaufen die Assoziationen mit starker Buumlndelung auf das urspruumlngliche Ausgangswort zu21

[p 13] Auf Rang 4 der Prioritaumltsebenen tritt die Dimension Kontiguitaumlt - Distanz in Erscheinung - und zwar in Form der semantischen nicht der syntagmatischen Kontiguitaumlt

4 Assoziationen richten sich wenn keine oder keine dominierende Antonymie-Relation gegeben ist unter Fortgeltung der Prioritaumlten 1 und 2 nach der semantischen

20 Vgl Rosenzweig 1961 und CarrollKjeldergaardCarton 196221 Ein Beispiel Die Reaktionen auf sweet und suumlszlig weisen in etwa dieselbe Streuung auf Die Streuung ist jedoch bei doux in auffaumllliger Weise groumlszliger Die Ursache Auf sweet wird an 1 Stelle das Antonym sour (43) an 4 Stelle das Antonym bitter (8) assoziiert Analog verhaumllt es sich im Deutschen den 1 Rang belegt sauer (39) den 4 bitter (3) Bei franz doux weist der Petit Robert nicht weniger als 21 Antonyme auf Doux hat also im Gegensatz zu sweet und suumlszlig eine wesentlich weniger praumlgnante Bedeutung Es kommt hinzu dass die praumlgnanteste Bedeutung gar nicht doux im Gegensatz zu aigre oder acide ist sondern doux im Gegensatz zu dur (9) Die einzige einigermaszligen dominante Bedeu-tung von doux ist also weich Als naumlchstes Antonym wird auf Rang 8 noch amer (3) genannt ruumlde nennen noch 2 brutal fort rugueux jeweils 1 mit je einer Nennung sind noch vertreten aigre grossier roche sevegravere Waumlhlt man nun das dominante Antonym des deutschen und englischen suumlszlig naumlmlich sauer wieder als Ausgangswort so zeigt sich hier eine weitgehende Uumlbereinstimmung zwischen allen drei Sprachen an der Spitze der genannten Reaktionswoumlrter liegen sweet (57) suumlszlig (39) und doux (30) - Zur Rolle der MerkmalhaltigkeitMerkmallosigkeit von Antonymen bei der Assoziation sei auch auf Clark 1970 276 hingewiesen

Kontiguitaumlt Allerdings ist die Wortart-Identitaumlt der Prioritaumltsebene 1 hier etwas eingeschraumlnkt die Gruumlnde dafuumlr werden spaumlter evident werden

Es handelt sich hier in der Regel um Assoziationen von etwas was im Bereich der Denotata und das heiszligt auch im Erfahrungsbereich der Probanden mit dem was durch das Ausgangswort bezeichnet ist in einer spezifischen Relation steht Im Gegensatz zum Normalfall der (zweiseitigen) Antonymie-Relation sind diese spezifischen Relationen in der Regel gerichtet Dass die Basis solcher Relationen die Kontiguitaumlt im Erfahrungsbereich ist hat natuumlrlich zur Folge dass hier unter Umstaumlnden soziale und kulturelle Unterschiede vorliegen koumlnnen Dies wird nicht der Fall sein in Beispielen wie araigneacutee toile ragnoragnatela tigefleur stemflower piedchaussure footshoe Es koumlnnte dagegen eher zutreffen in Faumlllen wie comfortchair confortfauteuilrsquo oder BequemlichkeitSessel

5 Assoziationen sind wenn sich keine Kontrast- oder keine semantische Kontiguitaumlts-Relation einstellt Assoziationen im Bereich der semantischen Similaritaumlt oder der syntagmatischen Kontiguitaumlt

Zunaumlchst zur semantischen Similaritaumlt Es handelt sich bei den Assoziationen dieser Gruppe entweder um bdquoSynonyme Oberbegriffe oder um etwas im Ausgangswort Impliziertes Die Beispiele sind relativ selten Bezeichnend ist allein dass solche Assoziationen wenn sie schon gelegentlich an erster Stelle genannt werden nur in relativ geringem Maszlige buumlndeln22 Die andere Variante der fuumlnften Prioritaumltsebene Assoziationen [p 14] im Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt ist in dem von mir analysierten Materialebenfalls nur schwach vertreten (hier gelten uumlbrigens die Prioritaumltsebenen 1 und 2 nur noch sehr eingeschraumlnkt der Grund auch hierfuumlr wird wiederum spaumlter deutlich werden) Zwei Beispiele aus dem deutschen Bereich Auf glatt assoziierten immerhin 40 der Probanden an erster Stelle Eis (laquoGlatteisraquo) erst an zweiter Stelle folgte hier mit 15 das Antonym rau Desgleichen assoziierten auf Stiel (die falsche Uumlbersetzung des englischen stem - gemeint war Stengel) 38 der Probanden den Besen Auch die zweithaumlufigste Assoziation zaumlhlt hier noch zum Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt 6 nannten Stumpf Im englischen und franzoumlsischen Material treten solche Arten der Assoziation erst an untergeordneter Stelle auf ndash etwa vinaigre auf aigre becircte auf belle marche auf pied

Als Hugo Schuchardt die Arbeit von Thumb und Marbe ein Jahr nach ihrem Erscheinen (sehr kritisch) besprach machte er hauptsaumlchlich zwei Einwaumlnde Mit dem ersten dieser Einwaumlnde stand er ganz in der Tradition der bisherigen Assoziationsforschung Thumb und Marbe haumltten die Nachbarschaft in der Rede als eine der Ursachen fuumlr die Assoziationen nicht gebuumlhrend gewuumlrdigt Die analysierten Verhaumlltnisse widerlegen Schuchardt sehr deutlich Sein Einwand trifft allerdings wie sich noch zeigen wird unter ontogenetischem Aspekt zu Auch Schuchardts zweites Monitum die lautliche Aumlhnlichkeit muumlsste als einer der Faktoren des Assoziierens staumlrker betont werden ist obsolet Selbst unter 1000 Probanden waumlre entgegen der Vermutung Schuchardts kaum einer gewesen der auf drei die Zahl zwei assoziiert 22 Dies zeigen die folgenden Beispiele enfant 1 petit (12) 2 beacutebeacute (8) child 1 baby (16) Kind 1 klein (12) (2 Mutter (10)) 3 Baby (6) oder Quadrat 1 Viereck (14) Ein Beispiel fuumlr die Wahl des Oberbegriffs aigle 1 oiseau (16) Adler 1 Vogel (21) Typisch fuumlr die relativ geringe Wir-kung der semantischen Similaritaumlt im Sinn von Synonymie ist der Umstand dass die meisten Syno nyme ansonsten an nachgeordneter Stelle vorkommen Auf dark assoziieren 3 (und an 4 Stelle) black auf beautiful immerhin 14 an 2 Stelle pretty an 6 Stelle (4) lovely an 1 Stelle steht das Antonym ugly Auf rough wird an 1 Stelle mit dem Antonym smooth (44) reagiert erst an 2 Stelle folgt mit 7 hard Auf sommeil folgt an 1 Stelle das semantisch benachbarte lit erst an 2 Stelle (10)reposrsquo

haumltte23 Dies liegt daran dass sprachliche Information primaumlr nach ihrem syntaktisch-semantischen [p 15] Gehalt analysiert und verarbeitet wird (und die Assoziationen auf Zahlen sind hier wie noch in 32 gezeigt werden wird hochgradig gerichtet) Klangphaumlnomene sind auf jeden Fall sekundaumlr Erst dann wenn der Proband die Bedeutung nicht versteht wie etwa bei Fremdwoumlrtern bei Termini technici oder bei Woumlrtern einer ihm unbekannten Sprache spielt die Laut-Assoziation eine Rolle24 Thumb zeigte dies in einer spaumlteren Studie aus dem Jahre 1908

21a Aktualisierender Zusatz im Jahr 2011

Ein Team von drei Wissenschaftlern der Universitaumlten von South Florida und Kansas hat den bisher wohl groumlszligt-angelegten Test mit Assoziationen auf Wort-Stimuli unternommen und dies mit einer Unzahl von Probanden Nelson D L McEvoy C L amp Schreiber T A (1998) The University of South Florida word association rhyme and word fragment norms25 ldquoMore than 6000 participants produced nearly three-quarters of a million responses to 5019 stimulus wordsrdquo

Im vorliegenden Fall geht es um insgesamt 4870 Woumlrter als Ausgangspunkte fuumlr Assoziationen (cues) 76 davon Nomina 13 Adjektive 7 Verben 16 waren Homographen Die Testpersonen durften jeweils ein einziges Wort als Reaktion aufschreiben Die Reaktionszeit wurde dabei nicht gemessen Aus den 4870 Faumlllen habe ich die 538 ausgewaumlhlt in denen eine ldquoForward Cue-to-Target Strengthrdquo von ge 05 vorlag bei denen also ein Reizwort mit hoher Wahrscheinlichkeit ein oder mehrere Zielwoumlrter ausloumlst Dabei bestaumltigen sich die Ergebnisse der 1980 vorgenommenen Analyse fast vollstaumlndig

Antonymen-Relationen die sich anhand des Corpus der University of Southern Florida ergeben Die meisten sind zweiseitig Sie entsprechen den u auf S 2223 analysierten acht Strukturierungsdimensionenabove lt--gt belowadd lt--gt subtractaddition lt--gt subtraction

defense --gt offensedifferent --gt samedown lt--gt up

major --gt minorme lt--gt youmine lt--gt yours

23 Vgl im Einzelnen Schuchardt 1902 - Dass Assonanzen keine Rolle spielen gilt natuumlrlich nicht dort wo jemand im Sinn des dritten noogenetischen Prinzips von Spearman explizit Woumlrter sucht die mit dem Ausgangswort durch die Relation lautlicher Similaritaumlt verbunden sind also beispielsweise Reimwoumlrter - Wie sehr die Verarbeitung sprachlicher Information primaumlr auf die Analyse syntaktischer und semanti-scher Merkmale ausgerichtet ist zeigt sich einerseits bei den unendlich zahlreichen Versuchen der Psychologen vergangener Jahrzehnte mit kuumlnstlichem sinnlosem Wortmaterial zu arbeiten die Proban-den versuchen auch dort ganz automatisch zunaumlchst einen Sinn zu houmlren Wie sehr die etwa von Coseriu stets betonte Semantizitaumlt der Sprache selbst bei traumatischen und sonstigen Aphasikern im Vorder-grund steht zeigt andererseits die einschlaumlgige Forschung Luria (1976 150f) berichtet dass auch bei den Assoziationen von Aphasikern Woumlrter mit verwandter Bedeutung den Vorrang vor Woumlrtern mit aumlhnli-chem Klang haben Nur bei besonders schweren Faumlllen von Aphasie und bei geistig Zuruumlckgebliebenen dominiert die Lautassoziation vor der inhaltlichen Als Beispiel fuumlr die untergeordnete Bedeutung von Lautassoziationen kann auch ein Versuch mit Aphasikern dienen dessen Gegenstand kontrollierte Assoziationen waren (Aufzaumlhlen von Tiernamen) von den 2918 Namen die von insgesamt 94 Patienten innerhalb von fuumlnf Minuten genannt wurden waren ganze 6 Faumllle vom Typ MausLaus (GloningMuumlller 19711972 264)24 Bin illustratives Beispiel sind die Reaktionen auf das im amerikanischen Englischen aumluszligerst selten be -legte Ausgangswort abbess (Aumlbtissin) Den 1 Rang unter den Antworten hat hier mit 9 hole - ganz offensichtlich deshalb weil die Probanden abbess als abyss verstanden Erst an 2 Stelle folgt mit 5 ein Wort bei dem wohl die lautliche Assoziation Pate gestanden hat abscess (Postman 1970 260) 25 httpw3usfeduFreeAssociation

answer lt--gt questionasleep lt--gt awakeback lt--gt frontbad lt--gt goodbefore --gt afterbegin lt--gt endbest lt--gt worstblack lt--gt whiteborrow --gt lendbottom lt--gt topfemale lt--gt maleboy lt--gt girluncle lt--gt auntactor lt--gt actressbrother lt--gt sisterdad lt--gt momfather lt--gt motherdaughter lt--gt songrandma lt--gt grandpahusband lt--gt wifeman lt--gt womanbuyer lt--gt sellerclose --gt openday lt--gt nightdead --gt alive

downstairs lt--gt upstairsdryer --gt washereast lt--gt westempty lt--gt fulleven lt--gt oddexit --gt entranceexplode --gt implodefalse lt--gt truefar lt--gt nearfind lt--gt seeksearchfirst --gt lastforward lt--gt backwardfound lt--gt lostgo lt--gt stopgroom lt--gt bridehello --gt goodbyehe lt--gt shehere lt--gt therehigh lt--gt lowin lt--gt outleader --gt followerless lt--gt morelose --gt winloser lt--gt winnerlost lt--gt found

minus lt--gt plusnegative lt--gt positiveno lt--gt yesnorth lt--gt southoff lt--gt onold --gt newopen --gt closeclosedoutside --gt insideover lt--gt underpoor lt--gt richqueen --gt kingquestion lt--gt answerright --gt leftright --gt wrongscratch --gt itchseller lt--gt buyersit --gt standslow lt--gt fastsoft lt--gt hardthin --gt thicktight --gt loosetoday lt--gt tomorrowtwice --gt onceweak --gt strong

Bemerkenswert sind solche abweichenden Faumllle in denen an erster Stelle nicht ein Antonym assoziiert wird sondern ein aumlquivalenter Begriff etwa finish --gt done und erst an zweiter Stelle start happy fuumlhrt an erster Stelle zu joyous an dritter und vierter Stelle immer noch sehr haumlufig zu cheerful und glad sad steht erst an zweiter Stelle Hard fuumlhrt an erster und zweiter Stelle zu difficulty und difficult die beiden moumlglichen Antonyme easy und soft folgen (mit immer noch hoher Frequenz) an dritter und virter Stelle Umgekehrt fuumlhrt nur soft hoch frequent zu hard Parallel ist ein Fall wie hate zu dem hoch frequent despise und dislike assoziiert wird waumlhrend love unter der 05-Schwelle an dritter Stelle folgt Genauso verhaumllt es sich mit love das zu affection ro-mance und adore fuumlhrt (love ist als Wortart polyfunktional) hate folgt an vierter Stelle in der Frequenz Hot fuumlhrt in seiner einen Bedeutung zu spicy in einer anderen zu humid erst an dritter Stelle zu cold Umgekehrt gilt aber cold --gt hot Late fuumlhrt an erster Stelle zu tardy erst an zweiter zu early Auf many wird an erster und zweiter Stelle several und numerous assoziiert erst an dritter folgt unter der 05-Schwelle fewsome waumlhrend umgekehrt nur few mit einiger Frequenz zu many fuumlhrt Bei old gilt zwar --gt new aber dann folgen drei verwandte Begriffe (elderly antique ancient) erst an vierter Stelle kommt das andere Antonym young Vergleichbar ist das vieldeutige present an erster Stelle steht hier gift dann folgt mit past ein Antonym mit absent ein anderes In einem Fall wie forget wird an erster Stelle forgive (ldquolet us forget itrdquo) assoziiert also ein willentliches vergessen waumlhrend umgekehrt remember direkt zu forget fuumlhrt Mehrdeutigkeit ist also immer ein lsquoStoumlrfaktorrsquo wie auch der Fall short --gt talllong an zweiter Stelle short --gt brief zeigt oder small --gt tiny und an zweiter und dritter Stelle --gt big large Interessant ist auch das Beispiel square das an erster Stelle zum Oberbegriff rectangle fuumlhrt und dann zu zwei gleichermaszligen moumlglichen lsquoAntonymenrsquo circleround

und triangle Strong fuumlhrt an erster Stelle zu einem Parallelbegriff powerful erst an zweiter zu weak waumlhrend weak direkt zu strong fuumlhrt Wet fuumlhrt -- in dieser Reihenfolge -- zu slippery moist drench und dry aber nur dry fuumlhrt in nennenswertem Umfang zuruumlck zu wet

Die uumlberwiegende Zahl der anderen Faumllle sind solche in denen ein Begriff aus demselben Erfahrungsbereich assoziiert wird In manchen Faumlllen sind das sehr viele So gibt es bei money der hohen Zahl von Probanden entsprechend eine hohe Zahl von Nennungen fuumlr (in absteigender Reihenfolge aber immer noch mit einer Forward Cue-to-Target Strength von gt05) cash bank fund wallet profit spend banker income bud-get lottery dollars checkbook salary Insgesamt sind es hier 302 verschiedene Targets Aumlhnliches gilt fuumlr tree -- wo jeder an eine spezifische ihm gelaumlufige Baumart oder einen Baum-Bestandteil denken kann

22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens

Mit seinem genialen Blick fuumlr das Grundlegende hat Roman Jakobson inspiriert von Mikołai Habdank Kruszewski (1886) die Aufmerksamkeit auf das Zusammenwirken zweier Prozesse beim Sprechen gelenkt eines paradigmatischen bei dem Einheiten aus anderen gleichrangigen Einheiten ausgewaumlhlt und eines syntagmatischen bei dem die ausgewaumlhlten Einheiten in eine lineare Abfolge gebracht werden Im paradigmatischen Prozess spielt die Dimension Similaritaumlt - Kontrast im syntagmatischen die Dimension Kontiguitaumlt - Distanz eine dominierende Rolle

In diesen Rahmen lassen sich nun nicht nur Typen der Aphasie einordnen26 sondern auch die Typen des Versprechens die Meringer und Mayer 1895 vorgefuumlhrt haben Da die lineare Anordnung elementarer Zeichen ein Charakteristikum der Rede ist ist die Mehrzahl der bdquosprachlichen Fehlleistungen im Bereich der syntagmatischen KontiguitaumltDistanz anzutreffen Ihre Hauptursache ist darin zu sehen dass (wenigstens normalerweise) das Denken einen Vorlauf vor dem Artikulieren hat - und der Sprecher setzt dann das was er zu sagen plant an die Stelle dessen was er im Moment artikuliert Das bdquoSpaumltere wirkt also dabei scheinbar paradoxerweise - auf das bdquoFruumlhere Ohne auf die Einzelheiten dieser Art des Versprechens eingehen zu wollen dessen Ergebnisse sehr haumlufig Vertauschungen also Metathesen sind sei hier zweierlei festgehalten Zum einen sind die in der Rede auf diese Art vertauschten Elemente in aller Regel klassengleich - wobei der Begriff Klasse nicht nur Wortarten also den modus significandi sondern beispielsweise auch Anlaute Auslaute Stammvokale betonte Silben usw umfassen kann27 Mit den Worten von Meringer und Mayer [p 16] (1895 17) laquoAm gewoumlhnlichsten sind die Vertauschungen der Adjectiva mit Adjectiven Substantiva mit Substantiven Verba mit Verbenraquo Zweitens sei festgehalten laquoAntithetische Woumlrter werden besonders leicht vertauschtraquo (1895 15) Ein Beispiel fuumlr diese Art der Metathese laquoDa steht der Einsatz nicht fuumlr den Gewinnraquo

Die zweite groszlige Gruppe fuumlr Versprech-Leistungen sind solche deren Ursache in der Auswahl waumlhrend des paradigmatischen Prozesses gesehen werden muss Die eine Untergruppe sind hier die bdquoKontaminationen bei der Vorstellung etwas schreiben werden die Ausdrucksmoumlglichkeiten etwas zu Papier bringen und etwas schreiben

26 Zur Fruchtbarkeit der Unterscheidung Jakobsons fuumlr die Klassifizierung von Aphasien vgl Luria 1976 5227 Einige Beispiele laquoSaint-Exupeacuterinces Petit Princeraquo laquoMinuster fuumlr Kultus und Unterrichtraquo Die Elemente koumlnnen auch vertauscht werden - Metathesen dieser Art sind laquoeine Sorte von Tacherraquo laquodenile Semenzraquo laquoVerteidigung ist die Spiele des Seelsraquo etc Die Beispiele stammen bis auf das erste aus MeringerMayer 1895 Zu analogen Erscheinungen beim Verlesen vgl auch Kolers 1976

kombiniert zu etwas zu Papier schreiben Freud nennt dies gewiss zutreffend Verdichtungen Die andere Unterart dieses semantischen Versprechens besteht in der Vertauschung (bdquoSubstitution) zweier Elemente - wobei es sich nicht mehr um Elemente aus dem Syntagma sondern um Elemente des paradigmatischen Auswahlprozesses handelt laquoBekannt istraquo so heiszligt es bei Meringer und Mayer (1895 79) laquodass kontrastierende Vorstellungen einander assoziieren So kommt man auf dem Wege der Substitution dazu das Gegenteil von dem zu sagen was man gemeint hatraquo Also etwa laquoIhm war auch kein Berg zu niedrigraquo (statt zu hoch) laquowas er verliert (statt gewinnt) gibt er seinen Kindern in die Sparbuumlchseraquo

Was schon bei voumlllig gesunden Sprechern wenn man ein Ohr dafuumlr hat mit bemerkenswerter Haumlufigkeit zu beobachten ist kann natuumlrlich im Fall von verminderter Sprechfaumlhigkeit (Aphasien) in verstaumlrktem Maszlige auftreten Herbert Pilch hat aus linguistischer Sicht auf die bekannte Erscheinung hingewiesen dass Aphasiker Woumlrter verwechseln die im Verhaumlltnis des Gegensinns zueinander stehen (1972 8) Ein einfaches Beispiel aus einem Sprachtest mit Aphasikern (Muumlller 1976 257ff) Es handelt sich um einen Test in dem der Umgang mit metakommunikativen Verben uumlberpruumlft wurde Beim Nachsprechen eines groumlszligeren zusammenhaumlngenden Texts - dies war eine der Aufgaben - wurden dabei vereinzelt sinnstoumlrende Vertauschungen zwischen den korrelativen Begriffen fragen und antworten beobachtet Von einem analogen Test mit Einzelsaumltzen heiszligt es laquoSinnstoumlrend vertauscht wurden fragen mit erwidern wissen wollen bzw sich erkundigen (wurden) durch sprechen ersetztraquo In einem Sortiertest sollten metakommunikative Verben nach inhaltlichen Kriterien zu Gruppen geordnet werden Dieser Test wurde wegen der erforderlichen hohen Konzentration allerdings nur von fuumlnf Probanden absolviert Vier davon gruppierten fragen wissen wollen sich erkundigen antworten entgegnen erwidern Der fuumlnfte Proband gekennzeichnet mit dem Stichwort laquoKonduktionsaphasieraquo bildete dagegen [p 17] die Paare fragenantworten antwortenerkundigen wissen wollenentgegnen Er gliederte also was der Untersuchende nicht direkt sieht nach Antonymen-Paaren28

3 Interpretation der beschriebenen Phaumlnomene oder Die verschiedenen Strategien zum Erfassen von Bedeutung

No hay que explicar el hablar desde el punto de vista de la lengua sino viceversa (Coseriu 19551973 287)

Meringer und Mayer haben darauf hingewiesen man muumlsse sich huumlten den Sprechfehler als etwas Pathologisches aufzufassen Sie erlaumlutern dies mit einem praumlgnanten Bild Beim Sprechfehler versage nur die Aufmerksamkeit die Maschine laufe ohne Waumlchter sich selbst uumlberlassen Und was den Sprechfehler fuumlr die Sprachwissenschaft lehrreich mache sei der Umstand dass das Uhrwerk in solchen Augenblicken des Mantels entkleidet scheine und ein Blick in die Raumlder moumlglich sei (1895 7) Aumlhnliches gilt fuumlr die permanenten Abweichungen von der Sprachnorm die sich im Sprechen von Individuen oder Individuen-Gruppen finden (und die zB Henri Frei in seiner Grammaire des fautes (1929) festgehalten hat) Die Uumlberlegungen gelten natuumlrlich ebenso fuumlr die Wort-Assoziationen insbesondere dann wenn man wie urspruumlnglich Thumb und Marbe mit der Beruumlcksichtigung der Spontaneitaumlt also der Reaktionszeit ein Indiz dafuumlr hat welche Prozesse unter Umstaumlnden laquoautomatischraquo 28 Nach der Analyse die Luria von dem seit Wernicke und Lichtheim so genannten Syndrom der bdquoLeitungsaphasie gibt duumlrfte es sich um die Variante mit akustisch-artikulatorischer Stoumlrung handeln In der Variante mit akustisch-mnestischer Stoumlrung sind sogenannte bdquoverbale Paraphasien relativ selten Vgl Luria 1976 239-285 insbes S 247-273

oder mit Meringer und Mayer so ablaufen dass laquoder Waumlchterraquo also das Bewusstsein des Sprechers dessen bestenfalls hinterher richtig gewahr wird Mutatis mutandis gilt die Uumlberlegung schlieszliglich auch fuumlr den Bereich der Sprachstoumlrungen laquoPathologia illustrat physiologiamraquo das Anomale lehrt uns wie das Normale funktioniert ndash so lautet ein alter Grundsatz der medizinischen Forschung Wie betraumlchtlich der Unterschied zwischen den voll bewussten mehr Zeit in Anspruch nehmenden Suchprozessen und den halbbewussten Assoziationen ist zeigen solche Aphasien in denen der Patient ein Wort bei bewusstem Suchen nicht findet oder ein Wort das ihm vorgesprochen wird nicht wiederholen kann waumlhrend er im Bereich des offenbar funktionierenden Assoziierens das betreffende Wort findet bzw sagen kann29

[p 18] Wenn ich nach der obigen Skizzierung quantitativer und qualitativer Verhaumlltnisse im Bereich von Wortassoziationen nun versuche die bisherige Untersuchung im eigentlichen Sinn zu interpretieren so lasse ich mich von der folgenden Grunduumlberlegung leiten Da Assoziationen mit Wortmaterial im Idealfall in einem halbbewussten Bereich spontanen Reagierens ablaufen koumlnnte man meinen es handle sich um ganz einfache primaumlre Prozesse sprachlicher Aktivitaumlt Komplex und sekundaumlr waumlre dagegen die Aumluszligerung von Saumltzen und Texten Nun hat freilich einer der groszligen Aphasieforscher Kurt Goldstein gezeigt dass es sich eigentlich genau umgekehrt verhaumllt Primaumlr am Sprechen ist die Mitteilungsabsicht dh das Kommunizieren mit Hilfe groumlszligerer syntagmatischer Einheiten im Rahmen von Kommunikationssituationen Das scheinbar so einfache Assoziieren von Woumlrtern oder das Benennen von Gegenstaumlnden sind dagegen recht schwierige und komplexe Aufgaben Wie Roman Jakobson gezeigt hat ist zB das Benennen eines Gegenstandes ein metasprachlicher Akt30 Ein solcher Akt setzt die Existenz und das isolierte Funktionieren eines praumlzisen Orientierungs- und Einordnungssystems voraus Bei Assoziations-Tests muss ein gehoumlrtes Wort ohne jede Situations- oder Kontexthilfe analysiert erkannt und eingeordnet werden

Ich habe nun eingangs mit Hilfe einiger einfacher Beispiele aus dem Bereich der Gestaltpsychologie gezeigt dass eine solche Erkenntnis immer erst dadurch zustande kommt dass man uumlber das Gegebene hinausgeht going beyond the Information given Dementsprechend besteht mein Interpretations-Ansatz jetzt darin dass ich die von einem vorgegebenen Ausgangswort ausgehende Assoziation als den Reflex einer Strategie interpretiere einer Strategie die dazu dient die Bedeutung von Woumlrtern im Hinausgehen uumlber das gegebene Wort zB durch die Einordnung in das semantische Orientierungs-System zu erfassen

31 Zwei Grundtypen des Assoziierens

Hier gibt es nun nicht eine einzige es gibt wenn ich recht sehe zwei Grundstrategien zur Erfassung von Bedeutung Vergegenwaumlrtigt man sich den primaumlren auf Mitteilung ausgerichteten Aspekt des situativen Sprechens in Saumltzen und Texten und den subsidiaumlren - wenn auch unverzichtbaren - Charakter desjenigen Bereichs in den auch das Assoziieren von Woumlrtern faumlllt so versteht man sofort die eine von zwei grundlegend verschiedenen Strategien dh Arten der sprachlichen Reaktion auf

29 Kurt Goldstein der von solchen Faumlllen berichtet erwaumlhnt im selben Zusammenhang das Phaumlnomen laquodass die falschen Woumlrter oft mit weniger Paraphasie (gemeint ist hier Paraphasie als lautliche Abwei-chung) geaumluszligert werden als die richtigenraquo (1948 101 vgl 239) Dies duumlrften diejenigen Faumllle sein in de -nen der Sprechprozess gewissermaszligen bdquovon oben her dh von der bewussten intentional vom laquoWaumlch-terraquo gesteuerten Seite her gestoumlrt ist30 Jakobson 1974 125ff vgl generell Goldstein 1948 zum Bereich der Kategorisierung

Wortmaterial Kinder erwerben Sprache sei sie nun kommunikativ oder das eigene Handeln begleitend in Situationen und damit dominant in syntagmatischer Realisierung Uumlber die nach und nach verstandene [p 19] fremde und die nach und nach sich entwickelnde eigene syntagmatische Realisierung von Sprache baut sich dann jenes semantische Orientierungs- und Einordnungssystem auf innerhalb dessen Rahmen die andere dominant paradigmatische Strategie anzusiedeln ist Wie Hans-Martin Gauger ausgefuumlhrt hat handelt es sich bei dem Aufbau dieses Systems um einen Prozess zunehmender bdquoVerdichtung (1970 65-69)

311 Syntagmatisches Assoziieren

Da sprachliche Elemente wie die Woumlrter fuumlr Kinder zunaumlchst einmal Woumlrter im syntagmatischen Kontext sind ist es nicht verwunderlich dass - wie seit Anfang des Jahrhunderts beobachtet wurde - Kinder vorwiegend syntagmatische Assoziationen haben Sie nennen also vorwiegend Woumlrter mit denen die Ausgangswoumlrter zusammen vorkommen dh die Assoziationen verlaufen im Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt Typisch sind derartige Assoziationen auch fuumlr solche Personen deren sprachliche Sozialisierung nicht durch den bewussten Umgang mit der eigenen und mit fremden Sprachen waumlhrend zwoumllf bis dreizehn Schuljahren perfektioniert wurde also etwa fuumlr Volksschul-Absolventen Schuchardts Einwand Thumb und Marbe haumltten die Bedeutung der syntagmatischen KontiguitaumltDistanz fuumlr das Assoziieren nicht gebuumlhrend beruumlcksichtigt hat also von der Ontogenese her gesehen seine Berechtigung31 Waumlhrend syntagmatische Assoziationen bei bdquogebildeten Erwachsenen also relativ selten sind sind sie bei Kindern und anderen sprachlich weniger Sozialisierten recht haumlufig Typische (und in allen nachfolgenden Faumlllen von den Assoziationen der 288 franzoumlsischen Studenten abweichende) Beispiele sind aus den jeweils erstrangigen Nennungen von 115 franzoumlsischen Bauarbeitern fenecirctre - ouverte (31) blanc - neige (27) aigre - vinaigre (26) rouge - sang (25) santeacute - bonne (23) table ronde (23) faim - (de) loup (23) citoyen - franccedilais (22) lune - (de) miel (20) tabac - blond (17) musique - douce (17 - zusammen mit classique leacute-gegravere agreacuteable harmonieuse 31) lent - tortue (15) meacutemoire - courte (14) joie - (de) vivre (14) papillon - vole (10) etc Charakteristisch ist hier wiederum dass solche dominant von der syntagmatischen Kontiguitaumlt bestimmten (und in der Regel nicht wortartgleichen) Assoziationen nur selten jene stark buumlndelnde Wirkung haben die fuumlr Assoziationen zum Gegensinn hin charakteristisch ist [p 20]

312 Paradigmatisches Assoziieren

Die andere (trotz mancher Grenzfaumllle von der syntagmatisehen zu unterscheidende) grundlegende Strategie zum Erfassen von Bedeutung spiegelt sich im dominant paradigmatischen Assoziieren also in jenen Assoziationen die im Bereich des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems verlaufen Eingangsvoraussetzung fuumlr beide Arten des Assoziierens ist die vorgaumlngige phonologische Analyse mit der Zuordnung eines Lautbildes und der (natuumlrlich

31 Das assoziative Verhalten der Kinder und Jugendlichen hat sich allerdings seit dem Beginn des Jahrhun-derts in betraumlchtlichem Maszlig demjenigen der Erwachsenen angenaumlhert Die Ursache ist zweifellos in einer fruumlheren und ausgepraumlgteren sprachlichen Sozialisierung zu sehen Vgl dazu auch Esper 1973 105 Pa-lermoJenkins 1965 oder Jenkins 1970 7

vorlaumlufigen32) Zuordnung einer Wortart Beim dominant syntagmatischen Assoziieren besteht die Strategie fuumlr die Zuordnung einer Bedeutung zu dieser Einheit aus Wortart und Lautschema vor allem im Assoziieren eines syntagmatischen Gebrauchskontextes also in der Einordnung in ein komplexeres Zeichen mit dem sich daraus ergebenden bdquomonosemierenden Effekt lune - lune de miel blanc (comme la) neige citoyen - (un) citoyen franccedilais table - (la) table (est) ronde etc Bei der paradigmatischen Art des Assoziierens besteht die Strategie zur Erfassung von Bedeutung dagegen darin dass das Ausgangswort in Relation zu einem anderen gleichrangigen Zeichen gesetzt wird Die Strategie ist also abstrakter ja geradezu metasprachlich ndash eine Analyse die schoumln Goldsteins These von der Komplexitaumlt scheinbar ganz einfacher Aufgaben bestaumltigt

Was nun das spezifisch paradigmatische Orientierungs- und Einordnungssystem betrifft so scheinen mir hier bei angemessener Interpretation der Verhaumlltnisse zwei Untersysteme vorzuliegen Untersysteme die nicht scharf voneinander getrennt sind Im einen dieser Systeme vollzieht sich der Zugriff uumlber die Dimension Similaritaumlt - Kontrast im anderen System ist wie noch erlaumlutert wird die Information (vor dem Hintergrund der Similaritaumlt) verfuumlgbar uumlber die semantische Kontiguitaumlt in Opposition zur Distanz Beide Systeme arbeiten jedoch mit einem gemeinsamen Grundprinzip das man als bdquoModul in Form eines Dreiecks (mit einer Reihe von Varianten) konzipieren kann Einer Informationseinheit A sind mindestens zwei andere Einheiten B und C in folgender Weise zugeordnet33 [p 21]

Dabei sind die Beziehungen zwischen AB und AC solche der Similaritaumlt ndash eine Similaritaumlt der die oben auf S 11 f genannten Prioritaumltsebenen 1 (gleiche Wortart) und 2 (gleicher semantischer Bereich) entsprechen Die Beziehung zwischen B und C ist je nachdem eine Beziehung des Kontrasts (dem entspricht die oben genannte Prioritaumltsebene 3) oder der semantischen Kontiguitaumlt (der die Prioritaumltsebene 4 entspricht) Die Varianten ergeben sich hauptsaumlchlich aus der Zahl der Elemente auf der Achse BC zum Teil auch daraus dass die Position von A einzelsprachlich nicht besetzt oder aber wie im Fall von A = homme B = homme G = femme mit einem der dann merkmallosen Elemente B oder

32 Analyse-Ergebnisse sind auf dem Weg von den kleineren zu den groumlszligeren Einheiten insofern vorlaumlufig als die Analyse der kleineren Einheit im Rahmen der Analyse der Uumlbergreifenderen Einheit stets korrigiert werden kann (Der entsprechende Ruumlckkopplungs-Effekt hat seine physiologische Basis in dem Faktum dass die Zellen der kortikalen Lamina VI [die etwa 2 mm dicke Groszlighirnrinde hat sechs physiologisch und funktionell differenzierbare Schichten] vorwiegend Ruumlckkopplungs-Funktion haben) Der Ruumlckkopplungs-Effekt ist der Grund dafuumlr dass manche bdquoDefekte bei Aphasikern erst dann entdeckt werden wenn man sie kleinere Einheiten ohne Kontext nachsprechen laumlsst33 Der Gedanke der modularen Struktur ist inspiriert durch Erkenntnisse der Neuroanatomen Sie haben in der letzten Dekade zunehmend die These vertreten die komplexe Struktur unseres Nervensystems - ein-schlieszliglich des Groszlighirns - basiere auf relativ ein-fachen genetischen Programmen Korrelat dieser Pro-gramme sind laquomodulareraquo laquorepetitiveraquo oder laquoperiodischeraquo Strukturen etwa im Bereich des Ruumlckenmarks oder der Groszlighirnrinde Vgl beispielsweise Szentaacutegothai 1978

C identisch ist (Ist ein spezieller Begriff fuumlr A vorhanden oder ist A identisch mit B oder C so liegt ein Fall von Gegensinn in jener Verwendungsweise vor wie man sie sinnvollerweise Abel unterstellen muss ndash Abels Beispiele sind von Benveniste (1956) zerpfluumlckt worden Ein aumlhnliches Vorkommen solchen Gegensinns gilt fuumlr Fragen des Typs bdquoWie alt (und nicht wie jung) wie groszlig wie lang wie schoumln ist das und dasldquo also fuumlr Faumllle die zB Elmar Holenstein treffend analysiert hat (1976 69f))

Im Fall der Similaritaumlt-Kontrast-Interpretation des Dreiecks ist eine merkmalsemantische Interpretation plausibel B und C enthalten alle Merkmale von A (A ist der Oberbegriff) sie enthalten jedoch noch zusaumltzliche Merkmale und zwar dergestalt dass diejenigen von B und C nicht voumlllig identisch sind sondern in der Regel in einem Merkmal kontrastieren34 [p 22]

3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System

Zunaumlchst zu dem paradigmatischen System in dem fuumlr das Hinausgehen uumlber die gegebene Information die Kontrast-Relation ausschlaggebend ist Es geht also um den Bereich des Entgegengesetzten ndash Otto Gsell hat in seiner Arbeit uumlber die Gegensatzrelationen im Wortschatz romanischer Sprachen eine sehr wesentliche Beobachtung gemacht und so fruumlhere analoge Beobachtungen in entscheidendem Maszlige praumlzisiert Unser Wortschatz ist keinesfalls so beschaffen dass alle Woumlrter ihr Antonym haumltten Ganz im Gegenteil der Wortschatz der bdquoantonymfaumlhig ist macht nur einen relativ geringen Teil des Gesamtwortschatzes aus ndash aber er konzentriert sich auf bestimmte inhaltliche Bereiche des Lexikons Nimmt man wie Gsell als Maszligstab das Begriffssystem von Rudolf Hallig und Walther v Wartburg (19521963) so ergeben sich drei Schwerpunkte Die gegensatzfaumlhigen Woumlrter konzentrieren sich

l in der Rubrik laquoLacircme et lintellectraquo wo es sich um etwa vier Fuumlnftel von insgesamt 2000 Eintraumlgen handelt Es geht dort um geistige Faumlhigkeiten Bewusstsein Gedaumlchtnis Wahrnehmung Denken Vorstellung Gefuumlhle und dergleichen (Hallig und Wartburg verwenden in dieser Rubrik teilweise was Gsell nicht eigens erwaumlhnt Antonymenpaare explizit als Unter-Rubriken)

2 in der Rubrik laquoLa prioriraquo Hallig und Wartburg versuchen dort laquoden inhaltlich sehr allgemeinen nicht sachgebietsbezogenen Wortschatz nach Denk- und Begriffskategorien wie Existenz physische Zustandsformen Eigenschaften Ordnung Wertung Quantitaumlt Raum Zeit Kausalitaumlt Bewegung und Veraumlnderung zu gliedernraquo (Gsell 1979 114) Die Rolle des Kontrasts fuumlr diesen Bereich ist im Uumlbrigen bereits durch das oben zitierte Beispiel der aristotelischen Kategorien ersichtlich

3 im Bereich der jeweiligen Unter-Rubrik geacuteneacuteraliteacutes (oa) zu den jeweiligen groumlszligeren Abschnitten bei HalligWartburg

Gsell spricht anhand der Begriffe des zweiten Bereichs (den dritten nennt er nicht ausdruumlcklich) von laquosemantischen Strukturwoumlrternraquo (im Gegensatz zu den syntaktischen) sie lieszligen sich keinem bestimmten sachlichen oder begrifflichen Bereich

34 Herbert HClark spricht in diesem Zusammenhang (1970 275f) von der laquoRegel des minimalen Kon-trastsraquo In der Ontogenese kann im Uumlbrigen beobachtet werden dass die Beziehungen zwischen kontrastierenden Paaren zT insofern asymmetrisch sind als eins der beiden Elemente privilegiert dh fruumlher gelernt bzw als Oberbegriff verwendet wird Hiermit hat sich in einer Reihe von Arbeiten vor allem Eve V Clark befasst

zuordnen seien jedoch (besser sollte man sagen gerade deshalb) in jeder Art von Rede unentbehrlich

Der Begriff der laquosemantischen Strukturwoumlrterraquo scheint mir gluumlcklich gewaumlhlt zu sein weil solche Woumlrter - als eine von jeweils zwei Alternativen - unsere Erfahrung in houmlchstem Maszlige strukturieren Hierzu zwei Beispiele Von den 34 Woumlrtern der Listen von RussellJenkins (1970) bzw PalermoJenkins (1964) auf die mindestens 50 der Probanden als Assoziation an erster Stelle dasselbe Wort nennen sind 23 solche auf die ein Antonym assoziiert wird Als Strukturierungsdimension dienen dabei

ndash siebenmal der Geschlechtsunterschied (boygirl heshe kingqueen etc)ndash viermal im Bereich des Gesichtssinns die Dimension helldunkel (blackwhite dark light)ndash fuumlnfmal die Orientierung in Raum bzw Raum undoder Zeit (slowfast herethere longshort highlow youngerolder) weiterhin [p 23]ndash die Kommunikationssituation zwischen Sprecher und Houmlrer (meyou)ndash zweimal der Tast- oder Handsinn (hardsoft heavylight) schlieszliglichndash der Geschmackssinn (sour bzw bittersweet) ndash der Gehoumlrsinn (loudsoft) sowiendash die konverse Relation Zwischen Geben und Nehmen (sellbuy buyingselling)

Ist ein tertium moumlglich so immer in Form einer Skala zwischen den beiden Extrempolen die den Bereich eingrenzen - genauso wie dies Aristoteles fuumlr seine Klassifizierung der Tast- Geschmacks- und Geruchsempfindungen vorgeschlagen hatte

Das zweite Beispiel Wolfgang Lorenz und Gerd Wotjak haben aus 80 sprachwissenschaftlichen Untersuchungen haumlufig vorkommende laquoSemeraquo zusammengetragen also solche Begriffe die dazu verwendet werden um den Inhalt anderer Begriffe zu beschreiben Von den 129 in einer ersten Liste bei LorenzWotjak (1977 310-334) zusammengetragenen haumlufig genannten laquoSemenraquo sind nun mehr als die Haumllfte solche die zu Antonymen-Paaren geordnet werden koumlnnen - was wiederum ganz unabhaumlngig davon wie man zur Existenz von semantischen Merkmalen oder Semen stehen mag aufschlussreich ist fuumlr die Strukturierungs- und Reduktionsleistung entsprechender Begriffspaare

Waumlhrend bei der dominant syntagmatischen Art des Assoziierens die Aufgabe der semantischen Einordnung einer Einheit aus Wortart und Lautbild uumlber die Einbettung in den syntagmatischen Kontext also in ein komplexeres Zeichen geleistet wird verlaumluft somit im Fall der geschilderten Unterart des paradigmatischen Assoziierens die Einordnung anders Das betreffende Wort wird wo immer dies moumlglich ist uumlber die Zuordnung des Kontrast-Werts im Dreiecks-Modul identifiziert Dies ist Goethes laquoAnklingen des Gegensinnsraquo das seit Jost Trier im Bereich der Wortfeldlehre erwaumlhnt wird Die Identifizierung der Bedeutung von B mit Hilfe des kontrastierenden C fuumlhrt natuumlrlich dazu dass jeder normale Sprecher sich etwa bei Muumldigkeit dh bei verringerter Aufmerksamkeit zum Gegenteil hin versprechen kann35 In pathologischen Faumlllen fuumlhrt dann eine verringerte Unterscheidungsfaumlhigkeit zwischen den Teilen B und C des Moduls zu den haumlufigen laquoverbalen Paraphasienraquo des Typs nehmen fuumlr geben fragen fuumlr antworten groszlig fuumlr klein

35 Die Ursache dafuumlr dass der ungeuumlbte Houmlrer Versprech-Leistungen normalerweise gar nicht wahrnimmt haben schon Meringer und Mayer genannt laquo(hellip) Der Hauptgrund des Uumlberhoumlrens von Sprechfehlern liegt darin dass der Houmlrer ganz aumlhnlich daran ist wie der Sprecher und wohl aus derselben Ursache uumlberhoumlrt aus der der andere sich versprichtraquo (1895 10f)

3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Im Similaritaumlt-Kontrast-System das wo immer dies moumlglich ist den Zugriff auf semantische Information primaumlr steuert steht Mutter in [p 24] Kontrast zu Vater - tertium non datur Mutter steht jedoch auch in Beziehung zu anderen Lexemen zB zu Kind Tochter Stiefmutter Groszligmutter auch zu Frau etc Bei Frau oder Maumldchen bestehen uumlbrigens unabhaumlngig vom Geschlecht der Probanden - assoziative Verbindungen zu huumlbsch schoumln Schoumlnheit und dergleichen Die ersten dieser Verknuumlpfungen koumlnnte man noch leicht mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Vater und Mutter bilden ein minimales Paar das sich nur durch den bewussten kleinen Unterschied die Opposition maumlnnlichweiblich semantisch voneinander abhebt Bei Paaren wie MutterKind bzw MutterTochter waumlren es bereits mehrere differenzierende Merkmale (und das Beispiel zeigt zugleich dass es noch ganz andere Relationen gibt als die des Kontrasts hier zB die temporale oder die kausale) Bei MaumldchenSchoumlnheit muumlsste man schon mit Selektionspraumlferenzen arbeiten man koumlnnte wohl auch an den Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt denken

Es gibt nun allerdings eindeutig paradigmatische Assoziationen bei denen merk-malsemantische Konstruktionen angesichts ihrer notwendigen Komplexitaumlt in eklatantem Widerspruch zur hochgradigen Gelaumlufigkeit der betreffenden Assoziationen stuumlnden Ein einfaches Beispiel ist das Paar TischStuhl Die Zahlen 84 bei Russell Jenkins 69 bei PalermoJenkins 55 bei franzoumlsischen Studenten36 Man koumlnnte hier die Merkmal-Similaritaumlt uumlber den Oberbegriff Moumlbelstuumlck konstruieren aber wie waumlre dann zu erklaumlren dass die Verbindung zwischen Tisch und Stuhl enger ist als die zwischen den Moumlbelstuumlcken Tisch und Hocker (die sich im Prinzip nur durch die Groumlszlige unterscheiden) oder zwischen Tisch und Bett (1 der Nennungen trotz laquogetrennt von Tisch und Bett lebenraquo) Wie waumlren weiterhin so gelaumlufige Assoziationen wie pied chaussure araigneacuteetoile tobaccosmoke zu erklaumlren fuumlr die Oberbegriffe schwer zu konstruieren sind und die sich in einer solchen Konstruktion wenn sie gelingt immer noch durch eine Fuumllle von Merkmalen nicht etwa nur durch ein einziges unterschieden

Angesichts solcher Verhaumlltnisse scheint es mir plausibel zu sein das als grundlegend angesetzte Dreiecks-Modul in diesen Faumlllen als eine Similaritaumlts-Kontiguitaumlts-Beziehung zu interpretieren also in Anlehnung an das oben erlaumluterte bdquoGesetz der Naumlhe aus dem Bereich der optischen Wahrnehmung Solche Similaritaumlts-Kontiguitaumlts-Beziehungen beruhen bei einem flieszligenden Uumlbergang zum Similaritaumlt-Kontrast-Bereich ndash jeweils auf Erfahrungskontexten in denen Erscheinungen als zusammengehoumlrig verwandt benachbart verstanden werden Die Komponente der Similaritaumlt versteht sich hier vor allem als Zugehoumlrigkeit zum selben Er- [p 25] fahrungsbereich meist - aber keinesfalls ausschlieszliglich - auch als Zugehoumlrigkeit zur selben Wortart Die Kontiguitaumlt wird zumeist verkoumlrpert durch eine spezielle in der Regel gerichtete Beziehung zwischen den Elementen B und C (Die Zahl der Probanden die auf Stuhl wieder Tisch assoziieren ist viel geringer als die Zahl derer die auf Tisch die Assoziation Stuhl haben) Entscheidend ist dabei nun dass die Erfahrungskontexte zwar individuell verschieden sind dass die Relationen durch welche die Begriffe verknuumlpft sind dagegen meist ganz spezifische invariante Relationen darstellen Tisch und Stuhl sind zB integrierende Teile eines groumlszligeren Ganzen im Erfahrungsbereich des Wohnens und Arbeitens zwischen tobacco und

36 Die Zahl fuumlr die deutschen Probanden lautet 29 - hier stellen die 15 Nennungen fuumlr die im Grenzbe-reich zwischen semantischer und syntagmatischer Kontiguitaumlt liegende Assoziation Bein(e) eine starke Konkurrenz zu Stuhl dar

smoke araigneacutee und toile besteht eine kausale zwischen Hammer und Nagel eine finale Relation Das Gegenstuumlck zur Kontiguitaumlt die Distanz grenzt hier die Dreiecksmoduln gegeneinander ab Interessant ist dass in vielen Faumlllen nicht eigentlich der kontige Partner sondern die spezifische Relation etwa zwischen dem Gegenstand und einem allfaumllligen Benutzer assoziiert wird Um die finale Relation geht es zB in den Faumlllen Bettschlafen Schereschneiden ciseauxcouper scissorscut

32 Sonderfaumllle

Fuumlr beide Varianten des paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssystems gilt natuumlrlich Sobald auf der Achse BC mehr als zwei gleichrangige Mitglieder anzusiedeln sind sobald also in Trubetzkoys oder Coserius Terminologie eine laquoaumlquipollenteraquo und nicht eine laquoprivativeraquo Opposition vorliegt37 verliert die Assoziation von einem dieser Mitglieder zum anderen an Schaumlrfe die buumlndelnde Kraft des einzigen Antonyms oder des in spezifischer Weise kontigen Partners fehlt Musterbeispiel ist das Dreiecks-Modul fuumlr die Farbwerte im Gegensatz zu dem fuumlr die Grauwerte

Wegen der Auswahl aus einer groszligen Zahl gleichberechtigter Moumlglichkeiten sind die Reaktionen auf Farben dementsprechend wenig gebuumlndelt38 ndash auf gelb nennen an ers-ter Stelle 14 der amerikanischen Pro- [p 26] banden blau 12 der deutschen rot 11 der franzoumlsischen gruumln Bei den Ausgangswoumlrtern blau und gruumln ist die Assozia-tion im paradigmatischen Bereich sogar schwaumlcher als im syntagmatischen ndash hier nen-nen die Probanden in allen drei Sprachen an erster Stelle den Himmel (blau) und den Bereich GrasWieseLandschaft (gruumln) und dies mit einer Frequenz die vertreten durch Werte zwischen 20 und 30 deutlich uumlber den Frequenzen liegt die in den ande-

37 Coseriu 19641978 120f 1976 34 Eine graduelle Opposition entspricht wie oben in Anm 5 erwaumlhnt einer Unterart des aristotelischen Entgegengesetzten mit gegebenem tertium38 Nach der oben erwaumlhnten aristotelischen Farbkonzeption oder dem analogen Vorschlag bei Weinrich 1967 2213 oder Coseriu 1976 43f waumlren die beiden Dreiecks-Moduln zu einem einzigen zu kombinieren - die extremen Farbwerte waumlren also schwarz und weiszlig Dem widerspricht einerseits nicht das Assoziationsverhalten der Probanden im englischen franzoumlsischen und deutschen Sprachbereich wo auf rot blau gelb gruumln sowie auf Farbe jeweils auch und zT mit betraumlchtlichen Nennungszahlen schwarz undoder weiszlig genannt werden (Bei gebildeten franzoumlsischen Sprechern liegt in einem dieser Faumllle freilich eine syntagmatische Assoziation vor gerade wegen ihrer Bildung assoziieren 18 an erster Stelle auf rouge das Wort noir) Andererseits entspricht das Assoziieren von schwarz undoder weiszlig auf Farbadjektive den Erkenntnissen die der geniale Edwin H Land (1977) uumlber die Physiologie des Farbsehens gewonnen hat

ren Faumlllen fuumlr Farbwerte eintreten ndash Auch zwischen Zahlen scheinen auf den ersten Blick dieselben aumlquipollenten Beziehungen zu bestehen wie etwa zwischen Farbadjekti-ven Bei naumlherem Zusehen zeigt sich jedoch dass als spezifische Relation zwischen Zah-len die Relation bdquogroumlszliger als gesehen wird (Ganz abstrakt lautet die Regel fuumlr das Zaumlhlen ja Ersetze die letzte Zahl n durch n+1) Entsprechend sind die Assoziationen auf Zahlwoumlrter immer gerichtet zB im Sinn des n + 1 auf zwei wird drei auf drei wird vier assoziiert auf jeden Fall immer eine houmlhere Zahl39

Ein weiterer Sonderfall sind Erfahrungsbereiche die nicht zu denjenigen einer Vielzahl von Sprechern gehoumlren Zum Loumlwen wird gemeinhin als kontiger Partner im Erfahrungsbereich exotische wilde Tiere der Tiger assoziiert Beim Adler fehlt fuumlr den normalen Sterblichen der Partner In solchen Faumlllen kann die Assoziation dann zur Spitze A eines potentiellen Moduls verlaufen (man koumlnnte auch sagen Auf dem Weg von B zu einem potentiellen C endet die Assoziation in Ermangelung eines C bei A das sonst die Zwischenstation gewesen waumlre) Die Konsequenz Die haumlufigste Assoziation auf Ad-ler ist Vogel (21) oiseau (16) und bird (55) Solche Assoziationen zum Klassennamen dh zur Spitze A des Moduls hin sind relativ selten Mit groumlszligerer Haumlufig-keit treten sie sozusagen als Vorstufe zu Similaritaumlt-Kontrast-Assoziationen bei sprach-lich weniger sozialisierten Probanden auf40 [p 27]

4 Schlussuumlberlegungen

laquoDie Aufstellung von Oppositionen ist im Wortschatz wesentlich komplizierter als im phonologischen System einer Sprache da die beteiligten Merkmale wesentlich zahlrei-cher sind als in der Phonologie Prinzipiell handelt es sich jedoch um die gleichen Oppositionstypenraquo (Coseriu 1973 65)

Ich habe eingangs gezeigt dass Zweierschemata haumlufig als Denkmodell verwendet wer-den dass die Sprache im Bereich der Bezeichnungen des Entgegengesetzten uumlber eine ganze Skala solcher Zweierschemata verfuumlgt weiterhin dass Wahrnehmen und Erfassen von etwas stets zugleich bedeutet uumlber die Information hinausgehen die gegeben wird und dass auch bei diesem laquouumlber die Information hinausgehenraquo wieder Zweierschemata wie die von Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz entscheidend sind Ich habe dann Ergebnisse der sprachlichen Assoziationsforschung einer ersten Analyse unterzogen und diese Analyse in einem weiteren Schritt dadurch vertieft dass ich sprachliche Assoziationen als den Reflex von Strategien aufgefasst habe die dazu dienen semantische Information zu erfassen und einzuordnen Zum Abschluss will ich in vier Schlussuumlberlegungen skizzieren worin der moumlgliche Ertrag einer staumlrkeren Einbeziehung der Assoziationsforschung und verwandter Gebiete liegen kann in einem (1) Einblick in das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems und seine (2) Transformation in Onto- und Pathogenese sowie in der Diachronie in einem (3) neuen Licht das auf Probleme der Wortfeldforschung geworfen wird und schlieszliglich auch in einer (4) angemesseneren Haltung gegenuumlber der Wissenschaftsgeschichte

39 Schuchardts oben zitierte Vermutung auf drei koumlnne (aus Gruumlnden der Lautaumlhnlichkeit) auch zwei assoziiert werden ist auch deshalb abwegig weil Ruumlckwaumlrtszaumlhlen eine sehr schwierige Aufgabe ist sie wird zB haumlufig verwendet um das Ausmaszlig von Aphasien zu bestimmen Dasselbe gilt fuumlr Tages- und Monatsnamen wo die spezifische gerichtete Relation bdquospaumlter als oder bdquonach lautet40 Vgl Rosenzweig 1970 102 105 zum relativ groszligen Anteil der Assoziationen zum Oberbegriff hin bei amerikanischen und franzoumlsischen Arbeitern Jenkins 1970 7 erwaumlhnt das Zuruumlckgehen der Oberbegriffs- und der Synonym-Assoziationen in der Geschichte amerikanischer Assoziationstests - Angesichts des vorliegenden Materials ist mir unklar worauf Clark (1970 279) die Ansicht stuumltzt laquoFast-Synonymeraquo wie house - home odour - smell seem - appear thing - object sowie Ober- und Unterbegriffe kaumlmen bei den Wortassoziationen oft vor

41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems

In unserem paradigmatischen Orientierungssystem scheint es zwei Bereiche zu geben die flieszligend ineinander uumlbergehen und miteinander kombiniert sein koumlnnen ei-nen Bereich mit Similaritaumlt-Kontrast- und einen Bereich mit Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-(Distanz-)Struktur Im einen Bereich wird Information aumlhnlich wie im Fall des bdquoGesetzes der Gleichfoumlrmigkeit (und des Kontrastes) vor dem Hintergrund der Similaritaumlt domi-nant eingeordnet im Hinblick auf das Entgegengesetzte im anderen im Hinblick auf den Nachbarn im selben Erfahrungsbereich ndash was dem gestaltpsychologischen bdquoGesetz der Naumlhe entsprechen wuumlrde

[p 28] Das erste System strukturiert durch seine Reduktion auf in der Regel zwei Alternativen (mit falls ein tertium zugelassen ist Zwischenmoumlglichkeiten) unsere Erfah-rung in auszligerordentlich starkem Maszlig Hier bestehen zugleich die groumlszligten auszligereinzel-sprachlichen Uumlbereinstimmungen ndash und zwar deswegen weil bestimmte Strukturie-rungs-Dimensionen ethologisch gesehen nichts anderes darstellen als Verbalisierungen jener Interpretation der Natur der Umwelt und ihrer Gesetzlichkeiten die unser Organismus im Lauf seiner entwicklungsgeschichtlichen Adaptation vorgenommen hat Orientierung im Raum in der Zeit Orientierung durch Houmlren Sehen Riechen Schme-cken Fuumlhlen und Tasten Eine Reihe solcher Strukturierungs-Dimensionen (die generell Coserius und Pottiers Klassemen Greimas Kontextsemen oder Luumldis Kongruenzsemen gleichen)41 sind sogar grammatikalisiert also zu grammatischen Ordnungsdimensionen geworden (wobei die Einzelsprachen das Angebot natuumlrlich in jeweils verschiedener Weise wahrnehmen) Es geht ua pythagoreisch ausgedruumlckt um die Unterscheidung zwischen dem Einen und dem Vielen um die zwischen maumlnnlich und weiblich (die im grammatischen Bereich freilich neutralisiert werden kann) zwischen tot und lebendig (wofuumlr die Grammatiker unbelebtbelebt vorziehen) zwischen menschlich und nicht-menschlich geben (bdquoAllativ bdquoDativ) und nehmen (bdquoAblativ) zwischen ich und du ja und nein (vierte Art des Entgegengesetzten im aristotelischen Sinn) hier und dort jetzt und nicht-jetzt42

Besonders augenfaumlllig sind solche Klasseme und ihre Reduktionsleistung in den sogenannten Klassifikator-Sprachen ndash dort hat jedes Nomen ein Element bei sich das das Bezeichnete einer bestimmten Klasse von Denotaten zuweist etwa zur Klasse Tier oder Mensch zur Klasse der horizontalen oder vertikalen Objekte ndash wobei was nicht unerwartet ist als generellstes und haumlufigstes Klassifikationskriterium die Opposition zwischen belebt und unbelebt verwendet wird (vgl Serzisko 1980)

Unser so vorstrukturiertes Wahrnehmen und Denken erkennt umgekehrt in der Umwelt wieder Prinzipien wie die eingangs genannten Gegensatzpaare des fruumlhgriechi-schen Denkens ndash wobei inzwischen klar sein duumlrfte dass es sich um alles andere als um bdquoarchaisches oder bdquoprimitives Denken handelt Bemerkenswert an den Wort-Assozia-tionen ist ja ua dass man sie nicht dadurch erhaumllt dass man im Sinn des dritten noogenetischen Prinzips von Spearman den Ausgangspunkt und die gewuumlnschte Rela-tion vorgibt um zu einem Ergebnis zu kommen es genuumlgt die Angabe des Ausgangspunkts Wahrnehmen Erkennen Verstehen bedeuten naumlmlich stets Einordnen Relationen herstellen ndash gleichguumlltig ob es um [p 29] die optische Wahrnehmung geht an der einige (vermutlich verwandte) Gestaltgesetze erlaumlutert wurden oder aber um das Einordnen sprachlicher Information So ist es ganz selbstverstaumlndlich dass die gege-

41 Vgl Coseriu 1972 52 LorenzWotjak 1977 235 mit Anm 10342 Vgl zur binaumlren Opposition als einer Extremform des grammatischen Paradigmas auch Weinrich 1967 1975

bene Information erst im Hinausgehen uumlber das Gegebene erfasst wird - ein Hinausge-hen das die Psychologen bekanntlich auch Denken nennen Im sprachlichen Erfassen ist so auch das Denken oder laquouumlber das Gegebene Hinausgehenraquo angelegt Das Denk-schema von These Antithese und Synthese spiegelt zB das Dreiecks-Modul des Similaritaumlt-Kontrast-Systems wider Mann und Frau sind in Mensch aufgehoben43

Waumlhrend im Bereich des Similaritaumlt-Kontrast-Systems nicht nur im Prinzip son-dern zT auch materiell gewisse auszligereinzelsprachliche Uumlbereinstimmungen vorhanden sind gibt es im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System natuumlrlich entsprechend dem Erfahrungs- und Lebensbereich kulturelle und soziale Unterschiede Entscheidend ist jedoch auch hier dass Einordnen nicht nur bedeutet in Relation Setzen zu diese Relationen sind ebenso wie die Kontrast-Relation im anderen System wiederum ganz spezifische ihrer-seits in aller Regel uumlberindividuelle Denk-Relationen TeilGanzes Kausalitaumlt Finalitaumlt Zeitrelation Invariant oder auszligereinzelsprachlich sind also die Relationen nicht notwendigerweise dagegen die Terme die durch solche Relationen verbunden sind

42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semanti-schen Orientierungssystems

Nach den vorgefuumlhrten Analysen gibt es drei Strategien zur Wahrnehmung und Einordnung semantischer Information eine dominant syntagmatische und die beiden eben erwaumlhnten paradigmatischen Dabei entspricht die syntagmatische Strategie dem was Hansjakob Seiler im Bereich der bdquosprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden mit Piaget zunaumlchst als Einordnen dann als Individualisierung bezeichnet hat insbeson-dere das paradigmatische Similaritaumlt-Kontrast-System entspricht dagegen dem Seiler-schen Klassifizieren bzw Generalisieren als der anderen polaren Instanz im Bereich der sprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden (Seiler 1981) Die Charakteristika aller drei Orientierungs- und [p 30] Einordnungssysteme sind in der folgenden Uumlbersicht nochmals zusammengestellt

I II IIISyntagmatisches Konti-guitaumlts-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontrast-System

Dominante Strategie Einordnen in ein groumlszlige-res Syntagma (dh in ein komplexeres Zei-chen)

Zuordnung eines Part-ners aus demselben Er-fahrungsbereich (uumlber spezifische Relationen)

Zuordnung eines Anto-nyms (uumlber die Gegen-satz-Relation)

Wortklasse in aller Regel verschie-den

in der Regel gleich gleich

Kontiguitaumlt vs Distanz ja ja

43 Es ist gewiss nicht erstaunlich dass wie Coseriu (1977a) gezeigt hat gerade Hegel in seiner Humboldt-Rezension als Vergleichsgrundlage fuumlr alle Sprachen die Unterscheidung von Gattungen und Arten bzw von laquoAllgemeinheiten und Bestimmtheitenraquo ansieht ndash mit anderen Worten also das DreiecksModul in sei-ner Similaritaumlt-Kontrast-Auspraumlgung ndash Die Bolle des Kontrasts (als drittes Moment neben Similaritaumlt und Kontiguitaumlt) hat aus der phaumlnomenologischen Tradition heraus sehr schoumln und einleuchtend Elmar Holen-stein dargestellt und gerade auch fuumlr die sprachliche Seite als grundlegend bezeichnet laquoDamit uumlberhaupt eine Auswahl (gemeint ist auf der paradigmatischen Achse der Selektion) getroffen werden kann muss sich etwas von etwas abhebenraquo (1976 86) Bruners going beyond the information given kann also zT auch im phaumlnomenologischen Sinn interpretiert werden

Similaritaumlt vs Kontrast ja ja

Fuumlr alle Woumlrter moumlg-lich

ja groszliger Bereich kleiner Bereich (bdquosemantische Struktur-woumlrterldquo)

Die spezifischen Relationen im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System entsprechen dabei in etwa Piagets laquoinfralogischenraquo Relationen oder Spearmans (1923 67-71) laquorealraquo relati-ons die Relationen des Similaritaumlt-Kontrast-Systems entsprechen dagegen Piagets laquologi-schenraquo und in etwa wohl Spearmans (71-74) laquoidealraquo relations Fuumlr die veschiedentlich erwaumlhnte nicht scharfe Trennung der Bereiche II und III duumlrften ua die Teil-Ganzes-Relationen verantwortlich sein die sowohl im laquologischenraquo (Inklusion) als auch im laquoinfralogischenraquo Bereich vorkommen Waumlhrend die Relationen des Similaritaumlt-Kontigui-taumlt-Systems dominant gerichtete Relationen sind ist die Gegensatz-Relation des Similaritaumlt-Kontrast-Systems grundsaumltzlich zweiseitig Abweichungen ergeben sich insbesondere durch Polysemie (vgl o S 12)

Ontogenetisch gesehen werden nun die paradigmatischen Systeme II und III uumlber das syntagmatische System I aufgebaut Dabei nimmt das System II wie aus seinen Merkmalen ersichtlich ist eine Mittelstellung zwischen den Systemen I und III ein - im Sinn der Konzeption Seilers stellt es also gewissermaszligen den bdquoWendepunkt zwischen den beiden Polen der Dimension sprachliche Erfassung von Gegenstaumlnden dar Auch der flieszligende Uumlbergang zwischen den drei Systemen erhellt aus dem Schema die Grenz-faumllle liegen interessanterweise nicht zwischen I und III sondern zwischen den Systemen III (zB Coserius laquolexikalische Solidaritaumltenraquo) und zwischen den Systemen IIIII Es ist somit plausibel dass [p 31] in der Ontogenese die Systeme in der Reihenfolge I-II-III aufgebaut werden Das System III nimmt dabei insofern eine Sonderstellung ein als es wie die letzte Zeile des Schemas nochmals ausweist direkt nur auf einen kleinen aber wichtigen Ausschnitt des Wortschatzes anwendbar ist

Was den Abbau der Sprache bei pathologischer (oder altersbedingter) Beeintraumlchtigung des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems betrifft so ist den vorliegenden Beobachtungen nach die Reihenfolge wohl umgekehrt Das System III wird vor dem System II beeintraumlchtigt Dies entspraumlche der Erkenntnis Jakobsons dass man zuerst verliert was man zuletzt erworben hat44 Was schlieszliglich diachronische Transformationen speziell den Bedeutungswandel betrifft so ist die Affinitaumlt zu Uumlberlegungen sehr wichtig die in Teilbereichen schon Wilhelm Wundt (o S 7) und dann vor allem Stephen Ullman angestellt hat Ullman resuumlmiert ja die Arbeit seines Lands-manns Zoltan Gombocz (Jelentestan Pecs [Fuumlnfkirchen] 1926) und den ihm zu Grunde liegenden Aufsatz von Leacuteonce Roudet (1921) mit folgenden Worten

laquoAn associative network of names clusters around each name some of these associations are rooted in similarity others in contiguityraquo (1967 79)

Dem entspricht dann seine Klassifizierung des Bedeutungswandels (1967 220ff) Uumlbertragung von signantia aufgrund von Similaritaumlt bzw Kontiguitaumlt zwischen den sig-nata bzw umgekehrt Uumlbertragung von signata aufgrund der SimilaritaumltKontiguitaumlt zwi-schen den signantia Zu praumlzisieren waumlre dass es sich nicht um Similaritaumlt oder Kontiguitaumlt handelt sondern um Transfer im Rahmen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- oder 44 Die Arbeit von Stachowiak uumlber die Semantische Struktur des subjektiven Lexikons (1979) bestaumltigt diese Hypothese was dort vorgefuumlhrt wird laumlsst sich mE alles in dem Sinn interpretieren dass bei aphasischem Abbau der Sprache vor allem das System III beeintraumlchtigt wird Nach dem was oben (S 18f) uumlber die Komplexitaumlt von Benennungs- und Assoziations-Aufgaben gesagt wurde unterstreicht dies im Grund auch die These Jakobsons dass es sich im wesentlichen um eine Stoumlrung handelt bei der die metasprachliche Punktion der Sprache beeintraumlchtigt ist

des Similaritaumlt-Kontrast-Systems die Rolle des Kontrasts ist wie schon Wundt sah in der Tat nicht unwichtig45 [p 32]43 Wortfeld-Probleme

Die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen werfen auch ein Licht auf manche Probleme der Wortfeldforschung Zunaumlchst erklaumlren sowohl die Wortassoziationen als auch die Sprechfehler das eher selten reflektierte Phaumlnomen dass die bisher vorgestellten Wortfelder alle aus Elementen derselben Wortart bestehen46 Weiterhin muumlsste man ge-maumlszlig den beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssystemen wohl auch zwischen zwei Grundarten von Wortfeldern unterscheiden zwischen solchen des Similaritaumlt-Kontrast-Typs und solchen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- [p 33] Systems (etwa Wortfeld desWohnens der Werkzeuge der Landschaft)47 In der Form wie sie durch die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen nahegelegt werden vermitteln dabei die Wortfel-

45 Was die Unterscheidung der beiden paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssysteme angeht so fuumlhle ich mich nicht nur in der guten Gesellschaft Ullmans sondern auch in der einer Reihe von Psychologen Sprachpsychologen und Aphasieforschern Jean Piaget und Baumlrbel Inhelder unterscheiden bei der Ordnungsleistung von Kindern zwischen dem Ordnen nach dem Prinzip der Aumlhnlichkeit und nach demjenigen der Konvenienz und etwa analog dazu zwischen den schon erwaumlhnten laquologischenraquo Relatio -nen (Klassifizierung) und den laquoinfralogischenraquo (PiagetInhelder 19731 38ff) Elisabeth Wiig und Diana Globus haben 1971 in einem kontrollierten Assoziationsversuch mit 7 Aphasikern und 7 gesunden Kon -trollpersonen explizit mit Piagets logischen und infralogischen Relationen gearbeitet Das Ergebnis kann nicht nur dahingehend interpretiert werden dass es entsprechend zu diesen Relationen zwei verschie -dene Orientierungs- und Einordnungssysteme gibt sondern auch dahingehend dass das klassifikatorische System (Similaritaumlt-Kontrast-System) sowohl bei Gesunden als auch bei Aphasikern im Verfahren der kontrollierten Assoziation (gegeben ist ein Ausgangsbegriff und die Relation gesucht wird ein Zielwort) nur dann gute Ergebnisse erbringt wenn die Merkmalunterschiede gering sind - und am geringsten sind sie natuumlrlich bei binaumlren Oppositionen also etwa bei Antonymie Sobald die Merkmalsunterschiede groumlszliger werden etwa beim Ausgangsbegriff Kind und dem gesuchten Begriff Eltern sind die Suchergebnisse bei Aphasikern und Gesunden gleichermaszligen schlecht Dagegen funktioniert das infralogische System sowohl bei hoher als auch bei geringer Kontiguitaumlt der Begriffe bei den unter-suchten Aphasikern und den gesunden Kontrollpersonen recht gut (laquoWas ist der Zweck von Heizung - Ergebnis Waumlrme oaraquo) ndash Was die beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssysteme an-langt stehe ich auch weitgehend in Einklang mit James Deese Deese zieht nach einer essentiell faktoranalytischen Untersuchung von Assoziationsverhalten ua folgende Konsequenz (1965 164) laquoThe data on associative distribution suggest that the two fundamental operations we have for sorting out meaningful ndashthat is logical and syntactical relations among wordsndash are contrast and groupingraquo Deese sieht freilich ua nicht die Einordnung in ein Syntagma als dritte Strategie und anhand einer sprachpsychologischen Darstellung des Assoziationsverhaltens wie sie etwa von Houmlrmann (1967 115-156) gegeben wird vermisst man generell den Ansatz Assoziationen als Reflex von Strategien zum Erfas-sen von Bedeutung anzusehen so erscheinen dann viele Beobachtungen die anhand des obigen Schemas sinnvoll integriert werden koumlnnen eher als membra disiecta ndash Ich nenne schlieszliglich noch die Arbeit von Huber et al 1975 und die schon erwaumlhnte Dissertation von Stachowiak (1979) In der Arbeit von 1975 wird ndashbei einer Beschreibung jenes Aphasie-Typs der nach Carl Wernicke benannt istndash unterschieden zwischen zwei Orientierungsprinzipien im Lexikon einem laquosemantisch-klassifikatorischenraquo und einem laquosituativ-referentiellenraquo (1975 88 vgl Stachowiak 1979 58f) Ich bin freilich nicht einverstanden mit der These Stachowiaks es handle sich dabei einerseits um einen laquoinnersprachlichenraquo andererseits um ei-nen laquoenzyklopaumldischenraquo Bereich Wesentlich ist was nochmals betont sein soll fuumlr beide Bereiche als invariantes Prinzip dasjenige der Relation dabei sind die Relationen im einen Fall gewiss klassifikatorisch im anderen laquoinfralogischraquo beide Arten von Relationen sind jedoch gleichermaszligen uumlberindividuell und sie werden gleichermaszligen erlernt46 Geckeler sieht (1971 218) die Wortart-Gleichheit als die gewissermaszligen selbstverstaumlndliche Folge ei -ner paradigmatischen Perspektive an (was einer engen Konzeption von Paradigma entspricht) vgl u S 3547 Wenn ich recht sehe korrespondieren die beiden Grundarten mit einer Unterscheidung die Coseriu (1976 47f) innerhalb eines seiner fuumlnf Kriterien zur Klassifizierung von Wortfeldern macht naumlmlich der Unterscheidung zwischen laquorelationellenraquo und laquosubstantivenraquo Oppositionen bzw Feldern Im Rahmen der hier vorgetragenen Konzeption wird diese Unterscheidung zu einer zentralen Groumlszlige

der des Similaritaumlt-Kontrast-Typs gewissermaszligen zwischen zwei extremen Konzeptio-nen von Wortfeld zwischen der von Andre Jolles und der von Jost Trier Jolles (der des-halb von Trier und anderen gescholten wurde) wollte nur Minimalformen mit jeweils zwei (antonymen) Gliedern als laquoBedeutungsfelderraquo gelten lassen Felder die in dieser Form natuumlrlich fest umgrenzt waumlren (Jolles 1934) Fuumlr Trier galt dagegen das Prinzip der Wert jedes Worts ergebe sich aus dem Feldwert also aus der Position in einem semantischen Feld Das Wort bedeute laquonur in diesem Ganzen und kraft dieses Ganzenraquo Die vermittelnde Position ist die in einem zentralen Antonymenpaar den festen Kern zu sehen um den sich ein ganzes Feld verwandter Termini schart wobei im Normalfall die Grenze des Feldes verschwimmt Das Feld waumlre also nur von seinem zentralen Kern aus als solches zu greifen Geckelers Doppel-Wortfeld zwischen altrsquo und seinen beiden Antonymen jung und neursquo scheint mir de facto im Sinn einer solchen Konzeption interpretierbar zu sein

Die Wortfelder des Similaritaumlt-Kontrast-Typs lassen sich nun wie schon er-waumlhnt in einleuchtender Weise mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Spaumltestens bei dem Versuch Wortfelder des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs merkmalsemantisch zu rekonstruieren treten jedoch betraumlchtliche Schwierigkeiten auf Ein Verfahren auch solche Bereiche bdquodurchsichtig zu machen besteht nun darin dass man an die Spitze eines Feldes neben den eventuell vorhandenen Oberbegriff noch eine der spezifischen Auspraumlgungen der Kontiguitaumlts-Relation stellt (wodurch dann das was die Basiskante BC des Moduls von S 21 ausmacht als Seitenkante bzw Suchbegriff verwendet wird) Pottiers Wortfeld der Sitzmoumlbel im Franzoumlsischen hat als konstituierende Merkmale ne-ben dem Oberbegriff Artefakt eine solche spezifische Auspraumlgung naumlmlich das finale zum Sitzen Die Similaritaumlt die durch diese beiden Merkmale geschaffen wird stellt einerseits das Auswahlkriterium dar nach dem das Feld begrenzt andererseits den Hintergrund an Similaritaumlt vor dem es analysiert werden kann Ein Bereich wie Werk-zeug laumlsst sich um ein weiteres Beispiel zu geben nur schwer merkmalsemantisch beschreiben weil man Begriffe wie Stechbeitel Loumltkolben Nietzange und Maumlhdre-scher zu beruumlcksichtigen haumltte Fuumlgt man jedoch zu Werkzeug die finale Relation zum Bearbeiten von (beispielsweise von Holz) so entsteht ein uumlberschaubares und strukturierbares Feld [p 34]

Dabei zeigt sich nicht nur dass solche Wortfelder in gewissem Maszlig beliebig (re)konstruierbar sind - man kann etwa Katze mit gleichem Recht einmal zu den Haus-tieren ein andermal zu den fleischfressenden Saumlugetieren rechnen Es zeigt sich gleichzeitig dass eine solche Rekonstruktion genau nach dem dritten noogenetischen Prinzip von Spearman verlaumluft Zu einem Ausgangsbegriff (Werkzeug) und einer Rela-tion (zum Bearbeiten von Holz) werden Entsprechungen gesucht und gebildet Unter dem Blickwinkel dieses noogenetischen Prinzips sind Wortfelder nun nicht nur beschreibbar als Ergebnisse eines Verfahrens der kontrollierten Assoziation die beiden angedeuteten Grundtypen von Wortfeldern beruhen dann sogar beide auf demselben Grundprinzip Gegeben ist der Ausgangsbegriff und eine Relation ndash eine Relation die im Fall des Similaritaumlt-Kontrast-Typs die Gegensatzrelation ist im Fall des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs eine finale kausale temporale lokale TeilGanzes-Relation etc Dass solche Konstruktionen oder Rekonstruktionen48 also die Wortfelder der Linguisten keinesfalls - um mit Gauger (zB 1976) zu sprechen - laquobewusstseinsfremdraquo sind zeigt gerade das Verfahren der freien Assoziation dessen Interpretation Ausgangspunkt die-ser Uumlberlegungen war

Dies hat auch Auswirkungen auf das von Saussure aufgeworfene Negativitaumltsproblem Gewiss bedeutet Vater nicht nur Nicht-Mutter sondern auch

48 Von der Konstruktion von Wortfeldern spricht auch Coseriu (zB 1970 113)

Nicht-Sohn Nicht-Barock Nicht-Jahrhundert Bei einer solchen Betrachtung wird je-doch eine bestimmte Art des Gegensatzes die parmenideische Relation des bdquoIst nicht verabsolutiert Sie spielt gewiss eine wichtige Rolle in der Sprache sowohl in der Semantik als auch im Bereich der geschlossenen grammatischen Paradigmen Man sollte jedoch (trotz des Umstands dass die Kontrast-Relation und mit ihr die Relation des oppositiven bdquoIst nicht gerne als laquologischraquo die Relationen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Systems dagegen als laquoinfralogischraquo bezeichnet werden) nicht vergessen dass beide Ar-ten von Relationen unabdingbare Konstanten unseres Wahrnehmens Erfassens und Denkens darstellen und dass eine Semantik die nicht bewusstseinsfremd sein will dementsprechend nicht nur die im Motto auf S 27 angegebenen Oppositionen sondern die ganze Skala moumlglicher Relationen mit in ihr Beschreibungsinstrumentarium aufneh-men muss

44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte

Eugenio Coseriu hat 1977 in seiner Antrittsrede an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften als eines der vier Prinzipien seines Schaffens das Stichwort Tradition und Neuerung genannt Es heiszligt dort laquodass die Geschichte unserer Wissenschaften wie uumlberhaupt die Kultur- [p 35] geschichte Fortsetzung von Traditionen und Erneuerung innerhalb von Traditionen istraquo Man sage eigentlich Neues nur wenn man an Traditionen anknuumlpfe und Traditionen fortsetze (1977 109 vgl 1979 5) Ich habe im vorliegenden Beitrag versucht in mehrfacher Weise an solche Traditionen anzuknuumlpfen ua an diejenige der Assoziationsforschung der Jahrhundertwende Dass hier uumlberhaupt von einem (Wieder-)laquoAnknuumlpfenraquo gesprochen werden muss hat seine Gruumlnde

Der Begriff Assoziation war noch Saussure so gelaumlufig dass er ihn in dem Sinn verwendete in dem heute Paradigma und paradigmatisch gebraucht werden (Saus-sure spricht nicht von paradigmatischen sondern von assoziativen Relationen) Henri Frei oder Charles Bally setzten in dieser Hinsicht nicht nur die Tradition des Meisters fort Bally kannte wie ua einschlaumlgige Stellen aus dem Traiteacute de stylistique franccedilaise von 1909 zeigen offensichtlich auch die Arbeit von Thumb und Marbe sowie den dort angesprochenen Bereich des Assoziierens insbesondere zum Gegenteil hin Seither hat jedoch in der Sprachwissenschaft ein grundlegender Paradigmawechsel stattgefunden Eine im Uumlbermaszlig psychologisierende Stroumlmung wurde wie uumlblich durch das Gegenteil abgeloumlst und seither scheinen die Sprachwissenschaftler den Begriff Assoziation als et-was eher Anruumlchiges zu meiden und allenfalls mit ganz spitzen Fingern anzufassen laquoCest pour eacuteviter le psychologisme adopteacute dans le Cours de F de Saussure que je substi-tue le terme rapport paradigmatique agrave celui de rapport associatifraquo schreibt Louis Hjelmslev der den terminologischen Wandel vollzogen hat in einer Fuszlignote des Vor-trags den er 1936 auf dem Linguisten-Kongress in Kopenhagen gehalten hat (1938140) Interessanterweise ist auch der Anti-Psychologismus wie Gauger zeigen konnte (1976 73-87) bei Saussure schon mit angelegt

Freilich motiviert sowohl die weitere Geschichte der Assoziationsforschung als auch die Auffassung der Sprechfehler diese spitzen Finger in betraumlchtlichem Maszlig beide Phaumlnomene wurden in den Bereich der Abnormalitaumlt und des Pathologischen geruumlckt Was das Versprechen angeht so ist die Ursache kein anderer als Sigmund Freud er griff aus den Sprechfehlern die Meringer und Mayer vorgefuumlhrt hatten vor allem die Gruppe des Versprechens zum Gegenteil hin heraus und interpretierte sie in dem bekannten Sinn Das Versprechen zum Gegenteil hin lege die geheimen Gedanken des Sprechers bloszlig Dies ist ganz ohne Zweifel eine Uumlberinterpretation die in manchen Faumlllen zutreffen

mag fuumlr den Durchschnittsfall jedoch keinerlei Allgemeinguumlltigkeit beanspruchen kann49 Wie nachhal- [p 36] tig die Interpretation Freuds ndashin diesem Fall leiderndash ge-wirkt hat zeigt die Verbindlichkeit jener Bezeichnung mit der man Sprechfehler heute erfasst bdquo(Freudsche) Fehlleistungen Ein in gleichem Maszlig bdquopathologischer Geruch begleitet spaumltestens seit 1910 die Versuche mit Wortassoziationen Carl Gustav Jung machte Versuche mit Assoziationen Kent und Rosanoff hatten die Absicht mit ihrer Liste von 100 Ausgangswoumlrtern und dem Durchschnitt der Assoziationen von 1000 Probanden eine Norm aufzustellen von der sich abnormale Assoziationen abheben soll-ten Die Untersuchung erschien nicht nur in der Zeitschrift American Journal of Insanity sie hieszlig auch noch A Study of Association in Insanity I Association in Normal Subjects Alle seitherigen einschlaumlgigen Assoziations-Listen werden von den Psychologen entspre-chend mit dem Etikett Norm versehen (laquoRussellJenkins-Normraquo laquoPalermoJenkins-Normraquo etc)

Die Haltung spaumlterer Sprachwissenschaftler ist also auch damit zu erklaumlren dass das Assoziieren und die Sprechfehler durch Pathologisierung ihrer ehemaligen (und angemesseneren) Unschuld verlustig gegangen waren Freilich gibt es seit einiger Zeit wieder ein neues und zunehmendes Interesse an Fragestellungen des Sich-Versprechens Assoziierens und der (wirklich zum Bereich des Pathologischen gehoumlrenden) Aphasie-Forschung50 Dass dabei in der Regel die eigentliche Tradition ausgespart wird ist weniger erfreulich Denn es geht nicht nur um eine sehr alte Tradition des Denkens es geht mit der Omnipraumlsenz bestimmter Relationen eigentlich um grundlegende Charakteristika des Sprechens und Denkens selbst

Freiburg Wolfgang Raible

[p 37] Literaturverzeichnis

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49 Vgl hier die analoge Einstufung der Freudschen Konzeption sprachlicher Fehlleistungen bei Kainz 1956 38 - Die Auseinandersetzung zwischen Freud und Meringer war zT sehr heftig Auf einer houmlheren Stufe der Eskalation zieh Meringer Freud beispielsweise der laquoStuumlmperraquo-Haftigkeit auf dem Gebiet des Beobach-tens laquoEr sieht und houmlrt naumlmlich nur das was sich eventuell zur Begruumlndung seiner phantastischen Theorien missbrauchen laumlsst Die unendlich vielen Faumllle die sich dagegen mit Haumlnden und Fuumlszligen straumlu-ben sieht er nicht (1912 55)50 Ich nenne drei Indizien fuumlr die Wiederbelebung der Tradition bzw das verstaumlrkte Interesse an den betreffenden Zusammenhaumlngen Erstens wird die Arbeit von Meringer und Mayer in einem 1973 von Victoria A Fromkin herausgegebenen Sammelband in den beiden Beitraumlgen der Herausgeberin wenigs-tens gelegentlich wenn auch zT falsch zitiert Die Arbeit von Thumb und Marbe wurde 1978 sogar neu ediert Zweitens gibt es insbesondere in den Vereinigten Staaten eine Reihe von Arbeiten zu linguistischen Aspekten der Assoziationsforschung (die wichtigste ist wohl die allerdings weitgehend psychologisch und psychometrisch orientierte von Deese 1965) die zB in den Versuch einer Synthese eingegangen sind den Herbert H Clark 1970 veroumlffentlicht hat (Die Arbeit von Clark ist freilich noch ein wenig zu stark dem Grammatikmodell der Transformationsgrammatik verhaftet) Noumlth (1975) hat den Ansatz von Clark zT weitergefuumlhrt sich zT jedoch auch in kasuistischen Uumlberlegungen gefangen Drittens ist das Wiedererwa-chen des linguistischen Interesses an der Aphasie-Forschung zu vermerken (es war zB schon bei Meringer und Mayer vorhanden) Fuumlr dieses ndashallerdings in Schuumlben auftretendendash Interesse ist nicht zuletzt auch Roman Jakobson verantwortlich

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  • Von der Allgegenwart des Gegensinns
  • (und einiger anderer Relationen)
  • Strategien zur Einordnung semantischer Information
  • Wolfgang Raible (Universitaumlt Freiburg)
  • Eugenio Coseriu zum 2771981
  • 21 Gesetzmaumlszligigkeiten des Assoziierens
  • 211 Argumentum quantitatis
  • 212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt
  • 22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens
  • 311 Syntagmatisches Assoziieren
  • 312 Paradigmatisches Assoziieren
  • 3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System
  • 3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System
  • 32 Sonderfaumllle
  • 41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems
  • 42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semantishyschen Orientierungssystems
  • ja
  • Fuumlr alle Woumlrter moumlgshylich
  • 44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte
  • Freiburg Wolfgang Raible
  • Abel C Uumlber den Gegensinn der Urworte Leipzig 1884
  • Bally C Preacutecis de stylistique Genegraveve 1905
  • Bally C Traiteacute de stylistique franccedilaise Genegraveve 1909
  • Coseriu E Einfuumlhrung in die strukturelle Betrachtung des Wortschatzes Tuumlbingen 1970
  • Coseriu E Probleme der strukturellen Semantik Tuumlbingen 1973
  • Coseriu E Zu Hegels Semantik in Kwartalnik neofilologiczny 24 (1977) 183-193
  • Deese J The Structure of Association in Language and Thought Baltimore 1965
  • Duumlring I Aristoteles Darstellung und Interpretation seines Denkens Heidelberg 1966
  • Esper EA Analogy and Association in Linguistics and Psychology Athens 1973
  • Frei H La grammaire des fautes Genegraveve 1929
  • Fromkin V A (Hg) Speech Errors As Linguistic Evidence The HagueParis 1973
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Page 9: latina.phil2.uni-freiburg.delatina.phil2.uni-freiburg.de/.../Files/Gegensinn_neu.docx  · Web viewZeitschrift für romanische Philologie Bd. 97, Heft 1/2, S. 1-40. Die Seitenangabe

wird desto kuumlrzer die Reaktionszeit der jeweiligen Probanden16 Umgekehrt Die ausgefallenen Reaktionen erfordern ein Vielfaches dieser kuumlrzesten Reaktionszeit Waumlhrend etwa die Mehrzahl der Probanden von Thumb und Marbe auf fuumlnf mit sechs reagierte brauchte das Enfant terrible ein Dr Roos uumlber zehn Sekunden um mit dem fuumlnften Badischen Infanterieregiment wie uumlblich aus dem Rahmen zu fallen

212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt

Die Spontaneitaumlt und die hochgradige Uumlbereinstimmung17 der Assoziationen von bei-spielsweise 1000 Probanden waumlren gewiss nicht moumlglich [p 11] ohne innere bdquoqualitative Ursachen Sie sollen im folgenden - in einem ersten Interpretationsversuch - insbesondere anhand des Materials analysiert werden das auf der Wortliste von Kent und Rosanoff basiert Beruumlcksichtigt wird dabei zunaumlchst die Gruppe der Erwachsenen und zwar derjenigen Erwachsenen die sich durch einen hohen Grad an sprachlicher Sozialisierung auszeichnen (die Probanden der psychologischen Assoziationstests rekrutieren sich zumeist aus der Gruppe der Studenten) Die Analyse des Materials laumlsst hier die folgenden fuumlnf Prioritaumlten-Ebenen erkennen

1 Assoziationen sind vorzugsweise solche der gleichen Wortart18 Der modus significandi dh die Information die die Zugehoumlrigkeit zu einer Wortart bringt erweist sich damit fuumlr die Verarbeitung sprachlicher Information als das Merkmal mit der houmlchsten Prioritaumlt

Die haumlufigste Reaktion ist also vom Typ Nomen-Nomen Pronomen Pronomen Adjektiv - Adjektiv komparative Form des Adjektivs komparative Form etc Sind die Ausgangswoumlrter Formen die zwischen verschiedenen Wortarten stehen wie etwa der Infinitiv der im Verbalsystem das nominale Element darstellt so sind die Reaktionen entsprechend gespalten also bald nominal bald verbal wie schon Thumb und Marbe feststellen konnten Die Klassengleichheit zwischen Ausgangswort und Assoziation ist fuumlr das am haumlufigsten genannte Wort durchschnittlich in 80 bis 90 der Faumllle gegeben19

2 Assoziationen sind vorzugsweise aus demselben semantischen Bereich Sie stammen also wie man heute sagen wuumlrde aus demselben Wortfeld Ich interpretiere dabei wie sich noch zeigen wird semantischer Bereich und Wortfeld bewusst weit So werden auf Verwandtschaftsnamen in 80 bis 90 der Faumllle Verwandtschaftsbezeichnungen assoziiert auf Hand kommt Fuszlig auf Spinne Netz Abweichungen sind in aller Regel mit houmlheren Reaktionszeiten verbunden

16 Dieser Zusammenhang wurde spaumlter als das bdquoGesetz von Marbe bekannt und zitiert auch in Amerika - freilich ohne dass man wie Esper 1973 berichtet deshalb das Werk von Thumb und Marbe auch gelesen haumltte17 Es duumlrfte nicht uumlberraschen dass bei gleichem Ausgangsmaterial - den 100 Woumlrtern von Kent und Rosanoff 1910 - in verschiedenen Testsituationen undoder in verschiedenen Sprachen die Ergebnisse variieren Die Marge fuumlr die drei am haumlufigsten genannten Reaktionswoumlrter liegt im Durchschnitt der 100 Testwoumlrter und der Versuche in fuumlnf Sprachen jeweils Zwischen 40 und 60 der Nennungen Vgl Rosen -zweig 1970 99 Wichtig im Hinblick auf Variationen ist wie sich noch zeigen wird der Grad der sprachli -chen Sozialisierung der Probanden18 Diese Beobachtung wurde vor ThumbMarbe 1901 schon von Bourdon 1895 gemacht vgl hierzu Rosenzweig 1970 10219 Ich habe eine Auswahl von 48 Ausgangswoumlrtern der jeweils auf KentRosanoff basierenden Listen fuumlr das genannte amerikanische deutsche und franzoumlsische Material auf die Wortart-Zugehoumlrigkeit hin unter-sucht Dabei wurden alle Reaktionswoumlrter beruumlcksichtigt auf die drei und mehr Prozent der Nennungen entfielen Es erwies sich dass die jeweiligen Nennungen also angefangen vom haumlufigsten Wort bis hin zu dem Wort das noch von 3 der Probanden genannt wurde in etwa der Haumllfte der Faumllle sogar zwischen 90 und 100 klassengleich sind (Amerikanisches Material 26 von 48 Faumlllen deutsches 25 von 48 franzoumlsisches 27 von 48)

[p 12] Die beiden ersten Prioritaumlten zeigen also dass die Similaritaumlt bei den Assoziationen eine grundlegende Rolle spielt - allerdings wie die beiden folgenden Prioritaumltsebenen zeigen eine Hintergrund-Rolle Auf der dritten Prioritaumlts-Ebene kommt naumlmlich vor diesem Hintergrund an Similaritaumlt das Prinzip des Kontrasts zum Zuge

3 Assoziationen sind wo immer dies moumlglich ist fast ausnahmslos Assoziationen zum Entgegengesetzten hin - entgegengesetzt im oben dargelegten aristotelischen Sinn Typische Paare sind also schwarzweiszlig helldunkel kleingroszlig leichtschwer altjung (bzw neu) TagNacht schnellerlangsamer kommengehen kaufenverkaufen ichdu ersie nowthen herethere alwaysnever etc

Dass diese besonders praumlgnante Rolle des Kontrasts kein einzelsprachliches Phaumlnomen ist zeigen die Versuche die mit der Wortliste von Kent und Rosanoff im Bereich des Englischen Englands Amerikas Australiens Kanadas im Deutschen Franzoumlsischen Italienischen und Polnischen gemacht wurden20 Eine starke dh eindeutige Antonymie-Relation (Antonymie im erwaumlhnten weiten Sinn) fuumlhrt stets dazu dass das am haumlufigsten genannte assoziierte Wort das korrespondierende Antonym ist Das Feld der assoziierten Woumlrter bekommt dadurch einen sehr scharfen Fokus der Halo der restlichen Nennungen bleibt gering Paradefall in der liste von KentRosanoff ist das Ausgangswort dark Die Streuung also die Zahl der von 1000 Probanden insgesamt assoziierten verschiedenen Woumlrter betraumlgt hier wie schon erwaumlhnt nur 41 Von den Probanden reagieren 829 (83) mit light 55 weitere mit night 33 mit room 31 mit black etc Sobald eine Antonymie-Relation dagegen schwaumlcher ist zB deshalb weil das Ausgangswort mehrere Antonyme besitzt (also merkmalloser ist) ist entsprechend der weiteren Bedeutungsaura des Ausgangsworts der Fokus der assoziierten Woumlrter weit weniger scharf der Halo der Streuung wird entsprechend breiter Waumlhlt man dagegen eines aus jener Mehrzahl von Antonymen aus also ein notwendigerweise merkmalhaltigeres Wort so verlaufen die Assoziationen mit starker Buumlndelung auf das urspruumlngliche Ausgangswort zu21

[p 13] Auf Rang 4 der Prioritaumltsebenen tritt die Dimension Kontiguitaumlt - Distanz in Erscheinung - und zwar in Form der semantischen nicht der syntagmatischen Kontiguitaumlt

4 Assoziationen richten sich wenn keine oder keine dominierende Antonymie-Relation gegeben ist unter Fortgeltung der Prioritaumlten 1 und 2 nach der semantischen

20 Vgl Rosenzweig 1961 und CarrollKjeldergaardCarton 196221 Ein Beispiel Die Reaktionen auf sweet und suumlszlig weisen in etwa dieselbe Streuung auf Die Streuung ist jedoch bei doux in auffaumllliger Weise groumlszliger Die Ursache Auf sweet wird an 1 Stelle das Antonym sour (43) an 4 Stelle das Antonym bitter (8) assoziiert Analog verhaumllt es sich im Deutschen den 1 Rang belegt sauer (39) den 4 bitter (3) Bei franz doux weist der Petit Robert nicht weniger als 21 Antonyme auf Doux hat also im Gegensatz zu sweet und suumlszlig eine wesentlich weniger praumlgnante Bedeutung Es kommt hinzu dass die praumlgnanteste Bedeutung gar nicht doux im Gegensatz zu aigre oder acide ist sondern doux im Gegensatz zu dur (9) Die einzige einigermaszligen dominante Bedeu-tung von doux ist also weich Als naumlchstes Antonym wird auf Rang 8 noch amer (3) genannt ruumlde nennen noch 2 brutal fort rugueux jeweils 1 mit je einer Nennung sind noch vertreten aigre grossier roche sevegravere Waumlhlt man nun das dominante Antonym des deutschen und englischen suumlszlig naumlmlich sauer wieder als Ausgangswort so zeigt sich hier eine weitgehende Uumlbereinstimmung zwischen allen drei Sprachen an der Spitze der genannten Reaktionswoumlrter liegen sweet (57) suumlszlig (39) und doux (30) - Zur Rolle der MerkmalhaltigkeitMerkmallosigkeit von Antonymen bei der Assoziation sei auch auf Clark 1970 276 hingewiesen

Kontiguitaumlt Allerdings ist die Wortart-Identitaumlt der Prioritaumltsebene 1 hier etwas eingeschraumlnkt die Gruumlnde dafuumlr werden spaumlter evident werden

Es handelt sich hier in der Regel um Assoziationen von etwas was im Bereich der Denotata und das heiszligt auch im Erfahrungsbereich der Probanden mit dem was durch das Ausgangswort bezeichnet ist in einer spezifischen Relation steht Im Gegensatz zum Normalfall der (zweiseitigen) Antonymie-Relation sind diese spezifischen Relationen in der Regel gerichtet Dass die Basis solcher Relationen die Kontiguitaumlt im Erfahrungsbereich ist hat natuumlrlich zur Folge dass hier unter Umstaumlnden soziale und kulturelle Unterschiede vorliegen koumlnnen Dies wird nicht der Fall sein in Beispielen wie araigneacutee toile ragnoragnatela tigefleur stemflower piedchaussure footshoe Es koumlnnte dagegen eher zutreffen in Faumlllen wie comfortchair confortfauteuilrsquo oder BequemlichkeitSessel

5 Assoziationen sind wenn sich keine Kontrast- oder keine semantische Kontiguitaumlts-Relation einstellt Assoziationen im Bereich der semantischen Similaritaumlt oder der syntagmatischen Kontiguitaumlt

Zunaumlchst zur semantischen Similaritaumlt Es handelt sich bei den Assoziationen dieser Gruppe entweder um bdquoSynonyme Oberbegriffe oder um etwas im Ausgangswort Impliziertes Die Beispiele sind relativ selten Bezeichnend ist allein dass solche Assoziationen wenn sie schon gelegentlich an erster Stelle genannt werden nur in relativ geringem Maszlige buumlndeln22 Die andere Variante der fuumlnften Prioritaumltsebene Assoziationen [p 14] im Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt ist in dem von mir analysierten Materialebenfalls nur schwach vertreten (hier gelten uumlbrigens die Prioritaumltsebenen 1 und 2 nur noch sehr eingeschraumlnkt der Grund auch hierfuumlr wird wiederum spaumlter deutlich werden) Zwei Beispiele aus dem deutschen Bereich Auf glatt assoziierten immerhin 40 der Probanden an erster Stelle Eis (laquoGlatteisraquo) erst an zweiter Stelle folgte hier mit 15 das Antonym rau Desgleichen assoziierten auf Stiel (die falsche Uumlbersetzung des englischen stem - gemeint war Stengel) 38 der Probanden den Besen Auch die zweithaumlufigste Assoziation zaumlhlt hier noch zum Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt 6 nannten Stumpf Im englischen und franzoumlsischen Material treten solche Arten der Assoziation erst an untergeordneter Stelle auf ndash etwa vinaigre auf aigre becircte auf belle marche auf pied

Als Hugo Schuchardt die Arbeit von Thumb und Marbe ein Jahr nach ihrem Erscheinen (sehr kritisch) besprach machte er hauptsaumlchlich zwei Einwaumlnde Mit dem ersten dieser Einwaumlnde stand er ganz in der Tradition der bisherigen Assoziationsforschung Thumb und Marbe haumltten die Nachbarschaft in der Rede als eine der Ursachen fuumlr die Assoziationen nicht gebuumlhrend gewuumlrdigt Die analysierten Verhaumlltnisse widerlegen Schuchardt sehr deutlich Sein Einwand trifft allerdings wie sich noch zeigen wird unter ontogenetischem Aspekt zu Auch Schuchardts zweites Monitum die lautliche Aumlhnlichkeit muumlsste als einer der Faktoren des Assoziierens staumlrker betont werden ist obsolet Selbst unter 1000 Probanden waumlre entgegen der Vermutung Schuchardts kaum einer gewesen der auf drei die Zahl zwei assoziiert 22 Dies zeigen die folgenden Beispiele enfant 1 petit (12) 2 beacutebeacute (8) child 1 baby (16) Kind 1 klein (12) (2 Mutter (10)) 3 Baby (6) oder Quadrat 1 Viereck (14) Ein Beispiel fuumlr die Wahl des Oberbegriffs aigle 1 oiseau (16) Adler 1 Vogel (21) Typisch fuumlr die relativ geringe Wir-kung der semantischen Similaritaumlt im Sinn von Synonymie ist der Umstand dass die meisten Syno nyme ansonsten an nachgeordneter Stelle vorkommen Auf dark assoziieren 3 (und an 4 Stelle) black auf beautiful immerhin 14 an 2 Stelle pretty an 6 Stelle (4) lovely an 1 Stelle steht das Antonym ugly Auf rough wird an 1 Stelle mit dem Antonym smooth (44) reagiert erst an 2 Stelle folgt mit 7 hard Auf sommeil folgt an 1 Stelle das semantisch benachbarte lit erst an 2 Stelle (10)reposrsquo

haumltte23 Dies liegt daran dass sprachliche Information primaumlr nach ihrem syntaktisch-semantischen [p 15] Gehalt analysiert und verarbeitet wird (und die Assoziationen auf Zahlen sind hier wie noch in 32 gezeigt werden wird hochgradig gerichtet) Klangphaumlnomene sind auf jeden Fall sekundaumlr Erst dann wenn der Proband die Bedeutung nicht versteht wie etwa bei Fremdwoumlrtern bei Termini technici oder bei Woumlrtern einer ihm unbekannten Sprache spielt die Laut-Assoziation eine Rolle24 Thumb zeigte dies in einer spaumlteren Studie aus dem Jahre 1908

21a Aktualisierender Zusatz im Jahr 2011

Ein Team von drei Wissenschaftlern der Universitaumlten von South Florida und Kansas hat den bisher wohl groumlszligt-angelegten Test mit Assoziationen auf Wort-Stimuli unternommen und dies mit einer Unzahl von Probanden Nelson D L McEvoy C L amp Schreiber T A (1998) The University of South Florida word association rhyme and word fragment norms25 ldquoMore than 6000 participants produced nearly three-quarters of a million responses to 5019 stimulus wordsrdquo

Im vorliegenden Fall geht es um insgesamt 4870 Woumlrter als Ausgangspunkte fuumlr Assoziationen (cues) 76 davon Nomina 13 Adjektive 7 Verben 16 waren Homographen Die Testpersonen durften jeweils ein einziges Wort als Reaktion aufschreiben Die Reaktionszeit wurde dabei nicht gemessen Aus den 4870 Faumlllen habe ich die 538 ausgewaumlhlt in denen eine ldquoForward Cue-to-Target Strengthrdquo von ge 05 vorlag bei denen also ein Reizwort mit hoher Wahrscheinlichkeit ein oder mehrere Zielwoumlrter ausloumlst Dabei bestaumltigen sich die Ergebnisse der 1980 vorgenommenen Analyse fast vollstaumlndig

Antonymen-Relationen die sich anhand des Corpus der University of Southern Florida ergeben Die meisten sind zweiseitig Sie entsprechen den u auf S 2223 analysierten acht Strukturierungsdimensionenabove lt--gt belowadd lt--gt subtractaddition lt--gt subtraction

defense --gt offensedifferent --gt samedown lt--gt up

major --gt minorme lt--gt youmine lt--gt yours

23 Vgl im Einzelnen Schuchardt 1902 - Dass Assonanzen keine Rolle spielen gilt natuumlrlich nicht dort wo jemand im Sinn des dritten noogenetischen Prinzips von Spearman explizit Woumlrter sucht die mit dem Ausgangswort durch die Relation lautlicher Similaritaumlt verbunden sind also beispielsweise Reimwoumlrter - Wie sehr die Verarbeitung sprachlicher Information primaumlr auf die Analyse syntaktischer und semanti-scher Merkmale ausgerichtet ist zeigt sich einerseits bei den unendlich zahlreichen Versuchen der Psychologen vergangener Jahrzehnte mit kuumlnstlichem sinnlosem Wortmaterial zu arbeiten die Proban-den versuchen auch dort ganz automatisch zunaumlchst einen Sinn zu houmlren Wie sehr die etwa von Coseriu stets betonte Semantizitaumlt der Sprache selbst bei traumatischen und sonstigen Aphasikern im Vorder-grund steht zeigt andererseits die einschlaumlgige Forschung Luria (1976 150f) berichtet dass auch bei den Assoziationen von Aphasikern Woumlrter mit verwandter Bedeutung den Vorrang vor Woumlrtern mit aumlhnli-chem Klang haben Nur bei besonders schweren Faumlllen von Aphasie und bei geistig Zuruumlckgebliebenen dominiert die Lautassoziation vor der inhaltlichen Als Beispiel fuumlr die untergeordnete Bedeutung von Lautassoziationen kann auch ein Versuch mit Aphasikern dienen dessen Gegenstand kontrollierte Assoziationen waren (Aufzaumlhlen von Tiernamen) von den 2918 Namen die von insgesamt 94 Patienten innerhalb von fuumlnf Minuten genannt wurden waren ganze 6 Faumllle vom Typ MausLaus (GloningMuumlller 19711972 264)24 Bin illustratives Beispiel sind die Reaktionen auf das im amerikanischen Englischen aumluszligerst selten be -legte Ausgangswort abbess (Aumlbtissin) Den 1 Rang unter den Antworten hat hier mit 9 hole - ganz offensichtlich deshalb weil die Probanden abbess als abyss verstanden Erst an 2 Stelle folgt mit 5 ein Wort bei dem wohl die lautliche Assoziation Pate gestanden hat abscess (Postman 1970 260) 25 httpw3usfeduFreeAssociation

answer lt--gt questionasleep lt--gt awakeback lt--gt frontbad lt--gt goodbefore --gt afterbegin lt--gt endbest lt--gt worstblack lt--gt whiteborrow --gt lendbottom lt--gt topfemale lt--gt maleboy lt--gt girluncle lt--gt auntactor lt--gt actressbrother lt--gt sisterdad lt--gt momfather lt--gt motherdaughter lt--gt songrandma lt--gt grandpahusband lt--gt wifeman lt--gt womanbuyer lt--gt sellerclose --gt openday lt--gt nightdead --gt alive

downstairs lt--gt upstairsdryer --gt washereast lt--gt westempty lt--gt fulleven lt--gt oddexit --gt entranceexplode --gt implodefalse lt--gt truefar lt--gt nearfind lt--gt seeksearchfirst --gt lastforward lt--gt backwardfound lt--gt lostgo lt--gt stopgroom lt--gt bridehello --gt goodbyehe lt--gt shehere lt--gt therehigh lt--gt lowin lt--gt outleader --gt followerless lt--gt morelose --gt winloser lt--gt winnerlost lt--gt found

minus lt--gt plusnegative lt--gt positiveno lt--gt yesnorth lt--gt southoff lt--gt onold --gt newopen --gt closeclosedoutside --gt insideover lt--gt underpoor lt--gt richqueen --gt kingquestion lt--gt answerright --gt leftright --gt wrongscratch --gt itchseller lt--gt buyersit --gt standslow lt--gt fastsoft lt--gt hardthin --gt thicktight --gt loosetoday lt--gt tomorrowtwice --gt onceweak --gt strong

Bemerkenswert sind solche abweichenden Faumllle in denen an erster Stelle nicht ein Antonym assoziiert wird sondern ein aumlquivalenter Begriff etwa finish --gt done und erst an zweiter Stelle start happy fuumlhrt an erster Stelle zu joyous an dritter und vierter Stelle immer noch sehr haumlufig zu cheerful und glad sad steht erst an zweiter Stelle Hard fuumlhrt an erster und zweiter Stelle zu difficulty und difficult die beiden moumlglichen Antonyme easy und soft folgen (mit immer noch hoher Frequenz) an dritter und virter Stelle Umgekehrt fuumlhrt nur soft hoch frequent zu hard Parallel ist ein Fall wie hate zu dem hoch frequent despise und dislike assoziiert wird waumlhrend love unter der 05-Schwelle an dritter Stelle folgt Genauso verhaumllt es sich mit love das zu affection ro-mance und adore fuumlhrt (love ist als Wortart polyfunktional) hate folgt an vierter Stelle in der Frequenz Hot fuumlhrt in seiner einen Bedeutung zu spicy in einer anderen zu humid erst an dritter Stelle zu cold Umgekehrt gilt aber cold --gt hot Late fuumlhrt an erster Stelle zu tardy erst an zweiter zu early Auf many wird an erster und zweiter Stelle several und numerous assoziiert erst an dritter folgt unter der 05-Schwelle fewsome waumlhrend umgekehrt nur few mit einiger Frequenz zu many fuumlhrt Bei old gilt zwar --gt new aber dann folgen drei verwandte Begriffe (elderly antique ancient) erst an vierter Stelle kommt das andere Antonym young Vergleichbar ist das vieldeutige present an erster Stelle steht hier gift dann folgt mit past ein Antonym mit absent ein anderes In einem Fall wie forget wird an erster Stelle forgive (ldquolet us forget itrdquo) assoziiert also ein willentliches vergessen waumlhrend umgekehrt remember direkt zu forget fuumlhrt Mehrdeutigkeit ist also immer ein lsquoStoumlrfaktorrsquo wie auch der Fall short --gt talllong an zweiter Stelle short --gt brief zeigt oder small --gt tiny und an zweiter und dritter Stelle --gt big large Interessant ist auch das Beispiel square das an erster Stelle zum Oberbegriff rectangle fuumlhrt und dann zu zwei gleichermaszligen moumlglichen lsquoAntonymenrsquo circleround

und triangle Strong fuumlhrt an erster Stelle zu einem Parallelbegriff powerful erst an zweiter zu weak waumlhrend weak direkt zu strong fuumlhrt Wet fuumlhrt -- in dieser Reihenfolge -- zu slippery moist drench und dry aber nur dry fuumlhrt in nennenswertem Umfang zuruumlck zu wet

Die uumlberwiegende Zahl der anderen Faumllle sind solche in denen ein Begriff aus demselben Erfahrungsbereich assoziiert wird In manchen Faumlllen sind das sehr viele So gibt es bei money der hohen Zahl von Probanden entsprechend eine hohe Zahl von Nennungen fuumlr (in absteigender Reihenfolge aber immer noch mit einer Forward Cue-to-Target Strength von gt05) cash bank fund wallet profit spend banker income bud-get lottery dollars checkbook salary Insgesamt sind es hier 302 verschiedene Targets Aumlhnliches gilt fuumlr tree -- wo jeder an eine spezifische ihm gelaumlufige Baumart oder einen Baum-Bestandteil denken kann

22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens

Mit seinem genialen Blick fuumlr das Grundlegende hat Roman Jakobson inspiriert von Mikołai Habdank Kruszewski (1886) die Aufmerksamkeit auf das Zusammenwirken zweier Prozesse beim Sprechen gelenkt eines paradigmatischen bei dem Einheiten aus anderen gleichrangigen Einheiten ausgewaumlhlt und eines syntagmatischen bei dem die ausgewaumlhlten Einheiten in eine lineare Abfolge gebracht werden Im paradigmatischen Prozess spielt die Dimension Similaritaumlt - Kontrast im syntagmatischen die Dimension Kontiguitaumlt - Distanz eine dominierende Rolle

In diesen Rahmen lassen sich nun nicht nur Typen der Aphasie einordnen26 sondern auch die Typen des Versprechens die Meringer und Mayer 1895 vorgefuumlhrt haben Da die lineare Anordnung elementarer Zeichen ein Charakteristikum der Rede ist ist die Mehrzahl der bdquosprachlichen Fehlleistungen im Bereich der syntagmatischen KontiguitaumltDistanz anzutreffen Ihre Hauptursache ist darin zu sehen dass (wenigstens normalerweise) das Denken einen Vorlauf vor dem Artikulieren hat - und der Sprecher setzt dann das was er zu sagen plant an die Stelle dessen was er im Moment artikuliert Das bdquoSpaumltere wirkt also dabei scheinbar paradoxerweise - auf das bdquoFruumlhere Ohne auf die Einzelheiten dieser Art des Versprechens eingehen zu wollen dessen Ergebnisse sehr haumlufig Vertauschungen also Metathesen sind sei hier zweierlei festgehalten Zum einen sind die in der Rede auf diese Art vertauschten Elemente in aller Regel klassengleich - wobei der Begriff Klasse nicht nur Wortarten also den modus significandi sondern beispielsweise auch Anlaute Auslaute Stammvokale betonte Silben usw umfassen kann27 Mit den Worten von Meringer und Mayer [p 16] (1895 17) laquoAm gewoumlhnlichsten sind die Vertauschungen der Adjectiva mit Adjectiven Substantiva mit Substantiven Verba mit Verbenraquo Zweitens sei festgehalten laquoAntithetische Woumlrter werden besonders leicht vertauschtraquo (1895 15) Ein Beispiel fuumlr diese Art der Metathese laquoDa steht der Einsatz nicht fuumlr den Gewinnraquo

Die zweite groszlige Gruppe fuumlr Versprech-Leistungen sind solche deren Ursache in der Auswahl waumlhrend des paradigmatischen Prozesses gesehen werden muss Die eine Untergruppe sind hier die bdquoKontaminationen bei der Vorstellung etwas schreiben werden die Ausdrucksmoumlglichkeiten etwas zu Papier bringen und etwas schreiben

26 Zur Fruchtbarkeit der Unterscheidung Jakobsons fuumlr die Klassifizierung von Aphasien vgl Luria 1976 5227 Einige Beispiele laquoSaint-Exupeacuterinces Petit Princeraquo laquoMinuster fuumlr Kultus und Unterrichtraquo Die Elemente koumlnnen auch vertauscht werden - Metathesen dieser Art sind laquoeine Sorte von Tacherraquo laquodenile Semenzraquo laquoVerteidigung ist die Spiele des Seelsraquo etc Die Beispiele stammen bis auf das erste aus MeringerMayer 1895 Zu analogen Erscheinungen beim Verlesen vgl auch Kolers 1976

kombiniert zu etwas zu Papier schreiben Freud nennt dies gewiss zutreffend Verdichtungen Die andere Unterart dieses semantischen Versprechens besteht in der Vertauschung (bdquoSubstitution) zweier Elemente - wobei es sich nicht mehr um Elemente aus dem Syntagma sondern um Elemente des paradigmatischen Auswahlprozesses handelt laquoBekannt istraquo so heiszligt es bei Meringer und Mayer (1895 79) laquodass kontrastierende Vorstellungen einander assoziieren So kommt man auf dem Wege der Substitution dazu das Gegenteil von dem zu sagen was man gemeint hatraquo Also etwa laquoIhm war auch kein Berg zu niedrigraquo (statt zu hoch) laquowas er verliert (statt gewinnt) gibt er seinen Kindern in die Sparbuumlchseraquo

Was schon bei voumlllig gesunden Sprechern wenn man ein Ohr dafuumlr hat mit bemerkenswerter Haumlufigkeit zu beobachten ist kann natuumlrlich im Fall von verminderter Sprechfaumlhigkeit (Aphasien) in verstaumlrktem Maszlige auftreten Herbert Pilch hat aus linguistischer Sicht auf die bekannte Erscheinung hingewiesen dass Aphasiker Woumlrter verwechseln die im Verhaumlltnis des Gegensinns zueinander stehen (1972 8) Ein einfaches Beispiel aus einem Sprachtest mit Aphasikern (Muumlller 1976 257ff) Es handelt sich um einen Test in dem der Umgang mit metakommunikativen Verben uumlberpruumlft wurde Beim Nachsprechen eines groumlszligeren zusammenhaumlngenden Texts - dies war eine der Aufgaben - wurden dabei vereinzelt sinnstoumlrende Vertauschungen zwischen den korrelativen Begriffen fragen und antworten beobachtet Von einem analogen Test mit Einzelsaumltzen heiszligt es laquoSinnstoumlrend vertauscht wurden fragen mit erwidern wissen wollen bzw sich erkundigen (wurden) durch sprechen ersetztraquo In einem Sortiertest sollten metakommunikative Verben nach inhaltlichen Kriterien zu Gruppen geordnet werden Dieser Test wurde wegen der erforderlichen hohen Konzentration allerdings nur von fuumlnf Probanden absolviert Vier davon gruppierten fragen wissen wollen sich erkundigen antworten entgegnen erwidern Der fuumlnfte Proband gekennzeichnet mit dem Stichwort laquoKonduktionsaphasieraquo bildete dagegen [p 17] die Paare fragenantworten antwortenerkundigen wissen wollenentgegnen Er gliederte also was der Untersuchende nicht direkt sieht nach Antonymen-Paaren28

3 Interpretation der beschriebenen Phaumlnomene oder Die verschiedenen Strategien zum Erfassen von Bedeutung

No hay que explicar el hablar desde el punto de vista de la lengua sino viceversa (Coseriu 19551973 287)

Meringer und Mayer haben darauf hingewiesen man muumlsse sich huumlten den Sprechfehler als etwas Pathologisches aufzufassen Sie erlaumlutern dies mit einem praumlgnanten Bild Beim Sprechfehler versage nur die Aufmerksamkeit die Maschine laufe ohne Waumlchter sich selbst uumlberlassen Und was den Sprechfehler fuumlr die Sprachwissenschaft lehrreich mache sei der Umstand dass das Uhrwerk in solchen Augenblicken des Mantels entkleidet scheine und ein Blick in die Raumlder moumlglich sei (1895 7) Aumlhnliches gilt fuumlr die permanenten Abweichungen von der Sprachnorm die sich im Sprechen von Individuen oder Individuen-Gruppen finden (und die zB Henri Frei in seiner Grammaire des fautes (1929) festgehalten hat) Die Uumlberlegungen gelten natuumlrlich ebenso fuumlr die Wort-Assoziationen insbesondere dann wenn man wie urspruumlnglich Thumb und Marbe mit der Beruumlcksichtigung der Spontaneitaumlt also der Reaktionszeit ein Indiz dafuumlr hat welche Prozesse unter Umstaumlnden laquoautomatischraquo 28 Nach der Analyse die Luria von dem seit Wernicke und Lichtheim so genannten Syndrom der bdquoLeitungsaphasie gibt duumlrfte es sich um die Variante mit akustisch-artikulatorischer Stoumlrung handeln In der Variante mit akustisch-mnestischer Stoumlrung sind sogenannte bdquoverbale Paraphasien relativ selten Vgl Luria 1976 239-285 insbes S 247-273

oder mit Meringer und Mayer so ablaufen dass laquoder Waumlchterraquo also das Bewusstsein des Sprechers dessen bestenfalls hinterher richtig gewahr wird Mutatis mutandis gilt die Uumlberlegung schlieszliglich auch fuumlr den Bereich der Sprachstoumlrungen laquoPathologia illustrat physiologiamraquo das Anomale lehrt uns wie das Normale funktioniert ndash so lautet ein alter Grundsatz der medizinischen Forschung Wie betraumlchtlich der Unterschied zwischen den voll bewussten mehr Zeit in Anspruch nehmenden Suchprozessen und den halbbewussten Assoziationen ist zeigen solche Aphasien in denen der Patient ein Wort bei bewusstem Suchen nicht findet oder ein Wort das ihm vorgesprochen wird nicht wiederholen kann waumlhrend er im Bereich des offenbar funktionierenden Assoziierens das betreffende Wort findet bzw sagen kann29

[p 18] Wenn ich nach der obigen Skizzierung quantitativer und qualitativer Verhaumlltnisse im Bereich von Wortassoziationen nun versuche die bisherige Untersuchung im eigentlichen Sinn zu interpretieren so lasse ich mich von der folgenden Grunduumlberlegung leiten Da Assoziationen mit Wortmaterial im Idealfall in einem halbbewussten Bereich spontanen Reagierens ablaufen koumlnnte man meinen es handle sich um ganz einfache primaumlre Prozesse sprachlicher Aktivitaumlt Komplex und sekundaumlr waumlre dagegen die Aumluszligerung von Saumltzen und Texten Nun hat freilich einer der groszligen Aphasieforscher Kurt Goldstein gezeigt dass es sich eigentlich genau umgekehrt verhaumllt Primaumlr am Sprechen ist die Mitteilungsabsicht dh das Kommunizieren mit Hilfe groumlszligerer syntagmatischer Einheiten im Rahmen von Kommunikationssituationen Das scheinbar so einfache Assoziieren von Woumlrtern oder das Benennen von Gegenstaumlnden sind dagegen recht schwierige und komplexe Aufgaben Wie Roman Jakobson gezeigt hat ist zB das Benennen eines Gegenstandes ein metasprachlicher Akt30 Ein solcher Akt setzt die Existenz und das isolierte Funktionieren eines praumlzisen Orientierungs- und Einordnungssystems voraus Bei Assoziations-Tests muss ein gehoumlrtes Wort ohne jede Situations- oder Kontexthilfe analysiert erkannt und eingeordnet werden

Ich habe nun eingangs mit Hilfe einiger einfacher Beispiele aus dem Bereich der Gestaltpsychologie gezeigt dass eine solche Erkenntnis immer erst dadurch zustande kommt dass man uumlber das Gegebene hinausgeht going beyond the Information given Dementsprechend besteht mein Interpretations-Ansatz jetzt darin dass ich die von einem vorgegebenen Ausgangswort ausgehende Assoziation als den Reflex einer Strategie interpretiere einer Strategie die dazu dient die Bedeutung von Woumlrtern im Hinausgehen uumlber das gegebene Wort zB durch die Einordnung in das semantische Orientierungs-System zu erfassen

31 Zwei Grundtypen des Assoziierens

Hier gibt es nun nicht eine einzige es gibt wenn ich recht sehe zwei Grundstrategien zur Erfassung von Bedeutung Vergegenwaumlrtigt man sich den primaumlren auf Mitteilung ausgerichteten Aspekt des situativen Sprechens in Saumltzen und Texten und den subsidiaumlren - wenn auch unverzichtbaren - Charakter desjenigen Bereichs in den auch das Assoziieren von Woumlrtern faumlllt so versteht man sofort die eine von zwei grundlegend verschiedenen Strategien dh Arten der sprachlichen Reaktion auf

29 Kurt Goldstein der von solchen Faumlllen berichtet erwaumlhnt im selben Zusammenhang das Phaumlnomen laquodass die falschen Woumlrter oft mit weniger Paraphasie (gemeint ist hier Paraphasie als lautliche Abwei-chung) geaumluszligert werden als die richtigenraquo (1948 101 vgl 239) Dies duumlrften diejenigen Faumllle sein in de -nen der Sprechprozess gewissermaszligen bdquovon oben her dh von der bewussten intentional vom laquoWaumlch-terraquo gesteuerten Seite her gestoumlrt ist30 Jakobson 1974 125ff vgl generell Goldstein 1948 zum Bereich der Kategorisierung

Wortmaterial Kinder erwerben Sprache sei sie nun kommunikativ oder das eigene Handeln begleitend in Situationen und damit dominant in syntagmatischer Realisierung Uumlber die nach und nach verstandene [p 19] fremde und die nach und nach sich entwickelnde eigene syntagmatische Realisierung von Sprache baut sich dann jenes semantische Orientierungs- und Einordnungssystem auf innerhalb dessen Rahmen die andere dominant paradigmatische Strategie anzusiedeln ist Wie Hans-Martin Gauger ausgefuumlhrt hat handelt es sich bei dem Aufbau dieses Systems um einen Prozess zunehmender bdquoVerdichtung (1970 65-69)

311 Syntagmatisches Assoziieren

Da sprachliche Elemente wie die Woumlrter fuumlr Kinder zunaumlchst einmal Woumlrter im syntagmatischen Kontext sind ist es nicht verwunderlich dass - wie seit Anfang des Jahrhunderts beobachtet wurde - Kinder vorwiegend syntagmatische Assoziationen haben Sie nennen also vorwiegend Woumlrter mit denen die Ausgangswoumlrter zusammen vorkommen dh die Assoziationen verlaufen im Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt Typisch sind derartige Assoziationen auch fuumlr solche Personen deren sprachliche Sozialisierung nicht durch den bewussten Umgang mit der eigenen und mit fremden Sprachen waumlhrend zwoumllf bis dreizehn Schuljahren perfektioniert wurde also etwa fuumlr Volksschul-Absolventen Schuchardts Einwand Thumb und Marbe haumltten die Bedeutung der syntagmatischen KontiguitaumltDistanz fuumlr das Assoziieren nicht gebuumlhrend beruumlcksichtigt hat also von der Ontogenese her gesehen seine Berechtigung31 Waumlhrend syntagmatische Assoziationen bei bdquogebildeten Erwachsenen also relativ selten sind sind sie bei Kindern und anderen sprachlich weniger Sozialisierten recht haumlufig Typische (und in allen nachfolgenden Faumlllen von den Assoziationen der 288 franzoumlsischen Studenten abweichende) Beispiele sind aus den jeweils erstrangigen Nennungen von 115 franzoumlsischen Bauarbeitern fenecirctre - ouverte (31) blanc - neige (27) aigre - vinaigre (26) rouge - sang (25) santeacute - bonne (23) table ronde (23) faim - (de) loup (23) citoyen - franccedilais (22) lune - (de) miel (20) tabac - blond (17) musique - douce (17 - zusammen mit classique leacute-gegravere agreacuteable harmonieuse 31) lent - tortue (15) meacutemoire - courte (14) joie - (de) vivre (14) papillon - vole (10) etc Charakteristisch ist hier wiederum dass solche dominant von der syntagmatischen Kontiguitaumlt bestimmten (und in der Regel nicht wortartgleichen) Assoziationen nur selten jene stark buumlndelnde Wirkung haben die fuumlr Assoziationen zum Gegensinn hin charakteristisch ist [p 20]

312 Paradigmatisches Assoziieren

Die andere (trotz mancher Grenzfaumllle von der syntagmatisehen zu unterscheidende) grundlegende Strategie zum Erfassen von Bedeutung spiegelt sich im dominant paradigmatischen Assoziieren also in jenen Assoziationen die im Bereich des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems verlaufen Eingangsvoraussetzung fuumlr beide Arten des Assoziierens ist die vorgaumlngige phonologische Analyse mit der Zuordnung eines Lautbildes und der (natuumlrlich

31 Das assoziative Verhalten der Kinder und Jugendlichen hat sich allerdings seit dem Beginn des Jahrhun-derts in betraumlchtlichem Maszlig demjenigen der Erwachsenen angenaumlhert Die Ursache ist zweifellos in einer fruumlheren und ausgepraumlgteren sprachlichen Sozialisierung zu sehen Vgl dazu auch Esper 1973 105 Pa-lermoJenkins 1965 oder Jenkins 1970 7

vorlaumlufigen32) Zuordnung einer Wortart Beim dominant syntagmatischen Assoziieren besteht die Strategie fuumlr die Zuordnung einer Bedeutung zu dieser Einheit aus Wortart und Lautschema vor allem im Assoziieren eines syntagmatischen Gebrauchskontextes also in der Einordnung in ein komplexeres Zeichen mit dem sich daraus ergebenden bdquomonosemierenden Effekt lune - lune de miel blanc (comme la) neige citoyen - (un) citoyen franccedilais table - (la) table (est) ronde etc Bei der paradigmatischen Art des Assoziierens besteht die Strategie zur Erfassung von Bedeutung dagegen darin dass das Ausgangswort in Relation zu einem anderen gleichrangigen Zeichen gesetzt wird Die Strategie ist also abstrakter ja geradezu metasprachlich ndash eine Analyse die schoumln Goldsteins These von der Komplexitaumlt scheinbar ganz einfacher Aufgaben bestaumltigt

Was nun das spezifisch paradigmatische Orientierungs- und Einordnungssystem betrifft so scheinen mir hier bei angemessener Interpretation der Verhaumlltnisse zwei Untersysteme vorzuliegen Untersysteme die nicht scharf voneinander getrennt sind Im einen dieser Systeme vollzieht sich der Zugriff uumlber die Dimension Similaritaumlt - Kontrast im anderen System ist wie noch erlaumlutert wird die Information (vor dem Hintergrund der Similaritaumlt) verfuumlgbar uumlber die semantische Kontiguitaumlt in Opposition zur Distanz Beide Systeme arbeiten jedoch mit einem gemeinsamen Grundprinzip das man als bdquoModul in Form eines Dreiecks (mit einer Reihe von Varianten) konzipieren kann Einer Informationseinheit A sind mindestens zwei andere Einheiten B und C in folgender Weise zugeordnet33 [p 21]

Dabei sind die Beziehungen zwischen AB und AC solche der Similaritaumlt ndash eine Similaritaumlt der die oben auf S 11 f genannten Prioritaumltsebenen 1 (gleiche Wortart) und 2 (gleicher semantischer Bereich) entsprechen Die Beziehung zwischen B und C ist je nachdem eine Beziehung des Kontrasts (dem entspricht die oben genannte Prioritaumltsebene 3) oder der semantischen Kontiguitaumlt (der die Prioritaumltsebene 4 entspricht) Die Varianten ergeben sich hauptsaumlchlich aus der Zahl der Elemente auf der Achse BC zum Teil auch daraus dass die Position von A einzelsprachlich nicht besetzt oder aber wie im Fall von A = homme B = homme G = femme mit einem der dann merkmallosen Elemente B oder

32 Analyse-Ergebnisse sind auf dem Weg von den kleineren zu den groumlszligeren Einheiten insofern vorlaumlufig als die Analyse der kleineren Einheit im Rahmen der Analyse der Uumlbergreifenderen Einheit stets korrigiert werden kann (Der entsprechende Ruumlckkopplungs-Effekt hat seine physiologische Basis in dem Faktum dass die Zellen der kortikalen Lamina VI [die etwa 2 mm dicke Groszlighirnrinde hat sechs physiologisch und funktionell differenzierbare Schichten] vorwiegend Ruumlckkopplungs-Funktion haben) Der Ruumlckkopplungs-Effekt ist der Grund dafuumlr dass manche bdquoDefekte bei Aphasikern erst dann entdeckt werden wenn man sie kleinere Einheiten ohne Kontext nachsprechen laumlsst33 Der Gedanke der modularen Struktur ist inspiriert durch Erkenntnisse der Neuroanatomen Sie haben in der letzten Dekade zunehmend die These vertreten die komplexe Struktur unseres Nervensystems - ein-schlieszliglich des Groszlighirns - basiere auf relativ ein-fachen genetischen Programmen Korrelat dieser Pro-gramme sind laquomodulareraquo laquorepetitiveraquo oder laquoperiodischeraquo Strukturen etwa im Bereich des Ruumlckenmarks oder der Groszlighirnrinde Vgl beispielsweise Szentaacutegothai 1978

C identisch ist (Ist ein spezieller Begriff fuumlr A vorhanden oder ist A identisch mit B oder C so liegt ein Fall von Gegensinn in jener Verwendungsweise vor wie man sie sinnvollerweise Abel unterstellen muss ndash Abels Beispiele sind von Benveniste (1956) zerpfluumlckt worden Ein aumlhnliches Vorkommen solchen Gegensinns gilt fuumlr Fragen des Typs bdquoWie alt (und nicht wie jung) wie groszlig wie lang wie schoumln ist das und dasldquo also fuumlr Faumllle die zB Elmar Holenstein treffend analysiert hat (1976 69f))

Im Fall der Similaritaumlt-Kontrast-Interpretation des Dreiecks ist eine merkmalsemantische Interpretation plausibel B und C enthalten alle Merkmale von A (A ist der Oberbegriff) sie enthalten jedoch noch zusaumltzliche Merkmale und zwar dergestalt dass diejenigen von B und C nicht voumlllig identisch sind sondern in der Regel in einem Merkmal kontrastieren34 [p 22]

3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System

Zunaumlchst zu dem paradigmatischen System in dem fuumlr das Hinausgehen uumlber die gegebene Information die Kontrast-Relation ausschlaggebend ist Es geht also um den Bereich des Entgegengesetzten ndash Otto Gsell hat in seiner Arbeit uumlber die Gegensatzrelationen im Wortschatz romanischer Sprachen eine sehr wesentliche Beobachtung gemacht und so fruumlhere analoge Beobachtungen in entscheidendem Maszlige praumlzisiert Unser Wortschatz ist keinesfalls so beschaffen dass alle Woumlrter ihr Antonym haumltten Ganz im Gegenteil der Wortschatz der bdquoantonymfaumlhig ist macht nur einen relativ geringen Teil des Gesamtwortschatzes aus ndash aber er konzentriert sich auf bestimmte inhaltliche Bereiche des Lexikons Nimmt man wie Gsell als Maszligstab das Begriffssystem von Rudolf Hallig und Walther v Wartburg (19521963) so ergeben sich drei Schwerpunkte Die gegensatzfaumlhigen Woumlrter konzentrieren sich

l in der Rubrik laquoLacircme et lintellectraquo wo es sich um etwa vier Fuumlnftel von insgesamt 2000 Eintraumlgen handelt Es geht dort um geistige Faumlhigkeiten Bewusstsein Gedaumlchtnis Wahrnehmung Denken Vorstellung Gefuumlhle und dergleichen (Hallig und Wartburg verwenden in dieser Rubrik teilweise was Gsell nicht eigens erwaumlhnt Antonymenpaare explizit als Unter-Rubriken)

2 in der Rubrik laquoLa prioriraquo Hallig und Wartburg versuchen dort laquoden inhaltlich sehr allgemeinen nicht sachgebietsbezogenen Wortschatz nach Denk- und Begriffskategorien wie Existenz physische Zustandsformen Eigenschaften Ordnung Wertung Quantitaumlt Raum Zeit Kausalitaumlt Bewegung und Veraumlnderung zu gliedernraquo (Gsell 1979 114) Die Rolle des Kontrasts fuumlr diesen Bereich ist im Uumlbrigen bereits durch das oben zitierte Beispiel der aristotelischen Kategorien ersichtlich

3 im Bereich der jeweiligen Unter-Rubrik geacuteneacuteraliteacutes (oa) zu den jeweiligen groumlszligeren Abschnitten bei HalligWartburg

Gsell spricht anhand der Begriffe des zweiten Bereichs (den dritten nennt er nicht ausdruumlcklich) von laquosemantischen Strukturwoumlrternraquo (im Gegensatz zu den syntaktischen) sie lieszligen sich keinem bestimmten sachlichen oder begrifflichen Bereich

34 Herbert HClark spricht in diesem Zusammenhang (1970 275f) von der laquoRegel des minimalen Kon-trastsraquo In der Ontogenese kann im Uumlbrigen beobachtet werden dass die Beziehungen zwischen kontrastierenden Paaren zT insofern asymmetrisch sind als eins der beiden Elemente privilegiert dh fruumlher gelernt bzw als Oberbegriff verwendet wird Hiermit hat sich in einer Reihe von Arbeiten vor allem Eve V Clark befasst

zuordnen seien jedoch (besser sollte man sagen gerade deshalb) in jeder Art von Rede unentbehrlich

Der Begriff der laquosemantischen Strukturwoumlrterraquo scheint mir gluumlcklich gewaumlhlt zu sein weil solche Woumlrter - als eine von jeweils zwei Alternativen - unsere Erfahrung in houmlchstem Maszlige strukturieren Hierzu zwei Beispiele Von den 34 Woumlrtern der Listen von RussellJenkins (1970) bzw PalermoJenkins (1964) auf die mindestens 50 der Probanden als Assoziation an erster Stelle dasselbe Wort nennen sind 23 solche auf die ein Antonym assoziiert wird Als Strukturierungsdimension dienen dabei

ndash siebenmal der Geschlechtsunterschied (boygirl heshe kingqueen etc)ndash viermal im Bereich des Gesichtssinns die Dimension helldunkel (blackwhite dark light)ndash fuumlnfmal die Orientierung in Raum bzw Raum undoder Zeit (slowfast herethere longshort highlow youngerolder) weiterhin [p 23]ndash die Kommunikationssituation zwischen Sprecher und Houmlrer (meyou)ndash zweimal der Tast- oder Handsinn (hardsoft heavylight) schlieszliglichndash der Geschmackssinn (sour bzw bittersweet) ndash der Gehoumlrsinn (loudsoft) sowiendash die konverse Relation Zwischen Geben und Nehmen (sellbuy buyingselling)

Ist ein tertium moumlglich so immer in Form einer Skala zwischen den beiden Extrempolen die den Bereich eingrenzen - genauso wie dies Aristoteles fuumlr seine Klassifizierung der Tast- Geschmacks- und Geruchsempfindungen vorgeschlagen hatte

Das zweite Beispiel Wolfgang Lorenz und Gerd Wotjak haben aus 80 sprachwissenschaftlichen Untersuchungen haumlufig vorkommende laquoSemeraquo zusammengetragen also solche Begriffe die dazu verwendet werden um den Inhalt anderer Begriffe zu beschreiben Von den 129 in einer ersten Liste bei LorenzWotjak (1977 310-334) zusammengetragenen haumlufig genannten laquoSemenraquo sind nun mehr als die Haumllfte solche die zu Antonymen-Paaren geordnet werden koumlnnen - was wiederum ganz unabhaumlngig davon wie man zur Existenz von semantischen Merkmalen oder Semen stehen mag aufschlussreich ist fuumlr die Strukturierungs- und Reduktionsleistung entsprechender Begriffspaare

Waumlhrend bei der dominant syntagmatischen Art des Assoziierens die Aufgabe der semantischen Einordnung einer Einheit aus Wortart und Lautbild uumlber die Einbettung in den syntagmatischen Kontext also in ein komplexeres Zeichen geleistet wird verlaumluft somit im Fall der geschilderten Unterart des paradigmatischen Assoziierens die Einordnung anders Das betreffende Wort wird wo immer dies moumlglich ist uumlber die Zuordnung des Kontrast-Werts im Dreiecks-Modul identifiziert Dies ist Goethes laquoAnklingen des Gegensinnsraquo das seit Jost Trier im Bereich der Wortfeldlehre erwaumlhnt wird Die Identifizierung der Bedeutung von B mit Hilfe des kontrastierenden C fuumlhrt natuumlrlich dazu dass jeder normale Sprecher sich etwa bei Muumldigkeit dh bei verringerter Aufmerksamkeit zum Gegenteil hin versprechen kann35 In pathologischen Faumlllen fuumlhrt dann eine verringerte Unterscheidungsfaumlhigkeit zwischen den Teilen B und C des Moduls zu den haumlufigen laquoverbalen Paraphasienraquo des Typs nehmen fuumlr geben fragen fuumlr antworten groszlig fuumlr klein

35 Die Ursache dafuumlr dass der ungeuumlbte Houmlrer Versprech-Leistungen normalerweise gar nicht wahrnimmt haben schon Meringer und Mayer genannt laquo(hellip) Der Hauptgrund des Uumlberhoumlrens von Sprechfehlern liegt darin dass der Houmlrer ganz aumlhnlich daran ist wie der Sprecher und wohl aus derselben Ursache uumlberhoumlrt aus der der andere sich versprichtraquo (1895 10f)

3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Im Similaritaumlt-Kontrast-System das wo immer dies moumlglich ist den Zugriff auf semantische Information primaumlr steuert steht Mutter in [p 24] Kontrast zu Vater - tertium non datur Mutter steht jedoch auch in Beziehung zu anderen Lexemen zB zu Kind Tochter Stiefmutter Groszligmutter auch zu Frau etc Bei Frau oder Maumldchen bestehen uumlbrigens unabhaumlngig vom Geschlecht der Probanden - assoziative Verbindungen zu huumlbsch schoumln Schoumlnheit und dergleichen Die ersten dieser Verknuumlpfungen koumlnnte man noch leicht mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Vater und Mutter bilden ein minimales Paar das sich nur durch den bewussten kleinen Unterschied die Opposition maumlnnlichweiblich semantisch voneinander abhebt Bei Paaren wie MutterKind bzw MutterTochter waumlren es bereits mehrere differenzierende Merkmale (und das Beispiel zeigt zugleich dass es noch ganz andere Relationen gibt als die des Kontrasts hier zB die temporale oder die kausale) Bei MaumldchenSchoumlnheit muumlsste man schon mit Selektionspraumlferenzen arbeiten man koumlnnte wohl auch an den Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt denken

Es gibt nun allerdings eindeutig paradigmatische Assoziationen bei denen merk-malsemantische Konstruktionen angesichts ihrer notwendigen Komplexitaumlt in eklatantem Widerspruch zur hochgradigen Gelaumlufigkeit der betreffenden Assoziationen stuumlnden Ein einfaches Beispiel ist das Paar TischStuhl Die Zahlen 84 bei Russell Jenkins 69 bei PalermoJenkins 55 bei franzoumlsischen Studenten36 Man koumlnnte hier die Merkmal-Similaritaumlt uumlber den Oberbegriff Moumlbelstuumlck konstruieren aber wie waumlre dann zu erklaumlren dass die Verbindung zwischen Tisch und Stuhl enger ist als die zwischen den Moumlbelstuumlcken Tisch und Hocker (die sich im Prinzip nur durch die Groumlszlige unterscheiden) oder zwischen Tisch und Bett (1 der Nennungen trotz laquogetrennt von Tisch und Bett lebenraquo) Wie waumlren weiterhin so gelaumlufige Assoziationen wie pied chaussure araigneacuteetoile tobaccosmoke zu erklaumlren fuumlr die Oberbegriffe schwer zu konstruieren sind und die sich in einer solchen Konstruktion wenn sie gelingt immer noch durch eine Fuumllle von Merkmalen nicht etwa nur durch ein einziges unterschieden

Angesichts solcher Verhaumlltnisse scheint es mir plausibel zu sein das als grundlegend angesetzte Dreiecks-Modul in diesen Faumlllen als eine Similaritaumlts-Kontiguitaumlts-Beziehung zu interpretieren also in Anlehnung an das oben erlaumluterte bdquoGesetz der Naumlhe aus dem Bereich der optischen Wahrnehmung Solche Similaritaumlts-Kontiguitaumlts-Beziehungen beruhen bei einem flieszligenden Uumlbergang zum Similaritaumlt-Kontrast-Bereich ndash jeweils auf Erfahrungskontexten in denen Erscheinungen als zusammengehoumlrig verwandt benachbart verstanden werden Die Komponente der Similaritaumlt versteht sich hier vor allem als Zugehoumlrigkeit zum selben Er- [p 25] fahrungsbereich meist - aber keinesfalls ausschlieszliglich - auch als Zugehoumlrigkeit zur selben Wortart Die Kontiguitaumlt wird zumeist verkoumlrpert durch eine spezielle in der Regel gerichtete Beziehung zwischen den Elementen B und C (Die Zahl der Probanden die auf Stuhl wieder Tisch assoziieren ist viel geringer als die Zahl derer die auf Tisch die Assoziation Stuhl haben) Entscheidend ist dabei nun dass die Erfahrungskontexte zwar individuell verschieden sind dass die Relationen durch welche die Begriffe verknuumlpft sind dagegen meist ganz spezifische invariante Relationen darstellen Tisch und Stuhl sind zB integrierende Teile eines groumlszligeren Ganzen im Erfahrungsbereich des Wohnens und Arbeitens zwischen tobacco und

36 Die Zahl fuumlr die deutschen Probanden lautet 29 - hier stellen die 15 Nennungen fuumlr die im Grenzbe-reich zwischen semantischer und syntagmatischer Kontiguitaumlt liegende Assoziation Bein(e) eine starke Konkurrenz zu Stuhl dar

smoke araigneacutee und toile besteht eine kausale zwischen Hammer und Nagel eine finale Relation Das Gegenstuumlck zur Kontiguitaumlt die Distanz grenzt hier die Dreiecksmoduln gegeneinander ab Interessant ist dass in vielen Faumlllen nicht eigentlich der kontige Partner sondern die spezifische Relation etwa zwischen dem Gegenstand und einem allfaumllligen Benutzer assoziiert wird Um die finale Relation geht es zB in den Faumlllen Bettschlafen Schereschneiden ciseauxcouper scissorscut

32 Sonderfaumllle

Fuumlr beide Varianten des paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssystems gilt natuumlrlich Sobald auf der Achse BC mehr als zwei gleichrangige Mitglieder anzusiedeln sind sobald also in Trubetzkoys oder Coserius Terminologie eine laquoaumlquipollenteraquo und nicht eine laquoprivativeraquo Opposition vorliegt37 verliert die Assoziation von einem dieser Mitglieder zum anderen an Schaumlrfe die buumlndelnde Kraft des einzigen Antonyms oder des in spezifischer Weise kontigen Partners fehlt Musterbeispiel ist das Dreiecks-Modul fuumlr die Farbwerte im Gegensatz zu dem fuumlr die Grauwerte

Wegen der Auswahl aus einer groszligen Zahl gleichberechtigter Moumlglichkeiten sind die Reaktionen auf Farben dementsprechend wenig gebuumlndelt38 ndash auf gelb nennen an ers-ter Stelle 14 der amerikanischen Pro- [p 26] banden blau 12 der deutschen rot 11 der franzoumlsischen gruumln Bei den Ausgangswoumlrtern blau und gruumln ist die Assozia-tion im paradigmatischen Bereich sogar schwaumlcher als im syntagmatischen ndash hier nen-nen die Probanden in allen drei Sprachen an erster Stelle den Himmel (blau) und den Bereich GrasWieseLandschaft (gruumln) und dies mit einer Frequenz die vertreten durch Werte zwischen 20 und 30 deutlich uumlber den Frequenzen liegt die in den ande-

37 Coseriu 19641978 120f 1976 34 Eine graduelle Opposition entspricht wie oben in Anm 5 erwaumlhnt einer Unterart des aristotelischen Entgegengesetzten mit gegebenem tertium38 Nach der oben erwaumlhnten aristotelischen Farbkonzeption oder dem analogen Vorschlag bei Weinrich 1967 2213 oder Coseriu 1976 43f waumlren die beiden Dreiecks-Moduln zu einem einzigen zu kombinieren - die extremen Farbwerte waumlren also schwarz und weiszlig Dem widerspricht einerseits nicht das Assoziationsverhalten der Probanden im englischen franzoumlsischen und deutschen Sprachbereich wo auf rot blau gelb gruumln sowie auf Farbe jeweils auch und zT mit betraumlchtlichen Nennungszahlen schwarz undoder weiszlig genannt werden (Bei gebildeten franzoumlsischen Sprechern liegt in einem dieser Faumllle freilich eine syntagmatische Assoziation vor gerade wegen ihrer Bildung assoziieren 18 an erster Stelle auf rouge das Wort noir) Andererseits entspricht das Assoziieren von schwarz undoder weiszlig auf Farbadjektive den Erkenntnissen die der geniale Edwin H Land (1977) uumlber die Physiologie des Farbsehens gewonnen hat

ren Faumlllen fuumlr Farbwerte eintreten ndash Auch zwischen Zahlen scheinen auf den ersten Blick dieselben aumlquipollenten Beziehungen zu bestehen wie etwa zwischen Farbadjekti-ven Bei naumlherem Zusehen zeigt sich jedoch dass als spezifische Relation zwischen Zah-len die Relation bdquogroumlszliger als gesehen wird (Ganz abstrakt lautet die Regel fuumlr das Zaumlhlen ja Ersetze die letzte Zahl n durch n+1) Entsprechend sind die Assoziationen auf Zahlwoumlrter immer gerichtet zB im Sinn des n + 1 auf zwei wird drei auf drei wird vier assoziiert auf jeden Fall immer eine houmlhere Zahl39

Ein weiterer Sonderfall sind Erfahrungsbereiche die nicht zu denjenigen einer Vielzahl von Sprechern gehoumlren Zum Loumlwen wird gemeinhin als kontiger Partner im Erfahrungsbereich exotische wilde Tiere der Tiger assoziiert Beim Adler fehlt fuumlr den normalen Sterblichen der Partner In solchen Faumlllen kann die Assoziation dann zur Spitze A eines potentiellen Moduls verlaufen (man koumlnnte auch sagen Auf dem Weg von B zu einem potentiellen C endet die Assoziation in Ermangelung eines C bei A das sonst die Zwischenstation gewesen waumlre) Die Konsequenz Die haumlufigste Assoziation auf Ad-ler ist Vogel (21) oiseau (16) und bird (55) Solche Assoziationen zum Klassennamen dh zur Spitze A des Moduls hin sind relativ selten Mit groumlszligerer Haumlufig-keit treten sie sozusagen als Vorstufe zu Similaritaumlt-Kontrast-Assoziationen bei sprach-lich weniger sozialisierten Probanden auf40 [p 27]

4 Schlussuumlberlegungen

laquoDie Aufstellung von Oppositionen ist im Wortschatz wesentlich komplizierter als im phonologischen System einer Sprache da die beteiligten Merkmale wesentlich zahlrei-cher sind als in der Phonologie Prinzipiell handelt es sich jedoch um die gleichen Oppositionstypenraquo (Coseriu 1973 65)

Ich habe eingangs gezeigt dass Zweierschemata haumlufig als Denkmodell verwendet wer-den dass die Sprache im Bereich der Bezeichnungen des Entgegengesetzten uumlber eine ganze Skala solcher Zweierschemata verfuumlgt weiterhin dass Wahrnehmen und Erfassen von etwas stets zugleich bedeutet uumlber die Information hinausgehen die gegeben wird und dass auch bei diesem laquouumlber die Information hinausgehenraquo wieder Zweierschemata wie die von Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz entscheidend sind Ich habe dann Ergebnisse der sprachlichen Assoziationsforschung einer ersten Analyse unterzogen und diese Analyse in einem weiteren Schritt dadurch vertieft dass ich sprachliche Assoziationen als den Reflex von Strategien aufgefasst habe die dazu dienen semantische Information zu erfassen und einzuordnen Zum Abschluss will ich in vier Schlussuumlberlegungen skizzieren worin der moumlgliche Ertrag einer staumlrkeren Einbeziehung der Assoziationsforschung und verwandter Gebiete liegen kann in einem (1) Einblick in das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems und seine (2) Transformation in Onto- und Pathogenese sowie in der Diachronie in einem (3) neuen Licht das auf Probleme der Wortfeldforschung geworfen wird und schlieszliglich auch in einer (4) angemesseneren Haltung gegenuumlber der Wissenschaftsgeschichte

39 Schuchardts oben zitierte Vermutung auf drei koumlnne (aus Gruumlnden der Lautaumlhnlichkeit) auch zwei assoziiert werden ist auch deshalb abwegig weil Ruumlckwaumlrtszaumlhlen eine sehr schwierige Aufgabe ist sie wird zB haumlufig verwendet um das Ausmaszlig von Aphasien zu bestimmen Dasselbe gilt fuumlr Tages- und Monatsnamen wo die spezifische gerichtete Relation bdquospaumlter als oder bdquonach lautet40 Vgl Rosenzweig 1970 102 105 zum relativ groszligen Anteil der Assoziationen zum Oberbegriff hin bei amerikanischen und franzoumlsischen Arbeitern Jenkins 1970 7 erwaumlhnt das Zuruumlckgehen der Oberbegriffs- und der Synonym-Assoziationen in der Geschichte amerikanischer Assoziationstests - Angesichts des vorliegenden Materials ist mir unklar worauf Clark (1970 279) die Ansicht stuumltzt laquoFast-Synonymeraquo wie house - home odour - smell seem - appear thing - object sowie Ober- und Unterbegriffe kaumlmen bei den Wortassoziationen oft vor

41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems

In unserem paradigmatischen Orientierungssystem scheint es zwei Bereiche zu geben die flieszligend ineinander uumlbergehen und miteinander kombiniert sein koumlnnen ei-nen Bereich mit Similaritaumlt-Kontrast- und einen Bereich mit Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-(Distanz-)Struktur Im einen Bereich wird Information aumlhnlich wie im Fall des bdquoGesetzes der Gleichfoumlrmigkeit (und des Kontrastes) vor dem Hintergrund der Similaritaumlt domi-nant eingeordnet im Hinblick auf das Entgegengesetzte im anderen im Hinblick auf den Nachbarn im selben Erfahrungsbereich ndash was dem gestaltpsychologischen bdquoGesetz der Naumlhe entsprechen wuumlrde

[p 28] Das erste System strukturiert durch seine Reduktion auf in der Regel zwei Alternativen (mit falls ein tertium zugelassen ist Zwischenmoumlglichkeiten) unsere Erfah-rung in auszligerordentlich starkem Maszlig Hier bestehen zugleich die groumlszligten auszligereinzel-sprachlichen Uumlbereinstimmungen ndash und zwar deswegen weil bestimmte Strukturie-rungs-Dimensionen ethologisch gesehen nichts anderes darstellen als Verbalisierungen jener Interpretation der Natur der Umwelt und ihrer Gesetzlichkeiten die unser Organismus im Lauf seiner entwicklungsgeschichtlichen Adaptation vorgenommen hat Orientierung im Raum in der Zeit Orientierung durch Houmlren Sehen Riechen Schme-cken Fuumlhlen und Tasten Eine Reihe solcher Strukturierungs-Dimensionen (die generell Coserius und Pottiers Klassemen Greimas Kontextsemen oder Luumldis Kongruenzsemen gleichen)41 sind sogar grammatikalisiert also zu grammatischen Ordnungsdimensionen geworden (wobei die Einzelsprachen das Angebot natuumlrlich in jeweils verschiedener Weise wahrnehmen) Es geht ua pythagoreisch ausgedruumlckt um die Unterscheidung zwischen dem Einen und dem Vielen um die zwischen maumlnnlich und weiblich (die im grammatischen Bereich freilich neutralisiert werden kann) zwischen tot und lebendig (wofuumlr die Grammatiker unbelebtbelebt vorziehen) zwischen menschlich und nicht-menschlich geben (bdquoAllativ bdquoDativ) und nehmen (bdquoAblativ) zwischen ich und du ja und nein (vierte Art des Entgegengesetzten im aristotelischen Sinn) hier und dort jetzt und nicht-jetzt42

Besonders augenfaumlllig sind solche Klasseme und ihre Reduktionsleistung in den sogenannten Klassifikator-Sprachen ndash dort hat jedes Nomen ein Element bei sich das das Bezeichnete einer bestimmten Klasse von Denotaten zuweist etwa zur Klasse Tier oder Mensch zur Klasse der horizontalen oder vertikalen Objekte ndash wobei was nicht unerwartet ist als generellstes und haumlufigstes Klassifikationskriterium die Opposition zwischen belebt und unbelebt verwendet wird (vgl Serzisko 1980)

Unser so vorstrukturiertes Wahrnehmen und Denken erkennt umgekehrt in der Umwelt wieder Prinzipien wie die eingangs genannten Gegensatzpaare des fruumlhgriechi-schen Denkens ndash wobei inzwischen klar sein duumlrfte dass es sich um alles andere als um bdquoarchaisches oder bdquoprimitives Denken handelt Bemerkenswert an den Wort-Assozia-tionen ist ja ua dass man sie nicht dadurch erhaumllt dass man im Sinn des dritten noogenetischen Prinzips von Spearman den Ausgangspunkt und die gewuumlnschte Rela-tion vorgibt um zu einem Ergebnis zu kommen es genuumlgt die Angabe des Ausgangspunkts Wahrnehmen Erkennen Verstehen bedeuten naumlmlich stets Einordnen Relationen herstellen ndash gleichguumlltig ob es um [p 29] die optische Wahrnehmung geht an der einige (vermutlich verwandte) Gestaltgesetze erlaumlutert wurden oder aber um das Einordnen sprachlicher Information So ist es ganz selbstverstaumlndlich dass die gege-

41 Vgl Coseriu 1972 52 LorenzWotjak 1977 235 mit Anm 10342 Vgl zur binaumlren Opposition als einer Extremform des grammatischen Paradigmas auch Weinrich 1967 1975

bene Information erst im Hinausgehen uumlber das Gegebene erfasst wird - ein Hinausge-hen das die Psychologen bekanntlich auch Denken nennen Im sprachlichen Erfassen ist so auch das Denken oder laquouumlber das Gegebene Hinausgehenraquo angelegt Das Denk-schema von These Antithese und Synthese spiegelt zB das Dreiecks-Modul des Similaritaumlt-Kontrast-Systems wider Mann und Frau sind in Mensch aufgehoben43

Waumlhrend im Bereich des Similaritaumlt-Kontrast-Systems nicht nur im Prinzip son-dern zT auch materiell gewisse auszligereinzelsprachliche Uumlbereinstimmungen vorhanden sind gibt es im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System natuumlrlich entsprechend dem Erfahrungs- und Lebensbereich kulturelle und soziale Unterschiede Entscheidend ist jedoch auch hier dass Einordnen nicht nur bedeutet in Relation Setzen zu diese Relationen sind ebenso wie die Kontrast-Relation im anderen System wiederum ganz spezifische ihrer-seits in aller Regel uumlberindividuelle Denk-Relationen TeilGanzes Kausalitaumlt Finalitaumlt Zeitrelation Invariant oder auszligereinzelsprachlich sind also die Relationen nicht notwendigerweise dagegen die Terme die durch solche Relationen verbunden sind

42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semanti-schen Orientierungssystems

Nach den vorgefuumlhrten Analysen gibt es drei Strategien zur Wahrnehmung und Einordnung semantischer Information eine dominant syntagmatische und die beiden eben erwaumlhnten paradigmatischen Dabei entspricht die syntagmatische Strategie dem was Hansjakob Seiler im Bereich der bdquosprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden mit Piaget zunaumlchst als Einordnen dann als Individualisierung bezeichnet hat insbeson-dere das paradigmatische Similaritaumlt-Kontrast-System entspricht dagegen dem Seiler-schen Klassifizieren bzw Generalisieren als der anderen polaren Instanz im Bereich der sprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden (Seiler 1981) Die Charakteristika aller drei Orientierungs- und [p 30] Einordnungssysteme sind in der folgenden Uumlbersicht nochmals zusammengestellt

I II IIISyntagmatisches Konti-guitaumlts-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontrast-System

Dominante Strategie Einordnen in ein groumlszlige-res Syntagma (dh in ein komplexeres Zei-chen)

Zuordnung eines Part-ners aus demselben Er-fahrungsbereich (uumlber spezifische Relationen)

Zuordnung eines Anto-nyms (uumlber die Gegen-satz-Relation)

Wortklasse in aller Regel verschie-den

in der Regel gleich gleich

Kontiguitaumlt vs Distanz ja ja

43 Es ist gewiss nicht erstaunlich dass wie Coseriu (1977a) gezeigt hat gerade Hegel in seiner Humboldt-Rezension als Vergleichsgrundlage fuumlr alle Sprachen die Unterscheidung von Gattungen und Arten bzw von laquoAllgemeinheiten und Bestimmtheitenraquo ansieht ndash mit anderen Worten also das DreiecksModul in sei-ner Similaritaumlt-Kontrast-Auspraumlgung ndash Die Bolle des Kontrasts (als drittes Moment neben Similaritaumlt und Kontiguitaumlt) hat aus der phaumlnomenologischen Tradition heraus sehr schoumln und einleuchtend Elmar Holen-stein dargestellt und gerade auch fuumlr die sprachliche Seite als grundlegend bezeichnet laquoDamit uumlberhaupt eine Auswahl (gemeint ist auf der paradigmatischen Achse der Selektion) getroffen werden kann muss sich etwas von etwas abhebenraquo (1976 86) Bruners going beyond the information given kann also zT auch im phaumlnomenologischen Sinn interpretiert werden

Similaritaumlt vs Kontrast ja ja

Fuumlr alle Woumlrter moumlg-lich

ja groszliger Bereich kleiner Bereich (bdquosemantische Struktur-woumlrterldquo)

Die spezifischen Relationen im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System entsprechen dabei in etwa Piagets laquoinfralogischenraquo Relationen oder Spearmans (1923 67-71) laquorealraquo relati-ons die Relationen des Similaritaumlt-Kontrast-Systems entsprechen dagegen Piagets laquologi-schenraquo und in etwa wohl Spearmans (71-74) laquoidealraquo relations Fuumlr die veschiedentlich erwaumlhnte nicht scharfe Trennung der Bereiche II und III duumlrften ua die Teil-Ganzes-Relationen verantwortlich sein die sowohl im laquologischenraquo (Inklusion) als auch im laquoinfralogischenraquo Bereich vorkommen Waumlhrend die Relationen des Similaritaumlt-Kontigui-taumlt-Systems dominant gerichtete Relationen sind ist die Gegensatz-Relation des Similaritaumlt-Kontrast-Systems grundsaumltzlich zweiseitig Abweichungen ergeben sich insbesondere durch Polysemie (vgl o S 12)

Ontogenetisch gesehen werden nun die paradigmatischen Systeme II und III uumlber das syntagmatische System I aufgebaut Dabei nimmt das System II wie aus seinen Merkmalen ersichtlich ist eine Mittelstellung zwischen den Systemen I und III ein - im Sinn der Konzeption Seilers stellt es also gewissermaszligen den bdquoWendepunkt zwischen den beiden Polen der Dimension sprachliche Erfassung von Gegenstaumlnden dar Auch der flieszligende Uumlbergang zwischen den drei Systemen erhellt aus dem Schema die Grenz-faumllle liegen interessanterweise nicht zwischen I und III sondern zwischen den Systemen III (zB Coserius laquolexikalische Solidaritaumltenraquo) und zwischen den Systemen IIIII Es ist somit plausibel dass [p 31] in der Ontogenese die Systeme in der Reihenfolge I-II-III aufgebaut werden Das System III nimmt dabei insofern eine Sonderstellung ein als es wie die letzte Zeile des Schemas nochmals ausweist direkt nur auf einen kleinen aber wichtigen Ausschnitt des Wortschatzes anwendbar ist

Was den Abbau der Sprache bei pathologischer (oder altersbedingter) Beeintraumlchtigung des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems betrifft so ist den vorliegenden Beobachtungen nach die Reihenfolge wohl umgekehrt Das System III wird vor dem System II beeintraumlchtigt Dies entspraumlche der Erkenntnis Jakobsons dass man zuerst verliert was man zuletzt erworben hat44 Was schlieszliglich diachronische Transformationen speziell den Bedeutungswandel betrifft so ist die Affinitaumlt zu Uumlberlegungen sehr wichtig die in Teilbereichen schon Wilhelm Wundt (o S 7) und dann vor allem Stephen Ullman angestellt hat Ullman resuumlmiert ja die Arbeit seines Lands-manns Zoltan Gombocz (Jelentestan Pecs [Fuumlnfkirchen] 1926) und den ihm zu Grunde liegenden Aufsatz von Leacuteonce Roudet (1921) mit folgenden Worten

laquoAn associative network of names clusters around each name some of these associations are rooted in similarity others in contiguityraquo (1967 79)

Dem entspricht dann seine Klassifizierung des Bedeutungswandels (1967 220ff) Uumlbertragung von signantia aufgrund von Similaritaumlt bzw Kontiguitaumlt zwischen den sig-nata bzw umgekehrt Uumlbertragung von signata aufgrund der SimilaritaumltKontiguitaumlt zwi-schen den signantia Zu praumlzisieren waumlre dass es sich nicht um Similaritaumlt oder Kontiguitaumlt handelt sondern um Transfer im Rahmen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- oder 44 Die Arbeit von Stachowiak uumlber die Semantische Struktur des subjektiven Lexikons (1979) bestaumltigt diese Hypothese was dort vorgefuumlhrt wird laumlsst sich mE alles in dem Sinn interpretieren dass bei aphasischem Abbau der Sprache vor allem das System III beeintraumlchtigt wird Nach dem was oben (S 18f) uumlber die Komplexitaumlt von Benennungs- und Assoziations-Aufgaben gesagt wurde unterstreicht dies im Grund auch die These Jakobsons dass es sich im wesentlichen um eine Stoumlrung handelt bei der die metasprachliche Punktion der Sprache beeintraumlchtigt ist

des Similaritaumlt-Kontrast-Systems die Rolle des Kontrasts ist wie schon Wundt sah in der Tat nicht unwichtig45 [p 32]43 Wortfeld-Probleme

Die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen werfen auch ein Licht auf manche Probleme der Wortfeldforschung Zunaumlchst erklaumlren sowohl die Wortassoziationen als auch die Sprechfehler das eher selten reflektierte Phaumlnomen dass die bisher vorgestellten Wortfelder alle aus Elementen derselben Wortart bestehen46 Weiterhin muumlsste man ge-maumlszlig den beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssystemen wohl auch zwischen zwei Grundarten von Wortfeldern unterscheiden zwischen solchen des Similaritaumlt-Kontrast-Typs und solchen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- [p 33] Systems (etwa Wortfeld desWohnens der Werkzeuge der Landschaft)47 In der Form wie sie durch die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen nahegelegt werden vermitteln dabei die Wortfel-

45 Was die Unterscheidung der beiden paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssysteme angeht so fuumlhle ich mich nicht nur in der guten Gesellschaft Ullmans sondern auch in der einer Reihe von Psychologen Sprachpsychologen und Aphasieforschern Jean Piaget und Baumlrbel Inhelder unterscheiden bei der Ordnungsleistung von Kindern zwischen dem Ordnen nach dem Prinzip der Aumlhnlichkeit und nach demjenigen der Konvenienz und etwa analog dazu zwischen den schon erwaumlhnten laquologischenraquo Relatio -nen (Klassifizierung) und den laquoinfralogischenraquo (PiagetInhelder 19731 38ff) Elisabeth Wiig und Diana Globus haben 1971 in einem kontrollierten Assoziationsversuch mit 7 Aphasikern und 7 gesunden Kon -trollpersonen explizit mit Piagets logischen und infralogischen Relationen gearbeitet Das Ergebnis kann nicht nur dahingehend interpretiert werden dass es entsprechend zu diesen Relationen zwei verschie -dene Orientierungs- und Einordnungssysteme gibt sondern auch dahingehend dass das klassifikatorische System (Similaritaumlt-Kontrast-System) sowohl bei Gesunden als auch bei Aphasikern im Verfahren der kontrollierten Assoziation (gegeben ist ein Ausgangsbegriff und die Relation gesucht wird ein Zielwort) nur dann gute Ergebnisse erbringt wenn die Merkmalunterschiede gering sind - und am geringsten sind sie natuumlrlich bei binaumlren Oppositionen also etwa bei Antonymie Sobald die Merkmalsunterschiede groumlszliger werden etwa beim Ausgangsbegriff Kind und dem gesuchten Begriff Eltern sind die Suchergebnisse bei Aphasikern und Gesunden gleichermaszligen schlecht Dagegen funktioniert das infralogische System sowohl bei hoher als auch bei geringer Kontiguitaumlt der Begriffe bei den unter-suchten Aphasikern und den gesunden Kontrollpersonen recht gut (laquoWas ist der Zweck von Heizung - Ergebnis Waumlrme oaraquo) ndash Was die beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssysteme an-langt stehe ich auch weitgehend in Einklang mit James Deese Deese zieht nach einer essentiell faktoranalytischen Untersuchung von Assoziationsverhalten ua folgende Konsequenz (1965 164) laquoThe data on associative distribution suggest that the two fundamental operations we have for sorting out meaningful ndashthat is logical and syntactical relations among wordsndash are contrast and groupingraquo Deese sieht freilich ua nicht die Einordnung in ein Syntagma als dritte Strategie und anhand einer sprachpsychologischen Darstellung des Assoziationsverhaltens wie sie etwa von Houmlrmann (1967 115-156) gegeben wird vermisst man generell den Ansatz Assoziationen als Reflex von Strategien zum Erfas-sen von Bedeutung anzusehen so erscheinen dann viele Beobachtungen die anhand des obigen Schemas sinnvoll integriert werden koumlnnen eher als membra disiecta ndash Ich nenne schlieszliglich noch die Arbeit von Huber et al 1975 und die schon erwaumlhnte Dissertation von Stachowiak (1979) In der Arbeit von 1975 wird ndashbei einer Beschreibung jenes Aphasie-Typs der nach Carl Wernicke benannt istndash unterschieden zwischen zwei Orientierungsprinzipien im Lexikon einem laquosemantisch-klassifikatorischenraquo und einem laquosituativ-referentiellenraquo (1975 88 vgl Stachowiak 1979 58f) Ich bin freilich nicht einverstanden mit der These Stachowiaks es handle sich dabei einerseits um einen laquoinnersprachlichenraquo andererseits um ei-nen laquoenzyklopaumldischenraquo Bereich Wesentlich ist was nochmals betont sein soll fuumlr beide Bereiche als invariantes Prinzip dasjenige der Relation dabei sind die Relationen im einen Fall gewiss klassifikatorisch im anderen laquoinfralogischraquo beide Arten von Relationen sind jedoch gleichermaszligen uumlberindividuell und sie werden gleichermaszligen erlernt46 Geckeler sieht (1971 218) die Wortart-Gleichheit als die gewissermaszligen selbstverstaumlndliche Folge ei -ner paradigmatischen Perspektive an (was einer engen Konzeption von Paradigma entspricht) vgl u S 3547 Wenn ich recht sehe korrespondieren die beiden Grundarten mit einer Unterscheidung die Coseriu (1976 47f) innerhalb eines seiner fuumlnf Kriterien zur Klassifizierung von Wortfeldern macht naumlmlich der Unterscheidung zwischen laquorelationellenraquo und laquosubstantivenraquo Oppositionen bzw Feldern Im Rahmen der hier vorgetragenen Konzeption wird diese Unterscheidung zu einer zentralen Groumlszlige

der des Similaritaumlt-Kontrast-Typs gewissermaszligen zwischen zwei extremen Konzeptio-nen von Wortfeld zwischen der von Andre Jolles und der von Jost Trier Jolles (der des-halb von Trier und anderen gescholten wurde) wollte nur Minimalformen mit jeweils zwei (antonymen) Gliedern als laquoBedeutungsfelderraquo gelten lassen Felder die in dieser Form natuumlrlich fest umgrenzt waumlren (Jolles 1934) Fuumlr Trier galt dagegen das Prinzip der Wert jedes Worts ergebe sich aus dem Feldwert also aus der Position in einem semantischen Feld Das Wort bedeute laquonur in diesem Ganzen und kraft dieses Ganzenraquo Die vermittelnde Position ist die in einem zentralen Antonymenpaar den festen Kern zu sehen um den sich ein ganzes Feld verwandter Termini schart wobei im Normalfall die Grenze des Feldes verschwimmt Das Feld waumlre also nur von seinem zentralen Kern aus als solches zu greifen Geckelers Doppel-Wortfeld zwischen altrsquo und seinen beiden Antonymen jung und neursquo scheint mir de facto im Sinn einer solchen Konzeption interpretierbar zu sein

Die Wortfelder des Similaritaumlt-Kontrast-Typs lassen sich nun wie schon er-waumlhnt in einleuchtender Weise mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Spaumltestens bei dem Versuch Wortfelder des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs merkmalsemantisch zu rekonstruieren treten jedoch betraumlchtliche Schwierigkeiten auf Ein Verfahren auch solche Bereiche bdquodurchsichtig zu machen besteht nun darin dass man an die Spitze eines Feldes neben den eventuell vorhandenen Oberbegriff noch eine der spezifischen Auspraumlgungen der Kontiguitaumlts-Relation stellt (wodurch dann das was die Basiskante BC des Moduls von S 21 ausmacht als Seitenkante bzw Suchbegriff verwendet wird) Pottiers Wortfeld der Sitzmoumlbel im Franzoumlsischen hat als konstituierende Merkmale ne-ben dem Oberbegriff Artefakt eine solche spezifische Auspraumlgung naumlmlich das finale zum Sitzen Die Similaritaumlt die durch diese beiden Merkmale geschaffen wird stellt einerseits das Auswahlkriterium dar nach dem das Feld begrenzt andererseits den Hintergrund an Similaritaumlt vor dem es analysiert werden kann Ein Bereich wie Werk-zeug laumlsst sich um ein weiteres Beispiel zu geben nur schwer merkmalsemantisch beschreiben weil man Begriffe wie Stechbeitel Loumltkolben Nietzange und Maumlhdre-scher zu beruumlcksichtigen haumltte Fuumlgt man jedoch zu Werkzeug die finale Relation zum Bearbeiten von (beispielsweise von Holz) so entsteht ein uumlberschaubares und strukturierbares Feld [p 34]

Dabei zeigt sich nicht nur dass solche Wortfelder in gewissem Maszlig beliebig (re)konstruierbar sind - man kann etwa Katze mit gleichem Recht einmal zu den Haus-tieren ein andermal zu den fleischfressenden Saumlugetieren rechnen Es zeigt sich gleichzeitig dass eine solche Rekonstruktion genau nach dem dritten noogenetischen Prinzip von Spearman verlaumluft Zu einem Ausgangsbegriff (Werkzeug) und einer Rela-tion (zum Bearbeiten von Holz) werden Entsprechungen gesucht und gebildet Unter dem Blickwinkel dieses noogenetischen Prinzips sind Wortfelder nun nicht nur beschreibbar als Ergebnisse eines Verfahrens der kontrollierten Assoziation die beiden angedeuteten Grundtypen von Wortfeldern beruhen dann sogar beide auf demselben Grundprinzip Gegeben ist der Ausgangsbegriff und eine Relation ndash eine Relation die im Fall des Similaritaumlt-Kontrast-Typs die Gegensatzrelation ist im Fall des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs eine finale kausale temporale lokale TeilGanzes-Relation etc Dass solche Konstruktionen oder Rekonstruktionen48 also die Wortfelder der Linguisten keinesfalls - um mit Gauger (zB 1976) zu sprechen - laquobewusstseinsfremdraquo sind zeigt gerade das Verfahren der freien Assoziation dessen Interpretation Ausgangspunkt die-ser Uumlberlegungen war

Dies hat auch Auswirkungen auf das von Saussure aufgeworfene Negativitaumltsproblem Gewiss bedeutet Vater nicht nur Nicht-Mutter sondern auch

48 Von der Konstruktion von Wortfeldern spricht auch Coseriu (zB 1970 113)

Nicht-Sohn Nicht-Barock Nicht-Jahrhundert Bei einer solchen Betrachtung wird je-doch eine bestimmte Art des Gegensatzes die parmenideische Relation des bdquoIst nicht verabsolutiert Sie spielt gewiss eine wichtige Rolle in der Sprache sowohl in der Semantik als auch im Bereich der geschlossenen grammatischen Paradigmen Man sollte jedoch (trotz des Umstands dass die Kontrast-Relation und mit ihr die Relation des oppositiven bdquoIst nicht gerne als laquologischraquo die Relationen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Systems dagegen als laquoinfralogischraquo bezeichnet werden) nicht vergessen dass beide Ar-ten von Relationen unabdingbare Konstanten unseres Wahrnehmens Erfassens und Denkens darstellen und dass eine Semantik die nicht bewusstseinsfremd sein will dementsprechend nicht nur die im Motto auf S 27 angegebenen Oppositionen sondern die ganze Skala moumlglicher Relationen mit in ihr Beschreibungsinstrumentarium aufneh-men muss

44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte

Eugenio Coseriu hat 1977 in seiner Antrittsrede an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften als eines der vier Prinzipien seines Schaffens das Stichwort Tradition und Neuerung genannt Es heiszligt dort laquodass die Geschichte unserer Wissenschaften wie uumlberhaupt die Kultur- [p 35] geschichte Fortsetzung von Traditionen und Erneuerung innerhalb von Traditionen istraquo Man sage eigentlich Neues nur wenn man an Traditionen anknuumlpfe und Traditionen fortsetze (1977 109 vgl 1979 5) Ich habe im vorliegenden Beitrag versucht in mehrfacher Weise an solche Traditionen anzuknuumlpfen ua an diejenige der Assoziationsforschung der Jahrhundertwende Dass hier uumlberhaupt von einem (Wieder-)laquoAnknuumlpfenraquo gesprochen werden muss hat seine Gruumlnde

Der Begriff Assoziation war noch Saussure so gelaumlufig dass er ihn in dem Sinn verwendete in dem heute Paradigma und paradigmatisch gebraucht werden (Saus-sure spricht nicht von paradigmatischen sondern von assoziativen Relationen) Henri Frei oder Charles Bally setzten in dieser Hinsicht nicht nur die Tradition des Meisters fort Bally kannte wie ua einschlaumlgige Stellen aus dem Traiteacute de stylistique franccedilaise von 1909 zeigen offensichtlich auch die Arbeit von Thumb und Marbe sowie den dort angesprochenen Bereich des Assoziierens insbesondere zum Gegenteil hin Seither hat jedoch in der Sprachwissenschaft ein grundlegender Paradigmawechsel stattgefunden Eine im Uumlbermaszlig psychologisierende Stroumlmung wurde wie uumlblich durch das Gegenteil abgeloumlst und seither scheinen die Sprachwissenschaftler den Begriff Assoziation als et-was eher Anruumlchiges zu meiden und allenfalls mit ganz spitzen Fingern anzufassen laquoCest pour eacuteviter le psychologisme adopteacute dans le Cours de F de Saussure que je substi-tue le terme rapport paradigmatique agrave celui de rapport associatifraquo schreibt Louis Hjelmslev der den terminologischen Wandel vollzogen hat in einer Fuszlignote des Vor-trags den er 1936 auf dem Linguisten-Kongress in Kopenhagen gehalten hat (1938140) Interessanterweise ist auch der Anti-Psychologismus wie Gauger zeigen konnte (1976 73-87) bei Saussure schon mit angelegt

Freilich motiviert sowohl die weitere Geschichte der Assoziationsforschung als auch die Auffassung der Sprechfehler diese spitzen Finger in betraumlchtlichem Maszlig beide Phaumlnomene wurden in den Bereich der Abnormalitaumlt und des Pathologischen geruumlckt Was das Versprechen angeht so ist die Ursache kein anderer als Sigmund Freud er griff aus den Sprechfehlern die Meringer und Mayer vorgefuumlhrt hatten vor allem die Gruppe des Versprechens zum Gegenteil hin heraus und interpretierte sie in dem bekannten Sinn Das Versprechen zum Gegenteil hin lege die geheimen Gedanken des Sprechers bloszlig Dies ist ganz ohne Zweifel eine Uumlberinterpretation die in manchen Faumlllen zutreffen

mag fuumlr den Durchschnittsfall jedoch keinerlei Allgemeinguumlltigkeit beanspruchen kann49 Wie nachhal- [p 36] tig die Interpretation Freuds ndashin diesem Fall leiderndash ge-wirkt hat zeigt die Verbindlichkeit jener Bezeichnung mit der man Sprechfehler heute erfasst bdquo(Freudsche) Fehlleistungen Ein in gleichem Maszlig bdquopathologischer Geruch begleitet spaumltestens seit 1910 die Versuche mit Wortassoziationen Carl Gustav Jung machte Versuche mit Assoziationen Kent und Rosanoff hatten die Absicht mit ihrer Liste von 100 Ausgangswoumlrtern und dem Durchschnitt der Assoziationen von 1000 Probanden eine Norm aufzustellen von der sich abnormale Assoziationen abheben soll-ten Die Untersuchung erschien nicht nur in der Zeitschrift American Journal of Insanity sie hieszlig auch noch A Study of Association in Insanity I Association in Normal Subjects Alle seitherigen einschlaumlgigen Assoziations-Listen werden von den Psychologen entspre-chend mit dem Etikett Norm versehen (laquoRussellJenkins-Normraquo laquoPalermoJenkins-Normraquo etc)

Die Haltung spaumlterer Sprachwissenschaftler ist also auch damit zu erklaumlren dass das Assoziieren und die Sprechfehler durch Pathologisierung ihrer ehemaligen (und angemesseneren) Unschuld verlustig gegangen waren Freilich gibt es seit einiger Zeit wieder ein neues und zunehmendes Interesse an Fragestellungen des Sich-Versprechens Assoziierens und der (wirklich zum Bereich des Pathologischen gehoumlrenden) Aphasie-Forschung50 Dass dabei in der Regel die eigentliche Tradition ausgespart wird ist weniger erfreulich Denn es geht nicht nur um eine sehr alte Tradition des Denkens es geht mit der Omnipraumlsenz bestimmter Relationen eigentlich um grundlegende Charakteristika des Sprechens und Denkens selbst

Freiburg Wolfgang Raible

[p 37] Literaturverzeichnis

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49 Vgl hier die analoge Einstufung der Freudschen Konzeption sprachlicher Fehlleistungen bei Kainz 1956 38 - Die Auseinandersetzung zwischen Freud und Meringer war zT sehr heftig Auf einer houmlheren Stufe der Eskalation zieh Meringer Freud beispielsweise der laquoStuumlmperraquo-Haftigkeit auf dem Gebiet des Beobach-tens laquoEr sieht und houmlrt naumlmlich nur das was sich eventuell zur Begruumlndung seiner phantastischen Theorien missbrauchen laumlsst Die unendlich vielen Faumllle die sich dagegen mit Haumlnden und Fuumlszligen straumlu-ben sieht er nicht (1912 55)50 Ich nenne drei Indizien fuumlr die Wiederbelebung der Tradition bzw das verstaumlrkte Interesse an den betreffenden Zusammenhaumlngen Erstens wird die Arbeit von Meringer und Mayer in einem 1973 von Victoria A Fromkin herausgegebenen Sammelband in den beiden Beitraumlgen der Herausgeberin wenigs-tens gelegentlich wenn auch zT falsch zitiert Die Arbeit von Thumb und Marbe wurde 1978 sogar neu ediert Zweitens gibt es insbesondere in den Vereinigten Staaten eine Reihe von Arbeiten zu linguistischen Aspekten der Assoziationsforschung (die wichtigste ist wohl die allerdings weitgehend psychologisch und psychometrisch orientierte von Deese 1965) die zB in den Versuch einer Synthese eingegangen sind den Herbert H Clark 1970 veroumlffentlicht hat (Die Arbeit von Clark ist freilich noch ein wenig zu stark dem Grammatikmodell der Transformationsgrammatik verhaftet) Noumlth (1975) hat den Ansatz von Clark zT weitergefuumlhrt sich zT jedoch auch in kasuistischen Uumlberlegungen gefangen Drittens ist das Wiedererwa-chen des linguistischen Interesses an der Aphasie-Forschung zu vermerken (es war zB schon bei Meringer und Mayer vorhanden) Fuumlr dieses ndashallerdings in Schuumlben auftretendendash Interesse ist nicht zuletzt auch Roman Jakobson verantwortlich

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  • Von der Allgegenwart des Gegensinns
  • (und einiger anderer Relationen)
  • Strategien zur Einordnung semantischer Information
  • Wolfgang Raible (Universitaumlt Freiburg)
  • Eugenio Coseriu zum 2771981
  • 21 Gesetzmaumlszligigkeiten des Assoziierens
  • 211 Argumentum quantitatis
  • 212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt
  • 22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens
  • 311 Syntagmatisches Assoziieren
  • 312 Paradigmatisches Assoziieren
  • 3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System
  • 3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System
  • 32 Sonderfaumllle
  • 41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems
  • 42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semantishyschen Orientierungssystems
  • ja
  • Fuumlr alle Woumlrter moumlgshylich
  • 44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte
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Page 10: latina.phil2.uni-freiburg.delatina.phil2.uni-freiburg.de/.../Files/Gegensinn_neu.docx  · Web viewZeitschrift für romanische Philologie Bd. 97, Heft 1/2, S. 1-40. Die Seitenangabe

[p 12] Die beiden ersten Prioritaumlten zeigen also dass die Similaritaumlt bei den Assoziationen eine grundlegende Rolle spielt - allerdings wie die beiden folgenden Prioritaumltsebenen zeigen eine Hintergrund-Rolle Auf der dritten Prioritaumlts-Ebene kommt naumlmlich vor diesem Hintergrund an Similaritaumlt das Prinzip des Kontrasts zum Zuge

3 Assoziationen sind wo immer dies moumlglich ist fast ausnahmslos Assoziationen zum Entgegengesetzten hin - entgegengesetzt im oben dargelegten aristotelischen Sinn Typische Paare sind also schwarzweiszlig helldunkel kleingroszlig leichtschwer altjung (bzw neu) TagNacht schnellerlangsamer kommengehen kaufenverkaufen ichdu ersie nowthen herethere alwaysnever etc

Dass diese besonders praumlgnante Rolle des Kontrasts kein einzelsprachliches Phaumlnomen ist zeigen die Versuche die mit der Wortliste von Kent und Rosanoff im Bereich des Englischen Englands Amerikas Australiens Kanadas im Deutschen Franzoumlsischen Italienischen und Polnischen gemacht wurden20 Eine starke dh eindeutige Antonymie-Relation (Antonymie im erwaumlhnten weiten Sinn) fuumlhrt stets dazu dass das am haumlufigsten genannte assoziierte Wort das korrespondierende Antonym ist Das Feld der assoziierten Woumlrter bekommt dadurch einen sehr scharfen Fokus der Halo der restlichen Nennungen bleibt gering Paradefall in der liste von KentRosanoff ist das Ausgangswort dark Die Streuung also die Zahl der von 1000 Probanden insgesamt assoziierten verschiedenen Woumlrter betraumlgt hier wie schon erwaumlhnt nur 41 Von den Probanden reagieren 829 (83) mit light 55 weitere mit night 33 mit room 31 mit black etc Sobald eine Antonymie-Relation dagegen schwaumlcher ist zB deshalb weil das Ausgangswort mehrere Antonyme besitzt (also merkmalloser ist) ist entsprechend der weiteren Bedeutungsaura des Ausgangsworts der Fokus der assoziierten Woumlrter weit weniger scharf der Halo der Streuung wird entsprechend breiter Waumlhlt man dagegen eines aus jener Mehrzahl von Antonymen aus also ein notwendigerweise merkmalhaltigeres Wort so verlaufen die Assoziationen mit starker Buumlndelung auf das urspruumlngliche Ausgangswort zu21

[p 13] Auf Rang 4 der Prioritaumltsebenen tritt die Dimension Kontiguitaumlt - Distanz in Erscheinung - und zwar in Form der semantischen nicht der syntagmatischen Kontiguitaumlt

4 Assoziationen richten sich wenn keine oder keine dominierende Antonymie-Relation gegeben ist unter Fortgeltung der Prioritaumlten 1 und 2 nach der semantischen

20 Vgl Rosenzweig 1961 und CarrollKjeldergaardCarton 196221 Ein Beispiel Die Reaktionen auf sweet und suumlszlig weisen in etwa dieselbe Streuung auf Die Streuung ist jedoch bei doux in auffaumllliger Weise groumlszliger Die Ursache Auf sweet wird an 1 Stelle das Antonym sour (43) an 4 Stelle das Antonym bitter (8) assoziiert Analog verhaumllt es sich im Deutschen den 1 Rang belegt sauer (39) den 4 bitter (3) Bei franz doux weist der Petit Robert nicht weniger als 21 Antonyme auf Doux hat also im Gegensatz zu sweet und suumlszlig eine wesentlich weniger praumlgnante Bedeutung Es kommt hinzu dass die praumlgnanteste Bedeutung gar nicht doux im Gegensatz zu aigre oder acide ist sondern doux im Gegensatz zu dur (9) Die einzige einigermaszligen dominante Bedeu-tung von doux ist also weich Als naumlchstes Antonym wird auf Rang 8 noch amer (3) genannt ruumlde nennen noch 2 brutal fort rugueux jeweils 1 mit je einer Nennung sind noch vertreten aigre grossier roche sevegravere Waumlhlt man nun das dominante Antonym des deutschen und englischen suumlszlig naumlmlich sauer wieder als Ausgangswort so zeigt sich hier eine weitgehende Uumlbereinstimmung zwischen allen drei Sprachen an der Spitze der genannten Reaktionswoumlrter liegen sweet (57) suumlszlig (39) und doux (30) - Zur Rolle der MerkmalhaltigkeitMerkmallosigkeit von Antonymen bei der Assoziation sei auch auf Clark 1970 276 hingewiesen

Kontiguitaumlt Allerdings ist die Wortart-Identitaumlt der Prioritaumltsebene 1 hier etwas eingeschraumlnkt die Gruumlnde dafuumlr werden spaumlter evident werden

Es handelt sich hier in der Regel um Assoziationen von etwas was im Bereich der Denotata und das heiszligt auch im Erfahrungsbereich der Probanden mit dem was durch das Ausgangswort bezeichnet ist in einer spezifischen Relation steht Im Gegensatz zum Normalfall der (zweiseitigen) Antonymie-Relation sind diese spezifischen Relationen in der Regel gerichtet Dass die Basis solcher Relationen die Kontiguitaumlt im Erfahrungsbereich ist hat natuumlrlich zur Folge dass hier unter Umstaumlnden soziale und kulturelle Unterschiede vorliegen koumlnnen Dies wird nicht der Fall sein in Beispielen wie araigneacutee toile ragnoragnatela tigefleur stemflower piedchaussure footshoe Es koumlnnte dagegen eher zutreffen in Faumlllen wie comfortchair confortfauteuilrsquo oder BequemlichkeitSessel

5 Assoziationen sind wenn sich keine Kontrast- oder keine semantische Kontiguitaumlts-Relation einstellt Assoziationen im Bereich der semantischen Similaritaumlt oder der syntagmatischen Kontiguitaumlt

Zunaumlchst zur semantischen Similaritaumlt Es handelt sich bei den Assoziationen dieser Gruppe entweder um bdquoSynonyme Oberbegriffe oder um etwas im Ausgangswort Impliziertes Die Beispiele sind relativ selten Bezeichnend ist allein dass solche Assoziationen wenn sie schon gelegentlich an erster Stelle genannt werden nur in relativ geringem Maszlige buumlndeln22 Die andere Variante der fuumlnften Prioritaumltsebene Assoziationen [p 14] im Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt ist in dem von mir analysierten Materialebenfalls nur schwach vertreten (hier gelten uumlbrigens die Prioritaumltsebenen 1 und 2 nur noch sehr eingeschraumlnkt der Grund auch hierfuumlr wird wiederum spaumlter deutlich werden) Zwei Beispiele aus dem deutschen Bereich Auf glatt assoziierten immerhin 40 der Probanden an erster Stelle Eis (laquoGlatteisraquo) erst an zweiter Stelle folgte hier mit 15 das Antonym rau Desgleichen assoziierten auf Stiel (die falsche Uumlbersetzung des englischen stem - gemeint war Stengel) 38 der Probanden den Besen Auch die zweithaumlufigste Assoziation zaumlhlt hier noch zum Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt 6 nannten Stumpf Im englischen und franzoumlsischen Material treten solche Arten der Assoziation erst an untergeordneter Stelle auf ndash etwa vinaigre auf aigre becircte auf belle marche auf pied

Als Hugo Schuchardt die Arbeit von Thumb und Marbe ein Jahr nach ihrem Erscheinen (sehr kritisch) besprach machte er hauptsaumlchlich zwei Einwaumlnde Mit dem ersten dieser Einwaumlnde stand er ganz in der Tradition der bisherigen Assoziationsforschung Thumb und Marbe haumltten die Nachbarschaft in der Rede als eine der Ursachen fuumlr die Assoziationen nicht gebuumlhrend gewuumlrdigt Die analysierten Verhaumlltnisse widerlegen Schuchardt sehr deutlich Sein Einwand trifft allerdings wie sich noch zeigen wird unter ontogenetischem Aspekt zu Auch Schuchardts zweites Monitum die lautliche Aumlhnlichkeit muumlsste als einer der Faktoren des Assoziierens staumlrker betont werden ist obsolet Selbst unter 1000 Probanden waumlre entgegen der Vermutung Schuchardts kaum einer gewesen der auf drei die Zahl zwei assoziiert 22 Dies zeigen die folgenden Beispiele enfant 1 petit (12) 2 beacutebeacute (8) child 1 baby (16) Kind 1 klein (12) (2 Mutter (10)) 3 Baby (6) oder Quadrat 1 Viereck (14) Ein Beispiel fuumlr die Wahl des Oberbegriffs aigle 1 oiseau (16) Adler 1 Vogel (21) Typisch fuumlr die relativ geringe Wir-kung der semantischen Similaritaumlt im Sinn von Synonymie ist der Umstand dass die meisten Syno nyme ansonsten an nachgeordneter Stelle vorkommen Auf dark assoziieren 3 (und an 4 Stelle) black auf beautiful immerhin 14 an 2 Stelle pretty an 6 Stelle (4) lovely an 1 Stelle steht das Antonym ugly Auf rough wird an 1 Stelle mit dem Antonym smooth (44) reagiert erst an 2 Stelle folgt mit 7 hard Auf sommeil folgt an 1 Stelle das semantisch benachbarte lit erst an 2 Stelle (10)reposrsquo

haumltte23 Dies liegt daran dass sprachliche Information primaumlr nach ihrem syntaktisch-semantischen [p 15] Gehalt analysiert und verarbeitet wird (und die Assoziationen auf Zahlen sind hier wie noch in 32 gezeigt werden wird hochgradig gerichtet) Klangphaumlnomene sind auf jeden Fall sekundaumlr Erst dann wenn der Proband die Bedeutung nicht versteht wie etwa bei Fremdwoumlrtern bei Termini technici oder bei Woumlrtern einer ihm unbekannten Sprache spielt die Laut-Assoziation eine Rolle24 Thumb zeigte dies in einer spaumlteren Studie aus dem Jahre 1908

21a Aktualisierender Zusatz im Jahr 2011

Ein Team von drei Wissenschaftlern der Universitaumlten von South Florida und Kansas hat den bisher wohl groumlszligt-angelegten Test mit Assoziationen auf Wort-Stimuli unternommen und dies mit einer Unzahl von Probanden Nelson D L McEvoy C L amp Schreiber T A (1998) The University of South Florida word association rhyme and word fragment norms25 ldquoMore than 6000 participants produced nearly three-quarters of a million responses to 5019 stimulus wordsrdquo

Im vorliegenden Fall geht es um insgesamt 4870 Woumlrter als Ausgangspunkte fuumlr Assoziationen (cues) 76 davon Nomina 13 Adjektive 7 Verben 16 waren Homographen Die Testpersonen durften jeweils ein einziges Wort als Reaktion aufschreiben Die Reaktionszeit wurde dabei nicht gemessen Aus den 4870 Faumlllen habe ich die 538 ausgewaumlhlt in denen eine ldquoForward Cue-to-Target Strengthrdquo von ge 05 vorlag bei denen also ein Reizwort mit hoher Wahrscheinlichkeit ein oder mehrere Zielwoumlrter ausloumlst Dabei bestaumltigen sich die Ergebnisse der 1980 vorgenommenen Analyse fast vollstaumlndig

Antonymen-Relationen die sich anhand des Corpus der University of Southern Florida ergeben Die meisten sind zweiseitig Sie entsprechen den u auf S 2223 analysierten acht Strukturierungsdimensionenabove lt--gt belowadd lt--gt subtractaddition lt--gt subtraction

defense --gt offensedifferent --gt samedown lt--gt up

major --gt minorme lt--gt youmine lt--gt yours

23 Vgl im Einzelnen Schuchardt 1902 - Dass Assonanzen keine Rolle spielen gilt natuumlrlich nicht dort wo jemand im Sinn des dritten noogenetischen Prinzips von Spearman explizit Woumlrter sucht die mit dem Ausgangswort durch die Relation lautlicher Similaritaumlt verbunden sind also beispielsweise Reimwoumlrter - Wie sehr die Verarbeitung sprachlicher Information primaumlr auf die Analyse syntaktischer und semanti-scher Merkmale ausgerichtet ist zeigt sich einerseits bei den unendlich zahlreichen Versuchen der Psychologen vergangener Jahrzehnte mit kuumlnstlichem sinnlosem Wortmaterial zu arbeiten die Proban-den versuchen auch dort ganz automatisch zunaumlchst einen Sinn zu houmlren Wie sehr die etwa von Coseriu stets betonte Semantizitaumlt der Sprache selbst bei traumatischen und sonstigen Aphasikern im Vorder-grund steht zeigt andererseits die einschlaumlgige Forschung Luria (1976 150f) berichtet dass auch bei den Assoziationen von Aphasikern Woumlrter mit verwandter Bedeutung den Vorrang vor Woumlrtern mit aumlhnli-chem Klang haben Nur bei besonders schweren Faumlllen von Aphasie und bei geistig Zuruumlckgebliebenen dominiert die Lautassoziation vor der inhaltlichen Als Beispiel fuumlr die untergeordnete Bedeutung von Lautassoziationen kann auch ein Versuch mit Aphasikern dienen dessen Gegenstand kontrollierte Assoziationen waren (Aufzaumlhlen von Tiernamen) von den 2918 Namen die von insgesamt 94 Patienten innerhalb von fuumlnf Minuten genannt wurden waren ganze 6 Faumllle vom Typ MausLaus (GloningMuumlller 19711972 264)24 Bin illustratives Beispiel sind die Reaktionen auf das im amerikanischen Englischen aumluszligerst selten be -legte Ausgangswort abbess (Aumlbtissin) Den 1 Rang unter den Antworten hat hier mit 9 hole - ganz offensichtlich deshalb weil die Probanden abbess als abyss verstanden Erst an 2 Stelle folgt mit 5 ein Wort bei dem wohl die lautliche Assoziation Pate gestanden hat abscess (Postman 1970 260) 25 httpw3usfeduFreeAssociation

answer lt--gt questionasleep lt--gt awakeback lt--gt frontbad lt--gt goodbefore --gt afterbegin lt--gt endbest lt--gt worstblack lt--gt whiteborrow --gt lendbottom lt--gt topfemale lt--gt maleboy lt--gt girluncle lt--gt auntactor lt--gt actressbrother lt--gt sisterdad lt--gt momfather lt--gt motherdaughter lt--gt songrandma lt--gt grandpahusband lt--gt wifeman lt--gt womanbuyer lt--gt sellerclose --gt openday lt--gt nightdead --gt alive

downstairs lt--gt upstairsdryer --gt washereast lt--gt westempty lt--gt fulleven lt--gt oddexit --gt entranceexplode --gt implodefalse lt--gt truefar lt--gt nearfind lt--gt seeksearchfirst --gt lastforward lt--gt backwardfound lt--gt lostgo lt--gt stopgroom lt--gt bridehello --gt goodbyehe lt--gt shehere lt--gt therehigh lt--gt lowin lt--gt outleader --gt followerless lt--gt morelose --gt winloser lt--gt winnerlost lt--gt found

minus lt--gt plusnegative lt--gt positiveno lt--gt yesnorth lt--gt southoff lt--gt onold --gt newopen --gt closeclosedoutside --gt insideover lt--gt underpoor lt--gt richqueen --gt kingquestion lt--gt answerright --gt leftright --gt wrongscratch --gt itchseller lt--gt buyersit --gt standslow lt--gt fastsoft lt--gt hardthin --gt thicktight --gt loosetoday lt--gt tomorrowtwice --gt onceweak --gt strong

Bemerkenswert sind solche abweichenden Faumllle in denen an erster Stelle nicht ein Antonym assoziiert wird sondern ein aumlquivalenter Begriff etwa finish --gt done und erst an zweiter Stelle start happy fuumlhrt an erster Stelle zu joyous an dritter und vierter Stelle immer noch sehr haumlufig zu cheerful und glad sad steht erst an zweiter Stelle Hard fuumlhrt an erster und zweiter Stelle zu difficulty und difficult die beiden moumlglichen Antonyme easy und soft folgen (mit immer noch hoher Frequenz) an dritter und virter Stelle Umgekehrt fuumlhrt nur soft hoch frequent zu hard Parallel ist ein Fall wie hate zu dem hoch frequent despise und dislike assoziiert wird waumlhrend love unter der 05-Schwelle an dritter Stelle folgt Genauso verhaumllt es sich mit love das zu affection ro-mance und adore fuumlhrt (love ist als Wortart polyfunktional) hate folgt an vierter Stelle in der Frequenz Hot fuumlhrt in seiner einen Bedeutung zu spicy in einer anderen zu humid erst an dritter Stelle zu cold Umgekehrt gilt aber cold --gt hot Late fuumlhrt an erster Stelle zu tardy erst an zweiter zu early Auf many wird an erster und zweiter Stelle several und numerous assoziiert erst an dritter folgt unter der 05-Schwelle fewsome waumlhrend umgekehrt nur few mit einiger Frequenz zu many fuumlhrt Bei old gilt zwar --gt new aber dann folgen drei verwandte Begriffe (elderly antique ancient) erst an vierter Stelle kommt das andere Antonym young Vergleichbar ist das vieldeutige present an erster Stelle steht hier gift dann folgt mit past ein Antonym mit absent ein anderes In einem Fall wie forget wird an erster Stelle forgive (ldquolet us forget itrdquo) assoziiert also ein willentliches vergessen waumlhrend umgekehrt remember direkt zu forget fuumlhrt Mehrdeutigkeit ist also immer ein lsquoStoumlrfaktorrsquo wie auch der Fall short --gt talllong an zweiter Stelle short --gt brief zeigt oder small --gt tiny und an zweiter und dritter Stelle --gt big large Interessant ist auch das Beispiel square das an erster Stelle zum Oberbegriff rectangle fuumlhrt und dann zu zwei gleichermaszligen moumlglichen lsquoAntonymenrsquo circleround

und triangle Strong fuumlhrt an erster Stelle zu einem Parallelbegriff powerful erst an zweiter zu weak waumlhrend weak direkt zu strong fuumlhrt Wet fuumlhrt -- in dieser Reihenfolge -- zu slippery moist drench und dry aber nur dry fuumlhrt in nennenswertem Umfang zuruumlck zu wet

Die uumlberwiegende Zahl der anderen Faumllle sind solche in denen ein Begriff aus demselben Erfahrungsbereich assoziiert wird In manchen Faumlllen sind das sehr viele So gibt es bei money der hohen Zahl von Probanden entsprechend eine hohe Zahl von Nennungen fuumlr (in absteigender Reihenfolge aber immer noch mit einer Forward Cue-to-Target Strength von gt05) cash bank fund wallet profit spend banker income bud-get lottery dollars checkbook salary Insgesamt sind es hier 302 verschiedene Targets Aumlhnliches gilt fuumlr tree -- wo jeder an eine spezifische ihm gelaumlufige Baumart oder einen Baum-Bestandteil denken kann

22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens

Mit seinem genialen Blick fuumlr das Grundlegende hat Roman Jakobson inspiriert von Mikołai Habdank Kruszewski (1886) die Aufmerksamkeit auf das Zusammenwirken zweier Prozesse beim Sprechen gelenkt eines paradigmatischen bei dem Einheiten aus anderen gleichrangigen Einheiten ausgewaumlhlt und eines syntagmatischen bei dem die ausgewaumlhlten Einheiten in eine lineare Abfolge gebracht werden Im paradigmatischen Prozess spielt die Dimension Similaritaumlt - Kontrast im syntagmatischen die Dimension Kontiguitaumlt - Distanz eine dominierende Rolle

In diesen Rahmen lassen sich nun nicht nur Typen der Aphasie einordnen26 sondern auch die Typen des Versprechens die Meringer und Mayer 1895 vorgefuumlhrt haben Da die lineare Anordnung elementarer Zeichen ein Charakteristikum der Rede ist ist die Mehrzahl der bdquosprachlichen Fehlleistungen im Bereich der syntagmatischen KontiguitaumltDistanz anzutreffen Ihre Hauptursache ist darin zu sehen dass (wenigstens normalerweise) das Denken einen Vorlauf vor dem Artikulieren hat - und der Sprecher setzt dann das was er zu sagen plant an die Stelle dessen was er im Moment artikuliert Das bdquoSpaumltere wirkt also dabei scheinbar paradoxerweise - auf das bdquoFruumlhere Ohne auf die Einzelheiten dieser Art des Versprechens eingehen zu wollen dessen Ergebnisse sehr haumlufig Vertauschungen also Metathesen sind sei hier zweierlei festgehalten Zum einen sind die in der Rede auf diese Art vertauschten Elemente in aller Regel klassengleich - wobei der Begriff Klasse nicht nur Wortarten also den modus significandi sondern beispielsweise auch Anlaute Auslaute Stammvokale betonte Silben usw umfassen kann27 Mit den Worten von Meringer und Mayer [p 16] (1895 17) laquoAm gewoumlhnlichsten sind die Vertauschungen der Adjectiva mit Adjectiven Substantiva mit Substantiven Verba mit Verbenraquo Zweitens sei festgehalten laquoAntithetische Woumlrter werden besonders leicht vertauschtraquo (1895 15) Ein Beispiel fuumlr diese Art der Metathese laquoDa steht der Einsatz nicht fuumlr den Gewinnraquo

Die zweite groszlige Gruppe fuumlr Versprech-Leistungen sind solche deren Ursache in der Auswahl waumlhrend des paradigmatischen Prozesses gesehen werden muss Die eine Untergruppe sind hier die bdquoKontaminationen bei der Vorstellung etwas schreiben werden die Ausdrucksmoumlglichkeiten etwas zu Papier bringen und etwas schreiben

26 Zur Fruchtbarkeit der Unterscheidung Jakobsons fuumlr die Klassifizierung von Aphasien vgl Luria 1976 5227 Einige Beispiele laquoSaint-Exupeacuterinces Petit Princeraquo laquoMinuster fuumlr Kultus und Unterrichtraquo Die Elemente koumlnnen auch vertauscht werden - Metathesen dieser Art sind laquoeine Sorte von Tacherraquo laquodenile Semenzraquo laquoVerteidigung ist die Spiele des Seelsraquo etc Die Beispiele stammen bis auf das erste aus MeringerMayer 1895 Zu analogen Erscheinungen beim Verlesen vgl auch Kolers 1976

kombiniert zu etwas zu Papier schreiben Freud nennt dies gewiss zutreffend Verdichtungen Die andere Unterart dieses semantischen Versprechens besteht in der Vertauschung (bdquoSubstitution) zweier Elemente - wobei es sich nicht mehr um Elemente aus dem Syntagma sondern um Elemente des paradigmatischen Auswahlprozesses handelt laquoBekannt istraquo so heiszligt es bei Meringer und Mayer (1895 79) laquodass kontrastierende Vorstellungen einander assoziieren So kommt man auf dem Wege der Substitution dazu das Gegenteil von dem zu sagen was man gemeint hatraquo Also etwa laquoIhm war auch kein Berg zu niedrigraquo (statt zu hoch) laquowas er verliert (statt gewinnt) gibt er seinen Kindern in die Sparbuumlchseraquo

Was schon bei voumlllig gesunden Sprechern wenn man ein Ohr dafuumlr hat mit bemerkenswerter Haumlufigkeit zu beobachten ist kann natuumlrlich im Fall von verminderter Sprechfaumlhigkeit (Aphasien) in verstaumlrktem Maszlige auftreten Herbert Pilch hat aus linguistischer Sicht auf die bekannte Erscheinung hingewiesen dass Aphasiker Woumlrter verwechseln die im Verhaumlltnis des Gegensinns zueinander stehen (1972 8) Ein einfaches Beispiel aus einem Sprachtest mit Aphasikern (Muumlller 1976 257ff) Es handelt sich um einen Test in dem der Umgang mit metakommunikativen Verben uumlberpruumlft wurde Beim Nachsprechen eines groumlszligeren zusammenhaumlngenden Texts - dies war eine der Aufgaben - wurden dabei vereinzelt sinnstoumlrende Vertauschungen zwischen den korrelativen Begriffen fragen und antworten beobachtet Von einem analogen Test mit Einzelsaumltzen heiszligt es laquoSinnstoumlrend vertauscht wurden fragen mit erwidern wissen wollen bzw sich erkundigen (wurden) durch sprechen ersetztraquo In einem Sortiertest sollten metakommunikative Verben nach inhaltlichen Kriterien zu Gruppen geordnet werden Dieser Test wurde wegen der erforderlichen hohen Konzentration allerdings nur von fuumlnf Probanden absolviert Vier davon gruppierten fragen wissen wollen sich erkundigen antworten entgegnen erwidern Der fuumlnfte Proband gekennzeichnet mit dem Stichwort laquoKonduktionsaphasieraquo bildete dagegen [p 17] die Paare fragenantworten antwortenerkundigen wissen wollenentgegnen Er gliederte also was der Untersuchende nicht direkt sieht nach Antonymen-Paaren28

3 Interpretation der beschriebenen Phaumlnomene oder Die verschiedenen Strategien zum Erfassen von Bedeutung

No hay que explicar el hablar desde el punto de vista de la lengua sino viceversa (Coseriu 19551973 287)

Meringer und Mayer haben darauf hingewiesen man muumlsse sich huumlten den Sprechfehler als etwas Pathologisches aufzufassen Sie erlaumlutern dies mit einem praumlgnanten Bild Beim Sprechfehler versage nur die Aufmerksamkeit die Maschine laufe ohne Waumlchter sich selbst uumlberlassen Und was den Sprechfehler fuumlr die Sprachwissenschaft lehrreich mache sei der Umstand dass das Uhrwerk in solchen Augenblicken des Mantels entkleidet scheine und ein Blick in die Raumlder moumlglich sei (1895 7) Aumlhnliches gilt fuumlr die permanenten Abweichungen von der Sprachnorm die sich im Sprechen von Individuen oder Individuen-Gruppen finden (und die zB Henri Frei in seiner Grammaire des fautes (1929) festgehalten hat) Die Uumlberlegungen gelten natuumlrlich ebenso fuumlr die Wort-Assoziationen insbesondere dann wenn man wie urspruumlnglich Thumb und Marbe mit der Beruumlcksichtigung der Spontaneitaumlt also der Reaktionszeit ein Indiz dafuumlr hat welche Prozesse unter Umstaumlnden laquoautomatischraquo 28 Nach der Analyse die Luria von dem seit Wernicke und Lichtheim so genannten Syndrom der bdquoLeitungsaphasie gibt duumlrfte es sich um die Variante mit akustisch-artikulatorischer Stoumlrung handeln In der Variante mit akustisch-mnestischer Stoumlrung sind sogenannte bdquoverbale Paraphasien relativ selten Vgl Luria 1976 239-285 insbes S 247-273

oder mit Meringer und Mayer so ablaufen dass laquoder Waumlchterraquo also das Bewusstsein des Sprechers dessen bestenfalls hinterher richtig gewahr wird Mutatis mutandis gilt die Uumlberlegung schlieszliglich auch fuumlr den Bereich der Sprachstoumlrungen laquoPathologia illustrat physiologiamraquo das Anomale lehrt uns wie das Normale funktioniert ndash so lautet ein alter Grundsatz der medizinischen Forschung Wie betraumlchtlich der Unterschied zwischen den voll bewussten mehr Zeit in Anspruch nehmenden Suchprozessen und den halbbewussten Assoziationen ist zeigen solche Aphasien in denen der Patient ein Wort bei bewusstem Suchen nicht findet oder ein Wort das ihm vorgesprochen wird nicht wiederholen kann waumlhrend er im Bereich des offenbar funktionierenden Assoziierens das betreffende Wort findet bzw sagen kann29

[p 18] Wenn ich nach der obigen Skizzierung quantitativer und qualitativer Verhaumlltnisse im Bereich von Wortassoziationen nun versuche die bisherige Untersuchung im eigentlichen Sinn zu interpretieren so lasse ich mich von der folgenden Grunduumlberlegung leiten Da Assoziationen mit Wortmaterial im Idealfall in einem halbbewussten Bereich spontanen Reagierens ablaufen koumlnnte man meinen es handle sich um ganz einfache primaumlre Prozesse sprachlicher Aktivitaumlt Komplex und sekundaumlr waumlre dagegen die Aumluszligerung von Saumltzen und Texten Nun hat freilich einer der groszligen Aphasieforscher Kurt Goldstein gezeigt dass es sich eigentlich genau umgekehrt verhaumllt Primaumlr am Sprechen ist die Mitteilungsabsicht dh das Kommunizieren mit Hilfe groumlszligerer syntagmatischer Einheiten im Rahmen von Kommunikationssituationen Das scheinbar so einfache Assoziieren von Woumlrtern oder das Benennen von Gegenstaumlnden sind dagegen recht schwierige und komplexe Aufgaben Wie Roman Jakobson gezeigt hat ist zB das Benennen eines Gegenstandes ein metasprachlicher Akt30 Ein solcher Akt setzt die Existenz und das isolierte Funktionieren eines praumlzisen Orientierungs- und Einordnungssystems voraus Bei Assoziations-Tests muss ein gehoumlrtes Wort ohne jede Situations- oder Kontexthilfe analysiert erkannt und eingeordnet werden

Ich habe nun eingangs mit Hilfe einiger einfacher Beispiele aus dem Bereich der Gestaltpsychologie gezeigt dass eine solche Erkenntnis immer erst dadurch zustande kommt dass man uumlber das Gegebene hinausgeht going beyond the Information given Dementsprechend besteht mein Interpretations-Ansatz jetzt darin dass ich die von einem vorgegebenen Ausgangswort ausgehende Assoziation als den Reflex einer Strategie interpretiere einer Strategie die dazu dient die Bedeutung von Woumlrtern im Hinausgehen uumlber das gegebene Wort zB durch die Einordnung in das semantische Orientierungs-System zu erfassen

31 Zwei Grundtypen des Assoziierens

Hier gibt es nun nicht eine einzige es gibt wenn ich recht sehe zwei Grundstrategien zur Erfassung von Bedeutung Vergegenwaumlrtigt man sich den primaumlren auf Mitteilung ausgerichteten Aspekt des situativen Sprechens in Saumltzen und Texten und den subsidiaumlren - wenn auch unverzichtbaren - Charakter desjenigen Bereichs in den auch das Assoziieren von Woumlrtern faumlllt so versteht man sofort die eine von zwei grundlegend verschiedenen Strategien dh Arten der sprachlichen Reaktion auf

29 Kurt Goldstein der von solchen Faumlllen berichtet erwaumlhnt im selben Zusammenhang das Phaumlnomen laquodass die falschen Woumlrter oft mit weniger Paraphasie (gemeint ist hier Paraphasie als lautliche Abwei-chung) geaumluszligert werden als die richtigenraquo (1948 101 vgl 239) Dies duumlrften diejenigen Faumllle sein in de -nen der Sprechprozess gewissermaszligen bdquovon oben her dh von der bewussten intentional vom laquoWaumlch-terraquo gesteuerten Seite her gestoumlrt ist30 Jakobson 1974 125ff vgl generell Goldstein 1948 zum Bereich der Kategorisierung

Wortmaterial Kinder erwerben Sprache sei sie nun kommunikativ oder das eigene Handeln begleitend in Situationen und damit dominant in syntagmatischer Realisierung Uumlber die nach und nach verstandene [p 19] fremde und die nach und nach sich entwickelnde eigene syntagmatische Realisierung von Sprache baut sich dann jenes semantische Orientierungs- und Einordnungssystem auf innerhalb dessen Rahmen die andere dominant paradigmatische Strategie anzusiedeln ist Wie Hans-Martin Gauger ausgefuumlhrt hat handelt es sich bei dem Aufbau dieses Systems um einen Prozess zunehmender bdquoVerdichtung (1970 65-69)

311 Syntagmatisches Assoziieren

Da sprachliche Elemente wie die Woumlrter fuumlr Kinder zunaumlchst einmal Woumlrter im syntagmatischen Kontext sind ist es nicht verwunderlich dass - wie seit Anfang des Jahrhunderts beobachtet wurde - Kinder vorwiegend syntagmatische Assoziationen haben Sie nennen also vorwiegend Woumlrter mit denen die Ausgangswoumlrter zusammen vorkommen dh die Assoziationen verlaufen im Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt Typisch sind derartige Assoziationen auch fuumlr solche Personen deren sprachliche Sozialisierung nicht durch den bewussten Umgang mit der eigenen und mit fremden Sprachen waumlhrend zwoumllf bis dreizehn Schuljahren perfektioniert wurde also etwa fuumlr Volksschul-Absolventen Schuchardts Einwand Thumb und Marbe haumltten die Bedeutung der syntagmatischen KontiguitaumltDistanz fuumlr das Assoziieren nicht gebuumlhrend beruumlcksichtigt hat also von der Ontogenese her gesehen seine Berechtigung31 Waumlhrend syntagmatische Assoziationen bei bdquogebildeten Erwachsenen also relativ selten sind sind sie bei Kindern und anderen sprachlich weniger Sozialisierten recht haumlufig Typische (und in allen nachfolgenden Faumlllen von den Assoziationen der 288 franzoumlsischen Studenten abweichende) Beispiele sind aus den jeweils erstrangigen Nennungen von 115 franzoumlsischen Bauarbeitern fenecirctre - ouverte (31) blanc - neige (27) aigre - vinaigre (26) rouge - sang (25) santeacute - bonne (23) table ronde (23) faim - (de) loup (23) citoyen - franccedilais (22) lune - (de) miel (20) tabac - blond (17) musique - douce (17 - zusammen mit classique leacute-gegravere agreacuteable harmonieuse 31) lent - tortue (15) meacutemoire - courte (14) joie - (de) vivre (14) papillon - vole (10) etc Charakteristisch ist hier wiederum dass solche dominant von der syntagmatischen Kontiguitaumlt bestimmten (und in der Regel nicht wortartgleichen) Assoziationen nur selten jene stark buumlndelnde Wirkung haben die fuumlr Assoziationen zum Gegensinn hin charakteristisch ist [p 20]

312 Paradigmatisches Assoziieren

Die andere (trotz mancher Grenzfaumllle von der syntagmatisehen zu unterscheidende) grundlegende Strategie zum Erfassen von Bedeutung spiegelt sich im dominant paradigmatischen Assoziieren also in jenen Assoziationen die im Bereich des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems verlaufen Eingangsvoraussetzung fuumlr beide Arten des Assoziierens ist die vorgaumlngige phonologische Analyse mit der Zuordnung eines Lautbildes und der (natuumlrlich

31 Das assoziative Verhalten der Kinder und Jugendlichen hat sich allerdings seit dem Beginn des Jahrhun-derts in betraumlchtlichem Maszlig demjenigen der Erwachsenen angenaumlhert Die Ursache ist zweifellos in einer fruumlheren und ausgepraumlgteren sprachlichen Sozialisierung zu sehen Vgl dazu auch Esper 1973 105 Pa-lermoJenkins 1965 oder Jenkins 1970 7

vorlaumlufigen32) Zuordnung einer Wortart Beim dominant syntagmatischen Assoziieren besteht die Strategie fuumlr die Zuordnung einer Bedeutung zu dieser Einheit aus Wortart und Lautschema vor allem im Assoziieren eines syntagmatischen Gebrauchskontextes also in der Einordnung in ein komplexeres Zeichen mit dem sich daraus ergebenden bdquomonosemierenden Effekt lune - lune de miel blanc (comme la) neige citoyen - (un) citoyen franccedilais table - (la) table (est) ronde etc Bei der paradigmatischen Art des Assoziierens besteht die Strategie zur Erfassung von Bedeutung dagegen darin dass das Ausgangswort in Relation zu einem anderen gleichrangigen Zeichen gesetzt wird Die Strategie ist also abstrakter ja geradezu metasprachlich ndash eine Analyse die schoumln Goldsteins These von der Komplexitaumlt scheinbar ganz einfacher Aufgaben bestaumltigt

Was nun das spezifisch paradigmatische Orientierungs- und Einordnungssystem betrifft so scheinen mir hier bei angemessener Interpretation der Verhaumlltnisse zwei Untersysteme vorzuliegen Untersysteme die nicht scharf voneinander getrennt sind Im einen dieser Systeme vollzieht sich der Zugriff uumlber die Dimension Similaritaumlt - Kontrast im anderen System ist wie noch erlaumlutert wird die Information (vor dem Hintergrund der Similaritaumlt) verfuumlgbar uumlber die semantische Kontiguitaumlt in Opposition zur Distanz Beide Systeme arbeiten jedoch mit einem gemeinsamen Grundprinzip das man als bdquoModul in Form eines Dreiecks (mit einer Reihe von Varianten) konzipieren kann Einer Informationseinheit A sind mindestens zwei andere Einheiten B und C in folgender Weise zugeordnet33 [p 21]

Dabei sind die Beziehungen zwischen AB und AC solche der Similaritaumlt ndash eine Similaritaumlt der die oben auf S 11 f genannten Prioritaumltsebenen 1 (gleiche Wortart) und 2 (gleicher semantischer Bereich) entsprechen Die Beziehung zwischen B und C ist je nachdem eine Beziehung des Kontrasts (dem entspricht die oben genannte Prioritaumltsebene 3) oder der semantischen Kontiguitaumlt (der die Prioritaumltsebene 4 entspricht) Die Varianten ergeben sich hauptsaumlchlich aus der Zahl der Elemente auf der Achse BC zum Teil auch daraus dass die Position von A einzelsprachlich nicht besetzt oder aber wie im Fall von A = homme B = homme G = femme mit einem der dann merkmallosen Elemente B oder

32 Analyse-Ergebnisse sind auf dem Weg von den kleineren zu den groumlszligeren Einheiten insofern vorlaumlufig als die Analyse der kleineren Einheit im Rahmen der Analyse der Uumlbergreifenderen Einheit stets korrigiert werden kann (Der entsprechende Ruumlckkopplungs-Effekt hat seine physiologische Basis in dem Faktum dass die Zellen der kortikalen Lamina VI [die etwa 2 mm dicke Groszlighirnrinde hat sechs physiologisch und funktionell differenzierbare Schichten] vorwiegend Ruumlckkopplungs-Funktion haben) Der Ruumlckkopplungs-Effekt ist der Grund dafuumlr dass manche bdquoDefekte bei Aphasikern erst dann entdeckt werden wenn man sie kleinere Einheiten ohne Kontext nachsprechen laumlsst33 Der Gedanke der modularen Struktur ist inspiriert durch Erkenntnisse der Neuroanatomen Sie haben in der letzten Dekade zunehmend die These vertreten die komplexe Struktur unseres Nervensystems - ein-schlieszliglich des Groszlighirns - basiere auf relativ ein-fachen genetischen Programmen Korrelat dieser Pro-gramme sind laquomodulareraquo laquorepetitiveraquo oder laquoperiodischeraquo Strukturen etwa im Bereich des Ruumlckenmarks oder der Groszlighirnrinde Vgl beispielsweise Szentaacutegothai 1978

C identisch ist (Ist ein spezieller Begriff fuumlr A vorhanden oder ist A identisch mit B oder C so liegt ein Fall von Gegensinn in jener Verwendungsweise vor wie man sie sinnvollerweise Abel unterstellen muss ndash Abels Beispiele sind von Benveniste (1956) zerpfluumlckt worden Ein aumlhnliches Vorkommen solchen Gegensinns gilt fuumlr Fragen des Typs bdquoWie alt (und nicht wie jung) wie groszlig wie lang wie schoumln ist das und dasldquo also fuumlr Faumllle die zB Elmar Holenstein treffend analysiert hat (1976 69f))

Im Fall der Similaritaumlt-Kontrast-Interpretation des Dreiecks ist eine merkmalsemantische Interpretation plausibel B und C enthalten alle Merkmale von A (A ist der Oberbegriff) sie enthalten jedoch noch zusaumltzliche Merkmale und zwar dergestalt dass diejenigen von B und C nicht voumlllig identisch sind sondern in der Regel in einem Merkmal kontrastieren34 [p 22]

3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System

Zunaumlchst zu dem paradigmatischen System in dem fuumlr das Hinausgehen uumlber die gegebene Information die Kontrast-Relation ausschlaggebend ist Es geht also um den Bereich des Entgegengesetzten ndash Otto Gsell hat in seiner Arbeit uumlber die Gegensatzrelationen im Wortschatz romanischer Sprachen eine sehr wesentliche Beobachtung gemacht und so fruumlhere analoge Beobachtungen in entscheidendem Maszlige praumlzisiert Unser Wortschatz ist keinesfalls so beschaffen dass alle Woumlrter ihr Antonym haumltten Ganz im Gegenteil der Wortschatz der bdquoantonymfaumlhig ist macht nur einen relativ geringen Teil des Gesamtwortschatzes aus ndash aber er konzentriert sich auf bestimmte inhaltliche Bereiche des Lexikons Nimmt man wie Gsell als Maszligstab das Begriffssystem von Rudolf Hallig und Walther v Wartburg (19521963) so ergeben sich drei Schwerpunkte Die gegensatzfaumlhigen Woumlrter konzentrieren sich

l in der Rubrik laquoLacircme et lintellectraquo wo es sich um etwa vier Fuumlnftel von insgesamt 2000 Eintraumlgen handelt Es geht dort um geistige Faumlhigkeiten Bewusstsein Gedaumlchtnis Wahrnehmung Denken Vorstellung Gefuumlhle und dergleichen (Hallig und Wartburg verwenden in dieser Rubrik teilweise was Gsell nicht eigens erwaumlhnt Antonymenpaare explizit als Unter-Rubriken)

2 in der Rubrik laquoLa prioriraquo Hallig und Wartburg versuchen dort laquoden inhaltlich sehr allgemeinen nicht sachgebietsbezogenen Wortschatz nach Denk- und Begriffskategorien wie Existenz physische Zustandsformen Eigenschaften Ordnung Wertung Quantitaumlt Raum Zeit Kausalitaumlt Bewegung und Veraumlnderung zu gliedernraquo (Gsell 1979 114) Die Rolle des Kontrasts fuumlr diesen Bereich ist im Uumlbrigen bereits durch das oben zitierte Beispiel der aristotelischen Kategorien ersichtlich

3 im Bereich der jeweiligen Unter-Rubrik geacuteneacuteraliteacutes (oa) zu den jeweiligen groumlszligeren Abschnitten bei HalligWartburg

Gsell spricht anhand der Begriffe des zweiten Bereichs (den dritten nennt er nicht ausdruumlcklich) von laquosemantischen Strukturwoumlrternraquo (im Gegensatz zu den syntaktischen) sie lieszligen sich keinem bestimmten sachlichen oder begrifflichen Bereich

34 Herbert HClark spricht in diesem Zusammenhang (1970 275f) von der laquoRegel des minimalen Kon-trastsraquo In der Ontogenese kann im Uumlbrigen beobachtet werden dass die Beziehungen zwischen kontrastierenden Paaren zT insofern asymmetrisch sind als eins der beiden Elemente privilegiert dh fruumlher gelernt bzw als Oberbegriff verwendet wird Hiermit hat sich in einer Reihe von Arbeiten vor allem Eve V Clark befasst

zuordnen seien jedoch (besser sollte man sagen gerade deshalb) in jeder Art von Rede unentbehrlich

Der Begriff der laquosemantischen Strukturwoumlrterraquo scheint mir gluumlcklich gewaumlhlt zu sein weil solche Woumlrter - als eine von jeweils zwei Alternativen - unsere Erfahrung in houmlchstem Maszlige strukturieren Hierzu zwei Beispiele Von den 34 Woumlrtern der Listen von RussellJenkins (1970) bzw PalermoJenkins (1964) auf die mindestens 50 der Probanden als Assoziation an erster Stelle dasselbe Wort nennen sind 23 solche auf die ein Antonym assoziiert wird Als Strukturierungsdimension dienen dabei

ndash siebenmal der Geschlechtsunterschied (boygirl heshe kingqueen etc)ndash viermal im Bereich des Gesichtssinns die Dimension helldunkel (blackwhite dark light)ndash fuumlnfmal die Orientierung in Raum bzw Raum undoder Zeit (slowfast herethere longshort highlow youngerolder) weiterhin [p 23]ndash die Kommunikationssituation zwischen Sprecher und Houmlrer (meyou)ndash zweimal der Tast- oder Handsinn (hardsoft heavylight) schlieszliglichndash der Geschmackssinn (sour bzw bittersweet) ndash der Gehoumlrsinn (loudsoft) sowiendash die konverse Relation Zwischen Geben und Nehmen (sellbuy buyingselling)

Ist ein tertium moumlglich so immer in Form einer Skala zwischen den beiden Extrempolen die den Bereich eingrenzen - genauso wie dies Aristoteles fuumlr seine Klassifizierung der Tast- Geschmacks- und Geruchsempfindungen vorgeschlagen hatte

Das zweite Beispiel Wolfgang Lorenz und Gerd Wotjak haben aus 80 sprachwissenschaftlichen Untersuchungen haumlufig vorkommende laquoSemeraquo zusammengetragen also solche Begriffe die dazu verwendet werden um den Inhalt anderer Begriffe zu beschreiben Von den 129 in einer ersten Liste bei LorenzWotjak (1977 310-334) zusammengetragenen haumlufig genannten laquoSemenraquo sind nun mehr als die Haumllfte solche die zu Antonymen-Paaren geordnet werden koumlnnen - was wiederum ganz unabhaumlngig davon wie man zur Existenz von semantischen Merkmalen oder Semen stehen mag aufschlussreich ist fuumlr die Strukturierungs- und Reduktionsleistung entsprechender Begriffspaare

Waumlhrend bei der dominant syntagmatischen Art des Assoziierens die Aufgabe der semantischen Einordnung einer Einheit aus Wortart und Lautbild uumlber die Einbettung in den syntagmatischen Kontext also in ein komplexeres Zeichen geleistet wird verlaumluft somit im Fall der geschilderten Unterart des paradigmatischen Assoziierens die Einordnung anders Das betreffende Wort wird wo immer dies moumlglich ist uumlber die Zuordnung des Kontrast-Werts im Dreiecks-Modul identifiziert Dies ist Goethes laquoAnklingen des Gegensinnsraquo das seit Jost Trier im Bereich der Wortfeldlehre erwaumlhnt wird Die Identifizierung der Bedeutung von B mit Hilfe des kontrastierenden C fuumlhrt natuumlrlich dazu dass jeder normale Sprecher sich etwa bei Muumldigkeit dh bei verringerter Aufmerksamkeit zum Gegenteil hin versprechen kann35 In pathologischen Faumlllen fuumlhrt dann eine verringerte Unterscheidungsfaumlhigkeit zwischen den Teilen B und C des Moduls zu den haumlufigen laquoverbalen Paraphasienraquo des Typs nehmen fuumlr geben fragen fuumlr antworten groszlig fuumlr klein

35 Die Ursache dafuumlr dass der ungeuumlbte Houmlrer Versprech-Leistungen normalerweise gar nicht wahrnimmt haben schon Meringer und Mayer genannt laquo(hellip) Der Hauptgrund des Uumlberhoumlrens von Sprechfehlern liegt darin dass der Houmlrer ganz aumlhnlich daran ist wie der Sprecher und wohl aus derselben Ursache uumlberhoumlrt aus der der andere sich versprichtraquo (1895 10f)

3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Im Similaritaumlt-Kontrast-System das wo immer dies moumlglich ist den Zugriff auf semantische Information primaumlr steuert steht Mutter in [p 24] Kontrast zu Vater - tertium non datur Mutter steht jedoch auch in Beziehung zu anderen Lexemen zB zu Kind Tochter Stiefmutter Groszligmutter auch zu Frau etc Bei Frau oder Maumldchen bestehen uumlbrigens unabhaumlngig vom Geschlecht der Probanden - assoziative Verbindungen zu huumlbsch schoumln Schoumlnheit und dergleichen Die ersten dieser Verknuumlpfungen koumlnnte man noch leicht mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Vater und Mutter bilden ein minimales Paar das sich nur durch den bewussten kleinen Unterschied die Opposition maumlnnlichweiblich semantisch voneinander abhebt Bei Paaren wie MutterKind bzw MutterTochter waumlren es bereits mehrere differenzierende Merkmale (und das Beispiel zeigt zugleich dass es noch ganz andere Relationen gibt als die des Kontrasts hier zB die temporale oder die kausale) Bei MaumldchenSchoumlnheit muumlsste man schon mit Selektionspraumlferenzen arbeiten man koumlnnte wohl auch an den Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt denken

Es gibt nun allerdings eindeutig paradigmatische Assoziationen bei denen merk-malsemantische Konstruktionen angesichts ihrer notwendigen Komplexitaumlt in eklatantem Widerspruch zur hochgradigen Gelaumlufigkeit der betreffenden Assoziationen stuumlnden Ein einfaches Beispiel ist das Paar TischStuhl Die Zahlen 84 bei Russell Jenkins 69 bei PalermoJenkins 55 bei franzoumlsischen Studenten36 Man koumlnnte hier die Merkmal-Similaritaumlt uumlber den Oberbegriff Moumlbelstuumlck konstruieren aber wie waumlre dann zu erklaumlren dass die Verbindung zwischen Tisch und Stuhl enger ist als die zwischen den Moumlbelstuumlcken Tisch und Hocker (die sich im Prinzip nur durch die Groumlszlige unterscheiden) oder zwischen Tisch und Bett (1 der Nennungen trotz laquogetrennt von Tisch und Bett lebenraquo) Wie waumlren weiterhin so gelaumlufige Assoziationen wie pied chaussure araigneacuteetoile tobaccosmoke zu erklaumlren fuumlr die Oberbegriffe schwer zu konstruieren sind und die sich in einer solchen Konstruktion wenn sie gelingt immer noch durch eine Fuumllle von Merkmalen nicht etwa nur durch ein einziges unterschieden

Angesichts solcher Verhaumlltnisse scheint es mir plausibel zu sein das als grundlegend angesetzte Dreiecks-Modul in diesen Faumlllen als eine Similaritaumlts-Kontiguitaumlts-Beziehung zu interpretieren also in Anlehnung an das oben erlaumluterte bdquoGesetz der Naumlhe aus dem Bereich der optischen Wahrnehmung Solche Similaritaumlts-Kontiguitaumlts-Beziehungen beruhen bei einem flieszligenden Uumlbergang zum Similaritaumlt-Kontrast-Bereich ndash jeweils auf Erfahrungskontexten in denen Erscheinungen als zusammengehoumlrig verwandt benachbart verstanden werden Die Komponente der Similaritaumlt versteht sich hier vor allem als Zugehoumlrigkeit zum selben Er- [p 25] fahrungsbereich meist - aber keinesfalls ausschlieszliglich - auch als Zugehoumlrigkeit zur selben Wortart Die Kontiguitaumlt wird zumeist verkoumlrpert durch eine spezielle in der Regel gerichtete Beziehung zwischen den Elementen B und C (Die Zahl der Probanden die auf Stuhl wieder Tisch assoziieren ist viel geringer als die Zahl derer die auf Tisch die Assoziation Stuhl haben) Entscheidend ist dabei nun dass die Erfahrungskontexte zwar individuell verschieden sind dass die Relationen durch welche die Begriffe verknuumlpft sind dagegen meist ganz spezifische invariante Relationen darstellen Tisch und Stuhl sind zB integrierende Teile eines groumlszligeren Ganzen im Erfahrungsbereich des Wohnens und Arbeitens zwischen tobacco und

36 Die Zahl fuumlr die deutschen Probanden lautet 29 - hier stellen die 15 Nennungen fuumlr die im Grenzbe-reich zwischen semantischer und syntagmatischer Kontiguitaumlt liegende Assoziation Bein(e) eine starke Konkurrenz zu Stuhl dar

smoke araigneacutee und toile besteht eine kausale zwischen Hammer und Nagel eine finale Relation Das Gegenstuumlck zur Kontiguitaumlt die Distanz grenzt hier die Dreiecksmoduln gegeneinander ab Interessant ist dass in vielen Faumlllen nicht eigentlich der kontige Partner sondern die spezifische Relation etwa zwischen dem Gegenstand und einem allfaumllligen Benutzer assoziiert wird Um die finale Relation geht es zB in den Faumlllen Bettschlafen Schereschneiden ciseauxcouper scissorscut

32 Sonderfaumllle

Fuumlr beide Varianten des paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssystems gilt natuumlrlich Sobald auf der Achse BC mehr als zwei gleichrangige Mitglieder anzusiedeln sind sobald also in Trubetzkoys oder Coserius Terminologie eine laquoaumlquipollenteraquo und nicht eine laquoprivativeraquo Opposition vorliegt37 verliert die Assoziation von einem dieser Mitglieder zum anderen an Schaumlrfe die buumlndelnde Kraft des einzigen Antonyms oder des in spezifischer Weise kontigen Partners fehlt Musterbeispiel ist das Dreiecks-Modul fuumlr die Farbwerte im Gegensatz zu dem fuumlr die Grauwerte

Wegen der Auswahl aus einer groszligen Zahl gleichberechtigter Moumlglichkeiten sind die Reaktionen auf Farben dementsprechend wenig gebuumlndelt38 ndash auf gelb nennen an ers-ter Stelle 14 der amerikanischen Pro- [p 26] banden blau 12 der deutschen rot 11 der franzoumlsischen gruumln Bei den Ausgangswoumlrtern blau und gruumln ist die Assozia-tion im paradigmatischen Bereich sogar schwaumlcher als im syntagmatischen ndash hier nen-nen die Probanden in allen drei Sprachen an erster Stelle den Himmel (blau) und den Bereich GrasWieseLandschaft (gruumln) und dies mit einer Frequenz die vertreten durch Werte zwischen 20 und 30 deutlich uumlber den Frequenzen liegt die in den ande-

37 Coseriu 19641978 120f 1976 34 Eine graduelle Opposition entspricht wie oben in Anm 5 erwaumlhnt einer Unterart des aristotelischen Entgegengesetzten mit gegebenem tertium38 Nach der oben erwaumlhnten aristotelischen Farbkonzeption oder dem analogen Vorschlag bei Weinrich 1967 2213 oder Coseriu 1976 43f waumlren die beiden Dreiecks-Moduln zu einem einzigen zu kombinieren - die extremen Farbwerte waumlren also schwarz und weiszlig Dem widerspricht einerseits nicht das Assoziationsverhalten der Probanden im englischen franzoumlsischen und deutschen Sprachbereich wo auf rot blau gelb gruumln sowie auf Farbe jeweils auch und zT mit betraumlchtlichen Nennungszahlen schwarz undoder weiszlig genannt werden (Bei gebildeten franzoumlsischen Sprechern liegt in einem dieser Faumllle freilich eine syntagmatische Assoziation vor gerade wegen ihrer Bildung assoziieren 18 an erster Stelle auf rouge das Wort noir) Andererseits entspricht das Assoziieren von schwarz undoder weiszlig auf Farbadjektive den Erkenntnissen die der geniale Edwin H Land (1977) uumlber die Physiologie des Farbsehens gewonnen hat

ren Faumlllen fuumlr Farbwerte eintreten ndash Auch zwischen Zahlen scheinen auf den ersten Blick dieselben aumlquipollenten Beziehungen zu bestehen wie etwa zwischen Farbadjekti-ven Bei naumlherem Zusehen zeigt sich jedoch dass als spezifische Relation zwischen Zah-len die Relation bdquogroumlszliger als gesehen wird (Ganz abstrakt lautet die Regel fuumlr das Zaumlhlen ja Ersetze die letzte Zahl n durch n+1) Entsprechend sind die Assoziationen auf Zahlwoumlrter immer gerichtet zB im Sinn des n + 1 auf zwei wird drei auf drei wird vier assoziiert auf jeden Fall immer eine houmlhere Zahl39

Ein weiterer Sonderfall sind Erfahrungsbereiche die nicht zu denjenigen einer Vielzahl von Sprechern gehoumlren Zum Loumlwen wird gemeinhin als kontiger Partner im Erfahrungsbereich exotische wilde Tiere der Tiger assoziiert Beim Adler fehlt fuumlr den normalen Sterblichen der Partner In solchen Faumlllen kann die Assoziation dann zur Spitze A eines potentiellen Moduls verlaufen (man koumlnnte auch sagen Auf dem Weg von B zu einem potentiellen C endet die Assoziation in Ermangelung eines C bei A das sonst die Zwischenstation gewesen waumlre) Die Konsequenz Die haumlufigste Assoziation auf Ad-ler ist Vogel (21) oiseau (16) und bird (55) Solche Assoziationen zum Klassennamen dh zur Spitze A des Moduls hin sind relativ selten Mit groumlszligerer Haumlufig-keit treten sie sozusagen als Vorstufe zu Similaritaumlt-Kontrast-Assoziationen bei sprach-lich weniger sozialisierten Probanden auf40 [p 27]

4 Schlussuumlberlegungen

laquoDie Aufstellung von Oppositionen ist im Wortschatz wesentlich komplizierter als im phonologischen System einer Sprache da die beteiligten Merkmale wesentlich zahlrei-cher sind als in der Phonologie Prinzipiell handelt es sich jedoch um die gleichen Oppositionstypenraquo (Coseriu 1973 65)

Ich habe eingangs gezeigt dass Zweierschemata haumlufig als Denkmodell verwendet wer-den dass die Sprache im Bereich der Bezeichnungen des Entgegengesetzten uumlber eine ganze Skala solcher Zweierschemata verfuumlgt weiterhin dass Wahrnehmen und Erfassen von etwas stets zugleich bedeutet uumlber die Information hinausgehen die gegeben wird und dass auch bei diesem laquouumlber die Information hinausgehenraquo wieder Zweierschemata wie die von Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz entscheidend sind Ich habe dann Ergebnisse der sprachlichen Assoziationsforschung einer ersten Analyse unterzogen und diese Analyse in einem weiteren Schritt dadurch vertieft dass ich sprachliche Assoziationen als den Reflex von Strategien aufgefasst habe die dazu dienen semantische Information zu erfassen und einzuordnen Zum Abschluss will ich in vier Schlussuumlberlegungen skizzieren worin der moumlgliche Ertrag einer staumlrkeren Einbeziehung der Assoziationsforschung und verwandter Gebiete liegen kann in einem (1) Einblick in das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems und seine (2) Transformation in Onto- und Pathogenese sowie in der Diachronie in einem (3) neuen Licht das auf Probleme der Wortfeldforschung geworfen wird und schlieszliglich auch in einer (4) angemesseneren Haltung gegenuumlber der Wissenschaftsgeschichte

39 Schuchardts oben zitierte Vermutung auf drei koumlnne (aus Gruumlnden der Lautaumlhnlichkeit) auch zwei assoziiert werden ist auch deshalb abwegig weil Ruumlckwaumlrtszaumlhlen eine sehr schwierige Aufgabe ist sie wird zB haumlufig verwendet um das Ausmaszlig von Aphasien zu bestimmen Dasselbe gilt fuumlr Tages- und Monatsnamen wo die spezifische gerichtete Relation bdquospaumlter als oder bdquonach lautet40 Vgl Rosenzweig 1970 102 105 zum relativ groszligen Anteil der Assoziationen zum Oberbegriff hin bei amerikanischen und franzoumlsischen Arbeitern Jenkins 1970 7 erwaumlhnt das Zuruumlckgehen der Oberbegriffs- und der Synonym-Assoziationen in der Geschichte amerikanischer Assoziationstests - Angesichts des vorliegenden Materials ist mir unklar worauf Clark (1970 279) die Ansicht stuumltzt laquoFast-Synonymeraquo wie house - home odour - smell seem - appear thing - object sowie Ober- und Unterbegriffe kaumlmen bei den Wortassoziationen oft vor

41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems

In unserem paradigmatischen Orientierungssystem scheint es zwei Bereiche zu geben die flieszligend ineinander uumlbergehen und miteinander kombiniert sein koumlnnen ei-nen Bereich mit Similaritaumlt-Kontrast- und einen Bereich mit Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-(Distanz-)Struktur Im einen Bereich wird Information aumlhnlich wie im Fall des bdquoGesetzes der Gleichfoumlrmigkeit (und des Kontrastes) vor dem Hintergrund der Similaritaumlt domi-nant eingeordnet im Hinblick auf das Entgegengesetzte im anderen im Hinblick auf den Nachbarn im selben Erfahrungsbereich ndash was dem gestaltpsychologischen bdquoGesetz der Naumlhe entsprechen wuumlrde

[p 28] Das erste System strukturiert durch seine Reduktion auf in der Regel zwei Alternativen (mit falls ein tertium zugelassen ist Zwischenmoumlglichkeiten) unsere Erfah-rung in auszligerordentlich starkem Maszlig Hier bestehen zugleich die groumlszligten auszligereinzel-sprachlichen Uumlbereinstimmungen ndash und zwar deswegen weil bestimmte Strukturie-rungs-Dimensionen ethologisch gesehen nichts anderes darstellen als Verbalisierungen jener Interpretation der Natur der Umwelt und ihrer Gesetzlichkeiten die unser Organismus im Lauf seiner entwicklungsgeschichtlichen Adaptation vorgenommen hat Orientierung im Raum in der Zeit Orientierung durch Houmlren Sehen Riechen Schme-cken Fuumlhlen und Tasten Eine Reihe solcher Strukturierungs-Dimensionen (die generell Coserius und Pottiers Klassemen Greimas Kontextsemen oder Luumldis Kongruenzsemen gleichen)41 sind sogar grammatikalisiert also zu grammatischen Ordnungsdimensionen geworden (wobei die Einzelsprachen das Angebot natuumlrlich in jeweils verschiedener Weise wahrnehmen) Es geht ua pythagoreisch ausgedruumlckt um die Unterscheidung zwischen dem Einen und dem Vielen um die zwischen maumlnnlich und weiblich (die im grammatischen Bereich freilich neutralisiert werden kann) zwischen tot und lebendig (wofuumlr die Grammatiker unbelebtbelebt vorziehen) zwischen menschlich und nicht-menschlich geben (bdquoAllativ bdquoDativ) und nehmen (bdquoAblativ) zwischen ich und du ja und nein (vierte Art des Entgegengesetzten im aristotelischen Sinn) hier und dort jetzt und nicht-jetzt42

Besonders augenfaumlllig sind solche Klasseme und ihre Reduktionsleistung in den sogenannten Klassifikator-Sprachen ndash dort hat jedes Nomen ein Element bei sich das das Bezeichnete einer bestimmten Klasse von Denotaten zuweist etwa zur Klasse Tier oder Mensch zur Klasse der horizontalen oder vertikalen Objekte ndash wobei was nicht unerwartet ist als generellstes und haumlufigstes Klassifikationskriterium die Opposition zwischen belebt und unbelebt verwendet wird (vgl Serzisko 1980)

Unser so vorstrukturiertes Wahrnehmen und Denken erkennt umgekehrt in der Umwelt wieder Prinzipien wie die eingangs genannten Gegensatzpaare des fruumlhgriechi-schen Denkens ndash wobei inzwischen klar sein duumlrfte dass es sich um alles andere als um bdquoarchaisches oder bdquoprimitives Denken handelt Bemerkenswert an den Wort-Assozia-tionen ist ja ua dass man sie nicht dadurch erhaumllt dass man im Sinn des dritten noogenetischen Prinzips von Spearman den Ausgangspunkt und die gewuumlnschte Rela-tion vorgibt um zu einem Ergebnis zu kommen es genuumlgt die Angabe des Ausgangspunkts Wahrnehmen Erkennen Verstehen bedeuten naumlmlich stets Einordnen Relationen herstellen ndash gleichguumlltig ob es um [p 29] die optische Wahrnehmung geht an der einige (vermutlich verwandte) Gestaltgesetze erlaumlutert wurden oder aber um das Einordnen sprachlicher Information So ist es ganz selbstverstaumlndlich dass die gege-

41 Vgl Coseriu 1972 52 LorenzWotjak 1977 235 mit Anm 10342 Vgl zur binaumlren Opposition als einer Extremform des grammatischen Paradigmas auch Weinrich 1967 1975

bene Information erst im Hinausgehen uumlber das Gegebene erfasst wird - ein Hinausge-hen das die Psychologen bekanntlich auch Denken nennen Im sprachlichen Erfassen ist so auch das Denken oder laquouumlber das Gegebene Hinausgehenraquo angelegt Das Denk-schema von These Antithese und Synthese spiegelt zB das Dreiecks-Modul des Similaritaumlt-Kontrast-Systems wider Mann und Frau sind in Mensch aufgehoben43

Waumlhrend im Bereich des Similaritaumlt-Kontrast-Systems nicht nur im Prinzip son-dern zT auch materiell gewisse auszligereinzelsprachliche Uumlbereinstimmungen vorhanden sind gibt es im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System natuumlrlich entsprechend dem Erfahrungs- und Lebensbereich kulturelle und soziale Unterschiede Entscheidend ist jedoch auch hier dass Einordnen nicht nur bedeutet in Relation Setzen zu diese Relationen sind ebenso wie die Kontrast-Relation im anderen System wiederum ganz spezifische ihrer-seits in aller Regel uumlberindividuelle Denk-Relationen TeilGanzes Kausalitaumlt Finalitaumlt Zeitrelation Invariant oder auszligereinzelsprachlich sind also die Relationen nicht notwendigerweise dagegen die Terme die durch solche Relationen verbunden sind

42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semanti-schen Orientierungssystems

Nach den vorgefuumlhrten Analysen gibt es drei Strategien zur Wahrnehmung und Einordnung semantischer Information eine dominant syntagmatische und die beiden eben erwaumlhnten paradigmatischen Dabei entspricht die syntagmatische Strategie dem was Hansjakob Seiler im Bereich der bdquosprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden mit Piaget zunaumlchst als Einordnen dann als Individualisierung bezeichnet hat insbeson-dere das paradigmatische Similaritaumlt-Kontrast-System entspricht dagegen dem Seiler-schen Klassifizieren bzw Generalisieren als der anderen polaren Instanz im Bereich der sprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden (Seiler 1981) Die Charakteristika aller drei Orientierungs- und [p 30] Einordnungssysteme sind in der folgenden Uumlbersicht nochmals zusammengestellt

I II IIISyntagmatisches Konti-guitaumlts-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontrast-System

Dominante Strategie Einordnen in ein groumlszlige-res Syntagma (dh in ein komplexeres Zei-chen)

Zuordnung eines Part-ners aus demselben Er-fahrungsbereich (uumlber spezifische Relationen)

Zuordnung eines Anto-nyms (uumlber die Gegen-satz-Relation)

Wortklasse in aller Regel verschie-den

in der Regel gleich gleich

Kontiguitaumlt vs Distanz ja ja

43 Es ist gewiss nicht erstaunlich dass wie Coseriu (1977a) gezeigt hat gerade Hegel in seiner Humboldt-Rezension als Vergleichsgrundlage fuumlr alle Sprachen die Unterscheidung von Gattungen und Arten bzw von laquoAllgemeinheiten und Bestimmtheitenraquo ansieht ndash mit anderen Worten also das DreiecksModul in sei-ner Similaritaumlt-Kontrast-Auspraumlgung ndash Die Bolle des Kontrasts (als drittes Moment neben Similaritaumlt und Kontiguitaumlt) hat aus der phaumlnomenologischen Tradition heraus sehr schoumln und einleuchtend Elmar Holen-stein dargestellt und gerade auch fuumlr die sprachliche Seite als grundlegend bezeichnet laquoDamit uumlberhaupt eine Auswahl (gemeint ist auf der paradigmatischen Achse der Selektion) getroffen werden kann muss sich etwas von etwas abhebenraquo (1976 86) Bruners going beyond the information given kann also zT auch im phaumlnomenologischen Sinn interpretiert werden

Similaritaumlt vs Kontrast ja ja

Fuumlr alle Woumlrter moumlg-lich

ja groszliger Bereich kleiner Bereich (bdquosemantische Struktur-woumlrterldquo)

Die spezifischen Relationen im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System entsprechen dabei in etwa Piagets laquoinfralogischenraquo Relationen oder Spearmans (1923 67-71) laquorealraquo relati-ons die Relationen des Similaritaumlt-Kontrast-Systems entsprechen dagegen Piagets laquologi-schenraquo und in etwa wohl Spearmans (71-74) laquoidealraquo relations Fuumlr die veschiedentlich erwaumlhnte nicht scharfe Trennung der Bereiche II und III duumlrften ua die Teil-Ganzes-Relationen verantwortlich sein die sowohl im laquologischenraquo (Inklusion) als auch im laquoinfralogischenraquo Bereich vorkommen Waumlhrend die Relationen des Similaritaumlt-Kontigui-taumlt-Systems dominant gerichtete Relationen sind ist die Gegensatz-Relation des Similaritaumlt-Kontrast-Systems grundsaumltzlich zweiseitig Abweichungen ergeben sich insbesondere durch Polysemie (vgl o S 12)

Ontogenetisch gesehen werden nun die paradigmatischen Systeme II und III uumlber das syntagmatische System I aufgebaut Dabei nimmt das System II wie aus seinen Merkmalen ersichtlich ist eine Mittelstellung zwischen den Systemen I und III ein - im Sinn der Konzeption Seilers stellt es also gewissermaszligen den bdquoWendepunkt zwischen den beiden Polen der Dimension sprachliche Erfassung von Gegenstaumlnden dar Auch der flieszligende Uumlbergang zwischen den drei Systemen erhellt aus dem Schema die Grenz-faumllle liegen interessanterweise nicht zwischen I und III sondern zwischen den Systemen III (zB Coserius laquolexikalische Solidaritaumltenraquo) und zwischen den Systemen IIIII Es ist somit plausibel dass [p 31] in der Ontogenese die Systeme in der Reihenfolge I-II-III aufgebaut werden Das System III nimmt dabei insofern eine Sonderstellung ein als es wie die letzte Zeile des Schemas nochmals ausweist direkt nur auf einen kleinen aber wichtigen Ausschnitt des Wortschatzes anwendbar ist

Was den Abbau der Sprache bei pathologischer (oder altersbedingter) Beeintraumlchtigung des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems betrifft so ist den vorliegenden Beobachtungen nach die Reihenfolge wohl umgekehrt Das System III wird vor dem System II beeintraumlchtigt Dies entspraumlche der Erkenntnis Jakobsons dass man zuerst verliert was man zuletzt erworben hat44 Was schlieszliglich diachronische Transformationen speziell den Bedeutungswandel betrifft so ist die Affinitaumlt zu Uumlberlegungen sehr wichtig die in Teilbereichen schon Wilhelm Wundt (o S 7) und dann vor allem Stephen Ullman angestellt hat Ullman resuumlmiert ja die Arbeit seines Lands-manns Zoltan Gombocz (Jelentestan Pecs [Fuumlnfkirchen] 1926) und den ihm zu Grunde liegenden Aufsatz von Leacuteonce Roudet (1921) mit folgenden Worten

laquoAn associative network of names clusters around each name some of these associations are rooted in similarity others in contiguityraquo (1967 79)

Dem entspricht dann seine Klassifizierung des Bedeutungswandels (1967 220ff) Uumlbertragung von signantia aufgrund von Similaritaumlt bzw Kontiguitaumlt zwischen den sig-nata bzw umgekehrt Uumlbertragung von signata aufgrund der SimilaritaumltKontiguitaumlt zwi-schen den signantia Zu praumlzisieren waumlre dass es sich nicht um Similaritaumlt oder Kontiguitaumlt handelt sondern um Transfer im Rahmen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- oder 44 Die Arbeit von Stachowiak uumlber die Semantische Struktur des subjektiven Lexikons (1979) bestaumltigt diese Hypothese was dort vorgefuumlhrt wird laumlsst sich mE alles in dem Sinn interpretieren dass bei aphasischem Abbau der Sprache vor allem das System III beeintraumlchtigt wird Nach dem was oben (S 18f) uumlber die Komplexitaumlt von Benennungs- und Assoziations-Aufgaben gesagt wurde unterstreicht dies im Grund auch die These Jakobsons dass es sich im wesentlichen um eine Stoumlrung handelt bei der die metasprachliche Punktion der Sprache beeintraumlchtigt ist

des Similaritaumlt-Kontrast-Systems die Rolle des Kontrasts ist wie schon Wundt sah in der Tat nicht unwichtig45 [p 32]43 Wortfeld-Probleme

Die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen werfen auch ein Licht auf manche Probleme der Wortfeldforschung Zunaumlchst erklaumlren sowohl die Wortassoziationen als auch die Sprechfehler das eher selten reflektierte Phaumlnomen dass die bisher vorgestellten Wortfelder alle aus Elementen derselben Wortart bestehen46 Weiterhin muumlsste man ge-maumlszlig den beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssystemen wohl auch zwischen zwei Grundarten von Wortfeldern unterscheiden zwischen solchen des Similaritaumlt-Kontrast-Typs und solchen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- [p 33] Systems (etwa Wortfeld desWohnens der Werkzeuge der Landschaft)47 In der Form wie sie durch die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen nahegelegt werden vermitteln dabei die Wortfel-

45 Was die Unterscheidung der beiden paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssysteme angeht so fuumlhle ich mich nicht nur in der guten Gesellschaft Ullmans sondern auch in der einer Reihe von Psychologen Sprachpsychologen und Aphasieforschern Jean Piaget und Baumlrbel Inhelder unterscheiden bei der Ordnungsleistung von Kindern zwischen dem Ordnen nach dem Prinzip der Aumlhnlichkeit und nach demjenigen der Konvenienz und etwa analog dazu zwischen den schon erwaumlhnten laquologischenraquo Relatio -nen (Klassifizierung) und den laquoinfralogischenraquo (PiagetInhelder 19731 38ff) Elisabeth Wiig und Diana Globus haben 1971 in einem kontrollierten Assoziationsversuch mit 7 Aphasikern und 7 gesunden Kon -trollpersonen explizit mit Piagets logischen und infralogischen Relationen gearbeitet Das Ergebnis kann nicht nur dahingehend interpretiert werden dass es entsprechend zu diesen Relationen zwei verschie -dene Orientierungs- und Einordnungssysteme gibt sondern auch dahingehend dass das klassifikatorische System (Similaritaumlt-Kontrast-System) sowohl bei Gesunden als auch bei Aphasikern im Verfahren der kontrollierten Assoziation (gegeben ist ein Ausgangsbegriff und die Relation gesucht wird ein Zielwort) nur dann gute Ergebnisse erbringt wenn die Merkmalunterschiede gering sind - und am geringsten sind sie natuumlrlich bei binaumlren Oppositionen also etwa bei Antonymie Sobald die Merkmalsunterschiede groumlszliger werden etwa beim Ausgangsbegriff Kind und dem gesuchten Begriff Eltern sind die Suchergebnisse bei Aphasikern und Gesunden gleichermaszligen schlecht Dagegen funktioniert das infralogische System sowohl bei hoher als auch bei geringer Kontiguitaumlt der Begriffe bei den unter-suchten Aphasikern und den gesunden Kontrollpersonen recht gut (laquoWas ist der Zweck von Heizung - Ergebnis Waumlrme oaraquo) ndash Was die beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssysteme an-langt stehe ich auch weitgehend in Einklang mit James Deese Deese zieht nach einer essentiell faktoranalytischen Untersuchung von Assoziationsverhalten ua folgende Konsequenz (1965 164) laquoThe data on associative distribution suggest that the two fundamental operations we have for sorting out meaningful ndashthat is logical and syntactical relations among wordsndash are contrast and groupingraquo Deese sieht freilich ua nicht die Einordnung in ein Syntagma als dritte Strategie und anhand einer sprachpsychologischen Darstellung des Assoziationsverhaltens wie sie etwa von Houmlrmann (1967 115-156) gegeben wird vermisst man generell den Ansatz Assoziationen als Reflex von Strategien zum Erfas-sen von Bedeutung anzusehen so erscheinen dann viele Beobachtungen die anhand des obigen Schemas sinnvoll integriert werden koumlnnen eher als membra disiecta ndash Ich nenne schlieszliglich noch die Arbeit von Huber et al 1975 und die schon erwaumlhnte Dissertation von Stachowiak (1979) In der Arbeit von 1975 wird ndashbei einer Beschreibung jenes Aphasie-Typs der nach Carl Wernicke benannt istndash unterschieden zwischen zwei Orientierungsprinzipien im Lexikon einem laquosemantisch-klassifikatorischenraquo und einem laquosituativ-referentiellenraquo (1975 88 vgl Stachowiak 1979 58f) Ich bin freilich nicht einverstanden mit der These Stachowiaks es handle sich dabei einerseits um einen laquoinnersprachlichenraquo andererseits um ei-nen laquoenzyklopaumldischenraquo Bereich Wesentlich ist was nochmals betont sein soll fuumlr beide Bereiche als invariantes Prinzip dasjenige der Relation dabei sind die Relationen im einen Fall gewiss klassifikatorisch im anderen laquoinfralogischraquo beide Arten von Relationen sind jedoch gleichermaszligen uumlberindividuell und sie werden gleichermaszligen erlernt46 Geckeler sieht (1971 218) die Wortart-Gleichheit als die gewissermaszligen selbstverstaumlndliche Folge ei -ner paradigmatischen Perspektive an (was einer engen Konzeption von Paradigma entspricht) vgl u S 3547 Wenn ich recht sehe korrespondieren die beiden Grundarten mit einer Unterscheidung die Coseriu (1976 47f) innerhalb eines seiner fuumlnf Kriterien zur Klassifizierung von Wortfeldern macht naumlmlich der Unterscheidung zwischen laquorelationellenraquo und laquosubstantivenraquo Oppositionen bzw Feldern Im Rahmen der hier vorgetragenen Konzeption wird diese Unterscheidung zu einer zentralen Groumlszlige

der des Similaritaumlt-Kontrast-Typs gewissermaszligen zwischen zwei extremen Konzeptio-nen von Wortfeld zwischen der von Andre Jolles und der von Jost Trier Jolles (der des-halb von Trier und anderen gescholten wurde) wollte nur Minimalformen mit jeweils zwei (antonymen) Gliedern als laquoBedeutungsfelderraquo gelten lassen Felder die in dieser Form natuumlrlich fest umgrenzt waumlren (Jolles 1934) Fuumlr Trier galt dagegen das Prinzip der Wert jedes Worts ergebe sich aus dem Feldwert also aus der Position in einem semantischen Feld Das Wort bedeute laquonur in diesem Ganzen und kraft dieses Ganzenraquo Die vermittelnde Position ist die in einem zentralen Antonymenpaar den festen Kern zu sehen um den sich ein ganzes Feld verwandter Termini schart wobei im Normalfall die Grenze des Feldes verschwimmt Das Feld waumlre also nur von seinem zentralen Kern aus als solches zu greifen Geckelers Doppel-Wortfeld zwischen altrsquo und seinen beiden Antonymen jung und neursquo scheint mir de facto im Sinn einer solchen Konzeption interpretierbar zu sein

Die Wortfelder des Similaritaumlt-Kontrast-Typs lassen sich nun wie schon er-waumlhnt in einleuchtender Weise mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Spaumltestens bei dem Versuch Wortfelder des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs merkmalsemantisch zu rekonstruieren treten jedoch betraumlchtliche Schwierigkeiten auf Ein Verfahren auch solche Bereiche bdquodurchsichtig zu machen besteht nun darin dass man an die Spitze eines Feldes neben den eventuell vorhandenen Oberbegriff noch eine der spezifischen Auspraumlgungen der Kontiguitaumlts-Relation stellt (wodurch dann das was die Basiskante BC des Moduls von S 21 ausmacht als Seitenkante bzw Suchbegriff verwendet wird) Pottiers Wortfeld der Sitzmoumlbel im Franzoumlsischen hat als konstituierende Merkmale ne-ben dem Oberbegriff Artefakt eine solche spezifische Auspraumlgung naumlmlich das finale zum Sitzen Die Similaritaumlt die durch diese beiden Merkmale geschaffen wird stellt einerseits das Auswahlkriterium dar nach dem das Feld begrenzt andererseits den Hintergrund an Similaritaumlt vor dem es analysiert werden kann Ein Bereich wie Werk-zeug laumlsst sich um ein weiteres Beispiel zu geben nur schwer merkmalsemantisch beschreiben weil man Begriffe wie Stechbeitel Loumltkolben Nietzange und Maumlhdre-scher zu beruumlcksichtigen haumltte Fuumlgt man jedoch zu Werkzeug die finale Relation zum Bearbeiten von (beispielsweise von Holz) so entsteht ein uumlberschaubares und strukturierbares Feld [p 34]

Dabei zeigt sich nicht nur dass solche Wortfelder in gewissem Maszlig beliebig (re)konstruierbar sind - man kann etwa Katze mit gleichem Recht einmal zu den Haus-tieren ein andermal zu den fleischfressenden Saumlugetieren rechnen Es zeigt sich gleichzeitig dass eine solche Rekonstruktion genau nach dem dritten noogenetischen Prinzip von Spearman verlaumluft Zu einem Ausgangsbegriff (Werkzeug) und einer Rela-tion (zum Bearbeiten von Holz) werden Entsprechungen gesucht und gebildet Unter dem Blickwinkel dieses noogenetischen Prinzips sind Wortfelder nun nicht nur beschreibbar als Ergebnisse eines Verfahrens der kontrollierten Assoziation die beiden angedeuteten Grundtypen von Wortfeldern beruhen dann sogar beide auf demselben Grundprinzip Gegeben ist der Ausgangsbegriff und eine Relation ndash eine Relation die im Fall des Similaritaumlt-Kontrast-Typs die Gegensatzrelation ist im Fall des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs eine finale kausale temporale lokale TeilGanzes-Relation etc Dass solche Konstruktionen oder Rekonstruktionen48 also die Wortfelder der Linguisten keinesfalls - um mit Gauger (zB 1976) zu sprechen - laquobewusstseinsfremdraquo sind zeigt gerade das Verfahren der freien Assoziation dessen Interpretation Ausgangspunkt die-ser Uumlberlegungen war

Dies hat auch Auswirkungen auf das von Saussure aufgeworfene Negativitaumltsproblem Gewiss bedeutet Vater nicht nur Nicht-Mutter sondern auch

48 Von der Konstruktion von Wortfeldern spricht auch Coseriu (zB 1970 113)

Nicht-Sohn Nicht-Barock Nicht-Jahrhundert Bei einer solchen Betrachtung wird je-doch eine bestimmte Art des Gegensatzes die parmenideische Relation des bdquoIst nicht verabsolutiert Sie spielt gewiss eine wichtige Rolle in der Sprache sowohl in der Semantik als auch im Bereich der geschlossenen grammatischen Paradigmen Man sollte jedoch (trotz des Umstands dass die Kontrast-Relation und mit ihr die Relation des oppositiven bdquoIst nicht gerne als laquologischraquo die Relationen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Systems dagegen als laquoinfralogischraquo bezeichnet werden) nicht vergessen dass beide Ar-ten von Relationen unabdingbare Konstanten unseres Wahrnehmens Erfassens und Denkens darstellen und dass eine Semantik die nicht bewusstseinsfremd sein will dementsprechend nicht nur die im Motto auf S 27 angegebenen Oppositionen sondern die ganze Skala moumlglicher Relationen mit in ihr Beschreibungsinstrumentarium aufneh-men muss

44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte

Eugenio Coseriu hat 1977 in seiner Antrittsrede an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften als eines der vier Prinzipien seines Schaffens das Stichwort Tradition und Neuerung genannt Es heiszligt dort laquodass die Geschichte unserer Wissenschaften wie uumlberhaupt die Kultur- [p 35] geschichte Fortsetzung von Traditionen und Erneuerung innerhalb von Traditionen istraquo Man sage eigentlich Neues nur wenn man an Traditionen anknuumlpfe und Traditionen fortsetze (1977 109 vgl 1979 5) Ich habe im vorliegenden Beitrag versucht in mehrfacher Weise an solche Traditionen anzuknuumlpfen ua an diejenige der Assoziationsforschung der Jahrhundertwende Dass hier uumlberhaupt von einem (Wieder-)laquoAnknuumlpfenraquo gesprochen werden muss hat seine Gruumlnde

Der Begriff Assoziation war noch Saussure so gelaumlufig dass er ihn in dem Sinn verwendete in dem heute Paradigma und paradigmatisch gebraucht werden (Saus-sure spricht nicht von paradigmatischen sondern von assoziativen Relationen) Henri Frei oder Charles Bally setzten in dieser Hinsicht nicht nur die Tradition des Meisters fort Bally kannte wie ua einschlaumlgige Stellen aus dem Traiteacute de stylistique franccedilaise von 1909 zeigen offensichtlich auch die Arbeit von Thumb und Marbe sowie den dort angesprochenen Bereich des Assoziierens insbesondere zum Gegenteil hin Seither hat jedoch in der Sprachwissenschaft ein grundlegender Paradigmawechsel stattgefunden Eine im Uumlbermaszlig psychologisierende Stroumlmung wurde wie uumlblich durch das Gegenteil abgeloumlst und seither scheinen die Sprachwissenschaftler den Begriff Assoziation als et-was eher Anruumlchiges zu meiden und allenfalls mit ganz spitzen Fingern anzufassen laquoCest pour eacuteviter le psychologisme adopteacute dans le Cours de F de Saussure que je substi-tue le terme rapport paradigmatique agrave celui de rapport associatifraquo schreibt Louis Hjelmslev der den terminologischen Wandel vollzogen hat in einer Fuszlignote des Vor-trags den er 1936 auf dem Linguisten-Kongress in Kopenhagen gehalten hat (1938140) Interessanterweise ist auch der Anti-Psychologismus wie Gauger zeigen konnte (1976 73-87) bei Saussure schon mit angelegt

Freilich motiviert sowohl die weitere Geschichte der Assoziationsforschung als auch die Auffassung der Sprechfehler diese spitzen Finger in betraumlchtlichem Maszlig beide Phaumlnomene wurden in den Bereich der Abnormalitaumlt und des Pathologischen geruumlckt Was das Versprechen angeht so ist die Ursache kein anderer als Sigmund Freud er griff aus den Sprechfehlern die Meringer und Mayer vorgefuumlhrt hatten vor allem die Gruppe des Versprechens zum Gegenteil hin heraus und interpretierte sie in dem bekannten Sinn Das Versprechen zum Gegenteil hin lege die geheimen Gedanken des Sprechers bloszlig Dies ist ganz ohne Zweifel eine Uumlberinterpretation die in manchen Faumlllen zutreffen

mag fuumlr den Durchschnittsfall jedoch keinerlei Allgemeinguumlltigkeit beanspruchen kann49 Wie nachhal- [p 36] tig die Interpretation Freuds ndashin diesem Fall leiderndash ge-wirkt hat zeigt die Verbindlichkeit jener Bezeichnung mit der man Sprechfehler heute erfasst bdquo(Freudsche) Fehlleistungen Ein in gleichem Maszlig bdquopathologischer Geruch begleitet spaumltestens seit 1910 die Versuche mit Wortassoziationen Carl Gustav Jung machte Versuche mit Assoziationen Kent und Rosanoff hatten die Absicht mit ihrer Liste von 100 Ausgangswoumlrtern und dem Durchschnitt der Assoziationen von 1000 Probanden eine Norm aufzustellen von der sich abnormale Assoziationen abheben soll-ten Die Untersuchung erschien nicht nur in der Zeitschrift American Journal of Insanity sie hieszlig auch noch A Study of Association in Insanity I Association in Normal Subjects Alle seitherigen einschlaumlgigen Assoziations-Listen werden von den Psychologen entspre-chend mit dem Etikett Norm versehen (laquoRussellJenkins-Normraquo laquoPalermoJenkins-Normraquo etc)

Die Haltung spaumlterer Sprachwissenschaftler ist also auch damit zu erklaumlren dass das Assoziieren und die Sprechfehler durch Pathologisierung ihrer ehemaligen (und angemesseneren) Unschuld verlustig gegangen waren Freilich gibt es seit einiger Zeit wieder ein neues und zunehmendes Interesse an Fragestellungen des Sich-Versprechens Assoziierens und der (wirklich zum Bereich des Pathologischen gehoumlrenden) Aphasie-Forschung50 Dass dabei in der Regel die eigentliche Tradition ausgespart wird ist weniger erfreulich Denn es geht nicht nur um eine sehr alte Tradition des Denkens es geht mit der Omnipraumlsenz bestimmter Relationen eigentlich um grundlegende Charakteristika des Sprechens und Denkens selbst

Freiburg Wolfgang Raible

[p 37] Literaturverzeichnis

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49 Vgl hier die analoge Einstufung der Freudschen Konzeption sprachlicher Fehlleistungen bei Kainz 1956 38 - Die Auseinandersetzung zwischen Freud und Meringer war zT sehr heftig Auf einer houmlheren Stufe der Eskalation zieh Meringer Freud beispielsweise der laquoStuumlmperraquo-Haftigkeit auf dem Gebiet des Beobach-tens laquoEr sieht und houmlrt naumlmlich nur das was sich eventuell zur Begruumlndung seiner phantastischen Theorien missbrauchen laumlsst Die unendlich vielen Faumllle die sich dagegen mit Haumlnden und Fuumlszligen straumlu-ben sieht er nicht (1912 55)50 Ich nenne drei Indizien fuumlr die Wiederbelebung der Tradition bzw das verstaumlrkte Interesse an den betreffenden Zusammenhaumlngen Erstens wird die Arbeit von Meringer und Mayer in einem 1973 von Victoria A Fromkin herausgegebenen Sammelband in den beiden Beitraumlgen der Herausgeberin wenigs-tens gelegentlich wenn auch zT falsch zitiert Die Arbeit von Thumb und Marbe wurde 1978 sogar neu ediert Zweitens gibt es insbesondere in den Vereinigten Staaten eine Reihe von Arbeiten zu linguistischen Aspekten der Assoziationsforschung (die wichtigste ist wohl die allerdings weitgehend psychologisch und psychometrisch orientierte von Deese 1965) die zB in den Versuch einer Synthese eingegangen sind den Herbert H Clark 1970 veroumlffentlicht hat (Die Arbeit von Clark ist freilich noch ein wenig zu stark dem Grammatikmodell der Transformationsgrammatik verhaftet) Noumlth (1975) hat den Ansatz von Clark zT weitergefuumlhrt sich zT jedoch auch in kasuistischen Uumlberlegungen gefangen Drittens ist das Wiedererwa-chen des linguistischen Interesses an der Aphasie-Forschung zu vermerken (es war zB schon bei Meringer und Mayer vorhanden) Fuumlr dieses ndashallerdings in Schuumlben auftretendendash Interesse ist nicht zuletzt auch Roman Jakobson verantwortlich

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  • Von der Allgegenwart des Gegensinns
  • (und einiger anderer Relationen)
  • Strategien zur Einordnung semantischer Information
  • Wolfgang Raible (Universitaumlt Freiburg)
  • Eugenio Coseriu zum 2771981
  • 21 Gesetzmaumlszligigkeiten des Assoziierens
  • 211 Argumentum quantitatis
  • 212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt
  • 22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens
  • 311 Syntagmatisches Assoziieren
  • 312 Paradigmatisches Assoziieren
  • 3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System
  • 3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System
  • 32 Sonderfaumllle
  • 41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems
  • 42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semantishyschen Orientierungssystems
  • ja
  • Fuumlr alle Woumlrter moumlgshylich
  • 44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte
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  • Ullmann S The Principles of Semantics OxfordGlasgow 1967
Page 11: latina.phil2.uni-freiburg.delatina.phil2.uni-freiburg.de/.../Files/Gegensinn_neu.docx  · Web viewZeitschrift für romanische Philologie Bd. 97, Heft 1/2, S. 1-40. Die Seitenangabe

Kontiguitaumlt Allerdings ist die Wortart-Identitaumlt der Prioritaumltsebene 1 hier etwas eingeschraumlnkt die Gruumlnde dafuumlr werden spaumlter evident werden

Es handelt sich hier in der Regel um Assoziationen von etwas was im Bereich der Denotata und das heiszligt auch im Erfahrungsbereich der Probanden mit dem was durch das Ausgangswort bezeichnet ist in einer spezifischen Relation steht Im Gegensatz zum Normalfall der (zweiseitigen) Antonymie-Relation sind diese spezifischen Relationen in der Regel gerichtet Dass die Basis solcher Relationen die Kontiguitaumlt im Erfahrungsbereich ist hat natuumlrlich zur Folge dass hier unter Umstaumlnden soziale und kulturelle Unterschiede vorliegen koumlnnen Dies wird nicht der Fall sein in Beispielen wie araigneacutee toile ragnoragnatela tigefleur stemflower piedchaussure footshoe Es koumlnnte dagegen eher zutreffen in Faumlllen wie comfortchair confortfauteuilrsquo oder BequemlichkeitSessel

5 Assoziationen sind wenn sich keine Kontrast- oder keine semantische Kontiguitaumlts-Relation einstellt Assoziationen im Bereich der semantischen Similaritaumlt oder der syntagmatischen Kontiguitaumlt

Zunaumlchst zur semantischen Similaritaumlt Es handelt sich bei den Assoziationen dieser Gruppe entweder um bdquoSynonyme Oberbegriffe oder um etwas im Ausgangswort Impliziertes Die Beispiele sind relativ selten Bezeichnend ist allein dass solche Assoziationen wenn sie schon gelegentlich an erster Stelle genannt werden nur in relativ geringem Maszlige buumlndeln22 Die andere Variante der fuumlnften Prioritaumltsebene Assoziationen [p 14] im Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt ist in dem von mir analysierten Materialebenfalls nur schwach vertreten (hier gelten uumlbrigens die Prioritaumltsebenen 1 und 2 nur noch sehr eingeschraumlnkt der Grund auch hierfuumlr wird wiederum spaumlter deutlich werden) Zwei Beispiele aus dem deutschen Bereich Auf glatt assoziierten immerhin 40 der Probanden an erster Stelle Eis (laquoGlatteisraquo) erst an zweiter Stelle folgte hier mit 15 das Antonym rau Desgleichen assoziierten auf Stiel (die falsche Uumlbersetzung des englischen stem - gemeint war Stengel) 38 der Probanden den Besen Auch die zweithaumlufigste Assoziation zaumlhlt hier noch zum Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt 6 nannten Stumpf Im englischen und franzoumlsischen Material treten solche Arten der Assoziation erst an untergeordneter Stelle auf ndash etwa vinaigre auf aigre becircte auf belle marche auf pied

Als Hugo Schuchardt die Arbeit von Thumb und Marbe ein Jahr nach ihrem Erscheinen (sehr kritisch) besprach machte er hauptsaumlchlich zwei Einwaumlnde Mit dem ersten dieser Einwaumlnde stand er ganz in der Tradition der bisherigen Assoziationsforschung Thumb und Marbe haumltten die Nachbarschaft in der Rede als eine der Ursachen fuumlr die Assoziationen nicht gebuumlhrend gewuumlrdigt Die analysierten Verhaumlltnisse widerlegen Schuchardt sehr deutlich Sein Einwand trifft allerdings wie sich noch zeigen wird unter ontogenetischem Aspekt zu Auch Schuchardts zweites Monitum die lautliche Aumlhnlichkeit muumlsste als einer der Faktoren des Assoziierens staumlrker betont werden ist obsolet Selbst unter 1000 Probanden waumlre entgegen der Vermutung Schuchardts kaum einer gewesen der auf drei die Zahl zwei assoziiert 22 Dies zeigen die folgenden Beispiele enfant 1 petit (12) 2 beacutebeacute (8) child 1 baby (16) Kind 1 klein (12) (2 Mutter (10)) 3 Baby (6) oder Quadrat 1 Viereck (14) Ein Beispiel fuumlr die Wahl des Oberbegriffs aigle 1 oiseau (16) Adler 1 Vogel (21) Typisch fuumlr die relativ geringe Wir-kung der semantischen Similaritaumlt im Sinn von Synonymie ist der Umstand dass die meisten Syno nyme ansonsten an nachgeordneter Stelle vorkommen Auf dark assoziieren 3 (und an 4 Stelle) black auf beautiful immerhin 14 an 2 Stelle pretty an 6 Stelle (4) lovely an 1 Stelle steht das Antonym ugly Auf rough wird an 1 Stelle mit dem Antonym smooth (44) reagiert erst an 2 Stelle folgt mit 7 hard Auf sommeil folgt an 1 Stelle das semantisch benachbarte lit erst an 2 Stelle (10)reposrsquo

haumltte23 Dies liegt daran dass sprachliche Information primaumlr nach ihrem syntaktisch-semantischen [p 15] Gehalt analysiert und verarbeitet wird (und die Assoziationen auf Zahlen sind hier wie noch in 32 gezeigt werden wird hochgradig gerichtet) Klangphaumlnomene sind auf jeden Fall sekundaumlr Erst dann wenn der Proband die Bedeutung nicht versteht wie etwa bei Fremdwoumlrtern bei Termini technici oder bei Woumlrtern einer ihm unbekannten Sprache spielt die Laut-Assoziation eine Rolle24 Thumb zeigte dies in einer spaumlteren Studie aus dem Jahre 1908

21a Aktualisierender Zusatz im Jahr 2011

Ein Team von drei Wissenschaftlern der Universitaumlten von South Florida und Kansas hat den bisher wohl groumlszligt-angelegten Test mit Assoziationen auf Wort-Stimuli unternommen und dies mit einer Unzahl von Probanden Nelson D L McEvoy C L amp Schreiber T A (1998) The University of South Florida word association rhyme and word fragment norms25 ldquoMore than 6000 participants produced nearly three-quarters of a million responses to 5019 stimulus wordsrdquo

Im vorliegenden Fall geht es um insgesamt 4870 Woumlrter als Ausgangspunkte fuumlr Assoziationen (cues) 76 davon Nomina 13 Adjektive 7 Verben 16 waren Homographen Die Testpersonen durften jeweils ein einziges Wort als Reaktion aufschreiben Die Reaktionszeit wurde dabei nicht gemessen Aus den 4870 Faumlllen habe ich die 538 ausgewaumlhlt in denen eine ldquoForward Cue-to-Target Strengthrdquo von ge 05 vorlag bei denen also ein Reizwort mit hoher Wahrscheinlichkeit ein oder mehrere Zielwoumlrter ausloumlst Dabei bestaumltigen sich die Ergebnisse der 1980 vorgenommenen Analyse fast vollstaumlndig

Antonymen-Relationen die sich anhand des Corpus der University of Southern Florida ergeben Die meisten sind zweiseitig Sie entsprechen den u auf S 2223 analysierten acht Strukturierungsdimensionenabove lt--gt belowadd lt--gt subtractaddition lt--gt subtraction

defense --gt offensedifferent --gt samedown lt--gt up

major --gt minorme lt--gt youmine lt--gt yours

23 Vgl im Einzelnen Schuchardt 1902 - Dass Assonanzen keine Rolle spielen gilt natuumlrlich nicht dort wo jemand im Sinn des dritten noogenetischen Prinzips von Spearman explizit Woumlrter sucht die mit dem Ausgangswort durch die Relation lautlicher Similaritaumlt verbunden sind also beispielsweise Reimwoumlrter - Wie sehr die Verarbeitung sprachlicher Information primaumlr auf die Analyse syntaktischer und semanti-scher Merkmale ausgerichtet ist zeigt sich einerseits bei den unendlich zahlreichen Versuchen der Psychologen vergangener Jahrzehnte mit kuumlnstlichem sinnlosem Wortmaterial zu arbeiten die Proban-den versuchen auch dort ganz automatisch zunaumlchst einen Sinn zu houmlren Wie sehr die etwa von Coseriu stets betonte Semantizitaumlt der Sprache selbst bei traumatischen und sonstigen Aphasikern im Vorder-grund steht zeigt andererseits die einschlaumlgige Forschung Luria (1976 150f) berichtet dass auch bei den Assoziationen von Aphasikern Woumlrter mit verwandter Bedeutung den Vorrang vor Woumlrtern mit aumlhnli-chem Klang haben Nur bei besonders schweren Faumlllen von Aphasie und bei geistig Zuruumlckgebliebenen dominiert die Lautassoziation vor der inhaltlichen Als Beispiel fuumlr die untergeordnete Bedeutung von Lautassoziationen kann auch ein Versuch mit Aphasikern dienen dessen Gegenstand kontrollierte Assoziationen waren (Aufzaumlhlen von Tiernamen) von den 2918 Namen die von insgesamt 94 Patienten innerhalb von fuumlnf Minuten genannt wurden waren ganze 6 Faumllle vom Typ MausLaus (GloningMuumlller 19711972 264)24 Bin illustratives Beispiel sind die Reaktionen auf das im amerikanischen Englischen aumluszligerst selten be -legte Ausgangswort abbess (Aumlbtissin) Den 1 Rang unter den Antworten hat hier mit 9 hole - ganz offensichtlich deshalb weil die Probanden abbess als abyss verstanden Erst an 2 Stelle folgt mit 5 ein Wort bei dem wohl die lautliche Assoziation Pate gestanden hat abscess (Postman 1970 260) 25 httpw3usfeduFreeAssociation

answer lt--gt questionasleep lt--gt awakeback lt--gt frontbad lt--gt goodbefore --gt afterbegin lt--gt endbest lt--gt worstblack lt--gt whiteborrow --gt lendbottom lt--gt topfemale lt--gt maleboy lt--gt girluncle lt--gt auntactor lt--gt actressbrother lt--gt sisterdad lt--gt momfather lt--gt motherdaughter lt--gt songrandma lt--gt grandpahusband lt--gt wifeman lt--gt womanbuyer lt--gt sellerclose --gt openday lt--gt nightdead --gt alive

downstairs lt--gt upstairsdryer --gt washereast lt--gt westempty lt--gt fulleven lt--gt oddexit --gt entranceexplode --gt implodefalse lt--gt truefar lt--gt nearfind lt--gt seeksearchfirst --gt lastforward lt--gt backwardfound lt--gt lostgo lt--gt stopgroom lt--gt bridehello --gt goodbyehe lt--gt shehere lt--gt therehigh lt--gt lowin lt--gt outleader --gt followerless lt--gt morelose --gt winloser lt--gt winnerlost lt--gt found

minus lt--gt plusnegative lt--gt positiveno lt--gt yesnorth lt--gt southoff lt--gt onold --gt newopen --gt closeclosedoutside --gt insideover lt--gt underpoor lt--gt richqueen --gt kingquestion lt--gt answerright --gt leftright --gt wrongscratch --gt itchseller lt--gt buyersit --gt standslow lt--gt fastsoft lt--gt hardthin --gt thicktight --gt loosetoday lt--gt tomorrowtwice --gt onceweak --gt strong

Bemerkenswert sind solche abweichenden Faumllle in denen an erster Stelle nicht ein Antonym assoziiert wird sondern ein aumlquivalenter Begriff etwa finish --gt done und erst an zweiter Stelle start happy fuumlhrt an erster Stelle zu joyous an dritter und vierter Stelle immer noch sehr haumlufig zu cheerful und glad sad steht erst an zweiter Stelle Hard fuumlhrt an erster und zweiter Stelle zu difficulty und difficult die beiden moumlglichen Antonyme easy und soft folgen (mit immer noch hoher Frequenz) an dritter und virter Stelle Umgekehrt fuumlhrt nur soft hoch frequent zu hard Parallel ist ein Fall wie hate zu dem hoch frequent despise und dislike assoziiert wird waumlhrend love unter der 05-Schwelle an dritter Stelle folgt Genauso verhaumllt es sich mit love das zu affection ro-mance und adore fuumlhrt (love ist als Wortart polyfunktional) hate folgt an vierter Stelle in der Frequenz Hot fuumlhrt in seiner einen Bedeutung zu spicy in einer anderen zu humid erst an dritter Stelle zu cold Umgekehrt gilt aber cold --gt hot Late fuumlhrt an erster Stelle zu tardy erst an zweiter zu early Auf many wird an erster und zweiter Stelle several und numerous assoziiert erst an dritter folgt unter der 05-Schwelle fewsome waumlhrend umgekehrt nur few mit einiger Frequenz zu many fuumlhrt Bei old gilt zwar --gt new aber dann folgen drei verwandte Begriffe (elderly antique ancient) erst an vierter Stelle kommt das andere Antonym young Vergleichbar ist das vieldeutige present an erster Stelle steht hier gift dann folgt mit past ein Antonym mit absent ein anderes In einem Fall wie forget wird an erster Stelle forgive (ldquolet us forget itrdquo) assoziiert also ein willentliches vergessen waumlhrend umgekehrt remember direkt zu forget fuumlhrt Mehrdeutigkeit ist also immer ein lsquoStoumlrfaktorrsquo wie auch der Fall short --gt talllong an zweiter Stelle short --gt brief zeigt oder small --gt tiny und an zweiter und dritter Stelle --gt big large Interessant ist auch das Beispiel square das an erster Stelle zum Oberbegriff rectangle fuumlhrt und dann zu zwei gleichermaszligen moumlglichen lsquoAntonymenrsquo circleround

und triangle Strong fuumlhrt an erster Stelle zu einem Parallelbegriff powerful erst an zweiter zu weak waumlhrend weak direkt zu strong fuumlhrt Wet fuumlhrt -- in dieser Reihenfolge -- zu slippery moist drench und dry aber nur dry fuumlhrt in nennenswertem Umfang zuruumlck zu wet

Die uumlberwiegende Zahl der anderen Faumllle sind solche in denen ein Begriff aus demselben Erfahrungsbereich assoziiert wird In manchen Faumlllen sind das sehr viele So gibt es bei money der hohen Zahl von Probanden entsprechend eine hohe Zahl von Nennungen fuumlr (in absteigender Reihenfolge aber immer noch mit einer Forward Cue-to-Target Strength von gt05) cash bank fund wallet profit spend banker income bud-get lottery dollars checkbook salary Insgesamt sind es hier 302 verschiedene Targets Aumlhnliches gilt fuumlr tree -- wo jeder an eine spezifische ihm gelaumlufige Baumart oder einen Baum-Bestandteil denken kann

22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens

Mit seinem genialen Blick fuumlr das Grundlegende hat Roman Jakobson inspiriert von Mikołai Habdank Kruszewski (1886) die Aufmerksamkeit auf das Zusammenwirken zweier Prozesse beim Sprechen gelenkt eines paradigmatischen bei dem Einheiten aus anderen gleichrangigen Einheiten ausgewaumlhlt und eines syntagmatischen bei dem die ausgewaumlhlten Einheiten in eine lineare Abfolge gebracht werden Im paradigmatischen Prozess spielt die Dimension Similaritaumlt - Kontrast im syntagmatischen die Dimension Kontiguitaumlt - Distanz eine dominierende Rolle

In diesen Rahmen lassen sich nun nicht nur Typen der Aphasie einordnen26 sondern auch die Typen des Versprechens die Meringer und Mayer 1895 vorgefuumlhrt haben Da die lineare Anordnung elementarer Zeichen ein Charakteristikum der Rede ist ist die Mehrzahl der bdquosprachlichen Fehlleistungen im Bereich der syntagmatischen KontiguitaumltDistanz anzutreffen Ihre Hauptursache ist darin zu sehen dass (wenigstens normalerweise) das Denken einen Vorlauf vor dem Artikulieren hat - und der Sprecher setzt dann das was er zu sagen plant an die Stelle dessen was er im Moment artikuliert Das bdquoSpaumltere wirkt also dabei scheinbar paradoxerweise - auf das bdquoFruumlhere Ohne auf die Einzelheiten dieser Art des Versprechens eingehen zu wollen dessen Ergebnisse sehr haumlufig Vertauschungen also Metathesen sind sei hier zweierlei festgehalten Zum einen sind die in der Rede auf diese Art vertauschten Elemente in aller Regel klassengleich - wobei der Begriff Klasse nicht nur Wortarten also den modus significandi sondern beispielsweise auch Anlaute Auslaute Stammvokale betonte Silben usw umfassen kann27 Mit den Worten von Meringer und Mayer [p 16] (1895 17) laquoAm gewoumlhnlichsten sind die Vertauschungen der Adjectiva mit Adjectiven Substantiva mit Substantiven Verba mit Verbenraquo Zweitens sei festgehalten laquoAntithetische Woumlrter werden besonders leicht vertauschtraquo (1895 15) Ein Beispiel fuumlr diese Art der Metathese laquoDa steht der Einsatz nicht fuumlr den Gewinnraquo

Die zweite groszlige Gruppe fuumlr Versprech-Leistungen sind solche deren Ursache in der Auswahl waumlhrend des paradigmatischen Prozesses gesehen werden muss Die eine Untergruppe sind hier die bdquoKontaminationen bei der Vorstellung etwas schreiben werden die Ausdrucksmoumlglichkeiten etwas zu Papier bringen und etwas schreiben

26 Zur Fruchtbarkeit der Unterscheidung Jakobsons fuumlr die Klassifizierung von Aphasien vgl Luria 1976 5227 Einige Beispiele laquoSaint-Exupeacuterinces Petit Princeraquo laquoMinuster fuumlr Kultus und Unterrichtraquo Die Elemente koumlnnen auch vertauscht werden - Metathesen dieser Art sind laquoeine Sorte von Tacherraquo laquodenile Semenzraquo laquoVerteidigung ist die Spiele des Seelsraquo etc Die Beispiele stammen bis auf das erste aus MeringerMayer 1895 Zu analogen Erscheinungen beim Verlesen vgl auch Kolers 1976

kombiniert zu etwas zu Papier schreiben Freud nennt dies gewiss zutreffend Verdichtungen Die andere Unterart dieses semantischen Versprechens besteht in der Vertauschung (bdquoSubstitution) zweier Elemente - wobei es sich nicht mehr um Elemente aus dem Syntagma sondern um Elemente des paradigmatischen Auswahlprozesses handelt laquoBekannt istraquo so heiszligt es bei Meringer und Mayer (1895 79) laquodass kontrastierende Vorstellungen einander assoziieren So kommt man auf dem Wege der Substitution dazu das Gegenteil von dem zu sagen was man gemeint hatraquo Also etwa laquoIhm war auch kein Berg zu niedrigraquo (statt zu hoch) laquowas er verliert (statt gewinnt) gibt er seinen Kindern in die Sparbuumlchseraquo

Was schon bei voumlllig gesunden Sprechern wenn man ein Ohr dafuumlr hat mit bemerkenswerter Haumlufigkeit zu beobachten ist kann natuumlrlich im Fall von verminderter Sprechfaumlhigkeit (Aphasien) in verstaumlrktem Maszlige auftreten Herbert Pilch hat aus linguistischer Sicht auf die bekannte Erscheinung hingewiesen dass Aphasiker Woumlrter verwechseln die im Verhaumlltnis des Gegensinns zueinander stehen (1972 8) Ein einfaches Beispiel aus einem Sprachtest mit Aphasikern (Muumlller 1976 257ff) Es handelt sich um einen Test in dem der Umgang mit metakommunikativen Verben uumlberpruumlft wurde Beim Nachsprechen eines groumlszligeren zusammenhaumlngenden Texts - dies war eine der Aufgaben - wurden dabei vereinzelt sinnstoumlrende Vertauschungen zwischen den korrelativen Begriffen fragen und antworten beobachtet Von einem analogen Test mit Einzelsaumltzen heiszligt es laquoSinnstoumlrend vertauscht wurden fragen mit erwidern wissen wollen bzw sich erkundigen (wurden) durch sprechen ersetztraquo In einem Sortiertest sollten metakommunikative Verben nach inhaltlichen Kriterien zu Gruppen geordnet werden Dieser Test wurde wegen der erforderlichen hohen Konzentration allerdings nur von fuumlnf Probanden absolviert Vier davon gruppierten fragen wissen wollen sich erkundigen antworten entgegnen erwidern Der fuumlnfte Proband gekennzeichnet mit dem Stichwort laquoKonduktionsaphasieraquo bildete dagegen [p 17] die Paare fragenantworten antwortenerkundigen wissen wollenentgegnen Er gliederte also was der Untersuchende nicht direkt sieht nach Antonymen-Paaren28

3 Interpretation der beschriebenen Phaumlnomene oder Die verschiedenen Strategien zum Erfassen von Bedeutung

No hay que explicar el hablar desde el punto de vista de la lengua sino viceversa (Coseriu 19551973 287)

Meringer und Mayer haben darauf hingewiesen man muumlsse sich huumlten den Sprechfehler als etwas Pathologisches aufzufassen Sie erlaumlutern dies mit einem praumlgnanten Bild Beim Sprechfehler versage nur die Aufmerksamkeit die Maschine laufe ohne Waumlchter sich selbst uumlberlassen Und was den Sprechfehler fuumlr die Sprachwissenschaft lehrreich mache sei der Umstand dass das Uhrwerk in solchen Augenblicken des Mantels entkleidet scheine und ein Blick in die Raumlder moumlglich sei (1895 7) Aumlhnliches gilt fuumlr die permanenten Abweichungen von der Sprachnorm die sich im Sprechen von Individuen oder Individuen-Gruppen finden (und die zB Henri Frei in seiner Grammaire des fautes (1929) festgehalten hat) Die Uumlberlegungen gelten natuumlrlich ebenso fuumlr die Wort-Assoziationen insbesondere dann wenn man wie urspruumlnglich Thumb und Marbe mit der Beruumlcksichtigung der Spontaneitaumlt also der Reaktionszeit ein Indiz dafuumlr hat welche Prozesse unter Umstaumlnden laquoautomatischraquo 28 Nach der Analyse die Luria von dem seit Wernicke und Lichtheim so genannten Syndrom der bdquoLeitungsaphasie gibt duumlrfte es sich um die Variante mit akustisch-artikulatorischer Stoumlrung handeln In der Variante mit akustisch-mnestischer Stoumlrung sind sogenannte bdquoverbale Paraphasien relativ selten Vgl Luria 1976 239-285 insbes S 247-273

oder mit Meringer und Mayer so ablaufen dass laquoder Waumlchterraquo also das Bewusstsein des Sprechers dessen bestenfalls hinterher richtig gewahr wird Mutatis mutandis gilt die Uumlberlegung schlieszliglich auch fuumlr den Bereich der Sprachstoumlrungen laquoPathologia illustrat physiologiamraquo das Anomale lehrt uns wie das Normale funktioniert ndash so lautet ein alter Grundsatz der medizinischen Forschung Wie betraumlchtlich der Unterschied zwischen den voll bewussten mehr Zeit in Anspruch nehmenden Suchprozessen und den halbbewussten Assoziationen ist zeigen solche Aphasien in denen der Patient ein Wort bei bewusstem Suchen nicht findet oder ein Wort das ihm vorgesprochen wird nicht wiederholen kann waumlhrend er im Bereich des offenbar funktionierenden Assoziierens das betreffende Wort findet bzw sagen kann29

[p 18] Wenn ich nach der obigen Skizzierung quantitativer und qualitativer Verhaumlltnisse im Bereich von Wortassoziationen nun versuche die bisherige Untersuchung im eigentlichen Sinn zu interpretieren so lasse ich mich von der folgenden Grunduumlberlegung leiten Da Assoziationen mit Wortmaterial im Idealfall in einem halbbewussten Bereich spontanen Reagierens ablaufen koumlnnte man meinen es handle sich um ganz einfache primaumlre Prozesse sprachlicher Aktivitaumlt Komplex und sekundaumlr waumlre dagegen die Aumluszligerung von Saumltzen und Texten Nun hat freilich einer der groszligen Aphasieforscher Kurt Goldstein gezeigt dass es sich eigentlich genau umgekehrt verhaumllt Primaumlr am Sprechen ist die Mitteilungsabsicht dh das Kommunizieren mit Hilfe groumlszligerer syntagmatischer Einheiten im Rahmen von Kommunikationssituationen Das scheinbar so einfache Assoziieren von Woumlrtern oder das Benennen von Gegenstaumlnden sind dagegen recht schwierige und komplexe Aufgaben Wie Roman Jakobson gezeigt hat ist zB das Benennen eines Gegenstandes ein metasprachlicher Akt30 Ein solcher Akt setzt die Existenz und das isolierte Funktionieren eines praumlzisen Orientierungs- und Einordnungssystems voraus Bei Assoziations-Tests muss ein gehoumlrtes Wort ohne jede Situations- oder Kontexthilfe analysiert erkannt und eingeordnet werden

Ich habe nun eingangs mit Hilfe einiger einfacher Beispiele aus dem Bereich der Gestaltpsychologie gezeigt dass eine solche Erkenntnis immer erst dadurch zustande kommt dass man uumlber das Gegebene hinausgeht going beyond the Information given Dementsprechend besteht mein Interpretations-Ansatz jetzt darin dass ich die von einem vorgegebenen Ausgangswort ausgehende Assoziation als den Reflex einer Strategie interpretiere einer Strategie die dazu dient die Bedeutung von Woumlrtern im Hinausgehen uumlber das gegebene Wort zB durch die Einordnung in das semantische Orientierungs-System zu erfassen

31 Zwei Grundtypen des Assoziierens

Hier gibt es nun nicht eine einzige es gibt wenn ich recht sehe zwei Grundstrategien zur Erfassung von Bedeutung Vergegenwaumlrtigt man sich den primaumlren auf Mitteilung ausgerichteten Aspekt des situativen Sprechens in Saumltzen und Texten und den subsidiaumlren - wenn auch unverzichtbaren - Charakter desjenigen Bereichs in den auch das Assoziieren von Woumlrtern faumlllt so versteht man sofort die eine von zwei grundlegend verschiedenen Strategien dh Arten der sprachlichen Reaktion auf

29 Kurt Goldstein der von solchen Faumlllen berichtet erwaumlhnt im selben Zusammenhang das Phaumlnomen laquodass die falschen Woumlrter oft mit weniger Paraphasie (gemeint ist hier Paraphasie als lautliche Abwei-chung) geaumluszligert werden als die richtigenraquo (1948 101 vgl 239) Dies duumlrften diejenigen Faumllle sein in de -nen der Sprechprozess gewissermaszligen bdquovon oben her dh von der bewussten intentional vom laquoWaumlch-terraquo gesteuerten Seite her gestoumlrt ist30 Jakobson 1974 125ff vgl generell Goldstein 1948 zum Bereich der Kategorisierung

Wortmaterial Kinder erwerben Sprache sei sie nun kommunikativ oder das eigene Handeln begleitend in Situationen und damit dominant in syntagmatischer Realisierung Uumlber die nach und nach verstandene [p 19] fremde und die nach und nach sich entwickelnde eigene syntagmatische Realisierung von Sprache baut sich dann jenes semantische Orientierungs- und Einordnungssystem auf innerhalb dessen Rahmen die andere dominant paradigmatische Strategie anzusiedeln ist Wie Hans-Martin Gauger ausgefuumlhrt hat handelt es sich bei dem Aufbau dieses Systems um einen Prozess zunehmender bdquoVerdichtung (1970 65-69)

311 Syntagmatisches Assoziieren

Da sprachliche Elemente wie die Woumlrter fuumlr Kinder zunaumlchst einmal Woumlrter im syntagmatischen Kontext sind ist es nicht verwunderlich dass - wie seit Anfang des Jahrhunderts beobachtet wurde - Kinder vorwiegend syntagmatische Assoziationen haben Sie nennen also vorwiegend Woumlrter mit denen die Ausgangswoumlrter zusammen vorkommen dh die Assoziationen verlaufen im Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt Typisch sind derartige Assoziationen auch fuumlr solche Personen deren sprachliche Sozialisierung nicht durch den bewussten Umgang mit der eigenen und mit fremden Sprachen waumlhrend zwoumllf bis dreizehn Schuljahren perfektioniert wurde also etwa fuumlr Volksschul-Absolventen Schuchardts Einwand Thumb und Marbe haumltten die Bedeutung der syntagmatischen KontiguitaumltDistanz fuumlr das Assoziieren nicht gebuumlhrend beruumlcksichtigt hat also von der Ontogenese her gesehen seine Berechtigung31 Waumlhrend syntagmatische Assoziationen bei bdquogebildeten Erwachsenen also relativ selten sind sind sie bei Kindern und anderen sprachlich weniger Sozialisierten recht haumlufig Typische (und in allen nachfolgenden Faumlllen von den Assoziationen der 288 franzoumlsischen Studenten abweichende) Beispiele sind aus den jeweils erstrangigen Nennungen von 115 franzoumlsischen Bauarbeitern fenecirctre - ouverte (31) blanc - neige (27) aigre - vinaigre (26) rouge - sang (25) santeacute - bonne (23) table ronde (23) faim - (de) loup (23) citoyen - franccedilais (22) lune - (de) miel (20) tabac - blond (17) musique - douce (17 - zusammen mit classique leacute-gegravere agreacuteable harmonieuse 31) lent - tortue (15) meacutemoire - courte (14) joie - (de) vivre (14) papillon - vole (10) etc Charakteristisch ist hier wiederum dass solche dominant von der syntagmatischen Kontiguitaumlt bestimmten (und in der Regel nicht wortartgleichen) Assoziationen nur selten jene stark buumlndelnde Wirkung haben die fuumlr Assoziationen zum Gegensinn hin charakteristisch ist [p 20]

312 Paradigmatisches Assoziieren

Die andere (trotz mancher Grenzfaumllle von der syntagmatisehen zu unterscheidende) grundlegende Strategie zum Erfassen von Bedeutung spiegelt sich im dominant paradigmatischen Assoziieren also in jenen Assoziationen die im Bereich des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems verlaufen Eingangsvoraussetzung fuumlr beide Arten des Assoziierens ist die vorgaumlngige phonologische Analyse mit der Zuordnung eines Lautbildes und der (natuumlrlich

31 Das assoziative Verhalten der Kinder und Jugendlichen hat sich allerdings seit dem Beginn des Jahrhun-derts in betraumlchtlichem Maszlig demjenigen der Erwachsenen angenaumlhert Die Ursache ist zweifellos in einer fruumlheren und ausgepraumlgteren sprachlichen Sozialisierung zu sehen Vgl dazu auch Esper 1973 105 Pa-lermoJenkins 1965 oder Jenkins 1970 7

vorlaumlufigen32) Zuordnung einer Wortart Beim dominant syntagmatischen Assoziieren besteht die Strategie fuumlr die Zuordnung einer Bedeutung zu dieser Einheit aus Wortart und Lautschema vor allem im Assoziieren eines syntagmatischen Gebrauchskontextes also in der Einordnung in ein komplexeres Zeichen mit dem sich daraus ergebenden bdquomonosemierenden Effekt lune - lune de miel blanc (comme la) neige citoyen - (un) citoyen franccedilais table - (la) table (est) ronde etc Bei der paradigmatischen Art des Assoziierens besteht die Strategie zur Erfassung von Bedeutung dagegen darin dass das Ausgangswort in Relation zu einem anderen gleichrangigen Zeichen gesetzt wird Die Strategie ist also abstrakter ja geradezu metasprachlich ndash eine Analyse die schoumln Goldsteins These von der Komplexitaumlt scheinbar ganz einfacher Aufgaben bestaumltigt

Was nun das spezifisch paradigmatische Orientierungs- und Einordnungssystem betrifft so scheinen mir hier bei angemessener Interpretation der Verhaumlltnisse zwei Untersysteme vorzuliegen Untersysteme die nicht scharf voneinander getrennt sind Im einen dieser Systeme vollzieht sich der Zugriff uumlber die Dimension Similaritaumlt - Kontrast im anderen System ist wie noch erlaumlutert wird die Information (vor dem Hintergrund der Similaritaumlt) verfuumlgbar uumlber die semantische Kontiguitaumlt in Opposition zur Distanz Beide Systeme arbeiten jedoch mit einem gemeinsamen Grundprinzip das man als bdquoModul in Form eines Dreiecks (mit einer Reihe von Varianten) konzipieren kann Einer Informationseinheit A sind mindestens zwei andere Einheiten B und C in folgender Weise zugeordnet33 [p 21]

Dabei sind die Beziehungen zwischen AB und AC solche der Similaritaumlt ndash eine Similaritaumlt der die oben auf S 11 f genannten Prioritaumltsebenen 1 (gleiche Wortart) und 2 (gleicher semantischer Bereich) entsprechen Die Beziehung zwischen B und C ist je nachdem eine Beziehung des Kontrasts (dem entspricht die oben genannte Prioritaumltsebene 3) oder der semantischen Kontiguitaumlt (der die Prioritaumltsebene 4 entspricht) Die Varianten ergeben sich hauptsaumlchlich aus der Zahl der Elemente auf der Achse BC zum Teil auch daraus dass die Position von A einzelsprachlich nicht besetzt oder aber wie im Fall von A = homme B = homme G = femme mit einem der dann merkmallosen Elemente B oder

32 Analyse-Ergebnisse sind auf dem Weg von den kleineren zu den groumlszligeren Einheiten insofern vorlaumlufig als die Analyse der kleineren Einheit im Rahmen der Analyse der Uumlbergreifenderen Einheit stets korrigiert werden kann (Der entsprechende Ruumlckkopplungs-Effekt hat seine physiologische Basis in dem Faktum dass die Zellen der kortikalen Lamina VI [die etwa 2 mm dicke Groszlighirnrinde hat sechs physiologisch und funktionell differenzierbare Schichten] vorwiegend Ruumlckkopplungs-Funktion haben) Der Ruumlckkopplungs-Effekt ist der Grund dafuumlr dass manche bdquoDefekte bei Aphasikern erst dann entdeckt werden wenn man sie kleinere Einheiten ohne Kontext nachsprechen laumlsst33 Der Gedanke der modularen Struktur ist inspiriert durch Erkenntnisse der Neuroanatomen Sie haben in der letzten Dekade zunehmend die These vertreten die komplexe Struktur unseres Nervensystems - ein-schlieszliglich des Groszlighirns - basiere auf relativ ein-fachen genetischen Programmen Korrelat dieser Pro-gramme sind laquomodulareraquo laquorepetitiveraquo oder laquoperiodischeraquo Strukturen etwa im Bereich des Ruumlckenmarks oder der Groszlighirnrinde Vgl beispielsweise Szentaacutegothai 1978

C identisch ist (Ist ein spezieller Begriff fuumlr A vorhanden oder ist A identisch mit B oder C so liegt ein Fall von Gegensinn in jener Verwendungsweise vor wie man sie sinnvollerweise Abel unterstellen muss ndash Abels Beispiele sind von Benveniste (1956) zerpfluumlckt worden Ein aumlhnliches Vorkommen solchen Gegensinns gilt fuumlr Fragen des Typs bdquoWie alt (und nicht wie jung) wie groszlig wie lang wie schoumln ist das und dasldquo also fuumlr Faumllle die zB Elmar Holenstein treffend analysiert hat (1976 69f))

Im Fall der Similaritaumlt-Kontrast-Interpretation des Dreiecks ist eine merkmalsemantische Interpretation plausibel B und C enthalten alle Merkmale von A (A ist der Oberbegriff) sie enthalten jedoch noch zusaumltzliche Merkmale und zwar dergestalt dass diejenigen von B und C nicht voumlllig identisch sind sondern in der Regel in einem Merkmal kontrastieren34 [p 22]

3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System

Zunaumlchst zu dem paradigmatischen System in dem fuumlr das Hinausgehen uumlber die gegebene Information die Kontrast-Relation ausschlaggebend ist Es geht also um den Bereich des Entgegengesetzten ndash Otto Gsell hat in seiner Arbeit uumlber die Gegensatzrelationen im Wortschatz romanischer Sprachen eine sehr wesentliche Beobachtung gemacht und so fruumlhere analoge Beobachtungen in entscheidendem Maszlige praumlzisiert Unser Wortschatz ist keinesfalls so beschaffen dass alle Woumlrter ihr Antonym haumltten Ganz im Gegenteil der Wortschatz der bdquoantonymfaumlhig ist macht nur einen relativ geringen Teil des Gesamtwortschatzes aus ndash aber er konzentriert sich auf bestimmte inhaltliche Bereiche des Lexikons Nimmt man wie Gsell als Maszligstab das Begriffssystem von Rudolf Hallig und Walther v Wartburg (19521963) so ergeben sich drei Schwerpunkte Die gegensatzfaumlhigen Woumlrter konzentrieren sich

l in der Rubrik laquoLacircme et lintellectraquo wo es sich um etwa vier Fuumlnftel von insgesamt 2000 Eintraumlgen handelt Es geht dort um geistige Faumlhigkeiten Bewusstsein Gedaumlchtnis Wahrnehmung Denken Vorstellung Gefuumlhle und dergleichen (Hallig und Wartburg verwenden in dieser Rubrik teilweise was Gsell nicht eigens erwaumlhnt Antonymenpaare explizit als Unter-Rubriken)

2 in der Rubrik laquoLa prioriraquo Hallig und Wartburg versuchen dort laquoden inhaltlich sehr allgemeinen nicht sachgebietsbezogenen Wortschatz nach Denk- und Begriffskategorien wie Existenz physische Zustandsformen Eigenschaften Ordnung Wertung Quantitaumlt Raum Zeit Kausalitaumlt Bewegung und Veraumlnderung zu gliedernraquo (Gsell 1979 114) Die Rolle des Kontrasts fuumlr diesen Bereich ist im Uumlbrigen bereits durch das oben zitierte Beispiel der aristotelischen Kategorien ersichtlich

3 im Bereich der jeweiligen Unter-Rubrik geacuteneacuteraliteacutes (oa) zu den jeweiligen groumlszligeren Abschnitten bei HalligWartburg

Gsell spricht anhand der Begriffe des zweiten Bereichs (den dritten nennt er nicht ausdruumlcklich) von laquosemantischen Strukturwoumlrternraquo (im Gegensatz zu den syntaktischen) sie lieszligen sich keinem bestimmten sachlichen oder begrifflichen Bereich

34 Herbert HClark spricht in diesem Zusammenhang (1970 275f) von der laquoRegel des minimalen Kon-trastsraquo In der Ontogenese kann im Uumlbrigen beobachtet werden dass die Beziehungen zwischen kontrastierenden Paaren zT insofern asymmetrisch sind als eins der beiden Elemente privilegiert dh fruumlher gelernt bzw als Oberbegriff verwendet wird Hiermit hat sich in einer Reihe von Arbeiten vor allem Eve V Clark befasst

zuordnen seien jedoch (besser sollte man sagen gerade deshalb) in jeder Art von Rede unentbehrlich

Der Begriff der laquosemantischen Strukturwoumlrterraquo scheint mir gluumlcklich gewaumlhlt zu sein weil solche Woumlrter - als eine von jeweils zwei Alternativen - unsere Erfahrung in houmlchstem Maszlige strukturieren Hierzu zwei Beispiele Von den 34 Woumlrtern der Listen von RussellJenkins (1970) bzw PalermoJenkins (1964) auf die mindestens 50 der Probanden als Assoziation an erster Stelle dasselbe Wort nennen sind 23 solche auf die ein Antonym assoziiert wird Als Strukturierungsdimension dienen dabei

ndash siebenmal der Geschlechtsunterschied (boygirl heshe kingqueen etc)ndash viermal im Bereich des Gesichtssinns die Dimension helldunkel (blackwhite dark light)ndash fuumlnfmal die Orientierung in Raum bzw Raum undoder Zeit (slowfast herethere longshort highlow youngerolder) weiterhin [p 23]ndash die Kommunikationssituation zwischen Sprecher und Houmlrer (meyou)ndash zweimal der Tast- oder Handsinn (hardsoft heavylight) schlieszliglichndash der Geschmackssinn (sour bzw bittersweet) ndash der Gehoumlrsinn (loudsoft) sowiendash die konverse Relation Zwischen Geben und Nehmen (sellbuy buyingselling)

Ist ein tertium moumlglich so immer in Form einer Skala zwischen den beiden Extrempolen die den Bereich eingrenzen - genauso wie dies Aristoteles fuumlr seine Klassifizierung der Tast- Geschmacks- und Geruchsempfindungen vorgeschlagen hatte

Das zweite Beispiel Wolfgang Lorenz und Gerd Wotjak haben aus 80 sprachwissenschaftlichen Untersuchungen haumlufig vorkommende laquoSemeraquo zusammengetragen also solche Begriffe die dazu verwendet werden um den Inhalt anderer Begriffe zu beschreiben Von den 129 in einer ersten Liste bei LorenzWotjak (1977 310-334) zusammengetragenen haumlufig genannten laquoSemenraquo sind nun mehr als die Haumllfte solche die zu Antonymen-Paaren geordnet werden koumlnnen - was wiederum ganz unabhaumlngig davon wie man zur Existenz von semantischen Merkmalen oder Semen stehen mag aufschlussreich ist fuumlr die Strukturierungs- und Reduktionsleistung entsprechender Begriffspaare

Waumlhrend bei der dominant syntagmatischen Art des Assoziierens die Aufgabe der semantischen Einordnung einer Einheit aus Wortart und Lautbild uumlber die Einbettung in den syntagmatischen Kontext also in ein komplexeres Zeichen geleistet wird verlaumluft somit im Fall der geschilderten Unterart des paradigmatischen Assoziierens die Einordnung anders Das betreffende Wort wird wo immer dies moumlglich ist uumlber die Zuordnung des Kontrast-Werts im Dreiecks-Modul identifiziert Dies ist Goethes laquoAnklingen des Gegensinnsraquo das seit Jost Trier im Bereich der Wortfeldlehre erwaumlhnt wird Die Identifizierung der Bedeutung von B mit Hilfe des kontrastierenden C fuumlhrt natuumlrlich dazu dass jeder normale Sprecher sich etwa bei Muumldigkeit dh bei verringerter Aufmerksamkeit zum Gegenteil hin versprechen kann35 In pathologischen Faumlllen fuumlhrt dann eine verringerte Unterscheidungsfaumlhigkeit zwischen den Teilen B und C des Moduls zu den haumlufigen laquoverbalen Paraphasienraquo des Typs nehmen fuumlr geben fragen fuumlr antworten groszlig fuumlr klein

35 Die Ursache dafuumlr dass der ungeuumlbte Houmlrer Versprech-Leistungen normalerweise gar nicht wahrnimmt haben schon Meringer und Mayer genannt laquo(hellip) Der Hauptgrund des Uumlberhoumlrens von Sprechfehlern liegt darin dass der Houmlrer ganz aumlhnlich daran ist wie der Sprecher und wohl aus derselben Ursache uumlberhoumlrt aus der der andere sich versprichtraquo (1895 10f)

3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Im Similaritaumlt-Kontrast-System das wo immer dies moumlglich ist den Zugriff auf semantische Information primaumlr steuert steht Mutter in [p 24] Kontrast zu Vater - tertium non datur Mutter steht jedoch auch in Beziehung zu anderen Lexemen zB zu Kind Tochter Stiefmutter Groszligmutter auch zu Frau etc Bei Frau oder Maumldchen bestehen uumlbrigens unabhaumlngig vom Geschlecht der Probanden - assoziative Verbindungen zu huumlbsch schoumln Schoumlnheit und dergleichen Die ersten dieser Verknuumlpfungen koumlnnte man noch leicht mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Vater und Mutter bilden ein minimales Paar das sich nur durch den bewussten kleinen Unterschied die Opposition maumlnnlichweiblich semantisch voneinander abhebt Bei Paaren wie MutterKind bzw MutterTochter waumlren es bereits mehrere differenzierende Merkmale (und das Beispiel zeigt zugleich dass es noch ganz andere Relationen gibt als die des Kontrasts hier zB die temporale oder die kausale) Bei MaumldchenSchoumlnheit muumlsste man schon mit Selektionspraumlferenzen arbeiten man koumlnnte wohl auch an den Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt denken

Es gibt nun allerdings eindeutig paradigmatische Assoziationen bei denen merk-malsemantische Konstruktionen angesichts ihrer notwendigen Komplexitaumlt in eklatantem Widerspruch zur hochgradigen Gelaumlufigkeit der betreffenden Assoziationen stuumlnden Ein einfaches Beispiel ist das Paar TischStuhl Die Zahlen 84 bei Russell Jenkins 69 bei PalermoJenkins 55 bei franzoumlsischen Studenten36 Man koumlnnte hier die Merkmal-Similaritaumlt uumlber den Oberbegriff Moumlbelstuumlck konstruieren aber wie waumlre dann zu erklaumlren dass die Verbindung zwischen Tisch und Stuhl enger ist als die zwischen den Moumlbelstuumlcken Tisch und Hocker (die sich im Prinzip nur durch die Groumlszlige unterscheiden) oder zwischen Tisch und Bett (1 der Nennungen trotz laquogetrennt von Tisch und Bett lebenraquo) Wie waumlren weiterhin so gelaumlufige Assoziationen wie pied chaussure araigneacuteetoile tobaccosmoke zu erklaumlren fuumlr die Oberbegriffe schwer zu konstruieren sind und die sich in einer solchen Konstruktion wenn sie gelingt immer noch durch eine Fuumllle von Merkmalen nicht etwa nur durch ein einziges unterschieden

Angesichts solcher Verhaumlltnisse scheint es mir plausibel zu sein das als grundlegend angesetzte Dreiecks-Modul in diesen Faumlllen als eine Similaritaumlts-Kontiguitaumlts-Beziehung zu interpretieren also in Anlehnung an das oben erlaumluterte bdquoGesetz der Naumlhe aus dem Bereich der optischen Wahrnehmung Solche Similaritaumlts-Kontiguitaumlts-Beziehungen beruhen bei einem flieszligenden Uumlbergang zum Similaritaumlt-Kontrast-Bereich ndash jeweils auf Erfahrungskontexten in denen Erscheinungen als zusammengehoumlrig verwandt benachbart verstanden werden Die Komponente der Similaritaumlt versteht sich hier vor allem als Zugehoumlrigkeit zum selben Er- [p 25] fahrungsbereich meist - aber keinesfalls ausschlieszliglich - auch als Zugehoumlrigkeit zur selben Wortart Die Kontiguitaumlt wird zumeist verkoumlrpert durch eine spezielle in der Regel gerichtete Beziehung zwischen den Elementen B und C (Die Zahl der Probanden die auf Stuhl wieder Tisch assoziieren ist viel geringer als die Zahl derer die auf Tisch die Assoziation Stuhl haben) Entscheidend ist dabei nun dass die Erfahrungskontexte zwar individuell verschieden sind dass die Relationen durch welche die Begriffe verknuumlpft sind dagegen meist ganz spezifische invariante Relationen darstellen Tisch und Stuhl sind zB integrierende Teile eines groumlszligeren Ganzen im Erfahrungsbereich des Wohnens und Arbeitens zwischen tobacco und

36 Die Zahl fuumlr die deutschen Probanden lautet 29 - hier stellen die 15 Nennungen fuumlr die im Grenzbe-reich zwischen semantischer und syntagmatischer Kontiguitaumlt liegende Assoziation Bein(e) eine starke Konkurrenz zu Stuhl dar

smoke araigneacutee und toile besteht eine kausale zwischen Hammer und Nagel eine finale Relation Das Gegenstuumlck zur Kontiguitaumlt die Distanz grenzt hier die Dreiecksmoduln gegeneinander ab Interessant ist dass in vielen Faumlllen nicht eigentlich der kontige Partner sondern die spezifische Relation etwa zwischen dem Gegenstand und einem allfaumllligen Benutzer assoziiert wird Um die finale Relation geht es zB in den Faumlllen Bettschlafen Schereschneiden ciseauxcouper scissorscut

32 Sonderfaumllle

Fuumlr beide Varianten des paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssystems gilt natuumlrlich Sobald auf der Achse BC mehr als zwei gleichrangige Mitglieder anzusiedeln sind sobald also in Trubetzkoys oder Coserius Terminologie eine laquoaumlquipollenteraquo und nicht eine laquoprivativeraquo Opposition vorliegt37 verliert die Assoziation von einem dieser Mitglieder zum anderen an Schaumlrfe die buumlndelnde Kraft des einzigen Antonyms oder des in spezifischer Weise kontigen Partners fehlt Musterbeispiel ist das Dreiecks-Modul fuumlr die Farbwerte im Gegensatz zu dem fuumlr die Grauwerte

Wegen der Auswahl aus einer groszligen Zahl gleichberechtigter Moumlglichkeiten sind die Reaktionen auf Farben dementsprechend wenig gebuumlndelt38 ndash auf gelb nennen an ers-ter Stelle 14 der amerikanischen Pro- [p 26] banden blau 12 der deutschen rot 11 der franzoumlsischen gruumln Bei den Ausgangswoumlrtern blau und gruumln ist die Assozia-tion im paradigmatischen Bereich sogar schwaumlcher als im syntagmatischen ndash hier nen-nen die Probanden in allen drei Sprachen an erster Stelle den Himmel (blau) und den Bereich GrasWieseLandschaft (gruumln) und dies mit einer Frequenz die vertreten durch Werte zwischen 20 und 30 deutlich uumlber den Frequenzen liegt die in den ande-

37 Coseriu 19641978 120f 1976 34 Eine graduelle Opposition entspricht wie oben in Anm 5 erwaumlhnt einer Unterart des aristotelischen Entgegengesetzten mit gegebenem tertium38 Nach der oben erwaumlhnten aristotelischen Farbkonzeption oder dem analogen Vorschlag bei Weinrich 1967 2213 oder Coseriu 1976 43f waumlren die beiden Dreiecks-Moduln zu einem einzigen zu kombinieren - die extremen Farbwerte waumlren also schwarz und weiszlig Dem widerspricht einerseits nicht das Assoziationsverhalten der Probanden im englischen franzoumlsischen und deutschen Sprachbereich wo auf rot blau gelb gruumln sowie auf Farbe jeweils auch und zT mit betraumlchtlichen Nennungszahlen schwarz undoder weiszlig genannt werden (Bei gebildeten franzoumlsischen Sprechern liegt in einem dieser Faumllle freilich eine syntagmatische Assoziation vor gerade wegen ihrer Bildung assoziieren 18 an erster Stelle auf rouge das Wort noir) Andererseits entspricht das Assoziieren von schwarz undoder weiszlig auf Farbadjektive den Erkenntnissen die der geniale Edwin H Land (1977) uumlber die Physiologie des Farbsehens gewonnen hat

ren Faumlllen fuumlr Farbwerte eintreten ndash Auch zwischen Zahlen scheinen auf den ersten Blick dieselben aumlquipollenten Beziehungen zu bestehen wie etwa zwischen Farbadjekti-ven Bei naumlherem Zusehen zeigt sich jedoch dass als spezifische Relation zwischen Zah-len die Relation bdquogroumlszliger als gesehen wird (Ganz abstrakt lautet die Regel fuumlr das Zaumlhlen ja Ersetze die letzte Zahl n durch n+1) Entsprechend sind die Assoziationen auf Zahlwoumlrter immer gerichtet zB im Sinn des n + 1 auf zwei wird drei auf drei wird vier assoziiert auf jeden Fall immer eine houmlhere Zahl39

Ein weiterer Sonderfall sind Erfahrungsbereiche die nicht zu denjenigen einer Vielzahl von Sprechern gehoumlren Zum Loumlwen wird gemeinhin als kontiger Partner im Erfahrungsbereich exotische wilde Tiere der Tiger assoziiert Beim Adler fehlt fuumlr den normalen Sterblichen der Partner In solchen Faumlllen kann die Assoziation dann zur Spitze A eines potentiellen Moduls verlaufen (man koumlnnte auch sagen Auf dem Weg von B zu einem potentiellen C endet die Assoziation in Ermangelung eines C bei A das sonst die Zwischenstation gewesen waumlre) Die Konsequenz Die haumlufigste Assoziation auf Ad-ler ist Vogel (21) oiseau (16) und bird (55) Solche Assoziationen zum Klassennamen dh zur Spitze A des Moduls hin sind relativ selten Mit groumlszligerer Haumlufig-keit treten sie sozusagen als Vorstufe zu Similaritaumlt-Kontrast-Assoziationen bei sprach-lich weniger sozialisierten Probanden auf40 [p 27]

4 Schlussuumlberlegungen

laquoDie Aufstellung von Oppositionen ist im Wortschatz wesentlich komplizierter als im phonologischen System einer Sprache da die beteiligten Merkmale wesentlich zahlrei-cher sind als in der Phonologie Prinzipiell handelt es sich jedoch um die gleichen Oppositionstypenraquo (Coseriu 1973 65)

Ich habe eingangs gezeigt dass Zweierschemata haumlufig als Denkmodell verwendet wer-den dass die Sprache im Bereich der Bezeichnungen des Entgegengesetzten uumlber eine ganze Skala solcher Zweierschemata verfuumlgt weiterhin dass Wahrnehmen und Erfassen von etwas stets zugleich bedeutet uumlber die Information hinausgehen die gegeben wird und dass auch bei diesem laquouumlber die Information hinausgehenraquo wieder Zweierschemata wie die von Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz entscheidend sind Ich habe dann Ergebnisse der sprachlichen Assoziationsforschung einer ersten Analyse unterzogen und diese Analyse in einem weiteren Schritt dadurch vertieft dass ich sprachliche Assoziationen als den Reflex von Strategien aufgefasst habe die dazu dienen semantische Information zu erfassen und einzuordnen Zum Abschluss will ich in vier Schlussuumlberlegungen skizzieren worin der moumlgliche Ertrag einer staumlrkeren Einbeziehung der Assoziationsforschung und verwandter Gebiete liegen kann in einem (1) Einblick in das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems und seine (2) Transformation in Onto- und Pathogenese sowie in der Diachronie in einem (3) neuen Licht das auf Probleme der Wortfeldforschung geworfen wird und schlieszliglich auch in einer (4) angemesseneren Haltung gegenuumlber der Wissenschaftsgeschichte

39 Schuchardts oben zitierte Vermutung auf drei koumlnne (aus Gruumlnden der Lautaumlhnlichkeit) auch zwei assoziiert werden ist auch deshalb abwegig weil Ruumlckwaumlrtszaumlhlen eine sehr schwierige Aufgabe ist sie wird zB haumlufig verwendet um das Ausmaszlig von Aphasien zu bestimmen Dasselbe gilt fuumlr Tages- und Monatsnamen wo die spezifische gerichtete Relation bdquospaumlter als oder bdquonach lautet40 Vgl Rosenzweig 1970 102 105 zum relativ groszligen Anteil der Assoziationen zum Oberbegriff hin bei amerikanischen und franzoumlsischen Arbeitern Jenkins 1970 7 erwaumlhnt das Zuruumlckgehen der Oberbegriffs- und der Synonym-Assoziationen in der Geschichte amerikanischer Assoziationstests - Angesichts des vorliegenden Materials ist mir unklar worauf Clark (1970 279) die Ansicht stuumltzt laquoFast-Synonymeraquo wie house - home odour - smell seem - appear thing - object sowie Ober- und Unterbegriffe kaumlmen bei den Wortassoziationen oft vor

41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems

In unserem paradigmatischen Orientierungssystem scheint es zwei Bereiche zu geben die flieszligend ineinander uumlbergehen und miteinander kombiniert sein koumlnnen ei-nen Bereich mit Similaritaumlt-Kontrast- und einen Bereich mit Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-(Distanz-)Struktur Im einen Bereich wird Information aumlhnlich wie im Fall des bdquoGesetzes der Gleichfoumlrmigkeit (und des Kontrastes) vor dem Hintergrund der Similaritaumlt domi-nant eingeordnet im Hinblick auf das Entgegengesetzte im anderen im Hinblick auf den Nachbarn im selben Erfahrungsbereich ndash was dem gestaltpsychologischen bdquoGesetz der Naumlhe entsprechen wuumlrde

[p 28] Das erste System strukturiert durch seine Reduktion auf in der Regel zwei Alternativen (mit falls ein tertium zugelassen ist Zwischenmoumlglichkeiten) unsere Erfah-rung in auszligerordentlich starkem Maszlig Hier bestehen zugleich die groumlszligten auszligereinzel-sprachlichen Uumlbereinstimmungen ndash und zwar deswegen weil bestimmte Strukturie-rungs-Dimensionen ethologisch gesehen nichts anderes darstellen als Verbalisierungen jener Interpretation der Natur der Umwelt und ihrer Gesetzlichkeiten die unser Organismus im Lauf seiner entwicklungsgeschichtlichen Adaptation vorgenommen hat Orientierung im Raum in der Zeit Orientierung durch Houmlren Sehen Riechen Schme-cken Fuumlhlen und Tasten Eine Reihe solcher Strukturierungs-Dimensionen (die generell Coserius und Pottiers Klassemen Greimas Kontextsemen oder Luumldis Kongruenzsemen gleichen)41 sind sogar grammatikalisiert also zu grammatischen Ordnungsdimensionen geworden (wobei die Einzelsprachen das Angebot natuumlrlich in jeweils verschiedener Weise wahrnehmen) Es geht ua pythagoreisch ausgedruumlckt um die Unterscheidung zwischen dem Einen und dem Vielen um die zwischen maumlnnlich und weiblich (die im grammatischen Bereich freilich neutralisiert werden kann) zwischen tot und lebendig (wofuumlr die Grammatiker unbelebtbelebt vorziehen) zwischen menschlich und nicht-menschlich geben (bdquoAllativ bdquoDativ) und nehmen (bdquoAblativ) zwischen ich und du ja und nein (vierte Art des Entgegengesetzten im aristotelischen Sinn) hier und dort jetzt und nicht-jetzt42

Besonders augenfaumlllig sind solche Klasseme und ihre Reduktionsleistung in den sogenannten Klassifikator-Sprachen ndash dort hat jedes Nomen ein Element bei sich das das Bezeichnete einer bestimmten Klasse von Denotaten zuweist etwa zur Klasse Tier oder Mensch zur Klasse der horizontalen oder vertikalen Objekte ndash wobei was nicht unerwartet ist als generellstes und haumlufigstes Klassifikationskriterium die Opposition zwischen belebt und unbelebt verwendet wird (vgl Serzisko 1980)

Unser so vorstrukturiertes Wahrnehmen und Denken erkennt umgekehrt in der Umwelt wieder Prinzipien wie die eingangs genannten Gegensatzpaare des fruumlhgriechi-schen Denkens ndash wobei inzwischen klar sein duumlrfte dass es sich um alles andere als um bdquoarchaisches oder bdquoprimitives Denken handelt Bemerkenswert an den Wort-Assozia-tionen ist ja ua dass man sie nicht dadurch erhaumllt dass man im Sinn des dritten noogenetischen Prinzips von Spearman den Ausgangspunkt und die gewuumlnschte Rela-tion vorgibt um zu einem Ergebnis zu kommen es genuumlgt die Angabe des Ausgangspunkts Wahrnehmen Erkennen Verstehen bedeuten naumlmlich stets Einordnen Relationen herstellen ndash gleichguumlltig ob es um [p 29] die optische Wahrnehmung geht an der einige (vermutlich verwandte) Gestaltgesetze erlaumlutert wurden oder aber um das Einordnen sprachlicher Information So ist es ganz selbstverstaumlndlich dass die gege-

41 Vgl Coseriu 1972 52 LorenzWotjak 1977 235 mit Anm 10342 Vgl zur binaumlren Opposition als einer Extremform des grammatischen Paradigmas auch Weinrich 1967 1975

bene Information erst im Hinausgehen uumlber das Gegebene erfasst wird - ein Hinausge-hen das die Psychologen bekanntlich auch Denken nennen Im sprachlichen Erfassen ist so auch das Denken oder laquouumlber das Gegebene Hinausgehenraquo angelegt Das Denk-schema von These Antithese und Synthese spiegelt zB das Dreiecks-Modul des Similaritaumlt-Kontrast-Systems wider Mann und Frau sind in Mensch aufgehoben43

Waumlhrend im Bereich des Similaritaumlt-Kontrast-Systems nicht nur im Prinzip son-dern zT auch materiell gewisse auszligereinzelsprachliche Uumlbereinstimmungen vorhanden sind gibt es im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System natuumlrlich entsprechend dem Erfahrungs- und Lebensbereich kulturelle und soziale Unterschiede Entscheidend ist jedoch auch hier dass Einordnen nicht nur bedeutet in Relation Setzen zu diese Relationen sind ebenso wie die Kontrast-Relation im anderen System wiederum ganz spezifische ihrer-seits in aller Regel uumlberindividuelle Denk-Relationen TeilGanzes Kausalitaumlt Finalitaumlt Zeitrelation Invariant oder auszligereinzelsprachlich sind also die Relationen nicht notwendigerweise dagegen die Terme die durch solche Relationen verbunden sind

42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semanti-schen Orientierungssystems

Nach den vorgefuumlhrten Analysen gibt es drei Strategien zur Wahrnehmung und Einordnung semantischer Information eine dominant syntagmatische und die beiden eben erwaumlhnten paradigmatischen Dabei entspricht die syntagmatische Strategie dem was Hansjakob Seiler im Bereich der bdquosprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden mit Piaget zunaumlchst als Einordnen dann als Individualisierung bezeichnet hat insbeson-dere das paradigmatische Similaritaumlt-Kontrast-System entspricht dagegen dem Seiler-schen Klassifizieren bzw Generalisieren als der anderen polaren Instanz im Bereich der sprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden (Seiler 1981) Die Charakteristika aller drei Orientierungs- und [p 30] Einordnungssysteme sind in der folgenden Uumlbersicht nochmals zusammengestellt

I II IIISyntagmatisches Konti-guitaumlts-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontrast-System

Dominante Strategie Einordnen in ein groumlszlige-res Syntagma (dh in ein komplexeres Zei-chen)

Zuordnung eines Part-ners aus demselben Er-fahrungsbereich (uumlber spezifische Relationen)

Zuordnung eines Anto-nyms (uumlber die Gegen-satz-Relation)

Wortklasse in aller Regel verschie-den

in der Regel gleich gleich

Kontiguitaumlt vs Distanz ja ja

43 Es ist gewiss nicht erstaunlich dass wie Coseriu (1977a) gezeigt hat gerade Hegel in seiner Humboldt-Rezension als Vergleichsgrundlage fuumlr alle Sprachen die Unterscheidung von Gattungen und Arten bzw von laquoAllgemeinheiten und Bestimmtheitenraquo ansieht ndash mit anderen Worten also das DreiecksModul in sei-ner Similaritaumlt-Kontrast-Auspraumlgung ndash Die Bolle des Kontrasts (als drittes Moment neben Similaritaumlt und Kontiguitaumlt) hat aus der phaumlnomenologischen Tradition heraus sehr schoumln und einleuchtend Elmar Holen-stein dargestellt und gerade auch fuumlr die sprachliche Seite als grundlegend bezeichnet laquoDamit uumlberhaupt eine Auswahl (gemeint ist auf der paradigmatischen Achse der Selektion) getroffen werden kann muss sich etwas von etwas abhebenraquo (1976 86) Bruners going beyond the information given kann also zT auch im phaumlnomenologischen Sinn interpretiert werden

Similaritaumlt vs Kontrast ja ja

Fuumlr alle Woumlrter moumlg-lich

ja groszliger Bereich kleiner Bereich (bdquosemantische Struktur-woumlrterldquo)

Die spezifischen Relationen im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System entsprechen dabei in etwa Piagets laquoinfralogischenraquo Relationen oder Spearmans (1923 67-71) laquorealraquo relati-ons die Relationen des Similaritaumlt-Kontrast-Systems entsprechen dagegen Piagets laquologi-schenraquo und in etwa wohl Spearmans (71-74) laquoidealraquo relations Fuumlr die veschiedentlich erwaumlhnte nicht scharfe Trennung der Bereiche II und III duumlrften ua die Teil-Ganzes-Relationen verantwortlich sein die sowohl im laquologischenraquo (Inklusion) als auch im laquoinfralogischenraquo Bereich vorkommen Waumlhrend die Relationen des Similaritaumlt-Kontigui-taumlt-Systems dominant gerichtete Relationen sind ist die Gegensatz-Relation des Similaritaumlt-Kontrast-Systems grundsaumltzlich zweiseitig Abweichungen ergeben sich insbesondere durch Polysemie (vgl o S 12)

Ontogenetisch gesehen werden nun die paradigmatischen Systeme II und III uumlber das syntagmatische System I aufgebaut Dabei nimmt das System II wie aus seinen Merkmalen ersichtlich ist eine Mittelstellung zwischen den Systemen I und III ein - im Sinn der Konzeption Seilers stellt es also gewissermaszligen den bdquoWendepunkt zwischen den beiden Polen der Dimension sprachliche Erfassung von Gegenstaumlnden dar Auch der flieszligende Uumlbergang zwischen den drei Systemen erhellt aus dem Schema die Grenz-faumllle liegen interessanterweise nicht zwischen I und III sondern zwischen den Systemen III (zB Coserius laquolexikalische Solidaritaumltenraquo) und zwischen den Systemen IIIII Es ist somit plausibel dass [p 31] in der Ontogenese die Systeme in der Reihenfolge I-II-III aufgebaut werden Das System III nimmt dabei insofern eine Sonderstellung ein als es wie die letzte Zeile des Schemas nochmals ausweist direkt nur auf einen kleinen aber wichtigen Ausschnitt des Wortschatzes anwendbar ist

Was den Abbau der Sprache bei pathologischer (oder altersbedingter) Beeintraumlchtigung des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems betrifft so ist den vorliegenden Beobachtungen nach die Reihenfolge wohl umgekehrt Das System III wird vor dem System II beeintraumlchtigt Dies entspraumlche der Erkenntnis Jakobsons dass man zuerst verliert was man zuletzt erworben hat44 Was schlieszliglich diachronische Transformationen speziell den Bedeutungswandel betrifft so ist die Affinitaumlt zu Uumlberlegungen sehr wichtig die in Teilbereichen schon Wilhelm Wundt (o S 7) und dann vor allem Stephen Ullman angestellt hat Ullman resuumlmiert ja die Arbeit seines Lands-manns Zoltan Gombocz (Jelentestan Pecs [Fuumlnfkirchen] 1926) und den ihm zu Grunde liegenden Aufsatz von Leacuteonce Roudet (1921) mit folgenden Worten

laquoAn associative network of names clusters around each name some of these associations are rooted in similarity others in contiguityraquo (1967 79)

Dem entspricht dann seine Klassifizierung des Bedeutungswandels (1967 220ff) Uumlbertragung von signantia aufgrund von Similaritaumlt bzw Kontiguitaumlt zwischen den sig-nata bzw umgekehrt Uumlbertragung von signata aufgrund der SimilaritaumltKontiguitaumlt zwi-schen den signantia Zu praumlzisieren waumlre dass es sich nicht um Similaritaumlt oder Kontiguitaumlt handelt sondern um Transfer im Rahmen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- oder 44 Die Arbeit von Stachowiak uumlber die Semantische Struktur des subjektiven Lexikons (1979) bestaumltigt diese Hypothese was dort vorgefuumlhrt wird laumlsst sich mE alles in dem Sinn interpretieren dass bei aphasischem Abbau der Sprache vor allem das System III beeintraumlchtigt wird Nach dem was oben (S 18f) uumlber die Komplexitaumlt von Benennungs- und Assoziations-Aufgaben gesagt wurde unterstreicht dies im Grund auch die These Jakobsons dass es sich im wesentlichen um eine Stoumlrung handelt bei der die metasprachliche Punktion der Sprache beeintraumlchtigt ist

des Similaritaumlt-Kontrast-Systems die Rolle des Kontrasts ist wie schon Wundt sah in der Tat nicht unwichtig45 [p 32]43 Wortfeld-Probleme

Die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen werfen auch ein Licht auf manche Probleme der Wortfeldforschung Zunaumlchst erklaumlren sowohl die Wortassoziationen als auch die Sprechfehler das eher selten reflektierte Phaumlnomen dass die bisher vorgestellten Wortfelder alle aus Elementen derselben Wortart bestehen46 Weiterhin muumlsste man ge-maumlszlig den beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssystemen wohl auch zwischen zwei Grundarten von Wortfeldern unterscheiden zwischen solchen des Similaritaumlt-Kontrast-Typs und solchen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- [p 33] Systems (etwa Wortfeld desWohnens der Werkzeuge der Landschaft)47 In der Form wie sie durch die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen nahegelegt werden vermitteln dabei die Wortfel-

45 Was die Unterscheidung der beiden paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssysteme angeht so fuumlhle ich mich nicht nur in der guten Gesellschaft Ullmans sondern auch in der einer Reihe von Psychologen Sprachpsychologen und Aphasieforschern Jean Piaget und Baumlrbel Inhelder unterscheiden bei der Ordnungsleistung von Kindern zwischen dem Ordnen nach dem Prinzip der Aumlhnlichkeit und nach demjenigen der Konvenienz und etwa analog dazu zwischen den schon erwaumlhnten laquologischenraquo Relatio -nen (Klassifizierung) und den laquoinfralogischenraquo (PiagetInhelder 19731 38ff) Elisabeth Wiig und Diana Globus haben 1971 in einem kontrollierten Assoziationsversuch mit 7 Aphasikern und 7 gesunden Kon -trollpersonen explizit mit Piagets logischen und infralogischen Relationen gearbeitet Das Ergebnis kann nicht nur dahingehend interpretiert werden dass es entsprechend zu diesen Relationen zwei verschie -dene Orientierungs- und Einordnungssysteme gibt sondern auch dahingehend dass das klassifikatorische System (Similaritaumlt-Kontrast-System) sowohl bei Gesunden als auch bei Aphasikern im Verfahren der kontrollierten Assoziation (gegeben ist ein Ausgangsbegriff und die Relation gesucht wird ein Zielwort) nur dann gute Ergebnisse erbringt wenn die Merkmalunterschiede gering sind - und am geringsten sind sie natuumlrlich bei binaumlren Oppositionen also etwa bei Antonymie Sobald die Merkmalsunterschiede groumlszliger werden etwa beim Ausgangsbegriff Kind und dem gesuchten Begriff Eltern sind die Suchergebnisse bei Aphasikern und Gesunden gleichermaszligen schlecht Dagegen funktioniert das infralogische System sowohl bei hoher als auch bei geringer Kontiguitaumlt der Begriffe bei den unter-suchten Aphasikern und den gesunden Kontrollpersonen recht gut (laquoWas ist der Zweck von Heizung - Ergebnis Waumlrme oaraquo) ndash Was die beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssysteme an-langt stehe ich auch weitgehend in Einklang mit James Deese Deese zieht nach einer essentiell faktoranalytischen Untersuchung von Assoziationsverhalten ua folgende Konsequenz (1965 164) laquoThe data on associative distribution suggest that the two fundamental operations we have for sorting out meaningful ndashthat is logical and syntactical relations among wordsndash are contrast and groupingraquo Deese sieht freilich ua nicht die Einordnung in ein Syntagma als dritte Strategie und anhand einer sprachpsychologischen Darstellung des Assoziationsverhaltens wie sie etwa von Houmlrmann (1967 115-156) gegeben wird vermisst man generell den Ansatz Assoziationen als Reflex von Strategien zum Erfas-sen von Bedeutung anzusehen so erscheinen dann viele Beobachtungen die anhand des obigen Schemas sinnvoll integriert werden koumlnnen eher als membra disiecta ndash Ich nenne schlieszliglich noch die Arbeit von Huber et al 1975 und die schon erwaumlhnte Dissertation von Stachowiak (1979) In der Arbeit von 1975 wird ndashbei einer Beschreibung jenes Aphasie-Typs der nach Carl Wernicke benannt istndash unterschieden zwischen zwei Orientierungsprinzipien im Lexikon einem laquosemantisch-klassifikatorischenraquo und einem laquosituativ-referentiellenraquo (1975 88 vgl Stachowiak 1979 58f) Ich bin freilich nicht einverstanden mit der These Stachowiaks es handle sich dabei einerseits um einen laquoinnersprachlichenraquo andererseits um ei-nen laquoenzyklopaumldischenraquo Bereich Wesentlich ist was nochmals betont sein soll fuumlr beide Bereiche als invariantes Prinzip dasjenige der Relation dabei sind die Relationen im einen Fall gewiss klassifikatorisch im anderen laquoinfralogischraquo beide Arten von Relationen sind jedoch gleichermaszligen uumlberindividuell und sie werden gleichermaszligen erlernt46 Geckeler sieht (1971 218) die Wortart-Gleichheit als die gewissermaszligen selbstverstaumlndliche Folge ei -ner paradigmatischen Perspektive an (was einer engen Konzeption von Paradigma entspricht) vgl u S 3547 Wenn ich recht sehe korrespondieren die beiden Grundarten mit einer Unterscheidung die Coseriu (1976 47f) innerhalb eines seiner fuumlnf Kriterien zur Klassifizierung von Wortfeldern macht naumlmlich der Unterscheidung zwischen laquorelationellenraquo und laquosubstantivenraquo Oppositionen bzw Feldern Im Rahmen der hier vorgetragenen Konzeption wird diese Unterscheidung zu einer zentralen Groumlszlige

der des Similaritaumlt-Kontrast-Typs gewissermaszligen zwischen zwei extremen Konzeptio-nen von Wortfeld zwischen der von Andre Jolles und der von Jost Trier Jolles (der des-halb von Trier und anderen gescholten wurde) wollte nur Minimalformen mit jeweils zwei (antonymen) Gliedern als laquoBedeutungsfelderraquo gelten lassen Felder die in dieser Form natuumlrlich fest umgrenzt waumlren (Jolles 1934) Fuumlr Trier galt dagegen das Prinzip der Wert jedes Worts ergebe sich aus dem Feldwert also aus der Position in einem semantischen Feld Das Wort bedeute laquonur in diesem Ganzen und kraft dieses Ganzenraquo Die vermittelnde Position ist die in einem zentralen Antonymenpaar den festen Kern zu sehen um den sich ein ganzes Feld verwandter Termini schart wobei im Normalfall die Grenze des Feldes verschwimmt Das Feld waumlre also nur von seinem zentralen Kern aus als solches zu greifen Geckelers Doppel-Wortfeld zwischen altrsquo und seinen beiden Antonymen jung und neursquo scheint mir de facto im Sinn einer solchen Konzeption interpretierbar zu sein

Die Wortfelder des Similaritaumlt-Kontrast-Typs lassen sich nun wie schon er-waumlhnt in einleuchtender Weise mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Spaumltestens bei dem Versuch Wortfelder des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs merkmalsemantisch zu rekonstruieren treten jedoch betraumlchtliche Schwierigkeiten auf Ein Verfahren auch solche Bereiche bdquodurchsichtig zu machen besteht nun darin dass man an die Spitze eines Feldes neben den eventuell vorhandenen Oberbegriff noch eine der spezifischen Auspraumlgungen der Kontiguitaumlts-Relation stellt (wodurch dann das was die Basiskante BC des Moduls von S 21 ausmacht als Seitenkante bzw Suchbegriff verwendet wird) Pottiers Wortfeld der Sitzmoumlbel im Franzoumlsischen hat als konstituierende Merkmale ne-ben dem Oberbegriff Artefakt eine solche spezifische Auspraumlgung naumlmlich das finale zum Sitzen Die Similaritaumlt die durch diese beiden Merkmale geschaffen wird stellt einerseits das Auswahlkriterium dar nach dem das Feld begrenzt andererseits den Hintergrund an Similaritaumlt vor dem es analysiert werden kann Ein Bereich wie Werk-zeug laumlsst sich um ein weiteres Beispiel zu geben nur schwer merkmalsemantisch beschreiben weil man Begriffe wie Stechbeitel Loumltkolben Nietzange und Maumlhdre-scher zu beruumlcksichtigen haumltte Fuumlgt man jedoch zu Werkzeug die finale Relation zum Bearbeiten von (beispielsweise von Holz) so entsteht ein uumlberschaubares und strukturierbares Feld [p 34]

Dabei zeigt sich nicht nur dass solche Wortfelder in gewissem Maszlig beliebig (re)konstruierbar sind - man kann etwa Katze mit gleichem Recht einmal zu den Haus-tieren ein andermal zu den fleischfressenden Saumlugetieren rechnen Es zeigt sich gleichzeitig dass eine solche Rekonstruktion genau nach dem dritten noogenetischen Prinzip von Spearman verlaumluft Zu einem Ausgangsbegriff (Werkzeug) und einer Rela-tion (zum Bearbeiten von Holz) werden Entsprechungen gesucht und gebildet Unter dem Blickwinkel dieses noogenetischen Prinzips sind Wortfelder nun nicht nur beschreibbar als Ergebnisse eines Verfahrens der kontrollierten Assoziation die beiden angedeuteten Grundtypen von Wortfeldern beruhen dann sogar beide auf demselben Grundprinzip Gegeben ist der Ausgangsbegriff und eine Relation ndash eine Relation die im Fall des Similaritaumlt-Kontrast-Typs die Gegensatzrelation ist im Fall des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs eine finale kausale temporale lokale TeilGanzes-Relation etc Dass solche Konstruktionen oder Rekonstruktionen48 also die Wortfelder der Linguisten keinesfalls - um mit Gauger (zB 1976) zu sprechen - laquobewusstseinsfremdraquo sind zeigt gerade das Verfahren der freien Assoziation dessen Interpretation Ausgangspunkt die-ser Uumlberlegungen war

Dies hat auch Auswirkungen auf das von Saussure aufgeworfene Negativitaumltsproblem Gewiss bedeutet Vater nicht nur Nicht-Mutter sondern auch

48 Von der Konstruktion von Wortfeldern spricht auch Coseriu (zB 1970 113)

Nicht-Sohn Nicht-Barock Nicht-Jahrhundert Bei einer solchen Betrachtung wird je-doch eine bestimmte Art des Gegensatzes die parmenideische Relation des bdquoIst nicht verabsolutiert Sie spielt gewiss eine wichtige Rolle in der Sprache sowohl in der Semantik als auch im Bereich der geschlossenen grammatischen Paradigmen Man sollte jedoch (trotz des Umstands dass die Kontrast-Relation und mit ihr die Relation des oppositiven bdquoIst nicht gerne als laquologischraquo die Relationen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Systems dagegen als laquoinfralogischraquo bezeichnet werden) nicht vergessen dass beide Ar-ten von Relationen unabdingbare Konstanten unseres Wahrnehmens Erfassens und Denkens darstellen und dass eine Semantik die nicht bewusstseinsfremd sein will dementsprechend nicht nur die im Motto auf S 27 angegebenen Oppositionen sondern die ganze Skala moumlglicher Relationen mit in ihr Beschreibungsinstrumentarium aufneh-men muss

44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte

Eugenio Coseriu hat 1977 in seiner Antrittsrede an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften als eines der vier Prinzipien seines Schaffens das Stichwort Tradition und Neuerung genannt Es heiszligt dort laquodass die Geschichte unserer Wissenschaften wie uumlberhaupt die Kultur- [p 35] geschichte Fortsetzung von Traditionen und Erneuerung innerhalb von Traditionen istraquo Man sage eigentlich Neues nur wenn man an Traditionen anknuumlpfe und Traditionen fortsetze (1977 109 vgl 1979 5) Ich habe im vorliegenden Beitrag versucht in mehrfacher Weise an solche Traditionen anzuknuumlpfen ua an diejenige der Assoziationsforschung der Jahrhundertwende Dass hier uumlberhaupt von einem (Wieder-)laquoAnknuumlpfenraquo gesprochen werden muss hat seine Gruumlnde

Der Begriff Assoziation war noch Saussure so gelaumlufig dass er ihn in dem Sinn verwendete in dem heute Paradigma und paradigmatisch gebraucht werden (Saus-sure spricht nicht von paradigmatischen sondern von assoziativen Relationen) Henri Frei oder Charles Bally setzten in dieser Hinsicht nicht nur die Tradition des Meisters fort Bally kannte wie ua einschlaumlgige Stellen aus dem Traiteacute de stylistique franccedilaise von 1909 zeigen offensichtlich auch die Arbeit von Thumb und Marbe sowie den dort angesprochenen Bereich des Assoziierens insbesondere zum Gegenteil hin Seither hat jedoch in der Sprachwissenschaft ein grundlegender Paradigmawechsel stattgefunden Eine im Uumlbermaszlig psychologisierende Stroumlmung wurde wie uumlblich durch das Gegenteil abgeloumlst und seither scheinen die Sprachwissenschaftler den Begriff Assoziation als et-was eher Anruumlchiges zu meiden und allenfalls mit ganz spitzen Fingern anzufassen laquoCest pour eacuteviter le psychologisme adopteacute dans le Cours de F de Saussure que je substi-tue le terme rapport paradigmatique agrave celui de rapport associatifraquo schreibt Louis Hjelmslev der den terminologischen Wandel vollzogen hat in einer Fuszlignote des Vor-trags den er 1936 auf dem Linguisten-Kongress in Kopenhagen gehalten hat (1938140) Interessanterweise ist auch der Anti-Psychologismus wie Gauger zeigen konnte (1976 73-87) bei Saussure schon mit angelegt

Freilich motiviert sowohl die weitere Geschichte der Assoziationsforschung als auch die Auffassung der Sprechfehler diese spitzen Finger in betraumlchtlichem Maszlig beide Phaumlnomene wurden in den Bereich der Abnormalitaumlt und des Pathologischen geruumlckt Was das Versprechen angeht so ist die Ursache kein anderer als Sigmund Freud er griff aus den Sprechfehlern die Meringer und Mayer vorgefuumlhrt hatten vor allem die Gruppe des Versprechens zum Gegenteil hin heraus und interpretierte sie in dem bekannten Sinn Das Versprechen zum Gegenteil hin lege die geheimen Gedanken des Sprechers bloszlig Dies ist ganz ohne Zweifel eine Uumlberinterpretation die in manchen Faumlllen zutreffen

mag fuumlr den Durchschnittsfall jedoch keinerlei Allgemeinguumlltigkeit beanspruchen kann49 Wie nachhal- [p 36] tig die Interpretation Freuds ndashin diesem Fall leiderndash ge-wirkt hat zeigt die Verbindlichkeit jener Bezeichnung mit der man Sprechfehler heute erfasst bdquo(Freudsche) Fehlleistungen Ein in gleichem Maszlig bdquopathologischer Geruch begleitet spaumltestens seit 1910 die Versuche mit Wortassoziationen Carl Gustav Jung machte Versuche mit Assoziationen Kent und Rosanoff hatten die Absicht mit ihrer Liste von 100 Ausgangswoumlrtern und dem Durchschnitt der Assoziationen von 1000 Probanden eine Norm aufzustellen von der sich abnormale Assoziationen abheben soll-ten Die Untersuchung erschien nicht nur in der Zeitschrift American Journal of Insanity sie hieszlig auch noch A Study of Association in Insanity I Association in Normal Subjects Alle seitherigen einschlaumlgigen Assoziations-Listen werden von den Psychologen entspre-chend mit dem Etikett Norm versehen (laquoRussellJenkins-Normraquo laquoPalermoJenkins-Normraquo etc)

Die Haltung spaumlterer Sprachwissenschaftler ist also auch damit zu erklaumlren dass das Assoziieren und die Sprechfehler durch Pathologisierung ihrer ehemaligen (und angemesseneren) Unschuld verlustig gegangen waren Freilich gibt es seit einiger Zeit wieder ein neues und zunehmendes Interesse an Fragestellungen des Sich-Versprechens Assoziierens und der (wirklich zum Bereich des Pathologischen gehoumlrenden) Aphasie-Forschung50 Dass dabei in der Regel die eigentliche Tradition ausgespart wird ist weniger erfreulich Denn es geht nicht nur um eine sehr alte Tradition des Denkens es geht mit der Omnipraumlsenz bestimmter Relationen eigentlich um grundlegende Charakteristika des Sprechens und Denkens selbst

Freiburg Wolfgang Raible

[p 37] Literaturverzeichnis

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49 Vgl hier die analoge Einstufung der Freudschen Konzeption sprachlicher Fehlleistungen bei Kainz 1956 38 - Die Auseinandersetzung zwischen Freud und Meringer war zT sehr heftig Auf einer houmlheren Stufe der Eskalation zieh Meringer Freud beispielsweise der laquoStuumlmperraquo-Haftigkeit auf dem Gebiet des Beobach-tens laquoEr sieht und houmlrt naumlmlich nur das was sich eventuell zur Begruumlndung seiner phantastischen Theorien missbrauchen laumlsst Die unendlich vielen Faumllle die sich dagegen mit Haumlnden und Fuumlszligen straumlu-ben sieht er nicht (1912 55)50 Ich nenne drei Indizien fuumlr die Wiederbelebung der Tradition bzw das verstaumlrkte Interesse an den betreffenden Zusammenhaumlngen Erstens wird die Arbeit von Meringer und Mayer in einem 1973 von Victoria A Fromkin herausgegebenen Sammelband in den beiden Beitraumlgen der Herausgeberin wenigs-tens gelegentlich wenn auch zT falsch zitiert Die Arbeit von Thumb und Marbe wurde 1978 sogar neu ediert Zweitens gibt es insbesondere in den Vereinigten Staaten eine Reihe von Arbeiten zu linguistischen Aspekten der Assoziationsforschung (die wichtigste ist wohl die allerdings weitgehend psychologisch und psychometrisch orientierte von Deese 1965) die zB in den Versuch einer Synthese eingegangen sind den Herbert H Clark 1970 veroumlffentlicht hat (Die Arbeit von Clark ist freilich noch ein wenig zu stark dem Grammatikmodell der Transformationsgrammatik verhaftet) Noumlth (1975) hat den Ansatz von Clark zT weitergefuumlhrt sich zT jedoch auch in kasuistischen Uumlberlegungen gefangen Drittens ist das Wiedererwa-chen des linguistischen Interesses an der Aphasie-Forschung zu vermerken (es war zB schon bei Meringer und Mayer vorhanden) Fuumlr dieses ndashallerdings in Schuumlben auftretendendash Interesse ist nicht zuletzt auch Roman Jakobson verantwortlich

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  • Von der Allgegenwart des Gegensinns
  • (und einiger anderer Relationen)
  • Strategien zur Einordnung semantischer Information
  • Wolfgang Raible (Universitaumlt Freiburg)
  • Eugenio Coseriu zum 2771981
  • 21 Gesetzmaumlszligigkeiten des Assoziierens
  • 211 Argumentum quantitatis
  • 212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt
  • 22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens
  • 311 Syntagmatisches Assoziieren
  • 312 Paradigmatisches Assoziieren
  • 3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System
  • 3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System
  • 32 Sonderfaumllle
  • 41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems
  • 42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semantishyschen Orientierungssystems
  • ja
  • Fuumlr alle Woumlrter moumlgshylich
  • 44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte
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  • Ullmann S The Principles of Semantics OxfordGlasgow 1967
Page 12: latina.phil2.uni-freiburg.delatina.phil2.uni-freiburg.de/.../Files/Gegensinn_neu.docx  · Web viewZeitschrift für romanische Philologie Bd. 97, Heft 1/2, S. 1-40. Die Seitenangabe

haumltte23 Dies liegt daran dass sprachliche Information primaumlr nach ihrem syntaktisch-semantischen [p 15] Gehalt analysiert und verarbeitet wird (und die Assoziationen auf Zahlen sind hier wie noch in 32 gezeigt werden wird hochgradig gerichtet) Klangphaumlnomene sind auf jeden Fall sekundaumlr Erst dann wenn der Proband die Bedeutung nicht versteht wie etwa bei Fremdwoumlrtern bei Termini technici oder bei Woumlrtern einer ihm unbekannten Sprache spielt die Laut-Assoziation eine Rolle24 Thumb zeigte dies in einer spaumlteren Studie aus dem Jahre 1908

21a Aktualisierender Zusatz im Jahr 2011

Ein Team von drei Wissenschaftlern der Universitaumlten von South Florida und Kansas hat den bisher wohl groumlszligt-angelegten Test mit Assoziationen auf Wort-Stimuli unternommen und dies mit einer Unzahl von Probanden Nelson D L McEvoy C L amp Schreiber T A (1998) The University of South Florida word association rhyme and word fragment norms25 ldquoMore than 6000 participants produced nearly three-quarters of a million responses to 5019 stimulus wordsrdquo

Im vorliegenden Fall geht es um insgesamt 4870 Woumlrter als Ausgangspunkte fuumlr Assoziationen (cues) 76 davon Nomina 13 Adjektive 7 Verben 16 waren Homographen Die Testpersonen durften jeweils ein einziges Wort als Reaktion aufschreiben Die Reaktionszeit wurde dabei nicht gemessen Aus den 4870 Faumlllen habe ich die 538 ausgewaumlhlt in denen eine ldquoForward Cue-to-Target Strengthrdquo von ge 05 vorlag bei denen also ein Reizwort mit hoher Wahrscheinlichkeit ein oder mehrere Zielwoumlrter ausloumlst Dabei bestaumltigen sich die Ergebnisse der 1980 vorgenommenen Analyse fast vollstaumlndig

Antonymen-Relationen die sich anhand des Corpus der University of Southern Florida ergeben Die meisten sind zweiseitig Sie entsprechen den u auf S 2223 analysierten acht Strukturierungsdimensionenabove lt--gt belowadd lt--gt subtractaddition lt--gt subtraction

defense --gt offensedifferent --gt samedown lt--gt up

major --gt minorme lt--gt youmine lt--gt yours

23 Vgl im Einzelnen Schuchardt 1902 - Dass Assonanzen keine Rolle spielen gilt natuumlrlich nicht dort wo jemand im Sinn des dritten noogenetischen Prinzips von Spearman explizit Woumlrter sucht die mit dem Ausgangswort durch die Relation lautlicher Similaritaumlt verbunden sind also beispielsweise Reimwoumlrter - Wie sehr die Verarbeitung sprachlicher Information primaumlr auf die Analyse syntaktischer und semanti-scher Merkmale ausgerichtet ist zeigt sich einerseits bei den unendlich zahlreichen Versuchen der Psychologen vergangener Jahrzehnte mit kuumlnstlichem sinnlosem Wortmaterial zu arbeiten die Proban-den versuchen auch dort ganz automatisch zunaumlchst einen Sinn zu houmlren Wie sehr die etwa von Coseriu stets betonte Semantizitaumlt der Sprache selbst bei traumatischen und sonstigen Aphasikern im Vorder-grund steht zeigt andererseits die einschlaumlgige Forschung Luria (1976 150f) berichtet dass auch bei den Assoziationen von Aphasikern Woumlrter mit verwandter Bedeutung den Vorrang vor Woumlrtern mit aumlhnli-chem Klang haben Nur bei besonders schweren Faumlllen von Aphasie und bei geistig Zuruumlckgebliebenen dominiert die Lautassoziation vor der inhaltlichen Als Beispiel fuumlr die untergeordnete Bedeutung von Lautassoziationen kann auch ein Versuch mit Aphasikern dienen dessen Gegenstand kontrollierte Assoziationen waren (Aufzaumlhlen von Tiernamen) von den 2918 Namen die von insgesamt 94 Patienten innerhalb von fuumlnf Minuten genannt wurden waren ganze 6 Faumllle vom Typ MausLaus (GloningMuumlller 19711972 264)24 Bin illustratives Beispiel sind die Reaktionen auf das im amerikanischen Englischen aumluszligerst selten be -legte Ausgangswort abbess (Aumlbtissin) Den 1 Rang unter den Antworten hat hier mit 9 hole - ganz offensichtlich deshalb weil die Probanden abbess als abyss verstanden Erst an 2 Stelle folgt mit 5 ein Wort bei dem wohl die lautliche Assoziation Pate gestanden hat abscess (Postman 1970 260) 25 httpw3usfeduFreeAssociation

answer lt--gt questionasleep lt--gt awakeback lt--gt frontbad lt--gt goodbefore --gt afterbegin lt--gt endbest lt--gt worstblack lt--gt whiteborrow --gt lendbottom lt--gt topfemale lt--gt maleboy lt--gt girluncle lt--gt auntactor lt--gt actressbrother lt--gt sisterdad lt--gt momfather lt--gt motherdaughter lt--gt songrandma lt--gt grandpahusband lt--gt wifeman lt--gt womanbuyer lt--gt sellerclose --gt openday lt--gt nightdead --gt alive

downstairs lt--gt upstairsdryer --gt washereast lt--gt westempty lt--gt fulleven lt--gt oddexit --gt entranceexplode --gt implodefalse lt--gt truefar lt--gt nearfind lt--gt seeksearchfirst --gt lastforward lt--gt backwardfound lt--gt lostgo lt--gt stopgroom lt--gt bridehello --gt goodbyehe lt--gt shehere lt--gt therehigh lt--gt lowin lt--gt outleader --gt followerless lt--gt morelose --gt winloser lt--gt winnerlost lt--gt found

minus lt--gt plusnegative lt--gt positiveno lt--gt yesnorth lt--gt southoff lt--gt onold --gt newopen --gt closeclosedoutside --gt insideover lt--gt underpoor lt--gt richqueen --gt kingquestion lt--gt answerright --gt leftright --gt wrongscratch --gt itchseller lt--gt buyersit --gt standslow lt--gt fastsoft lt--gt hardthin --gt thicktight --gt loosetoday lt--gt tomorrowtwice --gt onceweak --gt strong

Bemerkenswert sind solche abweichenden Faumllle in denen an erster Stelle nicht ein Antonym assoziiert wird sondern ein aumlquivalenter Begriff etwa finish --gt done und erst an zweiter Stelle start happy fuumlhrt an erster Stelle zu joyous an dritter und vierter Stelle immer noch sehr haumlufig zu cheerful und glad sad steht erst an zweiter Stelle Hard fuumlhrt an erster und zweiter Stelle zu difficulty und difficult die beiden moumlglichen Antonyme easy und soft folgen (mit immer noch hoher Frequenz) an dritter und virter Stelle Umgekehrt fuumlhrt nur soft hoch frequent zu hard Parallel ist ein Fall wie hate zu dem hoch frequent despise und dislike assoziiert wird waumlhrend love unter der 05-Schwelle an dritter Stelle folgt Genauso verhaumllt es sich mit love das zu affection ro-mance und adore fuumlhrt (love ist als Wortart polyfunktional) hate folgt an vierter Stelle in der Frequenz Hot fuumlhrt in seiner einen Bedeutung zu spicy in einer anderen zu humid erst an dritter Stelle zu cold Umgekehrt gilt aber cold --gt hot Late fuumlhrt an erster Stelle zu tardy erst an zweiter zu early Auf many wird an erster und zweiter Stelle several und numerous assoziiert erst an dritter folgt unter der 05-Schwelle fewsome waumlhrend umgekehrt nur few mit einiger Frequenz zu many fuumlhrt Bei old gilt zwar --gt new aber dann folgen drei verwandte Begriffe (elderly antique ancient) erst an vierter Stelle kommt das andere Antonym young Vergleichbar ist das vieldeutige present an erster Stelle steht hier gift dann folgt mit past ein Antonym mit absent ein anderes In einem Fall wie forget wird an erster Stelle forgive (ldquolet us forget itrdquo) assoziiert also ein willentliches vergessen waumlhrend umgekehrt remember direkt zu forget fuumlhrt Mehrdeutigkeit ist also immer ein lsquoStoumlrfaktorrsquo wie auch der Fall short --gt talllong an zweiter Stelle short --gt brief zeigt oder small --gt tiny und an zweiter und dritter Stelle --gt big large Interessant ist auch das Beispiel square das an erster Stelle zum Oberbegriff rectangle fuumlhrt und dann zu zwei gleichermaszligen moumlglichen lsquoAntonymenrsquo circleround

und triangle Strong fuumlhrt an erster Stelle zu einem Parallelbegriff powerful erst an zweiter zu weak waumlhrend weak direkt zu strong fuumlhrt Wet fuumlhrt -- in dieser Reihenfolge -- zu slippery moist drench und dry aber nur dry fuumlhrt in nennenswertem Umfang zuruumlck zu wet

Die uumlberwiegende Zahl der anderen Faumllle sind solche in denen ein Begriff aus demselben Erfahrungsbereich assoziiert wird In manchen Faumlllen sind das sehr viele So gibt es bei money der hohen Zahl von Probanden entsprechend eine hohe Zahl von Nennungen fuumlr (in absteigender Reihenfolge aber immer noch mit einer Forward Cue-to-Target Strength von gt05) cash bank fund wallet profit spend banker income bud-get lottery dollars checkbook salary Insgesamt sind es hier 302 verschiedene Targets Aumlhnliches gilt fuumlr tree -- wo jeder an eine spezifische ihm gelaumlufige Baumart oder einen Baum-Bestandteil denken kann

22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens

Mit seinem genialen Blick fuumlr das Grundlegende hat Roman Jakobson inspiriert von Mikołai Habdank Kruszewski (1886) die Aufmerksamkeit auf das Zusammenwirken zweier Prozesse beim Sprechen gelenkt eines paradigmatischen bei dem Einheiten aus anderen gleichrangigen Einheiten ausgewaumlhlt und eines syntagmatischen bei dem die ausgewaumlhlten Einheiten in eine lineare Abfolge gebracht werden Im paradigmatischen Prozess spielt die Dimension Similaritaumlt - Kontrast im syntagmatischen die Dimension Kontiguitaumlt - Distanz eine dominierende Rolle

In diesen Rahmen lassen sich nun nicht nur Typen der Aphasie einordnen26 sondern auch die Typen des Versprechens die Meringer und Mayer 1895 vorgefuumlhrt haben Da die lineare Anordnung elementarer Zeichen ein Charakteristikum der Rede ist ist die Mehrzahl der bdquosprachlichen Fehlleistungen im Bereich der syntagmatischen KontiguitaumltDistanz anzutreffen Ihre Hauptursache ist darin zu sehen dass (wenigstens normalerweise) das Denken einen Vorlauf vor dem Artikulieren hat - und der Sprecher setzt dann das was er zu sagen plant an die Stelle dessen was er im Moment artikuliert Das bdquoSpaumltere wirkt also dabei scheinbar paradoxerweise - auf das bdquoFruumlhere Ohne auf die Einzelheiten dieser Art des Versprechens eingehen zu wollen dessen Ergebnisse sehr haumlufig Vertauschungen also Metathesen sind sei hier zweierlei festgehalten Zum einen sind die in der Rede auf diese Art vertauschten Elemente in aller Regel klassengleich - wobei der Begriff Klasse nicht nur Wortarten also den modus significandi sondern beispielsweise auch Anlaute Auslaute Stammvokale betonte Silben usw umfassen kann27 Mit den Worten von Meringer und Mayer [p 16] (1895 17) laquoAm gewoumlhnlichsten sind die Vertauschungen der Adjectiva mit Adjectiven Substantiva mit Substantiven Verba mit Verbenraquo Zweitens sei festgehalten laquoAntithetische Woumlrter werden besonders leicht vertauschtraquo (1895 15) Ein Beispiel fuumlr diese Art der Metathese laquoDa steht der Einsatz nicht fuumlr den Gewinnraquo

Die zweite groszlige Gruppe fuumlr Versprech-Leistungen sind solche deren Ursache in der Auswahl waumlhrend des paradigmatischen Prozesses gesehen werden muss Die eine Untergruppe sind hier die bdquoKontaminationen bei der Vorstellung etwas schreiben werden die Ausdrucksmoumlglichkeiten etwas zu Papier bringen und etwas schreiben

26 Zur Fruchtbarkeit der Unterscheidung Jakobsons fuumlr die Klassifizierung von Aphasien vgl Luria 1976 5227 Einige Beispiele laquoSaint-Exupeacuterinces Petit Princeraquo laquoMinuster fuumlr Kultus und Unterrichtraquo Die Elemente koumlnnen auch vertauscht werden - Metathesen dieser Art sind laquoeine Sorte von Tacherraquo laquodenile Semenzraquo laquoVerteidigung ist die Spiele des Seelsraquo etc Die Beispiele stammen bis auf das erste aus MeringerMayer 1895 Zu analogen Erscheinungen beim Verlesen vgl auch Kolers 1976

kombiniert zu etwas zu Papier schreiben Freud nennt dies gewiss zutreffend Verdichtungen Die andere Unterart dieses semantischen Versprechens besteht in der Vertauschung (bdquoSubstitution) zweier Elemente - wobei es sich nicht mehr um Elemente aus dem Syntagma sondern um Elemente des paradigmatischen Auswahlprozesses handelt laquoBekannt istraquo so heiszligt es bei Meringer und Mayer (1895 79) laquodass kontrastierende Vorstellungen einander assoziieren So kommt man auf dem Wege der Substitution dazu das Gegenteil von dem zu sagen was man gemeint hatraquo Also etwa laquoIhm war auch kein Berg zu niedrigraquo (statt zu hoch) laquowas er verliert (statt gewinnt) gibt er seinen Kindern in die Sparbuumlchseraquo

Was schon bei voumlllig gesunden Sprechern wenn man ein Ohr dafuumlr hat mit bemerkenswerter Haumlufigkeit zu beobachten ist kann natuumlrlich im Fall von verminderter Sprechfaumlhigkeit (Aphasien) in verstaumlrktem Maszlige auftreten Herbert Pilch hat aus linguistischer Sicht auf die bekannte Erscheinung hingewiesen dass Aphasiker Woumlrter verwechseln die im Verhaumlltnis des Gegensinns zueinander stehen (1972 8) Ein einfaches Beispiel aus einem Sprachtest mit Aphasikern (Muumlller 1976 257ff) Es handelt sich um einen Test in dem der Umgang mit metakommunikativen Verben uumlberpruumlft wurde Beim Nachsprechen eines groumlszligeren zusammenhaumlngenden Texts - dies war eine der Aufgaben - wurden dabei vereinzelt sinnstoumlrende Vertauschungen zwischen den korrelativen Begriffen fragen und antworten beobachtet Von einem analogen Test mit Einzelsaumltzen heiszligt es laquoSinnstoumlrend vertauscht wurden fragen mit erwidern wissen wollen bzw sich erkundigen (wurden) durch sprechen ersetztraquo In einem Sortiertest sollten metakommunikative Verben nach inhaltlichen Kriterien zu Gruppen geordnet werden Dieser Test wurde wegen der erforderlichen hohen Konzentration allerdings nur von fuumlnf Probanden absolviert Vier davon gruppierten fragen wissen wollen sich erkundigen antworten entgegnen erwidern Der fuumlnfte Proband gekennzeichnet mit dem Stichwort laquoKonduktionsaphasieraquo bildete dagegen [p 17] die Paare fragenantworten antwortenerkundigen wissen wollenentgegnen Er gliederte also was der Untersuchende nicht direkt sieht nach Antonymen-Paaren28

3 Interpretation der beschriebenen Phaumlnomene oder Die verschiedenen Strategien zum Erfassen von Bedeutung

No hay que explicar el hablar desde el punto de vista de la lengua sino viceversa (Coseriu 19551973 287)

Meringer und Mayer haben darauf hingewiesen man muumlsse sich huumlten den Sprechfehler als etwas Pathologisches aufzufassen Sie erlaumlutern dies mit einem praumlgnanten Bild Beim Sprechfehler versage nur die Aufmerksamkeit die Maschine laufe ohne Waumlchter sich selbst uumlberlassen Und was den Sprechfehler fuumlr die Sprachwissenschaft lehrreich mache sei der Umstand dass das Uhrwerk in solchen Augenblicken des Mantels entkleidet scheine und ein Blick in die Raumlder moumlglich sei (1895 7) Aumlhnliches gilt fuumlr die permanenten Abweichungen von der Sprachnorm die sich im Sprechen von Individuen oder Individuen-Gruppen finden (und die zB Henri Frei in seiner Grammaire des fautes (1929) festgehalten hat) Die Uumlberlegungen gelten natuumlrlich ebenso fuumlr die Wort-Assoziationen insbesondere dann wenn man wie urspruumlnglich Thumb und Marbe mit der Beruumlcksichtigung der Spontaneitaumlt also der Reaktionszeit ein Indiz dafuumlr hat welche Prozesse unter Umstaumlnden laquoautomatischraquo 28 Nach der Analyse die Luria von dem seit Wernicke und Lichtheim so genannten Syndrom der bdquoLeitungsaphasie gibt duumlrfte es sich um die Variante mit akustisch-artikulatorischer Stoumlrung handeln In der Variante mit akustisch-mnestischer Stoumlrung sind sogenannte bdquoverbale Paraphasien relativ selten Vgl Luria 1976 239-285 insbes S 247-273

oder mit Meringer und Mayer so ablaufen dass laquoder Waumlchterraquo also das Bewusstsein des Sprechers dessen bestenfalls hinterher richtig gewahr wird Mutatis mutandis gilt die Uumlberlegung schlieszliglich auch fuumlr den Bereich der Sprachstoumlrungen laquoPathologia illustrat physiologiamraquo das Anomale lehrt uns wie das Normale funktioniert ndash so lautet ein alter Grundsatz der medizinischen Forschung Wie betraumlchtlich der Unterschied zwischen den voll bewussten mehr Zeit in Anspruch nehmenden Suchprozessen und den halbbewussten Assoziationen ist zeigen solche Aphasien in denen der Patient ein Wort bei bewusstem Suchen nicht findet oder ein Wort das ihm vorgesprochen wird nicht wiederholen kann waumlhrend er im Bereich des offenbar funktionierenden Assoziierens das betreffende Wort findet bzw sagen kann29

[p 18] Wenn ich nach der obigen Skizzierung quantitativer und qualitativer Verhaumlltnisse im Bereich von Wortassoziationen nun versuche die bisherige Untersuchung im eigentlichen Sinn zu interpretieren so lasse ich mich von der folgenden Grunduumlberlegung leiten Da Assoziationen mit Wortmaterial im Idealfall in einem halbbewussten Bereich spontanen Reagierens ablaufen koumlnnte man meinen es handle sich um ganz einfache primaumlre Prozesse sprachlicher Aktivitaumlt Komplex und sekundaumlr waumlre dagegen die Aumluszligerung von Saumltzen und Texten Nun hat freilich einer der groszligen Aphasieforscher Kurt Goldstein gezeigt dass es sich eigentlich genau umgekehrt verhaumllt Primaumlr am Sprechen ist die Mitteilungsabsicht dh das Kommunizieren mit Hilfe groumlszligerer syntagmatischer Einheiten im Rahmen von Kommunikationssituationen Das scheinbar so einfache Assoziieren von Woumlrtern oder das Benennen von Gegenstaumlnden sind dagegen recht schwierige und komplexe Aufgaben Wie Roman Jakobson gezeigt hat ist zB das Benennen eines Gegenstandes ein metasprachlicher Akt30 Ein solcher Akt setzt die Existenz und das isolierte Funktionieren eines praumlzisen Orientierungs- und Einordnungssystems voraus Bei Assoziations-Tests muss ein gehoumlrtes Wort ohne jede Situations- oder Kontexthilfe analysiert erkannt und eingeordnet werden

Ich habe nun eingangs mit Hilfe einiger einfacher Beispiele aus dem Bereich der Gestaltpsychologie gezeigt dass eine solche Erkenntnis immer erst dadurch zustande kommt dass man uumlber das Gegebene hinausgeht going beyond the Information given Dementsprechend besteht mein Interpretations-Ansatz jetzt darin dass ich die von einem vorgegebenen Ausgangswort ausgehende Assoziation als den Reflex einer Strategie interpretiere einer Strategie die dazu dient die Bedeutung von Woumlrtern im Hinausgehen uumlber das gegebene Wort zB durch die Einordnung in das semantische Orientierungs-System zu erfassen

31 Zwei Grundtypen des Assoziierens

Hier gibt es nun nicht eine einzige es gibt wenn ich recht sehe zwei Grundstrategien zur Erfassung von Bedeutung Vergegenwaumlrtigt man sich den primaumlren auf Mitteilung ausgerichteten Aspekt des situativen Sprechens in Saumltzen und Texten und den subsidiaumlren - wenn auch unverzichtbaren - Charakter desjenigen Bereichs in den auch das Assoziieren von Woumlrtern faumlllt so versteht man sofort die eine von zwei grundlegend verschiedenen Strategien dh Arten der sprachlichen Reaktion auf

29 Kurt Goldstein der von solchen Faumlllen berichtet erwaumlhnt im selben Zusammenhang das Phaumlnomen laquodass die falschen Woumlrter oft mit weniger Paraphasie (gemeint ist hier Paraphasie als lautliche Abwei-chung) geaumluszligert werden als die richtigenraquo (1948 101 vgl 239) Dies duumlrften diejenigen Faumllle sein in de -nen der Sprechprozess gewissermaszligen bdquovon oben her dh von der bewussten intentional vom laquoWaumlch-terraquo gesteuerten Seite her gestoumlrt ist30 Jakobson 1974 125ff vgl generell Goldstein 1948 zum Bereich der Kategorisierung

Wortmaterial Kinder erwerben Sprache sei sie nun kommunikativ oder das eigene Handeln begleitend in Situationen und damit dominant in syntagmatischer Realisierung Uumlber die nach und nach verstandene [p 19] fremde und die nach und nach sich entwickelnde eigene syntagmatische Realisierung von Sprache baut sich dann jenes semantische Orientierungs- und Einordnungssystem auf innerhalb dessen Rahmen die andere dominant paradigmatische Strategie anzusiedeln ist Wie Hans-Martin Gauger ausgefuumlhrt hat handelt es sich bei dem Aufbau dieses Systems um einen Prozess zunehmender bdquoVerdichtung (1970 65-69)

311 Syntagmatisches Assoziieren

Da sprachliche Elemente wie die Woumlrter fuumlr Kinder zunaumlchst einmal Woumlrter im syntagmatischen Kontext sind ist es nicht verwunderlich dass - wie seit Anfang des Jahrhunderts beobachtet wurde - Kinder vorwiegend syntagmatische Assoziationen haben Sie nennen also vorwiegend Woumlrter mit denen die Ausgangswoumlrter zusammen vorkommen dh die Assoziationen verlaufen im Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt Typisch sind derartige Assoziationen auch fuumlr solche Personen deren sprachliche Sozialisierung nicht durch den bewussten Umgang mit der eigenen und mit fremden Sprachen waumlhrend zwoumllf bis dreizehn Schuljahren perfektioniert wurde also etwa fuumlr Volksschul-Absolventen Schuchardts Einwand Thumb und Marbe haumltten die Bedeutung der syntagmatischen KontiguitaumltDistanz fuumlr das Assoziieren nicht gebuumlhrend beruumlcksichtigt hat also von der Ontogenese her gesehen seine Berechtigung31 Waumlhrend syntagmatische Assoziationen bei bdquogebildeten Erwachsenen also relativ selten sind sind sie bei Kindern und anderen sprachlich weniger Sozialisierten recht haumlufig Typische (und in allen nachfolgenden Faumlllen von den Assoziationen der 288 franzoumlsischen Studenten abweichende) Beispiele sind aus den jeweils erstrangigen Nennungen von 115 franzoumlsischen Bauarbeitern fenecirctre - ouverte (31) blanc - neige (27) aigre - vinaigre (26) rouge - sang (25) santeacute - bonne (23) table ronde (23) faim - (de) loup (23) citoyen - franccedilais (22) lune - (de) miel (20) tabac - blond (17) musique - douce (17 - zusammen mit classique leacute-gegravere agreacuteable harmonieuse 31) lent - tortue (15) meacutemoire - courte (14) joie - (de) vivre (14) papillon - vole (10) etc Charakteristisch ist hier wiederum dass solche dominant von der syntagmatischen Kontiguitaumlt bestimmten (und in der Regel nicht wortartgleichen) Assoziationen nur selten jene stark buumlndelnde Wirkung haben die fuumlr Assoziationen zum Gegensinn hin charakteristisch ist [p 20]

312 Paradigmatisches Assoziieren

Die andere (trotz mancher Grenzfaumllle von der syntagmatisehen zu unterscheidende) grundlegende Strategie zum Erfassen von Bedeutung spiegelt sich im dominant paradigmatischen Assoziieren also in jenen Assoziationen die im Bereich des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems verlaufen Eingangsvoraussetzung fuumlr beide Arten des Assoziierens ist die vorgaumlngige phonologische Analyse mit der Zuordnung eines Lautbildes und der (natuumlrlich

31 Das assoziative Verhalten der Kinder und Jugendlichen hat sich allerdings seit dem Beginn des Jahrhun-derts in betraumlchtlichem Maszlig demjenigen der Erwachsenen angenaumlhert Die Ursache ist zweifellos in einer fruumlheren und ausgepraumlgteren sprachlichen Sozialisierung zu sehen Vgl dazu auch Esper 1973 105 Pa-lermoJenkins 1965 oder Jenkins 1970 7

vorlaumlufigen32) Zuordnung einer Wortart Beim dominant syntagmatischen Assoziieren besteht die Strategie fuumlr die Zuordnung einer Bedeutung zu dieser Einheit aus Wortart und Lautschema vor allem im Assoziieren eines syntagmatischen Gebrauchskontextes also in der Einordnung in ein komplexeres Zeichen mit dem sich daraus ergebenden bdquomonosemierenden Effekt lune - lune de miel blanc (comme la) neige citoyen - (un) citoyen franccedilais table - (la) table (est) ronde etc Bei der paradigmatischen Art des Assoziierens besteht die Strategie zur Erfassung von Bedeutung dagegen darin dass das Ausgangswort in Relation zu einem anderen gleichrangigen Zeichen gesetzt wird Die Strategie ist also abstrakter ja geradezu metasprachlich ndash eine Analyse die schoumln Goldsteins These von der Komplexitaumlt scheinbar ganz einfacher Aufgaben bestaumltigt

Was nun das spezifisch paradigmatische Orientierungs- und Einordnungssystem betrifft so scheinen mir hier bei angemessener Interpretation der Verhaumlltnisse zwei Untersysteme vorzuliegen Untersysteme die nicht scharf voneinander getrennt sind Im einen dieser Systeme vollzieht sich der Zugriff uumlber die Dimension Similaritaumlt - Kontrast im anderen System ist wie noch erlaumlutert wird die Information (vor dem Hintergrund der Similaritaumlt) verfuumlgbar uumlber die semantische Kontiguitaumlt in Opposition zur Distanz Beide Systeme arbeiten jedoch mit einem gemeinsamen Grundprinzip das man als bdquoModul in Form eines Dreiecks (mit einer Reihe von Varianten) konzipieren kann Einer Informationseinheit A sind mindestens zwei andere Einheiten B und C in folgender Weise zugeordnet33 [p 21]

Dabei sind die Beziehungen zwischen AB und AC solche der Similaritaumlt ndash eine Similaritaumlt der die oben auf S 11 f genannten Prioritaumltsebenen 1 (gleiche Wortart) und 2 (gleicher semantischer Bereich) entsprechen Die Beziehung zwischen B und C ist je nachdem eine Beziehung des Kontrasts (dem entspricht die oben genannte Prioritaumltsebene 3) oder der semantischen Kontiguitaumlt (der die Prioritaumltsebene 4 entspricht) Die Varianten ergeben sich hauptsaumlchlich aus der Zahl der Elemente auf der Achse BC zum Teil auch daraus dass die Position von A einzelsprachlich nicht besetzt oder aber wie im Fall von A = homme B = homme G = femme mit einem der dann merkmallosen Elemente B oder

32 Analyse-Ergebnisse sind auf dem Weg von den kleineren zu den groumlszligeren Einheiten insofern vorlaumlufig als die Analyse der kleineren Einheit im Rahmen der Analyse der Uumlbergreifenderen Einheit stets korrigiert werden kann (Der entsprechende Ruumlckkopplungs-Effekt hat seine physiologische Basis in dem Faktum dass die Zellen der kortikalen Lamina VI [die etwa 2 mm dicke Groszlighirnrinde hat sechs physiologisch und funktionell differenzierbare Schichten] vorwiegend Ruumlckkopplungs-Funktion haben) Der Ruumlckkopplungs-Effekt ist der Grund dafuumlr dass manche bdquoDefekte bei Aphasikern erst dann entdeckt werden wenn man sie kleinere Einheiten ohne Kontext nachsprechen laumlsst33 Der Gedanke der modularen Struktur ist inspiriert durch Erkenntnisse der Neuroanatomen Sie haben in der letzten Dekade zunehmend die These vertreten die komplexe Struktur unseres Nervensystems - ein-schlieszliglich des Groszlighirns - basiere auf relativ ein-fachen genetischen Programmen Korrelat dieser Pro-gramme sind laquomodulareraquo laquorepetitiveraquo oder laquoperiodischeraquo Strukturen etwa im Bereich des Ruumlckenmarks oder der Groszlighirnrinde Vgl beispielsweise Szentaacutegothai 1978

C identisch ist (Ist ein spezieller Begriff fuumlr A vorhanden oder ist A identisch mit B oder C so liegt ein Fall von Gegensinn in jener Verwendungsweise vor wie man sie sinnvollerweise Abel unterstellen muss ndash Abels Beispiele sind von Benveniste (1956) zerpfluumlckt worden Ein aumlhnliches Vorkommen solchen Gegensinns gilt fuumlr Fragen des Typs bdquoWie alt (und nicht wie jung) wie groszlig wie lang wie schoumln ist das und dasldquo also fuumlr Faumllle die zB Elmar Holenstein treffend analysiert hat (1976 69f))

Im Fall der Similaritaumlt-Kontrast-Interpretation des Dreiecks ist eine merkmalsemantische Interpretation plausibel B und C enthalten alle Merkmale von A (A ist der Oberbegriff) sie enthalten jedoch noch zusaumltzliche Merkmale und zwar dergestalt dass diejenigen von B und C nicht voumlllig identisch sind sondern in der Regel in einem Merkmal kontrastieren34 [p 22]

3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System

Zunaumlchst zu dem paradigmatischen System in dem fuumlr das Hinausgehen uumlber die gegebene Information die Kontrast-Relation ausschlaggebend ist Es geht also um den Bereich des Entgegengesetzten ndash Otto Gsell hat in seiner Arbeit uumlber die Gegensatzrelationen im Wortschatz romanischer Sprachen eine sehr wesentliche Beobachtung gemacht und so fruumlhere analoge Beobachtungen in entscheidendem Maszlige praumlzisiert Unser Wortschatz ist keinesfalls so beschaffen dass alle Woumlrter ihr Antonym haumltten Ganz im Gegenteil der Wortschatz der bdquoantonymfaumlhig ist macht nur einen relativ geringen Teil des Gesamtwortschatzes aus ndash aber er konzentriert sich auf bestimmte inhaltliche Bereiche des Lexikons Nimmt man wie Gsell als Maszligstab das Begriffssystem von Rudolf Hallig und Walther v Wartburg (19521963) so ergeben sich drei Schwerpunkte Die gegensatzfaumlhigen Woumlrter konzentrieren sich

l in der Rubrik laquoLacircme et lintellectraquo wo es sich um etwa vier Fuumlnftel von insgesamt 2000 Eintraumlgen handelt Es geht dort um geistige Faumlhigkeiten Bewusstsein Gedaumlchtnis Wahrnehmung Denken Vorstellung Gefuumlhle und dergleichen (Hallig und Wartburg verwenden in dieser Rubrik teilweise was Gsell nicht eigens erwaumlhnt Antonymenpaare explizit als Unter-Rubriken)

2 in der Rubrik laquoLa prioriraquo Hallig und Wartburg versuchen dort laquoden inhaltlich sehr allgemeinen nicht sachgebietsbezogenen Wortschatz nach Denk- und Begriffskategorien wie Existenz physische Zustandsformen Eigenschaften Ordnung Wertung Quantitaumlt Raum Zeit Kausalitaumlt Bewegung und Veraumlnderung zu gliedernraquo (Gsell 1979 114) Die Rolle des Kontrasts fuumlr diesen Bereich ist im Uumlbrigen bereits durch das oben zitierte Beispiel der aristotelischen Kategorien ersichtlich

3 im Bereich der jeweiligen Unter-Rubrik geacuteneacuteraliteacutes (oa) zu den jeweiligen groumlszligeren Abschnitten bei HalligWartburg

Gsell spricht anhand der Begriffe des zweiten Bereichs (den dritten nennt er nicht ausdruumlcklich) von laquosemantischen Strukturwoumlrternraquo (im Gegensatz zu den syntaktischen) sie lieszligen sich keinem bestimmten sachlichen oder begrifflichen Bereich

34 Herbert HClark spricht in diesem Zusammenhang (1970 275f) von der laquoRegel des minimalen Kon-trastsraquo In der Ontogenese kann im Uumlbrigen beobachtet werden dass die Beziehungen zwischen kontrastierenden Paaren zT insofern asymmetrisch sind als eins der beiden Elemente privilegiert dh fruumlher gelernt bzw als Oberbegriff verwendet wird Hiermit hat sich in einer Reihe von Arbeiten vor allem Eve V Clark befasst

zuordnen seien jedoch (besser sollte man sagen gerade deshalb) in jeder Art von Rede unentbehrlich

Der Begriff der laquosemantischen Strukturwoumlrterraquo scheint mir gluumlcklich gewaumlhlt zu sein weil solche Woumlrter - als eine von jeweils zwei Alternativen - unsere Erfahrung in houmlchstem Maszlige strukturieren Hierzu zwei Beispiele Von den 34 Woumlrtern der Listen von RussellJenkins (1970) bzw PalermoJenkins (1964) auf die mindestens 50 der Probanden als Assoziation an erster Stelle dasselbe Wort nennen sind 23 solche auf die ein Antonym assoziiert wird Als Strukturierungsdimension dienen dabei

ndash siebenmal der Geschlechtsunterschied (boygirl heshe kingqueen etc)ndash viermal im Bereich des Gesichtssinns die Dimension helldunkel (blackwhite dark light)ndash fuumlnfmal die Orientierung in Raum bzw Raum undoder Zeit (slowfast herethere longshort highlow youngerolder) weiterhin [p 23]ndash die Kommunikationssituation zwischen Sprecher und Houmlrer (meyou)ndash zweimal der Tast- oder Handsinn (hardsoft heavylight) schlieszliglichndash der Geschmackssinn (sour bzw bittersweet) ndash der Gehoumlrsinn (loudsoft) sowiendash die konverse Relation Zwischen Geben und Nehmen (sellbuy buyingselling)

Ist ein tertium moumlglich so immer in Form einer Skala zwischen den beiden Extrempolen die den Bereich eingrenzen - genauso wie dies Aristoteles fuumlr seine Klassifizierung der Tast- Geschmacks- und Geruchsempfindungen vorgeschlagen hatte

Das zweite Beispiel Wolfgang Lorenz und Gerd Wotjak haben aus 80 sprachwissenschaftlichen Untersuchungen haumlufig vorkommende laquoSemeraquo zusammengetragen also solche Begriffe die dazu verwendet werden um den Inhalt anderer Begriffe zu beschreiben Von den 129 in einer ersten Liste bei LorenzWotjak (1977 310-334) zusammengetragenen haumlufig genannten laquoSemenraquo sind nun mehr als die Haumllfte solche die zu Antonymen-Paaren geordnet werden koumlnnen - was wiederum ganz unabhaumlngig davon wie man zur Existenz von semantischen Merkmalen oder Semen stehen mag aufschlussreich ist fuumlr die Strukturierungs- und Reduktionsleistung entsprechender Begriffspaare

Waumlhrend bei der dominant syntagmatischen Art des Assoziierens die Aufgabe der semantischen Einordnung einer Einheit aus Wortart und Lautbild uumlber die Einbettung in den syntagmatischen Kontext also in ein komplexeres Zeichen geleistet wird verlaumluft somit im Fall der geschilderten Unterart des paradigmatischen Assoziierens die Einordnung anders Das betreffende Wort wird wo immer dies moumlglich ist uumlber die Zuordnung des Kontrast-Werts im Dreiecks-Modul identifiziert Dies ist Goethes laquoAnklingen des Gegensinnsraquo das seit Jost Trier im Bereich der Wortfeldlehre erwaumlhnt wird Die Identifizierung der Bedeutung von B mit Hilfe des kontrastierenden C fuumlhrt natuumlrlich dazu dass jeder normale Sprecher sich etwa bei Muumldigkeit dh bei verringerter Aufmerksamkeit zum Gegenteil hin versprechen kann35 In pathologischen Faumlllen fuumlhrt dann eine verringerte Unterscheidungsfaumlhigkeit zwischen den Teilen B und C des Moduls zu den haumlufigen laquoverbalen Paraphasienraquo des Typs nehmen fuumlr geben fragen fuumlr antworten groszlig fuumlr klein

35 Die Ursache dafuumlr dass der ungeuumlbte Houmlrer Versprech-Leistungen normalerweise gar nicht wahrnimmt haben schon Meringer und Mayer genannt laquo(hellip) Der Hauptgrund des Uumlberhoumlrens von Sprechfehlern liegt darin dass der Houmlrer ganz aumlhnlich daran ist wie der Sprecher und wohl aus derselben Ursache uumlberhoumlrt aus der der andere sich versprichtraquo (1895 10f)

3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Im Similaritaumlt-Kontrast-System das wo immer dies moumlglich ist den Zugriff auf semantische Information primaumlr steuert steht Mutter in [p 24] Kontrast zu Vater - tertium non datur Mutter steht jedoch auch in Beziehung zu anderen Lexemen zB zu Kind Tochter Stiefmutter Groszligmutter auch zu Frau etc Bei Frau oder Maumldchen bestehen uumlbrigens unabhaumlngig vom Geschlecht der Probanden - assoziative Verbindungen zu huumlbsch schoumln Schoumlnheit und dergleichen Die ersten dieser Verknuumlpfungen koumlnnte man noch leicht mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Vater und Mutter bilden ein minimales Paar das sich nur durch den bewussten kleinen Unterschied die Opposition maumlnnlichweiblich semantisch voneinander abhebt Bei Paaren wie MutterKind bzw MutterTochter waumlren es bereits mehrere differenzierende Merkmale (und das Beispiel zeigt zugleich dass es noch ganz andere Relationen gibt als die des Kontrasts hier zB die temporale oder die kausale) Bei MaumldchenSchoumlnheit muumlsste man schon mit Selektionspraumlferenzen arbeiten man koumlnnte wohl auch an den Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt denken

Es gibt nun allerdings eindeutig paradigmatische Assoziationen bei denen merk-malsemantische Konstruktionen angesichts ihrer notwendigen Komplexitaumlt in eklatantem Widerspruch zur hochgradigen Gelaumlufigkeit der betreffenden Assoziationen stuumlnden Ein einfaches Beispiel ist das Paar TischStuhl Die Zahlen 84 bei Russell Jenkins 69 bei PalermoJenkins 55 bei franzoumlsischen Studenten36 Man koumlnnte hier die Merkmal-Similaritaumlt uumlber den Oberbegriff Moumlbelstuumlck konstruieren aber wie waumlre dann zu erklaumlren dass die Verbindung zwischen Tisch und Stuhl enger ist als die zwischen den Moumlbelstuumlcken Tisch und Hocker (die sich im Prinzip nur durch die Groumlszlige unterscheiden) oder zwischen Tisch und Bett (1 der Nennungen trotz laquogetrennt von Tisch und Bett lebenraquo) Wie waumlren weiterhin so gelaumlufige Assoziationen wie pied chaussure araigneacuteetoile tobaccosmoke zu erklaumlren fuumlr die Oberbegriffe schwer zu konstruieren sind und die sich in einer solchen Konstruktion wenn sie gelingt immer noch durch eine Fuumllle von Merkmalen nicht etwa nur durch ein einziges unterschieden

Angesichts solcher Verhaumlltnisse scheint es mir plausibel zu sein das als grundlegend angesetzte Dreiecks-Modul in diesen Faumlllen als eine Similaritaumlts-Kontiguitaumlts-Beziehung zu interpretieren also in Anlehnung an das oben erlaumluterte bdquoGesetz der Naumlhe aus dem Bereich der optischen Wahrnehmung Solche Similaritaumlts-Kontiguitaumlts-Beziehungen beruhen bei einem flieszligenden Uumlbergang zum Similaritaumlt-Kontrast-Bereich ndash jeweils auf Erfahrungskontexten in denen Erscheinungen als zusammengehoumlrig verwandt benachbart verstanden werden Die Komponente der Similaritaumlt versteht sich hier vor allem als Zugehoumlrigkeit zum selben Er- [p 25] fahrungsbereich meist - aber keinesfalls ausschlieszliglich - auch als Zugehoumlrigkeit zur selben Wortart Die Kontiguitaumlt wird zumeist verkoumlrpert durch eine spezielle in der Regel gerichtete Beziehung zwischen den Elementen B und C (Die Zahl der Probanden die auf Stuhl wieder Tisch assoziieren ist viel geringer als die Zahl derer die auf Tisch die Assoziation Stuhl haben) Entscheidend ist dabei nun dass die Erfahrungskontexte zwar individuell verschieden sind dass die Relationen durch welche die Begriffe verknuumlpft sind dagegen meist ganz spezifische invariante Relationen darstellen Tisch und Stuhl sind zB integrierende Teile eines groumlszligeren Ganzen im Erfahrungsbereich des Wohnens und Arbeitens zwischen tobacco und

36 Die Zahl fuumlr die deutschen Probanden lautet 29 - hier stellen die 15 Nennungen fuumlr die im Grenzbe-reich zwischen semantischer und syntagmatischer Kontiguitaumlt liegende Assoziation Bein(e) eine starke Konkurrenz zu Stuhl dar

smoke araigneacutee und toile besteht eine kausale zwischen Hammer und Nagel eine finale Relation Das Gegenstuumlck zur Kontiguitaumlt die Distanz grenzt hier die Dreiecksmoduln gegeneinander ab Interessant ist dass in vielen Faumlllen nicht eigentlich der kontige Partner sondern die spezifische Relation etwa zwischen dem Gegenstand und einem allfaumllligen Benutzer assoziiert wird Um die finale Relation geht es zB in den Faumlllen Bettschlafen Schereschneiden ciseauxcouper scissorscut

32 Sonderfaumllle

Fuumlr beide Varianten des paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssystems gilt natuumlrlich Sobald auf der Achse BC mehr als zwei gleichrangige Mitglieder anzusiedeln sind sobald also in Trubetzkoys oder Coserius Terminologie eine laquoaumlquipollenteraquo und nicht eine laquoprivativeraquo Opposition vorliegt37 verliert die Assoziation von einem dieser Mitglieder zum anderen an Schaumlrfe die buumlndelnde Kraft des einzigen Antonyms oder des in spezifischer Weise kontigen Partners fehlt Musterbeispiel ist das Dreiecks-Modul fuumlr die Farbwerte im Gegensatz zu dem fuumlr die Grauwerte

Wegen der Auswahl aus einer groszligen Zahl gleichberechtigter Moumlglichkeiten sind die Reaktionen auf Farben dementsprechend wenig gebuumlndelt38 ndash auf gelb nennen an ers-ter Stelle 14 der amerikanischen Pro- [p 26] banden blau 12 der deutschen rot 11 der franzoumlsischen gruumln Bei den Ausgangswoumlrtern blau und gruumln ist die Assozia-tion im paradigmatischen Bereich sogar schwaumlcher als im syntagmatischen ndash hier nen-nen die Probanden in allen drei Sprachen an erster Stelle den Himmel (blau) und den Bereich GrasWieseLandschaft (gruumln) und dies mit einer Frequenz die vertreten durch Werte zwischen 20 und 30 deutlich uumlber den Frequenzen liegt die in den ande-

37 Coseriu 19641978 120f 1976 34 Eine graduelle Opposition entspricht wie oben in Anm 5 erwaumlhnt einer Unterart des aristotelischen Entgegengesetzten mit gegebenem tertium38 Nach der oben erwaumlhnten aristotelischen Farbkonzeption oder dem analogen Vorschlag bei Weinrich 1967 2213 oder Coseriu 1976 43f waumlren die beiden Dreiecks-Moduln zu einem einzigen zu kombinieren - die extremen Farbwerte waumlren also schwarz und weiszlig Dem widerspricht einerseits nicht das Assoziationsverhalten der Probanden im englischen franzoumlsischen und deutschen Sprachbereich wo auf rot blau gelb gruumln sowie auf Farbe jeweils auch und zT mit betraumlchtlichen Nennungszahlen schwarz undoder weiszlig genannt werden (Bei gebildeten franzoumlsischen Sprechern liegt in einem dieser Faumllle freilich eine syntagmatische Assoziation vor gerade wegen ihrer Bildung assoziieren 18 an erster Stelle auf rouge das Wort noir) Andererseits entspricht das Assoziieren von schwarz undoder weiszlig auf Farbadjektive den Erkenntnissen die der geniale Edwin H Land (1977) uumlber die Physiologie des Farbsehens gewonnen hat

ren Faumlllen fuumlr Farbwerte eintreten ndash Auch zwischen Zahlen scheinen auf den ersten Blick dieselben aumlquipollenten Beziehungen zu bestehen wie etwa zwischen Farbadjekti-ven Bei naumlherem Zusehen zeigt sich jedoch dass als spezifische Relation zwischen Zah-len die Relation bdquogroumlszliger als gesehen wird (Ganz abstrakt lautet die Regel fuumlr das Zaumlhlen ja Ersetze die letzte Zahl n durch n+1) Entsprechend sind die Assoziationen auf Zahlwoumlrter immer gerichtet zB im Sinn des n + 1 auf zwei wird drei auf drei wird vier assoziiert auf jeden Fall immer eine houmlhere Zahl39

Ein weiterer Sonderfall sind Erfahrungsbereiche die nicht zu denjenigen einer Vielzahl von Sprechern gehoumlren Zum Loumlwen wird gemeinhin als kontiger Partner im Erfahrungsbereich exotische wilde Tiere der Tiger assoziiert Beim Adler fehlt fuumlr den normalen Sterblichen der Partner In solchen Faumlllen kann die Assoziation dann zur Spitze A eines potentiellen Moduls verlaufen (man koumlnnte auch sagen Auf dem Weg von B zu einem potentiellen C endet die Assoziation in Ermangelung eines C bei A das sonst die Zwischenstation gewesen waumlre) Die Konsequenz Die haumlufigste Assoziation auf Ad-ler ist Vogel (21) oiseau (16) und bird (55) Solche Assoziationen zum Klassennamen dh zur Spitze A des Moduls hin sind relativ selten Mit groumlszligerer Haumlufig-keit treten sie sozusagen als Vorstufe zu Similaritaumlt-Kontrast-Assoziationen bei sprach-lich weniger sozialisierten Probanden auf40 [p 27]

4 Schlussuumlberlegungen

laquoDie Aufstellung von Oppositionen ist im Wortschatz wesentlich komplizierter als im phonologischen System einer Sprache da die beteiligten Merkmale wesentlich zahlrei-cher sind als in der Phonologie Prinzipiell handelt es sich jedoch um die gleichen Oppositionstypenraquo (Coseriu 1973 65)

Ich habe eingangs gezeigt dass Zweierschemata haumlufig als Denkmodell verwendet wer-den dass die Sprache im Bereich der Bezeichnungen des Entgegengesetzten uumlber eine ganze Skala solcher Zweierschemata verfuumlgt weiterhin dass Wahrnehmen und Erfassen von etwas stets zugleich bedeutet uumlber die Information hinausgehen die gegeben wird und dass auch bei diesem laquouumlber die Information hinausgehenraquo wieder Zweierschemata wie die von Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz entscheidend sind Ich habe dann Ergebnisse der sprachlichen Assoziationsforschung einer ersten Analyse unterzogen und diese Analyse in einem weiteren Schritt dadurch vertieft dass ich sprachliche Assoziationen als den Reflex von Strategien aufgefasst habe die dazu dienen semantische Information zu erfassen und einzuordnen Zum Abschluss will ich in vier Schlussuumlberlegungen skizzieren worin der moumlgliche Ertrag einer staumlrkeren Einbeziehung der Assoziationsforschung und verwandter Gebiete liegen kann in einem (1) Einblick in das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems und seine (2) Transformation in Onto- und Pathogenese sowie in der Diachronie in einem (3) neuen Licht das auf Probleme der Wortfeldforschung geworfen wird und schlieszliglich auch in einer (4) angemesseneren Haltung gegenuumlber der Wissenschaftsgeschichte

39 Schuchardts oben zitierte Vermutung auf drei koumlnne (aus Gruumlnden der Lautaumlhnlichkeit) auch zwei assoziiert werden ist auch deshalb abwegig weil Ruumlckwaumlrtszaumlhlen eine sehr schwierige Aufgabe ist sie wird zB haumlufig verwendet um das Ausmaszlig von Aphasien zu bestimmen Dasselbe gilt fuumlr Tages- und Monatsnamen wo die spezifische gerichtete Relation bdquospaumlter als oder bdquonach lautet40 Vgl Rosenzweig 1970 102 105 zum relativ groszligen Anteil der Assoziationen zum Oberbegriff hin bei amerikanischen und franzoumlsischen Arbeitern Jenkins 1970 7 erwaumlhnt das Zuruumlckgehen der Oberbegriffs- und der Synonym-Assoziationen in der Geschichte amerikanischer Assoziationstests - Angesichts des vorliegenden Materials ist mir unklar worauf Clark (1970 279) die Ansicht stuumltzt laquoFast-Synonymeraquo wie house - home odour - smell seem - appear thing - object sowie Ober- und Unterbegriffe kaumlmen bei den Wortassoziationen oft vor

41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems

In unserem paradigmatischen Orientierungssystem scheint es zwei Bereiche zu geben die flieszligend ineinander uumlbergehen und miteinander kombiniert sein koumlnnen ei-nen Bereich mit Similaritaumlt-Kontrast- und einen Bereich mit Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-(Distanz-)Struktur Im einen Bereich wird Information aumlhnlich wie im Fall des bdquoGesetzes der Gleichfoumlrmigkeit (und des Kontrastes) vor dem Hintergrund der Similaritaumlt domi-nant eingeordnet im Hinblick auf das Entgegengesetzte im anderen im Hinblick auf den Nachbarn im selben Erfahrungsbereich ndash was dem gestaltpsychologischen bdquoGesetz der Naumlhe entsprechen wuumlrde

[p 28] Das erste System strukturiert durch seine Reduktion auf in der Regel zwei Alternativen (mit falls ein tertium zugelassen ist Zwischenmoumlglichkeiten) unsere Erfah-rung in auszligerordentlich starkem Maszlig Hier bestehen zugleich die groumlszligten auszligereinzel-sprachlichen Uumlbereinstimmungen ndash und zwar deswegen weil bestimmte Strukturie-rungs-Dimensionen ethologisch gesehen nichts anderes darstellen als Verbalisierungen jener Interpretation der Natur der Umwelt und ihrer Gesetzlichkeiten die unser Organismus im Lauf seiner entwicklungsgeschichtlichen Adaptation vorgenommen hat Orientierung im Raum in der Zeit Orientierung durch Houmlren Sehen Riechen Schme-cken Fuumlhlen und Tasten Eine Reihe solcher Strukturierungs-Dimensionen (die generell Coserius und Pottiers Klassemen Greimas Kontextsemen oder Luumldis Kongruenzsemen gleichen)41 sind sogar grammatikalisiert also zu grammatischen Ordnungsdimensionen geworden (wobei die Einzelsprachen das Angebot natuumlrlich in jeweils verschiedener Weise wahrnehmen) Es geht ua pythagoreisch ausgedruumlckt um die Unterscheidung zwischen dem Einen und dem Vielen um die zwischen maumlnnlich und weiblich (die im grammatischen Bereich freilich neutralisiert werden kann) zwischen tot und lebendig (wofuumlr die Grammatiker unbelebtbelebt vorziehen) zwischen menschlich und nicht-menschlich geben (bdquoAllativ bdquoDativ) und nehmen (bdquoAblativ) zwischen ich und du ja und nein (vierte Art des Entgegengesetzten im aristotelischen Sinn) hier und dort jetzt und nicht-jetzt42

Besonders augenfaumlllig sind solche Klasseme und ihre Reduktionsleistung in den sogenannten Klassifikator-Sprachen ndash dort hat jedes Nomen ein Element bei sich das das Bezeichnete einer bestimmten Klasse von Denotaten zuweist etwa zur Klasse Tier oder Mensch zur Klasse der horizontalen oder vertikalen Objekte ndash wobei was nicht unerwartet ist als generellstes und haumlufigstes Klassifikationskriterium die Opposition zwischen belebt und unbelebt verwendet wird (vgl Serzisko 1980)

Unser so vorstrukturiertes Wahrnehmen und Denken erkennt umgekehrt in der Umwelt wieder Prinzipien wie die eingangs genannten Gegensatzpaare des fruumlhgriechi-schen Denkens ndash wobei inzwischen klar sein duumlrfte dass es sich um alles andere als um bdquoarchaisches oder bdquoprimitives Denken handelt Bemerkenswert an den Wort-Assozia-tionen ist ja ua dass man sie nicht dadurch erhaumllt dass man im Sinn des dritten noogenetischen Prinzips von Spearman den Ausgangspunkt und die gewuumlnschte Rela-tion vorgibt um zu einem Ergebnis zu kommen es genuumlgt die Angabe des Ausgangspunkts Wahrnehmen Erkennen Verstehen bedeuten naumlmlich stets Einordnen Relationen herstellen ndash gleichguumlltig ob es um [p 29] die optische Wahrnehmung geht an der einige (vermutlich verwandte) Gestaltgesetze erlaumlutert wurden oder aber um das Einordnen sprachlicher Information So ist es ganz selbstverstaumlndlich dass die gege-

41 Vgl Coseriu 1972 52 LorenzWotjak 1977 235 mit Anm 10342 Vgl zur binaumlren Opposition als einer Extremform des grammatischen Paradigmas auch Weinrich 1967 1975

bene Information erst im Hinausgehen uumlber das Gegebene erfasst wird - ein Hinausge-hen das die Psychologen bekanntlich auch Denken nennen Im sprachlichen Erfassen ist so auch das Denken oder laquouumlber das Gegebene Hinausgehenraquo angelegt Das Denk-schema von These Antithese und Synthese spiegelt zB das Dreiecks-Modul des Similaritaumlt-Kontrast-Systems wider Mann und Frau sind in Mensch aufgehoben43

Waumlhrend im Bereich des Similaritaumlt-Kontrast-Systems nicht nur im Prinzip son-dern zT auch materiell gewisse auszligereinzelsprachliche Uumlbereinstimmungen vorhanden sind gibt es im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System natuumlrlich entsprechend dem Erfahrungs- und Lebensbereich kulturelle und soziale Unterschiede Entscheidend ist jedoch auch hier dass Einordnen nicht nur bedeutet in Relation Setzen zu diese Relationen sind ebenso wie die Kontrast-Relation im anderen System wiederum ganz spezifische ihrer-seits in aller Regel uumlberindividuelle Denk-Relationen TeilGanzes Kausalitaumlt Finalitaumlt Zeitrelation Invariant oder auszligereinzelsprachlich sind also die Relationen nicht notwendigerweise dagegen die Terme die durch solche Relationen verbunden sind

42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semanti-schen Orientierungssystems

Nach den vorgefuumlhrten Analysen gibt es drei Strategien zur Wahrnehmung und Einordnung semantischer Information eine dominant syntagmatische und die beiden eben erwaumlhnten paradigmatischen Dabei entspricht die syntagmatische Strategie dem was Hansjakob Seiler im Bereich der bdquosprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden mit Piaget zunaumlchst als Einordnen dann als Individualisierung bezeichnet hat insbeson-dere das paradigmatische Similaritaumlt-Kontrast-System entspricht dagegen dem Seiler-schen Klassifizieren bzw Generalisieren als der anderen polaren Instanz im Bereich der sprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden (Seiler 1981) Die Charakteristika aller drei Orientierungs- und [p 30] Einordnungssysteme sind in der folgenden Uumlbersicht nochmals zusammengestellt

I II IIISyntagmatisches Konti-guitaumlts-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontrast-System

Dominante Strategie Einordnen in ein groumlszlige-res Syntagma (dh in ein komplexeres Zei-chen)

Zuordnung eines Part-ners aus demselben Er-fahrungsbereich (uumlber spezifische Relationen)

Zuordnung eines Anto-nyms (uumlber die Gegen-satz-Relation)

Wortklasse in aller Regel verschie-den

in der Regel gleich gleich

Kontiguitaumlt vs Distanz ja ja

43 Es ist gewiss nicht erstaunlich dass wie Coseriu (1977a) gezeigt hat gerade Hegel in seiner Humboldt-Rezension als Vergleichsgrundlage fuumlr alle Sprachen die Unterscheidung von Gattungen und Arten bzw von laquoAllgemeinheiten und Bestimmtheitenraquo ansieht ndash mit anderen Worten also das DreiecksModul in sei-ner Similaritaumlt-Kontrast-Auspraumlgung ndash Die Bolle des Kontrasts (als drittes Moment neben Similaritaumlt und Kontiguitaumlt) hat aus der phaumlnomenologischen Tradition heraus sehr schoumln und einleuchtend Elmar Holen-stein dargestellt und gerade auch fuumlr die sprachliche Seite als grundlegend bezeichnet laquoDamit uumlberhaupt eine Auswahl (gemeint ist auf der paradigmatischen Achse der Selektion) getroffen werden kann muss sich etwas von etwas abhebenraquo (1976 86) Bruners going beyond the information given kann also zT auch im phaumlnomenologischen Sinn interpretiert werden

Similaritaumlt vs Kontrast ja ja

Fuumlr alle Woumlrter moumlg-lich

ja groszliger Bereich kleiner Bereich (bdquosemantische Struktur-woumlrterldquo)

Die spezifischen Relationen im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System entsprechen dabei in etwa Piagets laquoinfralogischenraquo Relationen oder Spearmans (1923 67-71) laquorealraquo relati-ons die Relationen des Similaritaumlt-Kontrast-Systems entsprechen dagegen Piagets laquologi-schenraquo und in etwa wohl Spearmans (71-74) laquoidealraquo relations Fuumlr die veschiedentlich erwaumlhnte nicht scharfe Trennung der Bereiche II und III duumlrften ua die Teil-Ganzes-Relationen verantwortlich sein die sowohl im laquologischenraquo (Inklusion) als auch im laquoinfralogischenraquo Bereich vorkommen Waumlhrend die Relationen des Similaritaumlt-Kontigui-taumlt-Systems dominant gerichtete Relationen sind ist die Gegensatz-Relation des Similaritaumlt-Kontrast-Systems grundsaumltzlich zweiseitig Abweichungen ergeben sich insbesondere durch Polysemie (vgl o S 12)

Ontogenetisch gesehen werden nun die paradigmatischen Systeme II und III uumlber das syntagmatische System I aufgebaut Dabei nimmt das System II wie aus seinen Merkmalen ersichtlich ist eine Mittelstellung zwischen den Systemen I und III ein - im Sinn der Konzeption Seilers stellt es also gewissermaszligen den bdquoWendepunkt zwischen den beiden Polen der Dimension sprachliche Erfassung von Gegenstaumlnden dar Auch der flieszligende Uumlbergang zwischen den drei Systemen erhellt aus dem Schema die Grenz-faumllle liegen interessanterweise nicht zwischen I und III sondern zwischen den Systemen III (zB Coserius laquolexikalische Solidaritaumltenraquo) und zwischen den Systemen IIIII Es ist somit plausibel dass [p 31] in der Ontogenese die Systeme in der Reihenfolge I-II-III aufgebaut werden Das System III nimmt dabei insofern eine Sonderstellung ein als es wie die letzte Zeile des Schemas nochmals ausweist direkt nur auf einen kleinen aber wichtigen Ausschnitt des Wortschatzes anwendbar ist

Was den Abbau der Sprache bei pathologischer (oder altersbedingter) Beeintraumlchtigung des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems betrifft so ist den vorliegenden Beobachtungen nach die Reihenfolge wohl umgekehrt Das System III wird vor dem System II beeintraumlchtigt Dies entspraumlche der Erkenntnis Jakobsons dass man zuerst verliert was man zuletzt erworben hat44 Was schlieszliglich diachronische Transformationen speziell den Bedeutungswandel betrifft so ist die Affinitaumlt zu Uumlberlegungen sehr wichtig die in Teilbereichen schon Wilhelm Wundt (o S 7) und dann vor allem Stephen Ullman angestellt hat Ullman resuumlmiert ja die Arbeit seines Lands-manns Zoltan Gombocz (Jelentestan Pecs [Fuumlnfkirchen] 1926) und den ihm zu Grunde liegenden Aufsatz von Leacuteonce Roudet (1921) mit folgenden Worten

laquoAn associative network of names clusters around each name some of these associations are rooted in similarity others in contiguityraquo (1967 79)

Dem entspricht dann seine Klassifizierung des Bedeutungswandels (1967 220ff) Uumlbertragung von signantia aufgrund von Similaritaumlt bzw Kontiguitaumlt zwischen den sig-nata bzw umgekehrt Uumlbertragung von signata aufgrund der SimilaritaumltKontiguitaumlt zwi-schen den signantia Zu praumlzisieren waumlre dass es sich nicht um Similaritaumlt oder Kontiguitaumlt handelt sondern um Transfer im Rahmen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- oder 44 Die Arbeit von Stachowiak uumlber die Semantische Struktur des subjektiven Lexikons (1979) bestaumltigt diese Hypothese was dort vorgefuumlhrt wird laumlsst sich mE alles in dem Sinn interpretieren dass bei aphasischem Abbau der Sprache vor allem das System III beeintraumlchtigt wird Nach dem was oben (S 18f) uumlber die Komplexitaumlt von Benennungs- und Assoziations-Aufgaben gesagt wurde unterstreicht dies im Grund auch die These Jakobsons dass es sich im wesentlichen um eine Stoumlrung handelt bei der die metasprachliche Punktion der Sprache beeintraumlchtigt ist

des Similaritaumlt-Kontrast-Systems die Rolle des Kontrasts ist wie schon Wundt sah in der Tat nicht unwichtig45 [p 32]43 Wortfeld-Probleme

Die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen werfen auch ein Licht auf manche Probleme der Wortfeldforschung Zunaumlchst erklaumlren sowohl die Wortassoziationen als auch die Sprechfehler das eher selten reflektierte Phaumlnomen dass die bisher vorgestellten Wortfelder alle aus Elementen derselben Wortart bestehen46 Weiterhin muumlsste man ge-maumlszlig den beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssystemen wohl auch zwischen zwei Grundarten von Wortfeldern unterscheiden zwischen solchen des Similaritaumlt-Kontrast-Typs und solchen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- [p 33] Systems (etwa Wortfeld desWohnens der Werkzeuge der Landschaft)47 In der Form wie sie durch die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen nahegelegt werden vermitteln dabei die Wortfel-

45 Was die Unterscheidung der beiden paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssysteme angeht so fuumlhle ich mich nicht nur in der guten Gesellschaft Ullmans sondern auch in der einer Reihe von Psychologen Sprachpsychologen und Aphasieforschern Jean Piaget und Baumlrbel Inhelder unterscheiden bei der Ordnungsleistung von Kindern zwischen dem Ordnen nach dem Prinzip der Aumlhnlichkeit und nach demjenigen der Konvenienz und etwa analog dazu zwischen den schon erwaumlhnten laquologischenraquo Relatio -nen (Klassifizierung) und den laquoinfralogischenraquo (PiagetInhelder 19731 38ff) Elisabeth Wiig und Diana Globus haben 1971 in einem kontrollierten Assoziationsversuch mit 7 Aphasikern und 7 gesunden Kon -trollpersonen explizit mit Piagets logischen und infralogischen Relationen gearbeitet Das Ergebnis kann nicht nur dahingehend interpretiert werden dass es entsprechend zu diesen Relationen zwei verschie -dene Orientierungs- und Einordnungssysteme gibt sondern auch dahingehend dass das klassifikatorische System (Similaritaumlt-Kontrast-System) sowohl bei Gesunden als auch bei Aphasikern im Verfahren der kontrollierten Assoziation (gegeben ist ein Ausgangsbegriff und die Relation gesucht wird ein Zielwort) nur dann gute Ergebnisse erbringt wenn die Merkmalunterschiede gering sind - und am geringsten sind sie natuumlrlich bei binaumlren Oppositionen also etwa bei Antonymie Sobald die Merkmalsunterschiede groumlszliger werden etwa beim Ausgangsbegriff Kind und dem gesuchten Begriff Eltern sind die Suchergebnisse bei Aphasikern und Gesunden gleichermaszligen schlecht Dagegen funktioniert das infralogische System sowohl bei hoher als auch bei geringer Kontiguitaumlt der Begriffe bei den unter-suchten Aphasikern und den gesunden Kontrollpersonen recht gut (laquoWas ist der Zweck von Heizung - Ergebnis Waumlrme oaraquo) ndash Was die beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssysteme an-langt stehe ich auch weitgehend in Einklang mit James Deese Deese zieht nach einer essentiell faktoranalytischen Untersuchung von Assoziationsverhalten ua folgende Konsequenz (1965 164) laquoThe data on associative distribution suggest that the two fundamental operations we have for sorting out meaningful ndashthat is logical and syntactical relations among wordsndash are contrast and groupingraquo Deese sieht freilich ua nicht die Einordnung in ein Syntagma als dritte Strategie und anhand einer sprachpsychologischen Darstellung des Assoziationsverhaltens wie sie etwa von Houmlrmann (1967 115-156) gegeben wird vermisst man generell den Ansatz Assoziationen als Reflex von Strategien zum Erfas-sen von Bedeutung anzusehen so erscheinen dann viele Beobachtungen die anhand des obigen Schemas sinnvoll integriert werden koumlnnen eher als membra disiecta ndash Ich nenne schlieszliglich noch die Arbeit von Huber et al 1975 und die schon erwaumlhnte Dissertation von Stachowiak (1979) In der Arbeit von 1975 wird ndashbei einer Beschreibung jenes Aphasie-Typs der nach Carl Wernicke benannt istndash unterschieden zwischen zwei Orientierungsprinzipien im Lexikon einem laquosemantisch-klassifikatorischenraquo und einem laquosituativ-referentiellenraquo (1975 88 vgl Stachowiak 1979 58f) Ich bin freilich nicht einverstanden mit der These Stachowiaks es handle sich dabei einerseits um einen laquoinnersprachlichenraquo andererseits um ei-nen laquoenzyklopaumldischenraquo Bereich Wesentlich ist was nochmals betont sein soll fuumlr beide Bereiche als invariantes Prinzip dasjenige der Relation dabei sind die Relationen im einen Fall gewiss klassifikatorisch im anderen laquoinfralogischraquo beide Arten von Relationen sind jedoch gleichermaszligen uumlberindividuell und sie werden gleichermaszligen erlernt46 Geckeler sieht (1971 218) die Wortart-Gleichheit als die gewissermaszligen selbstverstaumlndliche Folge ei -ner paradigmatischen Perspektive an (was einer engen Konzeption von Paradigma entspricht) vgl u S 3547 Wenn ich recht sehe korrespondieren die beiden Grundarten mit einer Unterscheidung die Coseriu (1976 47f) innerhalb eines seiner fuumlnf Kriterien zur Klassifizierung von Wortfeldern macht naumlmlich der Unterscheidung zwischen laquorelationellenraquo und laquosubstantivenraquo Oppositionen bzw Feldern Im Rahmen der hier vorgetragenen Konzeption wird diese Unterscheidung zu einer zentralen Groumlszlige

der des Similaritaumlt-Kontrast-Typs gewissermaszligen zwischen zwei extremen Konzeptio-nen von Wortfeld zwischen der von Andre Jolles und der von Jost Trier Jolles (der des-halb von Trier und anderen gescholten wurde) wollte nur Minimalformen mit jeweils zwei (antonymen) Gliedern als laquoBedeutungsfelderraquo gelten lassen Felder die in dieser Form natuumlrlich fest umgrenzt waumlren (Jolles 1934) Fuumlr Trier galt dagegen das Prinzip der Wert jedes Worts ergebe sich aus dem Feldwert also aus der Position in einem semantischen Feld Das Wort bedeute laquonur in diesem Ganzen und kraft dieses Ganzenraquo Die vermittelnde Position ist die in einem zentralen Antonymenpaar den festen Kern zu sehen um den sich ein ganzes Feld verwandter Termini schart wobei im Normalfall die Grenze des Feldes verschwimmt Das Feld waumlre also nur von seinem zentralen Kern aus als solches zu greifen Geckelers Doppel-Wortfeld zwischen altrsquo und seinen beiden Antonymen jung und neursquo scheint mir de facto im Sinn einer solchen Konzeption interpretierbar zu sein

Die Wortfelder des Similaritaumlt-Kontrast-Typs lassen sich nun wie schon er-waumlhnt in einleuchtender Weise mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Spaumltestens bei dem Versuch Wortfelder des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs merkmalsemantisch zu rekonstruieren treten jedoch betraumlchtliche Schwierigkeiten auf Ein Verfahren auch solche Bereiche bdquodurchsichtig zu machen besteht nun darin dass man an die Spitze eines Feldes neben den eventuell vorhandenen Oberbegriff noch eine der spezifischen Auspraumlgungen der Kontiguitaumlts-Relation stellt (wodurch dann das was die Basiskante BC des Moduls von S 21 ausmacht als Seitenkante bzw Suchbegriff verwendet wird) Pottiers Wortfeld der Sitzmoumlbel im Franzoumlsischen hat als konstituierende Merkmale ne-ben dem Oberbegriff Artefakt eine solche spezifische Auspraumlgung naumlmlich das finale zum Sitzen Die Similaritaumlt die durch diese beiden Merkmale geschaffen wird stellt einerseits das Auswahlkriterium dar nach dem das Feld begrenzt andererseits den Hintergrund an Similaritaumlt vor dem es analysiert werden kann Ein Bereich wie Werk-zeug laumlsst sich um ein weiteres Beispiel zu geben nur schwer merkmalsemantisch beschreiben weil man Begriffe wie Stechbeitel Loumltkolben Nietzange und Maumlhdre-scher zu beruumlcksichtigen haumltte Fuumlgt man jedoch zu Werkzeug die finale Relation zum Bearbeiten von (beispielsweise von Holz) so entsteht ein uumlberschaubares und strukturierbares Feld [p 34]

Dabei zeigt sich nicht nur dass solche Wortfelder in gewissem Maszlig beliebig (re)konstruierbar sind - man kann etwa Katze mit gleichem Recht einmal zu den Haus-tieren ein andermal zu den fleischfressenden Saumlugetieren rechnen Es zeigt sich gleichzeitig dass eine solche Rekonstruktion genau nach dem dritten noogenetischen Prinzip von Spearman verlaumluft Zu einem Ausgangsbegriff (Werkzeug) und einer Rela-tion (zum Bearbeiten von Holz) werden Entsprechungen gesucht und gebildet Unter dem Blickwinkel dieses noogenetischen Prinzips sind Wortfelder nun nicht nur beschreibbar als Ergebnisse eines Verfahrens der kontrollierten Assoziation die beiden angedeuteten Grundtypen von Wortfeldern beruhen dann sogar beide auf demselben Grundprinzip Gegeben ist der Ausgangsbegriff und eine Relation ndash eine Relation die im Fall des Similaritaumlt-Kontrast-Typs die Gegensatzrelation ist im Fall des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs eine finale kausale temporale lokale TeilGanzes-Relation etc Dass solche Konstruktionen oder Rekonstruktionen48 also die Wortfelder der Linguisten keinesfalls - um mit Gauger (zB 1976) zu sprechen - laquobewusstseinsfremdraquo sind zeigt gerade das Verfahren der freien Assoziation dessen Interpretation Ausgangspunkt die-ser Uumlberlegungen war

Dies hat auch Auswirkungen auf das von Saussure aufgeworfene Negativitaumltsproblem Gewiss bedeutet Vater nicht nur Nicht-Mutter sondern auch

48 Von der Konstruktion von Wortfeldern spricht auch Coseriu (zB 1970 113)

Nicht-Sohn Nicht-Barock Nicht-Jahrhundert Bei einer solchen Betrachtung wird je-doch eine bestimmte Art des Gegensatzes die parmenideische Relation des bdquoIst nicht verabsolutiert Sie spielt gewiss eine wichtige Rolle in der Sprache sowohl in der Semantik als auch im Bereich der geschlossenen grammatischen Paradigmen Man sollte jedoch (trotz des Umstands dass die Kontrast-Relation und mit ihr die Relation des oppositiven bdquoIst nicht gerne als laquologischraquo die Relationen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Systems dagegen als laquoinfralogischraquo bezeichnet werden) nicht vergessen dass beide Ar-ten von Relationen unabdingbare Konstanten unseres Wahrnehmens Erfassens und Denkens darstellen und dass eine Semantik die nicht bewusstseinsfremd sein will dementsprechend nicht nur die im Motto auf S 27 angegebenen Oppositionen sondern die ganze Skala moumlglicher Relationen mit in ihr Beschreibungsinstrumentarium aufneh-men muss

44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte

Eugenio Coseriu hat 1977 in seiner Antrittsrede an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften als eines der vier Prinzipien seines Schaffens das Stichwort Tradition und Neuerung genannt Es heiszligt dort laquodass die Geschichte unserer Wissenschaften wie uumlberhaupt die Kultur- [p 35] geschichte Fortsetzung von Traditionen und Erneuerung innerhalb von Traditionen istraquo Man sage eigentlich Neues nur wenn man an Traditionen anknuumlpfe und Traditionen fortsetze (1977 109 vgl 1979 5) Ich habe im vorliegenden Beitrag versucht in mehrfacher Weise an solche Traditionen anzuknuumlpfen ua an diejenige der Assoziationsforschung der Jahrhundertwende Dass hier uumlberhaupt von einem (Wieder-)laquoAnknuumlpfenraquo gesprochen werden muss hat seine Gruumlnde

Der Begriff Assoziation war noch Saussure so gelaumlufig dass er ihn in dem Sinn verwendete in dem heute Paradigma und paradigmatisch gebraucht werden (Saus-sure spricht nicht von paradigmatischen sondern von assoziativen Relationen) Henri Frei oder Charles Bally setzten in dieser Hinsicht nicht nur die Tradition des Meisters fort Bally kannte wie ua einschlaumlgige Stellen aus dem Traiteacute de stylistique franccedilaise von 1909 zeigen offensichtlich auch die Arbeit von Thumb und Marbe sowie den dort angesprochenen Bereich des Assoziierens insbesondere zum Gegenteil hin Seither hat jedoch in der Sprachwissenschaft ein grundlegender Paradigmawechsel stattgefunden Eine im Uumlbermaszlig psychologisierende Stroumlmung wurde wie uumlblich durch das Gegenteil abgeloumlst und seither scheinen die Sprachwissenschaftler den Begriff Assoziation als et-was eher Anruumlchiges zu meiden und allenfalls mit ganz spitzen Fingern anzufassen laquoCest pour eacuteviter le psychologisme adopteacute dans le Cours de F de Saussure que je substi-tue le terme rapport paradigmatique agrave celui de rapport associatifraquo schreibt Louis Hjelmslev der den terminologischen Wandel vollzogen hat in einer Fuszlignote des Vor-trags den er 1936 auf dem Linguisten-Kongress in Kopenhagen gehalten hat (1938140) Interessanterweise ist auch der Anti-Psychologismus wie Gauger zeigen konnte (1976 73-87) bei Saussure schon mit angelegt

Freilich motiviert sowohl die weitere Geschichte der Assoziationsforschung als auch die Auffassung der Sprechfehler diese spitzen Finger in betraumlchtlichem Maszlig beide Phaumlnomene wurden in den Bereich der Abnormalitaumlt und des Pathologischen geruumlckt Was das Versprechen angeht so ist die Ursache kein anderer als Sigmund Freud er griff aus den Sprechfehlern die Meringer und Mayer vorgefuumlhrt hatten vor allem die Gruppe des Versprechens zum Gegenteil hin heraus und interpretierte sie in dem bekannten Sinn Das Versprechen zum Gegenteil hin lege die geheimen Gedanken des Sprechers bloszlig Dies ist ganz ohne Zweifel eine Uumlberinterpretation die in manchen Faumlllen zutreffen

mag fuumlr den Durchschnittsfall jedoch keinerlei Allgemeinguumlltigkeit beanspruchen kann49 Wie nachhal- [p 36] tig die Interpretation Freuds ndashin diesem Fall leiderndash ge-wirkt hat zeigt die Verbindlichkeit jener Bezeichnung mit der man Sprechfehler heute erfasst bdquo(Freudsche) Fehlleistungen Ein in gleichem Maszlig bdquopathologischer Geruch begleitet spaumltestens seit 1910 die Versuche mit Wortassoziationen Carl Gustav Jung machte Versuche mit Assoziationen Kent und Rosanoff hatten die Absicht mit ihrer Liste von 100 Ausgangswoumlrtern und dem Durchschnitt der Assoziationen von 1000 Probanden eine Norm aufzustellen von der sich abnormale Assoziationen abheben soll-ten Die Untersuchung erschien nicht nur in der Zeitschrift American Journal of Insanity sie hieszlig auch noch A Study of Association in Insanity I Association in Normal Subjects Alle seitherigen einschlaumlgigen Assoziations-Listen werden von den Psychologen entspre-chend mit dem Etikett Norm versehen (laquoRussellJenkins-Normraquo laquoPalermoJenkins-Normraquo etc)

Die Haltung spaumlterer Sprachwissenschaftler ist also auch damit zu erklaumlren dass das Assoziieren und die Sprechfehler durch Pathologisierung ihrer ehemaligen (und angemesseneren) Unschuld verlustig gegangen waren Freilich gibt es seit einiger Zeit wieder ein neues und zunehmendes Interesse an Fragestellungen des Sich-Versprechens Assoziierens und der (wirklich zum Bereich des Pathologischen gehoumlrenden) Aphasie-Forschung50 Dass dabei in der Regel die eigentliche Tradition ausgespart wird ist weniger erfreulich Denn es geht nicht nur um eine sehr alte Tradition des Denkens es geht mit der Omnipraumlsenz bestimmter Relationen eigentlich um grundlegende Charakteristika des Sprechens und Denkens selbst

Freiburg Wolfgang Raible

[p 37] Literaturverzeichnis

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49 Vgl hier die analoge Einstufung der Freudschen Konzeption sprachlicher Fehlleistungen bei Kainz 1956 38 - Die Auseinandersetzung zwischen Freud und Meringer war zT sehr heftig Auf einer houmlheren Stufe der Eskalation zieh Meringer Freud beispielsweise der laquoStuumlmperraquo-Haftigkeit auf dem Gebiet des Beobach-tens laquoEr sieht und houmlrt naumlmlich nur das was sich eventuell zur Begruumlndung seiner phantastischen Theorien missbrauchen laumlsst Die unendlich vielen Faumllle die sich dagegen mit Haumlnden und Fuumlszligen straumlu-ben sieht er nicht (1912 55)50 Ich nenne drei Indizien fuumlr die Wiederbelebung der Tradition bzw das verstaumlrkte Interesse an den betreffenden Zusammenhaumlngen Erstens wird die Arbeit von Meringer und Mayer in einem 1973 von Victoria A Fromkin herausgegebenen Sammelband in den beiden Beitraumlgen der Herausgeberin wenigs-tens gelegentlich wenn auch zT falsch zitiert Die Arbeit von Thumb und Marbe wurde 1978 sogar neu ediert Zweitens gibt es insbesondere in den Vereinigten Staaten eine Reihe von Arbeiten zu linguistischen Aspekten der Assoziationsforschung (die wichtigste ist wohl die allerdings weitgehend psychologisch und psychometrisch orientierte von Deese 1965) die zB in den Versuch einer Synthese eingegangen sind den Herbert H Clark 1970 veroumlffentlicht hat (Die Arbeit von Clark ist freilich noch ein wenig zu stark dem Grammatikmodell der Transformationsgrammatik verhaftet) Noumlth (1975) hat den Ansatz von Clark zT weitergefuumlhrt sich zT jedoch auch in kasuistischen Uumlberlegungen gefangen Drittens ist das Wiedererwa-chen des linguistischen Interesses an der Aphasie-Forschung zu vermerken (es war zB schon bei Meringer und Mayer vorhanden) Fuumlr dieses ndashallerdings in Schuumlben auftretendendash Interesse ist nicht zuletzt auch Roman Jakobson verantwortlich

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  • Von der Allgegenwart des Gegensinns
  • (und einiger anderer Relationen)
  • Strategien zur Einordnung semantischer Information
  • Wolfgang Raible (Universitaumlt Freiburg)
  • Eugenio Coseriu zum 2771981
  • 21 Gesetzmaumlszligigkeiten des Assoziierens
  • 211 Argumentum quantitatis
  • 212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt
  • 22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens
  • 311 Syntagmatisches Assoziieren
  • 312 Paradigmatisches Assoziieren
  • 3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System
  • 3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System
  • 32 Sonderfaumllle
  • 41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems
  • 42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semantishyschen Orientierungssystems
  • ja
  • Fuumlr alle Woumlrter moumlgshylich
  • 44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte
  • Freiburg Wolfgang Raible
  • Abel C Uumlber den Gegensinn der Urworte Leipzig 1884
  • Bally C Preacutecis de stylistique Genegraveve 1905
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  • Coseriu E Einfuumlhrung in die strukturelle Betrachtung des Wortschatzes Tuumlbingen 1970
  • Coseriu E Probleme der strukturellen Semantik Tuumlbingen 1973
  • Coseriu E Zu Hegels Semantik in Kwartalnik neofilologiczny 24 (1977) 183-193
  • Deese J The Structure of Association in Language and Thought Baltimore 1965
  • Duumlring I Aristoteles Darstellung und Interpretation seines Denkens Heidelberg 1966
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Page 13: latina.phil2.uni-freiburg.delatina.phil2.uni-freiburg.de/.../Files/Gegensinn_neu.docx  · Web viewZeitschrift für romanische Philologie Bd. 97, Heft 1/2, S. 1-40. Die Seitenangabe

answer lt--gt questionasleep lt--gt awakeback lt--gt frontbad lt--gt goodbefore --gt afterbegin lt--gt endbest lt--gt worstblack lt--gt whiteborrow --gt lendbottom lt--gt topfemale lt--gt maleboy lt--gt girluncle lt--gt auntactor lt--gt actressbrother lt--gt sisterdad lt--gt momfather lt--gt motherdaughter lt--gt songrandma lt--gt grandpahusband lt--gt wifeman lt--gt womanbuyer lt--gt sellerclose --gt openday lt--gt nightdead --gt alive

downstairs lt--gt upstairsdryer --gt washereast lt--gt westempty lt--gt fulleven lt--gt oddexit --gt entranceexplode --gt implodefalse lt--gt truefar lt--gt nearfind lt--gt seeksearchfirst --gt lastforward lt--gt backwardfound lt--gt lostgo lt--gt stopgroom lt--gt bridehello --gt goodbyehe lt--gt shehere lt--gt therehigh lt--gt lowin lt--gt outleader --gt followerless lt--gt morelose --gt winloser lt--gt winnerlost lt--gt found

minus lt--gt plusnegative lt--gt positiveno lt--gt yesnorth lt--gt southoff lt--gt onold --gt newopen --gt closeclosedoutside --gt insideover lt--gt underpoor lt--gt richqueen --gt kingquestion lt--gt answerright --gt leftright --gt wrongscratch --gt itchseller lt--gt buyersit --gt standslow lt--gt fastsoft lt--gt hardthin --gt thicktight --gt loosetoday lt--gt tomorrowtwice --gt onceweak --gt strong

Bemerkenswert sind solche abweichenden Faumllle in denen an erster Stelle nicht ein Antonym assoziiert wird sondern ein aumlquivalenter Begriff etwa finish --gt done und erst an zweiter Stelle start happy fuumlhrt an erster Stelle zu joyous an dritter und vierter Stelle immer noch sehr haumlufig zu cheerful und glad sad steht erst an zweiter Stelle Hard fuumlhrt an erster und zweiter Stelle zu difficulty und difficult die beiden moumlglichen Antonyme easy und soft folgen (mit immer noch hoher Frequenz) an dritter und virter Stelle Umgekehrt fuumlhrt nur soft hoch frequent zu hard Parallel ist ein Fall wie hate zu dem hoch frequent despise und dislike assoziiert wird waumlhrend love unter der 05-Schwelle an dritter Stelle folgt Genauso verhaumllt es sich mit love das zu affection ro-mance und adore fuumlhrt (love ist als Wortart polyfunktional) hate folgt an vierter Stelle in der Frequenz Hot fuumlhrt in seiner einen Bedeutung zu spicy in einer anderen zu humid erst an dritter Stelle zu cold Umgekehrt gilt aber cold --gt hot Late fuumlhrt an erster Stelle zu tardy erst an zweiter zu early Auf many wird an erster und zweiter Stelle several und numerous assoziiert erst an dritter folgt unter der 05-Schwelle fewsome waumlhrend umgekehrt nur few mit einiger Frequenz zu many fuumlhrt Bei old gilt zwar --gt new aber dann folgen drei verwandte Begriffe (elderly antique ancient) erst an vierter Stelle kommt das andere Antonym young Vergleichbar ist das vieldeutige present an erster Stelle steht hier gift dann folgt mit past ein Antonym mit absent ein anderes In einem Fall wie forget wird an erster Stelle forgive (ldquolet us forget itrdquo) assoziiert also ein willentliches vergessen waumlhrend umgekehrt remember direkt zu forget fuumlhrt Mehrdeutigkeit ist also immer ein lsquoStoumlrfaktorrsquo wie auch der Fall short --gt talllong an zweiter Stelle short --gt brief zeigt oder small --gt tiny und an zweiter und dritter Stelle --gt big large Interessant ist auch das Beispiel square das an erster Stelle zum Oberbegriff rectangle fuumlhrt und dann zu zwei gleichermaszligen moumlglichen lsquoAntonymenrsquo circleround

und triangle Strong fuumlhrt an erster Stelle zu einem Parallelbegriff powerful erst an zweiter zu weak waumlhrend weak direkt zu strong fuumlhrt Wet fuumlhrt -- in dieser Reihenfolge -- zu slippery moist drench und dry aber nur dry fuumlhrt in nennenswertem Umfang zuruumlck zu wet

Die uumlberwiegende Zahl der anderen Faumllle sind solche in denen ein Begriff aus demselben Erfahrungsbereich assoziiert wird In manchen Faumlllen sind das sehr viele So gibt es bei money der hohen Zahl von Probanden entsprechend eine hohe Zahl von Nennungen fuumlr (in absteigender Reihenfolge aber immer noch mit einer Forward Cue-to-Target Strength von gt05) cash bank fund wallet profit spend banker income bud-get lottery dollars checkbook salary Insgesamt sind es hier 302 verschiedene Targets Aumlhnliches gilt fuumlr tree -- wo jeder an eine spezifische ihm gelaumlufige Baumart oder einen Baum-Bestandteil denken kann

22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens

Mit seinem genialen Blick fuumlr das Grundlegende hat Roman Jakobson inspiriert von Mikołai Habdank Kruszewski (1886) die Aufmerksamkeit auf das Zusammenwirken zweier Prozesse beim Sprechen gelenkt eines paradigmatischen bei dem Einheiten aus anderen gleichrangigen Einheiten ausgewaumlhlt und eines syntagmatischen bei dem die ausgewaumlhlten Einheiten in eine lineare Abfolge gebracht werden Im paradigmatischen Prozess spielt die Dimension Similaritaumlt - Kontrast im syntagmatischen die Dimension Kontiguitaumlt - Distanz eine dominierende Rolle

In diesen Rahmen lassen sich nun nicht nur Typen der Aphasie einordnen26 sondern auch die Typen des Versprechens die Meringer und Mayer 1895 vorgefuumlhrt haben Da die lineare Anordnung elementarer Zeichen ein Charakteristikum der Rede ist ist die Mehrzahl der bdquosprachlichen Fehlleistungen im Bereich der syntagmatischen KontiguitaumltDistanz anzutreffen Ihre Hauptursache ist darin zu sehen dass (wenigstens normalerweise) das Denken einen Vorlauf vor dem Artikulieren hat - und der Sprecher setzt dann das was er zu sagen plant an die Stelle dessen was er im Moment artikuliert Das bdquoSpaumltere wirkt also dabei scheinbar paradoxerweise - auf das bdquoFruumlhere Ohne auf die Einzelheiten dieser Art des Versprechens eingehen zu wollen dessen Ergebnisse sehr haumlufig Vertauschungen also Metathesen sind sei hier zweierlei festgehalten Zum einen sind die in der Rede auf diese Art vertauschten Elemente in aller Regel klassengleich - wobei der Begriff Klasse nicht nur Wortarten also den modus significandi sondern beispielsweise auch Anlaute Auslaute Stammvokale betonte Silben usw umfassen kann27 Mit den Worten von Meringer und Mayer [p 16] (1895 17) laquoAm gewoumlhnlichsten sind die Vertauschungen der Adjectiva mit Adjectiven Substantiva mit Substantiven Verba mit Verbenraquo Zweitens sei festgehalten laquoAntithetische Woumlrter werden besonders leicht vertauschtraquo (1895 15) Ein Beispiel fuumlr diese Art der Metathese laquoDa steht der Einsatz nicht fuumlr den Gewinnraquo

Die zweite groszlige Gruppe fuumlr Versprech-Leistungen sind solche deren Ursache in der Auswahl waumlhrend des paradigmatischen Prozesses gesehen werden muss Die eine Untergruppe sind hier die bdquoKontaminationen bei der Vorstellung etwas schreiben werden die Ausdrucksmoumlglichkeiten etwas zu Papier bringen und etwas schreiben

26 Zur Fruchtbarkeit der Unterscheidung Jakobsons fuumlr die Klassifizierung von Aphasien vgl Luria 1976 5227 Einige Beispiele laquoSaint-Exupeacuterinces Petit Princeraquo laquoMinuster fuumlr Kultus und Unterrichtraquo Die Elemente koumlnnen auch vertauscht werden - Metathesen dieser Art sind laquoeine Sorte von Tacherraquo laquodenile Semenzraquo laquoVerteidigung ist die Spiele des Seelsraquo etc Die Beispiele stammen bis auf das erste aus MeringerMayer 1895 Zu analogen Erscheinungen beim Verlesen vgl auch Kolers 1976

kombiniert zu etwas zu Papier schreiben Freud nennt dies gewiss zutreffend Verdichtungen Die andere Unterart dieses semantischen Versprechens besteht in der Vertauschung (bdquoSubstitution) zweier Elemente - wobei es sich nicht mehr um Elemente aus dem Syntagma sondern um Elemente des paradigmatischen Auswahlprozesses handelt laquoBekannt istraquo so heiszligt es bei Meringer und Mayer (1895 79) laquodass kontrastierende Vorstellungen einander assoziieren So kommt man auf dem Wege der Substitution dazu das Gegenteil von dem zu sagen was man gemeint hatraquo Also etwa laquoIhm war auch kein Berg zu niedrigraquo (statt zu hoch) laquowas er verliert (statt gewinnt) gibt er seinen Kindern in die Sparbuumlchseraquo

Was schon bei voumlllig gesunden Sprechern wenn man ein Ohr dafuumlr hat mit bemerkenswerter Haumlufigkeit zu beobachten ist kann natuumlrlich im Fall von verminderter Sprechfaumlhigkeit (Aphasien) in verstaumlrktem Maszlige auftreten Herbert Pilch hat aus linguistischer Sicht auf die bekannte Erscheinung hingewiesen dass Aphasiker Woumlrter verwechseln die im Verhaumlltnis des Gegensinns zueinander stehen (1972 8) Ein einfaches Beispiel aus einem Sprachtest mit Aphasikern (Muumlller 1976 257ff) Es handelt sich um einen Test in dem der Umgang mit metakommunikativen Verben uumlberpruumlft wurde Beim Nachsprechen eines groumlszligeren zusammenhaumlngenden Texts - dies war eine der Aufgaben - wurden dabei vereinzelt sinnstoumlrende Vertauschungen zwischen den korrelativen Begriffen fragen und antworten beobachtet Von einem analogen Test mit Einzelsaumltzen heiszligt es laquoSinnstoumlrend vertauscht wurden fragen mit erwidern wissen wollen bzw sich erkundigen (wurden) durch sprechen ersetztraquo In einem Sortiertest sollten metakommunikative Verben nach inhaltlichen Kriterien zu Gruppen geordnet werden Dieser Test wurde wegen der erforderlichen hohen Konzentration allerdings nur von fuumlnf Probanden absolviert Vier davon gruppierten fragen wissen wollen sich erkundigen antworten entgegnen erwidern Der fuumlnfte Proband gekennzeichnet mit dem Stichwort laquoKonduktionsaphasieraquo bildete dagegen [p 17] die Paare fragenantworten antwortenerkundigen wissen wollenentgegnen Er gliederte also was der Untersuchende nicht direkt sieht nach Antonymen-Paaren28

3 Interpretation der beschriebenen Phaumlnomene oder Die verschiedenen Strategien zum Erfassen von Bedeutung

No hay que explicar el hablar desde el punto de vista de la lengua sino viceversa (Coseriu 19551973 287)

Meringer und Mayer haben darauf hingewiesen man muumlsse sich huumlten den Sprechfehler als etwas Pathologisches aufzufassen Sie erlaumlutern dies mit einem praumlgnanten Bild Beim Sprechfehler versage nur die Aufmerksamkeit die Maschine laufe ohne Waumlchter sich selbst uumlberlassen Und was den Sprechfehler fuumlr die Sprachwissenschaft lehrreich mache sei der Umstand dass das Uhrwerk in solchen Augenblicken des Mantels entkleidet scheine und ein Blick in die Raumlder moumlglich sei (1895 7) Aumlhnliches gilt fuumlr die permanenten Abweichungen von der Sprachnorm die sich im Sprechen von Individuen oder Individuen-Gruppen finden (und die zB Henri Frei in seiner Grammaire des fautes (1929) festgehalten hat) Die Uumlberlegungen gelten natuumlrlich ebenso fuumlr die Wort-Assoziationen insbesondere dann wenn man wie urspruumlnglich Thumb und Marbe mit der Beruumlcksichtigung der Spontaneitaumlt also der Reaktionszeit ein Indiz dafuumlr hat welche Prozesse unter Umstaumlnden laquoautomatischraquo 28 Nach der Analyse die Luria von dem seit Wernicke und Lichtheim so genannten Syndrom der bdquoLeitungsaphasie gibt duumlrfte es sich um die Variante mit akustisch-artikulatorischer Stoumlrung handeln In der Variante mit akustisch-mnestischer Stoumlrung sind sogenannte bdquoverbale Paraphasien relativ selten Vgl Luria 1976 239-285 insbes S 247-273

oder mit Meringer und Mayer so ablaufen dass laquoder Waumlchterraquo also das Bewusstsein des Sprechers dessen bestenfalls hinterher richtig gewahr wird Mutatis mutandis gilt die Uumlberlegung schlieszliglich auch fuumlr den Bereich der Sprachstoumlrungen laquoPathologia illustrat physiologiamraquo das Anomale lehrt uns wie das Normale funktioniert ndash so lautet ein alter Grundsatz der medizinischen Forschung Wie betraumlchtlich der Unterschied zwischen den voll bewussten mehr Zeit in Anspruch nehmenden Suchprozessen und den halbbewussten Assoziationen ist zeigen solche Aphasien in denen der Patient ein Wort bei bewusstem Suchen nicht findet oder ein Wort das ihm vorgesprochen wird nicht wiederholen kann waumlhrend er im Bereich des offenbar funktionierenden Assoziierens das betreffende Wort findet bzw sagen kann29

[p 18] Wenn ich nach der obigen Skizzierung quantitativer und qualitativer Verhaumlltnisse im Bereich von Wortassoziationen nun versuche die bisherige Untersuchung im eigentlichen Sinn zu interpretieren so lasse ich mich von der folgenden Grunduumlberlegung leiten Da Assoziationen mit Wortmaterial im Idealfall in einem halbbewussten Bereich spontanen Reagierens ablaufen koumlnnte man meinen es handle sich um ganz einfache primaumlre Prozesse sprachlicher Aktivitaumlt Komplex und sekundaumlr waumlre dagegen die Aumluszligerung von Saumltzen und Texten Nun hat freilich einer der groszligen Aphasieforscher Kurt Goldstein gezeigt dass es sich eigentlich genau umgekehrt verhaumllt Primaumlr am Sprechen ist die Mitteilungsabsicht dh das Kommunizieren mit Hilfe groumlszligerer syntagmatischer Einheiten im Rahmen von Kommunikationssituationen Das scheinbar so einfache Assoziieren von Woumlrtern oder das Benennen von Gegenstaumlnden sind dagegen recht schwierige und komplexe Aufgaben Wie Roman Jakobson gezeigt hat ist zB das Benennen eines Gegenstandes ein metasprachlicher Akt30 Ein solcher Akt setzt die Existenz und das isolierte Funktionieren eines praumlzisen Orientierungs- und Einordnungssystems voraus Bei Assoziations-Tests muss ein gehoumlrtes Wort ohne jede Situations- oder Kontexthilfe analysiert erkannt und eingeordnet werden

Ich habe nun eingangs mit Hilfe einiger einfacher Beispiele aus dem Bereich der Gestaltpsychologie gezeigt dass eine solche Erkenntnis immer erst dadurch zustande kommt dass man uumlber das Gegebene hinausgeht going beyond the Information given Dementsprechend besteht mein Interpretations-Ansatz jetzt darin dass ich die von einem vorgegebenen Ausgangswort ausgehende Assoziation als den Reflex einer Strategie interpretiere einer Strategie die dazu dient die Bedeutung von Woumlrtern im Hinausgehen uumlber das gegebene Wort zB durch die Einordnung in das semantische Orientierungs-System zu erfassen

31 Zwei Grundtypen des Assoziierens

Hier gibt es nun nicht eine einzige es gibt wenn ich recht sehe zwei Grundstrategien zur Erfassung von Bedeutung Vergegenwaumlrtigt man sich den primaumlren auf Mitteilung ausgerichteten Aspekt des situativen Sprechens in Saumltzen und Texten und den subsidiaumlren - wenn auch unverzichtbaren - Charakter desjenigen Bereichs in den auch das Assoziieren von Woumlrtern faumlllt so versteht man sofort die eine von zwei grundlegend verschiedenen Strategien dh Arten der sprachlichen Reaktion auf

29 Kurt Goldstein der von solchen Faumlllen berichtet erwaumlhnt im selben Zusammenhang das Phaumlnomen laquodass die falschen Woumlrter oft mit weniger Paraphasie (gemeint ist hier Paraphasie als lautliche Abwei-chung) geaumluszligert werden als die richtigenraquo (1948 101 vgl 239) Dies duumlrften diejenigen Faumllle sein in de -nen der Sprechprozess gewissermaszligen bdquovon oben her dh von der bewussten intentional vom laquoWaumlch-terraquo gesteuerten Seite her gestoumlrt ist30 Jakobson 1974 125ff vgl generell Goldstein 1948 zum Bereich der Kategorisierung

Wortmaterial Kinder erwerben Sprache sei sie nun kommunikativ oder das eigene Handeln begleitend in Situationen und damit dominant in syntagmatischer Realisierung Uumlber die nach und nach verstandene [p 19] fremde und die nach und nach sich entwickelnde eigene syntagmatische Realisierung von Sprache baut sich dann jenes semantische Orientierungs- und Einordnungssystem auf innerhalb dessen Rahmen die andere dominant paradigmatische Strategie anzusiedeln ist Wie Hans-Martin Gauger ausgefuumlhrt hat handelt es sich bei dem Aufbau dieses Systems um einen Prozess zunehmender bdquoVerdichtung (1970 65-69)

311 Syntagmatisches Assoziieren

Da sprachliche Elemente wie die Woumlrter fuumlr Kinder zunaumlchst einmal Woumlrter im syntagmatischen Kontext sind ist es nicht verwunderlich dass - wie seit Anfang des Jahrhunderts beobachtet wurde - Kinder vorwiegend syntagmatische Assoziationen haben Sie nennen also vorwiegend Woumlrter mit denen die Ausgangswoumlrter zusammen vorkommen dh die Assoziationen verlaufen im Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt Typisch sind derartige Assoziationen auch fuumlr solche Personen deren sprachliche Sozialisierung nicht durch den bewussten Umgang mit der eigenen und mit fremden Sprachen waumlhrend zwoumllf bis dreizehn Schuljahren perfektioniert wurde also etwa fuumlr Volksschul-Absolventen Schuchardts Einwand Thumb und Marbe haumltten die Bedeutung der syntagmatischen KontiguitaumltDistanz fuumlr das Assoziieren nicht gebuumlhrend beruumlcksichtigt hat also von der Ontogenese her gesehen seine Berechtigung31 Waumlhrend syntagmatische Assoziationen bei bdquogebildeten Erwachsenen also relativ selten sind sind sie bei Kindern und anderen sprachlich weniger Sozialisierten recht haumlufig Typische (und in allen nachfolgenden Faumlllen von den Assoziationen der 288 franzoumlsischen Studenten abweichende) Beispiele sind aus den jeweils erstrangigen Nennungen von 115 franzoumlsischen Bauarbeitern fenecirctre - ouverte (31) blanc - neige (27) aigre - vinaigre (26) rouge - sang (25) santeacute - bonne (23) table ronde (23) faim - (de) loup (23) citoyen - franccedilais (22) lune - (de) miel (20) tabac - blond (17) musique - douce (17 - zusammen mit classique leacute-gegravere agreacuteable harmonieuse 31) lent - tortue (15) meacutemoire - courte (14) joie - (de) vivre (14) papillon - vole (10) etc Charakteristisch ist hier wiederum dass solche dominant von der syntagmatischen Kontiguitaumlt bestimmten (und in der Regel nicht wortartgleichen) Assoziationen nur selten jene stark buumlndelnde Wirkung haben die fuumlr Assoziationen zum Gegensinn hin charakteristisch ist [p 20]

312 Paradigmatisches Assoziieren

Die andere (trotz mancher Grenzfaumllle von der syntagmatisehen zu unterscheidende) grundlegende Strategie zum Erfassen von Bedeutung spiegelt sich im dominant paradigmatischen Assoziieren also in jenen Assoziationen die im Bereich des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems verlaufen Eingangsvoraussetzung fuumlr beide Arten des Assoziierens ist die vorgaumlngige phonologische Analyse mit der Zuordnung eines Lautbildes und der (natuumlrlich

31 Das assoziative Verhalten der Kinder und Jugendlichen hat sich allerdings seit dem Beginn des Jahrhun-derts in betraumlchtlichem Maszlig demjenigen der Erwachsenen angenaumlhert Die Ursache ist zweifellos in einer fruumlheren und ausgepraumlgteren sprachlichen Sozialisierung zu sehen Vgl dazu auch Esper 1973 105 Pa-lermoJenkins 1965 oder Jenkins 1970 7

vorlaumlufigen32) Zuordnung einer Wortart Beim dominant syntagmatischen Assoziieren besteht die Strategie fuumlr die Zuordnung einer Bedeutung zu dieser Einheit aus Wortart und Lautschema vor allem im Assoziieren eines syntagmatischen Gebrauchskontextes also in der Einordnung in ein komplexeres Zeichen mit dem sich daraus ergebenden bdquomonosemierenden Effekt lune - lune de miel blanc (comme la) neige citoyen - (un) citoyen franccedilais table - (la) table (est) ronde etc Bei der paradigmatischen Art des Assoziierens besteht die Strategie zur Erfassung von Bedeutung dagegen darin dass das Ausgangswort in Relation zu einem anderen gleichrangigen Zeichen gesetzt wird Die Strategie ist also abstrakter ja geradezu metasprachlich ndash eine Analyse die schoumln Goldsteins These von der Komplexitaumlt scheinbar ganz einfacher Aufgaben bestaumltigt

Was nun das spezifisch paradigmatische Orientierungs- und Einordnungssystem betrifft so scheinen mir hier bei angemessener Interpretation der Verhaumlltnisse zwei Untersysteme vorzuliegen Untersysteme die nicht scharf voneinander getrennt sind Im einen dieser Systeme vollzieht sich der Zugriff uumlber die Dimension Similaritaumlt - Kontrast im anderen System ist wie noch erlaumlutert wird die Information (vor dem Hintergrund der Similaritaumlt) verfuumlgbar uumlber die semantische Kontiguitaumlt in Opposition zur Distanz Beide Systeme arbeiten jedoch mit einem gemeinsamen Grundprinzip das man als bdquoModul in Form eines Dreiecks (mit einer Reihe von Varianten) konzipieren kann Einer Informationseinheit A sind mindestens zwei andere Einheiten B und C in folgender Weise zugeordnet33 [p 21]

Dabei sind die Beziehungen zwischen AB und AC solche der Similaritaumlt ndash eine Similaritaumlt der die oben auf S 11 f genannten Prioritaumltsebenen 1 (gleiche Wortart) und 2 (gleicher semantischer Bereich) entsprechen Die Beziehung zwischen B und C ist je nachdem eine Beziehung des Kontrasts (dem entspricht die oben genannte Prioritaumltsebene 3) oder der semantischen Kontiguitaumlt (der die Prioritaumltsebene 4 entspricht) Die Varianten ergeben sich hauptsaumlchlich aus der Zahl der Elemente auf der Achse BC zum Teil auch daraus dass die Position von A einzelsprachlich nicht besetzt oder aber wie im Fall von A = homme B = homme G = femme mit einem der dann merkmallosen Elemente B oder

32 Analyse-Ergebnisse sind auf dem Weg von den kleineren zu den groumlszligeren Einheiten insofern vorlaumlufig als die Analyse der kleineren Einheit im Rahmen der Analyse der Uumlbergreifenderen Einheit stets korrigiert werden kann (Der entsprechende Ruumlckkopplungs-Effekt hat seine physiologische Basis in dem Faktum dass die Zellen der kortikalen Lamina VI [die etwa 2 mm dicke Groszlighirnrinde hat sechs physiologisch und funktionell differenzierbare Schichten] vorwiegend Ruumlckkopplungs-Funktion haben) Der Ruumlckkopplungs-Effekt ist der Grund dafuumlr dass manche bdquoDefekte bei Aphasikern erst dann entdeckt werden wenn man sie kleinere Einheiten ohne Kontext nachsprechen laumlsst33 Der Gedanke der modularen Struktur ist inspiriert durch Erkenntnisse der Neuroanatomen Sie haben in der letzten Dekade zunehmend die These vertreten die komplexe Struktur unseres Nervensystems - ein-schlieszliglich des Groszlighirns - basiere auf relativ ein-fachen genetischen Programmen Korrelat dieser Pro-gramme sind laquomodulareraquo laquorepetitiveraquo oder laquoperiodischeraquo Strukturen etwa im Bereich des Ruumlckenmarks oder der Groszlighirnrinde Vgl beispielsweise Szentaacutegothai 1978

C identisch ist (Ist ein spezieller Begriff fuumlr A vorhanden oder ist A identisch mit B oder C so liegt ein Fall von Gegensinn in jener Verwendungsweise vor wie man sie sinnvollerweise Abel unterstellen muss ndash Abels Beispiele sind von Benveniste (1956) zerpfluumlckt worden Ein aumlhnliches Vorkommen solchen Gegensinns gilt fuumlr Fragen des Typs bdquoWie alt (und nicht wie jung) wie groszlig wie lang wie schoumln ist das und dasldquo also fuumlr Faumllle die zB Elmar Holenstein treffend analysiert hat (1976 69f))

Im Fall der Similaritaumlt-Kontrast-Interpretation des Dreiecks ist eine merkmalsemantische Interpretation plausibel B und C enthalten alle Merkmale von A (A ist der Oberbegriff) sie enthalten jedoch noch zusaumltzliche Merkmale und zwar dergestalt dass diejenigen von B und C nicht voumlllig identisch sind sondern in der Regel in einem Merkmal kontrastieren34 [p 22]

3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System

Zunaumlchst zu dem paradigmatischen System in dem fuumlr das Hinausgehen uumlber die gegebene Information die Kontrast-Relation ausschlaggebend ist Es geht also um den Bereich des Entgegengesetzten ndash Otto Gsell hat in seiner Arbeit uumlber die Gegensatzrelationen im Wortschatz romanischer Sprachen eine sehr wesentliche Beobachtung gemacht und so fruumlhere analoge Beobachtungen in entscheidendem Maszlige praumlzisiert Unser Wortschatz ist keinesfalls so beschaffen dass alle Woumlrter ihr Antonym haumltten Ganz im Gegenteil der Wortschatz der bdquoantonymfaumlhig ist macht nur einen relativ geringen Teil des Gesamtwortschatzes aus ndash aber er konzentriert sich auf bestimmte inhaltliche Bereiche des Lexikons Nimmt man wie Gsell als Maszligstab das Begriffssystem von Rudolf Hallig und Walther v Wartburg (19521963) so ergeben sich drei Schwerpunkte Die gegensatzfaumlhigen Woumlrter konzentrieren sich

l in der Rubrik laquoLacircme et lintellectraquo wo es sich um etwa vier Fuumlnftel von insgesamt 2000 Eintraumlgen handelt Es geht dort um geistige Faumlhigkeiten Bewusstsein Gedaumlchtnis Wahrnehmung Denken Vorstellung Gefuumlhle und dergleichen (Hallig und Wartburg verwenden in dieser Rubrik teilweise was Gsell nicht eigens erwaumlhnt Antonymenpaare explizit als Unter-Rubriken)

2 in der Rubrik laquoLa prioriraquo Hallig und Wartburg versuchen dort laquoden inhaltlich sehr allgemeinen nicht sachgebietsbezogenen Wortschatz nach Denk- und Begriffskategorien wie Existenz physische Zustandsformen Eigenschaften Ordnung Wertung Quantitaumlt Raum Zeit Kausalitaumlt Bewegung und Veraumlnderung zu gliedernraquo (Gsell 1979 114) Die Rolle des Kontrasts fuumlr diesen Bereich ist im Uumlbrigen bereits durch das oben zitierte Beispiel der aristotelischen Kategorien ersichtlich

3 im Bereich der jeweiligen Unter-Rubrik geacuteneacuteraliteacutes (oa) zu den jeweiligen groumlszligeren Abschnitten bei HalligWartburg

Gsell spricht anhand der Begriffe des zweiten Bereichs (den dritten nennt er nicht ausdruumlcklich) von laquosemantischen Strukturwoumlrternraquo (im Gegensatz zu den syntaktischen) sie lieszligen sich keinem bestimmten sachlichen oder begrifflichen Bereich

34 Herbert HClark spricht in diesem Zusammenhang (1970 275f) von der laquoRegel des minimalen Kon-trastsraquo In der Ontogenese kann im Uumlbrigen beobachtet werden dass die Beziehungen zwischen kontrastierenden Paaren zT insofern asymmetrisch sind als eins der beiden Elemente privilegiert dh fruumlher gelernt bzw als Oberbegriff verwendet wird Hiermit hat sich in einer Reihe von Arbeiten vor allem Eve V Clark befasst

zuordnen seien jedoch (besser sollte man sagen gerade deshalb) in jeder Art von Rede unentbehrlich

Der Begriff der laquosemantischen Strukturwoumlrterraquo scheint mir gluumlcklich gewaumlhlt zu sein weil solche Woumlrter - als eine von jeweils zwei Alternativen - unsere Erfahrung in houmlchstem Maszlige strukturieren Hierzu zwei Beispiele Von den 34 Woumlrtern der Listen von RussellJenkins (1970) bzw PalermoJenkins (1964) auf die mindestens 50 der Probanden als Assoziation an erster Stelle dasselbe Wort nennen sind 23 solche auf die ein Antonym assoziiert wird Als Strukturierungsdimension dienen dabei

ndash siebenmal der Geschlechtsunterschied (boygirl heshe kingqueen etc)ndash viermal im Bereich des Gesichtssinns die Dimension helldunkel (blackwhite dark light)ndash fuumlnfmal die Orientierung in Raum bzw Raum undoder Zeit (slowfast herethere longshort highlow youngerolder) weiterhin [p 23]ndash die Kommunikationssituation zwischen Sprecher und Houmlrer (meyou)ndash zweimal der Tast- oder Handsinn (hardsoft heavylight) schlieszliglichndash der Geschmackssinn (sour bzw bittersweet) ndash der Gehoumlrsinn (loudsoft) sowiendash die konverse Relation Zwischen Geben und Nehmen (sellbuy buyingselling)

Ist ein tertium moumlglich so immer in Form einer Skala zwischen den beiden Extrempolen die den Bereich eingrenzen - genauso wie dies Aristoteles fuumlr seine Klassifizierung der Tast- Geschmacks- und Geruchsempfindungen vorgeschlagen hatte

Das zweite Beispiel Wolfgang Lorenz und Gerd Wotjak haben aus 80 sprachwissenschaftlichen Untersuchungen haumlufig vorkommende laquoSemeraquo zusammengetragen also solche Begriffe die dazu verwendet werden um den Inhalt anderer Begriffe zu beschreiben Von den 129 in einer ersten Liste bei LorenzWotjak (1977 310-334) zusammengetragenen haumlufig genannten laquoSemenraquo sind nun mehr als die Haumllfte solche die zu Antonymen-Paaren geordnet werden koumlnnen - was wiederum ganz unabhaumlngig davon wie man zur Existenz von semantischen Merkmalen oder Semen stehen mag aufschlussreich ist fuumlr die Strukturierungs- und Reduktionsleistung entsprechender Begriffspaare

Waumlhrend bei der dominant syntagmatischen Art des Assoziierens die Aufgabe der semantischen Einordnung einer Einheit aus Wortart und Lautbild uumlber die Einbettung in den syntagmatischen Kontext also in ein komplexeres Zeichen geleistet wird verlaumluft somit im Fall der geschilderten Unterart des paradigmatischen Assoziierens die Einordnung anders Das betreffende Wort wird wo immer dies moumlglich ist uumlber die Zuordnung des Kontrast-Werts im Dreiecks-Modul identifiziert Dies ist Goethes laquoAnklingen des Gegensinnsraquo das seit Jost Trier im Bereich der Wortfeldlehre erwaumlhnt wird Die Identifizierung der Bedeutung von B mit Hilfe des kontrastierenden C fuumlhrt natuumlrlich dazu dass jeder normale Sprecher sich etwa bei Muumldigkeit dh bei verringerter Aufmerksamkeit zum Gegenteil hin versprechen kann35 In pathologischen Faumlllen fuumlhrt dann eine verringerte Unterscheidungsfaumlhigkeit zwischen den Teilen B und C des Moduls zu den haumlufigen laquoverbalen Paraphasienraquo des Typs nehmen fuumlr geben fragen fuumlr antworten groszlig fuumlr klein

35 Die Ursache dafuumlr dass der ungeuumlbte Houmlrer Versprech-Leistungen normalerweise gar nicht wahrnimmt haben schon Meringer und Mayer genannt laquo(hellip) Der Hauptgrund des Uumlberhoumlrens von Sprechfehlern liegt darin dass der Houmlrer ganz aumlhnlich daran ist wie der Sprecher und wohl aus derselben Ursache uumlberhoumlrt aus der der andere sich versprichtraquo (1895 10f)

3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Im Similaritaumlt-Kontrast-System das wo immer dies moumlglich ist den Zugriff auf semantische Information primaumlr steuert steht Mutter in [p 24] Kontrast zu Vater - tertium non datur Mutter steht jedoch auch in Beziehung zu anderen Lexemen zB zu Kind Tochter Stiefmutter Groszligmutter auch zu Frau etc Bei Frau oder Maumldchen bestehen uumlbrigens unabhaumlngig vom Geschlecht der Probanden - assoziative Verbindungen zu huumlbsch schoumln Schoumlnheit und dergleichen Die ersten dieser Verknuumlpfungen koumlnnte man noch leicht mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Vater und Mutter bilden ein minimales Paar das sich nur durch den bewussten kleinen Unterschied die Opposition maumlnnlichweiblich semantisch voneinander abhebt Bei Paaren wie MutterKind bzw MutterTochter waumlren es bereits mehrere differenzierende Merkmale (und das Beispiel zeigt zugleich dass es noch ganz andere Relationen gibt als die des Kontrasts hier zB die temporale oder die kausale) Bei MaumldchenSchoumlnheit muumlsste man schon mit Selektionspraumlferenzen arbeiten man koumlnnte wohl auch an den Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt denken

Es gibt nun allerdings eindeutig paradigmatische Assoziationen bei denen merk-malsemantische Konstruktionen angesichts ihrer notwendigen Komplexitaumlt in eklatantem Widerspruch zur hochgradigen Gelaumlufigkeit der betreffenden Assoziationen stuumlnden Ein einfaches Beispiel ist das Paar TischStuhl Die Zahlen 84 bei Russell Jenkins 69 bei PalermoJenkins 55 bei franzoumlsischen Studenten36 Man koumlnnte hier die Merkmal-Similaritaumlt uumlber den Oberbegriff Moumlbelstuumlck konstruieren aber wie waumlre dann zu erklaumlren dass die Verbindung zwischen Tisch und Stuhl enger ist als die zwischen den Moumlbelstuumlcken Tisch und Hocker (die sich im Prinzip nur durch die Groumlszlige unterscheiden) oder zwischen Tisch und Bett (1 der Nennungen trotz laquogetrennt von Tisch und Bett lebenraquo) Wie waumlren weiterhin so gelaumlufige Assoziationen wie pied chaussure araigneacuteetoile tobaccosmoke zu erklaumlren fuumlr die Oberbegriffe schwer zu konstruieren sind und die sich in einer solchen Konstruktion wenn sie gelingt immer noch durch eine Fuumllle von Merkmalen nicht etwa nur durch ein einziges unterschieden

Angesichts solcher Verhaumlltnisse scheint es mir plausibel zu sein das als grundlegend angesetzte Dreiecks-Modul in diesen Faumlllen als eine Similaritaumlts-Kontiguitaumlts-Beziehung zu interpretieren also in Anlehnung an das oben erlaumluterte bdquoGesetz der Naumlhe aus dem Bereich der optischen Wahrnehmung Solche Similaritaumlts-Kontiguitaumlts-Beziehungen beruhen bei einem flieszligenden Uumlbergang zum Similaritaumlt-Kontrast-Bereich ndash jeweils auf Erfahrungskontexten in denen Erscheinungen als zusammengehoumlrig verwandt benachbart verstanden werden Die Komponente der Similaritaumlt versteht sich hier vor allem als Zugehoumlrigkeit zum selben Er- [p 25] fahrungsbereich meist - aber keinesfalls ausschlieszliglich - auch als Zugehoumlrigkeit zur selben Wortart Die Kontiguitaumlt wird zumeist verkoumlrpert durch eine spezielle in der Regel gerichtete Beziehung zwischen den Elementen B und C (Die Zahl der Probanden die auf Stuhl wieder Tisch assoziieren ist viel geringer als die Zahl derer die auf Tisch die Assoziation Stuhl haben) Entscheidend ist dabei nun dass die Erfahrungskontexte zwar individuell verschieden sind dass die Relationen durch welche die Begriffe verknuumlpft sind dagegen meist ganz spezifische invariante Relationen darstellen Tisch und Stuhl sind zB integrierende Teile eines groumlszligeren Ganzen im Erfahrungsbereich des Wohnens und Arbeitens zwischen tobacco und

36 Die Zahl fuumlr die deutschen Probanden lautet 29 - hier stellen die 15 Nennungen fuumlr die im Grenzbe-reich zwischen semantischer und syntagmatischer Kontiguitaumlt liegende Assoziation Bein(e) eine starke Konkurrenz zu Stuhl dar

smoke araigneacutee und toile besteht eine kausale zwischen Hammer und Nagel eine finale Relation Das Gegenstuumlck zur Kontiguitaumlt die Distanz grenzt hier die Dreiecksmoduln gegeneinander ab Interessant ist dass in vielen Faumlllen nicht eigentlich der kontige Partner sondern die spezifische Relation etwa zwischen dem Gegenstand und einem allfaumllligen Benutzer assoziiert wird Um die finale Relation geht es zB in den Faumlllen Bettschlafen Schereschneiden ciseauxcouper scissorscut

32 Sonderfaumllle

Fuumlr beide Varianten des paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssystems gilt natuumlrlich Sobald auf der Achse BC mehr als zwei gleichrangige Mitglieder anzusiedeln sind sobald also in Trubetzkoys oder Coserius Terminologie eine laquoaumlquipollenteraquo und nicht eine laquoprivativeraquo Opposition vorliegt37 verliert die Assoziation von einem dieser Mitglieder zum anderen an Schaumlrfe die buumlndelnde Kraft des einzigen Antonyms oder des in spezifischer Weise kontigen Partners fehlt Musterbeispiel ist das Dreiecks-Modul fuumlr die Farbwerte im Gegensatz zu dem fuumlr die Grauwerte

Wegen der Auswahl aus einer groszligen Zahl gleichberechtigter Moumlglichkeiten sind die Reaktionen auf Farben dementsprechend wenig gebuumlndelt38 ndash auf gelb nennen an ers-ter Stelle 14 der amerikanischen Pro- [p 26] banden blau 12 der deutschen rot 11 der franzoumlsischen gruumln Bei den Ausgangswoumlrtern blau und gruumln ist die Assozia-tion im paradigmatischen Bereich sogar schwaumlcher als im syntagmatischen ndash hier nen-nen die Probanden in allen drei Sprachen an erster Stelle den Himmel (blau) und den Bereich GrasWieseLandschaft (gruumln) und dies mit einer Frequenz die vertreten durch Werte zwischen 20 und 30 deutlich uumlber den Frequenzen liegt die in den ande-

37 Coseriu 19641978 120f 1976 34 Eine graduelle Opposition entspricht wie oben in Anm 5 erwaumlhnt einer Unterart des aristotelischen Entgegengesetzten mit gegebenem tertium38 Nach der oben erwaumlhnten aristotelischen Farbkonzeption oder dem analogen Vorschlag bei Weinrich 1967 2213 oder Coseriu 1976 43f waumlren die beiden Dreiecks-Moduln zu einem einzigen zu kombinieren - die extremen Farbwerte waumlren also schwarz und weiszlig Dem widerspricht einerseits nicht das Assoziationsverhalten der Probanden im englischen franzoumlsischen und deutschen Sprachbereich wo auf rot blau gelb gruumln sowie auf Farbe jeweils auch und zT mit betraumlchtlichen Nennungszahlen schwarz undoder weiszlig genannt werden (Bei gebildeten franzoumlsischen Sprechern liegt in einem dieser Faumllle freilich eine syntagmatische Assoziation vor gerade wegen ihrer Bildung assoziieren 18 an erster Stelle auf rouge das Wort noir) Andererseits entspricht das Assoziieren von schwarz undoder weiszlig auf Farbadjektive den Erkenntnissen die der geniale Edwin H Land (1977) uumlber die Physiologie des Farbsehens gewonnen hat

ren Faumlllen fuumlr Farbwerte eintreten ndash Auch zwischen Zahlen scheinen auf den ersten Blick dieselben aumlquipollenten Beziehungen zu bestehen wie etwa zwischen Farbadjekti-ven Bei naumlherem Zusehen zeigt sich jedoch dass als spezifische Relation zwischen Zah-len die Relation bdquogroumlszliger als gesehen wird (Ganz abstrakt lautet die Regel fuumlr das Zaumlhlen ja Ersetze die letzte Zahl n durch n+1) Entsprechend sind die Assoziationen auf Zahlwoumlrter immer gerichtet zB im Sinn des n + 1 auf zwei wird drei auf drei wird vier assoziiert auf jeden Fall immer eine houmlhere Zahl39

Ein weiterer Sonderfall sind Erfahrungsbereiche die nicht zu denjenigen einer Vielzahl von Sprechern gehoumlren Zum Loumlwen wird gemeinhin als kontiger Partner im Erfahrungsbereich exotische wilde Tiere der Tiger assoziiert Beim Adler fehlt fuumlr den normalen Sterblichen der Partner In solchen Faumlllen kann die Assoziation dann zur Spitze A eines potentiellen Moduls verlaufen (man koumlnnte auch sagen Auf dem Weg von B zu einem potentiellen C endet die Assoziation in Ermangelung eines C bei A das sonst die Zwischenstation gewesen waumlre) Die Konsequenz Die haumlufigste Assoziation auf Ad-ler ist Vogel (21) oiseau (16) und bird (55) Solche Assoziationen zum Klassennamen dh zur Spitze A des Moduls hin sind relativ selten Mit groumlszligerer Haumlufig-keit treten sie sozusagen als Vorstufe zu Similaritaumlt-Kontrast-Assoziationen bei sprach-lich weniger sozialisierten Probanden auf40 [p 27]

4 Schlussuumlberlegungen

laquoDie Aufstellung von Oppositionen ist im Wortschatz wesentlich komplizierter als im phonologischen System einer Sprache da die beteiligten Merkmale wesentlich zahlrei-cher sind als in der Phonologie Prinzipiell handelt es sich jedoch um die gleichen Oppositionstypenraquo (Coseriu 1973 65)

Ich habe eingangs gezeigt dass Zweierschemata haumlufig als Denkmodell verwendet wer-den dass die Sprache im Bereich der Bezeichnungen des Entgegengesetzten uumlber eine ganze Skala solcher Zweierschemata verfuumlgt weiterhin dass Wahrnehmen und Erfassen von etwas stets zugleich bedeutet uumlber die Information hinausgehen die gegeben wird und dass auch bei diesem laquouumlber die Information hinausgehenraquo wieder Zweierschemata wie die von Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz entscheidend sind Ich habe dann Ergebnisse der sprachlichen Assoziationsforschung einer ersten Analyse unterzogen und diese Analyse in einem weiteren Schritt dadurch vertieft dass ich sprachliche Assoziationen als den Reflex von Strategien aufgefasst habe die dazu dienen semantische Information zu erfassen und einzuordnen Zum Abschluss will ich in vier Schlussuumlberlegungen skizzieren worin der moumlgliche Ertrag einer staumlrkeren Einbeziehung der Assoziationsforschung und verwandter Gebiete liegen kann in einem (1) Einblick in das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems und seine (2) Transformation in Onto- und Pathogenese sowie in der Diachronie in einem (3) neuen Licht das auf Probleme der Wortfeldforschung geworfen wird und schlieszliglich auch in einer (4) angemesseneren Haltung gegenuumlber der Wissenschaftsgeschichte

39 Schuchardts oben zitierte Vermutung auf drei koumlnne (aus Gruumlnden der Lautaumlhnlichkeit) auch zwei assoziiert werden ist auch deshalb abwegig weil Ruumlckwaumlrtszaumlhlen eine sehr schwierige Aufgabe ist sie wird zB haumlufig verwendet um das Ausmaszlig von Aphasien zu bestimmen Dasselbe gilt fuumlr Tages- und Monatsnamen wo die spezifische gerichtete Relation bdquospaumlter als oder bdquonach lautet40 Vgl Rosenzweig 1970 102 105 zum relativ groszligen Anteil der Assoziationen zum Oberbegriff hin bei amerikanischen und franzoumlsischen Arbeitern Jenkins 1970 7 erwaumlhnt das Zuruumlckgehen der Oberbegriffs- und der Synonym-Assoziationen in der Geschichte amerikanischer Assoziationstests - Angesichts des vorliegenden Materials ist mir unklar worauf Clark (1970 279) die Ansicht stuumltzt laquoFast-Synonymeraquo wie house - home odour - smell seem - appear thing - object sowie Ober- und Unterbegriffe kaumlmen bei den Wortassoziationen oft vor

41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems

In unserem paradigmatischen Orientierungssystem scheint es zwei Bereiche zu geben die flieszligend ineinander uumlbergehen und miteinander kombiniert sein koumlnnen ei-nen Bereich mit Similaritaumlt-Kontrast- und einen Bereich mit Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-(Distanz-)Struktur Im einen Bereich wird Information aumlhnlich wie im Fall des bdquoGesetzes der Gleichfoumlrmigkeit (und des Kontrastes) vor dem Hintergrund der Similaritaumlt domi-nant eingeordnet im Hinblick auf das Entgegengesetzte im anderen im Hinblick auf den Nachbarn im selben Erfahrungsbereich ndash was dem gestaltpsychologischen bdquoGesetz der Naumlhe entsprechen wuumlrde

[p 28] Das erste System strukturiert durch seine Reduktion auf in der Regel zwei Alternativen (mit falls ein tertium zugelassen ist Zwischenmoumlglichkeiten) unsere Erfah-rung in auszligerordentlich starkem Maszlig Hier bestehen zugleich die groumlszligten auszligereinzel-sprachlichen Uumlbereinstimmungen ndash und zwar deswegen weil bestimmte Strukturie-rungs-Dimensionen ethologisch gesehen nichts anderes darstellen als Verbalisierungen jener Interpretation der Natur der Umwelt und ihrer Gesetzlichkeiten die unser Organismus im Lauf seiner entwicklungsgeschichtlichen Adaptation vorgenommen hat Orientierung im Raum in der Zeit Orientierung durch Houmlren Sehen Riechen Schme-cken Fuumlhlen und Tasten Eine Reihe solcher Strukturierungs-Dimensionen (die generell Coserius und Pottiers Klassemen Greimas Kontextsemen oder Luumldis Kongruenzsemen gleichen)41 sind sogar grammatikalisiert also zu grammatischen Ordnungsdimensionen geworden (wobei die Einzelsprachen das Angebot natuumlrlich in jeweils verschiedener Weise wahrnehmen) Es geht ua pythagoreisch ausgedruumlckt um die Unterscheidung zwischen dem Einen und dem Vielen um die zwischen maumlnnlich und weiblich (die im grammatischen Bereich freilich neutralisiert werden kann) zwischen tot und lebendig (wofuumlr die Grammatiker unbelebtbelebt vorziehen) zwischen menschlich und nicht-menschlich geben (bdquoAllativ bdquoDativ) und nehmen (bdquoAblativ) zwischen ich und du ja und nein (vierte Art des Entgegengesetzten im aristotelischen Sinn) hier und dort jetzt und nicht-jetzt42

Besonders augenfaumlllig sind solche Klasseme und ihre Reduktionsleistung in den sogenannten Klassifikator-Sprachen ndash dort hat jedes Nomen ein Element bei sich das das Bezeichnete einer bestimmten Klasse von Denotaten zuweist etwa zur Klasse Tier oder Mensch zur Klasse der horizontalen oder vertikalen Objekte ndash wobei was nicht unerwartet ist als generellstes und haumlufigstes Klassifikationskriterium die Opposition zwischen belebt und unbelebt verwendet wird (vgl Serzisko 1980)

Unser so vorstrukturiertes Wahrnehmen und Denken erkennt umgekehrt in der Umwelt wieder Prinzipien wie die eingangs genannten Gegensatzpaare des fruumlhgriechi-schen Denkens ndash wobei inzwischen klar sein duumlrfte dass es sich um alles andere als um bdquoarchaisches oder bdquoprimitives Denken handelt Bemerkenswert an den Wort-Assozia-tionen ist ja ua dass man sie nicht dadurch erhaumllt dass man im Sinn des dritten noogenetischen Prinzips von Spearman den Ausgangspunkt und die gewuumlnschte Rela-tion vorgibt um zu einem Ergebnis zu kommen es genuumlgt die Angabe des Ausgangspunkts Wahrnehmen Erkennen Verstehen bedeuten naumlmlich stets Einordnen Relationen herstellen ndash gleichguumlltig ob es um [p 29] die optische Wahrnehmung geht an der einige (vermutlich verwandte) Gestaltgesetze erlaumlutert wurden oder aber um das Einordnen sprachlicher Information So ist es ganz selbstverstaumlndlich dass die gege-

41 Vgl Coseriu 1972 52 LorenzWotjak 1977 235 mit Anm 10342 Vgl zur binaumlren Opposition als einer Extremform des grammatischen Paradigmas auch Weinrich 1967 1975

bene Information erst im Hinausgehen uumlber das Gegebene erfasst wird - ein Hinausge-hen das die Psychologen bekanntlich auch Denken nennen Im sprachlichen Erfassen ist so auch das Denken oder laquouumlber das Gegebene Hinausgehenraquo angelegt Das Denk-schema von These Antithese und Synthese spiegelt zB das Dreiecks-Modul des Similaritaumlt-Kontrast-Systems wider Mann und Frau sind in Mensch aufgehoben43

Waumlhrend im Bereich des Similaritaumlt-Kontrast-Systems nicht nur im Prinzip son-dern zT auch materiell gewisse auszligereinzelsprachliche Uumlbereinstimmungen vorhanden sind gibt es im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System natuumlrlich entsprechend dem Erfahrungs- und Lebensbereich kulturelle und soziale Unterschiede Entscheidend ist jedoch auch hier dass Einordnen nicht nur bedeutet in Relation Setzen zu diese Relationen sind ebenso wie die Kontrast-Relation im anderen System wiederum ganz spezifische ihrer-seits in aller Regel uumlberindividuelle Denk-Relationen TeilGanzes Kausalitaumlt Finalitaumlt Zeitrelation Invariant oder auszligereinzelsprachlich sind also die Relationen nicht notwendigerweise dagegen die Terme die durch solche Relationen verbunden sind

42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semanti-schen Orientierungssystems

Nach den vorgefuumlhrten Analysen gibt es drei Strategien zur Wahrnehmung und Einordnung semantischer Information eine dominant syntagmatische und die beiden eben erwaumlhnten paradigmatischen Dabei entspricht die syntagmatische Strategie dem was Hansjakob Seiler im Bereich der bdquosprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden mit Piaget zunaumlchst als Einordnen dann als Individualisierung bezeichnet hat insbeson-dere das paradigmatische Similaritaumlt-Kontrast-System entspricht dagegen dem Seiler-schen Klassifizieren bzw Generalisieren als der anderen polaren Instanz im Bereich der sprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden (Seiler 1981) Die Charakteristika aller drei Orientierungs- und [p 30] Einordnungssysteme sind in der folgenden Uumlbersicht nochmals zusammengestellt

I II IIISyntagmatisches Konti-guitaumlts-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontrast-System

Dominante Strategie Einordnen in ein groumlszlige-res Syntagma (dh in ein komplexeres Zei-chen)

Zuordnung eines Part-ners aus demselben Er-fahrungsbereich (uumlber spezifische Relationen)

Zuordnung eines Anto-nyms (uumlber die Gegen-satz-Relation)

Wortklasse in aller Regel verschie-den

in der Regel gleich gleich

Kontiguitaumlt vs Distanz ja ja

43 Es ist gewiss nicht erstaunlich dass wie Coseriu (1977a) gezeigt hat gerade Hegel in seiner Humboldt-Rezension als Vergleichsgrundlage fuumlr alle Sprachen die Unterscheidung von Gattungen und Arten bzw von laquoAllgemeinheiten und Bestimmtheitenraquo ansieht ndash mit anderen Worten also das DreiecksModul in sei-ner Similaritaumlt-Kontrast-Auspraumlgung ndash Die Bolle des Kontrasts (als drittes Moment neben Similaritaumlt und Kontiguitaumlt) hat aus der phaumlnomenologischen Tradition heraus sehr schoumln und einleuchtend Elmar Holen-stein dargestellt und gerade auch fuumlr die sprachliche Seite als grundlegend bezeichnet laquoDamit uumlberhaupt eine Auswahl (gemeint ist auf der paradigmatischen Achse der Selektion) getroffen werden kann muss sich etwas von etwas abhebenraquo (1976 86) Bruners going beyond the information given kann also zT auch im phaumlnomenologischen Sinn interpretiert werden

Similaritaumlt vs Kontrast ja ja

Fuumlr alle Woumlrter moumlg-lich

ja groszliger Bereich kleiner Bereich (bdquosemantische Struktur-woumlrterldquo)

Die spezifischen Relationen im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System entsprechen dabei in etwa Piagets laquoinfralogischenraquo Relationen oder Spearmans (1923 67-71) laquorealraquo relati-ons die Relationen des Similaritaumlt-Kontrast-Systems entsprechen dagegen Piagets laquologi-schenraquo und in etwa wohl Spearmans (71-74) laquoidealraquo relations Fuumlr die veschiedentlich erwaumlhnte nicht scharfe Trennung der Bereiche II und III duumlrften ua die Teil-Ganzes-Relationen verantwortlich sein die sowohl im laquologischenraquo (Inklusion) als auch im laquoinfralogischenraquo Bereich vorkommen Waumlhrend die Relationen des Similaritaumlt-Kontigui-taumlt-Systems dominant gerichtete Relationen sind ist die Gegensatz-Relation des Similaritaumlt-Kontrast-Systems grundsaumltzlich zweiseitig Abweichungen ergeben sich insbesondere durch Polysemie (vgl o S 12)

Ontogenetisch gesehen werden nun die paradigmatischen Systeme II und III uumlber das syntagmatische System I aufgebaut Dabei nimmt das System II wie aus seinen Merkmalen ersichtlich ist eine Mittelstellung zwischen den Systemen I und III ein - im Sinn der Konzeption Seilers stellt es also gewissermaszligen den bdquoWendepunkt zwischen den beiden Polen der Dimension sprachliche Erfassung von Gegenstaumlnden dar Auch der flieszligende Uumlbergang zwischen den drei Systemen erhellt aus dem Schema die Grenz-faumllle liegen interessanterweise nicht zwischen I und III sondern zwischen den Systemen III (zB Coserius laquolexikalische Solidaritaumltenraquo) und zwischen den Systemen IIIII Es ist somit plausibel dass [p 31] in der Ontogenese die Systeme in der Reihenfolge I-II-III aufgebaut werden Das System III nimmt dabei insofern eine Sonderstellung ein als es wie die letzte Zeile des Schemas nochmals ausweist direkt nur auf einen kleinen aber wichtigen Ausschnitt des Wortschatzes anwendbar ist

Was den Abbau der Sprache bei pathologischer (oder altersbedingter) Beeintraumlchtigung des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems betrifft so ist den vorliegenden Beobachtungen nach die Reihenfolge wohl umgekehrt Das System III wird vor dem System II beeintraumlchtigt Dies entspraumlche der Erkenntnis Jakobsons dass man zuerst verliert was man zuletzt erworben hat44 Was schlieszliglich diachronische Transformationen speziell den Bedeutungswandel betrifft so ist die Affinitaumlt zu Uumlberlegungen sehr wichtig die in Teilbereichen schon Wilhelm Wundt (o S 7) und dann vor allem Stephen Ullman angestellt hat Ullman resuumlmiert ja die Arbeit seines Lands-manns Zoltan Gombocz (Jelentestan Pecs [Fuumlnfkirchen] 1926) und den ihm zu Grunde liegenden Aufsatz von Leacuteonce Roudet (1921) mit folgenden Worten

laquoAn associative network of names clusters around each name some of these associations are rooted in similarity others in contiguityraquo (1967 79)

Dem entspricht dann seine Klassifizierung des Bedeutungswandels (1967 220ff) Uumlbertragung von signantia aufgrund von Similaritaumlt bzw Kontiguitaumlt zwischen den sig-nata bzw umgekehrt Uumlbertragung von signata aufgrund der SimilaritaumltKontiguitaumlt zwi-schen den signantia Zu praumlzisieren waumlre dass es sich nicht um Similaritaumlt oder Kontiguitaumlt handelt sondern um Transfer im Rahmen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- oder 44 Die Arbeit von Stachowiak uumlber die Semantische Struktur des subjektiven Lexikons (1979) bestaumltigt diese Hypothese was dort vorgefuumlhrt wird laumlsst sich mE alles in dem Sinn interpretieren dass bei aphasischem Abbau der Sprache vor allem das System III beeintraumlchtigt wird Nach dem was oben (S 18f) uumlber die Komplexitaumlt von Benennungs- und Assoziations-Aufgaben gesagt wurde unterstreicht dies im Grund auch die These Jakobsons dass es sich im wesentlichen um eine Stoumlrung handelt bei der die metasprachliche Punktion der Sprache beeintraumlchtigt ist

des Similaritaumlt-Kontrast-Systems die Rolle des Kontrasts ist wie schon Wundt sah in der Tat nicht unwichtig45 [p 32]43 Wortfeld-Probleme

Die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen werfen auch ein Licht auf manche Probleme der Wortfeldforschung Zunaumlchst erklaumlren sowohl die Wortassoziationen als auch die Sprechfehler das eher selten reflektierte Phaumlnomen dass die bisher vorgestellten Wortfelder alle aus Elementen derselben Wortart bestehen46 Weiterhin muumlsste man ge-maumlszlig den beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssystemen wohl auch zwischen zwei Grundarten von Wortfeldern unterscheiden zwischen solchen des Similaritaumlt-Kontrast-Typs und solchen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- [p 33] Systems (etwa Wortfeld desWohnens der Werkzeuge der Landschaft)47 In der Form wie sie durch die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen nahegelegt werden vermitteln dabei die Wortfel-

45 Was die Unterscheidung der beiden paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssysteme angeht so fuumlhle ich mich nicht nur in der guten Gesellschaft Ullmans sondern auch in der einer Reihe von Psychologen Sprachpsychologen und Aphasieforschern Jean Piaget und Baumlrbel Inhelder unterscheiden bei der Ordnungsleistung von Kindern zwischen dem Ordnen nach dem Prinzip der Aumlhnlichkeit und nach demjenigen der Konvenienz und etwa analog dazu zwischen den schon erwaumlhnten laquologischenraquo Relatio -nen (Klassifizierung) und den laquoinfralogischenraquo (PiagetInhelder 19731 38ff) Elisabeth Wiig und Diana Globus haben 1971 in einem kontrollierten Assoziationsversuch mit 7 Aphasikern und 7 gesunden Kon -trollpersonen explizit mit Piagets logischen und infralogischen Relationen gearbeitet Das Ergebnis kann nicht nur dahingehend interpretiert werden dass es entsprechend zu diesen Relationen zwei verschie -dene Orientierungs- und Einordnungssysteme gibt sondern auch dahingehend dass das klassifikatorische System (Similaritaumlt-Kontrast-System) sowohl bei Gesunden als auch bei Aphasikern im Verfahren der kontrollierten Assoziation (gegeben ist ein Ausgangsbegriff und die Relation gesucht wird ein Zielwort) nur dann gute Ergebnisse erbringt wenn die Merkmalunterschiede gering sind - und am geringsten sind sie natuumlrlich bei binaumlren Oppositionen also etwa bei Antonymie Sobald die Merkmalsunterschiede groumlszliger werden etwa beim Ausgangsbegriff Kind und dem gesuchten Begriff Eltern sind die Suchergebnisse bei Aphasikern und Gesunden gleichermaszligen schlecht Dagegen funktioniert das infralogische System sowohl bei hoher als auch bei geringer Kontiguitaumlt der Begriffe bei den unter-suchten Aphasikern und den gesunden Kontrollpersonen recht gut (laquoWas ist der Zweck von Heizung - Ergebnis Waumlrme oaraquo) ndash Was die beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssysteme an-langt stehe ich auch weitgehend in Einklang mit James Deese Deese zieht nach einer essentiell faktoranalytischen Untersuchung von Assoziationsverhalten ua folgende Konsequenz (1965 164) laquoThe data on associative distribution suggest that the two fundamental operations we have for sorting out meaningful ndashthat is logical and syntactical relations among wordsndash are contrast and groupingraquo Deese sieht freilich ua nicht die Einordnung in ein Syntagma als dritte Strategie und anhand einer sprachpsychologischen Darstellung des Assoziationsverhaltens wie sie etwa von Houmlrmann (1967 115-156) gegeben wird vermisst man generell den Ansatz Assoziationen als Reflex von Strategien zum Erfas-sen von Bedeutung anzusehen so erscheinen dann viele Beobachtungen die anhand des obigen Schemas sinnvoll integriert werden koumlnnen eher als membra disiecta ndash Ich nenne schlieszliglich noch die Arbeit von Huber et al 1975 und die schon erwaumlhnte Dissertation von Stachowiak (1979) In der Arbeit von 1975 wird ndashbei einer Beschreibung jenes Aphasie-Typs der nach Carl Wernicke benannt istndash unterschieden zwischen zwei Orientierungsprinzipien im Lexikon einem laquosemantisch-klassifikatorischenraquo und einem laquosituativ-referentiellenraquo (1975 88 vgl Stachowiak 1979 58f) Ich bin freilich nicht einverstanden mit der These Stachowiaks es handle sich dabei einerseits um einen laquoinnersprachlichenraquo andererseits um ei-nen laquoenzyklopaumldischenraquo Bereich Wesentlich ist was nochmals betont sein soll fuumlr beide Bereiche als invariantes Prinzip dasjenige der Relation dabei sind die Relationen im einen Fall gewiss klassifikatorisch im anderen laquoinfralogischraquo beide Arten von Relationen sind jedoch gleichermaszligen uumlberindividuell und sie werden gleichermaszligen erlernt46 Geckeler sieht (1971 218) die Wortart-Gleichheit als die gewissermaszligen selbstverstaumlndliche Folge ei -ner paradigmatischen Perspektive an (was einer engen Konzeption von Paradigma entspricht) vgl u S 3547 Wenn ich recht sehe korrespondieren die beiden Grundarten mit einer Unterscheidung die Coseriu (1976 47f) innerhalb eines seiner fuumlnf Kriterien zur Klassifizierung von Wortfeldern macht naumlmlich der Unterscheidung zwischen laquorelationellenraquo und laquosubstantivenraquo Oppositionen bzw Feldern Im Rahmen der hier vorgetragenen Konzeption wird diese Unterscheidung zu einer zentralen Groumlszlige

der des Similaritaumlt-Kontrast-Typs gewissermaszligen zwischen zwei extremen Konzeptio-nen von Wortfeld zwischen der von Andre Jolles und der von Jost Trier Jolles (der des-halb von Trier und anderen gescholten wurde) wollte nur Minimalformen mit jeweils zwei (antonymen) Gliedern als laquoBedeutungsfelderraquo gelten lassen Felder die in dieser Form natuumlrlich fest umgrenzt waumlren (Jolles 1934) Fuumlr Trier galt dagegen das Prinzip der Wert jedes Worts ergebe sich aus dem Feldwert also aus der Position in einem semantischen Feld Das Wort bedeute laquonur in diesem Ganzen und kraft dieses Ganzenraquo Die vermittelnde Position ist die in einem zentralen Antonymenpaar den festen Kern zu sehen um den sich ein ganzes Feld verwandter Termini schart wobei im Normalfall die Grenze des Feldes verschwimmt Das Feld waumlre also nur von seinem zentralen Kern aus als solches zu greifen Geckelers Doppel-Wortfeld zwischen altrsquo und seinen beiden Antonymen jung und neursquo scheint mir de facto im Sinn einer solchen Konzeption interpretierbar zu sein

Die Wortfelder des Similaritaumlt-Kontrast-Typs lassen sich nun wie schon er-waumlhnt in einleuchtender Weise mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Spaumltestens bei dem Versuch Wortfelder des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs merkmalsemantisch zu rekonstruieren treten jedoch betraumlchtliche Schwierigkeiten auf Ein Verfahren auch solche Bereiche bdquodurchsichtig zu machen besteht nun darin dass man an die Spitze eines Feldes neben den eventuell vorhandenen Oberbegriff noch eine der spezifischen Auspraumlgungen der Kontiguitaumlts-Relation stellt (wodurch dann das was die Basiskante BC des Moduls von S 21 ausmacht als Seitenkante bzw Suchbegriff verwendet wird) Pottiers Wortfeld der Sitzmoumlbel im Franzoumlsischen hat als konstituierende Merkmale ne-ben dem Oberbegriff Artefakt eine solche spezifische Auspraumlgung naumlmlich das finale zum Sitzen Die Similaritaumlt die durch diese beiden Merkmale geschaffen wird stellt einerseits das Auswahlkriterium dar nach dem das Feld begrenzt andererseits den Hintergrund an Similaritaumlt vor dem es analysiert werden kann Ein Bereich wie Werk-zeug laumlsst sich um ein weiteres Beispiel zu geben nur schwer merkmalsemantisch beschreiben weil man Begriffe wie Stechbeitel Loumltkolben Nietzange und Maumlhdre-scher zu beruumlcksichtigen haumltte Fuumlgt man jedoch zu Werkzeug die finale Relation zum Bearbeiten von (beispielsweise von Holz) so entsteht ein uumlberschaubares und strukturierbares Feld [p 34]

Dabei zeigt sich nicht nur dass solche Wortfelder in gewissem Maszlig beliebig (re)konstruierbar sind - man kann etwa Katze mit gleichem Recht einmal zu den Haus-tieren ein andermal zu den fleischfressenden Saumlugetieren rechnen Es zeigt sich gleichzeitig dass eine solche Rekonstruktion genau nach dem dritten noogenetischen Prinzip von Spearman verlaumluft Zu einem Ausgangsbegriff (Werkzeug) und einer Rela-tion (zum Bearbeiten von Holz) werden Entsprechungen gesucht und gebildet Unter dem Blickwinkel dieses noogenetischen Prinzips sind Wortfelder nun nicht nur beschreibbar als Ergebnisse eines Verfahrens der kontrollierten Assoziation die beiden angedeuteten Grundtypen von Wortfeldern beruhen dann sogar beide auf demselben Grundprinzip Gegeben ist der Ausgangsbegriff und eine Relation ndash eine Relation die im Fall des Similaritaumlt-Kontrast-Typs die Gegensatzrelation ist im Fall des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs eine finale kausale temporale lokale TeilGanzes-Relation etc Dass solche Konstruktionen oder Rekonstruktionen48 also die Wortfelder der Linguisten keinesfalls - um mit Gauger (zB 1976) zu sprechen - laquobewusstseinsfremdraquo sind zeigt gerade das Verfahren der freien Assoziation dessen Interpretation Ausgangspunkt die-ser Uumlberlegungen war

Dies hat auch Auswirkungen auf das von Saussure aufgeworfene Negativitaumltsproblem Gewiss bedeutet Vater nicht nur Nicht-Mutter sondern auch

48 Von der Konstruktion von Wortfeldern spricht auch Coseriu (zB 1970 113)

Nicht-Sohn Nicht-Barock Nicht-Jahrhundert Bei einer solchen Betrachtung wird je-doch eine bestimmte Art des Gegensatzes die parmenideische Relation des bdquoIst nicht verabsolutiert Sie spielt gewiss eine wichtige Rolle in der Sprache sowohl in der Semantik als auch im Bereich der geschlossenen grammatischen Paradigmen Man sollte jedoch (trotz des Umstands dass die Kontrast-Relation und mit ihr die Relation des oppositiven bdquoIst nicht gerne als laquologischraquo die Relationen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Systems dagegen als laquoinfralogischraquo bezeichnet werden) nicht vergessen dass beide Ar-ten von Relationen unabdingbare Konstanten unseres Wahrnehmens Erfassens und Denkens darstellen und dass eine Semantik die nicht bewusstseinsfremd sein will dementsprechend nicht nur die im Motto auf S 27 angegebenen Oppositionen sondern die ganze Skala moumlglicher Relationen mit in ihr Beschreibungsinstrumentarium aufneh-men muss

44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte

Eugenio Coseriu hat 1977 in seiner Antrittsrede an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften als eines der vier Prinzipien seines Schaffens das Stichwort Tradition und Neuerung genannt Es heiszligt dort laquodass die Geschichte unserer Wissenschaften wie uumlberhaupt die Kultur- [p 35] geschichte Fortsetzung von Traditionen und Erneuerung innerhalb von Traditionen istraquo Man sage eigentlich Neues nur wenn man an Traditionen anknuumlpfe und Traditionen fortsetze (1977 109 vgl 1979 5) Ich habe im vorliegenden Beitrag versucht in mehrfacher Weise an solche Traditionen anzuknuumlpfen ua an diejenige der Assoziationsforschung der Jahrhundertwende Dass hier uumlberhaupt von einem (Wieder-)laquoAnknuumlpfenraquo gesprochen werden muss hat seine Gruumlnde

Der Begriff Assoziation war noch Saussure so gelaumlufig dass er ihn in dem Sinn verwendete in dem heute Paradigma und paradigmatisch gebraucht werden (Saus-sure spricht nicht von paradigmatischen sondern von assoziativen Relationen) Henri Frei oder Charles Bally setzten in dieser Hinsicht nicht nur die Tradition des Meisters fort Bally kannte wie ua einschlaumlgige Stellen aus dem Traiteacute de stylistique franccedilaise von 1909 zeigen offensichtlich auch die Arbeit von Thumb und Marbe sowie den dort angesprochenen Bereich des Assoziierens insbesondere zum Gegenteil hin Seither hat jedoch in der Sprachwissenschaft ein grundlegender Paradigmawechsel stattgefunden Eine im Uumlbermaszlig psychologisierende Stroumlmung wurde wie uumlblich durch das Gegenteil abgeloumlst und seither scheinen die Sprachwissenschaftler den Begriff Assoziation als et-was eher Anruumlchiges zu meiden und allenfalls mit ganz spitzen Fingern anzufassen laquoCest pour eacuteviter le psychologisme adopteacute dans le Cours de F de Saussure que je substi-tue le terme rapport paradigmatique agrave celui de rapport associatifraquo schreibt Louis Hjelmslev der den terminologischen Wandel vollzogen hat in einer Fuszlignote des Vor-trags den er 1936 auf dem Linguisten-Kongress in Kopenhagen gehalten hat (1938140) Interessanterweise ist auch der Anti-Psychologismus wie Gauger zeigen konnte (1976 73-87) bei Saussure schon mit angelegt

Freilich motiviert sowohl die weitere Geschichte der Assoziationsforschung als auch die Auffassung der Sprechfehler diese spitzen Finger in betraumlchtlichem Maszlig beide Phaumlnomene wurden in den Bereich der Abnormalitaumlt und des Pathologischen geruumlckt Was das Versprechen angeht so ist die Ursache kein anderer als Sigmund Freud er griff aus den Sprechfehlern die Meringer und Mayer vorgefuumlhrt hatten vor allem die Gruppe des Versprechens zum Gegenteil hin heraus und interpretierte sie in dem bekannten Sinn Das Versprechen zum Gegenteil hin lege die geheimen Gedanken des Sprechers bloszlig Dies ist ganz ohne Zweifel eine Uumlberinterpretation die in manchen Faumlllen zutreffen

mag fuumlr den Durchschnittsfall jedoch keinerlei Allgemeinguumlltigkeit beanspruchen kann49 Wie nachhal- [p 36] tig die Interpretation Freuds ndashin diesem Fall leiderndash ge-wirkt hat zeigt die Verbindlichkeit jener Bezeichnung mit der man Sprechfehler heute erfasst bdquo(Freudsche) Fehlleistungen Ein in gleichem Maszlig bdquopathologischer Geruch begleitet spaumltestens seit 1910 die Versuche mit Wortassoziationen Carl Gustav Jung machte Versuche mit Assoziationen Kent und Rosanoff hatten die Absicht mit ihrer Liste von 100 Ausgangswoumlrtern und dem Durchschnitt der Assoziationen von 1000 Probanden eine Norm aufzustellen von der sich abnormale Assoziationen abheben soll-ten Die Untersuchung erschien nicht nur in der Zeitschrift American Journal of Insanity sie hieszlig auch noch A Study of Association in Insanity I Association in Normal Subjects Alle seitherigen einschlaumlgigen Assoziations-Listen werden von den Psychologen entspre-chend mit dem Etikett Norm versehen (laquoRussellJenkins-Normraquo laquoPalermoJenkins-Normraquo etc)

Die Haltung spaumlterer Sprachwissenschaftler ist also auch damit zu erklaumlren dass das Assoziieren und die Sprechfehler durch Pathologisierung ihrer ehemaligen (und angemesseneren) Unschuld verlustig gegangen waren Freilich gibt es seit einiger Zeit wieder ein neues und zunehmendes Interesse an Fragestellungen des Sich-Versprechens Assoziierens und der (wirklich zum Bereich des Pathologischen gehoumlrenden) Aphasie-Forschung50 Dass dabei in der Regel die eigentliche Tradition ausgespart wird ist weniger erfreulich Denn es geht nicht nur um eine sehr alte Tradition des Denkens es geht mit der Omnipraumlsenz bestimmter Relationen eigentlich um grundlegende Charakteristika des Sprechens und Denkens selbst

Freiburg Wolfgang Raible

[p 37] Literaturverzeichnis

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49 Vgl hier die analoge Einstufung der Freudschen Konzeption sprachlicher Fehlleistungen bei Kainz 1956 38 - Die Auseinandersetzung zwischen Freud und Meringer war zT sehr heftig Auf einer houmlheren Stufe der Eskalation zieh Meringer Freud beispielsweise der laquoStuumlmperraquo-Haftigkeit auf dem Gebiet des Beobach-tens laquoEr sieht und houmlrt naumlmlich nur das was sich eventuell zur Begruumlndung seiner phantastischen Theorien missbrauchen laumlsst Die unendlich vielen Faumllle die sich dagegen mit Haumlnden und Fuumlszligen straumlu-ben sieht er nicht (1912 55)50 Ich nenne drei Indizien fuumlr die Wiederbelebung der Tradition bzw das verstaumlrkte Interesse an den betreffenden Zusammenhaumlngen Erstens wird die Arbeit von Meringer und Mayer in einem 1973 von Victoria A Fromkin herausgegebenen Sammelband in den beiden Beitraumlgen der Herausgeberin wenigs-tens gelegentlich wenn auch zT falsch zitiert Die Arbeit von Thumb und Marbe wurde 1978 sogar neu ediert Zweitens gibt es insbesondere in den Vereinigten Staaten eine Reihe von Arbeiten zu linguistischen Aspekten der Assoziationsforschung (die wichtigste ist wohl die allerdings weitgehend psychologisch und psychometrisch orientierte von Deese 1965) die zB in den Versuch einer Synthese eingegangen sind den Herbert H Clark 1970 veroumlffentlicht hat (Die Arbeit von Clark ist freilich noch ein wenig zu stark dem Grammatikmodell der Transformationsgrammatik verhaftet) Noumlth (1975) hat den Ansatz von Clark zT weitergefuumlhrt sich zT jedoch auch in kasuistischen Uumlberlegungen gefangen Drittens ist das Wiedererwa-chen des linguistischen Interesses an der Aphasie-Forschung zu vermerken (es war zB schon bei Meringer und Mayer vorhanden) Fuumlr dieses ndashallerdings in Schuumlben auftretendendash Interesse ist nicht zuletzt auch Roman Jakobson verantwortlich

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  • Von der Allgegenwart des Gegensinns
  • (und einiger anderer Relationen)
  • Strategien zur Einordnung semantischer Information
  • Wolfgang Raible (Universitaumlt Freiburg)
  • Eugenio Coseriu zum 2771981
  • 21 Gesetzmaumlszligigkeiten des Assoziierens
  • 211 Argumentum quantitatis
  • 212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt
  • 22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens
  • 311 Syntagmatisches Assoziieren
  • 312 Paradigmatisches Assoziieren
  • 3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System
  • 3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System
  • 32 Sonderfaumllle
  • 41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems
  • 42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semantishyschen Orientierungssystems
  • ja
  • Fuumlr alle Woumlrter moumlgshylich
  • 44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte
  • Freiburg Wolfgang Raible
  • Abel C Uumlber den Gegensinn der Urworte Leipzig 1884
  • Bally C Preacutecis de stylistique Genegraveve 1905
  • Bally C Traiteacute de stylistique franccedilaise Genegraveve 1909
  • Coseriu E Einfuumlhrung in die strukturelle Betrachtung des Wortschatzes Tuumlbingen 1970
  • Coseriu E Probleme der strukturellen Semantik Tuumlbingen 1973
  • Coseriu E Zu Hegels Semantik in Kwartalnik neofilologiczny 24 (1977) 183-193
  • Deese J The Structure of Association in Language and Thought Baltimore 1965
  • Duumlring I Aristoteles Darstellung und Interpretation seines Denkens Heidelberg 1966
  • Esper EA Analogy and Association in Linguistics and Psychology Athens 1973
  • Frei H La grammaire des fautes Genegraveve 1929
  • Fromkin V A (Hg) Speech Errors As Linguistic Evidence The HagueParis 1973
  • Gauger H-M Wort und Sprache Sprachwissenschaftliche Grundfragen Tuumlbingen 1970
  • Gauger H-M Sprachbewusstsein und Sprachwissenschaft Muumlnchen 1976
  • Geckeler H (Hg) Strukturelle Bedeutungslehre Darmstadt 1978
  • Happ H Hyle Studien zum aristotelischen Materie-Begriff BerlinNew York 1971
  • Houmlrmann H Psychologie der Sprache BerlinHeidelbergNew York 1967
  • Luria AR Basic Problems of Neurolinguistics The HagueParis 1976
  • Lyons J Semantics LondonNew York 1977
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  • Martin B Logique et meacutecanisme de lantonymie in TraLiLi 11 1 (1973) 37-51
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Page 14: latina.phil2.uni-freiburg.delatina.phil2.uni-freiburg.de/.../Files/Gegensinn_neu.docx  · Web viewZeitschrift für romanische Philologie Bd. 97, Heft 1/2, S. 1-40. Die Seitenangabe

und triangle Strong fuumlhrt an erster Stelle zu einem Parallelbegriff powerful erst an zweiter zu weak waumlhrend weak direkt zu strong fuumlhrt Wet fuumlhrt -- in dieser Reihenfolge -- zu slippery moist drench und dry aber nur dry fuumlhrt in nennenswertem Umfang zuruumlck zu wet

Die uumlberwiegende Zahl der anderen Faumllle sind solche in denen ein Begriff aus demselben Erfahrungsbereich assoziiert wird In manchen Faumlllen sind das sehr viele So gibt es bei money der hohen Zahl von Probanden entsprechend eine hohe Zahl von Nennungen fuumlr (in absteigender Reihenfolge aber immer noch mit einer Forward Cue-to-Target Strength von gt05) cash bank fund wallet profit spend banker income bud-get lottery dollars checkbook salary Insgesamt sind es hier 302 verschiedene Targets Aumlhnliches gilt fuumlr tree -- wo jeder an eine spezifische ihm gelaumlufige Baumart oder einen Baum-Bestandteil denken kann

22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens

Mit seinem genialen Blick fuumlr das Grundlegende hat Roman Jakobson inspiriert von Mikołai Habdank Kruszewski (1886) die Aufmerksamkeit auf das Zusammenwirken zweier Prozesse beim Sprechen gelenkt eines paradigmatischen bei dem Einheiten aus anderen gleichrangigen Einheiten ausgewaumlhlt und eines syntagmatischen bei dem die ausgewaumlhlten Einheiten in eine lineare Abfolge gebracht werden Im paradigmatischen Prozess spielt die Dimension Similaritaumlt - Kontrast im syntagmatischen die Dimension Kontiguitaumlt - Distanz eine dominierende Rolle

In diesen Rahmen lassen sich nun nicht nur Typen der Aphasie einordnen26 sondern auch die Typen des Versprechens die Meringer und Mayer 1895 vorgefuumlhrt haben Da die lineare Anordnung elementarer Zeichen ein Charakteristikum der Rede ist ist die Mehrzahl der bdquosprachlichen Fehlleistungen im Bereich der syntagmatischen KontiguitaumltDistanz anzutreffen Ihre Hauptursache ist darin zu sehen dass (wenigstens normalerweise) das Denken einen Vorlauf vor dem Artikulieren hat - und der Sprecher setzt dann das was er zu sagen plant an die Stelle dessen was er im Moment artikuliert Das bdquoSpaumltere wirkt also dabei scheinbar paradoxerweise - auf das bdquoFruumlhere Ohne auf die Einzelheiten dieser Art des Versprechens eingehen zu wollen dessen Ergebnisse sehr haumlufig Vertauschungen also Metathesen sind sei hier zweierlei festgehalten Zum einen sind die in der Rede auf diese Art vertauschten Elemente in aller Regel klassengleich - wobei der Begriff Klasse nicht nur Wortarten also den modus significandi sondern beispielsweise auch Anlaute Auslaute Stammvokale betonte Silben usw umfassen kann27 Mit den Worten von Meringer und Mayer [p 16] (1895 17) laquoAm gewoumlhnlichsten sind die Vertauschungen der Adjectiva mit Adjectiven Substantiva mit Substantiven Verba mit Verbenraquo Zweitens sei festgehalten laquoAntithetische Woumlrter werden besonders leicht vertauschtraquo (1895 15) Ein Beispiel fuumlr diese Art der Metathese laquoDa steht der Einsatz nicht fuumlr den Gewinnraquo

Die zweite groszlige Gruppe fuumlr Versprech-Leistungen sind solche deren Ursache in der Auswahl waumlhrend des paradigmatischen Prozesses gesehen werden muss Die eine Untergruppe sind hier die bdquoKontaminationen bei der Vorstellung etwas schreiben werden die Ausdrucksmoumlglichkeiten etwas zu Papier bringen und etwas schreiben

26 Zur Fruchtbarkeit der Unterscheidung Jakobsons fuumlr die Klassifizierung von Aphasien vgl Luria 1976 5227 Einige Beispiele laquoSaint-Exupeacuterinces Petit Princeraquo laquoMinuster fuumlr Kultus und Unterrichtraquo Die Elemente koumlnnen auch vertauscht werden - Metathesen dieser Art sind laquoeine Sorte von Tacherraquo laquodenile Semenzraquo laquoVerteidigung ist die Spiele des Seelsraquo etc Die Beispiele stammen bis auf das erste aus MeringerMayer 1895 Zu analogen Erscheinungen beim Verlesen vgl auch Kolers 1976

kombiniert zu etwas zu Papier schreiben Freud nennt dies gewiss zutreffend Verdichtungen Die andere Unterart dieses semantischen Versprechens besteht in der Vertauschung (bdquoSubstitution) zweier Elemente - wobei es sich nicht mehr um Elemente aus dem Syntagma sondern um Elemente des paradigmatischen Auswahlprozesses handelt laquoBekannt istraquo so heiszligt es bei Meringer und Mayer (1895 79) laquodass kontrastierende Vorstellungen einander assoziieren So kommt man auf dem Wege der Substitution dazu das Gegenteil von dem zu sagen was man gemeint hatraquo Also etwa laquoIhm war auch kein Berg zu niedrigraquo (statt zu hoch) laquowas er verliert (statt gewinnt) gibt er seinen Kindern in die Sparbuumlchseraquo

Was schon bei voumlllig gesunden Sprechern wenn man ein Ohr dafuumlr hat mit bemerkenswerter Haumlufigkeit zu beobachten ist kann natuumlrlich im Fall von verminderter Sprechfaumlhigkeit (Aphasien) in verstaumlrktem Maszlige auftreten Herbert Pilch hat aus linguistischer Sicht auf die bekannte Erscheinung hingewiesen dass Aphasiker Woumlrter verwechseln die im Verhaumlltnis des Gegensinns zueinander stehen (1972 8) Ein einfaches Beispiel aus einem Sprachtest mit Aphasikern (Muumlller 1976 257ff) Es handelt sich um einen Test in dem der Umgang mit metakommunikativen Verben uumlberpruumlft wurde Beim Nachsprechen eines groumlszligeren zusammenhaumlngenden Texts - dies war eine der Aufgaben - wurden dabei vereinzelt sinnstoumlrende Vertauschungen zwischen den korrelativen Begriffen fragen und antworten beobachtet Von einem analogen Test mit Einzelsaumltzen heiszligt es laquoSinnstoumlrend vertauscht wurden fragen mit erwidern wissen wollen bzw sich erkundigen (wurden) durch sprechen ersetztraquo In einem Sortiertest sollten metakommunikative Verben nach inhaltlichen Kriterien zu Gruppen geordnet werden Dieser Test wurde wegen der erforderlichen hohen Konzentration allerdings nur von fuumlnf Probanden absolviert Vier davon gruppierten fragen wissen wollen sich erkundigen antworten entgegnen erwidern Der fuumlnfte Proband gekennzeichnet mit dem Stichwort laquoKonduktionsaphasieraquo bildete dagegen [p 17] die Paare fragenantworten antwortenerkundigen wissen wollenentgegnen Er gliederte also was der Untersuchende nicht direkt sieht nach Antonymen-Paaren28

3 Interpretation der beschriebenen Phaumlnomene oder Die verschiedenen Strategien zum Erfassen von Bedeutung

No hay que explicar el hablar desde el punto de vista de la lengua sino viceversa (Coseriu 19551973 287)

Meringer und Mayer haben darauf hingewiesen man muumlsse sich huumlten den Sprechfehler als etwas Pathologisches aufzufassen Sie erlaumlutern dies mit einem praumlgnanten Bild Beim Sprechfehler versage nur die Aufmerksamkeit die Maschine laufe ohne Waumlchter sich selbst uumlberlassen Und was den Sprechfehler fuumlr die Sprachwissenschaft lehrreich mache sei der Umstand dass das Uhrwerk in solchen Augenblicken des Mantels entkleidet scheine und ein Blick in die Raumlder moumlglich sei (1895 7) Aumlhnliches gilt fuumlr die permanenten Abweichungen von der Sprachnorm die sich im Sprechen von Individuen oder Individuen-Gruppen finden (und die zB Henri Frei in seiner Grammaire des fautes (1929) festgehalten hat) Die Uumlberlegungen gelten natuumlrlich ebenso fuumlr die Wort-Assoziationen insbesondere dann wenn man wie urspruumlnglich Thumb und Marbe mit der Beruumlcksichtigung der Spontaneitaumlt also der Reaktionszeit ein Indiz dafuumlr hat welche Prozesse unter Umstaumlnden laquoautomatischraquo 28 Nach der Analyse die Luria von dem seit Wernicke und Lichtheim so genannten Syndrom der bdquoLeitungsaphasie gibt duumlrfte es sich um die Variante mit akustisch-artikulatorischer Stoumlrung handeln In der Variante mit akustisch-mnestischer Stoumlrung sind sogenannte bdquoverbale Paraphasien relativ selten Vgl Luria 1976 239-285 insbes S 247-273

oder mit Meringer und Mayer so ablaufen dass laquoder Waumlchterraquo also das Bewusstsein des Sprechers dessen bestenfalls hinterher richtig gewahr wird Mutatis mutandis gilt die Uumlberlegung schlieszliglich auch fuumlr den Bereich der Sprachstoumlrungen laquoPathologia illustrat physiologiamraquo das Anomale lehrt uns wie das Normale funktioniert ndash so lautet ein alter Grundsatz der medizinischen Forschung Wie betraumlchtlich der Unterschied zwischen den voll bewussten mehr Zeit in Anspruch nehmenden Suchprozessen und den halbbewussten Assoziationen ist zeigen solche Aphasien in denen der Patient ein Wort bei bewusstem Suchen nicht findet oder ein Wort das ihm vorgesprochen wird nicht wiederholen kann waumlhrend er im Bereich des offenbar funktionierenden Assoziierens das betreffende Wort findet bzw sagen kann29

[p 18] Wenn ich nach der obigen Skizzierung quantitativer und qualitativer Verhaumlltnisse im Bereich von Wortassoziationen nun versuche die bisherige Untersuchung im eigentlichen Sinn zu interpretieren so lasse ich mich von der folgenden Grunduumlberlegung leiten Da Assoziationen mit Wortmaterial im Idealfall in einem halbbewussten Bereich spontanen Reagierens ablaufen koumlnnte man meinen es handle sich um ganz einfache primaumlre Prozesse sprachlicher Aktivitaumlt Komplex und sekundaumlr waumlre dagegen die Aumluszligerung von Saumltzen und Texten Nun hat freilich einer der groszligen Aphasieforscher Kurt Goldstein gezeigt dass es sich eigentlich genau umgekehrt verhaumllt Primaumlr am Sprechen ist die Mitteilungsabsicht dh das Kommunizieren mit Hilfe groumlszligerer syntagmatischer Einheiten im Rahmen von Kommunikationssituationen Das scheinbar so einfache Assoziieren von Woumlrtern oder das Benennen von Gegenstaumlnden sind dagegen recht schwierige und komplexe Aufgaben Wie Roman Jakobson gezeigt hat ist zB das Benennen eines Gegenstandes ein metasprachlicher Akt30 Ein solcher Akt setzt die Existenz und das isolierte Funktionieren eines praumlzisen Orientierungs- und Einordnungssystems voraus Bei Assoziations-Tests muss ein gehoumlrtes Wort ohne jede Situations- oder Kontexthilfe analysiert erkannt und eingeordnet werden

Ich habe nun eingangs mit Hilfe einiger einfacher Beispiele aus dem Bereich der Gestaltpsychologie gezeigt dass eine solche Erkenntnis immer erst dadurch zustande kommt dass man uumlber das Gegebene hinausgeht going beyond the Information given Dementsprechend besteht mein Interpretations-Ansatz jetzt darin dass ich die von einem vorgegebenen Ausgangswort ausgehende Assoziation als den Reflex einer Strategie interpretiere einer Strategie die dazu dient die Bedeutung von Woumlrtern im Hinausgehen uumlber das gegebene Wort zB durch die Einordnung in das semantische Orientierungs-System zu erfassen

31 Zwei Grundtypen des Assoziierens

Hier gibt es nun nicht eine einzige es gibt wenn ich recht sehe zwei Grundstrategien zur Erfassung von Bedeutung Vergegenwaumlrtigt man sich den primaumlren auf Mitteilung ausgerichteten Aspekt des situativen Sprechens in Saumltzen und Texten und den subsidiaumlren - wenn auch unverzichtbaren - Charakter desjenigen Bereichs in den auch das Assoziieren von Woumlrtern faumlllt so versteht man sofort die eine von zwei grundlegend verschiedenen Strategien dh Arten der sprachlichen Reaktion auf

29 Kurt Goldstein der von solchen Faumlllen berichtet erwaumlhnt im selben Zusammenhang das Phaumlnomen laquodass die falschen Woumlrter oft mit weniger Paraphasie (gemeint ist hier Paraphasie als lautliche Abwei-chung) geaumluszligert werden als die richtigenraquo (1948 101 vgl 239) Dies duumlrften diejenigen Faumllle sein in de -nen der Sprechprozess gewissermaszligen bdquovon oben her dh von der bewussten intentional vom laquoWaumlch-terraquo gesteuerten Seite her gestoumlrt ist30 Jakobson 1974 125ff vgl generell Goldstein 1948 zum Bereich der Kategorisierung

Wortmaterial Kinder erwerben Sprache sei sie nun kommunikativ oder das eigene Handeln begleitend in Situationen und damit dominant in syntagmatischer Realisierung Uumlber die nach und nach verstandene [p 19] fremde und die nach und nach sich entwickelnde eigene syntagmatische Realisierung von Sprache baut sich dann jenes semantische Orientierungs- und Einordnungssystem auf innerhalb dessen Rahmen die andere dominant paradigmatische Strategie anzusiedeln ist Wie Hans-Martin Gauger ausgefuumlhrt hat handelt es sich bei dem Aufbau dieses Systems um einen Prozess zunehmender bdquoVerdichtung (1970 65-69)

311 Syntagmatisches Assoziieren

Da sprachliche Elemente wie die Woumlrter fuumlr Kinder zunaumlchst einmal Woumlrter im syntagmatischen Kontext sind ist es nicht verwunderlich dass - wie seit Anfang des Jahrhunderts beobachtet wurde - Kinder vorwiegend syntagmatische Assoziationen haben Sie nennen also vorwiegend Woumlrter mit denen die Ausgangswoumlrter zusammen vorkommen dh die Assoziationen verlaufen im Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt Typisch sind derartige Assoziationen auch fuumlr solche Personen deren sprachliche Sozialisierung nicht durch den bewussten Umgang mit der eigenen und mit fremden Sprachen waumlhrend zwoumllf bis dreizehn Schuljahren perfektioniert wurde also etwa fuumlr Volksschul-Absolventen Schuchardts Einwand Thumb und Marbe haumltten die Bedeutung der syntagmatischen KontiguitaumltDistanz fuumlr das Assoziieren nicht gebuumlhrend beruumlcksichtigt hat also von der Ontogenese her gesehen seine Berechtigung31 Waumlhrend syntagmatische Assoziationen bei bdquogebildeten Erwachsenen also relativ selten sind sind sie bei Kindern und anderen sprachlich weniger Sozialisierten recht haumlufig Typische (und in allen nachfolgenden Faumlllen von den Assoziationen der 288 franzoumlsischen Studenten abweichende) Beispiele sind aus den jeweils erstrangigen Nennungen von 115 franzoumlsischen Bauarbeitern fenecirctre - ouverte (31) blanc - neige (27) aigre - vinaigre (26) rouge - sang (25) santeacute - bonne (23) table ronde (23) faim - (de) loup (23) citoyen - franccedilais (22) lune - (de) miel (20) tabac - blond (17) musique - douce (17 - zusammen mit classique leacute-gegravere agreacuteable harmonieuse 31) lent - tortue (15) meacutemoire - courte (14) joie - (de) vivre (14) papillon - vole (10) etc Charakteristisch ist hier wiederum dass solche dominant von der syntagmatischen Kontiguitaumlt bestimmten (und in der Regel nicht wortartgleichen) Assoziationen nur selten jene stark buumlndelnde Wirkung haben die fuumlr Assoziationen zum Gegensinn hin charakteristisch ist [p 20]

312 Paradigmatisches Assoziieren

Die andere (trotz mancher Grenzfaumllle von der syntagmatisehen zu unterscheidende) grundlegende Strategie zum Erfassen von Bedeutung spiegelt sich im dominant paradigmatischen Assoziieren also in jenen Assoziationen die im Bereich des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems verlaufen Eingangsvoraussetzung fuumlr beide Arten des Assoziierens ist die vorgaumlngige phonologische Analyse mit der Zuordnung eines Lautbildes und der (natuumlrlich

31 Das assoziative Verhalten der Kinder und Jugendlichen hat sich allerdings seit dem Beginn des Jahrhun-derts in betraumlchtlichem Maszlig demjenigen der Erwachsenen angenaumlhert Die Ursache ist zweifellos in einer fruumlheren und ausgepraumlgteren sprachlichen Sozialisierung zu sehen Vgl dazu auch Esper 1973 105 Pa-lermoJenkins 1965 oder Jenkins 1970 7

vorlaumlufigen32) Zuordnung einer Wortart Beim dominant syntagmatischen Assoziieren besteht die Strategie fuumlr die Zuordnung einer Bedeutung zu dieser Einheit aus Wortart und Lautschema vor allem im Assoziieren eines syntagmatischen Gebrauchskontextes also in der Einordnung in ein komplexeres Zeichen mit dem sich daraus ergebenden bdquomonosemierenden Effekt lune - lune de miel blanc (comme la) neige citoyen - (un) citoyen franccedilais table - (la) table (est) ronde etc Bei der paradigmatischen Art des Assoziierens besteht die Strategie zur Erfassung von Bedeutung dagegen darin dass das Ausgangswort in Relation zu einem anderen gleichrangigen Zeichen gesetzt wird Die Strategie ist also abstrakter ja geradezu metasprachlich ndash eine Analyse die schoumln Goldsteins These von der Komplexitaumlt scheinbar ganz einfacher Aufgaben bestaumltigt

Was nun das spezifisch paradigmatische Orientierungs- und Einordnungssystem betrifft so scheinen mir hier bei angemessener Interpretation der Verhaumlltnisse zwei Untersysteme vorzuliegen Untersysteme die nicht scharf voneinander getrennt sind Im einen dieser Systeme vollzieht sich der Zugriff uumlber die Dimension Similaritaumlt - Kontrast im anderen System ist wie noch erlaumlutert wird die Information (vor dem Hintergrund der Similaritaumlt) verfuumlgbar uumlber die semantische Kontiguitaumlt in Opposition zur Distanz Beide Systeme arbeiten jedoch mit einem gemeinsamen Grundprinzip das man als bdquoModul in Form eines Dreiecks (mit einer Reihe von Varianten) konzipieren kann Einer Informationseinheit A sind mindestens zwei andere Einheiten B und C in folgender Weise zugeordnet33 [p 21]

Dabei sind die Beziehungen zwischen AB und AC solche der Similaritaumlt ndash eine Similaritaumlt der die oben auf S 11 f genannten Prioritaumltsebenen 1 (gleiche Wortart) und 2 (gleicher semantischer Bereich) entsprechen Die Beziehung zwischen B und C ist je nachdem eine Beziehung des Kontrasts (dem entspricht die oben genannte Prioritaumltsebene 3) oder der semantischen Kontiguitaumlt (der die Prioritaumltsebene 4 entspricht) Die Varianten ergeben sich hauptsaumlchlich aus der Zahl der Elemente auf der Achse BC zum Teil auch daraus dass die Position von A einzelsprachlich nicht besetzt oder aber wie im Fall von A = homme B = homme G = femme mit einem der dann merkmallosen Elemente B oder

32 Analyse-Ergebnisse sind auf dem Weg von den kleineren zu den groumlszligeren Einheiten insofern vorlaumlufig als die Analyse der kleineren Einheit im Rahmen der Analyse der Uumlbergreifenderen Einheit stets korrigiert werden kann (Der entsprechende Ruumlckkopplungs-Effekt hat seine physiologische Basis in dem Faktum dass die Zellen der kortikalen Lamina VI [die etwa 2 mm dicke Groszlighirnrinde hat sechs physiologisch und funktionell differenzierbare Schichten] vorwiegend Ruumlckkopplungs-Funktion haben) Der Ruumlckkopplungs-Effekt ist der Grund dafuumlr dass manche bdquoDefekte bei Aphasikern erst dann entdeckt werden wenn man sie kleinere Einheiten ohne Kontext nachsprechen laumlsst33 Der Gedanke der modularen Struktur ist inspiriert durch Erkenntnisse der Neuroanatomen Sie haben in der letzten Dekade zunehmend die These vertreten die komplexe Struktur unseres Nervensystems - ein-schlieszliglich des Groszlighirns - basiere auf relativ ein-fachen genetischen Programmen Korrelat dieser Pro-gramme sind laquomodulareraquo laquorepetitiveraquo oder laquoperiodischeraquo Strukturen etwa im Bereich des Ruumlckenmarks oder der Groszlighirnrinde Vgl beispielsweise Szentaacutegothai 1978

C identisch ist (Ist ein spezieller Begriff fuumlr A vorhanden oder ist A identisch mit B oder C so liegt ein Fall von Gegensinn in jener Verwendungsweise vor wie man sie sinnvollerweise Abel unterstellen muss ndash Abels Beispiele sind von Benveniste (1956) zerpfluumlckt worden Ein aumlhnliches Vorkommen solchen Gegensinns gilt fuumlr Fragen des Typs bdquoWie alt (und nicht wie jung) wie groszlig wie lang wie schoumln ist das und dasldquo also fuumlr Faumllle die zB Elmar Holenstein treffend analysiert hat (1976 69f))

Im Fall der Similaritaumlt-Kontrast-Interpretation des Dreiecks ist eine merkmalsemantische Interpretation plausibel B und C enthalten alle Merkmale von A (A ist der Oberbegriff) sie enthalten jedoch noch zusaumltzliche Merkmale und zwar dergestalt dass diejenigen von B und C nicht voumlllig identisch sind sondern in der Regel in einem Merkmal kontrastieren34 [p 22]

3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System

Zunaumlchst zu dem paradigmatischen System in dem fuumlr das Hinausgehen uumlber die gegebene Information die Kontrast-Relation ausschlaggebend ist Es geht also um den Bereich des Entgegengesetzten ndash Otto Gsell hat in seiner Arbeit uumlber die Gegensatzrelationen im Wortschatz romanischer Sprachen eine sehr wesentliche Beobachtung gemacht und so fruumlhere analoge Beobachtungen in entscheidendem Maszlige praumlzisiert Unser Wortschatz ist keinesfalls so beschaffen dass alle Woumlrter ihr Antonym haumltten Ganz im Gegenteil der Wortschatz der bdquoantonymfaumlhig ist macht nur einen relativ geringen Teil des Gesamtwortschatzes aus ndash aber er konzentriert sich auf bestimmte inhaltliche Bereiche des Lexikons Nimmt man wie Gsell als Maszligstab das Begriffssystem von Rudolf Hallig und Walther v Wartburg (19521963) so ergeben sich drei Schwerpunkte Die gegensatzfaumlhigen Woumlrter konzentrieren sich

l in der Rubrik laquoLacircme et lintellectraquo wo es sich um etwa vier Fuumlnftel von insgesamt 2000 Eintraumlgen handelt Es geht dort um geistige Faumlhigkeiten Bewusstsein Gedaumlchtnis Wahrnehmung Denken Vorstellung Gefuumlhle und dergleichen (Hallig und Wartburg verwenden in dieser Rubrik teilweise was Gsell nicht eigens erwaumlhnt Antonymenpaare explizit als Unter-Rubriken)

2 in der Rubrik laquoLa prioriraquo Hallig und Wartburg versuchen dort laquoden inhaltlich sehr allgemeinen nicht sachgebietsbezogenen Wortschatz nach Denk- und Begriffskategorien wie Existenz physische Zustandsformen Eigenschaften Ordnung Wertung Quantitaumlt Raum Zeit Kausalitaumlt Bewegung und Veraumlnderung zu gliedernraquo (Gsell 1979 114) Die Rolle des Kontrasts fuumlr diesen Bereich ist im Uumlbrigen bereits durch das oben zitierte Beispiel der aristotelischen Kategorien ersichtlich

3 im Bereich der jeweiligen Unter-Rubrik geacuteneacuteraliteacutes (oa) zu den jeweiligen groumlszligeren Abschnitten bei HalligWartburg

Gsell spricht anhand der Begriffe des zweiten Bereichs (den dritten nennt er nicht ausdruumlcklich) von laquosemantischen Strukturwoumlrternraquo (im Gegensatz zu den syntaktischen) sie lieszligen sich keinem bestimmten sachlichen oder begrifflichen Bereich

34 Herbert HClark spricht in diesem Zusammenhang (1970 275f) von der laquoRegel des minimalen Kon-trastsraquo In der Ontogenese kann im Uumlbrigen beobachtet werden dass die Beziehungen zwischen kontrastierenden Paaren zT insofern asymmetrisch sind als eins der beiden Elemente privilegiert dh fruumlher gelernt bzw als Oberbegriff verwendet wird Hiermit hat sich in einer Reihe von Arbeiten vor allem Eve V Clark befasst

zuordnen seien jedoch (besser sollte man sagen gerade deshalb) in jeder Art von Rede unentbehrlich

Der Begriff der laquosemantischen Strukturwoumlrterraquo scheint mir gluumlcklich gewaumlhlt zu sein weil solche Woumlrter - als eine von jeweils zwei Alternativen - unsere Erfahrung in houmlchstem Maszlige strukturieren Hierzu zwei Beispiele Von den 34 Woumlrtern der Listen von RussellJenkins (1970) bzw PalermoJenkins (1964) auf die mindestens 50 der Probanden als Assoziation an erster Stelle dasselbe Wort nennen sind 23 solche auf die ein Antonym assoziiert wird Als Strukturierungsdimension dienen dabei

ndash siebenmal der Geschlechtsunterschied (boygirl heshe kingqueen etc)ndash viermal im Bereich des Gesichtssinns die Dimension helldunkel (blackwhite dark light)ndash fuumlnfmal die Orientierung in Raum bzw Raum undoder Zeit (slowfast herethere longshort highlow youngerolder) weiterhin [p 23]ndash die Kommunikationssituation zwischen Sprecher und Houmlrer (meyou)ndash zweimal der Tast- oder Handsinn (hardsoft heavylight) schlieszliglichndash der Geschmackssinn (sour bzw bittersweet) ndash der Gehoumlrsinn (loudsoft) sowiendash die konverse Relation Zwischen Geben und Nehmen (sellbuy buyingselling)

Ist ein tertium moumlglich so immer in Form einer Skala zwischen den beiden Extrempolen die den Bereich eingrenzen - genauso wie dies Aristoteles fuumlr seine Klassifizierung der Tast- Geschmacks- und Geruchsempfindungen vorgeschlagen hatte

Das zweite Beispiel Wolfgang Lorenz und Gerd Wotjak haben aus 80 sprachwissenschaftlichen Untersuchungen haumlufig vorkommende laquoSemeraquo zusammengetragen also solche Begriffe die dazu verwendet werden um den Inhalt anderer Begriffe zu beschreiben Von den 129 in einer ersten Liste bei LorenzWotjak (1977 310-334) zusammengetragenen haumlufig genannten laquoSemenraquo sind nun mehr als die Haumllfte solche die zu Antonymen-Paaren geordnet werden koumlnnen - was wiederum ganz unabhaumlngig davon wie man zur Existenz von semantischen Merkmalen oder Semen stehen mag aufschlussreich ist fuumlr die Strukturierungs- und Reduktionsleistung entsprechender Begriffspaare

Waumlhrend bei der dominant syntagmatischen Art des Assoziierens die Aufgabe der semantischen Einordnung einer Einheit aus Wortart und Lautbild uumlber die Einbettung in den syntagmatischen Kontext also in ein komplexeres Zeichen geleistet wird verlaumluft somit im Fall der geschilderten Unterart des paradigmatischen Assoziierens die Einordnung anders Das betreffende Wort wird wo immer dies moumlglich ist uumlber die Zuordnung des Kontrast-Werts im Dreiecks-Modul identifiziert Dies ist Goethes laquoAnklingen des Gegensinnsraquo das seit Jost Trier im Bereich der Wortfeldlehre erwaumlhnt wird Die Identifizierung der Bedeutung von B mit Hilfe des kontrastierenden C fuumlhrt natuumlrlich dazu dass jeder normale Sprecher sich etwa bei Muumldigkeit dh bei verringerter Aufmerksamkeit zum Gegenteil hin versprechen kann35 In pathologischen Faumlllen fuumlhrt dann eine verringerte Unterscheidungsfaumlhigkeit zwischen den Teilen B und C des Moduls zu den haumlufigen laquoverbalen Paraphasienraquo des Typs nehmen fuumlr geben fragen fuumlr antworten groszlig fuumlr klein

35 Die Ursache dafuumlr dass der ungeuumlbte Houmlrer Versprech-Leistungen normalerweise gar nicht wahrnimmt haben schon Meringer und Mayer genannt laquo(hellip) Der Hauptgrund des Uumlberhoumlrens von Sprechfehlern liegt darin dass der Houmlrer ganz aumlhnlich daran ist wie der Sprecher und wohl aus derselben Ursache uumlberhoumlrt aus der der andere sich versprichtraquo (1895 10f)

3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Im Similaritaumlt-Kontrast-System das wo immer dies moumlglich ist den Zugriff auf semantische Information primaumlr steuert steht Mutter in [p 24] Kontrast zu Vater - tertium non datur Mutter steht jedoch auch in Beziehung zu anderen Lexemen zB zu Kind Tochter Stiefmutter Groszligmutter auch zu Frau etc Bei Frau oder Maumldchen bestehen uumlbrigens unabhaumlngig vom Geschlecht der Probanden - assoziative Verbindungen zu huumlbsch schoumln Schoumlnheit und dergleichen Die ersten dieser Verknuumlpfungen koumlnnte man noch leicht mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Vater und Mutter bilden ein minimales Paar das sich nur durch den bewussten kleinen Unterschied die Opposition maumlnnlichweiblich semantisch voneinander abhebt Bei Paaren wie MutterKind bzw MutterTochter waumlren es bereits mehrere differenzierende Merkmale (und das Beispiel zeigt zugleich dass es noch ganz andere Relationen gibt als die des Kontrasts hier zB die temporale oder die kausale) Bei MaumldchenSchoumlnheit muumlsste man schon mit Selektionspraumlferenzen arbeiten man koumlnnte wohl auch an den Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt denken

Es gibt nun allerdings eindeutig paradigmatische Assoziationen bei denen merk-malsemantische Konstruktionen angesichts ihrer notwendigen Komplexitaumlt in eklatantem Widerspruch zur hochgradigen Gelaumlufigkeit der betreffenden Assoziationen stuumlnden Ein einfaches Beispiel ist das Paar TischStuhl Die Zahlen 84 bei Russell Jenkins 69 bei PalermoJenkins 55 bei franzoumlsischen Studenten36 Man koumlnnte hier die Merkmal-Similaritaumlt uumlber den Oberbegriff Moumlbelstuumlck konstruieren aber wie waumlre dann zu erklaumlren dass die Verbindung zwischen Tisch und Stuhl enger ist als die zwischen den Moumlbelstuumlcken Tisch und Hocker (die sich im Prinzip nur durch die Groumlszlige unterscheiden) oder zwischen Tisch und Bett (1 der Nennungen trotz laquogetrennt von Tisch und Bett lebenraquo) Wie waumlren weiterhin so gelaumlufige Assoziationen wie pied chaussure araigneacuteetoile tobaccosmoke zu erklaumlren fuumlr die Oberbegriffe schwer zu konstruieren sind und die sich in einer solchen Konstruktion wenn sie gelingt immer noch durch eine Fuumllle von Merkmalen nicht etwa nur durch ein einziges unterschieden

Angesichts solcher Verhaumlltnisse scheint es mir plausibel zu sein das als grundlegend angesetzte Dreiecks-Modul in diesen Faumlllen als eine Similaritaumlts-Kontiguitaumlts-Beziehung zu interpretieren also in Anlehnung an das oben erlaumluterte bdquoGesetz der Naumlhe aus dem Bereich der optischen Wahrnehmung Solche Similaritaumlts-Kontiguitaumlts-Beziehungen beruhen bei einem flieszligenden Uumlbergang zum Similaritaumlt-Kontrast-Bereich ndash jeweils auf Erfahrungskontexten in denen Erscheinungen als zusammengehoumlrig verwandt benachbart verstanden werden Die Komponente der Similaritaumlt versteht sich hier vor allem als Zugehoumlrigkeit zum selben Er- [p 25] fahrungsbereich meist - aber keinesfalls ausschlieszliglich - auch als Zugehoumlrigkeit zur selben Wortart Die Kontiguitaumlt wird zumeist verkoumlrpert durch eine spezielle in der Regel gerichtete Beziehung zwischen den Elementen B und C (Die Zahl der Probanden die auf Stuhl wieder Tisch assoziieren ist viel geringer als die Zahl derer die auf Tisch die Assoziation Stuhl haben) Entscheidend ist dabei nun dass die Erfahrungskontexte zwar individuell verschieden sind dass die Relationen durch welche die Begriffe verknuumlpft sind dagegen meist ganz spezifische invariante Relationen darstellen Tisch und Stuhl sind zB integrierende Teile eines groumlszligeren Ganzen im Erfahrungsbereich des Wohnens und Arbeitens zwischen tobacco und

36 Die Zahl fuumlr die deutschen Probanden lautet 29 - hier stellen die 15 Nennungen fuumlr die im Grenzbe-reich zwischen semantischer und syntagmatischer Kontiguitaumlt liegende Assoziation Bein(e) eine starke Konkurrenz zu Stuhl dar

smoke araigneacutee und toile besteht eine kausale zwischen Hammer und Nagel eine finale Relation Das Gegenstuumlck zur Kontiguitaumlt die Distanz grenzt hier die Dreiecksmoduln gegeneinander ab Interessant ist dass in vielen Faumlllen nicht eigentlich der kontige Partner sondern die spezifische Relation etwa zwischen dem Gegenstand und einem allfaumllligen Benutzer assoziiert wird Um die finale Relation geht es zB in den Faumlllen Bettschlafen Schereschneiden ciseauxcouper scissorscut

32 Sonderfaumllle

Fuumlr beide Varianten des paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssystems gilt natuumlrlich Sobald auf der Achse BC mehr als zwei gleichrangige Mitglieder anzusiedeln sind sobald also in Trubetzkoys oder Coserius Terminologie eine laquoaumlquipollenteraquo und nicht eine laquoprivativeraquo Opposition vorliegt37 verliert die Assoziation von einem dieser Mitglieder zum anderen an Schaumlrfe die buumlndelnde Kraft des einzigen Antonyms oder des in spezifischer Weise kontigen Partners fehlt Musterbeispiel ist das Dreiecks-Modul fuumlr die Farbwerte im Gegensatz zu dem fuumlr die Grauwerte

Wegen der Auswahl aus einer groszligen Zahl gleichberechtigter Moumlglichkeiten sind die Reaktionen auf Farben dementsprechend wenig gebuumlndelt38 ndash auf gelb nennen an ers-ter Stelle 14 der amerikanischen Pro- [p 26] banden blau 12 der deutschen rot 11 der franzoumlsischen gruumln Bei den Ausgangswoumlrtern blau und gruumln ist die Assozia-tion im paradigmatischen Bereich sogar schwaumlcher als im syntagmatischen ndash hier nen-nen die Probanden in allen drei Sprachen an erster Stelle den Himmel (blau) und den Bereich GrasWieseLandschaft (gruumln) und dies mit einer Frequenz die vertreten durch Werte zwischen 20 und 30 deutlich uumlber den Frequenzen liegt die in den ande-

37 Coseriu 19641978 120f 1976 34 Eine graduelle Opposition entspricht wie oben in Anm 5 erwaumlhnt einer Unterart des aristotelischen Entgegengesetzten mit gegebenem tertium38 Nach der oben erwaumlhnten aristotelischen Farbkonzeption oder dem analogen Vorschlag bei Weinrich 1967 2213 oder Coseriu 1976 43f waumlren die beiden Dreiecks-Moduln zu einem einzigen zu kombinieren - die extremen Farbwerte waumlren also schwarz und weiszlig Dem widerspricht einerseits nicht das Assoziationsverhalten der Probanden im englischen franzoumlsischen und deutschen Sprachbereich wo auf rot blau gelb gruumln sowie auf Farbe jeweils auch und zT mit betraumlchtlichen Nennungszahlen schwarz undoder weiszlig genannt werden (Bei gebildeten franzoumlsischen Sprechern liegt in einem dieser Faumllle freilich eine syntagmatische Assoziation vor gerade wegen ihrer Bildung assoziieren 18 an erster Stelle auf rouge das Wort noir) Andererseits entspricht das Assoziieren von schwarz undoder weiszlig auf Farbadjektive den Erkenntnissen die der geniale Edwin H Land (1977) uumlber die Physiologie des Farbsehens gewonnen hat

ren Faumlllen fuumlr Farbwerte eintreten ndash Auch zwischen Zahlen scheinen auf den ersten Blick dieselben aumlquipollenten Beziehungen zu bestehen wie etwa zwischen Farbadjekti-ven Bei naumlherem Zusehen zeigt sich jedoch dass als spezifische Relation zwischen Zah-len die Relation bdquogroumlszliger als gesehen wird (Ganz abstrakt lautet die Regel fuumlr das Zaumlhlen ja Ersetze die letzte Zahl n durch n+1) Entsprechend sind die Assoziationen auf Zahlwoumlrter immer gerichtet zB im Sinn des n + 1 auf zwei wird drei auf drei wird vier assoziiert auf jeden Fall immer eine houmlhere Zahl39

Ein weiterer Sonderfall sind Erfahrungsbereiche die nicht zu denjenigen einer Vielzahl von Sprechern gehoumlren Zum Loumlwen wird gemeinhin als kontiger Partner im Erfahrungsbereich exotische wilde Tiere der Tiger assoziiert Beim Adler fehlt fuumlr den normalen Sterblichen der Partner In solchen Faumlllen kann die Assoziation dann zur Spitze A eines potentiellen Moduls verlaufen (man koumlnnte auch sagen Auf dem Weg von B zu einem potentiellen C endet die Assoziation in Ermangelung eines C bei A das sonst die Zwischenstation gewesen waumlre) Die Konsequenz Die haumlufigste Assoziation auf Ad-ler ist Vogel (21) oiseau (16) und bird (55) Solche Assoziationen zum Klassennamen dh zur Spitze A des Moduls hin sind relativ selten Mit groumlszligerer Haumlufig-keit treten sie sozusagen als Vorstufe zu Similaritaumlt-Kontrast-Assoziationen bei sprach-lich weniger sozialisierten Probanden auf40 [p 27]

4 Schlussuumlberlegungen

laquoDie Aufstellung von Oppositionen ist im Wortschatz wesentlich komplizierter als im phonologischen System einer Sprache da die beteiligten Merkmale wesentlich zahlrei-cher sind als in der Phonologie Prinzipiell handelt es sich jedoch um die gleichen Oppositionstypenraquo (Coseriu 1973 65)

Ich habe eingangs gezeigt dass Zweierschemata haumlufig als Denkmodell verwendet wer-den dass die Sprache im Bereich der Bezeichnungen des Entgegengesetzten uumlber eine ganze Skala solcher Zweierschemata verfuumlgt weiterhin dass Wahrnehmen und Erfassen von etwas stets zugleich bedeutet uumlber die Information hinausgehen die gegeben wird und dass auch bei diesem laquouumlber die Information hinausgehenraquo wieder Zweierschemata wie die von Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz entscheidend sind Ich habe dann Ergebnisse der sprachlichen Assoziationsforschung einer ersten Analyse unterzogen und diese Analyse in einem weiteren Schritt dadurch vertieft dass ich sprachliche Assoziationen als den Reflex von Strategien aufgefasst habe die dazu dienen semantische Information zu erfassen und einzuordnen Zum Abschluss will ich in vier Schlussuumlberlegungen skizzieren worin der moumlgliche Ertrag einer staumlrkeren Einbeziehung der Assoziationsforschung und verwandter Gebiete liegen kann in einem (1) Einblick in das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems und seine (2) Transformation in Onto- und Pathogenese sowie in der Diachronie in einem (3) neuen Licht das auf Probleme der Wortfeldforschung geworfen wird und schlieszliglich auch in einer (4) angemesseneren Haltung gegenuumlber der Wissenschaftsgeschichte

39 Schuchardts oben zitierte Vermutung auf drei koumlnne (aus Gruumlnden der Lautaumlhnlichkeit) auch zwei assoziiert werden ist auch deshalb abwegig weil Ruumlckwaumlrtszaumlhlen eine sehr schwierige Aufgabe ist sie wird zB haumlufig verwendet um das Ausmaszlig von Aphasien zu bestimmen Dasselbe gilt fuumlr Tages- und Monatsnamen wo die spezifische gerichtete Relation bdquospaumlter als oder bdquonach lautet40 Vgl Rosenzweig 1970 102 105 zum relativ groszligen Anteil der Assoziationen zum Oberbegriff hin bei amerikanischen und franzoumlsischen Arbeitern Jenkins 1970 7 erwaumlhnt das Zuruumlckgehen der Oberbegriffs- und der Synonym-Assoziationen in der Geschichte amerikanischer Assoziationstests - Angesichts des vorliegenden Materials ist mir unklar worauf Clark (1970 279) die Ansicht stuumltzt laquoFast-Synonymeraquo wie house - home odour - smell seem - appear thing - object sowie Ober- und Unterbegriffe kaumlmen bei den Wortassoziationen oft vor

41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems

In unserem paradigmatischen Orientierungssystem scheint es zwei Bereiche zu geben die flieszligend ineinander uumlbergehen und miteinander kombiniert sein koumlnnen ei-nen Bereich mit Similaritaumlt-Kontrast- und einen Bereich mit Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-(Distanz-)Struktur Im einen Bereich wird Information aumlhnlich wie im Fall des bdquoGesetzes der Gleichfoumlrmigkeit (und des Kontrastes) vor dem Hintergrund der Similaritaumlt domi-nant eingeordnet im Hinblick auf das Entgegengesetzte im anderen im Hinblick auf den Nachbarn im selben Erfahrungsbereich ndash was dem gestaltpsychologischen bdquoGesetz der Naumlhe entsprechen wuumlrde

[p 28] Das erste System strukturiert durch seine Reduktion auf in der Regel zwei Alternativen (mit falls ein tertium zugelassen ist Zwischenmoumlglichkeiten) unsere Erfah-rung in auszligerordentlich starkem Maszlig Hier bestehen zugleich die groumlszligten auszligereinzel-sprachlichen Uumlbereinstimmungen ndash und zwar deswegen weil bestimmte Strukturie-rungs-Dimensionen ethologisch gesehen nichts anderes darstellen als Verbalisierungen jener Interpretation der Natur der Umwelt und ihrer Gesetzlichkeiten die unser Organismus im Lauf seiner entwicklungsgeschichtlichen Adaptation vorgenommen hat Orientierung im Raum in der Zeit Orientierung durch Houmlren Sehen Riechen Schme-cken Fuumlhlen und Tasten Eine Reihe solcher Strukturierungs-Dimensionen (die generell Coserius und Pottiers Klassemen Greimas Kontextsemen oder Luumldis Kongruenzsemen gleichen)41 sind sogar grammatikalisiert also zu grammatischen Ordnungsdimensionen geworden (wobei die Einzelsprachen das Angebot natuumlrlich in jeweils verschiedener Weise wahrnehmen) Es geht ua pythagoreisch ausgedruumlckt um die Unterscheidung zwischen dem Einen und dem Vielen um die zwischen maumlnnlich und weiblich (die im grammatischen Bereich freilich neutralisiert werden kann) zwischen tot und lebendig (wofuumlr die Grammatiker unbelebtbelebt vorziehen) zwischen menschlich und nicht-menschlich geben (bdquoAllativ bdquoDativ) und nehmen (bdquoAblativ) zwischen ich und du ja und nein (vierte Art des Entgegengesetzten im aristotelischen Sinn) hier und dort jetzt und nicht-jetzt42

Besonders augenfaumlllig sind solche Klasseme und ihre Reduktionsleistung in den sogenannten Klassifikator-Sprachen ndash dort hat jedes Nomen ein Element bei sich das das Bezeichnete einer bestimmten Klasse von Denotaten zuweist etwa zur Klasse Tier oder Mensch zur Klasse der horizontalen oder vertikalen Objekte ndash wobei was nicht unerwartet ist als generellstes und haumlufigstes Klassifikationskriterium die Opposition zwischen belebt und unbelebt verwendet wird (vgl Serzisko 1980)

Unser so vorstrukturiertes Wahrnehmen und Denken erkennt umgekehrt in der Umwelt wieder Prinzipien wie die eingangs genannten Gegensatzpaare des fruumlhgriechi-schen Denkens ndash wobei inzwischen klar sein duumlrfte dass es sich um alles andere als um bdquoarchaisches oder bdquoprimitives Denken handelt Bemerkenswert an den Wort-Assozia-tionen ist ja ua dass man sie nicht dadurch erhaumllt dass man im Sinn des dritten noogenetischen Prinzips von Spearman den Ausgangspunkt und die gewuumlnschte Rela-tion vorgibt um zu einem Ergebnis zu kommen es genuumlgt die Angabe des Ausgangspunkts Wahrnehmen Erkennen Verstehen bedeuten naumlmlich stets Einordnen Relationen herstellen ndash gleichguumlltig ob es um [p 29] die optische Wahrnehmung geht an der einige (vermutlich verwandte) Gestaltgesetze erlaumlutert wurden oder aber um das Einordnen sprachlicher Information So ist es ganz selbstverstaumlndlich dass die gege-

41 Vgl Coseriu 1972 52 LorenzWotjak 1977 235 mit Anm 10342 Vgl zur binaumlren Opposition als einer Extremform des grammatischen Paradigmas auch Weinrich 1967 1975

bene Information erst im Hinausgehen uumlber das Gegebene erfasst wird - ein Hinausge-hen das die Psychologen bekanntlich auch Denken nennen Im sprachlichen Erfassen ist so auch das Denken oder laquouumlber das Gegebene Hinausgehenraquo angelegt Das Denk-schema von These Antithese und Synthese spiegelt zB das Dreiecks-Modul des Similaritaumlt-Kontrast-Systems wider Mann und Frau sind in Mensch aufgehoben43

Waumlhrend im Bereich des Similaritaumlt-Kontrast-Systems nicht nur im Prinzip son-dern zT auch materiell gewisse auszligereinzelsprachliche Uumlbereinstimmungen vorhanden sind gibt es im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System natuumlrlich entsprechend dem Erfahrungs- und Lebensbereich kulturelle und soziale Unterschiede Entscheidend ist jedoch auch hier dass Einordnen nicht nur bedeutet in Relation Setzen zu diese Relationen sind ebenso wie die Kontrast-Relation im anderen System wiederum ganz spezifische ihrer-seits in aller Regel uumlberindividuelle Denk-Relationen TeilGanzes Kausalitaumlt Finalitaumlt Zeitrelation Invariant oder auszligereinzelsprachlich sind also die Relationen nicht notwendigerweise dagegen die Terme die durch solche Relationen verbunden sind

42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semanti-schen Orientierungssystems

Nach den vorgefuumlhrten Analysen gibt es drei Strategien zur Wahrnehmung und Einordnung semantischer Information eine dominant syntagmatische und die beiden eben erwaumlhnten paradigmatischen Dabei entspricht die syntagmatische Strategie dem was Hansjakob Seiler im Bereich der bdquosprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden mit Piaget zunaumlchst als Einordnen dann als Individualisierung bezeichnet hat insbeson-dere das paradigmatische Similaritaumlt-Kontrast-System entspricht dagegen dem Seiler-schen Klassifizieren bzw Generalisieren als der anderen polaren Instanz im Bereich der sprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden (Seiler 1981) Die Charakteristika aller drei Orientierungs- und [p 30] Einordnungssysteme sind in der folgenden Uumlbersicht nochmals zusammengestellt

I II IIISyntagmatisches Konti-guitaumlts-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontrast-System

Dominante Strategie Einordnen in ein groumlszlige-res Syntagma (dh in ein komplexeres Zei-chen)

Zuordnung eines Part-ners aus demselben Er-fahrungsbereich (uumlber spezifische Relationen)

Zuordnung eines Anto-nyms (uumlber die Gegen-satz-Relation)

Wortklasse in aller Regel verschie-den

in der Regel gleich gleich

Kontiguitaumlt vs Distanz ja ja

43 Es ist gewiss nicht erstaunlich dass wie Coseriu (1977a) gezeigt hat gerade Hegel in seiner Humboldt-Rezension als Vergleichsgrundlage fuumlr alle Sprachen die Unterscheidung von Gattungen und Arten bzw von laquoAllgemeinheiten und Bestimmtheitenraquo ansieht ndash mit anderen Worten also das DreiecksModul in sei-ner Similaritaumlt-Kontrast-Auspraumlgung ndash Die Bolle des Kontrasts (als drittes Moment neben Similaritaumlt und Kontiguitaumlt) hat aus der phaumlnomenologischen Tradition heraus sehr schoumln und einleuchtend Elmar Holen-stein dargestellt und gerade auch fuumlr die sprachliche Seite als grundlegend bezeichnet laquoDamit uumlberhaupt eine Auswahl (gemeint ist auf der paradigmatischen Achse der Selektion) getroffen werden kann muss sich etwas von etwas abhebenraquo (1976 86) Bruners going beyond the information given kann also zT auch im phaumlnomenologischen Sinn interpretiert werden

Similaritaumlt vs Kontrast ja ja

Fuumlr alle Woumlrter moumlg-lich

ja groszliger Bereich kleiner Bereich (bdquosemantische Struktur-woumlrterldquo)

Die spezifischen Relationen im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System entsprechen dabei in etwa Piagets laquoinfralogischenraquo Relationen oder Spearmans (1923 67-71) laquorealraquo relati-ons die Relationen des Similaritaumlt-Kontrast-Systems entsprechen dagegen Piagets laquologi-schenraquo und in etwa wohl Spearmans (71-74) laquoidealraquo relations Fuumlr die veschiedentlich erwaumlhnte nicht scharfe Trennung der Bereiche II und III duumlrften ua die Teil-Ganzes-Relationen verantwortlich sein die sowohl im laquologischenraquo (Inklusion) als auch im laquoinfralogischenraquo Bereich vorkommen Waumlhrend die Relationen des Similaritaumlt-Kontigui-taumlt-Systems dominant gerichtete Relationen sind ist die Gegensatz-Relation des Similaritaumlt-Kontrast-Systems grundsaumltzlich zweiseitig Abweichungen ergeben sich insbesondere durch Polysemie (vgl o S 12)

Ontogenetisch gesehen werden nun die paradigmatischen Systeme II und III uumlber das syntagmatische System I aufgebaut Dabei nimmt das System II wie aus seinen Merkmalen ersichtlich ist eine Mittelstellung zwischen den Systemen I und III ein - im Sinn der Konzeption Seilers stellt es also gewissermaszligen den bdquoWendepunkt zwischen den beiden Polen der Dimension sprachliche Erfassung von Gegenstaumlnden dar Auch der flieszligende Uumlbergang zwischen den drei Systemen erhellt aus dem Schema die Grenz-faumllle liegen interessanterweise nicht zwischen I und III sondern zwischen den Systemen III (zB Coserius laquolexikalische Solidaritaumltenraquo) und zwischen den Systemen IIIII Es ist somit plausibel dass [p 31] in der Ontogenese die Systeme in der Reihenfolge I-II-III aufgebaut werden Das System III nimmt dabei insofern eine Sonderstellung ein als es wie die letzte Zeile des Schemas nochmals ausweist direkt nur auf einen kleinen aber wichtigen Ausschnitt des Wortschatzes anwendbar ist

Was den Abbau der Sprache bei pathologischer (oder altersbedingter) Beeintraumlchtigung des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems betrifft so ist den vorliegenden Beobachtungen nach die Reihenfolge wohl umgekehrt Das System III wird vor dem System II beeintraumlchtigt Dies entspraumlche der Erkenntnis Jakobsons dass man zuerst verliert was man zuletzt erworben hat44 Was schlieszliglich diachronische Transformationen speziell den Bedeutungswandel betrifft so ist die Affinitaumlt zu Uumlberlegungen sehr wichtig die in Teilbereichen schon Wilhelm Wundt (o S 7) und dann vor allem Stephen Ullman angestellt hat Ullman resuumlmiert ja die Arbeit seines Lands-manns Zoltan Gombocz (Jelentestan Pecs [Fuumlnfkirchen] 1926) und den ihm zu Grunde liegenden Aufsatz von Leacuteonce Roudet (1921) mit folgenden Worten

laquoAn associative network of names clusters around each name some of these associations are rooted in similarity others in contiguityraquo (1967 79)

Dem entspricht dann seine Klassifizierung des Bedeutungswandels (1967 220ff) Uumlbertragung von signantia aufgrund von Similaritaumlt bzw Kontiguitaumlt zwischen den sig-nata bzw umgekehrt Uumlbertragung von signata aufgrund der SimilaritaumltKontiguitaumlt zwi-schen den signantia Zu praumlzisieren waumlre dass es sich nicht um Similaritaumlt oder Kontiguitaumlt handelt sondern um Transfer im Rahmen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- oder 44 Die Arbeit von Stachowiak uumlber die Semantische Struktur des subjektiven Lexikons (1979) bestaumltigt diese Hypothese was dort vorgefuumlhrt wird laumlsst sich mE alles in dem Sinn interpretieren dass bei aphasischem Abbau der Sprache vor allem das System III beeintraumlchtigt wird Nach dem was oben (S 18f) uumlber die Komplexitaumlt von Benennungs- und Assoziations-Aufgaben gesagt wurde unterstreicht dies im Grund auch die These Jakobsons dass es sich im wesentlichen um eine Stoumlrung handelt bei der die metasprachliche Punktion der Sprache beeintraumlchtigt ist

des Similaritaumlt-Kontrast-Systems die Rolle des Kontrasts ist wie schon Wundt sah in der Tat nicht unwichtig45 [p 32]43 Wortfeld-Probleme

Die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen werfen auch ein Licht auf manche Probleme der Wortfeldforschung Zunaumlchst erklaumlren sowohl die Wortassoziationen als auch die Sprechfehler das eher selten reflektierte Phaumlnomen dass die bisher vorgestellten Wortfelder alle aus Elementen derselben Wortart bestehen46 Weiterhin muumlsste man ge-maumlszlig den beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssystemen wohl auch zwischen zwei Grundarten von Wortfeldern unterscheiden zwischen solchen des Similaritaumlt-Kontrast-Typs und solchen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- [p 33] Systems (etwa Wortfeld desWohnens der Werkzeuge der Landschaft)47 In der Form wie sie durch die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen nahegelegt werden vermitteln dabei die Wortfel-

45 Was die Unterscheidung der beiden paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssysteme angeht so fuumlhle ich mich nicht nur in der guten Gesellschaft Ullmans sondern auch in der einer Reihe von Psychologen Sprachpsychologen und Aphasieforschern Jean Piaget und Baumlrbel Inhelder unterscheiden bei der Ordnungsleistung von Kindern zwischen dem Ordnen nach dem Prinzip der Aumlhnlichkeit und nach demjenigen der Konvenienz und etwa analog dazu zwischen den schon erwaumlhnten laquologischenraquo Relatio -nen (Klassifizierung) und den laquoinfralogischenraquo (PiagetInhelder 19731 38ff) Elisabeth Wiig und Diana Globus haben 1971 in einem kontrollierten Assoziationsversuch mit 7 Aphasikern und 7 gesunden Kon -trollpersonen explizit mit Piagets logischen und infralogischen Relationen gearbeitet Das Ergebnis kann nicht nur dahingehend interpretiert werden dass es entsprechend zu diesen Relationen zwei verschie -dene Orientierungs- und Einordnungssysteme gibt sondern auch dahingehend dass das klassifikatorische System (Similaritaumlt-Kontrast-System) sowohl bei Gesunden als auch bei Aphasikern im Verfahren der kontrollierten Assoziation (gegeben ist ein Ausgangsbegriff und die Relation gesucht wird ein Zielwort) nur dann gute Ergebnisse erbringt wenn die Merkmalunterschiede gering sind - und am geringsten sind sie natuumlrlich bei binaumlren Oppositionen also etwa bei Antonymie Sobald die Merkmalsunterschiede groumlszliger werden etwa beim Ausgangsbegriff Kind und dem gesuchten Begriff Eltern sind die Suchergebnisse bei Aphasikern und Gesunden gleichermaszligen schlecht Dagegen funktioniert das infralogische System sowohl bei hoher als auch bei geringer Kontiguitaumlt der Begriffe bei den unter-suchten Aphasikern und den gesunden Kontrollpersonen recht gut (laquoWas ist der Zweck von Heizung - Ergebnis Waumlrme oaraquo) ndash Was die beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssysteme an-langt stehe ich auch weitgehend in Einklang mit James Deese Deese zieht nach einer essentiell faktoranalytischen Untersuchung von Assoziationsverhalten ua folgende Konsequenz (1965 164) laquoThe data on associative distribution suggest that the two fundamental operations we have for sorting out meaningful ndashthat is logical and syntactical relations among wordsndash are contrast and groupingraquo Deese sieht freilich ua nicht die Einordnung in ein Syntagma als dritte Strategie und anhand einer sprachpsychologischen Darstellung des Assoziationsverhaltens wie sie etwa von Houmlrmann (1967 115-156) gegeben wird vermisst man generell den Ansatz Assoziationen als Reflex von Strategien zum Erfas-sen von Bedeutung anzusehen so erscheinen dann viele Beobachtungen die anhand des obigen Schemas sinnvoll integriert werden koumlnnen eher als membra disiecta ndash Ich nenne schlieszliglich noch die Arbeit von Huber et al 1975 und die schon erwaumlhnte Dissertation von Stachowiak (1979) In der Arbeit von 1975 wird ndashbei einer Beschreibung jenes Aphasie-Typs der nach Carl Wernicke benannt istndash unterschieden zwischen zwei Orientierungsprinzipien im Lexikon einem laquosemantisch-klassifikatorischenraquo und einem laquosituativ-referentiellenraquo (1975 88 vgl Stachowiak 1979 58f) Ich bin freilich nicht einverstanden mit der These Stachowiaks es handle sich dabei einerseits um einen laquoinnersprachlichenraquo andererseits um ei-nen laquoenzyklopaumldischenraquo Bereich Wesentlich ist was nochmals betont sein soll fuumlr beide Bereiche als invariantes Prinzip dasjenige der Relation dabei sind die Relationen im einen Fall gewiss klassifikatorisch im anderen laquoinfralogischraquo beide Arten von Relationen sind jedoch gleichermaszligen uumlberindividuell und sie werden gleichermaszligen erlernt46 Geckeler sieht (1971 218) die Wortart-Gleichheit als die gewissermaszligen selbstverstaumlndliche Folge ei -ner paradigmatischen Perspektive an (was einer engen Konzeption von Paradigma entspricht) vgl u S 3547 Wenn ich recht sehe korrespondieren die beiden Grundarten mit einer Unterscheidung die Coseriu (1976 47f) innerhalb eines seiner fuumlnf Kriterien zur Klassifizierung von Wortfeldern macht naumlmlich der Unterscheidung zwischen laquorelationellenraquo und laquosubstantivenraquo Oppositionen bzw Feldern Im Rahmen der hier vorgetragenen Konzeption wird diese Unterscheidung zu einer zentralen Groumlszlige

der des Similaritaumlt-Kontrast-Typs gewissermaszligen zwischen zwei extremen Konzeptio-nen von Wortfeld zwischen der von Andre Jolles und der von Jost Trier Jolles (der des-halb von Trier und anderen gescholten wurde) wollte nur Minimalformen mit jeweils zwei (antonymen) Gliedern als laquoBedeutungsfelderraquo gelten lassen Felder die in dieser Form natuumlrlich fest umgrenzt waumlren (Jolles 1934) Fuumlr Trier galt dagegen das Prinzip der Wert jedes Worts ergebe sich aus dem Feldwert also aus der Position in einem semantischen Feld Das Wort bedeute laquonur in diesem Ganzen und kraft dieses Ganzenraquo Die vermittelnde Position ist die in einem zentralen Antonymenpaar den festen Kern zu sehen um den sich ein ganzes Feld verwandter Termini schart wobei im Normalfall die Grenze des Feldes verschwimmt Das Feld waumlre also nur von seinem zentralen Kern aus als solches zu greifen Geckelers Doppel-Wortfeld zwischen altrsquo und seinen beiden Antonymen jung und neursquo scheint mir de facto im Sinn einer solchen Konzeption interpretierbar zu sein

Die Wortfelder des Similaritaumlt-Kontrast-Typs lassen sich nun wie schon er-waumlhnt in einleuchtender Weise mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Spaumltestens bei dem Versuch Wortfelder des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs merkmalsemantisch zu rekonstruieren treten jedoch betraumlchtliche Schwierigkeiten auf Ein Verfahren auch solche Bereiche bdquodurchsichtig zu machen besteht nun darin dass man an die Spitze eines Feldes neben den eventuell vorhandenen Oberbegriff noch eine der spezifischen Auspraumlgungen der Kontiguitaumlts-Relation stellt (wodurch dann das was die Basiskante BC des Moduls von S 21 ausmacht als Seitenkante bzw Suchbegriff verwendet wird) Pottiers Wortfeld der Sitzmoumlbel im Franzoumlsischen hat als konstituierende Merkmale ne-ben dem Oberbegriff Artefakt eine solche spezifische Auspraumlgung naumlmlich das finale zum Sitzen Die Similaritaumlt die durch diese beiden Merkmale geschaffen wird stellt einerseits das Auswahlkriterium dar nach dem das Feld begrenzt andererseits den Hintergrund an Similaritaumlt vor dem es analysiert werden kann Ein Bereich wie Werk-zeug laumlsst sich um ein weiteres Beispiel zu geben nur schwer merkmalsemantisch beschreiben weil man Begriffe wie Stechbeitel Loumltkolben Nietzange und Maumlhdre-scher zu beruumlcksichtigen haumltte Fuumlgt man jedoch zu Werkzeug die finale Relation zum Bearbeiten von (beispielsweise von Holz) so entsteht ein uumlberschaubares und strukturierbares Feld [p 34]

Dabei zeigt sich nicht nur dass solche Wortfelder in gewissem Maszlig beliebig (re)konstruierbar sind - man kann etwa Katze mit gleichem Recht einmal zu den Haus-tieren ein andermal zu den fleischfressenden Saumlugetieren rechnen Es zeigt sich gleichzeitig dass eine solche Rekonstruktion genau nach dem dritten noogenetischen Prinzip von Spearman verlaumluft Zu einem Ausgangsbegriff (Werkzeug) und einer Rela-tion (zum Bearbeiten von Holz) werden Entsprechungen gesucht und gebildet Unter dem Blickwinkel dieses noogenetischen Prinzips sind Wortfelder nun nicht nur beschreibbar als Ergebnisse eines Verfahrens der kontrollierten Assoziation die beiden angedeuteten Grundtypen von Wortfeldern beruhen dann sogar beide auf demselben Grundprinzip Gegeben ist der Ausgangsbegriff und eine Relation ndash eine Relation die im Fall des Similaritaumlt-Kontrast-Typs die Gegensatzrelation ist im Fall des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs eine finale kausale temporale lokale TeilGanzes-Relation etc Dass solche Konstruktionen oder Rekonstruktionen48 also die Wortfelder der Linguisten keinesfalls - um mit Gauger (zB 1976) zu sprechen - laquobewusstseinsfremdraquo sind zeigt gerade das Verfahren der freien Assoziation dessen Interpretation Ausgangspunkt die-ser Uumlberlegungen war

Dies hat auch Auswirkungen auf das von Saussure aufgeworfene Negativitaumltsproblem Gewiss bedeutet Vater nicht nur Nicht-Mutter sondern auch

48 Von der Konstruktion von Wortfeldern spricht auch Coseriu (zB 1970 113)

Nicht-Sohn Nicht-Barock Nicht-Jahrhundert Bei einer solchen Betrachtung wird je-doch eine bestimmte Art des Gegensatzes die parmenideische Relation des bdquoIst nicht verabsolutiert Sie spielt gewiss eine wichtige Rolle in der Sprache sowohl in der Semantik als auch im Bereich der geschlossenen grammatischen Paradigmen Man sollte jedoch (trotz des Umstands dass die Kontrast-Relation und mit ihr die Relation des oppositiven bdquoIst nicht gerne als laquologischraquo die Relationen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Systems dagegen als laquoinfralogischraquo bezeichnet werden) nicht vergessen dass beide Ar-ten von Relationen unabdingbare Konstanten unseres Wahrnehmens Erfassens und Denkens darstellen und dass eine Semantik die nicht bewusstseinsfremd sein will dementsprechend nicht nur die im Motto auf S 27 angegebenen Oppositionen sondern die ganze Skala moumlglicher Relationen mit in ihr Beschreibungsinstrumentarium aufneh-men muss

44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte

Eugenio Coseriu hat 1977 in seiner Antrittsrede an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften als eines der vier Prinzipien seines Schaffens das Stichwort Tradition und Neuerung genannt Es heiszligt dort laquodass die Geschichte unserer Wissenschaften wie uumlberhaupt die Kultur- [p 35] geschichte Fortsetzung von Traditionen und Erneuerung innerhalb von Traditionen istraquo Man sage eigentlich Neues nur wenn man an Traditionen anknuumlpfe und Traditionen fortsetze (1977 109 vgl 1979 5) Ich habe im vorliegenden Beitrag versucht in mehrfacher Weise an solche Traditionen anzuknuumlpfen ua an diejenige der Assoziationsforschung der Jahrhundertwende Dass hier uumlberhaupt von einem (Wieder-)laquoAnknuumlpfenraquo gesprochen werden muss hat seine Gruumlnde

Der Begriff Assoziation war noch Saussure so gelaumlufig dass er ihn in dem Sinn verwendete in dem heute Paradigma und paradigmatisch gebraucht werden (Saus-sure spricht nicht von paradigmatischen sondern von assoziativen Relationen) Henri Frei oder Charles Bally setzten in dieser Hinsicht nicht nur die Tradition des Meisters fort Bally kannte wie ua einschlaumlgige Stellen aus dem Traiteacute de stylistique franccedilaise von 1909 zeigen offensichtlich auch die Arbeit von Thumb und Marbe sowie den dort angesprochenen Bereich des Assoziierens insbesondere zum Gegenteil hin Seither hat jedoch in der Sprachwissenschaft ein grundlegender Paradigmawechsel stattgefunden Eine im Uumlbermaszlig psychologisierende Stroumlmung wurde wie uumlblich durch das Gegenteil abgeloumlst und seither scheinen die Sprachwissenschaftler den Begriff Assoziation als et-was eher Anruumlchiges zu meiden und allenfalls mit ganz spitzen Fingern anzufassen laquoCest pour eacuteviter le psychologisme adopteacute dans le Cours de F de Saussure que je substi-tue le terme rapport paradigmatique agrave celui de rapport associatifraquo schreibt Louis Hjelmslev der den terminologischen Wandel vollzogen hat in einer Fuszlignote des Vor-trags den er 1936 auf dem Linguisten-Kongress in Kopenhagen gehalten hat (1938140) Interessanterweise ist auch der Anti-Psychologismus wie Gauger zeigen konnte (1976 73-87) bei Saussure schon mit angelegt

Freilich motiviert sowohl die weitere Geschichte der Assoziationsforschung als auch die Auffassung der Sprechfehler diese spitzen Finger in betraumlchtlichem Maszlig beide Phaumlnomene wurden in den Bereich der Abnormalitaumlt und des Pathologischen geruumlckt Was das Versprechen angeht so ist die Ursache kein anderer als Sigmund Freud er griff aus den Sprechfehlern die Meringer und Mayer vorgefuumlhrt hatten vor allem die Gruppe des Versprechens zum Gegenteil hin heraus und interpretierte sie in dem bekannten Sinn Das Versprechen zum Gegenteil hin lege die geheimen Gedanken des Sprechers bloszlig Dies ist ganz ohne Zweifel eine Uumlberinterpretation die in manchen Faumlllen zutreffen

mag fuumlr den Durchschnittsfall jedoch keinerlei Allgemeinguumlltigkeit beanspruchen kann49 Wie nachhal- [p 36] tig die Interpretation Freuds ndashin diesem Fall leiderndash ge-wirkt hat zeigt die Verbindlichkeit jener Bezeichnung mit der man Sprechfehler heute erfasst bdquo(Freudsche) Fehlleistungen Ein in gleichem Maszlig bdquopathologischer Geruch begleitet spaumltestens seit 1910 die Versuche mit Wortassoziationen Carl Gustav Jung machte Versuche mit Assoziationen Kent und Rosanoff hatten die Absicht mit ihrer Liste von 100 Ausgangswoumlrtern und dem Durchschnitt der Assoziationen von 1000 Probanden eine Norm aufzustellen von der sich abnormale Assoziationen abheben soll-ten Die Untersuchung erschien nicht nur in der Zeitschrift American Journal of Insanity sie hieszlig auch noch A Study of Association in Insanity I Association in Normal Subjects Alle seitherigen einschlaumlgigen Assoziations-Listen werden von den Psychologen entspre-chend mit dem Etikett Norm versehen (laquoRussellJenkins-Normraquo laquoPalermoJenkins-Normraquo etc)

Die Haltung spaumlterer Sprachwissenschaftler ist also auch damit zu erklaumlren dass das Assoziieren und die Sprechfehler durch Pathologisierung ihrer ehemaligen (und angemesseneren) Unschuld verlustig gegangen waren Freilich gibt es seit einiger Zeit wieder ein neues und zunehmendes Interesse an Fragestellungen des Sich-Versprechens Assoziierens und der (wirklich zum Bereich des Pathologischen gehoumlrenden) Aphasie-Forschung50 Dass dabei in der Regel die eigentliche Tradition ausgespart wird ist weniger erfreulich Denn es geht nicht nur um eine sehr alte Tradition des Denkens es geht mit der Omnipraumlsenz bestimmter Relationen eigentlich um grundlegende Charakteristika des Sprechens und Denkens selbst

Freiburg Wolfgang Raible

[p 37] Literaturverzeichnis

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49 Vgl hier die analoge Einstufung der Freudschen Konzeption sprachlicher Fehlleistungen bei Kainz 1956 38 - Die Auseinandersetzung zwischen Freud und Meringer war zT sehr heftig Auf einer houmlheren Stufe der Eskalation zieh Meringer Freud beispielsweise der laquoStuumlmperraquo-Haftigkeit auf dem Gebiet des Beobach-tens laquoEr sieht und houmlrt naumlmlich nur das was sich eventuell zur Begruumlndung seiner phantastischen Theorien missbrauchen laumlsst Die unendlich vielen Faumllle die sich dagegen mit Haumlnden und Fuumlszligen straumlu-ben sieht er nicht (1912 55)50 Ich nenne drei Indizien fuumlr die Wiederbelebung der Tradition bzw das verstaumlrkte Interesse an den betreffenden Zusammenhaumlngen Erstens wird die Arbeit von Meringer und Mayer in einem 1973 von Victoria A Fromkin herausgegebenen Sammelband in den beiden Beitraumlgen der Herausgeberin wenigs-tens gelegentlich wenn auch zT falsch zitiert Die Arbeit von Thumb und Marbe wurde 1978 sogar neu ediert Zweitens gibt es insbesondere in den Vereinigten Staaten eine Reihe von Arbeiten zu linguistischen Aspekten der Assoziationsforschung (die wichtigste ist wohl die allerdings weitgehend psychologisch und psychometrisch orientierte von Deese 1965) die zB in den Versuch einer Synthese eingegangen sind den Herbert H Clark 1970 veroumlffentlicht hat (Die Arbeit von Clark ist freilich noch ein wenig zu stark dem Grammatikmodell der Transformationsgrammatik verhaftet) Noumlth (1975) hat den Ansatz von Clark zT weitergefuumlhrt sich zT jedoch auch in kasuistischen Uumlberlegungen gefangen Drittens ist das Wiedererwa-chen des linguistischen Interesses an der Aphasie-Forschung zu vermerken (es war zB schon bei Meringer und Mayer vorhanden) Fuumlr dieses ndashallerdings in Schuumlben auftretendendash Interesse ist nicht zuletzt auch Roman Jakobson verantwortlich

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  • Von der Allgegenwart des Gegensinns
  • (und einiger anderer Relationen)
  • Strategien zur Einordnung semantischer Information
  • Wolfgang Raible (Universitaumlt Freiburg)
  • Eugenio Coseriu zum 2771981
  • 21 Gesetzmaumlszligigkeiten des Assoziierens
  • 211 Argumentum quantitatis
  • 212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt
  • 22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens
  • 311 Syntagmatisches Assoziieren
  • 312 Paradigmatisches Assoziieren
  • 3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System
  • 3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System
  • 32 Sonderfaumllle
  • 41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems
  • 42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semantishyschen Orientierungssystems
  • ja
  • Fuumlr alle Woumlrter moumlgshylich
  • 44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte
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  • Ullmann S The Principles of Semantics OxfordGlasgow 1967
Page 15: latina.phil2.uni-freiburg.delatina.phil2.uni-freiburg.de/.../Files/Gegensinn_neu.docx  · Web viewZeitschrift für romanische Philologie Bd. 97, Heft 1/2, S. 1-40. Die Seitenangabe

kombiniert zu etwas zu Papier schreiben Freud nennt dies gewiss zutreffend Verdichtungen Die andere Unterart dieses semantischen Versprechens besteht in der Vertauschung (bdquoSubstitution) zweier Elemente - wobei es sich nicht mehr um Elemente aus dem Syntagma sondern um Elemente des paradigmatischen Auswahlprozesses handelt laquoBekannt istraquo so heiszligt es bei Meringer und Mayer (1895 79) laquodass kontrastierende Vorstellungen einander assoziieren So kommt man auf dem Wege der Substitution dazu das Gegenteil von dem zu sagen was man gemeint hatraquo Also etwa laquoIhm war auch kein Berg zu niedrigraquo (statt zu hoch) laquowas er verliert (statt gewinnt) gibt er seinen Kindern in die Sparbuumlchseraquo

Was schon bei voumlllig gesunden Sprechern wenn man ein Ohr dafuumlr hat mit bemerkenswerter Haumlufigkeit zu beobachten ist kann natuumlrlich im Fall von verminderter Sprechfaumlhigkeit (Aphasien) in verstaumlrktem Maszlige auftreten Herbert Pilch hat aus linguistischer Sicht auf die bekannte Erscheinung hingewiesen dass Aphasiker Woumlrter verwechseln die im Verhaumlltnis des Gegensinns zueinander stehen (1972 8) Ein einfaches Beispiel aus einem Sprachtest mit Aphasikern (Muumlller 1976 257ff) Es handelt sich um einen Test in dem der Umgang mit metakommunikativen Verben uumlberpruumlft wurde Beim Nachsprechen eines groumlszligeren zusammenhaumlngenden Texts - dies war eine der Aufgaben - wurden dabei vereinzelt sinnstoumlrende Vertauschungen zwischen den korrelativen Begriffen fragen und antworten beobachtet Von einem analogen Test mit Einzelsaumltzen heiszligt es laquoSinnstoumlrend vertauscht wurden fragen mit erwidern wissen wollen bzw sich erkundigen (wurden) durch sprechen ersetztraquo In einem Sortiertest sollten metakommunikative Verben nach inhaltlichen Kriterien zu Gruppen geordnet werden Dieser Test wurde wegen der erforderlichen hohen Konzentration allerdings nur von fuumlnf Probanden absolviert Vier davon gruppierten fragen wissen wollen sich erkundigen antworten entgegnen erwidern Der fuumlnfte Proband gekennzeichnet mit dem Stichwort laquoKonduktionsaphasieraquo bildete dagegen [p 17] die Paare fragenantworten antwortenerkundigen wissen wollenentgegnen Er gliederte also was der Untersuchende nicht direkt sieht nach Antonymen-Paaren28

3 Interpretation der beschriebenen Phaumlnomene oder Die verschiedenen Strategien zum Erfassen von Bedeutung

No hay que explicar el hablar desde el punto de vista de la lengua sino viceversa (Coseriu 19551973 287)

Meringer und Mayer haben darauf hingewiesen man muumlsse sich huumlten den Sprechfehler als etwas Pathologisches aufzufassen Sie erlaumlutern dies mit einem praumlgnanten Bild Beim Sprechfehler versage nur die Aufmerksamkeit die Maschine laufe ohne Waumlchter sich selbst uumlberlassen Und was den Sprechfehler fuumlr die Sprachwissenschaft lehrreich mache sei der Umstand dass das Uhrwerk in solchen Augenblicken des Mantels entkleidet scheine und ein Blick in die Raumlder moumlglich sei (1895 7) Aumlhnliches gilt fuumlr die permanenten Abweichungen von der Sprachnorm die sich im Sprechen von Individuen oder Individuen-Gruppen finden (und die zB Henri Frei in seiner Grammaire des fautes (1929) festgehalten hat) Die Uumlberlegungen gelten natuumlrlich ebenso fuumlr die Wort-Assoziationen insbesondere dann wenn man wie urspruumlnglich Thumb und Marbe mit der Beruumlcksichtigung der Spontaneitaumlt also der Reaktionszeit ein Indiz dafuumlr hat welche Prozesse unter Umstaumlnden laquoautomatischraquo 28 Nach der Analyse die Luria von dem seit Wernicke und Lichtheim so genannten Syndrom der bdquoLeitungsaphasie gibt duumlrfte es sich um die Variante mit akustisch-artikulatorischer Stoumlrung handeln In der Variante mit akustisch-mnestischer Stoumlrung sind sogenannte bdquoverbale Paraphasien relativ selten Vgl Luria 1976 239-285 insbes S 247-273

oder mit Meringer und Mayer so ablaufen dass laquoder Waumlchterraquo also das Bewusstsein des Sprechers dessen bestenfalls hinterher richtig gewahr wird Mutatis mutandis gilt die Uumlberlegung schlieszliglich auch fuumlr den Bereich der Sprachstoumlrungen laquoPathologia illustrat physiologiamraquo das Anomale lehrt uns wie das Normale funktioniert ndash so lautet ein alter Grundsatz der medizinischen Forschung Wie betraumlchtlich der Unterschied zwischen den voll bewussten mehr Zeit in Anspruch nehmenden Suchprozessen und den halbbewussten Assoziationen ist zeigen solche Aphasien in denen der Patient ein Wort bei bewusstem Suchen nicht findet oder ein Wort das ihm vorgesprochen wird nicht wiederholen kann waumlhrend er im Bereich des offenbar funktionierenden Assoziierens das betreffende Wort findet bzw sagen kann29

[p 18] Wenn ich nach der obigen Skizzierung quantitativer und qualitativer Verhaumlltnisse im Bereich von Wortassoziationen nun versuche die bisherige Untersuchung im eigentlichen Sinn zu interpretieren so lasse ich mich von der folgenden Grunduumlberlegung leiten Da Assoziationen mit Wortmaterial im Idealfall in einem halbbewussten Bereich spontanen Reagierens ablaufen koumlnnte man meinen es handle sich um ganz einfache primaumlre Prozesse sprachlicher Aktivitaumlt Komplex und sekundaumlr waumlre dagegen die Aumluszligerung von Saumltzen und Texten Nun hat freilich einer der groszligen Aphasieforscher Kurt Goldstein gezeigt dass es sich eigentlich genau umgekehrt verhaumllt Primaumlr am Sprechen ist die Mitteilungsabsicht dh das Kommunizieren mit Hilfe groumlszligerer syntagmatischer Einheiten im Rahmen von Kommunikationssituationen Das scheinbar so einfache Assoziieren von Woumlrtern oder das Benennen von Gegenstaumlnden sind dagegen recht schwierige und komplexe Aufgaben Wie Roman Jakobson gezeigt hat ist zB das Benennen eines Gegenstandes ein metasprachlicher Akt30 Ein solcher Akt setzt die Existenz und das isolierte Funktionieren eines praumlzisen Orientierungs- und Einordnungssystems voraus Bei Assoziations-Tests muss ein gehoumlrtes Wort ohne jede Situations- oder Kontexthilfe analysiert erkannt und eingeordnet werden

Ich habe nun eingangs mit Hilfe einiger einfacher Beispiele aus dem Bereich der Gestaltpsychologie gezeigt dass eine solche Erkenntnis immer erst dadurch zustande kommt dass man uumlber das Gegebene hinausgeht going beyond the Information given Dementsprechend besteht mein Interpretations-Ansatz jetzt darin dass ich die von einem vorgegebenen Ausgangswort ausgehende Assoziation als den Reflex einer Strategie interpretiere einer Strategie die dazu dient die Bedeutung von Woumlrtern im Hinausgehen uumlber das gegebene Wort zB durch die Einordnung in das semantische Orientierungs-System zu erfassen

31 Zwei Grundtypen des Assoziierens

Hier gibt es nun nicht eine einzige es gibt wenn ich recht sehe zwei Grundstrategien zur Erfassung von Bedeutung Vergegenwaumlrtigt man sich den primaumlren auf Mitteilung ausgerichteten Aspekt des situativen Sprechens in Saumltzen und Texten und den subsidiaumlren - wenn auch unverzichtbaren - Charakter desjenigen Bereichs in den auch das Assoziieren von Woumlrtern faumlllt so versteht man sofort die eine von zwei grundlegend verschiedenen Strategien dh Arten der sprachlichen Reaktion auf

29 Kurt Goldstein der von solchen Faumlllen berichtet erwaumlhnt im selben Zusammenhang das Phaumlnomen laquodass die falschen Woumlrter oft mit weniger Paraphasie (gemeint ist hier Paraphasie als lautliche Abwei-chung) geaumluszligert werden als die richtigenraquo (1948 101 vgl 239) Dies duumlrften diejenigen Faumllle sein in de -nen der Sprechprozess gewissermaszligen bdquovon oben her dh von der bewussten intentional vom laquoWaumlch-terraquo gesteuerten Seite her gestoumlrt ist30 Jakobson 1974 125ff vgl generell Goldstein 1948 zum Bereich der Kategorisierung

Wortmaterial Kinder erwerben Sprache sei sie nun kommunikativ oder das eigene Handeln begleitend in Situationen und damit dominant in syntagmatischer Realisierung Uumlber die nach und nach verstandene [p 19] fremde und die nach und nach sich entwickelnde eigene syntagmatische Realisierung von Sprache baut sich dann jenes semantische Orientierungs- und Einordnungssystem auf innerhalb dessen Rahmen die andere dominant paradigmatische Strategie anzusiedeln ist Wie Hans-Martin Gauger ausgefuumlhrt hat handelt es sich bei dem Aufbau dieses Systems um einen Prozess zunehmender bdquoVerdichtung (1970 65-69)

311 Syntagmatisches Assoziieren

Da sprachliche Elemente wie die Woumlrter fuumlr Kinder zunaumlchst einmal Woumlrter im syntagmatischen Kontext sind ist es nicht verwunderlich dass - wie seit Anfang des Jahrhunderts beobachtet wurde - Kinder vorwiegend syntagmatische Assoziationen haben Sie nennen also vorwiegend Woumlrter mit denen die Ausgangswoumlrter zusammen vorkommen dh die Assoziationen verlaufen im Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt Typisch sind derartige Assoziationen auch fuumlr solche Personen deren sprachliche Sozialisierung nicht durch den bewussten Umgang mit der eigenen und mit fremden Sprachen waumlhrend zwoumllf bis dreizehn Schuljahren perfektioniert wurde also etwa fuumlr Volksschul-Absolventen Schuchardts Einwand Thumb und Marbe haumltten die Bedeutung der syntagmatischen KontiguitaumltDistanz fuumlr das Assoziieren nicht gebuumlhrend beruumlcksichtigt hat also von der Ontogenese her gesehen seine Berechtigung31 Waumlhrend syntagmatische Assoziationen bei bdquogebildeten Erwachsenen also relativ selten sind sind sie bei Kindern und anderen sprachlich weniger Sozialisierten recht haumlufig Typische (und in allen nachfolgenden Faumlllen von den Assoziationen der 288 franzoumlsischen Studenten abweichende) Beispiele sind aus den jeweils erstrangigen Nennungen von 115 franzoumlsischen Bauarbeitern fenecirctre - ouverte (31) blanc - neige (27) aigre - vinaigre (26) rouge - sang (25) santeacute - bonne (23) table ronde (23) faim - (de) loup (23) citoyen - franccedilais (22) lune - (de) miel (20) tabac - blond (17) musique - douce (17 - zusammen mit classique leacute-gegravere agreacuteable harmonieuse 31) lent - tortue (15) meacutemoire - courte (14) joie - (de) vivre (14) papillon - vole (10) etc Charakteristisch ist hier wiederum dass solche dominant von der syntagmatischen Kontiguitaumlt bestimmten (und in der Regel nicht wortartgleichen) Assoziationen nur selten jene stark buumlndelnde Wirkung haben die fuumlr Assoziationen zum Gegensinn hin charakteristisch ist [p 20]

312 Paradigmatisches Assoziieren

Die andere (trotz mancher Grenzfaumllle von der syntagmatisehen zu unterscheidende) grundlegende Strategie zum Erfassen von Bedeutung spiegelt sich im dominant paradigmatischen Assoziieren also in jenen Assoziationen die im Bereich des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems verlaufen Eingangsvoraussetzung fuumlr beide Arten des Assoziierens ist die vorgaumlngige phonologische Analyse mit der Zuordnung eines Lautbildes und der (natuumlrlich

31 Das assoziative Verhalten der Kinder und Jugendlichen hat sich allerdings seit dem Beginn des Jahrhun-derts in betraumlchtlichem Maszlig demjenigen der Erwachsenen angenaumlhert Die Ursache ist zweifellos in einer fruumlheren und ausgepraumlgteren sprachlichen Sozialisierung zu sehen Vgl dazu auch Esper 1973 105 Pa-lermoJenkins 1965 oder Jenkins 1970 7

vorlaumlufigen32) Zuordnung einer Wortart Beim dominant syntagmatischen Assoziieren besteht die Strategie fuumlr die Zuordnung einer Bedeutung zu dieser Einheit aus Wortart und Lautschema vor allem im Assoziieren eines syntagmatischen Gebrauchskontextes also in der Einordnung in ein komplexeres Zeichen mit dem sich daraus ergebenden bdquomonosemierenden Effekt lune - lune de miel blanc (comme la) neige citoyen - (un) citoyen franccedilais table - (la) table (est) ronde etc Bei der paradigmatischen Art des Assoziierens besteht die Strategie zur Erfassung von Bedeutung dagegen darin dass das Ausgangswort in Relation zu einem anderen gleichrangigen Zeichen gesetzt wird Die Strategie ist also abstrakter ja geradezu metasprachlich ndash eine Analyse die schoumln Goldsteins These von der Komplexitaumlt scheinbar ganz einfacher Aufgaben bestaumltigt

Was nun das spezifisch paradigmatische Orientierungs- und Einordnungssystem betrifft so scheinen mir hier bei angemessener Interpretation der Verhaumlltnisse zwei Untersysteme vorzuliegen Untersysteme die nicht scharf voneinander getrennt sind Im einen dieser Systeme vollzieht sich der Zugriff uumlber die Dimension Similaritaumlt - Kontrast im anderen System ist wie noch erlaumlutert wird die Information (vor dem Hintergrund der Similaritaumlt) verfuumlgbar uumlber die semantische Kontiguitaumlt in Opposition zur Distanz Beide Systeme arbeiten jedoch mit einem gemeinsamen Grundprinzip das man als bdquoModul in Form eines Dreiecks (mit einer Reihe von Varianten) konzipieren kann Einer Informationseinheit A sind mindestens zwei andere Einheiten B und C in folgender Weise zugeordnet33 [p 21]

Dabei sind die Beziehungen zwischen AB und AC solche der Similaritaumlt ndash eine Similaritaumlt der die oben auf S 11 f genannten Prioritaumltsebenen 1 (gleiche Wortart) und 2 (gleicher semantischer Bereich) entsprechen Die Beziehung zwischen B und C ist je nachdem eine Beziehung des Kontrasts (dem entspricht die oben genannte Prioritaumltsebene 3) oder der semantischen Kontiguitaumlt (der die Prioritaumltsebene 4 entspricht) Die Varianten ergeben sich hauptsaumlchlich aus der Zahl der Elemente auf der Achse BC zum Teil auch daraus dass die Position von A einzelsprachlich nicht besetzt oder aber wie im Fall von A = homme B = homme G = femme mit einem der dann merkmallosen Elemente B oder

32 Analyse-Ergebnisse sind auf dem Weg von den kleineren zu den groumlszligeren Einheiten insofern vorlaumlufig als die Analyse der kleineren Einheit im Rahmen der Analyse der Uumlbergreifenderen Einheit stets korrigiert werden kann (Der entsprechende Ruumlckkopplungs-Effekt hat seine physiologische Basis in dem Faktum dass die Zellen der kortikalen Lamina VI [die etwa 2 mm dicke Groszlighirnrinde hat sechs physiologisch und funktionell differenzierbare Schichten] vorwiegend Ruumlckkopplungs-Funktion haben) Der Ruumlckkopplungs-Effekt ist der Grund dafuumlr dass manche bdquoDefekte bei Aphasikern erst dann entdeckt werden wenn man sie kleinere Einheiten ohne Kontext nachsprechen laumlsst33 Der Gedanke der modularen Struktur ist inspiriert durch Erkenntnisse der Neuroanatomen Sie haben in der letzten Dekade zunehmend die These vertreten die komplexe Struktur unseres Nervensystems - ein-schlieszliglich des Groszlighirns - basiere auf relativ ein-fachen genetischen Programmen Korrelat dieser Pro-gramme sind laquomodulareraquo laquorepetitiveraquo oder laquoperiodischeraquo Strukturen etwa im Bereich des Ruumlckenmarks oder der Groszlighirnrinde Vgl beispielsweise Szentaacutegothai 1978

C identisch ist (Ist ein spezieller Begriff fuumlr A vorhanden oder ist A identisch mit B oder C so liegt ein Fall von Gegensinn in jener Verwendungsweise vor wie man sie sinnvollerweise Abel unterstellen muss ndash Abels Beispiele sind von Benveniste (1956) zerpfluumlckt worden Ein aumlhnliches Vorkommen solchen Gegensinns gilt fuumlr Fragen des Typs bdquoWie alt (und nicht wie jung) wie groszlig wie lang wie schoumln ist das und dasldquo also fuumlr Faumllle die zB Elmar Holenstein treffend analysiert hat (1976 69f))

Im Fall der Similaritaumlt-Kontrast-Interpretation des Dreiecks ist eine merkmalsemantische Interpretation plausibel B und C enthalten alle Merkmale von A (A ist der Oberbegriff) sie enthalten jedoch noch zusaumltzliche Merkmale und zwar dergestalt dass diejenigen von B und C nicht voumlllig identisch sind sondern in der Regel in einem Merkmal kontrastieren34 [p 22]

3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System

Zunaumlchst zu dem paradigmatischen System in dem fuumlr das Hinausgehen uumlber die gegebene Information die Kontrast-Relation ausschlaggebend ist Es geht also um den Bereich des Entgegengesetzten ndash Otto Gsell hat in seiner Arbeit uumlber die Gegensatzrelationen im Wortschatz romanischer Sprachen eine sehr wesentliche Beobachtung gemacht und so fruumlhere analoge Beobachtungen in entscheidendem Maszlige praumlzisiert Unser Wortschatz ist keinesfalls so beschaffen dass alle Woumlrter ihr Antonym haumltten Ganz im Gegenteil der Wortschatz der bdquoantonymfaumlhig ist macht nur einen relativ geringen Teil des Gesamtwortschatzes aus ndash aber er konzentriert sich auf bestimmte inhaltliche Bereiche des Lexikons Nimmt man wie Gsell als Maszligstab das Begriffssystem von Rudolf Hallig und Walther v Wartburg (19521963) so ergeben sich drei Schwerpunkte Die gegensatzfaumlhigen Woumlrter konzentrieren sich

l in der Rubrik laquoLacircme et lintellectraquo wo es sich um etwa vier Fuumlnftel von insgesamt 2000 Eintraumlgen handelt Es geht dort um geistige Faumlhigkeiten Bewusstsein Gedaumlchtnis Wahrnehmung Denken Vorstellung Gefuumlhle und dergleichen (Hallig und Wartburg verwenden in dieser Rubrik teilweise was Gsell nicht eigens erwaumlhnt Antonymenpaare explizit als Unter-Rubriken)

2 in der Rubrik laquoLa prioriraquo Hallig und Wartburg versuchen dort laquoden inhaltlich sehr allgemeinen nicht sachgebietsbezogenen Wortschatz nach Denk- und Begriffskategorien wie Existenz physische Zustandsformen Eigenschaften Ordnung Wertung Quantitaumlt Raum Zeit Kausalitaumlt Bewegung und Veraumlnderung zu gliedernraquo (Gsell 1979 114) Die Rolle des Kontrasts fuumlr diesen Bereich ist im Uumlbrigen bereits durch das oben zitierte Beispiel der aristotelischen Kategorien ersichtlich

3 im Bereich der jeweiligen Unter-Rubrik geacuteneacuteraliteacutes (oa) zu den jeweiligen groumlszligeren Abschnitten bei HalligWartburg

Gsell spricht anhand der Begriffe des zweiten Bereichs (den dritten nennt er nicht ausdruumlcklich) von laquosemantischen Strukturwoumlrternraquo (im Gegensatz zu den syntaktischen) sie lieszligen sich keinem bestimmten sachlichen oder begrifflichen Bereich

34 Herbert HClark spricht in diesem Zusammenhang (1970 275f) von der laquoRegel des minimalen Kon-trastsraquo In der Ontogenese kann im Uumlbrigen beobachtet werden dass die Beziehungen zwischen kontrastierenden Paaren zT insofern asymmetrisch sind als eins der beiden Elemente privilegiert dh fruumlher gelernt bzw als Oberbegriff verwendet wird Hiermit hat sich in einer Reihe von Arbeiten vor allem Eve V Clark befasst

zuordnen seien jedoch (besser sollte man sagen gerade deshalb) in jeder Art von Rede unentbehrlich

Der Begriff der laquosemantischen Strukturwoumlrterraquo scheint mir gluumlcklich gewaumlhlt zu sein weil solche Woumlrter - als eine von jeweils zwei Alternativen - unsere Erfahrung in houmlchstem Maszlige strukturieren Hierzu zwei Beispiele Von den 34 Woumlrtern der Listen von RussellJenkins (1970) bzw PalermoJenkins (1964) auf die mindestens 50 der Probanden als Assoziation an erster Stelle dasselbe Wort nennen sind 23 solche auf die ein Antonym assoziiert wird Als Strukturierungsdimension dienen dabei

ndash siebenmal der Geschlechtsunterschied (boygirl heshe kingqueen etc)ndash viermal im Bereich des Gesichtssinns die Dimension helldunkel (blackwhite dark light)ndash fuumlnfmal die Orientierung in Raum bzw Raum undoder Zeit (slowfast herethere longshort highlow youngerolder) weiterhin [p 23]ndash die Kommunikationssituation zwischen Sprecher und Houmlrer (meyou)ndash zweimal der Tast- oder Handsinn (hardsoft heavylight) schlieszliglichndash der Geschmackssinn (sour bzw bittersweet) ndash der Gehoumlrsinn (loudsoft) sowiendash die konverse Relation Zwischen Geben und Nehmen (sellbuy buyingselling)

Ist ein tertium moumlglich so immer in Form einer Skala zwischen den beiden Extrempolen die den Bereich eingrenzen - genauso wie dies Aristoteles fuumlr seine Klassifizierung der Tast- Geschmacks- und Geruchsempfindungen vorgeschlagen hatte

Das zweite Beispiel Wolfgang Lorenz und Gerd Wotjak haben aus 80 sprachwissenschaftlichen Untersuchungen haumlufig vorkommende laquoSemeraquo zusammengetragen also solche Begriffe die dazu verwendet werden um den Inhalt anderer Begriffe zu beschreiben Von den 129 in einer ersten Liste bei LorenzWotjak (1977 310-334) zusammengetragenen haumlufig genannten laquoSemenraquo sind nun mehr als die Haumllfte solche die zu Antonymen-Paaren geordnet werden koumlnnen - was wiederum ganz unabhaumlngig davon wie man zur Existenz von semantischen Merkmalen oder Semen stehen mag aufschlussreich ist fuumlr die Strukturierungs- und Reduktionsleistung entsprechender Begriffspaare

Waumlhrend bei der dominant syntagmatischen Art des Assoziierens die Aufgabe der semantischen Einordnung einer Einheit aus Wortart und Lautbild uumlber die Einbettung in den syntagmatischen Kontext also in ein komplexeres Zeichen geleistet wird verlaumluft somit im Fall der geschilderten Unterart des paradigmatischen Assoziierens die Einordnung anders Das betreffende Wort wird wo immer dies moumlglich ist uumlber die Zuordnung des Kontrast-Werts im Dreiecks-Modul identifiziert Dies ist Goethes laquoAnklingen des Gegensinnsraquo das seit Jost Trier im Bereich der Wortfeldlehre erwaumlhnt wird Die Identifizierung der Bedeutung von B mit Hilfe des kontrastierenden C fuumlhrt natuumlrlich dazu dass jeder normale Sprecher sich etwa bei Muumldigkeit dh bei verringerter Aufmerksamkeit zum Gegenteil hin versprechen kann35 In pathologischen Faumlllen fuumlhrt dann eine verringerte Unterscheidungsfaumlhigkeit zwischen den Teilen B und C des Moduls zu den haumlufigen laquoverbalen Paraphasienraquo des Typs nehmen fuumlr geben fragen fuumlr antworten groszlig fuumlr klein

35 Die Ursache dafuumlr dass der ungeuumlbte Houmlrer Versprech-Leistungen normalerweise gar nicht wahrnimmt haben schon Meringer und Mayer genannt laquo(hellip) Der Hauptgrund des Uumlberhoumlrens von Sprechfehlern liegt darin dass der Houmlrer ganz aumlhnlich daran ist wie der Sprecher und wohl aus derselben Ursache uumlberhoumlrt aus der der andere sich versprichtraquo (1895 10f)

3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Im Similaritaumlt-Kontrast-System das wo immer dies moumlglich ist den Zugriff auf semantische Information primaumlr steuert steht Mutter in [p 24] Kontrast zu Vater - tertium non datur Mutter steht jedoch auch in Beziehung zu anderen Lexemen zB zu Kind Tochter Stiefmutter Groszligmutter auch zu Frau etc Bei Frau oder Maumldchen bestehen uumlbrigens unabhaumlngig vom Geschlecht der Probanden - assoziative Verbindungen zu huumlbsch schoumln Schoumlnheit und dergleichen Die ersten dieser Verknuumlpfungen koumlnnte man noch leicht mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Vater und Mutter bilden ein minimales Paar das sich nur durch den bewussten kleinen Unterschied die Opposition maumlnnlichweiblich semantisch voneinander abhebt Bei Paaren wie MutterKind bzw MutterTochter waumlren es bereits mehrere differenzierende Merkmale (und das Beispiel zeigt zugleich dass es noch ganz andere Relationen gibt als die des Kontrasts hier zB die temporale oder die kausale) Bei MaumldchenSchoumlnheit muumlsste man schon mit Selektionspraumlferenzen arbeiten man koumlnnte wohl auch an den Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt denken

Es gibt nun allerdings eindeutig paradigmatische Assoziationen bei denen merk-malsemantische Konstruktionen angesichts ihrer notwendigen Komplexitaumlt in eklatantem Widerspruch zur hochgradigen Gelaumlufigkeit der betreffenden Assoziationen stuumlnden Ein einfaches Beispiel ist das Paar TischStuhl Die Zahlen 84 bei Russell Jenkins 69 bei PalermoJenkins 55 bei franzoumlsischen Studenten36 Man koumlnnte hier die Merkmal-Similaritaumlt uumlber den Oberbegriff Moumlbelstuumlck konstruieren aber wie waumlre dann zu erklaumlren dass die Verbindung zwischen Tisch und Stuhl enger ist als die zwischen den Moumlbelstuumlcken Tisch und Hocker (die sich im Prinzip nur durch die Groumlszlige unterscheiden) oder zwischen Tisch und Bett (1 der Nennungen trotz laquogetrennt von Tisch und Bett lebenraquo) Wie waumlren weiterhin so gelaumlufige Assoziationen wie pied chaussure araigneacuteetoile tobaccosmoke zu erklaumlren fuumlr die Oberbegriffe schwer zu konstruieren sind und die sich in einer solchen Konstruktion wenn sie gelingt immer noch durch eine Fuumllle von Merkmalen nicht etwa nur durch ein einziges unterschieden

Angesichts solcher Verhaumlltnisse scheint es mir plausibel zu sein das als grundlegend angesetzte Dreiecks-Modul in diesen Faumlllen als eine Similaritaumlts-Kontiguitaumlts-Beziehung zu interpretieren also in Anlehnung an das oben erlaumluterte bdquoGesetz der Naumlhe aus dem Bereich der optischen Wahrnehmung Solche Similaritaumlts-Kontiguitaumlts-Beziehungen beruhen bei einem flieszligenden Uumlbergang zum Similaritaumlt-Kontrast-Bereich ndash jeweils auf Erfahrungskontexten in denen Erscheinungen als zusammengehoumlrig verwandt benachbart verstanden werden Die Komponente der Similaritaumlt versteht sich hier vor allem als Zugehoumlrigkeit zum selben Er- [p 25] fahrungsbereich meist - aber keinesfalls ausschlieszliglich - auch als Zugehoumlrigkeit zur selben Wortart Die Kontiguitaumlt wird zumeist verkoumlrpert durch eine spezielle in der Regel gerichtete Beziehung zwischen den Elementen B und C (Die Zahl der Probanden die auf Stuhl wieder Tisch assoziieren ist viel geringer als die Zahl derer die auf Tisch die Assoziation Stuhl haben) Entscheidend ist dabei nun dass die Erfahrungskontexte zwar individuell verschieden sind dass die Relationen durch welche die Begriffe verknuumlpft sind dagegen meist ganz spezifische invariante Relationen darstellen Tisch und Stuhl sind zB integrierende Teile eines groumlszligeren Ganzen im Erfahrungsbereich des Wohnens und Arbeitens zwischen tobacco und

36 Die Zahl fuumlr die deutschen Probanden lautet 29 - hier stellen die 15 Nennungen fuumlr die im Grenzbe-reich zwischen semantischer und syntagmatischer Kontiguitaumlt liegende Assoziation Bein(e) eine starke Konkurrenz zu Stuhl dar

smoke araigneacutee und toile besteht eine kausale zwischen Hammer und Nagel eine finale Relation Das Gegenstuumlck zur Kontiguitaumlt die Distanz grenzt hier die Dreiecksmoduln gegeneinander ab Interessant ist dass in vielen Faumlllen nicht eigentlich der kontige Partner sondern die spezifische Relation etwa zwischen dem Gegenstand und einem allfaumllligen Benutzer assoziiert wird Um die finale Relation geht es zB in den Faumlllen Bettschlafen Schereschneiden ciseauxcouper scissorscut

32 Sonderfaumllle

Fuumlr beide Varianten des paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssystems gilt natuumlrlich Sobald auf der Achse BC mehr als zwei gleichrangige Mitglieder anzusiedeln sind sobald also in Trubetzkoys oder Coserius Terminologie eine laquoaumlquipollenteraquo und nicht eine laquoprivativeraquo Opposition vorliegt37 verliert die Assoziation von einem dieser Mitglieder zum anderen an Schaumlrfe die buumlndelnde Kraft des einzigen Antonyms oder des in spezifischer Weise kontigen Partners fehlt Musterbeispiel ist das Dreiecks-Modul fuumlr die Farbwerte im Gegensatz zu dem fuumlr die Grauwerte

Wegen der Auswahl aus einer groszligen Zahl gleichberechtigter Moumlglichkeiten sind die Reaktionen auf Farben dementsprechend wenig gebuumlndelt38 ndash auf gelb nennen an ers-ter Stelle 14 der amerikanischen Pro- [p 26] banden blau 12 der deutschen rot 11 der franzoumlsischen gruumln Bei den Ausgangswoumlrtern blau und gruumln ist die Assozia-tion im paradigmatischen Bereich sogar schwaumlcher als im syntagmatischen ndash hier nen-nen die Probanden in allen drei Sprachen an erster Stelle den Himmel (blau) und den Bereich GrasWieseLandschaft (gruumln) und dies mit einer Frequenz die vertreten durch Werte zwischen 20 und 30 deutlich uumlber den Frequenzen liegt die in den ande-

37 Coseriu 19641978 120f 1976 34 Eine graduelle Opposition entspricht wie oben in Anm 5 erwaumlhnt einer Unterart des aristotelischen Entgegengesetzten mit gegebenem tertium38 Nach der oben erwaumlhnten aristotelischen Farbkonzeption oder dem analogen Vorschlag bei Weinrich 1967 2213 oder Coseriu 1976 43f waumlren die beiden Dreiecks-Moduln zu einem einzigen zu kombinieren - die extremen Farbwerte waumlren also schwarz und weiszlig Dem widerspricht einerseits nicht das Assoziationsverhalten der Probanden im englischen franzoumlsischen und deutschen Sprachbereich wo auf rot blau gelb gruumln sowie auf Farbe jeweils auch und zT mit betraumlchtlichen Nennungszahlen schwarz undoder weiszlig genannt werden (Bei gebildeten franzoumlsischen Sprechern liegt in einem dieser Faumllle freilich eine syntagmatische Assoziation vor gerade wegen ihrer Bildung assoziieren 18 an erster Stelle auf rouge das Wort noir) Andererseits entspricht das Assoziieren von schwarz undoder weiszlig auf Farbadjektive den Erkenntnissen die der geniale Edwin H Land (1977) uumlber die Physiologie des Farbsehens gewonnen hat

ren Faumlllen fuumlr Farbwerte eintreten ndash Auch zwischen Zahlen scheinen auf den ersten Blick dieselben aumlquipollenten Beziehungen zu bestehen wie etwa zwischen Farbadjekti-ven Bei naumlherem Zusehen zeigt sich jedoch dass als spezifische Relation zwischen Zah-len die Relation bdquogroumlszliger als gesehen wird (Ganz abstrakt lautet die Regel fuumlr das Zaumlhlen ja Ersetze die letzte Zahl n durch n+1) Entsprechend sind die Assoziationen auf Zahlwoumlrter immer gerichtet zB im Sinn des n + 1 auf zwei wird drei auf drei wird vier assoziiert auf jeden Fall immer eine houmlhere Zahl39

Ein weiterer Sonderfall sind Erfahrungsbereiche die nicht zu denjenigen einer Vielzahl von Sprechern gehoumlren Zum Loumlwen wird gemeinhin als kontiger Partner im Erfahrungsbereich exotische wilde Tiere der Tiger assoziiert Beim Adler fehlt fuumlr den normalen Sterblichen der Partner In solchen Faumlllen kann die Assoziation dann zur Spitze A eines potentiellen Moduls verlaufen (man koumlnnte auch sagen Auf dem Weg von B zu einem potentiellen C endet die Assoziation in Ermangelung eines C bei A das sonst die Zwischenstation gewesen waumlre) Die Konsequenz Die haumlufigste Assoziation auf Ad-ler ist Vogel (21) oiseau (16) und bird (55) Solche Assoziationen zum Klassennamen dh zur Spitze A des Moduls hin sind relativ selten Mit groumlszligerer Haumlufig-keit treten sie sozusagen als Vorstufe zu Similaritaumlt-Kontrast-Assoziationen bei sprach-lich weniger sozialisierten Probanden auf40 [p 27]

4 Schlussuumlberlegungen

laquoDie Aufstellung von Oppositionen ist im Wortschatz wesentlich komplizierter als im phonologischen System einer Sprache da die beteiligten Merkmale wesentlich zahlrei-cher sind als in der Phonologie Prinzipiell handelt es sich jedoch um die gleichen Oppositionstypenraquo (Coseriu 1973 65)

Ich habe eingangs gezeigt dass Zweierschemata haumlufig als Denkmodell verwendet wer-den dass die Sprache im Bereich der Bezeichnungen des Entgegengesetzten uumlber eine ganze Skala solcher Zweierschemata verfuumlgt weiterhin dass Wahrnehmen und Erfassen von etwas stets zugleich bedeutet uumlber die Information hinausgehen die gegeben wird und dass auch bei diesem laquouumlber die Information hinausgehenraquo wieder Zweierschemata wie die von Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz entscheidend sind Ich habe dann Ergebnisse der sprachlichen Assoziationsforschung einer ersten Analyse unterzogen und diese Analyse in einem weiteren Schritt dadurch vertieft dass ich sprachliche Assoziationen als den Reflex von Strategien aufgefasst habe die dazu dienen semantische Information zu erfassen und einzuordnen Zum Abschluss will ich in vier Schlussuumlberlegungen skizzieren worin der moumlgliche Ertrag einer staumlrkeren Einbeziehung der Assoziationsforschung und verwandter Gebiete liegen kann in einem (1) Einblick in das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems und seine (2) Transformation in Onto- und Pathogenese sowie in der Diachronie in einem (3) neuen Licht das auf Probleme der Wortfeldforschung geworfen wird und schlieszliglich auch in einer (4) angemesseneren Haltung gegenuumlber der Wissenschaftsgeschichte

39 Schuchardts oben zitierte Vermutung auf drei koumlnne (aus Gruumlnden der Lautaumlhnlichkeit) auch zwei assoziiert werden ist auch deshalb abwegig weil Ruumlckwaumlrtszaumlhlen eine sehr schwierige Aufgabe ist sie wird zB haumlufig verwendet um das Ausmaszlig von Aphasien zu bestimmen Dasselbe gilt fuumlr Tages- und Monatsnamen wo die spezifische gerichtete Relation bdquospaumlter als oder bdquonach lautet40 Vgl Rosenzweig 1970 102 105 zum relativ groszligen Anteil der Assoziationen zum Oberbegriff hin bei amerikanischen und franzoumlsischen Arbeitern Jenkins 1970 7 erwaumlhnt das Zuruumlckgehen der Oberbegriffs- und der Synonym-Assoziationen in der Geschichte amerikanischer Assoziationstests - Angesichts des vorliegenden Materials ist mir unklar worauf Clark (1970 279) die Ansicht stuumltzt laquoFast-Synonymeraquo wie house - home odour - smell seem - appear thing - object sowie Ober- und Unterbegriffe kaumlmen bei den Wortassoziationen oft vor

41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems

In unserem paradigmatischen Orientierungssystem scheint es zwei Bereiche zu geben die flieszligend ineinander uumlbergehen und miteinander kombiniert sein koumlnnen ei-nen Bereich mit Similaritaumlt-Kontrast- und einen Bereich mit Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-(Distanz-)Struktur Im einen Bereich wird Information aumlhnlich wie im Fall des bdquoGesetzes der Gleichfoumlrmigkeit (und des Kontrastes) vor dem Hintergrund der Similaritaumlt domi-nant eingeordnet im Hinblick auf das Entgegengesetzte im anderen im Hinblick auf den Nachbarn im selben Erfahrungsbereich ndash was dem gestaltpsychologischen bdquoGesetz der Naumlhe entsprechen wuumlrde

[p 28] Das erste System strukturiert durch seine Reduktion auf in der Regel zwei Alternativen (mit falls ein tertium zugelassen ist Zwischenmoumlglichkeiten) unsere Erfah-rung in auszligerordentlich starkem Maszlig Hier bestehen zugleich die groumlszligten auszligereinzel-sprachlichen Uumlbereinstimmungen ndash und zwar deswegen weil bestimmte Strukturie-rungs-Dimensionen ethologisch gesehen nichts anderes darstellen als Verbalisierungen jener Interpretation der Natur der Umwelt und ihrer Gesetzlichkeiten die unser Organismus im Lauf seiner entwicklungsgeschichtlichen Adaptation vorgenommen hat Orientierung im Raum in der Zeit Orientierung durch Houmlren Sehen Riechen Schme-cken Fuumlhlen und Tasten Eine Reihe solcher Strukturierungs-Dimensionen (die generell Coserius und Pottiers Klassemen Greimas Kontextsemen oder Luumldis Kongruenzsemen gleichen)41 sind sogar grammatikalisiert also zu grammatischen Ordnungsdimensionen geworden (wobei die Einzelsprachen das Angebot natuumlrlich in jeweils verschiedener Weise wahrnehmen) Es geht ua pythagoreisch ausgedruumlckt um die Unterscheidung zwischen dem Einen und dem Vielen um die zwischen maumlnnlich und weiblich (die im grammatischen Bereich freilich neutralisiert werden kann) zwischen tot und lebendig (wofuumlr die Grammatiker unbelebtbelebt vorziehen) zwischen menschlich und nicht-menschlich geben (bdquoAllativ bdquoDativ) und nehmen (bdquoAblativ) zwischen ich und du ja und nein (vierte Art des Entgegengesetzten im aristotelischen Sinn) hier und dort jetzt und nicht-jetzt42

Besonders augenfaumlllig sind solche Klasseme und ihre Reduktionsleistung in den sogenannten Klassifikator-Sprachen ndash dort hat jedes Nomen ein Element bei sich das das Bezeichnete einer bestimmten Klasse von Denotaten zuweist etwa zur Klasse Tier oder Mensch zur Klasse der horizontalen oder vertikalen Objekte ndash wobei was nicht unerwartet ist als generellstes und haumlufigstes Klassifikationskriterium die Opposition zwischen belebt und unbelebt verwendet wird (vgl Serzisko 1980)

Unser so vorstrukturiertes Wahrnehmen und Denken erkennt umgekehrt in der Umwelt wieder Prinzipien wie die eingangs genannten Gegensatzpaare des fruumlhgriechi-schen Denkens ndash wobei inzwischen klar sein duumlrfte dass es sich um alles andere als um bdquoarchaisches oder bdquoprimitives Denken handelt Bemerkenswert an den Wort-Assozia-tionen ist ja ua dass man sie nicht dadurch erhaumllt dass man im Sinn des dritten noogenetischen Prinzips von Spearman den Ausgangspunkt und die gewuumlnschte Rela-tion vorgibt um zu einem Ergebnis zu kommen es genuumlgt die Angabe des Ausgangspunkts Wahrnehmen Erkennen Verstehen bedeuten naumlmlich stets Einordnen Relationen herstellen ndash gleichguumlltig ob es um [p 29] die optische Wahrnehmung geht an der einige (vermutlich verwandte) Gestaltgesetze erlaumlutert wurden oder aber um das Einordnen sprachlicher Information So ist es ganz selbstverstaumlndlich dass die gege-

41 Vgl Coseriu 1972 52 LorenzWotjak 1977 235 mit Anm 10342 Vgl zur binaumlren Opposition als einer Extremform des grammatischen Paradigmas auch Weinrich 1967 1975

bene Information erst im Hinausgehen uumlber das Gegebene erfasst wird - ein Hinausge-hen das die Psychologen bekanntlich auch Denken nennen Im sprachlichen Erfassen ist so auch das Denken oder laquouumlber das Gegebene Hinausgehenraquo angelegt Das Denk-schema von These Antithese und Synthese spiegelt zB das Dreiecks-Modul des Similaritaumlt-Kontrast-Systems wider Mann und Frau sind in Mensch aufgehoben43

Waumlhrend im Bereich des Similaritaumlt-Kontrast-Systems nicht nur im Prinzip son-dern zT auch materiell gewisse auszligereinzelsprachliche Uumlbereinstimmungen vorhanden sind gibt es im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System natuumlrlich entsprechend dem Erfahrungs- und Lebensbereich kulturelle und soziale Unterschiede Entscheidend ist jedoch auch hier dass Einordnen nicht nur bedeutet in Relation Setzen zu diese Relationen sind ebenso wie die Kontrast-Relation im anderen System wiederum ganz spezifische ihrer-seits in aller Regel uumlberindividuelle Denk-Relationen TeilGanzes Kausalitaumlt Finalitaumlt Zeitrelation Invariant oder auszligereinzelsprachlich sind also die Relationen nicht notwendigerweise dagegen die Terme die durch solche Relationen verbunden sind

42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semanti-schen Orientierungssystems

Nach den vorgefuumlhrten Analysen gibt es drei Strategien zur Wahrnehmung und Einordnung semantischer Information eine dominant syntagmatische und die beiden eben erwaumlhnten paradigmatischen Dabei entspricht die syntagmatische Strategie dem was Hansjakob Seiler im Bereich der bdquosprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden mit Piaget zunaumlchst als Einordnen dann als Individualisierung bezeichnet hat insbeson-dere das paradigmatische Similaritaumlt-Kontrast-System entspricht dagegen dem Seiler-schen Klassifizieren bzw Generalisieren als der anderen polaren Instanz im Bereich der sprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden (Seiler 1981) Die Charakteristika aller drei Orientierungs- und [p 30] Einordnungssysteme sind in der folgenden Uumlbersicht nochmals zusammengestellt

I II IIISyntagmatisches Konti-guitaumlts-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontrast-System

Dominante Strategie Einordnen in ein groumlszlige-res Syntagma (dh in ein komplexeres Zei-chen)

Zuordnung eines Part-ners aus demselben Er-fahrungsbereich (uumlber spezifische Relationen)

Zuordnung eines Anto-nyms (uumlber die Gegen-satz-Relation)

Wortklasse in aller Regel verschie-den

in der Regel gleich gleich

Kontiguitaumlt vs Distanz ja ja

43 Es ist gewiss nicht erstaunlich dass wie Coseriu (1977a) gezeigt hat gerade Hegel in seiner Humboldt-Rezension als Vergleichsgrundlage fuumlr alle Sprachen die Unterscheidung von Gattungen und Arten bzw von laquoAllgemeinheiten und Bestimmtheitenraquo ansieht ndash mit anderen Worten also das DreiecksModul in sei-ner Similaritaumlt-Kontrast-Auspraumlgung ndash Die Bolle des Kontrasts (als drittes Moment neben Similaritaumlt und Kontiguitaumlt) hat aus der phaumlnomenologischen Tradition heraus sehr schoumln und einleuchtend Elmar Holen-stein dargestellt und gerade auch fuumlr die sprachliche Seite als grundlegend bezeichnet laquoDamit uumlberhaupt eine Auswahl (gemeint ist auf der paradigmatischen Achse der Selektion) getroffen werden kann muss sich etwas von etwas abhebenraquo (1976 86) Bruners going beyond the information given kann also zT auch im phaumlnomenologischen Sinn interpretiert werden

Similaritaumlt vs Kontrast ja ja

Fuumlr alle Woumlrter moumlg-lich

ja groszliger Bereich kleiner Bereich (bdquosemantische Struktur-woumlrterldquo)

Die spezifischen Relationen im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System entsprechen dabei in etwa Piagets laquoinfralogischenraquo Relationen oder Spearmans (1923 67-71) laquorealraquo relati-ons die Relationen des Similaritaumlt-Kontrast-Systems entsprechen dagegen Piagets laquologi-schenraquo und in etwa wohl Spearmans (71-74) laquoidealraquo relations Fuumlr die veschiedentlich erwaumlhnte nicht scharfe Trennung der Bereiche II und III duumlrften ua die Teil-Ganzes-Relationen verantwortlich sein die sowohl im laquologischenraquo (Inklusion) als auch im laquoinfralogischenraquo Bereich vorkommen Waumlhrend die Relationen des Similaritaumlt-Kontigui-taumlt-Systems dominant gerichtete Relationen sind ist die Gegensatz-Relation des Similaritaumlt-Kontrast-Systems grundsaumltzlich zweiseitig Abweichungen ergeben sich insbesondere durch Polysemie (vgl o S 12)

Ontogenetisch gesehen werden nun die paradigmatischen Systeme II und III uumlber das syntagmatische System I aufgebaut Dabei nimmt das System II wie aus seinen Merkmalen ersichtlich ist eine Mittelstellung zwischen den Systemen I und III ein - im Sinn der Konzeption Seilers stellt es also gewissermaszligen den bdquoWendepunkt zwischen den beiden Polen der Dimension sprachliche Erfassung von Gegenstaumlnden dar Auch der flieszligende Uumlbergang zwischen den drei Systemen erhellt aus dem Schema die Grenz-faumllle liegen interessanterweise nicht zwischen I und III sondern zwischen den Systemen III (zB Coserius laquolexikalische Solidaritaumltenraquo) und zwischen den Systemen IIIII Es ist somit plausibel dass [p 31] in der Ontogenese die Systeme in der Reihenfolge I-II-III aufgebaut werden Das System III nimmt dabei insofern eine Sonderstellung ein als es wie die letzte Zeile des Schemas nochmals ausweist direkt nur auf einen kleinen aber wichtigen Ausschnitt des Wortschatzes anwendbar ist

Was den Abbau der Sprache bei pathologischer (oder altersbedingter) Beeintraumlchtigung des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems betrifft so ist den vorliegenden Beobachtungen nach die Reihenfolge wohl umgekehrt Das System III wird vor dem System II beeintraumlchtigt Dies entspraumlche der Erkenntnis Jakobsons dass man zuerst verliert was man zuletzt erworben hat44 Was schlieszliglich diachronische Transformationen speziell den Bedeutungswandel betrifft so ist die Affinitaumlt zu Uumlberlegungen sehr wichtig die in Teilbereichen schon Wilhelm Wundt (o S 7) und dann vor allem Stephen Ullman angestellt hat Ullman resuumlmiert ja die Arbeit seines Lands-manns Zoltan Gombocz (Jelentestan Pecs [Fuumlnfkirchen] 1926) und den ihm zu Grunde liegenden Aufsatz von Leacuteonce Roudet (1921) mit folgenden Worten

laquoAn associative network of names clusters around each name some of these associations are rooted in similarity others in contiguityraquo (1967 79)

Dem entspricht dann seine Klassifizierung des Bedeutungswandels (1967 220ff) Uumlbertragung von signantia aufgrund von Similaritaumlt bzw Kontiguitaumlt zwischen den sig-nata bzw umgekehrt Uumlbertragung von signata aufgrund der SimilaritaumltKontiguitaumlt zwi-schen den signantia Zu praumlzisieren waumlre dass es sich nicht um Similaritaumlt oder Kontiguitaumlt handelt sondern um Transfer im Rahmen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- oder 44 Die Arbeit von Stachowiak uumlber die Semantische Struktur des subjektiven Lexikons (1979) bestaumltigt diese Hypothese was dort vorgefuumlhrt wird laumlsst sich mE alles in dem Sinn interpretieren dass bei aphasischem Abbau der Sprache vor allem das System III beeintraumlchtigt wird Nach dem was oben (S 18f) uumlber die Komplexitaumlt von Benennungs- und Assoziations-Aufgaben gesagt wurde unterstreicht dies im Grund auch die These Jakobsons dass es sich im wesentlichen um eine Stoumlrung handelt bei der die metasprachliche Punktion der Sprache beeintraumlchtigt ist

des Similaritaumlt-Kontrast-Systems die Rolle des Kontrasts ist wie schon Wundt sah in der Tat nicht unwichtig45 [p 32]43 Wortfeld-Probleme

Die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen werfen auch ein Licht auf manche Probleme der Wortfeldforschung Zunaumlchst erklaumlren sowohl die Wortassoziationen als auch die Sprechfehler das eher selten reflektierte Phaumlnomen dass die bisher vorgestellten Wortfelder alle aus Elementen derselben Wortart bestehen46 Weiterhin muumlsste man ge-maumlszlig den beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssystemen wohl auch zwischen zwei Grundarten von Wortfeldern unterscheiden zwischen solchen des Similaritaumlt-Kontrast-Typs und solchen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- [p 33] Systems (etwa Wortfeld desWohnens der Werkzeuge der Landschaft)47 In der Form wie sie durch die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen nahegelegt werden vermitteln dabei die Wortfel-

45 Was die Unterscheidung der beiden paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssysteme angeht so fuumlhle ich mich nicht nur in der guten Gesellschaft Ullmans sondern auch in der einer Reihe von Psychologen Sprachpsychologen und Aphasieforschern Jean Piaget und Baumlrbel Inhelder unterscheiden bei der Ordnungsleistung von Kindern zwischen dem Ordnen nach dem Prinzip der Aumlhnlichkeit und nach demjenigen der Konvenienz und etwa analog dazu zwischen den schon erwaumlhnten laquologischenraquo Relatio -nen (Klassifizierung) und den laquoinfralogischenraquo (PiagetInhelder 19731 38ff) Elisabeth Wiig und Diana Globus haben 1971 in einem kontrollierten Assoziationsversuch mit 7 Aphasikern und 7 gesunden Kon -trollpersonen explizit mit Piagets logischen und infralogischen Relationen gearbeitet Das Ergebnis kann nicht nur dahingehend interpretiert werden dass es entsprechend zu diesen Relationen zwei verschie -dene Orientierungs- und Einordnungssysteme gibt sondern auch dahingehend dass das klassifikatorische System (Similaritaumlt-Kontrast-System) sowohl bei Gesunden als auch bei Aphasikern im Verfahren der kontrollierten Assoziation (gegeben ist ein Ausgangsbegriff und die Relation gesucht wird ein Zielwort) nur dann gute Ergebnisse erbringt wenn die Merkmalunterschiede gering sind - und am geringsten sind sie natuumlrlich bei binaumlren Oppositionen also etwa bei Antonymie Sobald die Merkmalsunterschiede groumlszliger werden etwa beim Ausgangsbegriff Kind und dem gesuchten Begriff Eltern sind die Suchergebnisse bei Aphasikern und Gesunden gleichermaszligen schlecht Dagegen funktioniert das infralogische System sowohl bei hoher als auch bei geringer Kontiguitaumlt der Begriffe bei den unter-suchten Aphasikern und den gesunden Kontrollpersonen recht gut (laquoWas ist der Zweck von Heizung - Ergebnis Waumlrme oaraquo) ndash Was die beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssysteme an-langt stehe ich auch weitgehend in Einklang mit James Deese Deese zieht nach einer essentiell faktoranalytischen Untersuchung von Assoziationsverhalten ua folgende Konsequenz (1965 164) laquoThe data on associative distribution suggest that the two fundamental operations we have for sorting out meaningful ndashthat is logical and syntactical relations among wordsndash are contrast and groupingraquo Deese sieht freilich ua nicht die Einordnung in ein Syntagma als dritte Strategie und anhand einer sprachpsychologischen Darstellung des Assoziationsverhaltens wie sie etwa von Houmlrmann (1967 115-156) gegeben wird vermisst man generell den Ansatz Assoziationen als Reflex von Strategien zum Erfas-sen von Bedeutung anzusehen so erscheinen dann viele Beobachtungen die anhand des obigen Schemas sinnvoll integriert werden koumlnnen eher als membra disiecta ndash Ich nenne schlieszliglich noch die Arbeit von Huber et al 1975 und die schon erwaumlhnte Dissertation von Stachowiak (1979) In der Arbeit von 1975 wird ndashbei einer Beschreibung jenes Aphasie-Typs der nach Carl Wernicke benannt istndash unterschieden zwischen zwei Orientierungsprinzipien im Lexikon einem laquosemantisch-klassifikatorischenraquo und einem laquosituativ-referentiellenraquo (1975 88 vgl Stachowiak 1979 58f) Ich bin freilich nicht einverstanden mit der These Stachowiaks es handle sich dabei einerseits um einen laquoinnersprachlichenraquo andererseits um ei-nen laquoenzyklopaumldischenraquo Bereich Wesentlich ist was nochmals betont sein soll fuumlr beide Bereiche als invariantes Prinzip dasjenige der Relation dabei sind die Relationen im einen Fall gewiss klassifikatorisch im anderen laquoinfralogischraquo beide Arten von Relationen sind jedoch gleichermaszligen uumlberindividuell und sie werden gleichermaszligen erlernt46 Geckeler sieht (1971 218) die Wortart-Gleichheit als die gewissermaszligen selbstverstaumlndliche Folge ei -ner paradigmatischen Perspektive an (was einer engen Konzeption von Paradigma entspricht) vgl u S 3547 Wenn ich recht sehe korrespondieren die beiden Grundarten mit einer Unterscheidung die Coseriu (1976 47f) innerhalb eines seiner fuumlnf Kriterien zur Klassifizierung von Wortfeldern macht naumlmlich der Unterscheidung zwischen laquorelationellenraquo und laquosubstantivenraquo Oppositionen bzw Feldern Im Rahmen der hier vorgetragenen Konzeption wird diese Unterscheidung zu einer zentralen Groumlszlige

der des Similaritaumlt-Kontrast-Typs gewissermaszligen zwischen zwei extremen Konzeptio-nen von Wortfeld zwischen der von Andre Jolles und der von Jost Trier Jolles (der des-halb von Trier und anderen gescholten wurde) wollte nur Minimalformen mit jeweils zwei (antonymen) Gliedern als laquoBedeutungsfelderraquo gelten lassen Felder die in dieser Form natuumlrlich fest umgrenzt waumlren (Jolles 1934) Fuumlr Trier galt dagegen das Prinzip der Wert jedes Worts ergebe sich aus dem Feldwert also aus der Position in einem semantischen Feld Das Wort bedeute laquonur in diesem Ganzen und kraft dieses Ganzenraquo Die vermittelnde Position ist die in einem zentralen Antonymenpaar den festen Kern zu sehen um den sich ein ganzes Feld verwandter Termini schart wobei im Normalfall die Grenze des Feldes verschwimmt Das Feld waumlre also nur von seinem zentralen Kern aus als solches zu greifen Geckelers Doppel-Wortfeld zwischen altrsquo und seinen beiden Antonymen jung und neursquo scheint mir de facto im Sinn einer solchen Konzeption interpretierbar zu sein

Die Wortfelder des Similaritaumlt-Kontrast-Typs lassen sich nun wie schon er-waumlhnt in einleuchtender Weise mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Spaumltestens bei dem Versuch Wortfelder des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs merkmalsemantisch zu rekonstruieren treten jedoch betraumlchtliche Schwierigkeiten auf Ein Verfahren auch solche Bereiche bdquodurchsichtig zu machen besteht nun darin dass man an die Spitze eines Feldes neben den eventuell vorhandenen Oberbegriff noch eine der spezifischen Auspraumlgungen der Kontiguitaumlts-Relation stellt (wodurch dann das was die Basiskante BC des Moduls von S 21 ausmacht als Seitenkante bzw Suchbegriff verwendet wird) Pottiers Wortfeld der Sitzmoumlbel im Franzoumlsischen hat als konstituierende Merkmale ne-ben dem Oberbegriff Artefakt eine solche spezifische Auspraumlgung naumlmlich das finale zum Sitzen Die Similaritaumlt die durch diese beiden Merkmale geschaffen wird stellt einerseits das Auswahlkriterium dar nach dem das Feld begrenzt andererseits den Hintergrund an Similaritaumlt vor dem es analysiert werden kann Ein Bereich wie Werk-zeug laumlsst sich um ein weiteres Beispiel zu geben nur schwer merkmalsemantisch beschreiben weil man Begriffe wie Stechbeitel Loumltkolben Nietzange und Maumlhdre-scher zu beruumlcksichtigen haumltte Fuumlgt man jedoch zu Werkzeug die finale Relation zum Bearbeiten von (beispielsweise von Holz) so entsteht ein uumlberschaubares und strukturierbares Feld [p 34]

Dabei zeigt sich nicht nur dass solche Wortfelder in gewissem Maszlig beliebig (re)konstruierbar sind - man kann etwa Katze mit gleichem Recht einmal zu den Haus-tieren ein andermal zu den fleischfressenden Saumlugetieren rechnen Es zeigt sich gleichzeitig dass eine solche Rekonstruktion genau nach dem dritten noogenetischen Prinzip von Spearman verlaumluft Zu einem Ausgangsbegriff (Werkzeug) und einer Rela-tion (zum Bearbeiten von Holz) werden Entsprechungen gesucht und gebildet Unter dem Blickwinkel dieses noogenetischen Prinzips sind Wortfelder nun nicht nur beschreibbar als Ergebnisse eines Verfahrens der kontrollierten Assoziation die beiden angedeuteten Grundtypen von Wortfeldern beruhen dann sogar beide auf demselben Grundprinzip Gegeben ist der Ausgangsbegriff und eine Relation ndash eine Relation die im Fall des Similaritaumlt-Kontrast-Typs die Gegensatzrelation ist im Fall des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs eine finale kausale temporale lokale TeilGanzes-Relation etc Dass solche Konstruktionen oder Rekonstruktionen48 also die Wortfelder der Linguisten keinesfalls - um mit Gauger (zB 1976) zu sprechen - laquobewusstseinsfremdraquo sind zeigt gerade das Verfahren der freien Assoziation dessen Interpretation Ausgangspunkt die-ser Uumlberlegungen war

Dies hat auch Auswirkungen auf das von Saussure aufgeworfene Negativitaumltsproblem Gewiss bedeutet Vater nicht nur Nicht-Mutter sondern auch

48 Von der Konstruktion von Wortfeldern spricht auch Coseriu (zB 1970 113)

Nicht-Sohn Nicht-Barock Nicht-Jahrhundert Bei einer solchen Betrachtung wird je-doch eine bestimmte Art des Gegensatzes die parmenideische Relation des bdquoIst nicht verabsolutiert Sie spielt gewiss eine wichtige Rolle in der Sprache sowohl in der Semantik als auch im Bereich der geschlossenen grammatischen Paradigmen Man sollte jedoch (trotz des Umstands dass die Kontrast-Relation und mit ihr die Relation des oppositiven bdquoIst nicht gerne als laquologischraquo die Relationen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Systems dagegen als laquoinfralogischraquo bezeichnet werden) nicht vergessen dass beide Ar-ten von Relationen unabdingbare Konstanten unseres Wahrnehmens Erfassens und Denkens darstellen und dass eine Semantik die nicht bewusstseinsfremd sein will dementsprechend nicht nur die im Motto auf S 27 angegebenen Oppositionen sondern die ganze Skala moumlglicher Relationen mit in ihr Beschreibungsinstrumentarium aufneh-men muss

44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte

Eugenio Coseriu hat 1977 in seiner Antrittsrede an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften als eines der vier Prinzipien seines Schaffens das Stichwort Tradition und Neuerung genannt Es heiszligt dort laquodass die Geschichte unserer Wissenschaften wie uumlberhaupt die Kultur- [p 35] geschichte Fortsetzung von Traditionen und Erneuerung innerhalb von Traditionen istraquo Man sage eigentlich Neues nur wenn man an Traditionen anknuumlpfe und Traditionen fortsetze (1977 109 vgl 1979 5) Ich habe im vorliegenden Beitrag versucht in mehrfacher Weise an solche Traditionen anzuknuumlpfen ua an diejenige der Assoziationsforschung der Jahrhundertwende Dass hier uumlberhaupt von einem (Wieder-)laquoAnknuumlpfenraquo gesprochen werden muss hat seine Gruumlnde

Der Begriff Assoziation war noch Saussure so gelaumlufig dass er ihn in dem Sinn verwendete in dem heute Paradigma und paradigmatisch gebraucht werden (Saus-sure spricht nicht von paradigmatischen sondern von assoziativen Relationen) Henri Frei oder Charles Bally setzten in dieser Hinsicht nicht nur die Tradition des Meisters fort Bally kannte wie ua einschlaumlgige Stellen aus dem Traiteacute de stylistique franccedilaise von 1909 zeigen offensichtlich auch die Arbeit von Thumb und Marbe sowie den dort angesprochenen Bereich des Assoziierens insbesondere zum Gegenteil hin Seither hat jedoch in der Sprachwissenschaft ein grundlegender Paradigmawechsel stattgefunden Eine im Uumlbermaszlig psychologisierende Stroumlmung wurde wie uumlblich durch das Gegenteil abgeloumlst und seither scheinen die Sprachwissenschaftler den Begriff Assoziation als et-was eher Anruumlchiges zu meiden und allenfalls mit ganz spitzen Fingern anzufassen laquoCest pour eacuteviter le psychologisme adopteacute dans le Cours de F de Saussure que je substi-tue le terme rapport paradigmatique agrave celui de rapport associatifraquo schreibt Louis Hjelmslev der den terminologischen Wandel vollzogen hat in einer Fuszlignote des Vor-trags den er 1936 auf dem Linguisten-Kongress in Kopenhagen gehalten hat (1938140) Interessanterweise ist auch der Anti-Psychologismus wie Gauger zeigen konnte (1976 73-87) bei Saussure schon mit angelegt

Freilich motiviert sowohl die weitere Geschichte der Assoziationsforschung als auch die Auffassung der Sprechfehler diese spitzen Finger in betraumlchtlichem Maszlig beide Phaumlnomene wurden in den Bereich der Abnormalitaumlt und des Pathologischen geruumlckt Was das Versprechen angeht so ist die Ursache kein anderer als Sigmund Freud er griff aus den Sprechfehlern die Meringer und Mayer vorgefuumlhrt hatten vor allem die Gruppe des Versprechens zum Gegenteil hin heraus und interpretierte sie in dem bekannten Sinn Das Versprechen zum Gegenteil hin lege die geheimen Gedanken des Sprechers bloszlig Dies ist ganz ohne Zweifel eine Uumlberinterpretation die in manchen Faumlllen zutreffen

mag fuumlr den Durchschnittsfall jedoch keinerlei Allgemeinguumlltigkeit beanspruchen kann49 Wie nachhal- [p 36] tig die Interpretation Freuds ndashin diesem Fall leiderndash ge-wirkt hat zeigt die Verbindlichkeit jener Bezeichnung mit der man Sprechfehler heute erfasst bdquo(Freudsche) Fehlleistungen Ein in gleichem Maszlig bdquopathologischer Geruch begleitet spaumltestens seit 1910 die Versuche mit Wortassoziationen Carl Gustav Jung machte Versuche mit Assoziationen Kent und Rosanoff hatten die Absicht mit ihrer Liste von 100 Ausgangswoumlrtern und dem Durchschnitt der Assoziationen von 1000 Probanden eine Norm aufzustellen von der sich abnormale Assoziationen abheben soll-ten Die Untersuchung erschien nicht nur in der Zeitschrift American Journal of Insanity sie hieszlig auch noch A Study of Association in Insanity I Association in Normal Subjects Alle seitherigen einschlaumlgigen Assoziations-Listen werden von den Psychologen entspre-chend mit dem Etikett Norm versehen (laquoRussellJenkins-Normraquo laquoPalermoJenkins-Normraquo etc)

Die Haltung spaumlterer Sprachwissenschaftler ist also auch damit zu erklaumlren dass das Assoziieren und die Sprechfehler durch Pathologisierung ihrer ehemaligen (und angemesseneren) Unschuld verlustig gegangen waren Freilich gibt es seit einiger Zeit wieder ein neues und zunehmendes Interesse an Fragestellungen des Sich-Versprechens Assoziierens und der (wirklich zum Bereich des Pathologischen gehoumlrenden) Aphasie-Forschung50 Dass dabei in der Regel die eigentliche Tradition ausgespart wird ist weniger erfreulich Denn es geht nicht nur um eine sehr alte Tradition des Denkens es geht mit der Omnipraumlsenz bestimmter Relationen eigentlich um grundlegende Charakteristika des Sprechens und Denkens selbst

Freiburg Wolfgang Raible

[p 37] Literaturverzeichnis

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49 Vgl hier die analoge Einstufung der Freudschen Konzeption sprachlicher Fehlleistungen bei Kainz 1956 38 - Die Auseinandersetzung zwischen Freud und Meringer war zT sehr heftig Auf einer houmlheren Stufe der Eskalation zieh Meringer Freud beispielsweise der laquoStuumlmperraquo-Haftigkeit auf dem Gebiet des Beobach-tens laquoEr sieht und houmlrt naumlmlich nur das was sich eventuell zur Begruumlndung seiner phantastischen Theorien missbrauchen laumlsst Die unendlich vielen Faumllle die sich dagegen mit Haumlnden und Fuumlszligen straumlu-ben sieht er nicht (1912 55)50 Ich nenne drei Indizien fuumlr die Wiederbelebung der Tradition bzw das verstaumlrkte Interesse an den betreffenden Zusammenhaumlngen Erstens wird die Arbeit von Meringer und Mayer in einem 1973 von Victoria A Fromkin herausgegebenen Sammelband in den beiden Beitraumlgen der Herausgeberin wenigs-tens gelegentlich wenn auch zT falsch zitiert Die Arbeit von Thumb und Marbe wurde 1978 sogar neu ediert Zweitens gibt es insbesondere in den Vereinigten Staaten eine Reihe von Arbeiten zu linguistischen Aspekten der Assoziationsforschung (die wichtigste ist wohl die allerdings weitgehend psychologisch und psychometrisch orientierte von Deese 1965) die zB in den Versuch einer Synthese eingegangen sind den Herbert H Clark 1970 veroumlffentlicht hat (Die Arbeit von Clark ist freilich noch ein wenig zu stark dem Grammatikmodell der Transformationsgrammatik verhaftet) Noumlth (1975) hat den Ansatz von Clark zT weitergefuumlhrt sich zT jedoch auch in kasuistischen Uumlberlegungen gefangen Drittens ist das Wiedererwa-chen des linguistischen Interesses an der Aphasie-Forschung zu vermerken (es war zB schon bei Meringer und Mayer vorhanden) Fuumlr dieses ndashallerdings in Schuumlben auftretendendash Interesse ist nicht zuletzt auch Roman Jakobson verantwortlich

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  • Von der Allgegenwart des Gegensinns
  • (und einiger anderer Relationen)
  • Strategien zur Einordnung semantischer Information
  • Wolfgang Raible (Universitaumlt Freiburg)
  • Eugenio Coseriu zum 2771981
  • 21 Gesetzmaumlszligigkeiten des Assoziierens
  • 211 Argumentum quantitatis
  • 212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt
  • 22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens
  • 311 Syntagmatisches Assoziieren
  • 312 Paradigmatisches Assoziieren
  • 3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System
  • 3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System
  • 32 Sonderfaumllle
  • 41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems
  • 42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semantishyschen Orientierungssystems
  • ja
  • Fuumlr alle Woumlrter moumlgshylich
  • 44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte
  • Freiburg Wolfgang Raible
  • Abel C Uumlber den Gegensinn der Urworte Leipzig 1884
  • Bally C Preacutecis de stylistique Genegraveve 1905
  • Bally C Traiteacute de stylistique franccedilaise Genegraveve 1909
  • Coseriu E Einfuumlhrung in die strukturelle Betrachtung des Wortschatzes Tuumlbingen 1970
  • Coseriu E Probleme der strukturellen Semantik Tuumlbingen 1973
  • Coseriu E Zu Hegels Semantik in Kwartalnik neofilologiczny 24 (1977) 183-193
  • Deese J The Structure of Association in Language and Thought Baltimore 1965
  • Duumlring I Aristoteles Darstellung und Interpretation seines Denkens Heidelberg 1966
  • Esper EA Analogy and Association in Linguistics and Psychology Athens 1973
  • Frei H La grammaire des fautes Genegraveve 1929
  • Fromkin V A (Hg) Speech Errors As Linguistic Evidence The HagueParis 1973
  • Gauger H-M Wort und Sprache Sprachwissenschaftliche Grundfragen Tuumlbingen 1970
  • Gauger H-M Sprachbewusstsein und Sprachwissenschaft Muumlnchen 1976
  • Geckeler H (Hg) Strukturelle Bedeutungslehre Darmstadt 1978
  • Happ H Hyle Studien zum aristotelischen Materie-Begriff BerlinNew York 1971
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  • Luria AR Basic Problems of Neurolinguistics The HagueParis 1976
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  • Martin B Logique et meacutecanisme de lantonymie in TraLiLi 11 1 (1973) 37-51
  • NoumlthW Wortassoziationen als linguistisches Problem in Orbis 24 (1975) 5-37
  • Pilch H A Linguistic View of Aphasia in Language Sciences 20 (1972) 6-12
  • Postman LKeppel G (Hg) Norms of Word Association New YorkLondon 1970
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Page 16: latina.phil2.uni-freiburg.delatina.phil2.uni-freiburg.de/.../Files/Gegensinn_neu.docx  · Web viewZeitschrift für romanische Philologie Bd. 97, Heft 1/2, S. 1-40. Die Seitenangabe

oder mit Meringer und Mayer so ablaufen dass laquoder Waumlchterraquo also das Bewusstsein des Sprechers dessen bestenfalls hinterher richtig gewahr wird Mutatis mutandis gilt die Uumlberlegung schlieszliglich auch fuumlr den Bereich der Sprachstoumlrungen laquoPathologia illustrat physiologiamraquo das Anomale lehrt uns wie das Normale funktioniert ndash so lautet ein alter Grundsatz der medizinischen Forschung Wie betraumlchtlich der Unterschied zwischen den voll bewussten mehr Zeit in Anspruch nehmenden Suchprozessen und den halbbewussten Assoziationen ist zeigen solche Aphasien in denen der Patient ein Wort bei bewusstem Suchen nicht findet oder ein Wort das ihm vorgesprochen wird nicht wiederholen kann waumlhrend er im Bereich des offenbar funktionierenden Assoziierens das betreffende Wort findet bzw sagen kann29

[p 18] Wenn ich nach der obigen Skizzierung quantitativer und qualitativer Verhaumlltnisse im Bereich von Wortassoziationen nun versuche die bisherige Untersuchung im eigentlichen Sinn zu interpretieren so lasse ich mich von der folgenden Grunduumlberlegung leiten Da Assoziationen mit Wortmaterial im Idealfall in einem halbbewussten Bereich spontanen Reagierens ablaufen koumlnnte man meinen es handle sich um ganz einfache primaumlre Prozesse sprachlicher Aktivitaumlt Komplex und sekundaumlr waumlre dagegen die Aumluszligerung von Saumltzen und Texten Nun hat freilich einer der groszligen Aphasieforscher Kurt Goldstein gezeigt dass es sich eigentlich genau umgekehrt verhaumllt Primaumlr am Sprechen ist die Mitteilungsabsicht dh das Kommunizieren mit Hilfe groumlszligerer syntagmatischer Einheiten im Rahmen von Kommunikationssituationen Das scheinbar so einfache Assoziieren von Woumlrtern oder das Benennen von Gegenstaumlnden sind dagegen recht schwierige und komplexe Aufgaben Wie Roman Jakobson gezeigt hat ist zB das Benennen eines Gegenstandes ein metasprachlicher Akt30 Ein solcher Akt setzt die Existenz und das isolierte Funktionieren eines praumlzisen Orientierungs- und Einordnungssystems voraus Bei Assoziations-Tests muss ein gehoumlrtes Wort ohne jede Situations- oder Kontexthilfe analysiert erkannt und eingeordnet werden

Ich habe nun eingangs mit Hilfe einiger einfacher Beispiele aus dem Bereich der Gestaltpsychologie gezeigt dass eine solche Erkenntnis immer erst dadurch zustande kommt dass man uumlber das Gegebene hinausgeht going beyond the Information given Dementsprechend besteht mein Interpretations-Ansatz jetzt darin dass ich die von einem vorgegebenen Ausgangswort ausgehende Assoziation als den Reflex einer Strategie interpretiere einer Strategie die dazu dient die Bedeutung von Woumlrtern im Hinausgehen uumlber das gegebene Wort zB durch die Einordnung in das semantische Orientierungs-System zu erfassen

31 Zwei Grundtypen des Assoziierens

Hier gibt es nun nicht eine einzige es gibt wenn ich recht sehe zwei Grundstrategien zur Erfassung von Bedeutung Vergegenwaumlrtigt man sich den primaumlren auf Mitteilung ausgerichteten Aspekt des situativen Sprechens in Saumltzen und Texten und den subsidiaumlren - wenn auch unverzichtbaren - Charakter desjenigen Bereichs in den auch das Assoziieren von Woumlrtern faumlllt so versteht man sofort die eine von zwei grundlegend verschiedenen Strategien dh Arten der sprachlichen Reaktion auf

29 Kurt Goldstein der von solchen Faumlllen berichtet erwaumlhnt im selben Zusammenhang das Phaumlnomen laquodass die falschen Woumlrter oft mit weniger Paraphasie (gemeint ist hier Paraphasie als lautliche Abwei-chung) geaumluszligert werden als die richtigenraquo (1948 101 vgl 239) Dies duumlrften diejenigen Faumllle sein in de -nen der Sprechprozess gewissermaszligen bdquovon oben her dh von der bewussten intentional vom laquoWaumlch-terraquo gesteuerten Seite her gestoumlrt ist30 Jakobson 1974 125ff vgl generell Goldstein 1948 zum Bereich der Kategorisierung

Wortmaterial Kinder erwerben Sprache sei sie nun kommunikativ oder das eigene Handeln begleitend in Situationen und damit dominant in syntagmatischer Realisierung Uumlber die nach und nach verstandene [p 19] fremde und die nach und nach sich entwickelnde eigene syntagmatische Realisierung von Sprache baut sich dann jenes semantische Orientierungs- und Einordnungssystem auf innerhalb dessen Rahmen die andere dominant paradigmatische Strategie anzusiedeln ist Wie Hans-Martin Gauger ausgefuumlhrt hat handelt es sich bei dem Aufbau dieses Systems um einen Prozess zunehmender bdquoVerdichtung (1970 65-69)

311 Syntagmatisches Assoziieren

Da sprachliche Elemente wie die Woumlrter fuumlr Kinder zunaumlchst einmal Woumlrter im syntagmatischen Kontext sind ist es nicht verwunderlich dass - wie seit Anfang des Jahrhunderts beobachtet wurde - Kinder vorwiegend syntagmatische Assoziationen haben Sie nennen also vorwiegend Woumlrter mit denen die Ausgangswoumlrter zusammen vorkommen dh die Assoziationen verlaufen im Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt Typisch sind derartige Assoziationen auch fuumlr solche Personen deren sprachliche Sozialisierung nicht durch den bewussten Umgang mit der eigenen und mit fremden Sprachen waumlhrend zwoumllf bis dreizehn Schuljahren perfektioniert wurde also etwa fuumlr Volksschul-Absolventen Schuchardts Einwand Thumb und Marbe haumltten die Bedeutung der syntagmatischen KontiguitaumltDistanz fuumlr das Assoziieren nicht gebuumlhrend beruumlcksichtigt hat also von der Ontogenese her gesehen seine Berechtigung31 Waumlhrend syntagmatische Assoziationen bei bdquogebildeten Erwachsenen also relativ selten sind sind sie bei Kindern und anderen sprachlich weniger Sozialisierten recht haumlufig Typische (und in allen nachfolgenden Faumlllen von den Assoziationen der 288 franzoumlsischen Studenten abweichende) Beispiele sind aus den jeweils erstrangigen Nennungen von 115 franzoumlsischen Bauarbeitern fenecirctre - ouverte (31) blanc - neige (27) aigre - vinaigre (26) rouge - sang (25) santeacute - bonne (23) table ronde (23) faim - (de) loup (23) citoyen - franccedilais (22) lune - (de) miel (20) tabac - blond (17) musique - douce (17 - zusammen mit classique leacute-gegravere agreacuteable harmonieuse 31) lent - tortue (15) meacutemoire - courte (14) joie - (de) vivre (14) papillon - vole (10) etc Charakteristisch ist hier wiederum dass solche dominant von der syntagmatischen Kontiguitaumlt bestimmten (und in der Regel nicht wortartgleichen) Assoziationen nur selten jene stark buumlndelnde Wirkung haben die fuumlr Assoziationen zum Gegensinn hin charakteristisch ist [p 20]

312 Paradigmatisches Assoziieren

Die andere (trotz mancher Grenzfaumllle von der syntagmatisehen zu unterscheidende) grundlegende Strategie zum Erfassen von Bedeutung spiegelt sich im dominant paradigmatischen Assoziieren also in jenen Assoziationen die im Bereich des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems verlaufen Eingangsvoraussetzung fuumlr beide Arten des Assoziierens ist die vorgaumlngige phonologische Analyse mit der Zuordnung eines Lautbildes und der (natuumlrlich

31 Das assoziative Verhalten der Kinder und Jugendlichen hat sich allerdings seit dem Beginn des Jahrhun-derts in betraumlchtlichem Maszlig demjenigen der Erwachsenen angenaumlhert Die Ursache ist zweifellos in einer fruumlheren und ausgepraumlgteren sprachlichen Sozialisierung zu sehen Vgl dazu auch Esper 1973 105 Pa-lermoJenkins 1965 oder Jenkins 1970 7

vorlaumlufigen32) Zuordnung einer Wortart Beim dominant syntagmatischen Assoziieren besteht die Strategie fuumlr die Zuordnung einer Bedeutung zu dieser Einheit aus Wortart und Lautschema vor allem im Assoziieren eines syntagmatischen Gebrauchskontextes also in der Einordnung in ein komplexeres Zeichen mit dem sich daraus ergebenden bdquomonosemierenden Effekt lune - lune de miel blanc (comme la) neige citoyen - (un) citoyen franccedilais table - (la) table (est) ronde etc Bei der paradigmatischen Art des Assoziierens besteht die Strategie zur Erfassung von Bedeutung dagegen darin dass das Ausgangswort in Relation zu einem anderen gleichrangigen Zeichen gesetzt wird Die Strategie ist also abstrakter ja geradezu metasprachlich ndash eine Analyse die schoumln Goldsteins These von der Komplexitaumlt scheinbar ganz einfacher Aufgaben bestaumltigt

Was nun das spezifisch paradigmatische Orientierungs- und Einordnungssystem betrifft so scheinen mir hier bei angemessener Interpretation der Verhaumlltnisse zwei Untersysteme vorzuliegen Untersysteme die nicht scharf voneinander getrennt sind Im einen dieser Systeme vollzieht sich der Zugriff uumlber die Dimension Similaritaumlt - Kontrast im anderen System ist wie noch erlaumlutert wird die Information (vor dem Hintergrund der Similaritaumlt) verfuumlgbar uumlber die semantische Kontiguitaumlt in Opposition zur Distanz Beide Systeme arbeiten jedoch mit einem gemeinsamen Grundprinzip das man als bdquoModul in Form eines Dreiecks (mit einer Reihe von Varianten) konzipieren kann Einer Informationseinheit A sind mindestens zwei andere Einheiten B und C in folgender Weise zugeordnet33 [p 21]

Dabei sind die Beziehungen zwischen AB und AC solche der Similaritaumlt ndash eine Similaritaumlt der die oben auf S 11 f genannten Prioritaumltsebenen 1 (gleiche Wortart) und 2 (gleicher semantischer Bereich) entsprechen Die Beziehung zwischen B und C ist je nachdem eine Beziehung des Kontrasts (dem entspricht die oben genannte Prioritaumltsebene 3) oder der semantischen Kontiguitaumlt (der die Prioritaumltsebene 4 entspricht) Die Varianten ergeben sich hauptsaumlchlich aus der Zahl der Elemente auf der Achse BC zum Teil auch daraus dass die Position von A einzelsprachlich nicht besetzt oder aber wie im Fall von A = homme B = homme G = femme mit einem der dann merkmallosen Elemente B oder

32 Analyse-Ergebnisse sind auf dem Weg von den kleineren zu den groumlszligeren Einheiten insofern vorlaumlufig als die Analyse der kleineren Einheit im Rahmen der Analyse der Uumlbergreifenderen Einheit stets korrigiert werden kann (Der entsprechende Ruumlckkopplungs-Effekt hat seine physiologische Basis in dem Faktum dass die Zellen der kortikalen Lamina VI [die etwa 2 mm dicke Groszlighirnrinde hat sechs physiologisch und funktionell differenzierbare Schichten] vorwiegend Ruumlckkopplungs-Funktion haben) Der Ruumlckkopplungs-Effekt ist der Grund dafuumlr dass manche bdquoDefekte bei Aphasikern erst dann entdeckt werden wenn man sie kleinere Einheiten ohne Kontext nachsprechen laumlsst33 Der Gedanke der modularen Struktur ist inspiriert durch Erkenntnisse der Neuroanatomen Sie haben in der letzten Dekade zunehmend die These vertreten die komplexe Struktur unseres Nervensystems - ein-schlieszliglich des Groszlighirns - basiere auf relativ ein-fachen genetischen Programmen Korrelat dieser Pro-gramme sind laquomodulareraquo laquorepetitiveraquo oder laquoperiodischeraquo Strukturen etwa im Bereich des Ruumlckenmarks oder der Groszlighirnrinde Vgl beispielsweise Szentaacutegothai 1978

C identisch ist (Ist ein spezieller Begriff fuumlr A vorhanden oder ist A identisch mit B oder C so liegt ein Fall von Gegensinn in jener Verwendungsweise vor wie man sie sinnvollerweise Abel unterstellen muss ndash Abels Beispiele sind von Benveniste (1956) zerpfluumlckt worden Ein aumlhnliches Vorkommen solchen Gegensinns gilt fuumlr Fragen des Typs bdquoWie alt (und nicht wie jung) wie groszlig wie lang wie schoumln ist das und dasldquo also fuumlr Faumllle die zB Elmar Holenstein treffend analysiert hat (1976 69f))

Im Fall der Similaritaumlt-Kontrast-Interpretation des Dreiecks ist eine merkmalsemantische Interpretation plausibel B und C enthalten alle Merkmale von A (A ist der Oberbegriff) sie enthalten jedoch noch zusaumltzliche Merkmale und zwar dergestalt dass diejenigen von B und C nicht voumlllig identisch sind sondern in der Regel in einem Merkmal kontrastieren34 [p 22]

3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System

Zunaumlchst zu dem paradigmatischen System in dem fuumlr das Hinausgehen uumlber die gegebene Information die Kontrast-Relation ausschlaggebend ist Es geht also um den Bereich des Entgegengesetzten ndash Otto Gsell hat in seiner Arbeit uumlber die Gegensatzrelationen im Wortschatz romanischer Sprachen eine sehr wesentliche Beobachtung gemacht und so fruumlhere analoge Beobachtungen in entscheidendem Maszlige praumlzisiert Unser Wortschatz ist keinesfalls so beschaffen dass alle Woumlrter ihr Antonym haumltten Ganz im Gegenteil der Wortschatz der bdquoantonymfaumlhig ist macht nur einen relativ geringen Teil des Gesamtwortschatzes aus ndash aber er konzentriert sich auf bestimmte inhaltliche Bereiche des Lexikons Nimmt man wie Gsell als Maszligstab das Begriffssystem von Rudolf Hallig und Walther v Wartburg (19521963) so ergeben sich drei Schwerpunkte Die gegensatzfaumlhigen Woumlrter konzentrieren sich

l in der Rubrik laquoLacircme et lintellectraquo wo es sich um etwa vier Fuumlnftel von insgesamt 2000 Eintraumlgen handelt Es geht dort um geistige Faumlhigkeiten Bewusstsein Gedaumlchtnis Wahrnehmung Denken Vorstellung Gefuumlhle und dergleichen (Hallig und Wartburg verwenden in dieser Rubrik teilweise was Gsell nicht eigens erwaumlhnt Antonymenpaare explizit als Unter-Rubriken)

2 in der Rubrik laquoLa prioriraquo Hallig und Wartburg versuchen dort laquoden inhaltlich sehr allgemeinen nicht sachgebietsbezogenen Wortschatz nach Denk- und Begriffskategorien wie Existenz physische Zustandsformen Eigenschaften Ordnung Wertung Quantitaumlt Raum Zeit Kausalitaumlt Bewegung und Veraumlnderung zu gliedernraquo (Gsell 1979 114) Die Rolle des Kontrasts fuumlr diesen Bereich ist im Uumlbrigen bereits durch das oben zitierte Beispiel der aristotelischen Kategorien ersichtlich

3 im Bereich der jeweiligen Unter-Rubrik geacuteneacuteraliteacutes (oa) zu den jeweiligen groumlszligeren Abschnitten bei HalligWartburg

Gsell spricht anhand der Begriffe des zweiten Bereichs (den dritten nennt er nicht ausdruumlcklich) von laquosemantischen Strukturwoumlrternraquo (im Gegensatz zu den syntaktischen) sie lieszligen sich keinem bestimmten sachlichen oder begrifflichen Bereich

34 Herbert HClark spricht in diesem Zusammenhang (1970 275f) von der laquoRegel des minimalen Kon-trastsraquo In der Ontogenese kann im Uumlbrigen beobachtet werden dass die Beziehungen zwischen kontrastierenden Paaren zT insofern asymmetrisch sind als eins der beiden Elemente privilegiert dh fruumlher gelernt bzw als Oberbegriff verwendet wird Hiermit hat sich in einer Reihe von Arbeiten vor allem Eve V Clark befasst

zuordnen seien jedoch (besser sollte man sagen gerade deshalb) in jeder Art von Rede unentbehrlich

Der Begriff der laquosemantischen Strukturwoumlrterraquo scheint mir gluumlcklich gewaumlhlt zu sein weil solche Woumlrter - als eine von jeweils zwei Alternativen - unsere Erfahrung in houmlchstem Maszlige strukturieren Hierzu zwei Beispiele Von den 34 Woumlrtern der Listen von RussellJenkins (1970) bzw PalermoJenkins (1964) auf die mindestens 50 der Probanden als Assoziation an erster Stelle dasselbe Wort nennen sind 23 solche auf die ein Antonym assoziiert wird Als Strukturierungsdimension dienen dabei

ndash siebenmal der Geschlechtsunterschied (boygirl heshe kingqueen etc)ndash viermal im Bereich des Gesichtssinns die Dimension helldunkel (blackwhite dark light)ndash fuumlnfmal die Orientierung in Raum bzw Raum undoder Zeit (slowfast herethere longshort highlow youngerolder) weiterhin [p 23]ndash die Kommunikationssituation zwischen Sprecher und Houmlrer (meyou)ndash zweimal der Tast- oder Handsinn (hardsoft heavylight) schlieszliglichndash der Geschmackssinn (sour bzw bittersweet) ndash der Gehoumlrsinn (loudsoft) sowiendash die konverse Relation Zwischen Geben und Nehmen (sellbuy buyingselling)

Ist ein tertium moumlglich so immer in Form einer Skala zwischen den beiden Extrempolen die den Bereich eingrenzen - genauso wie dies Aristoteles fuumlr seine Klassifizierung der Tast- Geschmacks- und Geruchsempfindungen vorgeschlagen hatte

Das zweite Beispiel Wolfgang Lorenz und Gerd Wotjak haben aus 80 sprachwissenschaftlichen Untersuchungen haumlufig vorkommende laquoSemeraquo zusammengetragen also solche Begriffe die dazu verwendet werden um den Inhalt anderer Begriffe zu beschreiben Von den 129 in einer ersten Liste bei LorenzWotjak (1977 310-334) zusammengetragenen haumlufig genannten laquoSemenraquo sind nun mehr als die Haumllfte solche die zu Antonymen-Paaren geordnet werden koumlnnen - was wiederum ganz unabhaumlngig davon wie man zur Existenz von semantischen Merkmalen oder Semen stehen mag aufschlussreich ist fuumlr die Strukturierungs- und Reduktionsleistung entsprechender Begriffspaare

Waumlhrend bei der dominant syntagmatischen Art des Assoziierens die Aufgabe der semantischen Einordnung einer Einheit aus Wortart und Lautbild uumlber die Einbettung in den syntagmatischen Kontext also in ein komplexeres Zeichen geleistet wird verlaumluft somit im Fall der geschilderten Unterart des paradigmatischen Assoziierens die Einordnung anders Das betreffende Wort wird wo immer dies moumlglich ist uumlber die Zuordnung des Kontrast-Werts im Dreiecks-Modul identifiziert Dies ist Goethes laquoAnklingen des Gegensinnsraquo das seit Jost Trier im Bereich der Wortfeldlehre erwaumlhnt wird Die Identifizierung der Bedeutung von B mit Hilfe des kontrastierenden C fuumlhrt natuumlrlich dazu dass jeder normale Sprecher sich etwa bei Muumldigkeit dh bei verringerter Aufmerksamkeit zum Gegenteil hin versprechen kann35 In pathologischen Faumlllen fuumlhrt dann eine verringerte Unterscheidungsfaumlhigkeit zwischen den Teilen B und C des Moduls zu den haumlufigen laquoverbalen Paraphasienraquo des Typs nehmen fuumlr geben fragen fuumlr antworten groszlig fuumlr klein

35 Die Ursache dafuumlr dass der ungeuumlbte Houmlrer Versprech-Leistungen normalerweise gar nicht wahrnimmt haben schon Meringer und Mayer genannt laquo(hellip) Der Hauptgrund des Uumlberhoumlrens von Sprechfehlern liegt darin dass der Houmlrer ganz aumlhnlich daran ist wie der Sprecher und wohl aus derselben Ursache uumlberhoumlrt aus der der andere sich versprichtraquo (1895 10f)

3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Im Similaritaumlt-Kontrast-System das wo immer dies moumlglich ist den Zugriff auf semantische Information primaumlr steuert steht Mutter in [p 24] Kontrast zu Vater - tertium non datur Mutter steht jedoch auch in Beziehung zu anderen Lexemen zB zu Kind Tochter Stiefmutter Groszligmutter auch zu Frau etc Bei Frau oder Maumldchen bestehen uumlbrigens unabhaumlngig vom Geschlecht der Probanden - assoziative Verbindungen zu huumlbsch schoumln Schoumlnheit und dergleichen Die ersten dieser Verknuumlpfungen koumlnnte man noch leicht mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Vater und Mutter bilden ein minimales Paar das sich nur durch den bewussten kleinen Unterschied die Opposition maumlnnlichweiblich semantisch voneinander abhebt Bei Paaren wie MutterKind bzw MutterTochter waumlren es bereits mehrere differenzierende Merkmale (und das Beispiel zeigt zugleich dass es noch ganz andere Relationen gibt als die des Kontrasts hier zB die temporale oder die kausale) Bei MaumldchenSchoumlnheit muumlsste man schon mit Selektionspraumlferenzen arbeiten man koumlnnte wohl auch an den Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt denken

Es gibt nun allerdings eindeutig paradigmatische Assoziationen bei denen merk-malsemantische Konstruktionen angesichts ihrer notwendigen Komplexitaumlt in eklatantem Widerspruch zur hochgradigen Gelaumlufigkeit der betreffenden Assoziationen stuumlnden Ein einfaches Beispiel ist das Paar TischStuhl Die Zahlen 84 bei Russell Jenkins 69 bei PalermoJenkins 55 bei franzoumlsischen Studenten36 Man koumlnnte hier die Merkmal-Similaritaumlt uumlber den Oberbegriff Moumlbelstuumlck konstruieren aber wie waumlre dann zu erklaumlren dass die Verbindung zwischen Tisch und Stuhl enger ist als die zwischen den Moumlbelstuumlcken Tisch und Hocker (die sich im Prinzip nur durch die Groumlszlige unterscheiden) oder zwischen Tisch und Bett (1 der Nennungen trotz laquogetrennt von Tisch und Bett lebenraquo) Wie waumlren weiterhin so gelaumlufige Assoziationen wie pied chaussure araigneacuteetoile tobaccosmoke zu erklaumlren fuumlr die Oberbegriffe schwer zu konstruieren sind und die sich in einer solchen Konstruktion wenn sie gelingt immer noch durch eine Fuumllle von Merkmalen nicht etwa nur durch ein einziges unterschieden

Angesichts solcher Verhaumlltnisse scheint es mir plausibel zu sein das als grundlegend angesetzte Dreiecks-Modul in diesen Faumlllen als eine Similaritaumlts-Kontiguitaumlts-Beziehung zu interpretieren also in Anlehnung an das oben erlaumluterte bdquoGesetz der Naumlhe aus dem Bereich der optischen Wahrnehmung Solche Similaritaumlts-Kontiguitaumlts-Beziehungen beruhen bei einem flieszligenden Uumlbergang zum Similaritaumlt-Kontrast-Bereich ndash jeweils auf Erfahrungskontexten in denen Erscheinungen als zusammengehoumlrig verwandt benachbart verstanden werden Die Komponente der Similaritaumlt versteht sich hier vor allem als Zugehoumlrigkeit zum selben Er- [p 25] fahrungsbereich meist - aber keinesfalls ausschlieszliglich - auch als Zugehoumlrigkeit zur selben Wortart Die Kontiguitaumlt wird zumeist verkoumlrpert durch eine spezielle in der Regel gerichtete Beziehung zwischen den Elementen B und C (Die Zahl der Probanden die auf Stuhl wieder Tisch assoziieren ist viel geringer als die Zahl derer die auf Tisch die Assoziation Stuhl haben) Entscheidend ist dabei nun dass die Erfahrungskontexte zwar individuell verschieden sind dass die Relationen durch welche die Begriffe verknuumlpft sind dagegen meist ganz spezifische invariante Relationen darstellen Tisch und Stuhl sind zB integrierende Teile eines groumlszligeren Ganzen im Erfahrungsbereich des Wohnens und Arbeitens zwischen tobacco und

36 Die Zahl fuumlr die deutschen Probanden lautet 29 - hier stellen die 15 Nennungen fuumlr die im Grenzbe-reich zwischen semantischer und syntagmatischer Kontiguitaumlt liegende Assoziation Bein(e) eine starke Konkurrenz zu Stuhl dar

smoke araigneacutee und toile besteht eine kausale zwischen Hammer und Nagel eine finale Relation Das Gegenstuumlck zur Kontiguitaumlt die Distanz grenzt hier die Dreiecksmoduln gegeneinander ab Interessant ist dass in vielen Faumlllen nicht eigentlich der kontige Partner sondern die spezifische Relation etwa zwischen dem Gegenstand und einem allfaumllligen Benutzer assoziiert wird Um die finale Relation geht es zB in den Faumlllen Bettschlafen Schereschneiden ciseauxcouper scissorscut

32 Sonderfaumllle

Fuumlr beide Varianten des paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssystems gilt natuumlrlich Sobald auf der Achse BC mehr als zwei gleichrangige Mitglieder anzusiedeln sind sobald also in Trubetzkoys oder Coserius Terminologie eine laquoaumlquipollenteraquo und nicht eine laquoprivativeraquo Opposition vorliegt37 verliert die Assoziation von einem dieser Mitglieder zum anderen an Schaumlrfe die buumlndelnde Kraft des einzigen Antonyms oder des in spezifischer Weise kontigen Partners fehlt Musterbeispiel ist das Dreiecks-Modul fuumlr die Farbwerte im Gegensatz zu dem fuumlr die Grauwerte

Wegen der Auswahl aus einer groszligen Zahl gleichberechtigter Moumlglichkeiten sind die Reaktionen auf Farben dementsprechend wenig gebuumlndelt38 ndash auf gelb nennen an ers-ter Stelle 14 der amerikanischen Pro- [p 26] banden blau 12 der deutschen rot 11 der franzoumlsischen gruumln Bei den Ausgangswoumlrtern blau und gruumln ist die Assozia-tion im paradigmatischen Bereich sogar schwaumlcher als im syntagmatischen ndash hier nen-nen die Probanden in allen drei Sprachen an erster Stelle den Himmel (blau) und den Bereich GrasWieseLandschaft (gruumln) und dies mit einer Frequenz die vertreten durch Werte zwischen 20 und 30 deutlich uumlber den Frequenzen liegt die in den ande-

37 Coseriu 19641978 120f 1976 34 Eine graduelle Opposition entspricht wie oben in Anm 5 erwaumlhnt einer Unterart des aristotelischen Entgegengesetzten mit gegebenem tertium38 Nach der oben erwaumlhnten aristotelischen Farbkonzeption oder dem analogen Vorschlag bei Weinrich 1967 2213 oder Coseriu 1976 43f waumlren die beiden Dreiecks-Moduln zu einem einzigen zu kombinieren - die extremen Farbwerte waumlren also schwarz und weiszlig Dem widerspricht einerseits nicht das Assoziationsverhalten der Probanden im englischen franzoumlsischen und deutschen Sprachbereich wo auf rot blau gelb gruumln sowie auf Farbe jeweils auch und zT mit betraumlchtlichen Nennungszahlen schwarz undoder weiszlig genannt werden (Bei gebildeten franzoumlsischen Sprechern liegt in einem dieser Faumllle freilich eine syntagmatische Assoziation vor gerade wegen ihrer Bildung assoziieren 18 an erster Stelle auf rouge das Wort noir) Andererseits entspricht das Assoziieren von schwarz undoder weiszlig auf Farbadjektive den Erkenntnissen die der geniale Edwin H Land (1977) uumlber die Physiologie des Farbsehens gewonnen hat

ren Faumlllen fuumlr Farbwerte eintreten ndash Auch zwischen Zahlen scheinen auf den ersten Blick dieselben aumlquipollenten Beziehungen zu bestehen wie etwa zwischen Farbadjekti-ven Bei naumlherem Zusehen zeigt sich jedoch dass als spezifische Relation zwischen Zah-len die Relation bdquogroumlszliger als gesehen wird (Ganz abstrakt lautet die Regel fuumlr das Zaumlhlen ja Ersetze die letzte Zahl n durch n+1) Entsprechend sind die Assoziationen auf Zahlwoumlrter immer gerichtet zB im Sinn des n + 1 auf zwei wird drei auf drei wird vier assoziiert auf jeden Fall immer eine houmlhere Zahl39

Ein weiterer Sonderfall sind Erfahrungsbereiche die nicht zu denjenigen einer Vielzahl von Sprechern gehoumlren Zum Loumlwen wird gemeinhin als kontiger Partner im Erfahrungsbereich exotische wilde Tiere der Tiger assoziiert Beim Adler fehlt fuumlr den normalen Sterblichen der Partner In solchen Faumlllen kann die Assoziation dann zur Spitze A eines potentiellen Moduls verlaufen (man koumlnnte auch sagen Auf dem Weg von B zu einem potentiellen C endet die Assoziation in Ermangelung eines C bei A das sonst die Zwischenstation gewesen waumlre) Die Konsequenz Die haumlufigste Assoziation auf Ad-ler ist Vogel (21) oiseau (16) und bird (55) Solche Assoziationen zum Klassennamen dh zur Spitze A des Moduls hin sind relativ selten Mit groumlszligerer Haumlufig-keit treten sie sozusagen als Vorstufe zu Similaritaumlt-Kontrast-Assoziationen bei sprach-lich weniger sozialisierten Probanden auf40 [p 27]

4 Schlussuumlberlegungen

laquoDie Aufstellung von Oppositionen ist im Wortschatz wesentlich komplizierter als im phonologischen System einer Sprache da die beteiligten Merkmale wesentlich zahlrei-cher sind als in der Phonologie Prinzipiell handelt es sich jedoch um die gleichen Oppositionstypenraquo (Coseriu 1973 65)

Ich habe eingangs gezeigt dass Zweierschemata haumlufig als Denkmodell verwendet wer-den dass die Sprache im Bereich der Bezeichnungen des Entgegengesetzten uumlber eine ganze Skala solcher Zweierschemata verfuumlgt weiterhin dass Wahrnehmen und Erfassen von etwas stets zugleich bedeutet uumlber die Information hinausgehen die gegeben wird und dass auch bei diesem laquouumlber die Information hinausgehenraquo wieder Zweierschemata wie die von Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz entscheidend sind Ich habe dann Ergebnisse der sprachlichen Assoziationsforschung einer ersten Analyse unterzogen und diese Analyse in einem weiteren Schritt dadurch vertieft dass ich sprachliche Assoziationen als den Reflex von Strategien aufgefasst habe die dazu dienen semantische Information zu erfassen und einzuordnen Zum Abschluss will ich in vier Schlussuumlberlegungen skizzieren worin der moumlgliche Ertrag einer staumlrkeren Einbeziehung der Assoziationsforschung und verwandter Gebiete liegen kann in einem (1) Einblick in das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems und seine (2) Transformation in Onto- und Pathogenese sowie in der Diachronie in einem (3) neuen Licht das auf Probleme der Wortfeldforschung geworfen wird und schlieszliglich auch in einer (4) angemesseneren Haltung gegenuumlber der Wissenschaftsgeschichte

39 Schuchardts oben zitierte Vermutung auf drei koumlnne (aus Gruumlnden der Lautaumlhnlichkeit) auch zwei assoziiert werden ist auch deshalb abwegig weil Ruumlckwaumlrtszaumlhlen eine sehr schwierige Aufgabe ist sie wird zB haumlufig verwendet um das Ausmaszlig von Aphasien zu bestimmen Dasselbe gilt fuumlr Tages- und Monatsnamen wo die spezifische gerichtete Relation bdquospaumlter als oder bdquonach lautet40 Vgl Rosenzweig 1970 102 105 zum relativ groszligen Anteil der Assoziationen zum Oberbegriff hin bei amerikanischen und franzoumlsischen Arbeitern Jenkins 1970 7 erwaumlhnt das Zuruumlckgehen der Oberbegriffs- und der Synonym-Assoziationen in der Geschichte amerikanischer Assoziationstests - Angesichts des vorliegenden Materials ist mir unklar worauf Clark (1970 279) die Ansicht stuumltzt laquoFast-Synonymeraquo wie house - home odour - smell seem - appear thing - object sowie Ober- und Unterbegriffe kaumlmen bei den Wortassoziationen oft vor

41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems

In unserem paradigmatischen Orientierungssystem scheint es zwei Bereiche zu geben die flieszligend ineinander uumlbergehen und miteinander kombiniert sein koumlnnen ei-nen Bereich mit Similaritaumlt-Kontrast- und einen Bereich mit Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-(Distanz-)Struktur Im einen Bereich wird Information aumlhnlich wie im Fall des bdquoGesetzes der Gleichfoumlrmigkeit (und des Kontrastes) vor dem Hintergrund der Similaritaumlt domi-nant eingeordnet im Hinblick auf das Entgegengesetzte im anderen im Hinblick auf den Nachbarn im selben Erfahrungsbereich ndash was dem gestaltpsychologischen bdquoGesetz der Naumlhe entsprechen wuumlrde

[p 28] Das erste System strukturiert durch seine Reduktion auf in der Regel zwei Alternativen (mit falls ein tertium zugelassen ist Zwischenmoumlglichkeiten) unsere Erfah-rung in auszligerordentlich starkem Maszlig Hier bestehen zugleich die groumlszligten auszligereinzel-sprachlichen Uumlbereinstimmungen ndash und zwar deswegen weil bestimmte Strukturie-rungs-Dimensionen ethologisch gesehen nichts anderes darstellen als Verbalisierungen jener Interpretation der Natur der Umwelt und ihrer Gesetzlichkeiten die unser Organismus im Lauf seiner entwicklungsgeschichtlichen Adaptation vorgenommen hat Orientierung im Raum in der Zeit Orientierung durch Houmlren Sehen Riechen Schme-cken Fuumlhlen und Tasten Eine Reihe solcher Strukturierungs-Dimensionen (die generell Coserius und Pottiers Klassemen Greimas Kontextsemen oder Luumldis Kongruenzsemen gleichen)41 sind sogar grammatikalisiert also zu grammatischen Ordnungsdimensionen geworden (wobei die Einzelsprachen das Angebot natuumlrlich in jeweils verschiedener Weise wahrnehmen) Es geht ua pythagoreisch ausgedruumlckt um die Unterscheidung zwischen dem Einen und dem Vielen um die zwischen maumlnnlich und weiblich (die im grammatischen Bereich freilich neutralisiert werden kann) zwischen tot und lebendig (wofuumlr die Grammatiker unbelebtbelebt vorziehen) zwischen menschlich und nicht-menschlich geben (bdquoAllativ bdquoDativ) und nehmen (bdquoAblativ) zwischen ich und du ja und nein (vierte Art des Entgegengesetzten im aristotelischen Sinn) hier und dort jetzt und nicht-jetzt42

Besonders augenfaumlllig sind solche Klasseme und ihre Reduktionsleistung in den sogenannten Klassifikator-Sprachen ndash dort hat jedes Nomen ein Element bei sich das das Bezeichnete einer bestimmten Klasse von Denotaten zuweist etwa zur Klasse Tier oder Mensch zur Klasse der horizontalen oder vertikalen Objekte ndash wobei was nicht unerwartet ist als generellstes und haumlufigstes Klassifikationskriterium die Opposition zwischen belebt und unbelebt verwendet wird (vgl Serzisko 1980)

Unser so vorstrukturiertes Wahrnehmen und Denken erkennt umgekehrt in der Umwelt wieder Prinzipien wie die eingangs genannten Gegensatzpaare des fruumlhgriechi-schen Denkens ndash wobei inzwischen klar sein duumlrfte dass es sich um alles andere als um bdquoarchaisches oder bdquoprimitives Denken handelt Bemerkenswert an den Wort-Assozia-tionen ist ja ua dass man sie nicht dadurch erhaumllt dass man im Sinn des dritten noogenetischen Prinzips von Spearman den Ausgangspunkt und die gewuumlnschte Rela-tion vorgibt um zu einem Ergebnis zu kommen es genuumlgt die Angabe des Ausgangspunkts Wahrnehmen Erkennen Verstehen bedeuten naumlmlich stets Einordnen Relationen herstellen ndash gleichguumlltig ob es um [p 29] die optische Wahrnehmung geht an der einige (vermutlich verwandte) Gestaltgesetze erlaumlutert wurden oder aber um das Einordnen sprachlicher Information So ist es ganz selbstverstaumlndlich dass die gege-

41 Vgl Coseriu 1972 52 LorenzWotjak 1977 235 mit Anm 10342 Vgl zur binaumlren Opposition als einer Extremform des grammatischen Paradigmas auch Weinrich 1967 1975

bene Information erst im Hinausgehen uumlber das Gegebene erfasst wird - ein Hinausge-hen das die Psychologen bekanntlich auch Denken nennen Im sprachlichen Erfassen ist so auch das Denken oder laquouumlber das Gegebene Hinausgehenraquo angelegt Das Denk-schema von These Antithese und Synthese spiegelt zB das Dreiecks-Modul des Similaritaumlt-Kontrast-Systems wider Mann und Frau sind in Mensch aufgehoben43

Waumlhrend im Bereich des Similaritaumlt-Kontrast-Systems nicht nur im Prinzip son-dern zT auch materiell gewisse auszligereinzelsprachliche Uumlbereinstimmungen vorhanden sind gibt es im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System natuumlrlich entsprechend dem Erfahrungs- und Lebensbereich kulturelle und soziale Unterschiede Entscheidend ist jedoch auch hier dass Einordnen nicht nur bedeutet in Relation Setzen zu diese Relationen sind ebenso wie die Kontrast-Relation im anderen System wiederum ganz spezifische ihrer-seits in aller Regel uumlberindividuelle Denk-Relationen TeilGanzes Kausalitaumlt Finalitaumlt Zeitrelation Invariant oder auszligereinzelsprachlich sind also die Relationen nicht notwendigerweise dagegen die Terme die durch solche Relationen verbunden sind

42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semanti-schen Orientierungssystems

Nach den vorgefuumlhrten Analysen gibt es drei Strategien zur Wahrnehmung und Einordnung semantischer Information eine dominant syntagmatische und die beiden eben erwaumlhnten paradigmatischen Dabei entspricht die syntagmatische Strategie dem was Hansjakob Seiler im Bereich der bdquosprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden mit Piaget zunaumlchst als Einordnen dann als Individualisierung bezeichnet hat insbeson-dere das paradigmatische Similaritaumlt-Kontrast-System entspricht dagegen dem Seiler-schen Klassifizieren bzw Generalisieren als der anderen polaren Instanz im Bereich der sprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden (Seiler 1981) Die Charakteristika aller drei Orientierungs- und [p 30] Einordnungssysteme sind in der folgenden Uumlbersicht nochmals zusammengestellt

I II IIISyntagmatisches Konti-guitaumlts-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontrast-System

Dominante Strategie Einordnen in ein groumlszlige-res Syntagma (dh in ein komplexeres Zei-chen)

Zuordnung eines Part-ners aus demselben Er-fahrungsbereich (uumlber spezifische Relationen)

Zuordnung eines Anto-nyms (uumlber die Gegen-satz-Relation)

Wortklasse in aller Regel verschie-den

in der Regel gleich gleich

Kontiguitaumlt vs Distanz ja ja

43 Es ist gewiss nicht erstaunlich dass wie Coseriu (1977a) gezeigt hat gerade Hegel in seiner Humboldt-Rezension als Vergleichsgrundlage fuumlr alle Sprachen die Unterscheidung von Gattungen und Arten bzw von laquoAllgemeinheiten und Bestimmtheitenraquo ansieht ndash mit anderen Worten also das DreiecksModul in sei-ner Similaritaumlt-Kontrast-Auspraumlgung ndash Die Bolle des Kontrasts (als drittes Moment neben Similaritaumlt und Kontiguitaumlt) hat aus der phaumlnomenologischen Tradition heraus sehr schoumln und einleuchtend Elmar Holen-stein dargestellt und gerade auch fuumlr die sprachliche Seite als grundlegend bezeichnet laquoDamit uumlberhaupt eine Auswahl (gemeint ist auf der paradigmatischen Achse der Selektion) getroffen werden kann muss sich etwas von etwas abhebenraquo (1976 86) Bruners going beyond the information given kann also zT auch im phaumlnomenologischen Sinn interpretiert werden

Similaritaumlt vs Kontrast ja ja

Fuumlr alle Woumlrter moumlg-lich

ja groszliger Bereich kleiner Bereich (bdquosemantische Struktur-woumlrterldquo)

Die spezifischen Relationen im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System entsprechen dabei in etwa Piagets laquoinfralogischenraquo Relationen oder Spearmans (1923 67-71) laquorealraquo relati-ons die Relationen des Similaritaumlt-Kontrast-Systems entsprechen dagegen Piagets laquologi-schenraquo und in etwa wohl Spearmans (71-74) laquoidealraquo relations Fuumlr die veschiedentlich erwaumlhnte nicht scharfe Trennung der Bereiche II und III duumlrften ua die Teil-Ganzes-Relationen verantwortlich sein die sowohl im laquologischenraquo (Inklusion) als auch im laquoinfralogischenraquo Bereich vorkommen Waumlhrend die Relationen des Similaritaumlt-Kontigui-taumlt-Systems dominant gerichtete Relationen sind ist die Gegensatz-Relation des Similaritaumlt-Kontrast-Systems grundsaumltzlich zweiseitig Abweichungen ergeben sich insbesondere durch Polysemie (vgl o S 12)

Ontogenetisch gesehen werden nun die paradigmatischen Systeme II und III uumlber das syntagmatische System I aufgebaut Dabei nimmt das System II wie aus seinen Merkmalen ersichtlich ist eine Mittelstellung zwischen den Systemen I und III ein - im Sinn der Konzeption Seilers stellt es also gewissermaszligen den bdquoWendepunkt zwischen den beiden Polen der Dimension sprachliche Erfassung von Gegenstaumlnden dar Auch der flieszligende Uumlbergang zwischen den drei Systemen erhellt aus dem Schema die Grenz-faumllle liegen interessanterweise nicht zwischen I und III sondern zwischen den Systemen III (zB Coserius laquolexikalische Solidaritaumltenraquo) und zwischen den Systemen IIIII Es ist somit plausibel dass [p 31] in der Ontogenese die Systeme in der Reihenfolge I-II-III aufgebaut werden Das System III nimmt dabei insofern eine Sonderstellung ein als es wie die letzte Zeile des Schemas nochmals ausweist direkt nur auf einen kleinen aber wichtigen Ausschnitt des Wortschatzes anwendbar ist

Was den Abbau der Sprache bei pathologischer (oder altersbedingter) Beeintraumlchtigung des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems betrifft so ist den vorliegenden Beobachtungen nach die Reihenfolge wohl umgekehrt Das System III wird vor dem System II beeintraumlchtigt Dies entspraumlche der Erkenntnis Jakobsons dass man zuerst verliert was man zuletzt erworben hat44 Was schlieszliglich diachronische Transformationen speziell den Bedeutungswandel betrifft so ist die Affinitaumlt zu Uumlberlegungen sehr wichtig die in Teilbereichen schon Wilhelm Wundt (o S 7) und dann vor allem Stephen Ullman angestellt hat Ullman resuumlmiert ja die Arbeit seines Lands-manns Zoltan Gombocz (Jelentestan Pecs [Fuumlnfkirchen] 1926) und den ihm zu Grunde liegenden Aufsatz von Leacuteonce Roudet (1921) mit folgenden Worten

laquoAn associative network of names clusters around each name some of these associations are rooted in similarity others in contiguityraquo (1967 79)

Dem entspricht dann seine Klassifizierung des Bedeutungswandels (1967 220ff) Uumlbertragung von signantia aufgrund von Similaritaumlt bzw Kontiguitaumlt zwischen den sig-nata bzw umgekehrt Uumlbertragung von signata aufgrund der SimilaritaumltKontiguitaumlt zwi-schen den signantia Zu praumlzisieren waumlre dass es sich nicht um Similaritaumlt oder Kontiguitaumlt handelt sondern um Transfer im Rahmen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- oder 44 Die Arbeit von Stachowiak uumlber die Semantische Struktur des subjektiven Lexikons (1979) bestaumltigt diese Hypothese was dort vorgefuumlhrt wird laumlsst sich mE alles in dem Sinn interpretieren dass bei aphasischem Abbau der Sprache vor allem das System III beeintraumlchtigt wird Nach dem was oben (S 18f) uumlber die Komplexitaumlt von Benennungs- und Assoziations-Aufgaben gesagt wurde unterstreicht dies im Grund auch die These Jakobsons dass es sich im wesentlichen um eine Stoumlrung handelt bei der die metasprachliche Punktion der Sprache beeintraumlchtigt ist

des Similaritaumlt-Kontrast-Systems die Rolle des Kontrasts ist wie schon Wundt sah in der Tat nicht unwichtig45 [p 32]43 Wortfeld-Probleme

Die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen werfen auch ein Licht auf manche Probleme der Wortfeldforschung Zunaumlchst erklaumlren sowohl die Wortassoziationen als auch die Sprechfehler das eher selten reflektierte Phaumlnomen dass die bisher vorgestellten Wortfelder alle aus Elementen derselben Wortart bestehen46 Weiterhin muumlsste man ge-maumlszlig den beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssystemen wohl auch zwischen zwei Grundarten von Wortfeldern unterscheiden zwischen solchen des Similaritaumlt-Kontrast-Typs und solchen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- [p 33] Systems (etwa Wortfeld desWohnens der Werkzeuge der Landschaft)47 In der Form wie sie durch die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen nahegelegt werden vermitteln dabei die Wortfel-

45 Was die Unterscheidung der beiden paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssysteme angeht so fuumlhle ich mich nicht nur in der guten Gesellschaft Ullmans sondern auch in der einer Reihe von Psychologen Sprachpsychologen und Aphasieforschern Jean Piaget und Baumlrbel Inhelder unterscheiden bei der Ordnungsleistung von Kindern zwischen dem Ordnen nach dem Prinzip der Aumlhnlichkeit und nach demjenigen der Konvenienz und etwa analog dazu zwischen den schon erwaumlhnten laquologischenraquo Relatio -nen (Klassifizierung) und den laquoinfralogischenraquo (PiagetInhelder 19731 38ff) Elisabeth Wiig und Diana Globus haben 1971 in einem kontrollierten Assoziationsversuch mit 7 Aphasikern und 7 gesunden Kon -trollpersonen explizit mit Piagets logischen und infralogischen Relationen gearbeitet Das Ergebnis kann nicht nur dahingehend interpretiert werden dass es entsprechend zu diesen Relationen zwei verschie -dene Orientierungs- und Einordnungssysteme gibt sondern auch dahingehend dass das klassifikatorische System (Similaritaumlt-Kontrast-System) sowohl bei Gesunden als auch bei Aphasikern im Verfahren der kontrollierten Assoziation (gegeben ist ein Ausgangsbegriff und die Relation gesucht wird ein Zielwort) nur dann gute Ergebnisse erbringt wenn die Merkmalunterschiede gering sind - und am geringsten sind sie natuumlrlich bei binaumlren Oppositionen also etwa bei Antonymie Sobald die Merkmalsunterschiede groumlszliger werden etwa beim Ausgangsbegriff Kind und dem gesuchten Begriff Eltern sind die Suchergebnisse bei Aphasikern und Gesunden gleichermaszligen schlecht Dagegen funktioniert das infralogische System sowohl bei hoher als auch bei geringer Kontiguitaumlt der Begriffe bei den unter-suchten Aphasikern und den gesunden Kontrollpersonen recht gut (laquoWas ist der Zweck von Heizung - Ergebnis Waumlrme oaraquo) ndash Was die beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssysteme an-langt stehe ich auch weitgehend in Einklang mit James Deese Deese zieht nach einer essentiell faktoranalytischen Untersuchung von Assoziationsverhalten ua folgende Konsequenz (1965 164) laquoThe data on associative distribution suggest that the two fundamental operations we have for sorting out meaningful ndashthat is logical and syntactical relations among wordsndash are contrast and groupingraquo Deese sieht freilich ua nicht die Einordnung in ein Syntagma als dritte Strategie und anhand einer sprachpsychologischen Darstellung des Assoziationsverhaltens wie sie etwa von Houmlrmann (1967 115-156) gegeben wird vermisst man generell den Ansatz Assoziationen als Reflex von Strategien zum Erfas-sen von Bedeutung anzusehen so erscheinen dann viele Beobachtungen die anhand des obigen Schemas sinnvoll integriert werden koumlnnen eher als membra disiecta ndash Ich nenne schlieszliglich noch die Arbeit von Huber et al 1975 und die schon erwaumlhnte Dissertation von Stachowiak (1979) In der Arbeit von 1975 wird ndashbei einer Beschreibung jenes Aphasie-Typs der nach Carl Wernicke benannt istndash unterschieden zwischen zwei Orientierungsprinzipien im Lexikon einem laquosemantisch-klassifikatorischenraquo und einem laquosituativ-referentiellenraquo (1975 88 vgl Stachowiak 1979 58f) Ich bin freilich nicht einverstanden mit der These Stachowiaks es handle sich dabei einerseits um einen laquoinnersprachlichenraquo andererseits um ei-nen laquoenzyklopaumldischenraquo Bereich Wesentlich ist was nochmals betont sein soll fuumlr beide Bereiche als invariantes Prinzip dasjenige der Relation dabei sind die Relationen im einen Fall gewiss klassifikatorisch im anderen laquoinfralogischraquo beide Arten von Relationen sind jedoch gleichermaszligen uumlberindividuell und sie werden gleichermaszligen erlernt46 Geckeler sieht (1971 218) die Wortart-Gleichheit als die gewissermaszligen selbstverstaumlndliche Folge ei -ner paradigmatischen Perspektive an (was einer engen Konzeption von Paradigma entspricht) vgl u S 3547 Wenn ich recht sehe korrespondieren die beiden Grundarten mit einer Unterscheidung die Coseriu (1976 47f) innerhalb eines seiner fuumlnf Kriterien zur Klassifizierung von Wortfeldern macht naumlmlich der Unterscheidung zwischen laquorelationellenraquo und laquosubstantivenraquo Oppositionen bzw Feldern Im Rahmen der hier vorgetragenen Konzeption wird diese Unterscheidung zu einer zentralen Groumlszlige

der des Similaritaumlt-Kontrast-Typs gewissermaszligen zwischen zwei extremen Konzeptio-nen von Wortfeld zwischen der von Andre Jolles und der von Jost Trier Jolles (der des-halb von Trier und anderen gescholten wurde) wollte nur Minimalformen mit jeweils zwei (antonymen) Gliedern als laquoBedeutungsfelderraquo gelten lassen Felder die in dieser Form natuumlrlich fest umgrenzt waumlren (Jolles 1934) Fuumlr Trier galt dagegen das Prinzip der Wert jedes Worts ergebe sich aus dem Feldwert also aus der Position in einem semantischen Feld Das Wort bedeute laquonur in diesem Ganzen und kraft dieses Ganzenraquo Die vermittelnde Position ist die in einem zentralen Antonymenpaar den festen Kern zu sehen um den sich ein ganzes Feld verwandter Termini schart wobei im Normalfall die Grenze des Feldes verschwimmt Das Feld waumlre also nur von seinem zentralen Kern aus als solches zu greifen Geckelers Doppel-Wortfeld zwischen altrsquo und seinen beiden Antonymen jung und neursquo scheint mir de facto im Sinn einer solchen Konzeption interpretierbar zu sein

Die Wortfelder des Similaritaumlt-Kontrast-Typs lassen sich nun wie schon er-waumlhnt in einleuchtender Weise mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Spaumltestens bei dem Versuch Wortfelder des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs merkmalsemantisch zu rekonstruieren treten jedoch betraumlchtliche Schwierigkeiten auf Ein Verfahren auch solche Bereiche bdquodurchsichtig zu machen besteht nun darin dass man an die Spitze eines Feldes neben den eventuell vorhandenen Oberbegriff noch eine der spezifischen Auspraumlgungen der Kontiguitaumlts-Relation stellt (wodurch dann das was die Basiskante BC des Moduls von S 21 ausmacht als Seitenkante bzw Suchbegriff verwendet wird) Pottiers Wortfeld der Sitzmoumlbel im Franzoumlsischen hat als konstituierende Merkmale ne-ben dem Oberbegriff Artefakt eine solche spezifische Auspraumlgung naumlmlich das finale zum Sitzen Die Similaritaumlt die durch diese beiden Merkmale geschaffen wird stellt einerseits das Auswahlkriterium dar nach dem das Feld begrenzt andererseits den Hintergrund an Similaritaumlt vor dem es analysiert werden kann Ein Bereich wie Werk-zeug laumlsst sich um ein weiteres Beispiel zu geben nur schwer merkmalsemantisch beschreiben weil man Begriffe wie Stechbeitel Loumltkolben Nietzange und Maumlhdre-scher zu beruumlcksichtigen haumltte Fuumlgt man jedoch zu Werkzeug die finale Relation zum Bearbeiten von (beispielsweise von Holz) so entsteht ein uumlberschaubares und strukturierbares Feld [p 34]

Dabei zeigt sich nicht nur dass solche Wortfelder in gewissem Maszlig beliebig (re)konstruierbar sind - man kann etwa Katze mit gleichem Recht einmal zu den Haus-tieren ein andermal zu den fleischfressenden Saumlugetieren rechnen Es zeigt sich gleichzeitig dass eine solche Rekonstruktion genau nach dem dritten noogenetischen Prinzip von Spearman verlaumluft Zu einem Ausgangsbegriff (Werkzeug) und einer Rela-tion (zum Bearbeiten von Holz) werden Entsprechungen gesucht und gebildet Unter dem Blickwinkel dieses noogenetischen Prinzips sind Wortfelder nun nicht nur beschreibbar als Ergebnisse eines Verfahrens der kontrollierten Assoziation die beiden angedeuteten Grundtypen von Wortfeldern beruhen dann sogar beide auf demselben Grundprinzip Gegeben ist der Ausgangsbegriff und eine Relation ndash eine Relation die im Fall des Similaritaumlt-Kontrast-Typs die Gegensatzrelation ist im Fall des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs eine finale kausale temporale lokale TeilGanzes-Relation etc Dass solche Konstruktionen oder Rekonstruktionen48 also die Wortfelder der Linguisten keinesfalls - um mit Gauger (zB 1976) zu sprechen - laquobewusstseinsfremdraquo sind zeigt gerade das Verfahren der freien Assoziation dessen Interpretation Ausgangspunkt die-ser Uumlberlegungen war

Dies hat auch Auswirkungen auf das von Saussure aufgeworfene Negativitaumltsproblem Gewiss bedeutet Vater nicht nur Nicht-Mutter sondern auch

48 Von der Konstruktion von Wortfeldern spricht auch Coseriu (zB 1970 113)

Nicht-Sohn Nicht-Barock Nicht-Jahrhundert Bei einer solchen Betrachtung wird je-doch eine bestimmte Art des Gegensatzes die parmenideische Relation des bdquoIst nicht verabsolutiert Sie spielt gewiss eine wichtige Rolle in der Sprache sowohl in der Semantik als auch im Bereich der geschlossenen grammatischen Paradigmen Man sollte jedoch (trotz des Umstands dass die Kontrast-Relation und mit ihr die Relation des oppositiven bdquoIst nicht gerne als laquologischraquo die Relationen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Systems dagegen als laquoinfralogischraquo bezeichnet werden) nicht vergessen dass beide Ar-ten von Relationen unabdingbare Konstanten unseres Wahrnehmens Erfassens und Denkens darstellen und dass eine Semantik die nicht bewusstseinsfremd sein will dementsprechend nicht nur die im Motto auf S 27 angegebenen Oppositionen sondern die ganze Skala moumlglicher Relationen mit in ihr Beschreibungsinstrumentarium aufneh-men muss

44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte

Eugenio Coseriu hat 1977 in seiner Antrittsrede an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften als eines der vier Prinzipien seines Schaffens das Stichwort Tradition und Neuerung genannt Es heiszligt dort laquodass die Geschichte unserer Wissenschaften wie uumlberhaupt die Kultur- [p 35] geschichte Fortsetzung von Traditionen und Erneuerung innerhalb von Traditionen istraquo Man sage eigentlich Neues nur wenn man an Traditionen anknuumlpfe und Traditionen fortsetze (1977 109 vgl 1979 5) Ich habe im vorliegenden Beitrag versucht in mehrfacher Weise an solche Traditionen anzuknuumlpfen ua an diejenige der Assoziationsforschung der Jahrhundertwende Dass hier uumlberhaupt von einem (Wieder-)laquoAnknuumlpfenraquo gesprochen werden muss hat seine Gruumlnde

Der Begriff Assoziation war noch Saussure so gelaumlufig dass er ihn in dem Sinn verwendete in dem heute Paradigma und paradigmatisch gebraucht werden (Saus-sure spricht nicht von paradigmatischen sondern von assoziativen Relationen) Henri Frei oder Charles Bally setzten in dieser Hinsicht nicht nur die Tradition des Meisters fort Bally kannte wie ua einschlaumlgige Stellen aus dem Traiteacute de stylistique franccedilaise von 1909 zeigen offensichtlich auch die Arbeit von Thumb und Marbe sowie den dort angesprochenen Bereich des Assoziierens insbesondere zum Gegenteil hin Seither hat jedoch in der Sprachwissenschaft ein grundlegender Paradigmawechsel stattgefunden Eine im Uumlbermaszlig psychologisierende Stroumlmung wurde wie uumlblich durch das Gegenteil abgeloumlst und seither scheinen die Sprachwissenschaftler den Begriff Assoziation als et-was eher Anruumlchiges zu meiden und allenfalls mit ganz spitzen Fingern anzufassen laquoCest pour eacuteviter le psychologisme adopteacute dans le Cours de F de Saussure que je substi-tue le terme rapport paradigmatique agrave celui de rapport associatifraquo schreibt Louis Hjelmslev der den terminologischen Wandel vollzogen hat in einer Fuszlignote des Vor-trags den er 1936 auf dem Linguisten-Kongress in Kopenhagen gehalten hat (1938140) Interessanterweise ist auch der Anti-Psychologismus wie Gauger zeigen konnte (1976 73-87) bei Saussure schon mit angelegt

Freilich motiviert sowohl die weitere Geschichte der Assoziationsforschung als auch die Auffassung der Sprechfehler diese spitzen Finger in betraumlchtlichem Maszlig beide Phaumlnomene wurden in den Bereich der Abnormalitaumlt und des Pathologischen geruumlckt Was das Versprechen angeht so ist die Ursache kein anderer als Sigmund Freud er griff aus den Sprechfehlern die Meringer und Mayer vorgefuumlhrt hatten vor allem die Gruppe des Versprechens zum Gegenteil hin heraus und interpretierte sie in dem bekannten Sinn Das Versprechen zum Gegenteil hin lege die geheimen Gedanken des Sprechers bloszlig Dies ist ganz ohne Zweifel eine Uumlberinterpretation die in manchen Faumlllen zutreffen

mag fuumlr den Durchschnittsfall jedoch keinerlei Allgemeinguumlltigkeit beanspruchen kann49 Wie nachhal- [p 36] tig die Interpretation Freuds ndashin diesem Fall leiderndash ge-wirkt hat zeigt die Verbindlichkeit jener Bezeichnung mit der man Sprechfehler heute erfasst bdquo(Freudsche) Fehlleistungen Ein in gleichem Maszlig bdquopathologischer Geruch begleitet spaumltestens seit 1910 die Versuche mit Wortassoziationen Carl Gustav Jung machte Versuche mit Assoziationen Kent und Rosanoff hatten die Absicht mit ihrer Liste von 100 Ausgangswoumlrtern und dem Durchschnitt der Assoziationen von 1000 Probanden eine Norm aufzustellen von der sich abnormale Assoziationen abheben soll-ten Die Untersuchung erschien nicht nur in der Zeitschrift American Journal of Insanity sie hieszlig auch noch A Study of Association in Insanity I Association in Normal Subjects Alle seitherigen einschlaumlgigen Assoziations-Listen werden von den Psychologen entspre-chend mit dem Etikett Norm versehen (laquoRussellJenkins-Normraquo laquoPalermoJenkins-Normraquo etc)

Die Haltung spaumlterer Sprachwissenschaftler ist also auch damit zu erklaumlren dass das Assoziieren und die Sprechfehler durch Pathologisierung ihrer ehemaligen (und angemesseneren) Unschuld verlustig gegangen waren Freilich gibt es seit einiger Zeit wieder ein neues und zunehmendes Interesse an Fragestellungen des Sich-Versprechens Assoziierens und der (wirklich zum Bereich des Pathologischen gehoumlrenden) Aphasie-Forschung50 Dass dabei in der Regel die eigentliche Tradition ausgespart wird ist weniger erfreulich Denn es geht nicht nur um eine sehr alte Tradition des Denkens es geht mit der Omnipraumlsenz bestimmter Relationen eigentlich um grundlegende Charakteristika des Sprechens und Denkens selbst

Freiburg Wolfgang Raible

[p 37] Literaturverzeichnis

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49 Vgl hier die analoge Einstufung der Freudschen Konzeption sprachlicher Fehlleistungen bei Kainz 1956 38 - Die Auseinandersetzung zwischen Freud und Meringer war zT sehr heftig Auf einer houmlheren Stufe der Eskalation zieh Meringer Freud beispielsweise der laquoStuumlmperraquo-Haftigkeit auf dem Gebiet des Beobach-tens laquoEr sieht und houmlrt naumlmlich nur das was sich eventuell zur Begruumlndung seiner phantastischen Theorien missbrauchen laumlsst Die unendlich vielen Faumllle die sich dagegen mit Haumlnden und Fuumlszligen straumlu-ben sieht er nicht (1912 55)50 Ich nenne drei Indizien fuumlr die Wiederbelebung der Tradition bzw das verstaumlrkte Interesse an den betreffenden Zusammenhaumlngen Erstens wird die Arbeit von Meringer und Mayer in einem 1973 von Victoria A Fromkin herausgegebenen Sammelband in den beiden Beitraumlgen der Herausgeberin wenigs-tens gelegentlich wenn auch zT falsch zitiert Die Arbeit von Thumb und Marbe wurde 1978 sogar neu ediert Zweitens gibt es insbesondere in den Vereinigten Staaten eine Reihe von Arbeiten zu linguistischen Aspekten der Assoziationsforschung (die wichtigste ist wohl die allerdings weitgehend psychologisch und psychometrisch orientierte von Deese 1965) die zB in den Versuch einer Synthese eingegangen sind den Herbert H Clark 1970 veroumlffentlicht hat (Die Arbeit von Clark ist freilich noch ein wenig zu stark dem Grammatikmodell der Transformationsgrammatik verhaftet) Noumlth (1975) hat den Ansatz von Clark zT weitergefuumlhrt sich zT jedoch auch in kasuistischen Uumlberlegungen gefangen Drittens ist das Wiedererwa-chen des linguistischen Interesses an der Aphasie-Forschung zu vermerken (es war zB schon bei Meringer und Mayer vorhanden) Fuumlr dieses ndashallerdings in Schuumlben auftretendendash Interesse ist nicht zuletzt auch Roman Jakobson verantwortlich

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  • Von der Allgegenwart des Gegensinns
  • (und einiger anderer Relationen)
  • Strategien zur Einordnung semantischer Information
  • Wolfgang Raible (Universitaumlt Freiburg)
  • Eugenio Coseriu zum 2771981
  • 21 Gesetzmaumlszligigkeiten des Assoziierens
  • 211 Argumentum quantitatis
  • 212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt
  • 22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens
  • 311 Syntagmatisches Assoziieren
  • 312 Paradigmatisches Assoziieren
  • 3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System
  • 3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System
  • 32 Sonderfaumllle
  • 41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems
  • 42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semantishyschen Orientierungssystems
  • ja
  • Fuumlr alle Woumlrter moumlgshylich
  • 44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte
  • Freiburg Wolfgang Raible
  • Abel C Uumlber den Gegensinn der Urworte Leipzig 1884
  • Bally C Preacutecis de stylistique Genegraveve 1905
  • Bally C Traiteacute de stylistique franccedilaise Genegraveve 1909
  • Coseriu E Einfuumlhrung in die strukturelle Betrachtung des Wortschatzes Tuumlbingen 1970
  • Coseriu E Probleme der strukturellen Semantik Tuumlbingen 1973
  • Coseriu E Zu Hegels Semantik in Kwartalnik neofilologiczny 24 (1977) 183-193
  • Deese J The Structure of Association in Language and Thought Baltimore 1965
  • Duumlring I Aristoteles Darstellung und Interpretation seines Denkens Heidelberg 1966
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  • Frei H La grammaire des fautes Genegraveve 1929
  • Fromkin V A (Hg) Speech Errors As Linguistic Evidence The HagueParis 1973
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Page 17: latina.phil2.uni-freiburg.delatina.phil2.uni-freiburg.de/.../Files/Gegensinn_neu.docx  · Web viewZeitschrift für romanische Philologie Bd. 97, Heft 1/2, S. 1-40. Die Seitenangabe

Wortmaterial Kinder erwerben Sprache sei sie nun kommunikativ oder das eigene Handeln begleitend in Situationen und damit dominant in syntagmatischer Realisierung Uumlber die nach und nach verstandene [p 19] fremde und die nach und nach sich entwickelnde eigene syntagmatische Realisierung von Sprache baut sich dann jenes semantische Orientierungs- und Einordnungssystem auf innerhalb dessen Rahmen die andere dominant paradigmatische Strategie anzusiedeln ist Wie Hans-Martin Gauger ausgefuumlhrt hat handelt es sich bei dem Aufbau dieses Systems um einen Prozess zunehmender bdquoVerdichtung (1970 65-69)

311 Syntagmatisches Assoziieren

Da sprachliche Elemente wie die Woumlrter fuumlr Kinder zunaumlchst einmal Woumlrter im syntagmatischen Kontext sind ist es nicht verwunderlich dass - wie seit Anfang des Jahrhunderts beobachtet wurde - Kinder vorwiegend syntagmatische Assoziationen haben Sie nennen also vorwiegend Woumlrter mit denen die Ausgangswoumlrter zusammen vorkommen dh die Assoziationen verlaufen im Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt Typisch sind derartige Assoziationen auch fuumlr solche Personen deren sprachliche Sozialisierung nicht durch den bewussten Umgang mit der eigenen und mit fremden Sprachen waumlhrend zwoumllf bis dreizehn Schuljahren perfektioniert wurde also etwa fuumlr Volksschul-Absolventen Schuchardts Einwand Thumb und Marbe haumltten die Bedeutung der syntagmatischen KontiguitaumltDistanz fuumlr das Assoziieren nicht gebuumlhrend beruumlcksichtigt hat also von der Ontogenese her gesehen seine Berechtigung31 Waumlhrend syntagmatische Assoziationen bei bdquogebildeten Erwachsenen also relativ selten sind sind sie bei Kindern und anderen sprachlich weniger Sozialisierten recht haumlufig Typische (und in allen nachfolgenden Faumlllen von den Assoziationen der 288 franzoumlsischen Studenten abweichende) Beispiele sind aus den jeweils erstrangigen Nennungen von 115 franzoumlsischen Bauarbeitern fenecirctre - ouverte (31) blanc - neige (27) aigre - vinaigre (26) rouge - sang (25) santeacute - bonne (23) table ronde (23) faim - (de) loup (23) citoyen - franccedilais (22) lune - (de) miel (20) tabac - blond (17) musique - douce (17 - zusammen mit classique leacute-gegravere agreacuteable harmonieuse 31) lent - tortue (15) meacutemoire - courte (14) joie - (de) vivre (14) papillon - vole (10) etc Charakteristisch ist hier wiederum dass solche dominant von der syntagmatischen Kontiguitaumlt bestimmten (und in der Regel nicht wortartgleichen) Assoziationen nur selten jene stark buumlndelnde Wirkung haben die fuumlr Assoziationen zum Gegensinn hin charakteristisch ist [p 20]

312 Paradigmatisches Assoziieren

Die andere (trotz mancher Grenzfaumllle von der syntagmatisehen zu unterscheidende) grundlegende Strategie zum Erfassen von Bedeutung spiegelt sich im dominant paradigmatischen Assoziieren also in jenen Assoziationen die im Bereich des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems verlaufen Eingangsvoraussetzung fuumlr beide Arten des Assoziierens ist die vorgaumlngige phonologische Analyse mit der Zuordnung eines Lautbildes und der (natuumlrlich

31 Das assoziative Verhalten der Kinder und Jugendlichen hat sich allerdings seit dem Beginn des Jahrhun-derts in betraumlchtlichem Maszlig demjenigen der Erwachsenen angenaumlhert Die Ursache ist zweifellos in einer fruumlheren und ausgepraumlgteren sprachlichen Sozialisierung zu sehen Vgl dazu auch Esper 1973 105 Pa-lermoJenkins 1965 oder Jenkins 1970 7

vorlaumlufigen32) Zuordnung einer Wortart Beim dominant syntagmatischen Assoziieren besteht die Strategie fuumlr die Zuordnung einer Bedeutung zu dieser Einheit aus Wortart und Lautschema vor allem im Assoziieren eines syntagmatischen Gebrauchskontextes also in der Einordnung in ein komplexeres Zeichen mit dem sich daraus ergebenden bdquomonosemierenden Effekt lune - lune de miel blanc (comme la) neige citoyen - (un) citoyen franccedilais table - (la) table (est) ronde etc Bei der paradigmatischen Art des Assoziierens besteht die Strategie zur Erfassung von Bedeutung dagegen darin dass das Ausgangswort in Relation zu einem anderen gleichrangigen Zeichen gesetzt wird Die Strategie ist also abstrakter ja geradezu metasprachlich ndash eine Analyse die schoumln Goldsteins These von der Komplexitaumlt scheinbar ganz einfacher Aufgaben bestaumltigt

Was nun das spezifisch paradigmatische Orientierungs- und Einordnungssystem betrifft so scheinen mir hier bei angemessener Interpretation der Verhaumlltnisse zwei Untersysteme vorzuliegen Untersysteme die nicht scharf voneinander getrennt sind Im einen dieser Systeme vollzieht sich der Zugriff uumlber die Dimension Similaritaumlt - Kontrast im anderen System ist wie noch erlaumlutert wird die Information (vor dem Hintergrund der Similaritaumlt) verfuumlgbar uumlber die semantische Kontiguitaumlt in Opposition zur Distanz Beide Systeme arbeiten jedoch mit einem gemeinsamen Grundprinzip das man als bdquoModul in Form eines Dreiecks (mit einer Reihe von Varianten) konzipieren kann Einer Informationseinheit A sind mindestens zwei andere Einheiten B und C in folgender Weise zugeordnet33 [p 21]

Dabei sind die Beziehungen zwischen AB und AC solche der Similaritaumlt ndash eine Similaritaumlt der die oben auf S 11 f genannten Prioritaumltsebenen 1 (gleiche Wortart) und 2 (gleicher semantischer Bereich) entsprechen Die Beziehung zwischen B und C ist je nachdem eine Beziehung des Kontrasts (dem entspricht die oben genannte Prioritaumltsebene 3) oder der semantischen Kontiguitaumlt (der die Prioritaumltsebene 4 entspricht) Die Varianten ergeben sich hauptsaumlchlich aus der Zahl der Elemente auf der Achse BC zum Teil auch daraus dass die Position von A einzelsprachlich nicht besetzt oder aber wie im Fall von A = homme B = homme G = femme mit einem der dann merkmallosen Elemente B oder

32 Analyse-Ergebnisse sind auf dem Weg von den kleineren zu den groumlszligeren Einheiten insofern vorlaumlufig als die Analyse der kleineren Einheit im Rahmen der Analyse der Uumlbergreifenderen Einheit stets korrigiert werden kann (Der entsprechende Ruumlckkopplungs-Effekt hat seine physiologische Basis in dem Faktum dass die Zellen der kortikalen Lamina VI [die etwa 2 mm dicke Groszlighirnrinde hat sechs physiologisch und funktionell differenzierbare Schichten] vorwiegend Ruumlckkopplungs-Funktion haben) Der Ruumlckkopplungs-Effekt ist der Grund dafuumlr dass manche bdquoDefekte bei Aphasikern erst dann entdeckt werden wenn man sie kleinere Einheiten ohne Kontext nachsprechen laumlsst33 Der Gedanke der modularen Struktur ist inspiriert durch Erkenntnisse der Neuroanatomen Sie haben in der letzten Dekade zunehmend die These vertreten die komplexe Struktur unseres Nervensystems - ein-schlieszliglich des Groszlighirns - basiere auf relativ ein-fachen genetischen Programmen Korrelat dieser Pro-gramme sind laquomodulareraquo laquorepetitiveraquo oder laquoperiodischeraquo Strukturen etwa im Bereich des Ruumlckenmarks oder der Groszlighirnrinde Vgl beispielsweise Szentaacutegothai 1978

C identisch ist (Ist ein spezieller Begriff fuumlr A vorhanden oder ist A identisch mit B oder C so liegt ein Fall von Gegensinn in jener Verwendungsweise vor wie man sie sinnvollerweise Abel unterstellen muss ndash Abels Beispiele sind von Benveniste (1956) zerpfluumlckt worden Ein aumlhnliches Vorkommen solchen Gegensinns gilt fuumlr Fragen des Typs bdquoWie alt (und nicht wie jung) wie groszlig wie lang wie schoumln ist das und dasldquo also fuumlr Faumllle die zB Elmar Holenstein treffend analysiert hat (1976 69f))

Im Fall der Similaritaumlt-Kontrast-Interpretation des Dreiecks ist eine merkmalsemantische Interpretation plausibel B und C enthalten alle Merkmale von A (A ist der Oberbegriff) sie enthalten jedoch noch zusaumltzliche Merkmale und zwar dergestalt dass diejenigen von B und C nicht voumlllig identisch sind sondern in der Regel in einem Merkmal kontrastieren34 [p 22]

3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System

Zunaumlchst zu dem paradigmatischen System in dem fuumlr das Hinausgehen uumlber die gegebene Information die Kontrast-Relation ausschlaggebend ist Es geht also um den Bereich des Entgegengesetzten ndash Otto Gsell hat in seiner Arbeit uumlber die Gegensatzrelationen im Wortschatz romanischer Sprachen eine sehr wesentliche Beobachtung gemacht und so fruumlhere analoge Beobachtungen in entscheidendem Maszlige praumlzisiert Unser Wortschatz ist keinesfalls so beschaffen dass alle Woumlrter ihr Antonym haumltten Ganz im Gegenteil der Wortschatz der bdquoantonymfaumlhig ist macht nur einen relativ geringen Teil des Gesamtwortschatzes aus ndash aber er konzentriert sich auf bestimmte inhaltliche Bereiche des Lexikons Nimmt man wie Gsell als Maszligstab das Begriffssystem von Rudolf Hallig und Walther v Wartburg (19521963) so ergeben sich drei Schwerpunkte Die gegensatzfaumlhigen Woumlrter konzentrieren sich

l in der Rubrik laquoLacircme et lintellectraquo wo es sich um etwa vier Fuumlnftel von insgesamt 2000 Eintraumlgen handelt Es geht dort um geistige Faumlhigkeiten Bewusstsein Gedaumlchtnis Wahrnehmung Denken Vorstellung Gefuumlhle und dergleichen (Hallig und Wartburg verwenden in dieser Rubrik teilweise was Gsell nicht eigens erwaumlhnt Antonymenpaare explizit als Unter-Rubriken)

2 in der Rubrik laquoLa prioriraquo Hallig und Wartburg versuchen dort laquoden inhaltlich sehr allgemeinen nicht sachgebietsbezogenen Wortschatz nach Denk- und Begriffskategorien wie Existenz physische Zustandsformen Eigenschaften Ordnung Wertung Quantitaumlt Raum Zeit Kausalitaumlt Bewegung und Veraumlnderung zu gliedernraquo (Gsell 1979 114) Die Rolle des Kontrasts fuumlr diesen Bereich ist im Uumlbrigen bereits durch das oben zitierte Beispiel der aristotelischen Kategorien ersichtlich

3 im Bereich der jeweiligen Unter-Rubrik geacuteneacuteraliteacutes (oa) zu den jeweiligen groumlszligeren Abschnitten bei HalligWartburg

Gsell spricht anhand der Begriffe des zweiten Bereichs (den dritten nennt er nicht ausdruumlcklich) von laquosemantischen Strukturwoumlrternraquo (im Gegensatz zu den syntaktischen) sie lieszligen sich keinem bestimmten sachlichen oder begrifflichen Bereich

34 Herbert HClark spricht in diesem Zusammenhang (1970 275f) von der laquoRegel des minimalen Kon-trastsraquo In der Ontogenese kann im Uumlbrigen beobachtet werden dass die Beziehungen zwischen kontrastierenden Paaren zT insofern asymmetrisch sind als eins der beiden Elemente privilegiert dh fruumlher gelernt bzw als Oberbegriff verwendet wird Hiermit hat sich in einer Reihe von Arbeiten vor allem Eve V Clark befasst

zuordnen seien jedoch (besser sollte man sagen gerade deshalb) in jeder Art von Rede unentbehrlich

Der Begriff der laquosemantischen Strukturwoumlrterraquo scheint mir gluumlcklich gewaumlhlt zu sein weil solche Woumlrter - als eine von jeweils zwei Alternativen - unsere Erfahrung in houmlchstem Maszlige strukturieren Hierzu zwei Beispiele Von den 34 Woumlrtern der Listen von RussellJenkins (1970) bzw PalermoJenkins (1964) auf die mindestens 50 der Probanden als Assoziation an erster Stelle dasselbe Wort nennen sind 23 solche auf die ein Antonym assoziiert wird Als Strukturierungsdimension dienen dabei

ndash siebenmal der Geschlechtsunterschied (boygirl heshe kingqueen etc)ndash viermal im Bereich des Gesichtssinns die Dimension helldunkel (blackwhite dark light)ndash fuumlnfmal die Orientierung in Raum bzw Raum undoder Zeit (slowfast herethere longshort highlow youngerolder) weiterhin [p 23]ndash die Kommunikationssituation zwischen Sprecher und Houmlrer (meyou)ndash zweimal der Tast- oder Handsinn (hardsoft heavylight) schlieszliglichndash der Geschmackssinn (sour bzw bittersweet) ndash der Gehoumlrsinn (loudsoft) sowiendash die konverse Relation Zwischen Geben und Nehmen (sellbuy buyingselling)

Ist ein tertium moumlglich so immer in Form einer Skala zwischen den beiden Extrempolen die den Bereich eingrenzen - genauso wie dies Aristoteles fuumlr seine Klassifizierung der Tast- Geschmacks- und Geruchsempfindungen vorgeschlagen hatte

Das zweite Beispiel Wolfgang Lorenz und Gerd Wotjak haben aus 80 sprachwissenschaftlichen Untersuchungen haumlufig vorkommende laquoSemeraquo zusammengetragen also solche Begriffe die dazu verwendet werden um den Inhalt anderer Begriffe zu beschreiben Von den 129 in einer ersten Liste bei LorenzWotjak (1977 310-334) zusammengetragenen haumlufig genannten laquoSemenraquo sind nun mehr als die Haumllfte solche die zu Antonymen-Paaren geordnet werden koumlnnen - was wiederum ganz unabhaumlngig davon wie man zur Existenz von semantischen Merkmalen oder Semen stehen mag aufschlussreich ist fuumlr die Strukturierungs- und Reduktionsleistung entsprechender Begriffspaare

Waumlhrend bei der dominant syntagmatischen Art des Assoziierens die Aufgabe der semantischen Einordnung einer Einheit aus Wortart und Lautbild uumlber die Einbettung in den syntagmatischen Kontext also in ein komplexeres Zeichen geleistet wird verlaumluft somit im Fall der geschilderten Unterart des paradigmatischen Assoziierens die Einordnung anders Das betreffende Wort wird wo immer dies moumlglich ist uumlber die Zuordnung des Kontrast-Werts im Dreiecks-Modul identifiziert Dies ist Goethes laquoAnklingen des Gegensinnsraquo das seit Jost Trier im Bereich der Wortfeldlehre erwaumlhnt wird Die Identifizierung der Bedeutung von B mit Hilfe des kontrastierenden C fuumlhrt natuumlrlich dazu dass jeder normale Sprecher sich etwa bei Muumldigkeit dh bei verringerter Aufmerksamkeit zum Gegenteil hin versprechen kann35 In pathologischen Faumlllen fuumlhrt dann eine verringerte Unterscheidungsfaumlhigkeit zwischen den Teilen B und C des Moduls zu den haumlufigen laquoverbalen Paraphasienraquo des Typs nehmen fuumlr geben fragen fuumlr antworten groszlig fuumlr klein

35 Die Ursache dafuumlr dass der ungeuumlbte Houmlrer Versprech-Leistungen normalerweise gar nicht wahrnimmt haben schon Meringer und Mayer genannt laquo(hellip) Der Hauptgrund des Uumlberhoumlrens von Sprechfehlern liegt darin dass der Houmlrer ganz aumlhnlich daran ist wie der Sprecher und wohl aus derselben Ursache uumlberhoumlrt aus der der andere sich versprichtraquo (1895 10f)

3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Im Similaritaumlt-Kontrast-System das wo immer dies moumlglich ist den Zugriff auf semantische Information primaumlr steuert steht Mutter in [p 24] Kontrast zu Vater - tertium non datur Mutter steht jedoch auch in Beziehung zu anderen Lexemen zB zu Kind Tochter Stiefmutter Groszligmutter auch zu Frau etc Bei Frau oder Maumldchen bestehen uumlbrigens unabhaumlngig vom Geschlecht der Probanden - assoziative Verbindungen zu huumlbsch schoumln Schoumlnheit und dergleichen Die ersten dieser Verknuumlpfungen koumlnnte man noch leicht mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Vater und Mutter bilden ein minimales Paar das sich nur durch den bewussten kleinen Unterschied die Opposition maumlnnlichweiblich semantisch voneinander abhebt Bei Paaren wie MutterKind bzw MutterTochter waumlren es bereits mehrere differenzierende Merkmale (und das Beispiel zeigt zugleich dass es noch ganz andere Relationen gibt als die des Kontrasts hier zB die temporale oder die kausale) Bei MaumldchenSchoumlnheit muumlsste man schon mit Selektionspraumlferenzen arbeiten man koumlnnte wohl auch an den Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt denken

Es gibt nun allerdings eindeutig paradigmatische Assoziationen bei denen merk-malsemantische Konstruktionen angesichts ihrer notwendigen Komplexitaumlt in eklatantem Widerspruch zur hochgradigen Gelaumlufigkeit der betreffenden Assoziationen stuumlnden Ein einfaches Beispiel ist das Paar TischStuhl Die Zahlen 84 bei Russell Jenkins 69 bei PalermoJenkins 55 bei franzoumlsischen Studenten36 Man koumlnnte hier die Merkmal-Similaritaumlt uumlber den Oberbegriff Moumlbelstuumlck konstruieren aber wie waumlre dann zu erklaumlren dass die Verbindung zwischen Tisch und Stuhl enger ist als die zwischen den Moumlbelstuumlcken Tisch und Hocker (die sich im Prinzip nur durch die Groumlszlige unterscheiden) oder zwischen Tisch und Bett (1 der Nennungen trotz laquogetrennt von Tisch und Bett lebenraquo) Wie waumlren weiterhin so gelaumlufige Assoziationen wie pied chaussure araigneacuteetoile tobaccosmoke zu erklaumlren fuumlr die Oberbegriffe schwer zu konstruieren sind und die sich in einer solchen Konstruktion wenn sie gelingt immer noch durch eine Fuumllle von Merkmalen nicht etwa nur durch ein einziges unterschieden

Angesichts solcher Verhaumlltnisse scheint es mir plausibel zu sein das als grundlegend angesetzte Dreiecks-Modul in diesen Faumlllen als eine Similaritaumlts-Kontiguitaumlts-Beziehung zu interpretieren also in Anlehnung an das oben erlaumluterte bdquoGesetz der Naumlhe aus dem Bereich der optischen Wahrnehmung Solche Similaritaumlts-Kontiguitaumlts-Beziehungen beruhen bei einem flieszligenden Uumlbergang zum Similaritaumlt-Kontrast-Bereich ndash jeweils auf Erfahrungskontexten in denen Erscheinungen als zusammengehoumlrig verwandt benachbart verstanden werden Die Komponente der Similaritaumlt versteht sich hier vor allem als Zugehoumlrigkeit zum selben Er- [p 25] fahrungsbereich meist - aber keinesfalls ausschlieszliglich - auch als Zugehoumlrigkeit zur selben Wortart Die Kontiguitaumlt wird zumeist verkoumlrpert durch eine spezielle in der Regel gerichtete Beziehung zwischen den Elementen B und C (Die Zahl der Probanden die auf Stuhl wieder Tisch assoziieren ist viel geringer als die Zahl derer die auf Tisch die Assoziation Stuhl haben) Entscheidend ist dabei nun dass die Erfahrungskontexte zwar individuell verschieden sind dass die Relationen durch welche die Begriffe verknuumlpft sind dagegen meist ganz spezifische invariante Relationen darstellen Tisch und Stuhl sind zB integrierende Teile eines groumlszligeren Ganzen im Erfahrungsbereich des Wohnens und Arbeitens zwischen tobacco und

36 Die Zahl fuumlr die deutschen Probanden lautet 29 - hier stellen die 15 Nennungen fuumlr die im Grenzbe-reich zwischen semantischer und syntagmatischer Kontiguitaumlt liegende Assoziation Bein(e) eine starke Konkurrenz zu Stuhl dar

smoke araigneacutee und toile besteht eine kausale zwischen Hammer und Nagel eine finale Relation Das Gegenstuumlck zur Kontiguitaumlt die Distanz grenzt hier die Dreiecksmoduln gegeneinander ab Interessant ist dass in vielen Faumlllen nicht eigentlich der kontige Partner sondern die spezifische Relation etwa zwischen dem Gegenstand und einem allfaumllligen Benutzer assoziiert wird Um die finale Relation geht es zB in den Faumlllen Bettschlafen Schereschneiden ciseauxcouper scissorscut

32 Sonderfaumllle

Fuumlr beide Varianten des paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssystems gilt natuumlrlich Sobald auf der Achse BC mehr als zwei gleichrangige Mitglieder anzusiedeln sind sobald also in Trubetzkoys oder Coserius Terminologie eine laquoaumlquipollenteraquo und nicht eine laquoprivativeraquo Opposition vorliegt37 verliert die Assoziation von einem dieser Mitglieder zum anderen an Schaumlrfe die buumlndelnde Kraft des einzigen Antonyms oder des in spezifischer Weise kontigen Partners fehlt Musterbeispiel ist das Dreiecks-Modul fuumlr die Farbwerte im Gegensatz zu dem fuumlr die Grauwerte

Wegen der Auswahl aus einer groszligen Zahl gleichberechtigter Moumlglichkeiten sind die Reaktionen auf Farben dementsprechend wenig gebuumlndelt38 ndash auf gelb nennen an ers-ter Stelle 14 der amerikanischen Pro- [p 26] banden blau 12 der deutschen rot 11 der franzoumlsischen gruumln Bei den Ausgangswoumlrtern blau und gruumln ist die Assozia-tion im paradigmatischen Bereich sogar schwaumlcher als im syntagmatischen ndash hier nen-nen die Probanden in allen drei Sprachen an erster Stelle den Himmel (blau) und den Bereich GrasWieseLandschaft (gruumln) und dies mit einer Frequenz die vertreten durch Werte zwischen 20 und 30 deutlich uumlber den Frequenzen liegt die in den ande-

37 Coseriu 19641978 120f 1976 34 Eine graduelle Opposition entspricht wie oben in Anm 5 erwaumlhnt einer Unterart des aristotelischen Entgegengesetzten mit gegebenem tertium38 Nach der oben erwaumlhnten aristotelischen Farbkonzeption oder dem analogen Vorschlag bei Weinrich 1967 2213 oder Coseriu 1976 43f waumlren die beiden Dreiecks-Moduln zu einem einzigen zu kombinieren - die extremen Farbwerte waumlren also schwarz und weiszlig Dem widerspricht einerseits nicht das Assoziationsverhalten der Probanden im englischen franzoumlsischen und deutschen Sprachbereich wo auf rot blau gelb gruumln sowie auf Farbe jeweils auch und zT mit betraumlchtlichen Nennungszahlen schwarz undoder weiszlig genannt werden (Bei gebildeten franzoumlsischen Sprechern liegt in einem dieser Faumllle freilich eine syntagmatische Assoziation vor gerade wegen ihrer Bildung assoziieren 18 an erster Stelle auf rouge das Wort noir) Andererseits entspricht das Assoziieren von schwarz undoder weiszlig auf Farbadjektive den Erkenntnissen die der geniale Edwin H Land (1977) uumlber die Physiologie des Farbsehens gewonnen hat

ren Faumlllen fuumlr Farbwerte eintreten ndash Auch zwischen Zahlen scheinen auf den ersten Blick dieselben aumlquipollenten Beziehungen zu bestehen wie etwa zwischen Farbadjekti-ven Bei naumlherem Zusehen zeigt sich jedoch dass als spezifische Relation zwischen Zah-len die Relation bdquogroumlszliger als gesehen wird (Ganz abstrakt lautet die Regel fuumlr das Zaumlhlen ja Ersetze die letzte Zahl n durch n+1) Entsprechend sind die Assoziationen auf Zahlwoumlrter immer gerichtet zB im Sinn des n + 1 auf zwei wird drei auf drei wird vier assoziiert auf jeden Fall immer eine houmlhere Zahl39

Ein weiterer Sonderfall sind Erfahrungsbereiche die nicht zu denjenigen einer Vielzahl von Sprechern gehoumlren Zum Loumlwen wird gemeinhin als kontiger Partner im Erfahrungsbereich exotische wilde Tiere der Tiger assoziiert Beim Adler fehlt fuumlr den normalen Sterblichen der Partner In solchen Faumlllen kann die Assoziation dann zur Spitze A eines potentiellen Moduls verlaufen (man koumlnnte auch sagen Auf dem Weg von B zu einem potentiellen C endet die Assoziation in Ermangelung eines C bei A das sonst die Zwischenstation gewesen waumlre) Die Konsequenz Die haumlufigste Assoziation auf Ad-ler ist Vogel (21) oiseau (16) und bird (55) Solche Assoziationen zum Klassennamen dh zur Spitze A des Moduls hin sind relativ selten Mit groumlszligerer Haumlufig-keit treten sie sozusagen als Vorstufe zu Similaritaumlt-Kontrast-Assoziationen bei sprach-lich weniger sozialisierten Probanden auf40 [p 27]

4 Schlussuumlberlegungen

laquoDie Aufstellung von Oppositionen ist im Wortschatz wesentlich komplizierter als im phonologischen System einer Sprache da die beteiligten Merkmale wesentlich zahlrei-cher sind als in der Phonologie Prinzipiell handelt es sich jedoch um die gleichen Oppositionstypenraquo (Coseriu 1973 65)

Ich habe eingangs gezeigt dass Zweierschemata haumlufig als Denkmodell verwendet wer-den dass die Sprache im Bereich der Bezeichnungen des Entgegengesetzten uumlber eine ganze Skala solcher Zweierschemata verfuumlgt weiterhin dass Wahrnehmen und Erfassen von etwas stets zugleich bedeutet uumlber die Information hinausgehen die gegeben wird und dass auch bei diesem laquouumlber die Information hinausgehenraquo wieder Zweierschemata wie die von Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz entscheidend sind Ich habe dann Ergebnisse der sprachlichen Assoziationsforschung einer ersten Analyse unterzogen und diese Analyse in einem weiteren Schritt dadurch vertieft dass ich sprachliche Assoziationen als den Reflex von Strategien aufgefasst habe die dazu dienen semantische Information zu erfassen und einzuordnen Zum Abschluss will ich in vier Schlussuumlberlegungen skizzieren worin der moumlgliche Ertrag einer staumlrkeren Einbeziehung der Assoziationsforschung und verwandter Gebiete liegen kann in einem (1) Einblick in das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems und seine (2) Transformation in Onto- und Pathogenese sowie in der Diachronie in einem (3) neuen Licht das auf Probleme der Wortfeldforschung geworfen wird und schlieszliglich auch in einer (4) angemesseneren Haltung gegenuumlber der Wissenschaftsgeschichte

39 Schuchardts oben zitierte Vermutung auf drei koumlnne (aus Gruumlnden der Lautaumlhnlichkeit) auch zwei assoziiert werden ist auch deshalb abwegig weil Ruumlckwaumlrtszaumlhlen eine sehr schwierige Aufgabe ist sie wird zB haumlufig verwendet um das Ausmaszlig von Aphasien zu bestimmen Dasselbe gilt fuumlr Tages- und Monatsnamen wo die spezifische gerichtete Relation bdquospaumlter als oder bdquonach lautet40 Vgl Rosenzweig 1970 102 105 zum relativ groszligen Anteil der Assoziationen zum Oberbegriff hin bei amerikanischen und franzoumlsischen Arbeitern Jenkins 1970 7 erwaumlhnt das Zuruumlckgehen der Oberbegriffs- und der Synonym-Assoziationen in der Geschichte amerikanischer Assoziationstests - Angesichts des vorliegenden Materials ist mir unklar worauf Clark (1970 279) die Ansicht stuumltzt laquoFast-Synonymeraquo wie house - home odour - smell seem - appear thing - object sowie Ober- und Unterbegriffe kaumlmen bei den Wortassoziationen oft vor

41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems

In unserem paradigmatischen Orientierungssystem scheint es zwei Bereiche zu geben die flieszligend ineinander uumlbergehen und miteinander kombiniert sein koumlnnen ei-nen Bereich mit Similaritaumlt-Kontrast- und einen Bereich mit Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-(Distanz-)Struktur Im einen Bereich wird Information aumlhnlich wie im Fall des bdquoGesetzes der Gleichfoumlrmigkeit (und des Kontrastes) vor dem Hintergrund der Similaritaumlt domi-nant eingeordnet im Hinblick auf das Entgegengesetzte im anderen im Hinblick auf den Nachbarn im selben Erfahrungsbereich ndash was dem gestaltpsychologischen bdquoGesetz der Naumlhe entsprechen wuumlrde

[p 28] Das erste System strukturiert durch seine Reduktion auf in der Regel zwei Alternativen (mit falls ein tertium zugelassen ist Zwischenmoumlglichkeiten) unsere Erfah-rung in auszligerordentlich starkem Maszlig Hier bestehen zugleich die groumlszligten auszligereinzel-sprachlichen Uumlbereinstimmungen ndash und zwar deswegen weil bestimmte Strukturie-rungs-Dimensionen ethologisch gesehen nichts anderes darstellen als Verbalisierungen jener Interpretation der Natur der Umwelt und ihrer Gesetzlichkeiten die unser Organismus im Lauf seiner entwicklungsgeschichtlichen Adaptation vorgenommen hat Orientierung im Raum in der Zeit Orientierung durch Houmlren Sehen Riechen Schme-cken Fuumlhlen und Tasten Eine Reihe solcher Strukturierungs-Dimensionen (die generell Coserius und Pottiers Klassemen Greimas Kontextsemen oder Luumldis Kongruenzsemen gleichen)41 sind sogar grammatikalisiert also zu grammatischen Ordnungsdimensionen geworden (wobei die Einzelsprachen das Angebot natuumlrlich in jeweils verschiedener Weise wahrnehmen) Es geht ua pythagoreisch ausgedruumlckt um die Unterscheidung zwischen dem Einen und dem Vielen um die zwischen maumlnnlich und weiblich (die im grammatischen Bereich freilich neutralisiert werden kann) zwischen tot und lebendig (wofuumlr die Grammatiker unbelebtbelebt vorziehen) zwischen menschlich und nicht-menschlich geben (bdquoAllativ bdquoDativ) und nehmen (bdquoAblativ) zwischen ich und du ja und nein (vierte Art des Entgegengesetzten im aristotelischen Sinn) hier und dort jetzt und nicht-jetzt42

Besonders augenfaumlllig sind solche Klasseme und ihre Reduktionsleistung in den sogenannten Klassifikator-Sprachen ndash dort hat jedes Nomen ein Element bei sich das das Bezeichnete einer bestimmten Klasse von Denotaten zuweist etwa zur Klasse Tier oder Mensch zur Klasse der horizontalen oder vertikalen Objekte ndash wobei was nicht unerwartet ist als generellstes und haumlufigstes Klassifikationskriterium die Opposition zwischen belebt und unbelebt verwendet wird (vgl Serzisko 1980)

Unser so vorstrukturiertes Wahrnehmen und Denken erkennt umgekehrt in der Umwelt wieder Prinzipien wie die eingangs genannten Gegensatzpaare des fruumlhgriechi-schen Denkens ndash wobei inzwischen klar sein duumlrfte dass es sich um alles andere als um bdquoarchaisches oder bdquoprimitives Denken handelt Bemerkenswert an den Wort-Assozia-tionen ist ja ua dass man sie nicht dadurch erhaumllt dass man im Sinn des dritten noogenetischen Prinzips von Spearman den Ausgangspunkt und die gewuumlnschte Rela-tion vorgibt um zu einem Ergebnis zu kommen es genuumlgt die Angabe des Ausgangspunkts Wahrnehmen Erkennen Verstehen bedeuten naumlmlich stets Einordnen Relationen herstellen ndash gleichguumlltig ob es um [p 29] die optische Wahrnehmung geht an der einige (vermutlich verwandte) Gestaltgesetze erlaumlutert wurden oder aber um das Einordnen sprachlicher Information So ist es ganz selbstverstaumlndlich dass die gege-

41 Vgl Coseriu 1972 52 LorenzWotjak 1977 235 mit Anm 10342 Vgl zur binaumlren Opposition als einer Extremform des grammatischen Paradigmas auch Weinrich 1967 1975

bene Information erst im Hinausgehen uumlber das Gegebene erfasst wird - ein Hinausge-hen das die Psychologen bekanntlich auch Denken nennen Im sprachlichen Erfassen ist so auch das Denken oder laquouumlber das Gegebene Hinausgehenraquo angelegt Das Denk-schema von These Antithese und Synthese spiegelt zB das Dreiecks-Modul des Similaritaumlt-Kontrast-Systems wider Mann und Frau sind in Mensch aufgehoben43

Waumlhrend im Bereich des Similaritaumlt-Kontrast-Systems nicht nur im Prinzip son-dern zT auch materiell gewisse auszligereinzelsprachliche Uumlbereinstimmungen vorhanden sind gibt es im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System natuumlrlich entsprechend dem Erfahrungs- und Lebensbereich kulturelle und soziale Unterschiede Entscheidend ist jedoch auch hier dass Einordnen nicht nur bedeutet in Relation Setzen zu diese Relationen sind ebenso wie die Kontrast-Relation im anderen System wiederum ganz spezifische ihrer-seits in aller Regel uumlberindividuelle Denk-Relationen TeilGanzes Kausalitaumlt Finalitaumlt Zeitrelation Invariant oder auszligereinzelsprachlich sind also die Relationen nicht notwendigerweise dagegen die Terme die durch solche Relationen verbunden sind

42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semanti-schen Orientierungssystems

Nach den vorgefuumlhrten Analysen gibt es drei Strategien zur Wahrnehmung und Einordnung semantischer Information eine dominant syntagmatische und die beiden eben erwaumlhnten paradigmatischen Dabei entspricht die syntagmatische Strategie dem was Hansjakob Seiler im Bereich der bdquosprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden mit Piaget zunaumlchst als Einordnen dann als Individualisierung bezeichnet hat insbeson-dere das paradigmatische Similaritaumlt-Kontrast-System entspricht dagegen dem Seiler-schen Klassifizieren bzw Generalisieren als der anderen polaren Instanz im Bereich der sprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden (Seiler 1981) Die Charakteristika aller drei Orientierungs- und [p 30] Einordnungssysteme sind in der folgenden Uumlbersicht nochmals zusammengestellt

I II IIISyntagmatisches Konti-guitaumlts-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontrast-System

Dominante Strategie Einordnen in ein groumlszlige-res Syntagma (dh in ein komplexeres Zei-chen)

Zuordnung eines Part-ners aus demselben Er-fahrungsbereich (uumlber spezifische Relationen)

Zuordnung eines Anto-nyms (uumlber die Gegen-satz-Relation)

Wortklasse in aller Regel verschie-den

in der Regel gleich gleich

Kontiguitaumlt vs Distanz ja ja

43 Es ist gewiss nicht erstaunlich dass wie Coseriu (1977a) gezeigt hat gerade Hegel in seiner Humboldt-Rezension als Vergleichsgrundlage fuumlr alle Sprachen die Unterscheidung von Gattungen und Arten bzw von laquoAllgemeinheiten und Bestimmtheitenraquo ansieht ndash mit anderen Worten also das DreiecksModul in sei-ner Similaritaumlt-Kontrast-Auspraumlgung ndash Die Bolle des Kontrasts (als drittes Moment neben Similaritaumlt und Kontiguitaumlt) hat aus der phaumlnomenologischen Tradition heraus sehr schoumln und einleuchtend Elmar Holen-stein dargestellt und gerade auch fuumlr die sprachliche Seite als grundlegend bezeichnet laquoDamit uumlberhaupt eine Auswahl (gemeint ist auf der paradigmatischen Achse der Selektion) getroffen werden kann muss sich etwas von etwas abhebenraquo (1976 86) Bruners going beyond the information given kann also zT auch im phaumlnomenologischen Sinn interpretiert werden

Similaritaumlt vs Kontrast ja ja

Fuumlr alle Woumlrter moumlg-lich

ja groszliger Bereich kleiner Bereich (bdquosemantische Struktur-woumlrterldquo)

Die spezifischen Relationen im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System entsprechen dabei in etwa Piagets laquoinfralogischenraquo Relationen oder Spearmans (1923 67-71) laquorealraquo relati-ons die Relationen des Similaritaumlt-Kontrast-Systems entsprechen dagegen Piagets laquologi-schenraquo und in etwa wohl Spearmans (71-74) laquoidealraquo relations Fuumlr die veschiedentlich erwaumlhnte nicht scharfe Trennung der Bereiche II und III duumlrften ua die Teil-Ganzes-Relationen verantwortlich sein die sowohl im laquologischenraquo (Inklusion) als auch im laquoinfralogischenraquo Bereich vorkommen Waumlhrend die Relationen des Similaritaumlt-Kontigui-taumlt-Systems dominant gerichtete Relationen sind ist die Gegensatz-Relation des Similaritaumlt-Kontrast-Systems grundsaumltzlich zweiseitig Abweichungen ergeben sich insbesondere durch Polysemie (vgl o S 12)

Ontogenetisch gesehen werden nun die paradigmatischen Systeme II und III uumlber das syntagmatische System I aufgebaut Dabei nimmt das System II wie aus seinen Merkmalen ersichtlich ist eine Mittelstellung zwischen den Systemen I und III ein - im Sinn der Konzeption Seilers stellt es also gewissermaszligen den bdquoWendepunkt zwischen den beiden Polen der Dimension sprachliche Erfassung von Gegenstaumlnden dar Auch der flieszligende Uumlbergang zwischen den drei Systemen erhellt aus dem Schema die Grenz-faumllle liegen interessanterweise nicht zwischen I und III sondern zwischen den Systemen III (zB Coserius laquolexikalische Solidaritaumltenraquo) und zwischen den Systemen IIIII Es ist somit plausibel dass [p 31] in der Ontogenese die Systeme in der Reihenfolge I-II-III aufgebaut werden Das System III nimmt dabei insofern eine Sonderstellung ein als es wie die letzte Zeile des Schemas nochmals ausweist direkt nur auf einen kleinen aber wichtigen Ausschnitt des Wortschatzes anwendbar ist

Was den Abbau der Sprache bei pathologischer (oder altersbedingter) Beeintraumlchtigung des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems betrifft so ist den vorliegenden Beobachtungen nach die Reihenfolge wohl umgekehrt Das System III wird vor dem System II beeintraumlchtigt Dies entspraumlche der Erkenntnis Jakobsons dass man zuerst verliert was man zuletzt erworben hat44 Was schlieszliglich diachronische Transformationen speziell den Bedeutungswandel betrifft so ist die Affinitaumlt zu Uumlberlegungen sehr wichtig die in Teilbereichen schon Wilhelm Wundt (o S 7) und dann vor allem Stephen Ullman angestellt hat Ullman resuumlmiert ja die Arbeit seines Lands-manns Zoltan Gombocz (Jelentestan Pecs [Fuumlnfkirchen] 1926) und den ihm zu Grunde liegenden Aufsatz von Leacuteonce Roudet (1921) mit folgenden Worten

laquoAn associative network of names clusters around each name some of these associations are rooted in similarity others in contiguityraquo (1967 79)

Dem entspricht dann seine Klassifizierung des Bedeutungswandels (1967 220ff) Uumlbertragung von signantia aufgrund von Similaritaumlt bzw Kontiguitaumlt zwischen den sig-nata bzw umgekehrt Uumlbertragung von signata aufgrund der SimilaritaumltKontiguitaumlt zwi-schen den signantia Zu praumlzisieren waumlre dass es sich nicht um Similaritaumlt oder Kontiguitaumlt handelt sondern um Transfer im Rahmen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- oder 44 Die Arbeit von Stachowiak uumlber die Semantische Struktur des subjektiven Lexikons (1979) bestaumltigt diese Hypothese was dort vorgefuumlhrt wird laumlsst sich mE alles in dem Sinn interpretieren dass bei aphasischem Abbau der Sprache vor allem das System III beeintraumlchtigt wird Nach dem was oben (S 18f) uumlber die Komplexitaumlt von Benennungs- und Assoziations-Aufgaben gesagt wurde unterstreicht dies im Grund auch die These Jakobsons dass es sich im wesentlichen um eine Stoumlrung handelt bei der die metasprachliche Punktion der Sprache beeintraumlchtigt ist

des Similaritaumlt-Kontrast-Systems die Rolle des Kontrasts ist wie schon Wundt sah in der Tat nicht unwichtig45 [p 32]43 Wortfeld-Probleme

Die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen werfen auch ein Licht auf manche Probleme der Wortfeldforschung Zunaumlchst erklaumlren sowohl die Wortassoziationen als auch die Sprechfehler das eher selten reflektierte Phaumlnomen dass die bisher vorgestellten Wortfelder alle aus Elementen derselben Wortart bestehen46 Weiterhin muumlsste man ge-maumlszlig den beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssystemen wohl auch zwischen zwei Grundarten von Wortfeldern unterscheiden zwischen solchen des Similaritaumlt-Kontrast-Typs und solchen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- [p 33] Systems (etwa Wortfeld desWohnens der Werkzeuge der Landschaft)47 In der Form wie sie durch die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen nahegelegt werden vermitteln dabei die Wortfel-

45 Was die Unterscheidung der beiden paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssysteme angeht so fuumlhle ich mich nicht nur in der guten Gesellschaft Ullmans sondern auch in der einer Reihe von Psychologen Sprachpsychologen und Aphasieforschern Jean Piaget und Baumlrbel Inhelder unterscheiden bei der Ordnungsleistung von Kindern zwischen dem Ordnen nach dem Prinzip der Aumlhnlichkeit und nach demjenigen der Konvenienz und etwa analog dazu zwischen den schon erwaumlhnten laquologischenraquo Relatio -nen (Klassifizierung) und den laquoinfralogischenraquo (PiagetInhelder 19731 38ff) Elisabeth Wiig und Diana Globus haben 1971 in einem kontrollierten Assoziationsversuch mit 7 Aphasikern und 7 gesunden Kon -trollpersonen explizit mit Piagets logischen und infralogischen Relationen gearbeitet Das Ergebnis kann nicht nur dahingehend interpretiert werden dass es entsprechend zu diesen Relationen zwei verschie -dene Orientierungs- und Einordnungssysteme gibt sondern auch dahingehend dass das klassifikatorische System (Similaritaumlt-Kontrast-System) sowohl bei Gesunden als auch bei Aphasikern im Verfahren der kontrollierten Assoziation (gegeben ist ein Ausgangsbegriff und die Relation gesucht wird ein Zielwort) nur dann gute Ergebnisse erbringt wenn die Merkmalunterschiede gering sind - und am geringsten sind sie natuumlrlich bei binaumlren Oppositionen also etwa bei Antonymie Sobald die Merkmalsunterschiede groumlszliger werden etwa beim Ausgangsbegriff Kind und dem gesuchten Begriff Eltern sind die Suchergebnisse bei Aphasikern und Gesunden gleichermaszligen schlecht Dagegen funktioniert das infralogische System sowohl bei hoher als auch bei geringer Kontiguitaumlt der Begriffe bei den unter-suchten Aphasikern und den gesunden Kontrollpersonen recht gut (laquoWas ist der Zweck von Heizung - Ergebnis Waumlrme oaraquo) ndash Was die beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssysteme an-langt stehe ich auch weitgehend in Einklang mit James Deese Deese zieht nach einer essentiell faktoranalytischen Untersuchung von Assoziationsverhalten ua folgende Konsequenz (1965 164) laquoThe data on associative distribution suggest that the two fundamental operations we have for sorting out meaningful ndashthat is logical and syntactical relations among wordsndash are contrast and groupingraquo Deese sieht freilich ua nicht die Einordnung in ein Syntagma als dritte Strategie und anhand einer sprachpsychologischen Darstellung des Assoziationsverhaltens wie sie etwa von Houmlrmann (1967 115-156) gegeben wird vermisst man generell den Ansatz Assoziationen als Reflex von Strategien zum Erfas-sen von Bedeutung anzusehen so erscheinen dann viele Beobachtungen die anhand des obigen Schemas sinnvoll integriert werden koumlnnen eher als membra disiecta ndash Ich nenne schlieszliglich noch die Arbeit von Huber et al 1975 und die schon erwaumlhnte Dissertation von Stachowiak (1979) In der Arbeit von 1975 wird ndashbei einer Beschreibung jenes Aphasie-Typs der nach Carl Wernicke benannt istndash unterschieden zwischen zwei Orientierungsprinzipien im Lexikon einem laquosemantisch-klassifikatorischenraquo und einem laquosituativ-referentiellenraquo (1975 88 vgl Stachowiak 1979 58f) Ich bin freilich nicht einverstanden mit der These Stachowiaks es handle sich dabei einerseits um einen laquoinnersprachlichenraquo andererseits um ei-nen laquoenzyklopaumldischenraquo Bereich Wesentlich ist was nochmals betont sein soll fuumlr beide Bereiche als invariantes Prinzip dasjenige der Relation dabei sind die Relationen im einen Fall gewiss klassifikatorisch im anderen laquoinfralogischraquo beide Arten von Relationen sind jedoch gleichermaszligen uumlberindividuell und sie werden gleichermaszligen erlernt46 Geckeler sieht (1971 218) die Wortart-Gleichheit als die gewissermaszligen selbstverstaumlndliche Folge ei -ner paradigmatischen Perspektive an (was einer engen Konzeption von Paradigma entspricht) vgl u S 3547 Wenn ich recht sehe korrespondieren die beiden Grundarten mit einer Unterscheidung die Coseriu (1976 47f) innerhalb eines seiner fuumlnf Kriterien zur Klassifizierung von Wortfeldern macht naumlmlich der Unterscheidung zwischen laquorelationellenraquo und laquosubstantivenraquo Oppositionen bzw Feldern Im Rahmen der hier vorgetragenen Konzeption wird diese Unterscheidung zu einer zentralen Groumlszlige

der des Similaritaumlt-Kontrast-Typs gewissermaszligen zwischen zwei extremen Konzeptio-nen von Wortfeld zwischen der von Andre Jolles und der von Jost Trier Jolles (der des-halb von Trier und anderen gescholten wurde) wollte nur Minimalformen mit jeweils zwei (antonymen) Gliedern als laquoBedeutungsfelderraquo gelten lassen Felder die in dieser Form natuumlrlich fest umgrenzt waumlren (Jolles 1934) Fuumlr Trier galt dagegen das Prinzip der Wert jedes Worts ergebe sich aus dem Feldwert also aus der Position in einem semantischen Feld Das Wort bedeute laquonur in diesem Ganzen und kraft dieses Ganzenraquo Die vermittelnde Position ist die in einem zentralen Antonymenpaar den festen Kern zu sehen um den sich ein ganzes Feld verwandter Termini schart wobei im Normalfall die Grenze des Feldes verschwimmt Das Feld waumlre also nur von seinem zentralen Kern aus als solches zu greifen Geckelers Doppel-Wortfeld zwischen altrsquo und seinen beiden Antonymen jung und neursquo scheint mir de facto im Sinn einer solchen Konzeption interpretierbar zu sein

Die Wortfelder des Similaritaumlt-Kontrast-Typs lassen sich nun wie schon er-waumlhnt in einleuchtender Weise mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Spaumltestens bei dem Versuch Wortfelder des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs merkmalsemantisch zu rekonstruieren treten jedoch betraumlchtliche Schwierigkeiten auf Ein Verfahren auch solche Bereiche bdquodurchsichtig zu machen besteht nun darin dass man an die Spitze eines Feldes neben den eventuell vorhandenen Oberbegriff noch eine der spezifischen Auspraumlgungen der Kontiguitaumlts-Relation stellt (wodurch dann das was die Basiskante BC des Moduls von S 21 ausmacht als Seitenkante bzw Suchbegriff verwendet wird) Pottiers Wortfeld der Sitzmoumlbel im Franzoumlsischen hat als konstituierende Merkmale ne-ben dem Oberbegriff Artefakt eine solche spezifische Auspraumlgung naumlmlich das finale zum Sitzen Die Similaritaumlt die durch diese beiden Merkmale geschaffen wird stellt einerseits das Auswahlkriterium dar nach dem das Feld begrenzt andererseits den Hintergrund an Similaritaumlt vor dem es analysiert werden kann Ein Bereich wie Werk-zeug laumlsst sich um ein weiteres Beispiel zu geben nur schwer merkmalsemantisch beschreiben weil man Begriffe wie Stechbeitel Loumltkolben Nietzange und Maumlhdre-scher zu beruumlcksichtigen haumltte Fuumlgt man jedoch zu Werkzeug die finale Relation zum Bearbeiten von (beispielsweise von Holz) so entsteht ein uumlberschaubares und strukturierbares Feld [p 34]

Dabei zeigt sich nicht nur dass solche Wortfelder in gewissem Maszlig beliebig (re)konstruierbar sind - man kann etwa Katze mit gleichem Recht einmal zu den Haus-tieren ein andermal zu den fleischfressenden Saumlugetieren rechnen Es zeigt sich gleichzeitig dass eine solche Rekonstruktion genau nach dem dritten noogenetischen Prinzip von Spearman verlaumluft Zu einem Ausgangsbegriff (Werkzeug) und einer Rela-tion (zum Bearbeiten von Holz) werden Entsprechungen gesucht und gebildet Unter dem Blickwinkel dieses noogenetischen Prinzips sind Wortfelder nun nicht nur beschreibbar als Ergebnisse eines Verfahrens der kontrollierten Assoziation die beiden angedeuteten Grundtypen von Wortfeldern beruhen dann sogar beide auf demselben Grundprinzip Gegeben ist der Ausgangsbegriff und eine Relation ndash eine Relation die im Fall des Similaritaumlt-Kontrast-Typs die Gegensatzrelation ist im Fall des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs eine finale kausale temporale lokale TeilGanzes-Relation etc Dass solche Konstruktionen oder Rekonstruktionen48 also die Wortfelder der Linguisten keinesfalls - um mit Gauger (zB 1976) zu sprechen - laquobewusstseinsfremdraquo sind zeigt gerade das Verfahren der freien Assoziation dessen Interpretation Ausgangspunkt die-ser Uumlberlegungen war

Dies hat auch Auswirkungen auf das von Saussure aufgeworfene Negativitaumltsproblem Gewiss bedeutet Vater nicht nur Nicht-Mutter sondern auch

48 Von der Konstruktion von Wortfeldern spricht auch Coseriu (zB 1970 113)

Nicht-Sohn Nicht-Barock Nicht-Jahrhundert Bei einer solchen Betrachtung wird je-doch eine bestimmte Art des Gegensatzes die parmenideische Relation des bdquoIst nicht verabsolutiert Sie spielt gewiss eine wichtige Rolle in der Sprache sowohl in der Semantik als auch im Bereich der geschlossenen grammatischen Paradigmen Man sollte jedoch (trotz des Umstands dass die Kontrast-Relation und mit ihr die Relation des oppositiven bdquoIst nicht gerne als laquologischraquo die Relationen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Systems dagegen als laquoinfralogischraquo bezeichnet werden) nicht vergessen dass beide Ar-ten von Relationen unabdingbare Konstanten unseres Wahrnehmens Erfassens und Denkens darstellen und dass eine Semantik die nicht bewusstseinsfremd sein will dementsprechend nicht nur die im Motto auf S 27 angegebenen Oppositionen sondern die ganze Skala moumlglicher Relationen mit in ihr Beschreibungsinstrumentarium aufneh-men muss

44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte

Eugenio Coseriu hat 1977 in seiner Antrittsrede an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften als eines der vier Prinzipien seines Schaffens das Stichwort Tradition und Neuerung genannt Es heiszligt dort laquodass die Geschichte unserer Wissenschaften wie uumlberhaupt die Kultur- [p 35] geschichte Fortsetzung von Traditionen und Erneuerung innerhalb von Traditionen istraquo Man sage eigentlich Neues nur wenn man an Traditionen anknuumlpfe und Traditionen fortsetze (1977 109 vgl 1979 5) Ich habe im vorliegenden Beitrag versucht in mehrfacher Weise an solche Traditionen anzuknuumlpfen ua an diejenige der Assoziationsforschung der Jahrhundertwende Dass hier uumlberhaupt von einem (Wieder-)laquoAnknuumlpfenraquo gesprochen werden muss hat seine Gruumlnde

Der Begriff Assoziation war noch Saussure so gelaumlufig dass er ihn in dem Sinn verwendete in dem heute Paradigma und paradigmatisch gebraucht werden (Saus-sure spricht nicht von paradigmatischen sondern von assoziativen Relationen) Henri Frei oder Charles Bally setzten in dieser Hinsicht nicht nur die Tradition des Meisters fort Bally kannte wie ua einschlaumlgige Stellen aus dem Traiteacute de stylistique franccedilaise von 1909 zeigen offensichtlich auch die Arbeit von Thumb und Marbe sowie den dort angesprochenen Bereich des Assoziierens insbesondere zum Gegenteil hin Seither hat jedoch in der Sprachwissenschaft ein grundlegender Paradigmawechsel stattgefunden Eine im Uumlbermaszlig psychologisierende Stroumlmung wurde wie uumlblich durch das Gegenteil abgeloumlst und seither scheinen die Sprachwissenschaftler den Begriff Assoziation als et-was eher Anruumlchiges zu meiden und allenfalls mit ganz spitzen Fingern anzufassen laquoCest pour eacuteviter le psychologisme adopteacute dans le Cours de F de Saussure que je substi-tue le terme rapport paradigmatique agrave celui de rapport associatifraquo schreibt Louis Hjelmslev der den terminologischen Wandel vollzogen hat in einer Fuszlignote des Vor-trags den er 1936 auf dem Linguisten-Kongress in Kopenhagen gehalten hat (1938140) Interessanterweise ist auch der Anti-Psychologismus wie Gauger zeigen konnte (1976 73-87) bei Saussure schon mit angelegt

Freilich motiviert sowohl die weitere Geschichte der Assoziationsforschung als auch die Auffassung der Sprechfehler diese spitzen Finger in betraumlchtlichem Maszlig beide Phaumlnomene wurden in den Bereich der Abnormalitaumlt und des Pathologischen geruumlckt Was das Versprechen angeht so ist die Ursache kein anderer als Sigmund Freud er griff aus den Sprechfehlern die Meringer und Mayer vorgefuumlhrt hatten vor allem die Gruppe des Versprechens zum Gegenteil hin heraus und interpretierte sie in dem bekannten Sinn Das Versprechen zum Gegenteil hin lege die geheimen Gedanken des Sprechers bloszlig Dies ist ganz ohne Zweifel eine Uumlberinterpretation die in manchen Faumlllen zutreffen

mag fuumlr den Durchschnittsfall jedoch keinerlei Allgemeinguumlltigkeit beanspruchen kann49 Wie nachhal- [p 36] tig die Interpretation Freuds ndashin diesem Fall leiderndash ge-wirkt hat zeigt die Verbindlichkeit jener Bezeichnung mit der man Sprechfehler heute erfasst bdquo(Freudsche) Fehlleistungen Ein in gleichem Maszlig bdquopathologischer Geruch begleitet spaumltestens seit 1910 die Versuche mit Wortassoziationen Carl Gustav Jung machte Versuche mit Assoziationen Kent und Rosanoff hatten die Absicht mit ihrer Liste von 100 Ausgangswoumlrtern und dem Durchschnitt der Assoziationen von 1000 Probanden eine Norm aufzustellen von der sich abnormale Assoziationen abheben soll-ten Die Untersuchung erschien nicht nur in der Zeitschrift American Journal of Insanity sie hieszlig auch noch A Study of Association in Insanity I Association in Normal Subjects Alle seitherigen einschlaumlgigen Assoziations-Listen werden von den Psychologen entspre-chend mit dem Etikett Norm versehen (laquoRussellJenkins-Normraquo laquoPalermoJenkins-Normraquo etc)

Die Haltung spaumlterer Sprachwissenschaftler ist also auch damit zu erklaumlren dass das Assoziieren und die Sprechfehler durch Pathologisierung ihrer ehemaligen (und angemesseneren) Unschuld verlustig gegangen waren Freilich gibt es seit einiger Zeit wieder ein neues und zunehmendes Interesse an Fragestellungen des Sich-Versprechens Assoziierens und der (wirklich zum Bereich des Pathologischen gehoumlrenden) Aphasie-Forschung50 Dass dabei in der Regel die eigentliche Tradition ausgespart wird ist weniger erfreulich Denn es geht nicht nur um eine sehr alte Tradition des Denkens es geht mit der Omnipraumlsenz bestimmter Relationen eigentlich um grundlegende Charakteristika des Sprechens und Denkens selbst

Freiburg Wolfgang Raible

[p 37] Literaturverzeichnis

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49 Vgl hier die analoge Einstufung der Freudschen Konzeption sprachlicher Fehlleistungen bei Kainz 1956 38 - Die Auseinandersetzung zwischen Freud und Meringer war zT sehr heftig Auf einer houmlheren Stufe der Eskalation zieh Meringer Freud beispielsweise der laquoStuumlmperraquo-Haftigkeit auf dem Gebiet des Beobach-tens laquoEr sieht und houmlrt naumlmlich nur das was sich eventuell zur Begruumlndung seiner phantastischen Theorien missbrauchen laumlsst Die unendlich vielen Faumllle die sich dagegen mit Haumlnden und Fuumlszligen straumlu-ben sieht er nicht (1912 55)50 Ich nenne drei Indizien fuumlr die Wiederbelebung der Tradition bzw das verstaumlrkte Interesse an den betreffenden Zusammenhaumlngen Erstens wird die Arbeit von Meringer und Mayer in einem 1973 von Victoria A Fromkin herausgegebenen Sammelband in den beiden Beitraumlgen der Herausgeberin wenigs-tens gelegentlich wenn auch zT falsch zitiert Die Arbeit von Thumb und Marbe wurde 1978 sogar neu ediert Zweitens gibt es insbesondere in den Vereinigten Staaten eine Reihe von Arbeiten zu linguistischen Aspekten der Assoziationsforschung (die wichtigste ist wohl die allerdings weitgehend psychologisch und psychometrisch orientierte von Deese 1965) die zB in den Versuch einer Synthese eingegangen sind den Herbert H Clark 1970 veroumlffentlicht hat (Die Arbeit von Clark ist freilich noch ein wenig zu stark dem Grammatikmodell der Transformationsgrammatik verhaftet) Noumlth (1975) hat den Ansatz von Clark zT weitergefuumlhrt sich zT jedoch auch in kasuistischen Uumlberlegungen gefangen Drittens ist das Wiedererwa-chen des linguistischen Interesses an der Aphasie-Forschung zu vermerken (es war zB schon bei Meringer und Mayer vorhanden) Fuumlr dieses ndashallerdings in Schuumlben auftretendendash Interesse ist nicht zuletzt auch Roman Jakobson verantwortlich

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  • Von der Allgegenwart des Gegensinns
  • (und einiger anderer Relationen)
  • Strategien zur Einordnung semantischer Information
  • Wolfgang Raible (Universitaumlt Freiburg)
  • Eugenio Coseriu zum 2771981
  • 21 Gesetzmaumlszligigkeiten des Assoziierens
  • 211 Argumentum quantitatis
  • 212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt
  • 22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens
  • 311 Syntagmatisches Assoziieren
  • 312 Paradigmatisches Assoziieren
  • 3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System
  • 3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System
  • 32 Sonderfaumllle
  • 41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems
  • 42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semantishyschen Orientierungssystems
  • ja
  • Fuumlr alle Woumlrter moumlgshylich
  • 44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte
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  • Ullmann S The Principles of Semantics OxfordGlasgow 1967
Page 18: latina.phil2.uni-freiburg.delatina.phil2.uni-freiburg.de/.../Files/Gegensinn_neu.docx  · Web viewZeitschrift für romanische Philologie Bd. 97, Heft 1/2, S. 1-40. Die Seitenangabe

vorlaumlufigen32) Zuordnung einer Wortart Beim dominant syntagmatischen Assoziieren besteht die Strategie fuumlr die Zuordnung einer Bedeutung zu dieser Einheit aus Wortart und Lautschema vor allem im Assoziieren eines syntagmatischen Gebrauchskontextes also in der Einordnung in ein komplexeres Zeichen mit dem sich daraus ergebenden bdquomonosemierenden Effekt lune - lune de miel blanc (comme la) neige citoyen - (un) citoyen franccedilais table - (la) table (est) ronde etc Bei der paradigmatischen Art des Assoziierens besteht die Strategie zur Erfassung von Bedeutung dagegen darin dass das Ausgangswort in Relation zu einem anderen gleichrangigen Zeichen gesetzt wird Die Strategie ist also abstrakter ja geradezu metasprachlich ndash eine Analyse die schoumln Goldsteins These von der Komplexitaumlt scheinbar ganz einfacher Aufgaben bestaumltigt

Was nun das spezifisch paradigmatische Orientierungs- und Einordnungssystem betrifft so scheinen mir hier bei angemessener Interpretation der Verhaumlltnisse zwei Untersysteme vorzuliegen Untersysteme die nicht scharf voneinander getrennt sind Im einen dieser Systeme vollzieht sich der Zugriff uumlber die Dimension Similaritaumlt - Kontrast im anderen System ist wie noch erlaumlutert wird die Information (vor dem Hintergrund der Similaritaumlt) verfuumlgbar uumlber die semantische Kontiguitaumlt in Opposition zur Distanz Beide Systeme arbeiten jedoch mit einem gemeinsamen Grundprinzip das man als bdquoModul in Form eines Dreiecks (mit einer Reihe von Varianten) konzipieren kann Einer Informationseinheit A sind mindestens zwei andere Einheiten B und C in folgender Weise zugeordnet33 [p 21]

Dabei sind die Beziehungen zwischen AB und AC solche der Similaritaumlt ndash eine Similaritaumlt der die oben auf S 11 f genannten Prioritaumltsebenen 1 (gleiche Wortart) und 2 (gleicher semantischer Bereich) entsprechen Die Beziehung zwischen B und C ist je nachdem eine Beziehung des Kontrasts (dem entspricht die oben genannte Prioritaumltsebene 3) oder der semantischen Kontiguitaumlt (der die Prioritaumltsebene 4 entspricht) Die Varianten ergeben sich hauptsaumlchlich aus der Zahl der Elemente auf der Achse BC zum Teil auch daraus dass die Position von A einzelsprachlich nicht besetzt oder aber wie im Fall von A = homme B = homme G = femme mit einem der dann merkmallosen Elemente B oder

32 Analyse-Ergebnisse sind auf dem Weg von den kleineren zu den groumlszligeren Einheiten insofern vorlaumlufig als die Analyse der kleineren Einheit im Rahmen der Analyse der Uumlbergreifenderen Einheit stets korrigiert werden kann (Der entsprechende Ruumlckkopplungs-Effekt hat seine physiologische Basis in dem Faktum dass die Zellen der kortikalen Lamina VI [die etwa 2 mm dicke Groszlighirnrinde hat sechs physiologisch und funktionell differenzierbare Schichten] vorwiegend Ruumlckkopplungs-Funktion haben) Der Ruumlckkopplungs-Effekt ist der Grund dafuumlr dass manche bdquoDefekte bei Aphasikern erst dann entdeckt werden wenn man sie kleinere Einheiten ohne Kontext nachsprechen laumlsst33 Der Gedanke der modularen Struktur ist inspiriert durch Erkenntnisse der Neuroanatomen Sie haben in der letzten Dekade zunehmend die These vertreten die komplexe Struktur unseres Nervensystems - ein-schlieszliglich des Groszlighirns - basiere auf relativ ein-fachen genetischen Programmen Korrelat dieser Pro-gramme sind laquomodulareraquo laquorepetitiveraquo oder laquoperiodischeraquo Strukturen etwa im Bereich des Ruumlckenmarks oder der Groszlighirnrinde Vgl beispielsweise Szentaacutegothai 1978

C identisch ist (Ist ein spezieller Begriff fuumlr A vorhanden oder ist A identisch mit B oder C so liegt ein Fall von Gegensinn in jener Verwendungsweise vor wie man sie sinnvollerweise Abel unterstellen muss ndash Abels Beispiele sind von Benveniste (1956) zerpfluumlckt worden Ein aumlhnliches Vorkommen solchen Gegensinns gilt fuumlr Fragen des Typs bdquoWie alt (und nicht wie jung) wie groszlig wie lang wie schoumln ist das und dasldquo also fuumlr Faumllle die zB Elmar Holenstein treffend analysiert hat (1976 69f))

Im Fall der Similaritaumlt-Kontrast-Interpretation des Dreiecks ist eine merkmalsemantische Interpretation plausibel B und C enthalten alle Merkmale von A (A ist der Oberbegriff) sie enthalten jedoch noch zusaumltzliche Merkmale und zwar dergestalt dass diejenigen von B und C nicht voumlllig identisch sind sondern in der Regel in einem Merkmal kontrastieren34 [p 22]

3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System

Zunaumlchst zu dem paradigmatischen System in dem fuumlr das Hinausgehen uumlber die gegebene Information die Kontrast-Relation ausschlaggebend ist Es geht also um den Bereich des Entgegengesetzten ndash Otto Gsell hat in seiner Arbeit uumlber die Gegensatzrelationen im Wortschatz romanischer Sprachen eine sehr wesentliche Beobachtung gemacht und so fruumlhere analoge Beobachtungen in entscheidendem Maszlige praumlzisiert Unser Wortschatz ist keinesfalls so beschaffen dass alle Woumlrter ihr Antonym haumltten Ganz im Gegenteil der Wortschatz der bdquoantonymfaumlhig ist macht nur einen relativ geringen Teil des Gesamtwortschatzes aus ndash aber er konzentriert sich auf bestimmte inhaltliche Bereiche des Lexikons Nimmt man wie Gsell als Maszligstab das Begriffssystem von Rudolf Hallig und Walther v Wartburg (19521963) so ergeben sich drei Schwerpunkte Die gegensatzfaumlhigen Woumlrter konzentrieren sich

l in der Rubrik laquoLacircme et lintellectraquo wo es sich um etwa vier Fuumlnftel von insgesamt 2000 Eintraumlgen handelt Es geht dort um geistige Faumlhigkeiten Bewusstsein Gedaumlchtnis Wahrnehmung Denken Vorstellung Gefuumlhle und dergleichen (Hallig und Wartburg verwenden in dieser Rubrik teilweise was Gsell nicht eigens erwaumlhnt Antonymenpaare explizit als Unter-Rubriken)

2 in der Rubrik laquoLa prioriraquo Hallig und Wartburg versuchen dort laquoden inhaltlich sehr allgemeinen nicht sachgebietsbezogenen Wortschatz nach Denk- und Begriffskategorien wie Existenz physische Zustandsformen Eigenschaften Ordnung Wertung Quantitaumlt Raum Zeit Kausalitaumlt Bewegung und Veraumlnderung zu gliedernraquo (Gsell 1979 114) Die Rolle des Kontrasts fuumlr diesen Bereich ist im Uumlbrigen bereits durch das oben zitierte Beispiel der aristotelischen Kategorien ersichtlich

3 im Bereich der jeweiligen Unter-Rubrik geacuteneacuteraliteacutes (oa) zu den jeweiligen groumlszligeren Abschnitten bei HalligWartburg

Gsell spricht anhand der Begriffe des zweiten Bereichs (den dritten nennt er nicht ausdruumlcklich) von laquosemantischen Strukturwoumlrternraquo (im Gegensatz zu den syntaktischen) sie lieszligen sich keinem bestimmten sachlichen oder begrifflichen Bereich

34 Herbert HClark spricht in diesem Zusammenhang (1970 275f) von der laquoRegel des minimalen Kon-trastsraquo In der Ontogenese kann im Uumlbrigen beobachtet werden dass die Beziehungen zwischen kontrastierenden Paaren zT insofern asymmetrisch sind als eins der beiden Elemente privilegiert dh fruumlher gelernt bzw als Oberbegriff verwendet wird Hiermit hat sich in einer Reihe von Arbeiten vor allem Eve V Clark befasst

zuordnen seien jedoch (besser sollte man sagen gerade deshalb) in jeder Art von Rede unentbehrlich

Der Begriff der laquosemantischen Strukturwoumlrterraquo scheint mir gluumlcklich gewaumlhlt zu sein weil solche Woumlrter - als eine von jeweils zwei Alternativen - unsere Erfahrung in houmlchstem Maszlige strukturieren Hierzu zwei Beispiele Von den 34 Woumlrtern der Listen von RussellJenkins (1970) bzw PalermoJenkins (1964) auf die mindestens 50 der Probanden als Assoziation an erster Stelle dasselbe Wort nennen sind 23 solche auf die ein Antonym assoziiert wird Als Strukturierungsdimension dienen dabei

ndash siebenmal der Geschlechtsunterschied (boygirl heshe kingqueen etc)ndash viermal im Bereich des Gesichtssinns die Dimension helldunkel (blackwhite dark light)ndash fuumlnfmal die Orientierung in Raum bzw Raum undoder Zeit (slowfast herethere longshort highlow youngerolder) weiterhin [p 23]ndash die Kommunikationssituation zwischen Sprecher und Houmlrer (meyou)ndash zweimal der Tast- oder Handsinn (hardsoft heavylight) schlieszliglichndash der Geschmackssinn (sour bzw bittersweet) ndash der Gehoumlrsinn (loudsoft) sowiendash die konverse Relation Zwischen Geben und Nehmen (sellbuy buyingselling)

Ist ein tertium moumlglich so immer in Form einer Skala zwischen den beiden Extrempolen die den Bereich eingrenzen - genauso wie dies Aristoteles fuumlr seine Klassifizierung der Tast- Geschmacks- und Geruchsempfindungen vorgeschlagen hatte

Das zweite Beispiel Wolfgang Lorenz und Gerd Wotjak haben aus 80 sprachwissenschaftlichen Untersuchungen haumlufig vorkommende laquoSemeraquo zusammengetragen also solche Begriffe die dazu verwendet werden um den Inhalt anderer Begriffe zu beschreiben Von den 129 in einer ersten Liste bei LorenzWotjak (1977 310-334) zusammengetragenen haumlufig genannten laquoSemenraquo sind nun mehr als die Haumllfte solche die zu Antonymen-Paaren geordnet werden koumlnnen - was wiederum ganz unabhaumlngig davon wie man zur Existenz von semantischen Merkmalen oder Semen stehen mag aufschlussreich ist fuumlr die Strukturierungs- und Reduktionsleistung entsprechender Begriffspaare

Waumlhrend bei der dominant syntagmatischen Art des Assoziierens die Aufgabe der semantischen Einordnung einer Einheit aus Wortart und Lautbild uumlber die Einbettung in den syntagmatischen Kontext also in ein komplexeres Zeichen geleistet wird verlaumluft somit im Fall der geschilderten Unterart des paradigmatischen Assoziierens die Einordnung anders Das betreffende Wort wird wo immer dies moumlglich ist uumlber die Zuordnung des Kontrast-Werts im Dreiecks-Modul identifiziert Dies ist Goethes laquoAnklingen des Gegensinnsraquo das seit Jost Trier im Bereich der Wortfeldlehre erwaumlhnt wird Die Identifizierung der Bedeutung von B mit Hilfe des kontrastierenden C fuumlhrt natuumlrlich dazu dass jeder normale Sprecher sich etwa bei Muumldigkeit dh bei verringerter Aufmerksamkeit zum Gegenteil hin versprechen kann35 In pathologischen Faumlllen fuumlhrt dann eine verringerte Unterscheidungsfaumlhigkeit zwischen den Teilen B und C des Moduls zu den haumlufigen laquoverbalen Paraphasienraquo des Typs nehmen fuumlr geben fragen fuumlr antworten groszlig fuumlr klein

35 Die Ursache dafuumlr dass der ungeuumlbte Houmlrer Versprech-Leistungen normalerweise gar nicht wahrnimmt haben schon Meringer und Mayer genannt laquo(hellip) Der Hauptgrund des Uumlberhoumlrens von Sprechfehlern liegt darin dass der Houmlrer ganz aumlhnlich daran ist wie der Sprecher und wohl aus derselben Ursache uumlberhoumlrt aus der der andere sich versprichtraquo (1895 10f)

3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Im Similaritaumlt-Kontrast-System das wo immer dies moumlglich ist den Zugriff auf semantische Information primaumlr steuert steht Mutter in [p 24] Kontrast zu Vater - tertium non datur Mutter steht jedoch auch in Beziehung zu anderen Lexemen zB zu Kind Tochter Stiefmutter Groszligmutter auch zu Frau etc Bei Frau oder Maumldchen bestehen uumlbrigens unabhaumlngig vom Geschlecht der Probanden - assoziative Verbindungen zu huumlbsch schoumln Schoumlnheit und dergleichen Die ersten dieser Verknuumlpfungen koumlnnte man noch leicht mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Vater und Mutter bilden ein minimales Paar das sich nur durch den bewussten kleinen Unterschied die Opposition maumlnnlichweiblich semantisch voneinander abhebt Bei Paaren wie MutterKind bzw MutterTochter waumlren es bereits mehrere differenzierende Merkmale (und das Beispiel zeigt zugleich dass es noch ganz andere Relationen gibt als die des Kontrasts hier zB die temporale oder die kausale) Bei MaumldchenSchoumlnheit muumlsste man schon mit Selektionspraumlferenzen arbeiten man koumlnnte wohl auch an den Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt denken

Es gibt nun allerdings eindeutig paradigmatische Assoziationen bei denen merk-malsemantische Konstruktionen angesichts ihrer notwendigen Komplexitaumlt in eklatantem Widerspruch zur hochgradigen Gelaumlufigkeit der betreffenden Assoziationen stuumlnden Ein einfaches Beispiel ist das Paar TischStuhl Die Zahlen 84 bei Russell Jenkins 69 bei PalermoJenkins 55 bei franzoumlsischen Studenten36 Man koumlnnte hier die Merkmal-Similaritaumlt uumlber den Oberbegriff Moumlbelstuumlck konstruieren aber wie waumlre dann zu erklaumlren dass die Verbindung zwischen Tisch und Stuhl enger ist als die zwischen den Moumlbelstuumlcken Tisch und Hocker (die sich im Prinzip nur durch die Groumlszlige unterscheiden) oder zwischen Tisch und Bett (1 der Nennungen trotz laquogetrennt von Tisch und Bett lebenraquo) Wie waumlren weiterhin so gelaumlufige Assoziationen wie pied chaussure araigneacuteetoile tobaccosmoke zu erklaumlren fuumlr die Oberbegriffe schwer zu konstruieren sind und die sich in einer solchen Konstruktion wenn sie gelingt immer noch durch eine Fuumllle von Merkmalen nicht etwa nur durch ein einziges unterschieden

Angesichts solcher Verhaumlltnisse scheint es mir plausibel zu sein das als grundlegend angesetzte Dreiecks-Modul in diesen Faumlllen als eine Similaritaumlts-Kontiguitaumlts-Beziehung zu interpretieren also in Anlehnung an das oben erlaumluterte bdquoGesetz der Naumlhe aus dem Bereich der optischen Wahrnehmung Solche Similaritaumlts-Kontiguitaumlts-Beziehungen beruhen bei einem flieszligenden Uumlbergang zum Similaritaumlt-Kontrast-Bereich ndash jeweils auf Erfahrungskontexten in denen Erscheinungen als zusammengehoumlrig verwandt benachbart verstanden werden Die Komponente der Similaritaumlt versteht sich hier vor allem als Zugehoumlrigkeit zum selben Er- [p 25] fahrungsbereich meist - aber keinesfalls ausschlieszliglich - auch als Zugehoumlrigkeit zur selben Wortart Die Kontiguitaumlt wird zumeist verkoumlrpert durch eine spezielle in der Regel gerichtete Beziehung zwischen den Elementen B und C (Die Zahl der Probanden die auf Stuhl wieder Tisch assoziieren ist viel geringer als die Zahl derer die auf Tisch die Assoziation Stuhl haben) Entscheidend ist dabei nun dass die Erfahrungskontexte zwar individuell verschieden sind dass die Relationen durch welche die Begriffe verknuumlpft sind dagegen meist ganz spezifische invariante Relationen darstellen Tisch und Stuhl sind zB integrierende Teile eines groumlszligeren Ganzen im Erfahrungsbereich des Wohnens und Arbeitens zwischen tobacco und

36 Die Zahl fuumlr die deutschen Probanden lautet 29 - hier stellen die 15 Nennungen fuumlr die im Grenzbe-reich zwischen semantischer und syntagmatischer Kontiguitaumlt liegende Assoziation Bein(e) eine starke Konkurrenz zu Stuhl dar

smoke araigneacutee und toile besteht eine kausale zwischen Hammer und Nagel eine finale Relation Das Gegenstuumlck zur Kontiguitaumlt die Distanz grenzt hier die Dreiecksmoduln gegeneinander ab Interessant ist dass in vielen Faumlllen nicht eigentlich der kontige Partner sondern die spezifische Relation etwa zwischen dem Gegenstand und einem allfaumllligen Benutzer assoziiert wird Um die finale Relation geht es zB in den Faumlllen Bettschlafen Schereschneiden ciseauxcouper scissorscut

32 Sonderfaumllle

Fuumlr beide Varianten des paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssystems gilt natuumlrlich Sobald auf der Achse BC mehr als zwei gleichrangige Mitglieder anzusiedeln sind sobald also in Trubetzkoys oder Coserius Terminologie eine laquoaumlquipollenteraquo und nicht eine laquoprivativeraquo Opposition vorliegt37 verliert die Assoziation von einem dieser Mitglieder zum anderen an Schaumlrfe die buumlndelnde Kraft des einzigen Antonyms oder des in spezifischer Weise kontigen Partners fehlt Musterbeispiel ist das Dreiecks-Modul fuumlr die Farbwerte im Gegensatz zu dem fuumlr die Grauwerte

Wegen der Auswahl aus einer groszligen Zahl gleichberechtigter Moumlglichkeiten sind die Reaktionen auf Farben dementsprechend wenig gebuumlndelt38 ndash auf gelb nennen an ers-ter Stelle 14 der amerikanischen Pro- [p 26] banden blau 12 der deutschen rot 11 der franzoumlsischen gruumln Bei den Ausgangswoumlrtern blau und gruumln ist die Assozia-tion im paradigmatischen Bereich sogar schwaumlcher als im syntagmatischen ndash hier nen-nen die Probanden in allen drei Sprachen an erster Stelle den Himmel (blau) und den Bereich GrasWieseLandschaft (gruumln) und dies mit einer Frequenz die vertreten durch Werte zwischen 20 und 30 deutlich uumlber den Frequenzen liegt die in den ande-

37 Coseriu 19641978 120f 1976 34 Eine graduelle Opposition entspricht wie oben in Anm 5 erwaumlhnt einer Unterart des aristotelischen Entgegengesetzten mit gegebenem tertium38 Nach der oben erwaumlhnten aristotelischen Farbkonzeption oder dem analogen Vorschlag bei Weinrich 1967 2213 oder Coseriu 1976 43f waumlren die beiden Dreiecks-Moduln zu einem einzigen zu kombinieren - die extremen Farbwerte waumlren also schwarz und weiszlig Dem widerspricht einerseits nicht das Assoziationsverhalten der Probanden im englischen franzoumlsischen und deutschen Sprachbereich wo auf rot blau gelb gruumln sowie auf Farbe jeweils auch und zT mit betraumlchtlichen Nennungszahlen schwarz undoder weiszlig genannt werden (Bei gebildeten franzoumlsischen Sprechern liegt in einem dieser Faumllle freilich eine syntagmatische Assoziation vor gerade wegen ihrer Bildung assoziieren 18 an erster Stelle auf rouge das Wort noir) Andererseits entspricht das Assoziieren von schwarz undoder weiszlig auf Farbadjektive den Erkenntnissen die der geniale Edwin H Land (1977) uumlber die Physiologie des Farbsehens gewonnen hat

ren Faumlllen fuumlr Farbwerte eintreten ndash Auch zwischen Zahlen scheinen auf den ersten Blick dieselben aumlquipollenten Beziehungen zu bestehen wie etwa zwischen Farbadjekti-ven Bei naumlherem Zusehen zeigt sich jedoch dass als spezifische Relation zwischen Zah-len die Relation bdquogroumlszliger als gesehen wird (Ganz abstrakt lautet die Regel fuumlr das Zaumlhlen ja Ersetze die letzte Zahl n durch n+1) Entsprechend sind die Assoziationen auf Zahlwoumlrter immer gerichtet zB im Sinn des n + 1 auf zwei wird drei auf drei wird vier assoziiert auf jeden Fall immer eine houmlhere Zahl39

Ein weiterer Sonderfall sind Erfahrungsbereiche die nicht zu denjenigen einer Vielzahl von Sprechern gehoumlren Zum Loumlwen wird gemeinhin als kontiger Partner im Erfahrungsbereich exotische wilde Tiere der Tiger assoziiert Beim Adler fehlt fuumlr den normalen Sterblichen der Partner In solchen Faumlllen kann die Assoziation dann zur Spitze A eines potentiellen Moduls verlaufen (man koumlnnte auch sagen Auf dem Weg von B zu einem potentiellen C endet die Assoziation in Ermangelung eines C bei A das sonst die Zwischenstation gewesen waumlre) Die Konsequenz Die haumlufigste Assoziation auf Ad-ler ist Vogel (21) oiseau (16) und bird (55) Solche Assoziationen zum Klassennamen dh zur Spitze A des Moduls hin sind relativ selten Mit groumlszligerer Haumlufig-keit treten sie sozusagen als Vorstufe zu Similaritaumlt-Kontrast-Assoziationen bei sprach-lich weniger sozialisierten Probanden auf40 [p 27]

4 Schlussuumlberlegungen

laquoDie Aufstellung von Oppositionen ist im Wortschatz wesentlich komplizierter als im phonologischen System einer Sprache da die beteiligten Merkmale wesentlich zahlrei-cher sind als in der Phonologie Prinzipiell handelt es sich jedoch um die gleichen Oppositionstypenraquo (Coseriu 1973 65)

Ich habe eingangs gezeigt dass Zweierschemata haumlufig als Denkmodell verwendet wer-den dass die Sprache im Bereich der Bezeichnungen des Entgegengesetzten uumlber eine ganze Skala solcher Zweierschemata verfuumlgt weiterhin dass Wahrnehmen und Erfassen von etwas stets zugleich bedeutet uumlber die Information hinausgehen die gegeben wird und dass auch bei diesem laquouumlber die Information hinausgehenraquo wieder Zweierschemata wie die von Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz entscheidend sind Ich habe dann Ergebnisse der sprachlichen Assoziationsforschung einer ersten Analyse unterzogen und diese Analyse in einem weiteren Schritt dadurch vertieft dass ich sprachliche Assoziationen als den Reflex von Strategien aufgefasst habe die dazu dienen semantische Information zu erfassen und einzuordnen Zum Abschluss will ich in vier Schlussuumlberlegungen skizzieren worin der moumlgliche Ertrag einer staumlrkeren Einbeziehung der Assoziationsforschung und verwandter Gebiete liegen kann in einem (1) Einblick in das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems und seine (2) Transformation in Onto- und Pathogenese sowie in der Diachronie in einem (3) neuen Licht das auf Probleme der Wortfeldforschung geworfen wird und schlieszliglich auch in einer (4) angemesseneren Haltung gegenuumlber der Wissenschaftsgeschichte

39 Schuchardts oben zitierte Vermutung auf drei koumlnne (aus Gruumlnden der Lautaumlhnlichkeit) auch zwei assoziiert werden ist auch deshalb abwegig weil Ruumlckwaumlrtszaumlhlen eine sehr schwierige Aufgabe ist sie wird zB haumlufig verwendet um das Ausmaszlig von Aphasien zu bestimmen Dasselbe gilt fuumlr Tages- und Monatsnamen wo die spezifische gerichtete Relation bdquospaumlter als oder bdquonach lautet40 Vgl Rosenzweig 1970 102 105 zum relativ groszligen Anteil der Assoziationen zum Oberbegriff hin bei amerikanischen und franzoumlsischen Arbeitern Jenkins 1970 7 erwaumlhnt das Zuruumlckgehen der Oberbegriffs- und der Synonym-Assoziationen in der Geschichte amerikanischer Assoziationstests - Angesichts des vorliegenden Materials ist mir unklar worauf Clark (1970 279) die Ansicht stuumltzt laquoFast-Synonymeraquo wie house - home odour - smell seem - appear thing - object sowie Ober- und Unterbegriffe kaumlmen bei den Wortassoziationen oft vor

41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems

In unserem paradigmatischen Orientierungssystem scheint es zwei Bereiche zu geben die flieszligend ineinander uumlbergehen und miteinander kombiniert sein koumlnnen ei-nen Bereich mit Similaritaumlt-Kontrast- und einen Bereich mit Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-(Distanz-)Struktur Im einen Bereich wird Information aumlhnlich wie im Fall des bdquoGesetzes der Gleichfoumlrmigkeit (und des Kontrastes) vor dem Hintergrund der Similaritaumlt domi-nant eingeordnet im Hinblick auf das Entgegengesetzte im anderen im Hinblick auf den Nachbarn im selben Erfahrungsbereich ndash was dem gestaltpsychologischen bdquoGesetz der Naumlhe entsprechen wuumlrde

[p 28] Das erste System strukturiert durch seine Reduktion auf in der Regel zwei Alternativen (mit falls ein tertium zugelassen ist Zwischenmoumlglichkeiten) unsere Erfah-rung in auszligerordentlich starkem Maszlig Hier bestehen zugleich die groumlszligten auszligereinzel-sprachlichen Uumlbereinstimmungen ndash und zwar deswegen weil bestimmte Strukturie-rungs-Dimensionen ethologisch gesehen nichts anderes darstellen als Verbalisierungen jener Interpretation der Natur der Umwelt und ihrer Gesetzlichkeiten die unser Organismus im Lauf seiner entwicklungsgeschichtlichen Adaptation vorgenommen hat Orientierung im Raum in der Zeit Orientierung durch Houmlren Sehen Riechen Schme-cken Fuumlhlen und Tasten Eine Reihe solcher Strukturierungs-Dimensionen (die generell Coserius und Pottiers Klassemen Greimas Kontextsemen oder Luumldis Kongruenzsemen gleichen)41 sind sogar grammatikalisiert also zu grammatischen Ordnungsdimensionen geworden (wobei die Einzelsprachen das Angebot natuumlrlich in jeweils verschiedener Weise wahrnehmen) Es geht ua pythagoreisch ausgedruumlckt um die Unterscheidung zwischen dem Einen und dem Vielen um die zwischen maumlnnlich und weiblich (die im grammatischen Bereich freilich neutralisiert werden kann) zwischen tot und lebendig (wofuumlr die Grammatiker unbelebtbelebt vorziehen) zwischen menschlich und nicht-menschlich geben (bdquoAllativ bdquoDativ) und nehmen (bdquoAblativ) zwischen ich und du ja und nein (vierte Art des Entgegengesetzten im aristotelischen Sinn) hier und dort jetzt und nicht-jetzt42

Besonders augenfaumlllig sind solche Klasseme und ihre Reduktionsleistung in den sogenannten Klassifikator-Sprachen ndash dort hat jedes Nomen ein Element bei sich das das Bezeichnete einer bestimmten Klasse von Denotaten zuweist etwa zur Klasse Tier oder Mensch zur Klasse der horizontalen oder vertikalen Objekte ndash wobei was nicht unerwartet ist als generellstes und haumlufigstes Klassifikationskriterium die Opposition zwischen belebt und unbelebt verwendet wird (vgl Serzisko 1980)

Unser so vorstrukturiertes Wahrnehmen und Denken erkennt umgekehrt in der Umwelt wieder Prinzipien wie die eingangs genannten Gegensatzpaare des fruumlhgriechi-schen Denkens ndash wobei inzwischen klar sein duumlrfte dass es sich um alles andere als um bdquoarchaisches oder bdquoprimitives Denken handelt Bemerkenswert an den Wort-Assozia-tionen ist ja ua dass man sie nicht dadurch erhaumllt dass man im Sinn des dritten noogenetischen Prinzips von Spearman den Ausgangspunkt und die gewuumlnschte Rela-tion vorgibt um zu einem Ergebnis zu kommen es genuumlgt die Angabe des Ausgangspunkts Wahrnehmen Erkennen Verstehen bedeuten naumlmlich stets Einordnen Relationen herstellen ndash gleichguumlltig ob es um [p 29] die optische Wahrnehmung geht an der einige (vermutlich verwandte) Gestaltgesetze erlaumlutert wurden oder aber um das Einordnen sprachlicher Information So ist es ganz selbstverstaumlndlich dass die gege-

41 Vgl Coseriu 1972 52 LorenzWotjak 1977 235 mit Anm 10342 Vgl zur binaumlren Opposition als einer Extremform des grammatischen Paradigmas auch Weinrich 1967 1975

bene Information erst im Hinausgehen uumlber das Gegebene erfasst wird - ein Hinausge-hen das die Psychologen bekanntlich auch Denken nennen Im sprachlichen Erfassen ist so auch das Denken oder laquouumlber das Gegebene Hinausgehenraquo angelegt Das Denk-schema von These Antithese und Synthese spiegelt zB das Dreiecks-Modul des Similaritaumlt-Kontrast-Systems wider Mann und Frau sind in Mensch aufgehoben43

Waumlhrend im Bereich des Similaritaumlt-Kontrast-Systems nicht nur im Prinzip son-dern zT auch materiell gewisse auszligereinzelsprachliche Uumlbereinstimmungen vorhanden sind gibt es im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System natuumlrlich entsprechend dem Erfahrungs- und Lebensbereich kulturelle und soziale Unterschiede Entscheidend ist jedoch auch hier dass Einordnen nicht nur bedeutet in Relation Setzen zu diese Relationen sind ebenso wie die Kontrast-Relation im anderen System wiederum ganz spezifische ihrer-seits in aller Regel uumlberindividuelle Denk-Relationen TeilGanzes Kausalitaumlt Finalitaumlt Zeitrelation Invariant oder auszligereinzelsprachlich sind also die Relationen nicht notwendigerweise dagegen die Terme die durch solche Relationen verbunden sind

42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semanti-schen Orientierungssystems

Nach den vorgefuumlhrten Analysen gibt es drei Strategien zur Wahrnehmung und Einordnung semantischer Information eine dominant syntagmatische und die beiden eben erwaumlhnten paradigmatischen Dabei entspricht die syntagmatische Strategie dem was Hansjakob Seiler im Bereich der bdquosprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden mit Piaget zunaumlchst als Einordnen dann als Individualisierung bezeichnet hat insbeson-dere das paradigmatische Similaritaumlt-Kontrast-System entspricht dagegen dem Seiler-schen Klassifizieren bzw Generalisieren als der anderen polaren Instanz im Bereich der sprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden (Seiler 1981) Die Charakteristika aller drei Orientierungs- und [p 30] Einordnungssysteme sind in der folgenden Uumlbersicht nochmals zusammengestellt

I II IIISyntagmatisches Konti-guitaumlts-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontrast-System

Dominante Strategie Einordnen in ein groumlszlige-res Syntagma (dh in ein komplexeres Zei-chen)

Zuordnung eines Part-ners aus demselben Er-fahrungsbereich (uumlber spezifische Relationen)

Zuordnung eines Anto-nyms (uumlber die Gegen-satz-Relation)

Wortklasse in aller Regel verschie-den

in der Regel gleich gleich

Kontiguitaumlt vs Distanz ja ja

43 Es ist gewiss nicht erstaunlich dass wie Coseriu (1977a) gezeigt hat gerade Hegel in seiner Humboldt-Rezension als Vergleichsgrundlage fuumlr alle Sprachen die Unterscheidung von Gattungen und Arten bzw von laquoAllgemeinheiten und Bestimmtheitenraquo ansieht ndash mit anderen Worten also das DreiecksModul in sei-ner Similaritaumlt-Kontrast-Auspraumlgung ndash Die Bolle des Kontrasts (als drittes Moment neben Similaritaumlt und Kontiguitaumlt) hat aus der phaumlnomenologischen Tradition heraus sehr schoumln und einleuchtend Elmar Holen-stein dargestellt und gerade auch fuumlr die sprachliche Seite als grundlegend bezeichnet laquoDamit uumlberhaupt eine Auswahl (gemeint ist auf der paradigmatischen Achse der Selektion) getroffen werden kann muss sich etwas von etwas abhebenraquo (1976 86) Bruners going beyond the information given kann also zT auch im phaumlnomenologischen Sinn interpretiert werden

Similaritaumlt vs Kontrast ja ja

Fuumlr alle Woumlrter moumlg-lich

ja groszliger Bereich kleiner Bereich (bdquosemantische Struktur-woumlrterldquo)

Die spezifischen Relationen im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System entsprechen dabei in etwa Piagets laquoinfralogischenraquo Relationen oder Spearmans (1923 67-71) laquorealraquo relati-ons die Relationen des Similaritaumlt-Kontrast-Systems entsprechen dagegen Piagets laquologi-schenraquo und in etwa wohl Spearmans (71-74) laquoidealraquo relations Fuumlr die veschiedentlich erwaumlhnte nicht scharfe Trennung der Bereiche II und III duumlrften ua die Teil-Ganzes-Relationen verantwortlich sein die sowohl im laquologischenraquo (Inklusion) als auch im laquoinfralogischenraquo Bereich vorkommen Waumlhrend die Relationen des Similaritaumlt-Kontigui-taumlt-Systems dominant gerichtete Relationen sind ist die Gegensatz-Relation des Similaritaumlt-Kontrast-Systems grundsaumltzlich zweiseitig Abweichungen ergeben sich insbesondere durch Polysemie (vgl o S 12)

Ontogenetisch gesehen werden nun die paradigmatischen Systeme II und III uumlber das syntagmatische System I aufgebaut Dabei nimmt das System II wie aus seinen Merkmalen ersichtlich ist eine Mittelstellung zwischen den Systemen I und III ein - im Sinn der Konzeption Seilers stellt es also gewissermaszligen den bdquoWendepunkt zwischen den beiden Polen der Dimension sprachliche Erfassung von Gegenstaumlnden dar Auch der flieszligende Uumlbergang zwischen den drei Systemen erhellt aus dem Schema die Grenz-faumllle liegen interessanterweise nicht zwischen I und III sondern zwischen den Systemen III (zB Coserius laquolexikalische Solidaritaumltenraquo) und zwischen den Systemen IIIII Es ist somit plausibel dass [p 31] in der Ontogenese die Systeme in der Reihenfolge I-II-III aufgebaut werden Das System III nimmt dabei insofern eine Sonderstellung ein als es wie die letzte Zeile des Schemas nochmals ausweist direkt nur auf einen kleinen aber wichtigen Ausschnitt des Wortschatzes anwendbar ist

Was den Abbau der Sprache bei pathologischer (oder altersbedingter) Beeintraumlchtigung des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems betrifft so ist den vorliegenden Beobachtungen nach die Reihenfolge wohl umgekehrt Das System III wird vor dem System II beeintraumlchtigt Dies entspraumlche der Erkenntnis Jakobsons dass man zuerst verliert was man zuletzt erworben hat44 Was schlieszliglich diachronische Transformationen speziell den Bedeutungswandel betrifft so ist die Affinitaumlt zu Uumlberlegungen sehr wichtig die in Teilbereichen schon Wilhelm Wundt (o S 7) und dann vor allem Stephen Ullman angestellt hat Ullman resuumlmiert ja die Arbeit seines Lands-manns Zoltan Gombocz (Jelentestan Pecs [Fuumlnfkirchen] 1926) und den ihm zu Grunde liegenden Aufsatz von Leacuteonce Roudet (1921) mit folgenden Worten

laquoAn associative network of names clusters around each name some of these associations are rooted in similarity others in contiguityraquo (1967 79)

Dem entspricht dann seine Klassifizierung des Bedeutungswandels (1967 220ff) Uumlbertragung von signantia aufgrund von Similaritaumlt bzw Kontiguitaumlt zwischen den sig-nata bzw umgekehrt Uumlbertragung von signata aufgrund der SimilaritaumltKontiguitaumlt zwi-schen den signantia Zu praumlzisieren waumlre dass es sich nicht um Similaritaumlt oder Kontiguitaumlt handelt sondern um Transfer im Rahmen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- oder 44 Die Arbeit von Stachowiak uumlber die Semantische Struktur des subjektiven Lexikons (1979) bestaumltigt diese Hypothese was dort vorgefuumlhrt wird laumlsst sich mE alles in dem Sinn interpretieren dass bei aphasischem Abbau der Sprache vor allem das System III beeintraumlchtigt wird Nach dem was oben (S 18f) uumlber die Komplexitaumlt von Benennungs- und Assoziations-Aufgaben gesagt wurde unterstreicht dies im Grund auch die These Jakobsons dass es sich im wesentlichen um eine Stoumlrung handelt bei der die metasprachliche Punktion der Sprache beeintraumlchtigt ist

des Similaritaumlt-Kontrast-Systems die Rolle des Kontrasts ist wie schon Wundt sah in der Tat nicht unwichtig45 [p 32]43 Wortfeld-Probleme

Die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen werfen auch ein Licht auf manche Probleme der Wortfeldforschung Zunaumlchst erklaumlren sowohl die Wortassoziationen als auch die Sprechfehler das eher selten reflektierte Phaumlnomen dass die bisher vorgestellten Wortfelder alle aus Elementen derselben Wortart bestehen46 Weiterhin muumlsste man ge-maumlszlig den beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssystemen wohl auch zwischen zwei Grundarten von Wortfeldern unterscheiden zwischen solchen des Similaritaumlt-Kontrast-Typs und solchen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- [p 33] Systems (etwa Wortfeld desWohnens der Werkzeuge der Landschaft)47 In der Form wie sie durch die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen nahegelegt werden vermitteln dabei die Wortfel-

45 Was die Unterscheidung der beiden paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssysteme angeht so fuumlhle ich mich nicht nur in der guten Gesellschaft Ullmans sondern auch in der einer Reihe von Psychologen Sprachpsychologen und Aphasieforschern Jean Piaget und Baumlrbel Inhelder unterscheiden bei der Ordnungsleistung von Kindern zwischen dem Ordnen nach dem Prinzip der Aumlhnlichkeit und nach demjenigen der Konvenienz und etwa analog dazu zwischen den schon erwaumlhnten laquologischenraquo Relatio -nen (Klassifizierung) und den laquoinfralogischenraquo (PiagetInhelder 19731 38ff) Elisabeth Wiig und Diana Globus haben 1971 in einem kontrollierten Assoziationsversuch mit 7 Aphasikern und 7 gesunden Kon -trollpersonen explizit mit Piagets logischen und infralogischen Relationen gearbeitet Das Ergebnis kann nicht nur dahingehend interpretiert werden dass es entsprechend zu diesen Relationen zwei verschie -dene Orientierungs- und Einordnungssysteme gibt sondern auch dahingehend dass das klassifikatorische System (Similaritaumlt-Kontrast-System) sowohl bei Gesunden als auch bei Aphasikern im Verfahren der kontrollierten Assoziation (gegeben ist ein Ausgangsbegriff und die Relation gesucht wird ein Zielwort) nur dann gute Ergebnisse erbringt wenn die Merkmalunterschiede gering sind - und am geringsten sind sie natuumlrlich bei binaumlren Oppositionen also etwa bei Antonymie Sobald die Merkmalsunterschiede groumlszliger werden etwa beim Ausgangsbegriff Kind und dem gesuchten Begriff Eltern sind die Suchergebnisse bei Aphasikern und Gesunden gleichermaszligen schlecht Dagegen funktioniert das infralogische System sowohl bei hoher als auch bei geringer Kontiguitaumlt der Begriffe bei den unter-suchten Aphasikern und den gesunden Kontrollpersonen recht gut (laquoWas ist der Zweck von Heizung - Ergebnis Waumlrme oaraquo) ndash Was die beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssysteme an-langt stehe ich auch weitgehend in Einklang mit James Deese Deese zieht nach einer essentiell faktoranalytischen Untersuchung von Assoziationsverhalten ua folgende Konsequenz (1965 164) laquoThe data on associative distribution suggest that the two fundamental operations we have for sorting out meaningful ndashthat is logical and syntactical relations among wordsndash are contrast and groupingraquo Deese sieht freilich ua nicht die Einordnung in ein Syntagma als dritte Strategie und anhand einer sprachpsychologischen Darstellung des Assoziationsverhaltens wie sie etwa von Houmlrmann (1967 115-156) gegeben wird vermisst man generell den Ansatz Assoziationen als Reflex von Strategien zum Erfas-sen von Bedeutung anzusehen so erscheinen dann viele Beobachtungen die anhand des obigen Schemas sinnvoll integriert werden koumlnnen eher als membra disiecta ndash Ich nenne schlieszliglich noch die Arbeit von Huber et al 1975 und die schon erwaumlhnte Dissertation von Stachowiak (1979) In der Arbeit von 1975 wird ndashbei einer Beschreibung jenes Aphasie-Typs der nach Carl Wernicke benannt istndash unterschieden zwischen zwei Orientierungsprinzipien im Lexikon einem laquosemantisch-klassifikatorischenraquo und einem laquosituativ-referentiellenraquo (1975 88 vgl Stachowiak 1979 58f) Ich bin freilich nicht einverstanden mit der These Stachowiaks es handle sich dabei einerseits um einen laquoinnersprachlichenraquo andererseits um ei-nen laquoenzyklopaumldischenraquo Bereich Wesentlich ist was nochmals betont sein soll fuumlr beide Bereiche als invariantes Prinzip dasjenige der Relation dabei sind die Relationen im einen Fall gewiss klassifikatorisch im anderen laquoinfralogischraquo beide Arten von Relationen sind jedoch gleichermaszligen uumlberindividuell und sie werden gleichermaszligen erlernt46 Geckeler sieht (1971 218) die Wortart-Gleichheit als die gewissermaszligen selbstverstaumlndliche Folge ei -ner paradigmatischen Perspektive an (was einer engen Konzeption von Paradigma entspricht) vgl u S 3547 Wenn ich recht sehe korrespondieren die beiden Grundarten mit einer Unterscheidung die Coseriu (1976 47f) innerhalb eines seiner fuumlnf Kriterien zur Klassifizierung von Wortfeldern macht naumlmlich der Unterscheidung zwischen laquorelationellenraquo und laquosubstantivenraquo Oppositionen bzw Feldern Im Rahmen der hier vorgetragenen Konzeption wird diese Unterscheidung zu einer zentralen Groumlszlige

der des Similaritaumlt-Kontrast-Typs gewissermaszligen zwischen zwei extremen Konzeptio-nen von Wortfeld zwischen der von Andre Jolles und der von Jost Trier Jolles (der des-halb von Trier und anderen gescholten wurde) wollte nur Minimalformen mit jeweils zwei (antonymen) Gliedern als laquoBedeutungsfelderraquo gelten lassen Felder die in dieser Form natuumlrlich fest umgrenzt waumlren (Jolles 1934) Fuumlr Trier galt dagegen das Prinzip der Wert jedes Worts ergebe sich aus dem Feldwert also aus der Position in einem semantischen Feld Das Wort bedeute laquonur in diesem Ganzen und kraft dieses Ganzenraquo Die vermittelnde Position ist die in einem zentralen Antonymenpaar den festen Kern zu sehen um den sich ein ganzes Feld verwandter Termini schart wobei im Normalfall die Grenze des Feldes verschwimmt Das Feld waumlre also nur von seinem zentralen Kern aus als solches zu greifen Geckelers Doppel-Wortfeld zwischen altrsquo und seinen beiden Antonymen jung und neursquo scheint mir de facto im Sinn einer solchen Konzeption interpretierbar zu sein

Die Wortfelder des Similaritaumlt-Kontrast-Typs lassen sich nun wie schon er-waumlhnt in einleuchtender Weise mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Spaumltestens bei dem Versuch Wortfelder des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs merkmalsemantisch zu rekonstruieren treten jedoch betraumlchtliche Schwierigkeiten auf Ein Verfahren auch solche Bereiche bdquodurchsichtig zu machen besteht nun darin dass man an die Spitze eines Feldes neben den eventuell vorhandenen Oberbegriff noch eine der spezifischen Auspraumlgungen der Kontiguitaumlts-Relation stellt (wodurch dann das was die Basiskante BC des Moduls von S 21 ausmacht als Seitenkante bzw Suchbegriff verwendet wird) Pottiers Wortfeld der Sitzmoumlbel im Franzoumlsischen hat als konstituierende Merkmale ne-ben dem Oberbegriff Artefakt eine solche spezifische Auspraumlgung naumlmlich das finale zum Sitzen Die Similaritaumlt die durch diese beiden Merkmale geschaffen wird stellt einerseits das Auswahlkriterium dar nach dem das Feld begrenzt andererseits den Hintergrund an Similaritaumlt vor dem es analysiert werden kann Ein Bereich wie Werk-zeug laumlsst sich um ein weiteres Beispiel zu geben nur schwer merkmalsemantisch beschreiben weil man Begriffe wie Stechbeitel Loumltkolben Nietzange und Maumlhdre-scher zu beruumlcksichtigen haumltte Fuumlgt man jedoch zu Werkzeug die finale Relation zum Bearbeiten von (beispielsweise von Holz) so entsteht ein uumlberschaubares und strukturierbares Feld [p 34]

Dabei zeigt sich nicht nur dass solche Wortfelder in gewissem Maszlig beliebig (re)konstruierbar sind - man kann etwa Katze mit gleichem Recht einmal zu den Haus-tieren ein andermal zu den fleischfressenden Saumlugetieren rechnen Es zeigt sich gleichzeitig dass eine solche Rekonstruktion genau nach dem dritten noogenetischen Prinzip von Spearman verlaumluft Zu einem Ausgangsbegriff (Werkzeug) und einer Rela-tion (zum Bearbeiten von Holz) werden Entsprechungen gesucht und gebildet Unter dem Blickwinkel dieses noogenetischen Prinzips sind Wortfelder nun nicht nur beschreibbar als Ergebnisse eines Verfahrens der kontrollierten Assoziation die beiden angedeuteten Grundtypen von Wortfeldern beruhen dann sogar beide auf demselben Grundprinzip Gegeben ist der Ausgangsbegriff und eine Relation ndash eine Relation die im Fall des Similaritaumlt-Kontrast-Typs die Gegensatzrelation ist im Fall des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs eine finale kausale temporale lokale TeilGanzes-Relation etc Dass solche Konstruktionen oder Rekonstruktionen48 also die Wortfelder der Linguisten keinesfalls - um mit Gauger (zB 1976) zu sprechen - laquobewusstseinsfremdraquo sind zeigt gerade das Verfahren der freien Assoziation dessen Interpretation Ausgangspunkt die-ser Uumlberlegungen war

Dies hat auch Auswirkungen auf das von Saussure aufgeworfene Negativitaumltsproblem Gewiss bedeutet Vater nicht nur Nicht-Mutter sondern auch

48 Von der Konstruktion von Wortfeldern spricht auch Coseriu (zB 1970 113)

Nicht-Sohn Nicht-Barock Nicht-Jahrhundert Bei einer solchen Betrachtung wird je-doch eine bestimmte Art des Gegensatzes die parmenideische Relation des bdquoIst nicht verabsolutiert Sie spielt gewiss eine wichtige Rolle in der Sprache sowohl in der Semantik als auch im Bereich der geschlossenen grammatischen Paradigmen Man sollte jedoch (trotz des Umstands dass die Kontrast-Relation und mit ihr die Relation des oppositiven bdquoIst nicht gerne als laquologischraquo die Relationen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Systems dagegen als laquoinfralogischraquo bezeichnet werden) nicht vergessen dass beide Ar-ten von Relationen unabdingbare Konstanten unseres Wahrnehmens Erfassens und Denkens darstellen und dass eine Semantik die nicht bewusstseinsfremd sein will dementsprechend nicht nur die im Motto auf S 27 angegebenen Oppositionen sondern die ganze Skala moumlglicher Relationen mit in ihr Beschreibungsinstrumentarium aufneh-men muss

44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte

Eugenio Coseriu hat 1977 in seiner Antrittsrede an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften als eines der vier Prinzipien seines Schaffens das Stichwort Tradition und Neuerung genannt Es heiszligt dort laquodass die Geschichte unserer Wissenschaften wie uumlberhaupt die Kultur- [p 35] geschichte Fortsetzung von Traditionen und Erneuerung innerhalb von Traditionen istraquo Man sage eigentlich Neues nur wenn man an Traditionen anknuumlpfe und Traditionen fortsetze (1977 109 vgl 1979 5) Ich habe im vorliegenden Beitrag versucht in mehrfacher Weise an solche Traditionen anzuknuumlpfen ua an diejenige der Assoziationsforschung der Jahrhundertwende Dass hier uumlberhaupt von einem (Wieder-)laquoAnknuumlpfenraquo gesprochen werden muss hat seine Gruumlnde

Der Begriff Assoziation war noch Saussure so gelaumlufig dass er ihn in dem Sinn verwendete in dem heute Paradigma und paradigmatisch gebraucht werden (Saus-sure spricht nicht von paradigmatischen sondern von assoziativen Relationen) Henri Frei oder Charles Bally setzten in dieser Hinsicht nicht nur die Tradition des Meisters fort Bally kannte wie ua einschlaumlgige Stellen aus dem Traiteacute de stylistique franccedilaise von 1909 zeigen offensichtlich auch die Arbeit von Thumb und Marbe sowie den dort angesprochenen Bereich des Assoziierens insbesondere zum Gegenteil hin Seither hat jedoch in der Sprachwissenschaft ein grundlegender Paradigmawechsel stattgefunden Eine im Uumlbermaszlig psychologisierende Stroumlmung wurde wie uumlblich durch das Gegenteil abgeloumlst und seither scheinen die Sprachwissenschaftler den Begriff Assoziation als et-was eher Anruumlchiges zu meiden und allenfalls mit ganz spitzen Fingern anzufassen laquoCest pour eacuteviter le psychologisme adopteacute dans le Cours de F de Saussure que je substi-tue le terme rapport paradigmatique agrave celui de rapport associatifraquo schreibt Louis Hjelmslev der den terminologischen Wandel vollzogen hat in einer Fuszlignote des Vor-trags den er 1936 auf dem Linguisten-Kongress in Kopenhagen gehalten hat (1938140) Interessanterweise ist auch der Anti-Psychologismus wie Gauger zeigen konnte (1976 73-87) bei Saussure schon mit angelegt

Freilich motiviert sowohl die weitere Geschichte der Assoziationsforschung als auch die Auffassung der Sprechfehler diese spitzen Finger in betraumlchtlichem Maszlig beide Phaumlnomene wurden in den Bereich der Abnormalitaumlt und des Pathologischen geruumlckt Was das Versprechen angeht so ist die Ursache kein anderer als Sigmund Freud er griff aus den Sprechfehlern die Meringer und Mayer vorgefuumlhrt hatten vor allem die Gruppe des Versprechens zum Gegenteil hin heraus und interpretierte sie in dem bekannten Sinn Das Versprechen zum Gegenteil hin lege die geheimen Gedanken des Sprechers bloszlig Dies ist ganz ohne Zweifel eine Uumlberinterpretation die in manchen Faumlllen zutreffen

mag fuumlr den Durchschnittsfall jedoch keinerlei Allgemeinguumlltigkeit beanspruchen kann49 Wie nachhal- [p 36] tig die Interpretation Freuds ndashin diesem Fall leiderndash ge-wirkt hat zeigt die Verbindlichkeit jener Bezeichnung mit der man Sprechfehler heute erfasst bdquo(Freudsche) Fehlleistungen Ein in gleichem Maszlig bdquopathologischer Geruch begleitet spaumltestens seit 1910 die Versuche mit Wortassoziationen Carl Gustav Jung machte Versuche mit Assoziationen Kent und Rosanoff hatten die Absicht mit ihrer Liste von 100 Ausgangswoumlrtern und dem Durchschnitt der Assoziationen von 1000 Probanden eine Norm aufzustellen von der sich abnormale Assoziationen abheben soll-ten Die Untersuchung erschien nicht nur in der Zeitschrift American Journal of Insanity sie hieszlig auch noch A Study of Association in Insanity I Association in Normal Subjects Alle seitherigen einschlaumlgigen Assoziations-Listen werden von den Psychologen entspre-chend mit dem Etikett Norm versehen (laquoRussellJenkins-Normraquo laquoPalermoJenkins-Normraquo etc)

Die Haltung spaumlterer Sprachwissenschaftler ist also auch damit zu erklaumlren dass das Assoziieren und die Sprechfehler durch Pathologisierung ihrer ehemaligen (und angemesseneren) Unschuld verlustig gegangen waren Freilich gibt es seit einiger Zeit wieder ein neues und zunehmendes Interesse an Fragestellungen des Sich-Versprechens Assoziierens und der (wirklich zum Bereich des Pathologischen gehoumlrenden) Aphasie-Forschung50 Dass dabei in der Regel die eigentliche Tradition ausgespart wird ist weniger erfreulich Denn es geht nicht nur um eine sehr alte Tradition des Denkens es geht mit der Omnipraumlsenz bestimmter Relationen eigentlich um grundlegende Charakteristika des Sprechens und Denkens selbst

Freiburg Wolfgang Raible

[p 37] Literaturverzeichnis

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49 Vgl hier die analoge Einstufung der Freudschen Konzeption sprachlicher Fehlleistungen bei Kainz 1956 38 - Die Auseinandersetzung zwischen Freud und Meringer war zT sehr heftig Auf einer houmlheren Stufe der Eskalation zieh Meringer Freud beispielsweise der laquoStuumlmperraquo-Haftigkeit auf dem Gebiet des Beobach-tens laquoEr sieht und houmlrt naumlmlich nur das was sich eventuell zur Begruumlndung seiner phantastischen Theorien missbrauchen laumlsst Die unendlich vielen Faumllle die sich dagegen mit Haumlnden und Fuumlszligen straumlu-ben sieht er nicht (1912 55)50 Ich nenne drei Indizien fuumlr die Wiederbelebung der Tradition bzw das verstaumlrkte Interesse an den betreffenden Zusammenhaumlngen Erstens wird die Arbeit von Meringer und Mayer in einem 1973 von Victoria A Fromkin herausgegebenen Sammelband in den beiden Beitraumlgen der Herausgeberin wenigs-tens gelegentlich wenn auch zT falsch zitiert Die Arbeit von Thumb und Marbe wurde 1978 sogar neu ediert Zweitens gibt es insbesondere in den Vereinigten Staaten eine Reihe von Arbeiten zu linguistischen Aspekten der Assoziationsforschung (die wichtigste ist wohl die allerdings weitgehend psychologisch und psychometrisch orientierte von Deese 1965) die zB in den Versuch einer Synthese eingegangen sind den Herbert H Clark 1970 veroumlffentlicht hat (Die Arbeit von Clark ist freilich noch ein wenig zu stark dem Grammatikmodell der Transformationsgrammatik verhaftet) Noumlth (1975) hat den Ansatz von Clark zT weitergefuumlhrt sich zT jedoch auch in kasuistischen Uumlberlegungen gefangen Drittens ist das Wiedererwa-chen des linguistischen Interesses an der Aphasie-Forschung zu vermerken (es war zB schon bei Meringer und Mayer vorhanden) Fuumlr dieses ndashallerdings in Schuumlben auftretendendash Interesse ist nicht zuletzt auch Roman Jakobson verantwortlich

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  • Von der Allgegenwart des Gegensinns
  • (und einiger anderer Relationen)
  • Strategien zur Einordnung semantischer Information
  • Wolfgang Raible (Universitaumlt Freiburg)
  • Eugenio Coseriu zum 2771981
  • 21 Gesetzmaumlszligigkeiten des Assoziierens
  • 211 Argumentum quantitatis
  • 212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt
  • 22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens
  • 311 Syntagmatisches Assoziieren
  • 312 Paradigmatisches Assoziieren
  • 3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System
  • 3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System
  • 32 Sonderfaumllle
  • 41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems
  • 42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semantishyschen Orientierungssystems
  • ja
  • Fuumlr alle Woumlrter moumlgshylich
  • 44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte
  • Freiburg Wolfgang Raible
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  • Bally C Preacutecis de stylistique Genegraveve 1905
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  • Deese J The Structure of Association in Language and Thought Baltimore 1965
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C identisch ist (Ist ein spezieller Begriff fuumlr A vorhanden oder ist A identisch mit B oder C so liegt ein Fall von Gegensinn in jener Verwendungsweise vor wie man sie sinnvollerweise Abel unterstellen muss ndash Abels Beispiele sind von Benveniste (1956) zerpfluumlckt worden Ein aumlhnliches Vorkommen solchen Gegensinns gilt fuumlr Fragen des Typs bdquoWie alt (und nicht wie jung) wie groszlig wie lang wie schoumln ist das und dasldquo also fuumlr Faumllle die zB Elmar Holenstein treffend analysiert hat (1976 69f))

Im Fall der Similaritaumlt-Kontrast-Interpretation des Dreiecks ist eine merkmalsemantische Interpretation plausibel B und C enthalten alle Merkmale von A (A ist der Oberbegriff) sie enthalten jedoch noch zusaumltzliche Merkmale und zwar dergestalt dass diejenigen von B und C nicht voumlllig identisch sind sondern in der Regel in einem Merkmal kontrastieren34 [p 22]

3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System

Zunaumlchst zu dem paradigmatischen System in dem fuumlr das Hinausgehen uumlber die gegebene Information die Kontrast-Relation ausschlaggebend ist Es geht also um den Bereich des Entgegengesetzten ndash Otto Gsell hat in seiner Arbeit uumlber die Gegensatzrelationen im Wortschatz romanischer Sprachen eine sehr wesentliche Beobachtung gemacht und so fruumlhere analoge Beobachtungen in entscheidendem Maszlige praumlzisiert Unser Wortschatz ist keinesfalls so beschaffen dass alle Woumlrter ihr Antonym haumltten Ganz im Gegenteil der Wortschatz der bdquoantonymfaumlhig ist macht nur einen relativ geringen Teil des Gesamtwortschatzes aus ndash aber er konzentriert sich auf bestimmte inhaltliche Bereiche des Lexikons Nimmt man wie Gsell als Maszligstab das Begriffssystem von Rudolf Hallig und Walther v Wartburg (19521963) so ergeben sich drei Schwerpunkte Die gegensatzfaumlhigen Woumlrter konzentrieren sich

l in der Rubrik laquoLacircme et lintellectraquo wo es sich um etwa vier Fuumlnftel von insgesamt 2000 Eintraumlgen handelt Es geht dort um geistige Faumlhigkeiten Bewusstsein Gedaumlchtnis Wahrnehmung Denken Vorstellung Gefuumlhle und dergleichen (Hallig und Wartburg verwenden in dieser Rubrik teilweise was Gsell nicht eigens erwaumlhnt Antonymenpaare explizit als Unter-Rubriken)

2 in der Rubrik laquoLa prioriraquo Hallig und Wartburg versuchen dort laquoden inhaltlich sehr allgemeinen nicht sachgebietsbezogenen Wortschatz nach Denk- und Begriffskategorien wie Existenz physische Zustandsformen Eigenschaften Ordnung Wertung Quantitaumlt Raum Zeit Kausalitaumlt Bewegung und Veraumlnderung zu gliedernraquo (Gsell 1979 114) Die Rolle des Kontrasts fuumlr diesen Bereich ist im Uumlbrigen bereits durch das oben zitierte Beispiel der aristotelischen Kategorien ersichtlich

3 im Bereich der jeweiligen Unter-Rubrik geacuteneacuteraliteacutes (oa) zu den jeweiligen groumlszligeren Abschnitten bei HalligWartburg

Gsell spricht anhand der Begriffe des zweiten Bereichs (den dritten nennt er nicht ausdruumlcklich) von laquosemantischen Strukturwoumlrternraquo (im Gegensatz zu den syntaktischen) sie lieszligen sich keinem bestimmten sachlichen oder begrifflichen Bereich

34 Herbert HClark spricht in diesem Zusammenhang (1970 275f) von der laquoRegel des minimalen Kon-trastsraquo In der Ontogenese kann im Uumlbrigen beobachtet werden dass die Beziehungen zwischen kontrastierenden Paaren zT insofern asymmetrisch sind als eins der beiden Elemente privilegiert dh fruumlher gelernt bzw als Oberbegriff verwendet wird Hiermit hat sich in einer Reihe von Arbeiten vor allem Eve V Clark befasst

zuordnen seien jedoch (besser sollte man sagen gerade deshalb) in jeder Art von Rede unentbehrlich

Der Begriff der laquosemantischen Strukturwoumlrterraquo scheint mir gluumlcklich gewaumlhlt zu sein weil solche Woumlrter - als eine von jeweils zwei Alternativen - unsere Erfahrung in houmlchstem Maszlige strukturieren Hierzu zwei Beispiele Von den 34 Woumlrtern der Listen von RussellJenkins (1970) bzw PalermoJenkins (1964) auf die mindestens 50 der Probanden als Assoziation an erster Stelle dasselbe Wort nennen sind 23 solche auf die ein Antonym assoziiert wird Als Strukturierungsdimension dienen dabei

ndash siebenmal der Geschlechtsunterschied (boygirl heshe kingqueen etc)ndash viermal im Bereich des Gesichtssinns die Dimension helldunkel (blackwhite dark light)ndash fuumlnfmal die Orientierung in Raum bzw Raum undoder Zeit (slowfast herethere longshort highlow youngerolder) weiterhin [p 23]ndash die Kommunikationssituation zwischen Sprecher und Houmlrer (meyou)ndash zweimal der Tast- oder Handsinn (hardsoft heavylight) schlieszliglichndash der Geschmackssinn (sour bzw bittersweet) ndash der Gehoumlrsinn (loudsoft) sowiendash die konverse Relation Zwischen Geben und Nehmen (sellbuy buyingselling)

Ist ein tertium moumlglich so immer in Form einer Skala zwischen den beiden Extrempolen die den Bereich eingrenzen - genauso wie dies Aristoteles fuumlr seine Klassifizierung der Tast- Geschmacks- und Geruchsempfindungen vorgeschlagen hatte

Das zweite Beispiel Wolfgang Lorenz und Gerd Wotjak haben aus 80 sprachwissenschaftlichen Untersuchungen haumlufig vorkommende laquoSemeraquo zusammengetragen also solche Begriffe die dazu verwendet werden um den Inhalt anderer Begriffe zu beschreiben Von den 129 in einer ersten Liste bei LorenzWotjak (1977 310-334) zusammengetragenen haumlufig genannten laquoSemenraquo sind nun mehr als die Haumllfte solche die zu Antonymen-Paaren geordnet werden koumlnnen - was wiederum ganz unabhaumlngig davon wie man zur Existenz von semantischen Merkmalen oder Semen stehen mag aufschlussreich ist fuumlr die Strukturierungs- und Reduktionsleistung entsprechender Begriffspaare

Waumlhrend bei der dominant syntagmatischen Art des Assoziierens die Aufgabe der semantischen Einordnung einer Einheit aus Wortart und Lautbild uumlber die Einbettung in den syntagmatischen Kontext also in ein komplexeres Zeichen geleistet wird verlaumluft somit im Fall der geschilderten Unterart des paradigmatischen Assoziierens die Einordnung anders Das betreffende Wort wird wo immer dies moumlglich ist uumlber die Zuordnung des Kontrast-Werts im Dreiecks-Modul identifiziert Dies ist Goethes laquoAnklingen des Gegensinnsraquo das seit Jost Trier im Bereich der Wortfeldlehre erwaumlhnt wird Die Identifizierung der Bedeutung von B mit Hilfe des kontrastierenden C fuumlhrt natuumlrlich dazu dass jeder normale Sprecher sich etwa bei Muumldigkeit dh bei verringerter Aufmerksamkeit zum Gegenteil hin versprechen kann35 In pathologischen Faumlllen fuumlhrt dann eine verringerte Unterscheidungsfaumlhigkeit zwischen den Teilen B und C des Moduls zu den haumlufigen laquoverbalen Paraphasienraquo des Typs nehmen fuumlr geben fragen fuumlr antworten groszlig fuumlr klein

35 Die Ursache dafuumlr dass der ungeuumlbte Houmlrer Versprech-Leistungen normalerweise gar nicht wahrnimmt haben schon Meringer und Mayer genannt laquo(hellip) Der Hauptgrund des Uumlberhoumlrens von Sprechfehlern liegt darin dass der Houmlrer ganz aumlhnlich daran ist wie der Sprecher und wohl aus derselben Ursache uumlberhoumlrt aus der der andere sich versprichtraquo (1895 10f)

3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Im Similaritaumlt-Kontrast-System das wo immer dies moumlglich ist den Zugriff auf semantische Information primaumlr steuert steht Mutter in [p 24] Kontrast zu Vater - tertium non datur Mutter steht jedoch auch in Beziehung zu anderen Lexemen zB zu Kind Tochter Stiefmutter Groszligmutter auch zu Frau etc Bei Frau oder Maumldchen bestehen uumlbrigens unabhaumlngig vom Geschlecht der Probanden - assoziative Verbindungen zu huumlbsch schoumln Schoumlnheit und dergleichen Die ersten dieser Verknuumlpfungen koumlnnte man noch leicht mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Vater und Mutter bilden ein minimales Paar das sich nur durch den bewussten kleinen Unterschied die Opposition maumlnnlichweiblich semantisch voneinander abhebt Bei Paaren wie MutterKind bzw MutterTochter waumlren es bereits mehrere differenzierende Merkmale (und das Beispiel zeigt zugleich dass es noch ganz andere Relationen gibt als die des Kontrasts hier zB die temporale oder die kausale) Bei MaumldchenSchoumlnheit muumlsste man schon mit Selektionspraumlferenzen arbeiten man koumlnnte wohl auch an den Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt denken

Es gibt nun allerdings eindeutig paradigmatische Assoziationen bei denen merk-malsemantische Konstruktionen angesichts ihrer notwendigen Komplexitaumlt in eklatantem Widerspruch zur hochgradigen Gelaumlufigkeit der betreffenden Assoziationen stuumlnden Ein einfaches Beispiel ist das Paar TischStuhl Die Zahlen 84 bei Russell Jenkins 69 bei PalermoJenkins 55 bei franzoumlsischen Studenten36 Man koumlnnte hier die Merkmal-Similaritaumlt uumlber den Oberbegriff Moumlbelstuumlck konstruieren aber wie waumlre dann zu erklaumlren dass die Verbindung zwischen Tisch und Stuhl enger ist als die zwischen den Moumlbelstuumlcken Tisch und Hocker (die sich im Prinzip nur durch die Groumlszlige unterscheiden) oder zwischen Tisch und Bett (1 der Nennungen trotz laquogetrennt von Tisch und Bett lebenraquo) Wie waumlren weiterhin so gelaumlufige Assoziationen wie pied chaussure araigneacuteetoile tobaccosmoke zu erklaumlren fuumlr die Oberbegriffe schwer zu konstruieren sind und die sich in einer solchen Konstruktion wenn sie gelingt immer noch durch eine Fuumllle von Merkmalen nicht etwa nur durch ein einziges unterschieden

Angesichts solcher Verhaumlltnisse scheint es mir plausibel zu sein das als grundlegend angesetzte Dreiecks-Modul in diesen Faumlllen als eine Similaritaumlts-Kontiguitaumlts-Beziehung zu interpretieren also in Anlehnung an das oben erlaumluterte bdquoGesetz der Naumlhe aus dem Bereich der optischen Wahrnehmung Solche Similaritaumlts-Kontiguitaumlts-Beziehungen beruhen bei einem flieszligenden Uumlbergang zum Similaritaumlt-Kontrast-Bereich ndash jeweils auf Erfahrungskontexten in denen Erscheinungen als zusammengehoumlrig verwandt benachbart verstanden werden Die Komponente der Similaritaumlt versteht sich hier vor allem als Zugehoumlrigkeit zum selben Er- [p 25] fahrungsbereich meist - aber keinesfalls ausschlieszliglich - auch als Zugehoumlrigkeit zur selben Wortart Die Kontiguitaumlt wird zumeist verkoumlrpert durch eine spezielle in der Regel gerichtete Beziehung zwischen den Elementen B und C (Die Zahl der Probanden die auf Stuhl wieder Tisch assoziieren ist viel geringer als die Zahl derer die auf Tisch die Assoziation Stuhl haben) Entscheidend ist dabei nun dass die Erfahrungskontexte zwar individuell verschieden sind dass die Relationen durch welche die Begriffe verknuumlpft sind dagegen meist ganz spezifische invariante Relationen darstellen Tisch und Stuhl sind zB integrierende Teile eines groumlszligeren Ganzen im Erfahrungsbereich des Wohnens und Arbeitens zwischen tobacco und

36 Die Zahl fuumlr die deutschen Probanden lautet 29 - hier stellen die 15 Nennungen fuumlr die im Grenzbe-reich zwischen semantischer und syntagmatischer Kontiguitaumlt liegende Assoziation Bein(e) eine starke Konkurrenz zu Stuhl dar

smoke araigneacutee und toile besteht eine kausale zwischen Hammer und Nagel eine finale Relation Das Gegenstuumlck zur Kontiguitaumlt die Distanz grenzt hier die Dreiecksmoduln gegeneinander ab Interessant ist dass in vielen Faumlllen nicht eigentlich der kontige Partner sondern die spezifische Relation etwa zwischen dem Gegenstand und einem allfaumllligen Benutzer assoziiert wird Um die finale Relation geht es zB in den Faumlllen Bettschlafen Schereschneiden ciseauxcouper scissorscut

32 Sonderfaumllle

Fuumlr beide Varianten des paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssystems gilt natuumlrlich Sobald auf der Achse BC mehr als zwei gleichrangige Mitglieder anzusiedeln sind sobald also in Trubetzkoys oder Coserius Terminologie eine laquoaumlquipollenteraquo und nicht eine laquoprivativeraquo Opposition vorliegt37 verliert die Assoziation von einem dieser Mitglieder zum anderen an Schaumlrfe die buumlndelnde Kraft des einzigen Antonyms oder des in spezifischer Weise kontigen Partners fehlt Musterbeispiel ist das Dreiecks-Modul fuumlr die Farbwerte im Gegensatz zu dem fuumlr die Grauwerte

Wegen der Auswahl aus einer groszligen Zahl gleichberechtigter Moumlglichkeiten sind die Reaktionen auf Farben dementsprechend wenig gebuumlndelt38 ndash auf gelb nennen an ers-ter Stelle 14 der amerikanischen Pro- [p 26] banden blau 12 der deutschen rot 11 der franzoumlsischen gruumln Bei den Ausgangswoumlrtern blau und gruumln ist die Assozia-tion im paradigmatischen Bereich sogar schwaumlcher als im syntagmatischen ndash hier nen-nen die Probanden in allen drei Sprachen an erster Stelle den Himmel (blau) und den Bereich GrasWieseLandschaft (gruumln) und dies mit einer Frequenz die vertreten durch Werte zwischen 20 und 30 deutlich uumlber den Frequenzen liegt die in den ande-

37 Coseriu 19641978 120f 1976 34 Eine graduelle Opposition entspricht wie oben in Anm 5 erwaumlhnt einer Unterart des aristotelischen Entgegengesetzten mit gegebenem tertium38 Nach der oben erwaumlhnten aristotelischen Farbkonzeption oder dem analogen Vorschlag bei Weinrich 1967 2213 oder Coseriu 1976 43f waumlren die beiden Dreiecks-Moduln zu einem einzigen zu kombinieren - die extremen Farbwerte waumlren also schwarz und weiszlig Dem widerspricht einerseits nicht das Assoziationsverhalten der Probanden im englischen franzoumlsischen und deutschen Sprachbereich wo auf rot blau gelb gruumln sowie auf Farbe jeweils auch und zT mit betraumlchtlichen Nennungszahlen schwarz undoder weiszlig genannt werden (Bei gebildeten franzoumlsischen Sprechern liegt in einem dieser Faumllle freilich eine syntagmatische Assoziation vor gerade wegen ihrer Bildung assoziieren 18 an erster Stelle auf rouge das Wort noir) Andererseits entspricht das Assoziieren von schwarz undoder weiszlig auf Farbadjektive den Erkenntnissen die der geniale Edwin H Land (1977) uumlber die Physiologie des Farbsehens gewonnen hat

ren Faumlllen fuumlr Farbwerte eintreten ndash Auch zwischen Zahlen scheinen auf den ersten Blick dieselben aumlquipollenten Beziehungen zu bestehen wie etwa zwischen Farbadjekti-ven Bei naumlherem Zusehen zeigt sich jedoch dass als spezifische Relation zwischen Zah-len die Relation bdquogroumlszliger als gesehen wird (Ganz abstrakt lautet die Regel fuumlr das Zaumlhlen ja Ersetze die letzte Zahl n durch n+1) Entsprechend sind die Assoziationen auf Zahlwoumlrter immer gerichtet zB im Sinn des n + 1 auf zwei wird drei auf drei wird vier assoziiert auf jeden Fall immer eine houmlhere Zahl39

Ein weiterer Sonderfall sind Erfahrungsbereiche die nicht zu denjenigen einer Vielzahl von Sprechern gehoumlren Zum Loumlwen wird gemeinhin als kontiger Partner im Erfahrungsbereich exotische wilde Tiere der Tiger assoziiert Beim Adler fehlt fuumlr den normalen Sterblichen der Partner In solchen Faumlllen kann die Assoziation dann zur Spitze A eines potentiellen Moduls verlaufen (man koumlnnte auch sagen Auf dem Weg von B zu einem potentiellen C endet die Assoziation in Ermangelung eines C bei A das sonst die Zwischenstation gewesen waumlre) Die Konsequenz Die haumlufigste Assoziation auf Ad-ler ist Vogel (21) oiseau (16) und bird (55) Solche Assoziationen zum Klassennamen dh zur Spitze A des Moduls hin sind relativ selten Mit groumlszligerer Haumlufig-keit treten sie sozusagen als Vorstufe zu Similaritaumlt-Kontrast-Assoziationen bei sprach-lich weniger sozialisierten Probanden auf40 [p 27]

4 Schlussuumlberlegungen

laquoDie Aufstellung von Oppositionen ist im Wortschatz wesentlich komplizierter als im phonologischen System einer Sprache da die beteiligten Merkmale wesentlich zahlrei-cher sind als in der Phonologie Prinzipiell handelt es sich jedoch um die gleichen Oppositionstypenraquo (Coseriu 1973 65)

Ich habe eingangs gezeigt dass Zweierschemata haumlufig als Denkmodell verwendet wer-den dass die Sprache im Bereich der Bezeichnungen des Entgegengesetzten uumlber eine ganze Skala solcher Zweierschemata verfuumlgt weiterhin dass Wahrnehmen und Erfassen von etwas stets zugleich bedeutet uumlber die Information hinausgehen die gegeben wird und dass auch bei diesem laquouumlber die Information hinausgehenraquo wieder Zweierschemata wie die von Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz entscheidend sind Ich habe dann Ergebnisse der sprachlichen Assoziationsforschung einer ersten Analyse unterzogen und diese Analyse in einem weiteren Schritt dadurch vertieft dass ich sprachliche Assoziationen als den Reflex von Strategien aufgefasst habe die dazu dienen semantische Information zu erfassen und einzuordnen Zum Abschluss will ich in vier Schlussuumlberlegungen skizzieren worin der moumlgliche Ertrag einer staumlrkeren Einbeziehung der Assoziationsforschung und verwandter Gebiete liegen kann in einem (1) Einblick in das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems und seine (2) Transformation in Onto- und Pathogenese sowie in der Diachronie in einem (3) neuen Licht das auf Probleme der Wortfeldforschung geworfen wird und schlieszliglich auch in einer (4) angemesseneren Haltung gegenuumlber der Wissenschaftsgeschichte

39 Schuchardts oben zitierte Vermutung auf drei koumlnne (aus Gruumlnden der Lautaumlhnlichkeit) auch zwei assoziiert werden ist auch deshalb abwegig weil Ruumlckwaumlrtszaumlhlen eine sehr schwierige Aufgabe ist sie wird zB haumlufig verwendet um das Ausmaszlig von Aphasien zu bestimmen Dasselbe gilt fuumlr Tages- und Monatsnamen wo die spezifische gerichtete Relation bdquospaumlter als oder bdquonach lautet40 Vgl Rosenzweig 1970 102 105 zum relativ groszligen Anteil der Assoziationen zum Oberbegriff hin bei amerikanischen und franzoumlsischen Arbeitern Jenkins 1970 7 erwaumlhnt das Zuruumlckgehen der Oberbegriffs- und der Synonym-Assoziationen in der Geschichte amerikanischer Assoziationstests - Angesichts des vorliegenden Materials ist mir unklar worauf Clark (1970 279) die Ansicht stuumltzt laquoFast-Synonymeraquo wie house - home odour - smell seem - appear thing - object sowie Ober- und Unterbegriffe kaumlmen bei den Wortassoziationen oft vor

41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems

In unserem paradigmatischen Orientierungssystem scheint es zwei Bereiche zu geben die flieszligend ineinander uumlbergehen und miteinander kombiniert sein koumlnnen ei-nen Bereich mit Similaritaumlt-Kontrast- und einen Bereich mit Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-(Distanz-)Struktur Im einen Bereich wird Information aumlhnlich wie im Fall des bdquoGesetzes der Gleichfoumlrmigkeit (und des Kontrastes) vor dem Hintergrund der Similaritaumlt domi-nant eingeordnet im Hinblick auf das Entgegengesetzte im anderen im Hinblick auf den Nachbarn im selben Erfahrungsbereich ndash was dem gestaltpsychologischen bdquoGesetz der Naumlhe entsprechen wuumlrde

[p 28] Das erste System strukturiert durch seine Reduktion auf in der Regel zwei Alternativen (mit falls ein tertium zugelassen ist Zwischenmoumlglichkeiten) unsere Erfah-rung in auszligerordentlich starkem Maszlig Hier bestehen zugleich die groumlszligten auszligereinzel-sprachlichen Uumlbereinstimmungen ndash und zwar deswegen weil bestimmte Strukturie-rungs-Dimensionen ethologisch gesehen nichts anderes darstellen als Verbalisierungen jener Interpretation der Natur der Umwelt und ihrer Gesetzlichkeiten die unser Organismus im Lauf seiner entwicklungsgeschichtlichen Adaptation vorgenommen hat Orientierung im Raum in der Zeit Orientierung durch Houmlren Sehen Riechen Schme-cken Fuumlhlen und Tasten Eine Reihe solcher Strukturierungs-Dimensionen (die generell Coserius und Pottiers Klassemen Greimas Kontextsemen oder Luumldis Kongruenzsemen gleichen)41 sind sogar grammatikalisiert also zu grammatischen Ordnungsdimensionen geworden (wobei die Einzelsprachen das Angebot natuumlrlich in jeweils verschiedener Weise wahrnehmen) Es geht ua pythagoreisch ausgedruumlckt um die Unterscheidung zwischen dem Einen und dem Vielen um die zwischen maumlnnlich und weiblich (die im grammatischen Bereich freilich neutralisiert werden kann) zwischen tot und lebendig (wofuumlr die Grammatiker unbelebtbelebt vorziehen) zwischen menschlich und nicht-menschlich geben (bdquoAllativ bdquoDativ) und nehmen (bdquoAblativ) zwischen ich und du ja und nein (vierte Art des Entgegengesetzten im aristotelischen Sinn) hier und dort jetzt und nicht-jetzt42

Besonders augenfaumlllig sind solche Klasseme und ihre Reduktionsleistung in den sogenannten Klassifikator-Sprachen ndash dort hat jedes Nomen ein Element bei sich das das Bezeichnete einer bestimmten Klasse von Denotaten zuweist etwa zur Klasse Tier oder Mensch zur Klasse der horizontalen oder vertikalen Objekte ndash wobei was nicht unerwartet ist als generellstes und haumlufigstes Klassifikationskriterium die Opposition zwischen belebt und unbelebt verwendet wird (vgl Serzisko 1980)

Unser so vorstrukturiertes Wahrnehmen und Denken erkennt umgekehrt in der Umwelt wieder Prinzipien wie die eingangs genannten Gegensatzpaare des fruumlhgriechi-schen Denkens ndash wobei inzwischen klar sein duumlrfte dass es sich um alles andere als um bdquoarchaisches oder bdquoprimitives Denken handelt Bemerkenswert an den Wort-Assozia-tionen ist ja ua dass man sie nicht dadurch erhaumllt dass man im Sinn des dritten noogenetischen Prinzips von Spearman den Ausgangspunkt und die gewuumlnschte Rela-tion vorgibt um zu einem Ergebnis zu kommen es genuumlgt die Angabe des Ausgangspunkts Wahrnehmen Erkennen Verstehen bedeuten naumlmlich stets Einordnen Relationen herstellen ndash gleichguumlltig ob es um [p 29] die optische Wahrnehmung geht an der einige (vermutlich verwandte) Gestaltgesetze erlaumlutert wurden oder aber um das Einordnen sprachlicher Information So ist es ganz selbstverstaumlndlich dass die gege-

41 Vgl Coseriu 1972 52 LorenzWotjak 1977 235 mit Anm 10342 Vgl zur binaumlren Opposition als einer Extremform des grammatischen Paradigmas auch Weinrich 1967 1975

bene Information erst im Hinausgehen uumlber das Gegebene erfasst wird - ein Hinausge-hen das die Psychologen bekanntlich auch Denken nennen Im sprachlichen Erfassen ist so auch das Denken oder laquouumlber das Gegebene Hinausgehenraquo angelegt Das Denk-schema von These Antithese und Synthese spiegelt zB das Dreiecks-Modul des Similaritaumlt-Kontrast-Systems wider Mann und Frau sind in Mensch aufgehoben43

Waumlhrend im Bereich des Similaritaumlt-Kontrast-Systems nicht nur im Prinzip son-dern zT auch materiell gewisse auszligereinzelsprachliche Uumlbereinstimmungen vorhanden sind gibt es im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System natuumlrlich entsprechend dem Erfahrungs- und Lebensbereich kulturelle und soziale Unterschiede Entscheidend ist jedoch auch hier dass Einordnen nicht nur bedeutet in Relation Setzen zu diese Relationen sind ebenso wie die Kontrast-Relation im anderen System wiederum ganz spezifische ihrer-seits in aller Regel uumlberindividuelle Denk-Relationen TeilGanzes Kausalitaumlt Finalitaumlt Zeitrelation Invariant oder auszligereinzelsprachlich sind also die Relationen nicht notwendigerweise dagegen die Terme die durch solche Relationen verbunden sind

42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semanti-schen Orientierungssystems

Nach den vorgefuumlhrten Analysen gibt es drei Strategien zur Wahrnehmung und Einordnung semantischer Information eine dominant syntagmatische und die beiden eben erwaumlhnten paradigmatischen Dabei entspricht die syntagmatische Strategie dem was Hansjakob Seiler im Bereich der bdquosprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden mit Piaget zunaumlchst als Einordnen dann als Individualisierung bezeichnet hat insbeson-dere das paradigmatische Similaritaumlt-Kontrast-System entspricht dagegen dem Seiler-schen Klassifizieren bzw Generalisieren als der anderen polaren Instanz im Bereich der sprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden (Seiler 1981) Die Charakteristika aller drei Orientierungs- und [p 30] Einordnungssysteme sind in der folgenden Uumlbersicht nochmals zusammengestellt

I II IIISyntagmatisches Konti-guitaumlts-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontrast-System

Dominante Strategie Einordnen in ein groumlszlige-res Syntagma (dh in ein komplexeres Zei-chen)

Zuordnung eines Part-ners aus demselben Er-fahrungsbereich (uumlber spezifische Relationen)

Zuordnung eines Anto-nyms (uumlber die Gegen-satz-Relation)

Wortklasse in aller Regel verschie-den

in der Regel gleich gleich

Kontiguitaumlt vs Distanz ja ja

43 Es ist gewiss nicht erstaunlich dass wie Coseriu (1977a) gezeigt hat gerade Hegel in seiner Humboldt-Rezension als Vergleichsgrundlage fuumlr alle Sprachen die Unterscheidung von Gattungen und Arten bzw von laquoAllgemeinheiten und Bestimmtheitenraquo ansieht ndash mit anderen Worten also das DreiecksModul in sei-ner Similaritaumlt-Kontrast-Auspraumlgung ndash Die Bolle des Kontrasts (als drittes Moment neben Similaritaumlt und Kontiguitaumlt) hat aus der phaumlnomenologischen Tradition heraus sehr schoumln und einleuchtend Elmar Holen-stein dargestellt und gerade auch fuumlr die sprachliche Seite als grundlegend bezeichnet laquoDamit uumlberhaupt eine Auswahl (gemeint ist auf der paradigmatischen Achse der Selektion) getroffen werden kann muss sich etwas von etwas abhebenraquo (1976 86) Bruners going beyond the information given kann also zT auch im phaumlnomenologischen Sinn interpretiert werden

Similaritaumlt vs Kontrast ja ja

Fuumlr alle Woumlrter moumlg-lich

ja groszliger Bereich kleiner Bereich (bdquosemantische Struktur-woumlrterldquo)

Die spezifischen Relationen im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System entsprechen dabei in etwa Piagets laquoinfralogischenraquo Relationen oder Spearmans (1923 67-71) laquorealraquo relati-ons die Relationen des Similaritaumlt-Kontrast-Systems entsprechen dagegen Piagets laquologi-schenraquo und in etwa wohl Spearmans (71-74) laquoidealraquo relations Fuumlr die veschiedentlich erwaumlhnte nicht scharfe Trennung der Bereiche II und III duumlrften ua die Teil-Ganzes-Relationen verantwortlich sein die sowohl im laquologischenraquo (Inklusion) als auch im laquoinfralogischenraquo Bereich vorkommen Waumlhrend die Relationen des Similaritaumlt-Kontigui-taumlt-Systems dominant gerichtete Relationen sind ist die Gegensatz-Relation des Similaritaumlt-Kontrast-Systems grundsaumltzlich zweiseitig Abweichungen ergeben sich insbesondere durch Polysemie (vgl o S 12)

Ontogenetisch gesehen werden nun die paradigmatischen Systeme II und III uumlber das syntagmatische System I aufgebaut Dabei nimmt das System II wie aus seinen Merkmalen ersichtlich ist eine Mittelstellung zwischen den Systemen I und III ein - im Sinn der Konzeption Seilers stellt es also gewissermaszligen den bdquoWendepunkt zwischen den beiden Polen der Dimension sprachliche Erfassung von Gegenstaumlnden dar Auch der flieszligende Uumlbergang zwischen den drei Systemen erhellt aus dem Schema die Grenz-faumllle liegen interessanterweise nicht zwischen I und III sondern zwischen den Systemen III (zB Coserius laquolexikalische Solidaritaumltenraquo) und zwischen den Systemen IIIII Es ist somit plausibel dass [p 31] in der Ontogenese die Systeme in der Reihenfolge I-II-III aufgebaut werden Das System III nimmt dabei insofern eine Sonderstellung ein als es wie die letzte Zeile des Schemas nochmals ausweist direkt nur auf einen kleinen aber wichtigen Ausschnitt des Wortschatzes anwendbar ist

Was den Abbau der Sprache bei pathologischer (oder altersbedingter) Beeintraumlchtigung des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems betrifft so ist den vorliegenden Beobachtungen nach die Reihenfolge wohl umgekehrt Das System III wird vor dem System II beeintraumlchtigt Dies entspraumlche der Erkenntnis Jakobsons dass man zuerst verliert was man zuletzt erworben hat44 Was schlieszliglich diachronische Transformationen speziell den Bedeutungswandel betrifft so ist die Affinitaumlt zu Uumlberlegungen sehr wichtig die in Teilbereichen schon Wilhelm Wundt (o S 7) und dann vor allem Stephen Ullman angestellt hat Ullman resuumlmiert ja die Arbeit seines Lands-manns Zoltan Gombocz (Jelentestan Pecs [Fuumlnfkirchen] 1926) und den ihm zu Grunde liegenden Aufsatz von Leacuteonce Roudet (1921) mit folgenden Worten

laquoAn associative network of names clusters around each name some of these associations are rooted in similarity others in contiguityraquo (1967 79)

Dem entspricht dann seine Klassifizierung des Bedeutungswandels (1967 220ff) Uumlbertragung von signantia aufgrund von Similaritaumlt bzw Kontiguitaumlt zwischen den sig-nata bzw umgekehrt Uumlbertragung von signata aufgrund der SimilaritaumltKontiguitaumlt zwi-schen den signantia Zu praumlzisieren waumlre dass es sich nicht um Similaritaumlt oder Kontiguitaumlt handelt sondern um Transfer im Rahmen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- oder 44 Die Arbeit von Stachowiak uumlber die Semantische Struktur des subjektiven Lexikons (1979) bestaumltigt diese Hypothese was dort vorgefuumlhrt wird laumlsst sich mE alles in dem Sinn interpretieren dass bei aphasischem Abbau der Sprache vor allem das System III beeintraumlchtigt wird Nach dem was oben (S 18f) uumlber die Komplexitaumlt von Benennungs- und Assoziations-Aufgaben gesagt wurde unterstreicht dies im Grund auch die These Jakobsons dass es sich im wesentlichen um eine Stoumlrung handelt bei der die metasprachliche Punktion der Sprache beeintraumlchtigt ist

des Similaritaumlt-Kontrast-Systems die Rolle des Kontrasts ist wie schon Wundt sah in der Tat nicht unwichtig45 [p 32]43 Wortfeld-Probleme

Die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen werfen auch ein Licht auf manche Probleme der Wortfeldforschung Zunaumlchst erklaumlren sowohl die Wortassoziationen als auch die Sprechfehler das eher selten reflektierte Phaumlnomen dass die bisher vorgestellten Wortfelder alle aus Elementen derselben Wortart bestehen46 Weiterhin muumlsste man ge-maumlszlig den beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssystemen wohl auch zwischen zwei Grundarten von Wortfeldern unterscheiden zwischen solchen des Similaritaumlt-Kontrast-Typs und solchen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- [p 33] Systems (etwa Wortfeld desWohnens der Werkzeuge der Landschaft)47 In der Form wie sie durch die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen nahegelegt werden vermitteln dabei die Wortfel-

45 Was die Unterscheidung der beiden paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssysteme angeht so fuumlhle ich mich nicht nur in der guten Gesellschaft Ullmans sondern auch in der einer Reihe von Psychologen Sprachpsychologen und Aphasieforschern Jean Piaget und Baumlrbel Inhelder unterscheiden bei der Ordnungsleistung von Kindern zwischen dem Ordnen nach dem Prinzip der Aumlhnlichkeit und nach demjenigen der Konvenienz und etwa analog dazu zwischen den schon erwaumlhnten laquologischenraquo Relatio -nen (Klassifizierung) und den laquoinfralogischenraquo (PiagetInhelder 19731 38ff) Elisabeth Wiig und Diana Globus haben 1971 in einem kontrollierten Assoziationsversuch mit 7 Aphasikern und 7 gesunden Kon -trollpersonen explizit mit Piagets logischen und infralogischen Relationen gearbeitet Das Ergebnis kann nicht nur dahingehend interpretiert werden dass es entsprechend zu diesen Relationen zwei verschie -dene Orientierungs- und Einordnungssysteme gibt sondern auch dahingehend dass das klassifikatorische System (Similaritaumlt-Kontrast-System) sowohl bei Gesunden als auch bei Aphasikern im Verfahren der kontrollierten Assoziation (gegeben ist ein Ausgangsbegriff und die Relation gesucht wird ein Zielwort) nur dann gute Ergebnisse erbringt wenn die Merkmalunterschiede gering sind - und am geringsten sind sie natuumlrlich bei binaumlren Oppositionen also etwa bei Antonymie Sobald die Merkmalsunterschiede groumlszliger werden etwa beim Ausgangsbegriff Kind und dem gesuchten Begriff Eltern sind die Suchergebnisse bei Aphasikern und Gesunden gleichermaszligen schlecht Dagegen funktioniert das infralogische System sowohl bei hoher als auch bei geringer Kontiguitaumlt der Begriffe bei den unter-suchten Aphasikern und den gesunden Kontrollpersonen recht gut (laquoWas ist der Zweck von Heizung - Ergebnis Waumlrme oaraquo) ndash Was die beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssysteme an-langt stehe ich auch weitgehend in Einklang mit James Deese Deese zieht nach einer essentiell faktoranalytischen Untersuchung von Assoziationsverhalten ua folgende Konsequenz (1965 164) laquoThe data on associative distribution suggest that the two fundamental operations we have for sorting out meaningful ndashthat is logical and syntactical relations among wordsndash are contrast and groupingraquo Deese sieht freilich ua nicht die Einordnung in ein Syntagma als dritte Strategie und anhand einer sprachpsychologischen Darstellung des Assoziationsverhaltens wie sie etwa von Houmlrmann (1967 115-156) gegeben wird vermisst man generell den Ansatz Assoziationen als Reflex von Strategien zum Erfas-sen von Bedeutung anzusehen so erscheinen dann viele Beobachtungen die anhand des obigen Schemas sinnvoll integriert werden koumlnnen eher als membra disiecta ndash Ich nenne schlieszliglich noch die Arbeit von Huber et al 1975 und die schon erwaumlhnte Dissertation von Stachowiak (1979) In der Arbeit von 1975 wird ndashbei einer Beschreibung jenes Aphasie-Typs der nach Carl Wernicke benannt istndash unterschieden zwischen zwei Orientierungsprinzipien im Lexikon einem laquosemantisch-klassifikatorischenraquo und einem laquosituativ-referentiellenraquo (1975 88 vgl Stachowiak 1979 58f) Ich bin freilich nicht einverstanden mit der These Stachowiaks es handle sich dabei einerseits um einen laquoinnersprachlichenraquo andererseits um ei-nen laquoenzyklopaumldischenraquo Bereich Wesentlich ist was nochmals betont sein soll fuumlr beide Bereiche als invariantes Prinzip dasjenige der Relation dabei sind die Relationen im einen Fall gewiss klassifikatorisch im anderen laquoinfralogischraquo beide Arten von Relationen sind jedoch gleichermaszligen uumlberindividuell und sie werden gleichermaszligen erlernt46 Geckeler sieht (1971 218) die Wortart-Gleichheit als die gewissermaszligen selbstverstaumlndliche Folge ei -ner paradigmatischen Perspektive an (was einer engen Konzeption von Paradigma entspricht) vgl u S 3547 Wenn ich recht sehe korrespondieren die beiden Grundarten mit einer Unterscheidung die Coseriu (1976 47f) innerhalb eines seiner fuumlnf Kriterien zur Klassifizierung von Wortfeldern macht naumlmlich der Unterscheidung zwischen laquorelationellenraquo und laquosubstantivenraquo Oppositionen bzw Feldern Im Rahmen der hier vorgetragenen Konzeption wird diese Unterscheidung zu einer zentralen Groumlszlige

der des Similaritaumlt-Kontrast-Typs gewissermaszligen zwischen zwei extremen Konzeptio-nen von Wortfeld zwischen der von Andre Jolles und der von Jost Trier Jolles (der des-halb von Trier und anderen gescholten wurde) wollte nur Minimalformen mit jeweils zwei (antonymen) Gliedern als laquoBedeutungsfelderraquo gelten lassen Felder die in dieser Form natuumlrlich fest umgrenzt waumlren (Jolles 1934) Fuumlr Trier galt dagegen das Prinzip der Wert jedes Worts ergebe sich aus dem Feldwert also aus der Position in einem semantischen Feld Das Wort bedeute laquonur in diesem Ganzen und kraft dieses Ganzenraquo Die vermittelnde Position ist die in einem zentralen Antonymenpaar den festen Kern zu sehen um den sich ein ganzes Feld verwandter Termini schart wobei im Normalfall die Grenze des Feldes verschwimmt Das Feld waumlre also nur von seinem zentralen Kern aus als solches zu greifen Geckelers Doppel-Wortfeld zwischen altrsquo und seinen beiden Antonymen jung und neursquo scheint mir de facto im Sinn einer solchen Konzeption interpretierbar zu sein

Die Wortfelder des Similaritaumlt-Kontrast-Typs lassen sich nun wie schon er-waumlhnt in einleuchtender Weise mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Spaumltestens bei dem Versuch Wortfelder des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs merkmalsemantisch zu rekonstruieren treten jedoch betraumlchtliche Schwierigkeiten auf Ein Verfahren auch solche Bereiche bdquodurchsichtig zu machen besteht nun darin dass man an die Spitze eines Feldes neben den eventuell vorhandenen Oberbegriff noch eine der spezifischen Auspraumlgungen der Kontiguitaumlts-Relation stellt (wodurch dann das was die Basiskante BC des Moduls von S 21 ausmacht als Seitenkante bzw Suchbegriff verwendet wird) Pottiers Wortfeld der Sitzmoumlbel im Franzoumlsischen hat als konstituierende Merkmale ne-ben dem Oberbegriff Artefakt eine solche spezifische Auspraumlgung naumlmlich das finale zum Sitzen Die Similaritaumlt die durch diese beiden Merkmale geschaffen wird stellt einerseits das Auswahlkriterium dar nach dem das Feld begrenzt andererseits den Hintergrund an Similaritaumlt vor dem es analysiert werden kann Ein Bereich wie Werk-zeug laumlsst sich um ein weiteres Beispiel zu geben nur schwer merkmalsemantisch beschreiben weil man Begriffe wie Stechbeitel Loumltkolben Nietzange und Maumlhdre-scher zu beruumlcksichtigen haumltte Fuumlgt man jedoch zu Werkzeug die finale Relation zum Bearbeiten von (beispielsweise von Holz) so entsteht ein uumlberschaubares und strukturierbares Feld [p 34]

Dabei zeigt sich nicht nur dass solche Wortfelder in gewissem Maszlig beliebig (re)konstruierbar sind - man kann etwa Katze mit gleichem Recht einmal zu den Haus-tieren ein andermal zu den fleischfressenden Saumlugetieren rechnen Es zeigt sich gleichzeitig dass eine solche Rekonstruktion genau nach dem dritten noogenetischen Prinzip von Spearman verlaumluft Zu einem Ausgangsbegriff (Werkzeug) und einer Rela-tion (zum Bearbeiten von Holz) werden Entsprechungen gesucht und gebildet Unter dem Blickwinkel dieses noogenetischen Prinzips sind Wortfelder nun nicht nur beschreibbar als Ergebnisse eines Verfahrens der kontrollierten Assoziation die beiden angedeuteten Grundtypen von Wortfeldern beruhen dann sogar beide auf demselben Grundprinzip Gegeben ist der Ausgangsbegriff und eine Relation ndash eine Relation die im Fall des Similaritaumlt-Kontrast-Typs die Gegensatzrelation ist im Fall des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs eine finale kausale temporale lokale TeilGanzes-Relation etc Dass solche Konstruktionen oder Rekonstruktionen48 also die Wortfelder der Linguisten keinesfalls - um mit Gauger (zB 1976) zu sprechen - laquobewusstseinsfremdraquo sind zeigt gerade das Verfahren der freien Assoziation dessen Interpretation Ausgangspunkt die-ser Uumlberlegungen war

Dies hat auch Auswirkungen auf das von Saussure aufgeworfene Negativitaumltsproblem Gewiss bedeutet Vater nicht nur Nicht-Mutter sondern auch

48 Von der Konstruktion von Wortfeldern spricht auch Coseriu (zB 1970 113)

Nicht-Sohn Nicht-Barock Nicht-Jahrhundert Bei einer solchen Betrachtung wird je-doch eine bestimmte Art des Gegensatzes die parmenideische Relation des bdquoIst nicht verabsolutiert Sie spielt gewiss eine wichtige Rolle in der Sprache sowohl in der Semantik als auch im Bereich der geschlossenen grammatischen Paradigmen Man sollte jedoch (trotz des Umstands dass die Kontrast-Relation und mit ihr die Relation des oppositiven bdquoIst nicht gerne als laquologischraquo die Relationen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Systems dagegen als laquoinfralogischraquo bezeichnet werden) nicht vergessen dass beide Ar-ten von Relationen unabdingbare Konstanten unseres Wahrnehmens Erfassens und Denkens darstellen und dass eine Semantik die nicht bewusstseinsfremd sein will dementsprechend nicht nur die im Motto auf S 27 angegebenen Oppositionen sondern die ganze Skala moumlglicher Relationen mit in ihr Beschreibungsinstrumentarium aufneh-men muss

44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte

Eugenio Coseriu hat 1977 in seiner Antrittsrede an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften als eines der vier Prinzipien seines Schaffens das Stichwort Tradition und Neuerung genannt Es heiszligt dort laquodass die Geschichte unserer Wissenschaften wie uumlberhaupt die Kultur- [p 35] geschichte Fortsetzung von Traditionen und Erneuerung innerhalb von Traditionen istraquo Man sage eigentlich Neues nur wenn man an Traditionen anknuumlpfe und Traditionen fortsetze (1977 109 vgl 1979 5) Ich habe im vorliegenden Beitrag versucht in mehrfacher Weise an solche Traditionen anzuknuumlpfen ua an diejenige der Assoziationsforschung der Jahrhundertwende Dass hier uumlberhaupt von einem (Wieder-)laquoAnknuumlpfenraquo gesprochen werden muss hat seine Gruumlnde

Der Begriff Assoziation war noch Saussure so gelaumlufig dass er ihn in dem Sinn verwendete in dem heute Paradigma und paradigmatisch gebraucht werden (Saus-sure spricht nicht von paradigmatischen sondern von assoziativen Relationen) Henri Frei oder Charles Bally setzten in dieser Hinsicht nicht nur die Tradition des Meisters fort Bally kannte wie ua einschlaumlgige Stellen aus dem Traiteacute de stylistique franccedilaise von 1909 zeigen offensichtlich auch die Arbeit von Thumb und Marbe sowie den dort angesprochenen Bereich des Assoziierens insbesondere zum Gegenteil hin Seither hat jedoch in der Sprachwissenschaft ein grundlegender Paradigmawechsel stattgefunden Eine im Uumlbermaszlig psychologisierende Stroumlmung wurde wie uumlblich durch das Gegenteil abgeloumlst und seither scheinen die Sprachwissenschaftler den Begriff Assoziation als et-was eher Anruumlchiges zu meiden und allenfalls mit ganz spitzen Fingern anzufassen laquoCest pour eacuteviter le psychologisme adopteacute dans le Cours de F de Saussure que je substi-tue le terme rapport paradigmatique agrave celui de rapport associatifraquo schreibt Louis Hjelmslev der den terminologischen Wandel vollzogen hat in einer Fuszlignote des Vor-trags den er 1936 auf dem Linguisten-Kongress in Kopenhagen gehalten hat (1938140) Interessanterweise ist auch der Anti-Psychologismus wie Gauger zeigen konnte (1976 73-87) bei Saussure schon mit angelegt

Freilich motiviert sowohl die weitere Geschichte der Assoziationsforschung als auch die Auffassung der Sprechfehler diese spitzen Finger in betraumlchtlichem Maszlig beide Phaumlnomene wurden in den Bereich der Abnormalitaumlt und des Pathologischen geruumlckt Was das Versprechen angeht so ist die Ursache kein anderer als Sigmund Freud er griff aus den Sprechfehlern die Meringer und Mayer vorgefuumlhrt hatten vor allem die Gruppe des Versprechens zum Gegenteil hin heraus und interpretierte sie in dem bekannten Sinn Das Versprechen zum Gegenteil hin lege die geheimen Gedanken des Sprechers bloszlig Dies ist ganz ohne Zweifel eine Uumlberinterpretation die in manchen Faumlllen zutreffen

mag fuumlr den Durchschnittsfall jedoch keinerlei Allgemeinguumlltigkeit beanspruchen kann49 Wie nachhal- [p 36] tig die Interpretation Freuds ndashin diesem Fall leiderndash ge-wirkt hat zeigt die Verbindlichkeit jener Bezeichnung mit der man Sprechfehler heute erfasst bdquo(Freudsche) Fehlleistungen Ein in gleichem Maszlig bdquopathologischer Geruch begleitet spaumltestens seit 1910 die Versuche mit Wortassoziationen Carl Gustav Jung machte Versuche mit Assoziationen Kent und Rosanoff hatten die Absicht mit ihrer Liste von 100 Ausgangswoumlrtern und dem Durchschnitt der Assoziationen von 1000 Probanden eine Norm aufzustellen von der sich abnormale Assoziationen abheben soll-ten Die Untersuchung erschien nicht nur in der Zeitschrift American Journal of Insanity sie hieszlig auch noch A Study of Association in Insanity I Association in Normal Subjects Alle seitherigen einschlaumlgigen Assoziations-Listen werden von den Psychologen entspre-chend mit dem Etikett Norm versehen (laquoRussellJenkins-Normraquo laquoPalermoJenkins-Normraquo etc)

Die Haltung spaumlterer Sprachwissenschaftler ist also auch damit zu erklaumlren dass das Assoziieren und die Sprechfehler durch Pathologisierung ihrer ehemaligen (und angemesseneren) Unschuld verlustig gegangen waren Freilich gibt es seit einiger Zeit wieder ein neues und zunehmendes Interesse an Fragestellungen des Sich-Versprechens Assoziierens und der (wirklich zum Bereich des Pathologischen gehoumlrenden) Aphasie-Forschung50 Dass dabei in der Regel die eigentliche Tradition ausgespart wird ist weniger erfreulich Denn es geht nicht nur um eine sehr alte Tradition des Denkens es geht mit der Omnipraumlsenz bestimmter Relationen eigentlich um grundlegende Charakteristika des Sprechens und Denkens selbst

Freiburg Wolfgang Raible

[p 37] Literaturverzeichnis

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49 Vgl hier die analoge Einstufung der Freudschen Konzeption sprachlicher Fehlleistungen bei Kainz 1956 38 - Die Auseinandersetzung zwischen Freud und Meringer war zT sehr heftig Auf einer houmlheren Stufe der Eskalation zieh Meringer Freud beispielsweise der laquoStuumlmperraquo-Haftigkeit auf dem Gebiet des Beobach-tens laquoEr sieht und houmlrt naumlmlich nur das was sich eventuell zur Begruumlndung seiner phantastischen Theorien missbrauchen laumlsst Die unendlich vielen Faumllle die sich dagegen mit Haumlnden und Fuumlszligen straumlu-ben sieht er nicht (1912 55)50 Ich nenne drei Indizien fuumlr die Wiederbelebung der Tradition bzw das verstaumlrkte Interesse an den betreffenden Zusammenhaumlngen Erstens wird die Arbeit von Meringer und Mayer in einem 1973 von Victoria A Fromkin herausgegebenen Sammelband in den beiden Beitraumlgen der Herausgeberin wenigs-tens gelegentlich wenn auch zT falsch zitiert Die Arbeit von Thumb und Marbe wurde 1978 sogar neu ediert Zweitens gibt es insbesondere in den Vereinigten Staaten eine Reihe von Arbeiten zu linguistischen Aspekten der Assoziationsforschung (die wichtigste ist wohl die allerdings weitgehend psychologisch und psychometrisch orientierte von Deese 1965) die zB in den Versuch einer Synthese eingegangen sind den Herbert H Clark 1970 veroumlffentlicht hat (Die Arbeit von Clark ist freilich noch ein wenig zu stark dem Grammatikmodell der Transformationsgrammatik verhaftet) Noumlth (1975) hat den Ansatz von Clark zT weitergefuumlhrt sich zT jedoch auch in kasuistischen Uumlberlegungen gefangen Drittens ist das Wiedererwa-chen des linguistischen Interesses an der Aphasie-Forschung zu vermerken (es war zB schon bei Meringer und Mayer vorhanden) Fuumlr dieses ndashallerdings in Schuumlben auftretendendash Interesse ist nicht zuletzt auch Roman Jakobson verantwortlich

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  • Von der Allgegenwart des Gegensinns
  • (und einiger anderer Relationen)
  • Strategien zur Einordnung semantischer Information
  • Wolfgang Raible (Universitaumlt Freiburg)
  • Eugenio Coseriu zum 2771981
  • 21 Gesetzmaumlszligigkeiten des Assoziierens
  • 211 Argumentum quantitatis
  • 212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt
  • 22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens
  • 311 Syntagmatisches Assoziieren
  • 312 Paradigmatisches Assoziieren
  • 3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System
  • 3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System
  • 32 Sonderfaumllle
  • 41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems
  • 42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semantishyschen Orientierungssystems
  • ja
  • Fuumlr alle Woumlrter moumlgshylich
  • 44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte
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  • Ullmann S The Principles of Semantics OxfordGlasgow 1967
Page 20: latina.phil2.uni-freiburg.delatina.phil2.uni-freiburg.de/.../Files/Gegensinn_neu.docx  · Web viewZeitschrift für romanische Philologie Bd. 97, Heft 1/2, S. 1-40. Die Seitenangabe

zuordnen seien jedoch (besser sollte man sagen gerade deshalb) in jeder Art von Rede unentbehrlich

Der Begriff der laquosemantischen Strukturwoumlrterraquo scheint mir gluumlcklich gewaumlhlt zu sein weil solche Woumlrter - als eine von jeweils zwei Alternativen - unsere Erfahrung in houmlchstem Maszlige strukturieren Hierzu zwei Beispiele Von den 34 Woumlrtern der Listen von RussellJenkins (1970) bzw PalermoJenkins (1964) auf die mindestens 50 der Probanden als Assoziation an erster Stelle dasselbe Wort nennen sind 23 solche auf die ein Antonym assoziiert wird Als Strukturierungsdimension dienen dabei

ndash siebenmal der Geschlechtsunterschied (boygirl heshe kingqueen etc)ndash viermal im Bereich des Gesichtssinns die Dimension helldunkel (blackwhite dark light)ndash fuumlnfmal die Orientierung in Raum bzw Raum undoder Zeit (slowfast herethere longshort highlow youngerolder) weiterhin [p 23]ndash die Kommunikationssituation zwischen Sprecher und Houmlrer (meyou)ndash zweimal der Tast- oder Handsinn (hardsoft heavylight) schlieszliglichndash der Geschmackssinn (sour bzw bittersweet) ndash der Gehoumlrsinn (loudsoft) sowiendash die konverse Relation Zwischen Geben und Nehmen (sellbuy buyingselling)

Ist ein tertium moumlglich so immer in Form einer Skala zwischen den beiden Extrempolen die den Bereich eingrenzen - genauso wie dies Aristoteles fuumlr seine Klassifizierung der Tast- Geschmacks- und Geruchsempfindungen vorgeschlagen hatte

Das zweite Beispiel Wolfgang Lorenz und Gerd Wotjak haben aus 80 sprachwissenschaftlichen Untersuchungen haumlufig vorkommende laquoSemeraquo zusammengetragen also solche Begriffe die dazu verwendet werden um den Inhalt anderer Begriffe zu beschreiben Von den 129 in einer ersten Liste bei LorenzWotjak (1977 310-334) zusammengetragenen haumlufig genannten laquoSemenraquo sind nun mehr als die Haumllfte solche die zu Antonymen-Paaren geordnet werden koumlnnen - was wiederum ganz unabhaumlngig davon wie man zur Existenz von semantischen Merkmalen oder Semen stehen mag aufschlussreich ist fuumlr die Strukturierungs- und Reduktionsleistung entsprechender Begriffspaare

Waumlhrend bei der dominant syntagmatischen Art des Assoziierens die Aufgabe der semantischen Einordnung einer Einheit aus Wortart und Lautbild uumlber die Einbettung in den syntagmatischen Kontext also in ein komplexeres Zeichen geleistet wird verlaumluft somit im Fall der geschilderten Unterart des paradigmatischen Assoziierens die Einordnung anders Das betreffende Wort wird wo immer dies moumlglich ist uumlber die Zuordnung des Kontrast-Werts im Dreiecks-Modul identifiziert Dies ist Goethes laquoAnklingen des Gegensinnsraquo das seit Jost Trier im Bereich der Wortfeldlehre erwaumlhnt wird Die Identifizierung der Bedeutung von B mit Hilfe des kontrastierenden C fuumlhrt natuumlrlich dazu dass jeder normale Sprecher sich etwa bei Muumldigkeit dh bei verringerter Aufmerksamkeit zum Gegenteil hin versprechen kann35 In pathologischen Faumlllen fuumlhrt dann eine verringerte Unterscheidungsfaumlhigkeit zwischen den Teilen B und C des Moduls zu den haumlufigen laquoverbalen Paraphasienraquo des Typs nehmen fuumlr geben fragen fuumlr antworten groszlig fuumlr klein

35 Die Ursache dafuumlr dass der ungeuumlbte Houmlrer Versprech-Leistungen normalerweise gar nicht wahrnimmt haben schon Meringer und Mayer genannt laquo(hellip) Der Hauptgrund des Uumlberhoumlrens von Sprechfehlern liegt darin dass der Houmlrer ganz aumlhnlich daran ist wie der Sprecher und wohl aus derselben Ursache uumlberhoumlrt aus der der andere sich versprichtraquo (1895 10f)

3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Im Similaritaumlt-Kontrast-System das wo immer dies moumlglich ist den Zugriff auf semantische Information primaumlr steuert steht Mutter in [p 24] Kontrast zu Vater - tertium non datur Mutter steht jedoch auch in Beziehung zu anderen Lexemen zB zu Kind Tochter Stiefmutter Groszligmutter auch zu Frau etc Bei Frau oder Maumldchen bestehen uumlbrigens unabhaumlngig vom Geschlecht der Probanden - assoziative Verbindungen zu huumlbsch schoumln Schoumlnheit und dergleichen Die ersten dieser Verknuumlpfungen koumlnnte man noch leicht mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Vater und Mutter bilden ein minimales Paar das sich nur durch den bewussten kleinen Unterschied die Opposition maumlnnlichweiblich semantisch voneinander abhebt Bei Paaren wie MutterKind bzw MutterTochter waumlren es bereits mehrere differenzierende Merkmale (und das Beispiel zeigt zugleich dass es noch ganz andere Relationen gibt als die des Kontrasts hier zB die temporale oder die kausale) Bei MaumldchenSchoumlnheit muumlsste man schon mit Selektionspraumlferenzen arbeiten man koumlnnte wohl auch an den Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt denken

Es gibt nun allerdings eindeutig paradigmatische Assoziationen bei denen merk-malsemantische Konstruktionen angesichts ihrer notwendigen Komplexitaumlt in eklatantem Widerspruch zur hochgradigen Gelaumlufigkeit der betreffenden Assoziationen stuumlnden Ein einfaches Beispiel ist das Paar TischStuhl Die Zahlen 84 bei Russell Jenkins 69 bei PalermoJenkins 55 bei franzoumlsischen Studenten36 Man koumlnnte hier die Merkmal-Similaritaumlt uumlber den Oberbegriff Moumlbelstuumlck konstruieren aber wie waumlre dann zu erklaumlren dass die Verbindung zwischen Tisch und Stuhl enger ist als die zwischen den Moumlbelstuumlcken Tisch und Hocker (die sich im Prinzip nur durch die Groumlszlige unterscheiden) oder zwischen Tisch und Bett (1 der Nennungen trotz laquogetrennt von Tisch und Bett lebenraquo) Wie waumlren weiterhin so gelaumlufige Assoziationen wie pied chaussure araigneacuteetoile tobaccosmoke zu erklaumlren fuumlr die Oberbegriffe schwer zu konstruieren sind und die sich in einer solchen Konstruktion wenn sie gelingt immer noch durch eine Fuumllle von Merkmalen nicht etwa nur durch ein einziges unterschieden

Angesichts solcher Verhaumlltnisse scheint es mir plausibel zu sein das als grundlegend angesetzte Dreiecks-Modul in diesen Faumlllen als eine Similaritaumlts-Kontiguitaumlts-Beziehung zu interpretieren also in Anlehnung an das oben erlaumluterte bdquoGesetz der Naumlhe aus dem Bereich der optischen Wahrnehmung Solche Similaritaumlts-Kontiguitaumlts-Beziehungen beruhen bei einem flieszligenden Uumlbergang zum Similaritaumlt-Kontrast-Bereich ndash jeweils auf Erfahrungskontexten in denen Erscheinungen als zusammengehoumlrig verwandt benachbart verstanden werden Die Komponente der Similaritaumlt versteht sich hier vor allem als Zugehoumlrigkeit zum selben Er- [p 25] fahrungsbereich meist - aber keinesfalls ausschlieszliglich - auch als Zugehoumlrigkeit zur selben Wortart Die Kontiguitaumlt wird zumeist verkoumlrpert durch eine spezielle in der Regel gerichtete Beziehung zwischen den Elementen B und C (Die Zahl der Probanden die auf Stuhl wieder Tisch assoziieren ist viel geringer als die Zahl derer die auf Tisch die Assoziation Stuhl haben) Entscheidend ist dabei nun dass die Erfahrungskontexte zwar individuell verschieden sind dass die Relationen durch welche die Begriffe verknuumlpft sind dagegen meist ganz spezifische invariante Relationen darstellen Tisch und Stuhl sind zB integrierende Teile eines groumlszligeren Ganzen im Erfahrungsbereich des Wohnens und Arbeitens zwischen tobacco und

36 Die Zahl fuumlr die deutschen Probanden lautet 29 - hier stellen die 15 Nennungen fuumlr die im Grenzbe-reich zwischen semantischer und syntagmatischer Kontiguitaumlt liegende Assoziation Bein(e) eine starke Konkurrenz zu Stuhl dar

smoke araigneacutee und toile besteht eine kausale zwischen Hammer und Nagel eine finale Relation Das Gegenstuumlck zur Kontiguitaumlt die Distanz grenzt hier die Dreiecksmoduln gegeneinander ab Interessant ist dass in vielen Faumlllen nicht eigentlich der kontige Partner sondern die spezifische Relation etwa zwischen dem Gegenstand und einem allfaumllligen Benutzer assoziiert wird Um die finale Relation geht es zB in den Faumlllen Bettschlafen Schereschneiden ciseauxcouper scissorscut

32 Sonderfaumllle

Fuumlr beide Varianten des paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssystems gilt natuumlrlich Sobald auf der Achse BC mehr als zwei gleichrangige Mitglieder anzusiedeln sind sobald also in Trubetzkoys oder Coserius Terminologie eine laquoaumlquipollenteraquo und nicht eine laquoprivativeraquo Opposition vorliegt37 verliert die Assoziation von einem dieser Mitglieder zum anderen an Schaumlrfe die buumlndelnde Kraft des einzigen Antonyms oder des in spezifischer Weise kontigen Partners fehlt Musterbeispiel ist das Dreiecks-Modul fuumlr die Farbwerte im Gegensatz zu dem fuumlr die Grauwerte

Wegen der Auswahl aus einer groszligen Zahl gleichberechtigter Moumlglichkeiten sind die Reaktionen auf Farben dementsprechend wenig gebuumlndelt38 ndash auf gelb nennen an ers-ter Stelle 14 der amerikanischen Pro- [p 26] banden blau 12 der deutschen rot 11 der franzoumlsischen gruumln Bei den Ausgangswoumlrtern blau und gruumln ist die Assozia-tion im paradigmatischen Bereich sogar schwaumlcher als im syntagmatischen ndash hier nen-nen die Probanden in allen drei Sprachen an erster Stelle den Himmel (blau) und den Bereich GrasWieseLandschaft (gruumln) und dies mit einer Frequenz die vertreten durch Werte zwischen 20 und 30 deutlich uumlber den Frequenzen liegt die in den ande-

37 Coseriu 19641978 120f 1976 34 Eine graduelle Opposition entspricht wie oben in Anm 5 erwaumlhnt einer Unterart des aristotelischen Entgegengesetzten mit gegebenem tertium38 Nach der oben erwaumlhnten aristotelischen Farbkonzeption oder dem analogen Vorschlag bei Weinrich 1967 2213 oder Coseriu 1976 43f waumlren die beiden Dreiecks-Moduln zu einem einzigen zu kombinieren - die extremen Farbwerte waumlren also schwarz und weiszlig Dem widerspricht einerseits nicht das Assoziationsverhalten der Probanden im englischen franzoumlsischen und deutschen Sprachbereich wo auf rot blau gelb gruumln sowie auf Farbe jeweils auch und zT mit betraumlchtlichen Nennungszahlen schwarz undoder weiszlig genannt werden (Bei gebildeten franzoumlsischen Sprechern liegt in einem dieser Faumllle freilich eine syntagmatische Assoziation vor gerade wegen ihrer Bildung assoziieren 18 an erster Stelle auf rouge das Wort noir) Andererseits entspricht das Assoziieren von schwarz undoder weiszlig auf Farbadjektive den Erkenntnissen die der geniale Edwin H Land (1977) uumlber die Physiologie des Farbsehens gewonnen hat

ren Faumlllen fuumlr Farbwerte eintreten ndash Auch zwischen Zahlen scheinen auf den ersten Blick dieselben aumlquipollenten Beziehungen zu bestehen wie etwa zwischen Farbadjekti-ven Bei naumlherem Zusehen zeigt sich jedoch dass als spezifische Relation zwischen Zah-len die Relation bdquogroumlszliger als gesehen wird (Ganz abstrakt lautet die Regel fuumlr das Zaumlhlen ja Ersetze die letzte Zahl n durch n+1) Entsprechend sind die Assoziationen auf Zahlwoumlrter immer gerichtet zB im Sinn des n + 1 auf zwei wird drei auf drei wird vier assoziiert auf jeden Fall immer eine houmlhere Zahl39

Ein weiterer Sonderfall sind Erfahrungsbereiche die nicht zu denjenigen einer Vielzahl von Sprechern gehoumlren Zum Loumlwen wird gemeinhin als kontiger Partner im Erfahrungsbereich exotische wilde Tiere der Tiger assoziiert Beim Adler fehlt fuumlr den normalen Sterblichen der Partner In solchen Faumlllen kann die Assoziation dann zur Spitze A eines potentiellen Moduls verlaufen (man koumlnnte auch sagen Auf dem Weg von B zu einem potentiellen C endet die Assoziation in Ermangelung eines C bei A das sonst die Zwischenstation gewesen waumlre) Die Konsequenz Die haumlufigste Assoziation auf Ad-ler ist Vogel (21) oiseau (16) und bird (55) Solche Assoziationen zum Klassennamen dh zur Spitze A des Moduls hin sind relativ selten Mit groumlszligerer Haumlufig-keit treten sie sozusagen als Vorstufe zu Similaritaumlt-Kontrast-Assoziationen bei sprach-lich weniger sozialisierten Probanden auf40 [p 27]

4 Schlussuumlberlegungen

laquoDie Aufstellung von Oppositionen ist im Wortschatz wesentlich komplizierter als im phonologischen System einer Sprache da die beteiligten Merkmale wesentlich zahlrei-cher sind als in der Phonologie Prinzipiell handelt es sich jedoch um die gleichen Oppositionstypenraquo (Coseriu 1973 65)

Ich habe eingangs gezeigt dass Zweierschemata haumlufig als Denkmodell verwendet wer-den dass die Sprache im Bereich der Bezeichnungen des Entgegengesetzten uumlber eine ganze Skala solcher Zweierschemata verfuumlgt weiterhin dass Wahrnehmen und Erfassen von etwas stets zugleich bedeutet uumlber die Information hinausgehen die gegeben wird und dass auch bei diesem laquouumlber die Information hinausgehenraquo wieder Zweierschemata wie die von Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz entscheidend sind Ich habe dann Ergebnisse der sprachlichen Assoziationsforschung einer ersten Analyse unterzogen und diese Analyse in einem weiteren Schritt dadurch vertieft dass ich sprachliche Assoziationen als den Reflex von Strategien aufgefasst habe die dazu dienen semantische Information zu erfassen und einzuordnen Zum Abschluss will ich in vier Schlussuumlberlegungen skizzieren worin der moumlgliche Ertrag einer staumlrkeren Einbeziehung der Assoziationsforschung und verwandter Gebiete liegen kann in einem (1) Einblick in das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems und seine (2) Transformation in Onto- und Pathogenese sowie in der Diachronie in einem (3) neuen Licht das auf Probleme der Wortfeldforschung geworfen wird und schlieszliglich auch in einer (4) angemesseneren Haltung gegenuumlber der Wissenschaftsgeschichte

39 Schuchardts oben zitierte Vermutung auf drei koumlnne (aus Gruumlnden der Lautaumlhnlichkeit) auch zwei assoziiert werden ist auch deshalb abwegig weil Ruumlckwaumlrtszaumlhlen eine sehr schwierige Aufgabe ist sie wird zB haumlufig verwendet um das Ausmaszlig von Aphasien zu bestimmen Dasselbe gilt fuumlr Tages- und Monatsnamen wo die spezifische gerichtete Relation bdquospaumlter als oder bdquonach lautet40 Vgl Rosenzweig 1970 102 105 zum relativ groszligen Anteil der Assoziationen zum Oberbegriff hin bei amerikanischen und franzoumlsischen Arbeitern Jenkins 1970 7 erwaumlhnt das Zuruumlckgehen der Oberbegriffs- und der Synonym-Assoziationen in der Geschichte amerikanischer Assoziationstests - Angesichts des vorliegenden Materials ist mir unklar worauf Clark (1970 279) die Ansicht stuumltzt laquoFast-Synonymeraquo wie house - home odour - smell seem - appear thing - object sowie Ober- und Unterbegriffe kaumlmen bei den Wortassoziationen oft vor

41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems

In unserem paradigmatischen Orientierungssystem scheint es zwei Bereiche zu geben die flieszligend ineinander uumlbergehen und miteinander kombiniert sein koumlnnen ei-nen Bereich mit Similaritaumlt-Kontrast- und einen Bereich mit Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-(Distanz-)Struktur Im einen Bereich wird Information aumlhnlich wie im Fall des bdquoGesetzes der Gleichfoumlrmigkeit (und des Kontrastes) vor dem Hintergrund der Similaritaumlt domi-nant eingeordnet im Hinblick auf das Entgegengesetzte im anderen im Hinblick auf den Nachbarn im selben Erfahrungsbereich ndash was dem gestaltpsychologischen bdquoGesetz der Naumlhe entsprechen wuumlrde

[p 28] Das erste System strukturiert durch seine Reduktion auf in der Regel zwei Alternativen (mit falls ein tertium zugelassen ist Zwischenmoumlglichkeiten) unsere Erfah-rung in auszligerordentlich starkem Maszlig Hier bestehen zugleich die groumlszligten auszligereinzel-sprachlichen Uumlbereinstimmungen ndash und zwar deswegen weil bestimmte Strukturie-rungs-Dimensionen ethologisch gesehen nichts anderes darstellen als Verbalisierungen jener Interpretation der Natur der Umwelt und ihrer Gesetzlichkeiten die unser Organismus im Lauf seiner entwicklungsgeschichtlichen Adaptation vorgenommen hat Orientierung im Raum in der Zeit Orientierung durch Houmlren Sehen Riechen Schme-cken Fuumlhlen und Tasten Eine Reihe solcher Strukturierungs-Dimensionen (die generell Coserius und Pottiers Klassemen Greimas Kontextsemen oder Luumldis Kongruenzsemen gleichen)41 sind sogar grammatikalisiert also zu grammatischen Ordnungsdimensionen geworden (wobei die Einzelsprachen das Angebot natuumlrlich in jeweils verschiedener Weise wahrnehmen) Es geht ua pythagoreisch ausgedruumlckt um die Unterscheidung zwischen dem Einen und dem Vielen um die zwischen maumlnnlich und weiblich (die im grammatischen Bereich freilich neutralisiert werden kann) zwischen tot und lebendig (wofuumlr die Grammatiker unbelebtbelebt vorziehen) zwischen menschlich und nicht-menschlich geben (bdquoAllativ bdquoDativ) und nehmen (bdquoAblativ) zwischen ich und du ja und nein (vierte Art des Entgegengesetzten im aristotelischen Sinn) hier und dort jetzt und nicht-jetzt42

Besonders augenfaumlllig sind solche Klasseme und ihre Reduktionsleistung in den sogenannten Klassifikator-Sprachen ndash dort hat jedes Nomen ein Element bei sich das das Bezeichnete einer bestimmten Klasse von Denotaten zuweist etwa zur Klasse Tier oder Mensch zur Klasse der horizontalen oder vertikalen Objekte ndash wobei was nicht unerwartet ist als generellstes und haumlufigstes Klassifikationskriterium die Opposition zwischen belebt und unbelebt verwendet wird (vgl Serzisko 1980)

Unser so vorstrukturiertes Wahrnehmen und Denken erkennt umgekehrt in der Umwelt wieder Prinzipien wie die eingangs genannten Gegensatzpaare des fruumlhgriechi-schen Denkens ndash wobei inzwischen klar sein duumlrfte dass es sich um alles andere als um bdquoarchaisches oder bdquoprimitives Denken handelt Bemerkenswert an den Wort-Assozia-tionen ist ja ua dass man sie nicht dadurch erhaumllt dass man im Sinn des dritten noogenetischen Prinzips von Spearman den Ausgangspunkt und die gewuumlnschte Rela-tion vorgibt um zu einem Ergebnis zu kommen es genuumlgt die Angabe des Ausgangspunkts Wahrnehmen Erkennen Verstehen bedeuten naumlmlich stets Einordnen Relationen herstellen ndash gleichguumlltig ob es um [p 29] die optische Wahrnehmung geht an der einige (vermutlich verwandte) Gestaltgesetze erlaumlutert wurden oder aber um das Einordnen sprachlicher Information So ist es ganz selbstverstaumlndlich dass die gege-

41 Vgl Coseriu 1972 52 LorenzWotjak 1977 235 mit Anm 10342 Vgl zur binaumlren Opposition als einer Extremform des grammatischen Paradigmas auch Weinrich 1967 1975

bene Information erst im Hinausgehen uumlber das Gegebene erfasst wird - ein Hinausge-hen das die Psychologen bekanntlich auch Denken nennen Im sprachlichen Erfassen ist so auch das Denken oder laquouumlber das Gegebene Hinausgehenraquo angelegt Das Denk-schema von These Antithese und Synthese spiegelt zB das Dreiecks-Modul des Similaritaumlt-Kontrast-Systems wider Mann und Frau sind in Mensch aufgehoben43

Waumlhrend im Bereich des Similaritaumlt-Kontrast-Systems nicht nur im Prinzip son-dern zT auch materiell gewisse auszligereinzelsprachliche Uumlbereinstimmungen vorhanden sind gibt es im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System natuumlrlich entsprechend dem Erfahrungs- und Lebensbereich kulturelle und soziale Unterschiede Entscheidend ist jedoch auch hier dass Einordnen nicht nur bedeutet in Relation Setzen zu diese Relationen sind ebenso wie die Kontrast-Relation im anderen System wiederum ganz spezifische ihrer-seits in aller Regel uumlberindividuelle Denk-Relationen TeilGanzes Kausalitaumlt Finalitaumlt Zeitrelation Invariant oder auszligereinzelsprachlich sind also die Relationen nicht notwendigerweise dagegen die Terme die durch solche Relationen verbunden sind

42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semanti-schen Orientierungssystems

Nach den vorgefuumlhrten Analysen gibt es drei Strategien zur Wahrnehmung und Einordnung semantischer Information eine dominant syntagmatische und die beiden eben erwaumlhnten paradigmatischen Dabei entspricht die syntagmatische Strategie dem was Hansjakob Seiler im Bereich der bdquosprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden mit Piaget zunaumlchst als Einordnen dann als Individualisierung bezeichnet hat insbeson-dere das paradigmatische Similaritaumlt-Kontrast-System entspricht dagegen dem Seiler-schen Klassifizieren bzw Generalisieren als der anderen polaren Instanz im Bereich der sprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden (Seiler 1981) Die Charakteristika aller drei Orientierungs- und [p 30] Einordnungssysteme sind in der folgenden Uumlbersicht nochmals zusammengestellt

I II IIISyntagmatisches Konti-guitaumlts-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontrast-System

Dominante Strategie Einordnen in ein groumlszlige-res Syntagma (dh in ein komplexeres Zei-chen)

Zuordnung eines Part-ners aus demselben Er-fahrungsbereich (uumlber spezifische Relationen)

Zuordnung eines Anto-nyms (uumlber die Gegen-satz-Relation)

Wortklasse in aller Regel verschie-den

in der Regel gleich gleich

Kontiguitaumlt vs Distanz ja ja

43 Es ist gewiss nicht erstaunlich dass wie Coseriu (1977a) gezeigt hat gerade Hegel in seiner Humboldt-Rezension als Vergleichsgrundlage fuumlr alle Sprachen die Unterscheidung von Gattungen und Arten bzw von laquoAllgemeinheiten und Bestimmtheitenraquo ansieht ndash mit anderen Worten also das DreiecksModul in sei-ner Similaritaumlt-Kontrast-Auspraumlgung ndash Die Bolle des Kontrasts (als drittes Moment neben Similaritaumlt und Kontiguitaumlt) hat aus der phaumlnomenologischen Tradition heraus sehr schoumln und einleuchtend Elmar Holen-stein dargestellt und gerade auch fuumlr die sprachliche Seite als grundlegend bezeichnet laquoDamit uumlberhaupt eine Auswahl (gemeint ist auf der paradigmatischen Achse der Selektion) getroffen werden kann muss sich etwas von etwas abhebenraquo (1976 86) Bruners going beyond the information given kann also zT auch im phaumlnomenologischen Sinn interpretiert werden

Similaritaumlt vs Kontrast ja ja

Fuumlr alle Woumlrter moumlg-lich

ja groszliger Bereich kleiner Bereich (bdquosemantische Struktur-woumlrterldquo)

Die spezifischen Relationen im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System entsprechen dabei in etwa Piagets laquoinfralogischenraquo Relationen oder Spearmans (1923 67-71) laquorealraquo relati-ons die Relationen des Similaritaumlt-Kontrast-Systems entsprechen dagegen Piagets laquologi-schenraquo und in etwa wohl Spearmans (71-74) laquoidealraquo relations Fuumlr die veschiedentlich erwaumlhnte nicht scharfe Trennung der Bereiche II und III duumlrften ua die Teil-Ganzes-Relationen verantwortlich sein die sowohl im laquologischenraquo (Inklusion) als auch im laquoinfralogischenraquo Bereich vorkommen Waumlhrend die Relationen des Similaritaumlt-Kontigui-taumlt-Systems dominant gerichtete Relationen sind ist die Gegensatz-Relation des Similaritaumlt-Kontrast-Systems grundsaumltzlich zweiseitig Abweichungen ergeben sich insbesondere durch Polysemie (vgl o S 12)

Ontogenetisch gesehen werden nun die paradigmatischen Systeme II und III uumlber das syntagmatische System I aufgebaut Dabei nimmt das System II wie aus seinen Merkmalen ersichtlich ist eine Mittelstellung zwischen den Systemen I und III ein - im Sinn der Konzeption Seilers stellt es also gewissermaszligen den bdquoWendepunkt zwischen den beiden Polen der Dimension sprachliche Erfassung von Gegenstaumlnden dar Auch der flieszligende Uumlbergang zwischen den drei Systemen erhellt aus dem Schema die Grenz-faumllle liegen interessanterweise nicht zwischen I und III sondern zwischen den Systemen III (zB Coserius laquolexikalische Solidaritaumltenraquo) und zwischen den Systemen IIIII Es ist somit plausibel dass [p 31] in der Ontogenese die Systeme in der Reihenfolge I-II-III aufgebaut werden Das System III nimmt dabei insofern eine Sonderstellung ein als es wie die letzte Zeile des Schemas nochmals ausweist direkt nur auf einen kleinen aber wichtigen Ausschnitt des Wortschatzes anwendbar ist

Was den Abbau der Sprache bei pathologischer (oder altersbedingter) Beeintraumlchtigung des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems betrifft so ist den vorliegenden Beobachtungen nach die Reihenfolge wohl umgekehrt Das System III wird vor dem System II beeintraumlchtigt Dies entspraumlche der Erkenntnis Jakobsons dass man zuerst verliert was man zuletzt erworben hat44 Was schlieszliglich diachronische Transformationen speziell den Bedeutungswandel betrifft so ist die Affinitaumlt zu Uumlberlegungen sehr wichtig die in Teilbereichen schon Wilhelm Wundt (o S 7) und dann vor allem Stephen Ullman angestellt hat Ullman resuumlmiert ja die Arbeit seines Lands-manns Zoltan Gombocz (Jelentestan Pecs [Fuumlnfkirchen] 1926) und den ihm zu Grunde liegenden Aufsatz von Leacuteonce Roudet (1921) mit folgenden Worten

laquoAn associative network of names clusters around each name some of these associations are rooted in similarity others in contiguityraquo (1967 79)

Dem entspricht dann seine Klassifizierung des Bedeutungswandels (1967 220ff) Uumlbertragung von signantia aufgrund von Similaritaumlt bzw Kontiguitaumlt zwischen den sig-nata bzw umgekehrt Uumlbertragung von signata aufgrund der SimilaritaumltKontiguitaumlt zwi-schen den signantia Zu praumlzisieren waumlre dass es sich nicht um Similaritaumlt oder Kontiguitaumlt handelt sondern um Transfer im Rahmen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- oder 44 Die Arbeit von Stachowiak uumlber die Semantische Struktur des subjektiven Lexikons (1979) bestaumltigt diese Hypothese was dort vorgefuumlhrt wird laumlsst sich mE alles in dem Sinn interpretieren dass bei aphasischem Abbau der Sprache vor allem das System III beeintraumlchtigt wird Nach dem was oben (S 18f) uumlber die Komplexitaumlt von Benennungs- und Assoziations-Aufgaben gesagt wurde unterstreicht dies im Grund auch die These Jakobsons dass es sich im wesentlichen um eine Stoumlrung handelt bei der die metasprachliche Punktion der Sprache beeintraumlchtigt ist

des Similaritaumlt-Kontrast-Systems die Rolle des Kontrasts ist wie schon Wundt sah in der Tat nicht unwichtig45 [p 32]43 Wortfeld-Probleme

Die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen werfen auch ein Licht auf manche Probleme der Wortfeldforschung Zunaumlchst erklaumlren sowohl die Wortassoziationen als auch die Sprechfehler das eher selten reflektierte Phaumlnomen dass die bisher vorgestellten Wortfelder alle aus Elementen derselben Wortart bestehen46 Weiterhin muumlsste man ge-maumlszlig den beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssystemen wohl auch zwischen zwei Grundarten von Wortfeldern unterscheiden zwischen solchen des Similaritaumlt-Kontrast-Typs und solchen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- [p 33] Systems (etwa Wortfeld desWohnens der Werkzeuge der Landschaft)47 In der Form wie sie durch die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen nahegelegt werden vermitteln dabei die Wortfel-

45 Was die Unterscheidung der beiden paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssysteme angeht so fuumlhle ich mich nicht nur in der guten Gesellschaft Ullmans sondern auch in der einer Reihe von Psychologen Sprachpsychologen und Aphasieforschern Jean Piaget und Baumlrbel Inhelder unterscheiden bei der Ordnungsleistung von Kindern zwischen dem Ordnen nach dem Prinzip der Aumlhnlichkeit und nach demjenigen der Konvenienz und etwa analog dazu zwischen den schon erwaumlhnten laquologischenraquo Relatio -nen (Klassifizierung) und den laquoinfralogischenraquo (PiagetInhelder 19731 38ff) Elisabeth Wiig und Diana Globus haben 1971 in einem kontrollierten Assoziationsversuch mit 7 Aphasikern und 7 gesunden Kon -trollpersonen explizit mit Piagets logischen und infralogischen Relationen gearbeitet Das Ergebnis kann nicht nur dahingehend interpretiert werden dass es entsprechend zu diesen Relationen zwei verschie -dene Orientierungs- und Einordnungssysteme gibt sondern auch dahingehend dass das klassifikatorische System (Similaritaumlt-Kontrast-System) sowohl bei Gesunden als auch bei Aphasikern im Verfahren der kontrollierten Assoziation (gegeben ist ein Ausgangsbegriff und die Relation gesucht wird ein Zielwort) nur dann gute Ergebnisse erbringt wenn die Merkmalunterschiede gering sind - und am geringsten sind sie natuumlrlich bei binaumlren Oppositionen also etwa bei Antonymie Sobald die Merkmalsunterschiede groumlszliger werden etwa beim Ausgangsbegriff Kind und dem gesuchten Begriff Eltern sind die Suchergebnisse bei Aphasikern und Gesunden gleichermaszligen schlecht Dagegen funktioniert das infralogische System sowohl bei hoher als auch bei geringer Kontiguitaumlt der Begriffe bei den unter-suchten Aphasikern und den gesunden Kontrollpersonen recht gut (laquoWas ist der Zweck von Heizung - Ergebnis Waumlrme oaraquo) ndash Was die beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssysteme an-langt stehe ich auch weitgehend in Einklang mit James Deese Deese zieht nach einer essentiell faktoranalytischen Untersuchung von Assoziationsverhalten ua folgende Konsequenz (1965 164) laquoThe data on associative distribution suggest that the two fundamental operations we have for sorting out meaningful ndashthat is logical and syntactical relations among wordsndash are contrast and groupingraquo Deese sieht freilich ua nicht die Einordnung in ein Syntagma als dritte Strategie und anhand einer sprachpsychologischen Darstellung des Assoziationsverhaltens wie sie etwa von Houmlrmann (1967 115-156) gegeben wird vermisst man generell den Ansatz Assoziationen als Reflex von Strategien zum Erfas-sen von Bedeutung anzusehen so erscheinen dann viele Beobachtungen die anhand des obigen Schemas sinnvoll integriert werden koumlnnen eher als membra disiecta ndash Ich nenne schlieszliglich noch die Arbeit von Huber et al 1975 und die schon erwaumlhnte Dissertation von Stachowiak (1979) In der Arbeit von 1975 wird ndashbei einer Beschreibung jenes Aphasie-Typs der nach Carl Wernicke benannt istndash unterschieden zwischen zwei Orientierungsprinzipien im Lexikon einem laquosemantisch-klassifikatorischenraquo und einem laquosituativ-referentiellenraquo (1975 88 vgl Stachowiak 1979 58f) Ich bin freilich nicht einverstanden mit der These Stachowiaks es handle sich dabei einerseits um einen laquoinnersprachlichenraquo andererseits um ei-nen laquoenzyklopaumldischenraquo Bereich Wesentlich ist was nochmals betont sein soll fuumlr beide Bereiche als invariantes Prinzip dasjenige der Relation dabei sind die Relationen im einen Fall gewiss klassifikatorisch im anderen laquoinfralogischraquo beide Arten von Relationen sind jedoch gleichermaszligen uumlberindividuell und sie werden gleichermaszligen erlernt46 Geckeler sieht (1971 218) die Wortart-Gleichheit als die gewissermaszligen selbstverstaumlndliche Folge ei -ner paradigmatischen Perspektive an (was einer engen Konzeption von Paradigma entspricht) vgl u S 3547 Wenn ich recht sehe korrespondieren die beiden Grundarten mit einer Unterscheidung die Coseriu (1976 47f) innerhalb eines seiner fuumlnf Kriterien zur Klassifizierung von Wortfeldern macht naumlmlich der Unterscheidung zwischen laquorelationellenraquo und laquosubstantivenraquo Oppositionen bzw Feldern Im Rahmen der hier vorgetragenen Konzeption wird diese Unterscheidung zu einer zentralen Groumlszlige

der des Similaritaumlt-Kontrast-Typs gewissermaszligen zwischen zwei extremen Konzeptio-nen von Wortfeld zwischen der von Andre Jolles und der von Jost Trier Jolles (der des-halb von Trier und anderen gescholten wurde) wollte nur Minimalformen mit jeweils zwei (antonymen) Gliedern als laquoBedeutungsfelderraquo gelten lassen Felder die in dieser Form natuumlrlich fest umgrenzt waumlren (Jolles 1934) Fuumlr Trier galt dagegen das Prinzip der Wert jedes Worts ergebe sich aus dem Feldwert also aus der Position in einem semantischen Feld Das Wort bedeute laquonur in diesem Ganzen und kraft dieses Ganzenraquo Die vermittelnde Position ist die in einem zentralen Antonymenpaar den festen Kern zu sehen um den sich ein ganzes Feld verwandter Termini schart wobei im Normalfall die Grenze des Feldes verschwimmt Das Feld waumlre also nur von seinem zentralen Kern aus als solches zu greifen Geckelers Doppel-Wortfeld zwischen altrsquo und seinen beiden Antonymen jung und neursquo scheint mir de facto im Sinn einer solchen Konzeption interpretierbar zu sein

Die Wortfelder des Similaritaumlt-Kontrast-Typs lassen sich nun wie schon er-waumlhnt in einleuchtender Weise mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Spaumltestens bei dem Versuch Wortfelder des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs merkmalsemantisch zu rekonstruieren treten jedoch betraumlchtliche Schwierigkeiten auf Ein Verfahren auch solche Bereiche bdquodurchsichtig zu machen besteht nun darin dass man an die Spitze eines Feldes neben den eventuell vorhandenen Oberbegriff noch eine der spezifischen Auspraumlgungen der Kontiguitaumlts-Relation stellt (wodurch dann das was die Basiskante BC des Moduls von S 21 ausmacht als Seitenkante bzw Suchbegriff verwendet wird) Pottiers Wortfeld der Sitzmoumlbel im Franzoumlsischen hat als konstituierende Merkmale ne-ben dem Oberbegriff Artefakt eine solche spezifische Auspraumlgung naumlmlich das finale zum Sitzen Die Similaritaumlt die durch diese beiden Merkmale geschaffen wird stellt einerseits das Auswahlkriterium dar nach dem das Feld begrenzt andererseits den Hintergrund an Similaritaumlt vor dem es analysiert werden kann Ein Bereich wie Werk-zeug laumlsst sich um ein weiteres Beispiel zu geben nur schwer merkmalsemantisch beschreiben weil man Begriffe wie Stechbeitel Loumltkolben Nietzange und Maumlhdre-scher zu beruumlcksichtigen haumltte Fuumlgt man jedoch zu Werkzeug die finale Relation zum Bearbeiten von (beispielsweise von Holz) so entsteht ein uumlberschaubares und strukturierbares Feld [p 34]

Dabei zeigt sich nicht nur dass solche Wortfelder in gewissem Maszlig beliebig (re)konstruierbar sind - man kann etwa Katze mit gleichem Recht einmal zu den Haus-tieren ein andermal zu den fleischfressenden Saumlugetieren rechnen Es zeigt sich gleichzeitig dass eine solche Rekonstruktion genau nach dem dritten noogenetischen Prinzip von Spearman verlaumluft Zu einem Ausgangsbegriff (Werkzeug) und einer Rela-tion (zum Bearbeiten von Holz) werden Entsprechungen gesucht und gebildet Unter dem Blickwinkel dieses noogenetischen Prinzips sind Wortfelder nun nicht nur beschreibbar als Ergebnisse eines Verfahrens der kontrollierten Assoziation die beiden angedeuteten Grundtypen von Wortfeldern beruhen dann sogar beide auf demselben Grundprinzip Gegeben ist der Ausgangsbegriff und eine Relation ndash eine Relation die im Fall des Similaritaumlt-Kontrast-Typs die Gegensatzrelation ist im Fall des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs eine finale kausale temporale lokale TeilGanzes-Relation etc Dass solche Konstruktionen oder Rekonstruktionen48 also die Wortfelder der Linguisten keinesfalls - um mit Gauger (zB 1976) zu sprechen - laquobewusstseinsfremdraquo sind zeigt gerade das Verfahren der freien Assoziation dessen Interpretation Ausgangspunkt die-ser Uumlberlegungen war

Dies hat auch Auswirkungen auf das von Saussure aufgeworfene Negativitaumltsproblem Gewiss bedeutet Vater nicht nur Nicht-Mutter sondern auch

48 Von der Konstruktion von Wortfeldern spricht auch Coseriu (zB 1970 113)

Nicht-Sohn Nicht-Barock Nicht-Jahrhundert Bei einer solchen Betrachtung wird je-doch eine bestimmte Art des Gegensatzes die parmenideische Relation des bdquoIst nicht verabsolutiert Sie spielt gewiss eine wichtige Rolle in der Sprache sowohl in der Semantik als auch im Bereich der geschlossenen grammatischen Paradigmen Man sollte jedoch (trotz des Umstands dass die Kontrast-Relation und mit ihr die Relation des oppositiven bdquoIst nicht gerne als laquologischraquo die Relationen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Systems dagegen als laquoinfralogischraquo bezeichnet werden) nicht vergessen dass beide Ar-ten von Relationen unabdingbare Konstanten unseres Wahrnehmens Erfassens und Denkens darstellen und dass eine Semantik die nicht bewusstseinsfremd sein will dementsprechend nicht nur die im Motto auf S 27 angegebenen Oppositionen sondern die ganze Skala moumlglicher Relationen mit in ihr Beschreibungsinstrumentarium aufneh-men muss

44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte

Eugenio Coseriu hat 1977 in seiner Antrittsrede an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften als eines der vier Prinzipien seines Schaffens das Stichwort Tradition und Neuerung genannt Es heiszligt dort laquodass die Geschichte unserer Wissenschaften wie uumlberhaupt die Kultur- [p 35] geschichte Fortsetzung von Traditionen und Erneuerung innerhalb von Traditionen istraquo Man sage eigentlich Neues nur wenn man an Traditionen anknuumlpfe und Traditionen fortsetze (1977 109 vgl 1979 5) Ich habe im vorliegenden Beitrag versucht in mehrfacher Weise an solche Traditionen anzuknuumlpfen ua an diejenige der Assoziationsforschung der Jahrhundertwende Dass hier uumlberhaupt von einem (Wieder-)laquoAnknuumlpfenraquo gesprochen werden muss hat seine Gruumlnde

Der Begriff Assoziation war noch Saussure so gelaumlufig dass er ihn in dem Sinn verwendete in dem heute Paradigma und paradigmatisch gebraucht werden (Saus-sure spricht nicht von paradigmatischen sondern von assoziativen Relationen) Henri Frei oder Charles Bally setzten in dieser Hinsicht nicht nur die Tradition des Meisters fort Bally kannte wie ua einschlaumlgige Stellen aus dem Traiteacute de stylistique franccedilaise von 1909 zeigen offensichtlich auch die Arbeit von Thumb und Marbe sowie den dort angesprochenen Bereich des Assoziierens insbesondere zum Gegenteil hin Seither hat jedoch in der Sprachwissenschaft ein grundlegender Paradigmawechsel stattgefunden Eine im Uumlbermaszlig psychologisierende Stroumlmung wurde wie uumlblich durch das Gegenteil abgeloumlst und seither scheinen die Sprachwissenschaftler den Begriff Assoziation als et-was eher Anruumlchiges zu meiden und allenfalls mit ganz spitzen Fingern anzufassen laquoCest pour eacuteviter le psychologisme adopteacute dans le Cours de F de Saussure que je substi-tue le terme rapport paradigmatique agrave celui de rapport associatifraquo schreibt Louis Hjelmslev der den terminologischen Wandel vollzogen hat in einer Fuszlignote des Vor-trags den er 1936 auf dem Linguisten-Kongress in Kopenhagen gehalten hat (1938140) Interessanterweise ist auch der Anti-Psychologismus wie Gauger zeigen konnte (1976 73-87) bei Saussure schon mit angelegt

Freilich motiviert sowohl die weitere Geschichte der Assoziationsforschung als auch die Auffassung der Sprechfehler diese spitzen Finger in betraumlchtlichem Maszlig beide Phaumlnomene wurden in den Bereich der Abnormalitaumlt und des Pathologischen geruumlckt Was das Versprechen angeht so ist die Ursache kein anderer als Sigmund Freud er griff aus den Sprechfehlern die Meringer und Mayer vorgefuumlhrt hatten vor allem die Gruppe des Versprechens zum Gegenteil hin heraus und interpretierte sie in dem bekannten Sinn Das Versprechen zum Gegenteil hin lege die geheimen Gedanken des Sprechers bloszlig Dies ist ganz ohne Zweifel eine Uumlberinterpretation die in manchen Faumlllen zutreffen

mag fuumlr den Durchschnittsfall jedoch keinerlei Allgemeinguumlltigkeit beanspruchen kann49 Wie nachhal- [p 36] tig die Interpretation Freuds ndashin diesem Fall leiderndash ge-wirkt hat zeigt die Verbindlichkeit jener Bezeichnung mit der man Sprechfehler heute erfasst bdquo(Freudsche) Fehlleistungen Ein in gleichem Maszlig bdquopathologischer Geruch begleitet spaumltestens seit 1910 die Versuche mit Wortassoziationen Carl Gustav Jung machte Versuche mit Assoziationen Kent und Rosanoff hatten die Absicht mit ihrer Liste von 100 Ausgangswoumlrtern und dem Durchschnitt der Assoziationen von 1000 Probanden eine Norm aufzustellen von der sich abnormale Assoziationen abheben soll-ten Die Untersuchung erschien nicht nur in der Zeitschrift American Journal of Insanity sie hieszlig auch noch A Study of Association in Insanity I Association in Normal Subjects Alle seitherigen einschlaumlgigen Assoziations-Listen werden von den Psychologen entspre-chend mit dem Etikett Norm versehen (laquoRussellJenkins-Normraquo laquoPalermoJenkins-Normraquo etc)

Die Haltung spaumlterer Sprachwissenschaftler ist also auch damit zu erklaumlren dass das Assoziieren und die Sprechfehler durch Pathologisierung ihrer ehemaligen (und angemesseneren) Unschuld verlustig gegangen waren Freilich gibt es seit einiger Zeit wieder ein neues und zunehmendes Interesse an Fragestellungen des Sich-Versprechens Assoziierens und der (wirklich zum Bereich des Pathologischen gehoumlrenden) Aphasie-Forschung50 Dass dabei in der Regel die eigentliche Tradition ausgespart wird ist weniger erfreulich Denn es geht nicht nur um eine sehr alte Tradition des Denkens es geht mit der Omnipraumlsenz bestimmter Relationen eigentlich um grundlegende Charakteristika des Sprechens und Denkens selbst

Freiburg Wolfgang Raible

[p 37] Literaturverzeichnis

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49 Vgl hier die analoge Einstufung der Freudschen Konzeption sprachlicher Fehlleistungen bei Kainz 1956 38 - Die Auseinandersetzung zwischen Freud und Meringer war zT sehr heftig Auf einer houmlheren Stufe der Eskalation zieh Meringer Freud beispielsweise der laquoStuumlmperraquo-Haftigkeit auf dem Gebiet des Beobach-tens laquoEr sieht und houmlrt naumlmlich nur das was sich eventuell zur Begruumlndung seiner phantastischen Theorien missbrauchen laumlsst Die unendlich vielen Faumllle die sich dagegen mit Haumlnden und Fuumlszligen straumlu-ben sieht er nicht (1912 55)50 Ich nenne drei Indizien fuumlr die Wiederbelebung der Tradition bzw das verstaumlrkte Interesse an den betreffenden Zusammenhaumlngen Erstens wird die Arbeit von Meringer und Mayer in einem 1973 von Victoria A Fromkin herausgegebenen Sammelband in den beiden Beitraumlgen der Herausgeberin wenigs-tens gelegentlich wenn auch zT falsch zitiert Die Arbeit von Thumb und Marbe wurde 1978 sogar neu ediert Zweitens gibt es insbesondere in den Vereinigten Staaten eine Reihe von Arbeiten zu linguistischen Aspekten der Assoziationsforschung (die wichtigste ist wohl die allerdings weitgehend psychologisch und psychometrisch orientierte von Deese 1965) die zB in den Versuch einer Synthese eingegangen sind den Herbert H Clark 1970 veroumlffentlicht hat (Die Arbeit von Clark ist freilich noch ein wenig zu stark dem Grammatikmodell der Transformationsgrammatik verhaftet) Noumlth (1975) hat den Ansatz von Clark zT weitergefuumlhrt sich zT jedoch auch in kasuistischen Uumlberlegungen gefangen Drittens ist das Wiedererwa-chen des linguistischen Interesses an der Aphasie-Forschung zu vermerken (es war zB schon bei Meringer und Mayer vorhanden) Fuumlr dieses ndashallerdings in Schuumlben auftretendendash Interesse ist nicht zuletzt auch Roman Jakobson verantwortlich

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  • Von der Allgegenwart des Gegensinns
  • (und einiger anderer Relationen)
  • Strategien zur Einordnung semantischer Information
  • Wolfgang Raible (Universitaumlt Freiburg)
  • Eugenio Coseriu zum 2771981
  • 21 Gesetzmaumlszligigkeiten des Assoziierens
  • 211 Argumentum quantitatis
  • 212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt
  • 22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens
  • 311 Syntagmatisches Assoziieren
  • 312 Paradigmatisches Assoziieren
  • 3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System
  • 3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System
  • 32 Sonderfaumllle
  • 41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems
  • 42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semantishyschen Orientierungssystems
  • ja
  • Fuumlr alle Woumlrter moumlgshylich
  • 44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte
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Page 21: latina.phil2.uni-freiburg.delatina.phil2.uni-freiburg.de/.../Files/Gegensinn_neu.docx  · Web viewZeitschrift für romanische Philologie Bd. 97, Heft 1/2, S. 1-40. Die Seitenangabe

3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Im Similaritaumlt-Kontrast-System das wo immer dies moumlglich ist den Zugriff auf semantische Information primaumlr steuert steht Mutter in [p 24] Kontrast zu Vater - tertium non datur Mutter steht jedoch auch in Beziehung zu anderen Lexemen zB zu Kind Tochter Stiefmutter Groszligmutter auch zu Frau etc Bei Frau oder Maumldchen bestehen uumlbrigens unabhaumlngig vom Geschlecht der Probanden - assoziative Verbindungen zu huumlbsch schoumln Schoumlnheit und dergleichen Die ersten dieser Verknuumlpfungen koumlnnte man noch leicht mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Vater und Mutter bilden ein minimales Paar das sich nur durch den bewussten kleinen Unterschied die Opposition maumlnnlichweiblich semantisch voneinander abhebt Bei Paaren wie MutterKind bzw MutterTochter waumlren es bereits mehrere differenzierende Merkmale (und das Beispiel zeigt zugleich dass es noch ganz andere Relationen gibt als die des Kontrasts hier zB die temporale oder die kausale) Bei MaumldchenSchoumlnheit muumlsste man schon mit Selektionspraumlferenzen arbeiten man koumlnnte wohl auch an den Bereich der syntagmatischen Kontiguitaumlt denken

Es gibt nun allerdings eindeutig paradigmatische Assoziationen bei denen merk-malsemantische Konstruktionen angesichts ihrer notwendigen Komplexitaumlt in eklatantem Widerspruch zur hochgradigen Gelaumlufigkeit der betreffenden Assoziationen stuumlnden Ein einfaches Beispiel ist das Paar TischStuhl Die Zahlen 84 bei Russell Jenkins 69 bei PalermoJenkins 55 bei franzoumlsischen Studenten36 Man koumlnnte hier die Merkmal-Similaritaumlt uumlber den Oberbegriff Moumlbelstuumlck konstruieren aber wie waumlre dann zu erklaumlren dass die Verbindung zwischen Tisch und Stuhl enger ist als die zwischen den Moumlbelstuumlcken Tisch und Hocker (die sich im Prinzip nur durch die Groumlszlige unterscheiden) oder zwischen Tisch und Bett (1 der Nennungen trotz laquogetrennt von Tisch und Bett lebenraquo) Wie waumlren weiterhin so gelaumlufige Assoziationen wie pied chaussure araigneacuteetoile tobaccosmoke zu erklaumlren fuumlr die Oberbegriffe schwer zu konstruieren sind und die sich in einer solchen Konstruktion wenn sie gelingt immer noch durch eine Fuumllle von Merkmalen nicht etwa nur durch ein einziges unterschieden

Angesichts solcher Verhaumlltnisse scheint es mir plausibel zu sein das als grundlegend angesetzte Dreiecks-Modul in diesen Faumlllen als eine Similaritaumlts-Kontiguitaumlts-Beziehung zu interpretieren also in Anlehnung an das oben erlaumluterte bdquoGesetz der Naumlhe aus dem Bereich der optischen Wahrnehmung Solche Similaritaumlts-Kontiguitaumlts-Beziehungen beruhen bei einem flieszligenden Uumlbergang zum Similaritaumlt-Kontrast-Bereich ndash jeweils auf Erfahrungskontexten in denen Erscheinungen als zusammengehoumlrig verwandt benachbart verstanden werden Die Komponente der Similaritaumlt versteht sich hier vor allem als Zugehoumlrigkeit zum selben Er- [p 25] fahrungsbereich meist - aber keinesfalls ausschlieszliglich - auch als Zugehoumlrigkeit zur selben Wortart Die Kontiguitaumlt wird zumeist verkoumlrpert durch eine spezielle in der Regel gerichtete Beziehung zwischen den Elementen B und C (Die Zahl der Probanden die auf Stuhl wieder Tisch assoziieren ist viel geringer als die Zahl derer die auf Tisch die Assoziation Stuhl haben) Entscheidend ist dabei nun dass die Erfahrungskontexte zwar individuell verschieden sind dass die Relationen durch welche die Begriffe verknuumlpft sind dagegen meist ganz spezifische invariante Relationen darstellen Tisch und Stuhl sind zB integrierende Teile eines groumlszligeren Ganzen im Erfahrungsbereich des Wohnens und Arbeitens zwischen tobacco und

36 Die Zahl fuumlr die deutschen Probanden lautet 29 - hier stellen die 15 Nennungen fuumlr die im Grenzbe-reich zwischen semantischer und syntagmatischer Kontiguitaumlt liegende Assoziation Bein(e) eine starke Konkurrenz zu Stuhl dar

smoke araigneacutee und toile besteht eine kausale zwischen Hammer und Nagel eine finale Relation Das Gegenstuumlck zur Kontiguitaumlt die Distanz grenzt hier die Dreiecksmoduln gegeneinander ab Interessant ist dass in vielen Faumlllen nicht eigentlich der kontige Partner sondern die spezifische Relation etwa zwischen dem Gegenstand und einem allfaumllligen Benutzer assoziiert wird Um die finale Relation geht es zB in den Faumlllen Bettschlafen Schereschneiden ciseauxcouper scissorscut

32 Sonderfaumllle

Fuumlr beide Varianten des paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssystems gilt natuumlrlich Sobald auf der Achse BC mehr als zwei gleichrangige Mitglieder anzusiedeln sind sobald also in Trubetzkoys oder Coserius Terminologie eine laquoaumlquipollenteraquo und nicht eine laquoprivativeraquo Opposition vorliegt37 verliert die Assoziation von einem dieser Mitglieder zum anderen an Schaumlrfe die buumlndelnde Kraft des einzigen Antonyms oder des in spezifischer Weise kontigen Partners fehlt Musterbeispiel ist das Dreiecks-Modul fuumlr die Farbwerte im Gegensatz zu dem fuumlr die Grauwerte

Wegen der Auswahl aus einer groszligen Zahl gleichberechtigter Moumlglichkeiten sind die Reaktionen auf Farben dementsprechend wenig gebuumlndelt38 ndash auf gelb nennen an ers-ter Stelle 14 der amerikanischen Pro- [p 26] banden blau 12 der deutschen rot 11 der franzoumlsischen gruumln Bei den Ausgangswoumlrtern blau und gruumln ist die Assozia-tion im paradigmatischen Bereich sogar schwaumlcher als im syntagmatischen ndash hier nen-nen die Probanden in allen drei Sprachen an erster Stelle den Himmel (blau) und den Bereich GrasWieseLandschaft (gruumln) und dies mit einer Frequenz die vertreten durch Werte zwischen 20 und 30 deutlich uumlber den Frequenzen liegt die in den ande-

37 Coseriu 19641978 120f 1976 34 Eine graduelle Opposition entspricht wie oben in Anm 5 erwaumlhnt einer Unterart des aristotelischen Entgegengesetzten mit gegebenem tertium38 Nach der oben erwaumlhnten aristotelischen Farbkonzeption oder dem analogen Vorschlag bei Weinrich 1967 2213 oder Coseriu 1976 43f waumlren die beiden Dreiecks-Moduln zu einem einzigen zu kombinieren - die extremen Farbwerte waumlren also schwarz und weiszlig Dem widerspricht einerseits nicht das Assoziationsverhalten der Probanden im englischen franzoumlsischen und deutschen Sprachbereich wo auf rot blau gelb gruumln sowie auf Farbe jeweils auch und zT mit betraumlchtlichen Nennungszahlen schwarz undoder weiszlig genannt werden (Bei gebildeten franzoumlsischen Sprechern liegt in einem dieser Faumllle freilich eine syntagmatische Assoziation vor gerade wegen ihrer Bildung assoziieren 18 an erster Stelle auf rouge das Wort noir) Andererseits entspricht das Assoziieren von schwarz undoder weiszlig auf Farbadjektive den Erkenntnissen die der geniale Edwin H Land (1977) uumlber die Physiologie des Farbsehens gewonnen hat

ren Faumlllen fuumlr Farbwerte eintreten ndash Auch zwischen Zahlen scheinen auf den ersten Blick dieselben aumlquipollenten Beziehungen zu bestehen wie etwa zwischen Farbadjekti-ven Bei naumlherem Zusehen zeigt sich jedoch dass als spezifische Relation zwischen Zah-len die Relation bdquogroumlszliger als gesehen wird (Ganz abstrakt lautet die Regel fuumlr das Zaumlhlen ja Ersetze die letzte Zahl n durch n+1) Entsprechend sind die Assoziationen auf Zahlwoumlrter immer gerichtet zB im Sinn des n + 1 auf zwei wird drei auf drei wird vier assoziiert auf jeden Fall immer eine houmlhere Zahl39

Ein weiterer Sonderfall sind Erfahrungsbereiche die nicht zu denjenigen einer Vielzahl von Sprechern gehoumlren Zum Loumlwen wird gemeinhin als kontiger Partner im Erfahrungsbereich exotische wilde Tiere der Tiger assoziiert Beim Adler fehlt fuumlr den normalen Sterblichen der Partner In solchen Faumlllen kann die Assoziation dann zur Spitze A eines potentiellen Moduls verlaufen (man koumlnnte auch sagen Auf dem Weg von B zu einem potentiellen C endet die Assoziation in Ermangelung eines C bei A das sonst die Zwischenstation gewesen waumlre) Die Konsequenz Die haumlufigste Assoziation auf Ad-ler ist Vogel (21) oiseau (16) und bird (55) Solche Assoziationen zum Klassennamen dh zur Spitze A des Moduls hin sind relativ selten Mit groumlszligerer Haumlufig-keit treten sie sozusagen als Vorstufe zu Similaritaumlt-Kontrast-Assoziationen bei sprach-lich weniger sozialisierten Probanden auf40 [p 27]

4 Schlussuumlberlegungen

laquoDie Aufstellung von Oppositionen ist im Wortschatz wesentlich komplizierter als im phonologischen System einer Sprache da die beteiligten Merkmale wesentlich zahlrei-cher sind als in der Phonologie Prinzipiell handelt es sich jedoch um die gleichen Oppositionstypenraquo (Coseriu 1973 65)

Ich habe eingangs gezeigt dass Zweierschemata haumlufig als Denkmodell verwendet wer-den dass die Sprache im Bereich der Bezeichnungen des Entgegengesetzten uumlber eine ganze Skala solcher Zweierschemata verfuumlgt weiterhin dass Wahrnehmen und Erfassen von etwas stets zugleich bedeutet uumlber die Information hinausgehen die gegeben wird und dass auch bei diesem laquouumlber die Information hinausgehenraquo wieder Zweierschemata wie die von Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz entscheidend sind Ich habe dann Ergebnisse der sprachlichen Assoziationsforschung einer ersten Analyse unterzogen und diese Analyse in einem weiteren Schritt dadurch vertieft dass ich sprachliche Assoziationen als den Reflex von Strategien aufgefasst habe die dazu dienen semantische Information zu erfassen und einzuordnen Zum Abschluss will ich in vier Schlussuumlberlegungen skizzieren worin der moumlgliche Ertrag einer staumlrkeren Einbeziehung der Assoziationsforschung und verwandter Gebiete liegen kann in einem (1) Einblick in das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems und seine (2) Transformation in Onto- und Pathogenese sowie in der Diachronie in einem (3) neuen Licht das auf Probleme der Wortfeldforschung geworfen wird und schlieszliglich auch in einer (4) angemesseneren Haltung gegenuumlber der Wissenschaftsgeschichte

39 Schuchardts oben zitierte Vermutung auf drei koumlnne (aus Gruumlnden der Lautaumlhnlichkeit) auch zwei assoziiert werden ist auch deshalb abwegig weil Ruumlckwaumlrtszaumlhlen eine sehr schwierige Aufgabe ist sie wird zB haumlufig verwendet um das Ausmaszlig von Aphasien zu bestimmen Dasselbe gilt fuumlr Tages- und Monatsnamen wo die spezifische gerichtete Relation bdquospaumlter als oder bdquonach lautet40 Vgl Rosenzweig 1970 102 105 zum relativ groszligen Anteil der Assoziationen zum Oberbegriff hin bei amerikanischen und franzoumlsischen Arbeitern Jenkins 1970 7 erwaumlhnt das Zuruumlckgehen der Oberbegriffs- und der Synonym-Assoziationen in der Geschichte amerikanischer Assoziationstests - Angesichts des vorliegenden Materials ist mir unklar worauf Clark (1970 279) die Ansicht stuumltzt laquoFast-Synonymeraquo wie house - home odour - smell seem - appear thing - object sowie Ober- und Unterbegriffe kaumlmen bei den Wortassoziationen oft vor

41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems

In unserem paradigmatischen Orientierungssystem scheint es zwei Bereiche zu geben die flieszligend ineinander uumlbergehen und miteinander kombiniert sein koumlnnen ei-nen Bereich mit Similaritaumlt-Kontrast- und einen Bereich mit Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-(Distanz-)Struktur Im einen Bereich wird Information aumlhnlich wie im Fall des bdquoGesetzes der Gleichfoumlrmigkeit (und des Kontrastes) vor dem Hintergrund der Similaritaumlt domi-nant eingeordnet im Hinblick auf das Entgegengesetzte im anderen im Hinblick auf den Nachbarn im selben Erfahrungsbereich ndash was dem gestaltpsychologischen bdquoGesetz der Naumlhe entsprechen wuumlrde

[p 28] Das erste System strukturiert durch seine Reduktion auf in der Regel zwei Alternativen (mit falls ein tertium zugelassen ist Zwischenmoumlglichkeiten) unsere Erfah-rung in auszligerordentlich starkem Maszlig Hier bestehen zugleich die groumlszligten auszligereinzel-sprachlichen Uumlbereinstimmungen ndash und zwar deswegen weil bestimmte Strukturie-rungs-Dimensionen ethologisch gesehen nichts anderes darstellen als Verbalisierungen jener Interpretation der Natur der Umwelt und ihrer Gesetzlichkeiten die unser Organismus im Lauf seiner entwicklungsgeschichtlichen Adaptation vorgenommen hat Orientierung im Raum in der Zeit Orientierung durch Houmlren Sehen Riechen Schme-cken Fuumlhlen und Tasten Eine Reihe solcher Strukturierungs-Dimensionen (die generell Coserius und Pottiers Klassemen Greimas Kontextsemen oder Luumldis Kongruenzsemen gleichen)41 sind sogar grammatikalisiert also zu grammatischen Ordnungsdimensionen geworden (wobei die Einzelsprachen das Angebot natuumlrlich in jeweils verschiedener Weise wahrnehmen) Es geht ua pythagoreisch ausgedruumlckt um die Unterscheidung zwischen dem Einen und dem Vielen um die zwischen maumlnnlich und weiblich (die im grammatischen Bereich freilich neutralisiert werden kann) zwischen tot und lebendig (wofuumlr die Grammatiker unbelebtbelebt vorziehen) zwischen menschlich und nicht-menschlich geben (bdquoAllativ bdquoDativ) und nehmen (bdquoAblativ) zwischen ich und du ja und nein (vierte Art des Entgegengesetzten im aristotelischen Sinn) hier und dort jetzt und nicht-jetzt42

Besonders augenfaumlllig sind solche Klasseme und ihre Reduktionsleistung in den sogenannten Klassifikator-Sprachen ndash dort hat jedes Nomen ein Element bei sich das das Bezeichnete einer bestimmten Klasse von Denotaten zuweist etwa zur Klasse Tier oder Mensch zur Klasse der horizontalen oder vertikalen Objekte ndash wobei was nicht unerwartet ist als generellstes und haumlufigstes Klassifikationskriterium die Opposition zwischen belebt und unbelebt verwendet wird (vgl Serzisko 1980)

Unser so vorstrukturiertes Wahrnehmen und Denken erkennt umgekehrt in der Umwelt wieder Prinzipien wie die eingangs genannten Gegensatzpaare des fruumlhgriechi-schen Denkens ndash wobei inzwischen klar sein duumlrfte dass es sich um alles andere als um bdquoarchaisches oder bdquoprimitives Denken handelt Bemerkenswert an den Wort-Assozia-tionen ist ja ua dass man sie nicht dadurch erhaumllt dass man im Sinn des dritten noogenetischen Prinzips von Spearman den Ausgangspunkt und die gewuumlnschte Rela-tion vorgibt um zu einem Ergebnis zu kommen es genuumlgt die Angabe des Ausgangspunkts Wahrnehmen Erkennen Verstehen bedeuten naumlmlich stets Einordnen Relationen herstellen ndash gleichguumlltig ob es um [p 29] die optische Wahrnehmung geht an der einige (vermutlich verwandte) Gestaltgesetze erlaumlutert wurden oder aber um das Einordnen sprachlicher Information So ist es ganz selbstverstaumlndlich dass die gege-

41 Vgl Coseriu 1972 52 LorenzWotjak 1977 235 mit Anm 10342 Vgl zur binaumlren Opposition als einer Extremform des grammatischen Paradigmas auch Weinrich 1967 1975

bene Information erst im Hinausgehen uumlber das Gegebene erfasst wird - ein Hinausge-hen das die Psychologen bekanntlich auch Denken nennen Im sprachlichen Erfassen ist so auch das Denken oder laquouumlber das Gegebene Hinausgehenraquo angelegt Das Denk-schema von These Antithese und Synthese spiegelt zB das Dreiecks-Modul des Similaritaumlt-Kontrast-Systems wider Mann und Frau sind in Mensch aufgehoben43

Waumlhrend im Bereich des Similaritaumlt-Kontrast-Systems nicht nur im Prinzip son-dern zT auch materiell gewisse auszligereinzelsprachliche Uumlbereinstimmungen vorhanden sind gibt es im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System natuumlrlich entsprechend dem Erfahrungs- und Lebensbereich kulturelle und soziale Unterschiede Entscheidend ist jedoch auch hier dass Einordnen nicht nur bedeutet in Relation Setzen zu diese Relationen sind ebenso wie die Kontrast-Relation im anderen System wiederum ganz spezifische ihrer-seits in aller Regel uumlberindividuelle Denk-Relationen TeilGanzes Kausalitaumlt Finalitaumlt Zeitrelation Invariant oder auszligereinzelsprachlich sind also die Relationen nicht notwendigerweise dagegen die Terme die durch solche Relationen verbunden sind

42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semanti-schen Orientierungssystems

Nach den vorgefuumlhrten Analysen gibt es drei Strategien zur Wahrnehmung und Einordnung semantischer Information eine dominant syntagmatische und die beiden eben erwaumlhnten paradigmatischen Dabei entspricht die syntagmatische Strategie dem was Hansjakob Seiler im Bereich der bdquosprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden mit Piaget zunaumlchst als Einordnen dann als Individualisierung bezeichnet hat insbeson-dere das paradigmatische Similaritaumlt-Kontrast-System entspricht dagegen dem Seiler-schen Klassifizieren bzw Generalisieren als der anderen polaren Instanz im Bereich der sprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden (Seiler 1981) Die Charakteristika aller drei Orientierungs- und [p 30] Einordnungssysteme sind in der folgenden Uumlbersicht nochmals zusammengestellt

I II IIISyntagmatisches Konti-guitaumlts-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontrast-System

Dominante Strategie Einordnen in ein groumlszlige-res Syntagma (dh in ein komplexeres Zei-chen)

Zuordnung eines Part-ners aus demselben Er-fahrungsbereich (uumlber spezifische Relationen)

Zuordnung eines Anto-nyms (uumlber die Gegen-satz-Relation)

Wortklasse in aller Regel verschie-den

in der Regel gleich gleich

Kontiguitaumlt vs Distanz ja ja

43 Es ist gewiss nicht erstaunlich dass wie Coseriu (1977a) gezeigt hat gerade Hegel in seiner Humboldt-Rezension als Vergleichsgrundlage fuumlr alle Sprachen die Unterscheidung von Gattungen und Arten bzw von laquoAllgemeinheiten und Bestimmtheitenraquo ansieht ndash mit anderen Worten also das DreiecksModul in sei-ner Similaritaumlt-Kontrast-Auspraumlgung ndash Die Bolle des Kontrasts (als drittes Moment neben Similaritaumlt und Kontiguitaumlt) hat aus der phaumlnomenologischen Tradition heraus sehr schoumln und einleuchtend Elmar Holen-stein dargestellt und gerade auch fuumlr die sprachliche Seite als grundlegend bezeichnet laquoDamit uumlberhaupt eine Auswahl (gemeint ist auf der paradigmatischen Achse der Selektion) getroffen werden kann muss sich etwas von etwas abhebenraquo (1976 86) Bruners going beyond the information given kann also zT auch im phaumlnomenologischen Sinn interpretiert werden

Similaritaumlt vs Kontrast ja ja

Fuumlr alle Woumlrter moumlg-lich

ja groszliger Bereich kleiner Bereich (bdquosemantische Struktur-woumlrterldquo)

Die spezifischen Relationen im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System entsprechen dabei in etwa Piagets laquoinfralogischenraquo Relationen oder Spearmans (1923 67-71) laquorealraquo relati-ons die Relationen des Similaritaumlt-Kontrast-Systems entsprechen dagegen Piagets laquologi-schenraquo und in etwa wohl Spearmans (71-74) laquoidealraquo relations Fuumlr die veschiedentlich erwaumlhnte nicht scharfe Trennung der Bereiche II und III duumlrften ua die Teil-Ganzes-Relationen verantwortlich sein die sowohl im laquologischenraquo (Inklusion) als auch im laquoinfralogischenraquo Bereich vorkommen Waumlhrend die Relationen des Similaritaumlt-Kontigui-taumlt-Systems dominant gerichtete Relationen sind ist die Gegensatz-Relation des Similaritaumlt-Kontrast-Systems grundsaumltzlich zweiseitig Abweichungen ergeben sich insbesondere durch Polysemie (vgl o S 12)

Ontogenetisch gesehen werden nun die paradigmatischen Systeme II und III uumlber das syntagmatische System I aufgebaut Dabei nimmt das System II wie aus seinen Merkmalen ersichtlich ist eine Mittelstellung zwischen den Systemen I und III ein - im Sinn der Konzeption Seilers stellt es also gewissermaszligen den bdquoWendepunkt zwischen den beiden Polen der Dimension sprachliche Erfassung von Gegenstaumlnden dar Auch der flieszligende Uumlbergang zwischen den drei Systemen erhellt aus dem Schema die Grenz-faumllle liegen interessanterweise nicht zwischen I und III sondern zwischen den Systemen III (zB Coserius laquolexikalische Solidaritaumltenraquo) und zwischen den Systemen IIIII Es ist somit plausibel dass [p 31] in der Ontogenese die Systeme in der Reihenfolge I-II-III aufgebaut werden Das System III nimmt dabei insofern eine Sonderstellung ein als es wie die letzte Zeile des Schemas nochmals ausweist direkt nur auf einen kleinen aber wichtigen Ausschnitt des Wortschatzes anwendbar ist

Was den Abbau der Sprache bei pathologischer (oder altersbedingter) Beeintraumlchtigung des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems betrifft so ist den vorliegenden Beobachtungen nach die Reihenfolge wohl umgekehrt Das System III wird vor dem System II beeintraumlchtigt Dies entspraumlche der Erkenntnis Jakobsons dass man zuerst verliert was man zuletzt erworben hat44 Was schlieszliglich diachronische Transformationen speziell den Bedeutungswandel betrifft so ist die Affinitaumlt zu Uumlberlegungen sehr wichtig die in Teilbereichen schon Wilhelm Wundt (o S 7) und dann vor allem Stephen Ullman angestellt hat Ullman resuumlmiert ja die Arbeit seines Lands-manns Zoltan Gombocz (Jelentestan Pecs [Fuumlnfkirchen] 1926) und den ihm zu Grunde liegenden Aufsatz von Leacuteonce Roudet (1921) mit folgenden Worten

laquoAn associative network of names clusters around each name some of these associations are rooted in similarity others in contiguityraquo (1967 79)

Dem entspricht dann seine Klassifizierung des Bedeutungswandels (1967 220ff) Uumlbertragung von signantia aufgrund von Similaritaumlt bzw Kontiguitaumlt zwischen den sig-nata bzw umgekehrt Uumlbertragung von signata aufgrund der SimilaritaumltKontiguitaumlt zwi-schen den signantia Zu praumlzisieren waumlre dass es sich nicht um Similaritaumlt oder Kontiguitaumlt handelt sondern um Transfer im Rahmen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- oder 44 Die Arbeit von Stachowiak uumlber die Semantische Struktur des subjektiven Lexikons (1979) bestaumltigt diese Hypothese was dort vorgefuumlhrt wird laumlsst sich mE alles in dem Sinn interpretieren dass bei aphasischem Abbau der Sprache vor allem das System III beeintraumlchtigt wird Nach dem was oben (S 18f) uumlber die Komplexitaumlt von Benennungs- und Assoziations-Aufgaben gesagt wurde unterstreicht dies im Grund auch die These Jakobsons dass es sich im wesentlichen um eine Stoumlrung handelt bei der die metasprachliche Punktion der Sprache beeintraumlchtigt ist

des Similaritaumlt-Kontrast-Systems die Rolle des Kontrasts ist wie schon Wundt sah in der Tat nicht unwichtig45 [p 32]43 Wortfeld-Probleme

Die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen werfen auch ein Licht auf manche Probleme der Wortfeldforschung Zunaumlchst erklaumlren sowohl die Wortassoziationen als auch die Sprechfehler das eher selten reflektierte Phaumlnomen dass die bisher vorgestellten Wortfelder alle aus Elementen derselben Wortart bestehen46 Weiterhin muumlsste man ge-maumlszlig den beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssystemen wohl auch zwischen zwei Grundarten von Wortfeldern unterscheiden zwischen solchen des Similaritaumlt-Kontrast-Typs und solchen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- [p 33] Systems (etwa Wortfeld desWohnens der Werkzeuge der Landschaft)47 In der Form wie sie durch die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen nahegelegt werden vermitteln dabei die Wortfel-

45 Was die Unterscheidung der beiden paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssysteme angeht so fuumlhle ich mich nicht nur in der guten Gesellschaft Ullmans sondern auch in der einer Reihe von Psychologen Sprachpsychologen und Aphasieforschern Jean Piaget und Baumlrbel Inhelder unterscheiden bei der Ordnungsleistung von Kindern zwischen dem Ordnen nach dem Prinzip der Aumlhnlichkeit und nach demjenigen der Konvenienz und etwa analog dazu zwischen den schon erwaumlhnten laquologischenraquo Relatio -nen (Klassifizierung) und den laquoinfralogischenraquo (PiagetInhelder 19731 38ff) Elisabeth Wiig und Diana Globus haben 1971 in einem kontrollierten Assoziationsversuch mit 7 Aphasikern und 7 gesunden Kon -trollpersonen explizit mit Piagets logischen und infralogischen Relationen gearbeitet Das Ergebnis kann nicht nur dahingehend interpretiert werden dass es entsprechend zu diesen Relationen zwei verschie -dene Orientierungs- und Einordnungssysteme gibt sondern auch dahingehend dass das klassifikatorische System (Similaritaumlt-Kontrast-System) sowohl bei Gesunden als auch bei Aphasikern im Verfahren der kontrollierten Assoziation (gegeben ist ein Ausgangsbegriff und die Relation gesucht wird ein Zielwort) nur dann gute Ergebnisse erbringt wenn die Merkmalunterschiede gering sind - und am geringsten sind sie natuumlrlich bei binaumlren Oppositionen also etwa bei Antonymie Sobald die Merkmalsunterschiede groumlszliger werden etwa beim Ausgangsbegriff Kind und dem gesuchten Begriff Eltern sind die Suchergebnisse bei Aphasikern und Gesunden gleichermaszligen schlecht Dagegen funktioniert das infralogische System sowohl bei hoher als auch bei geringer Kontiguitaumlt der Begriffe bei den unter-suchten Aphasikern und den gesunden Kontrollpersonen recht gut (laquoWas ist der Zweck von Heizung - Ergebnis Waumlrme oaraquo) ndash Was die beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssysteme an-langt stehe ich auch weitgehend in Einklang mit James Deese Deese zieht nach einer essentiell faktoranalytischen Untersuchung von Assoziationsverhalten ua folgende Konsequenz (1965 164) laquoThe data on associative distribution suggest that the two fundamental operations we have for sorting out meaningful ndashthat is logical and syntactical relations among wordsndash are contrast and groupingraquo Deese sieht freilich ua nicht die Einordnung in ein Syntagma als dritte Strategie und anhand einer sprachpsychologischen Darstellung des Assoziationsverhaltens wie sie etwa von Houmlrmann (1967 115-156) gegeben wird vermisst man generell den Ansatz Assoziationen als Reflex von Strategien zum Erfas-sen von Bedeutung anzusehen so erscheinen dann viele Beobachtungen die anhand des obigen Schemas sinnvoll integriert werden koumlnnen eher als membra disiecta ndash Ich nenne schlieszliglich noch die Arbeit von Huber et al 1975 und die schon erwaumlhnte Dissertation von Stachowiak (1979) In der Arbeit von 1975 wird ndashbei einer Beschreibung jenes Aphasie-Typs der nach Carl Wernicke benannt istndash unterschieden zwischen zwei Orientierungsprinzipien im Lexikon einem laquosemantisch-klassifikatorischenraquo und einem laquosituativ-referentiellenraquo (1975 88 vgl Stachowiak 1979 58f) Ich bin freilich nicht einverstanden mit der These Stachowiaks es handle sich dabei einerseits um einen laquoinnersprachlichenraquo andererseits um ei-nen laquoenzyklopaumldischenraquo Bereich Wesentlich ist was nochmals betont sein soll fuumlr beide Bereiche als invariantes Prinzip dasjenige der Relation dabei sind die Relationen im einen Fall gewiss klassifikatorisch im anderen laquoinfralogischraquo beide Arten von Relationen sind jedoch gleichermaszligen uumlberindividuell und sie werden gleichermaszligen erlernt46 Geckeler sieht (1971 218) die Wortart-Gleichheit als die gewissermaszligen selbstverstaumlndliche Folge ei -ner paradigmatischen Perspektive an (was einer engen Konzeption von Paradigma entspricht) vgl u S 3547 Wenn ich recht sehe korrespondieren die beiden Grundarten mit einer Unterscheidung die Coseriu (1976 47f) innerhalb eines seiner fuumlnf Kriterien zur Klassifizierung von Wortfeldern macht naumlmlich der Unterscheidung zwischen laquorelationellenraquo und laquosubstantivenraquo Oppositionen bzw Feldern Im Rahmen der hier vorgetragenen Konzeption wird diese Unterscheidung zu einer zentralen Groumlszlige

der des Similaritaumlt-Kontrast-Typs gewissermaszligen zwischen zwei extremen Konzeptio-nen von Wortfeld zwischen der von Andre Jolles und der von Jost Trier Jolles (der des-halb von Trier und anderen gescholten wurde) wollte nur Minimalformen mit jeweils zwei (antonymen) Gliedern als laquoBedeutungsfelderraquo gelten lassen Felder die in dieser Form natuumlrlich fest umgrenzt waumlren (Jolles 1934) Fuumlr Trier galt dagegen das Prinzip der Wert jedes Worts ergebe sich aus dem Feldwert also aus der Position in einem semantischen Feld Das Wort bedeute laquonur in diesem Ganzen und kraft dieses Ganzenraquo Die vermittelnde Position ist die in einem zentralen Antonymenpaar den festen Kern zu sehen um den sich ein ganzes Feld verwandter Termini schart wobei im Normalfall die Grenze des Feldes verschwimmt Das Feld waumlre also nur von seinem zentralen Kern aus als solches zu greifen Geckelers Doppel-Wortfeld zwischen altrsquo und seinen beiden Antonymen jung und neursquo scheint mir de facto im Sinn einer solchen Konzeption interpretierbar zu sein

Die Wortfelder des Similaritaumlt-Kontrast-Typs lassen sich nun wie schon er-waumlhnt in einleuchtender Weise mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Spaumltestens bei dem Versuch Wortfelder des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs merkmalsemantisch zu rekonstruieren treten jedoch betraumlchtliche Schwierigkeiten auf Ein Verfahren auch solche Bereiche bdquodurchsichtig zu machen besteht nun darin dass man an die Spitze eines Feldes neben den eventuell vorhandenen Oberbegriff noch eine der spezifischen Auspraumlgungen der Kontiguitaumlts-Relation stellt (wodurch dann das was die Basiskante BC des Moduls von S 21 ausmacht als Seitenkante bzw Suchbegriff verwendet wird) Pottiers Wortfeld der Sitzmoumlbel im Franzoumlsischen hat als konstituierende Merkmale ne-ben dem Oberbegriff Artefakt eine solche spezifische Auspraumlgung naumlmlich das finale zum Sitzen Die Similaritaumlt die durch diese beiden Merkmale geschaffen wird stellt einerseits das Auswahlkriterium dar nach dem das Feld begrenzt andererseits den Hintergrund an Similaritaumlt vor dem es analysiert werden kann Ein Bereich wie Werk-zeug laumlsst sich um ein weiteres Beispiel zu geben nur schwer merkmalsemantisch beschreiben weil man Begriffe wie Stechbeitel Loumltkolben Nietzange und Maumlhdre-scher zu beruumlcksichtigen haumltte Fuumlgt man jedoch zu Werkzeug die finale Relation zum Bearbeiten von (beispielsweise von Holz) so entsteht ein uumlberschaubares und strukturierbares Feld [p 34]

Dabei zeigt sich nicht nur dass solche Wortfelder in gewissem Maszlig beliebig (re)konstruierbar sind - man kann etwa Katze mit gleichem Recht einmal zu den Haus-tieren ein andermal zu den fleischfressenden Saumlugetieren rechnen Es zeigt sich gleichzeitig dass eine solche Rekonstruktion genau nach dem dritten noogenetischen Prinzip von Spearman verlaumluft Zu einem Ausgangsbegriff (Werkzeug) und einer Rela-tion (zum Bearbeiten von Holz) werden Entsprechungen gesucht und gebildet Unter dem Blickwinkel dieses noogenetischen Prinzips sind Wortfelder nun nicht nur beschreibbar als Ergebnisse eines Verfahrens der kontrollierten Assoziation die beiden angedeuteten Grundtypen von Wortfeldern beruhen dann sogar beide auf demselben Grundprinzip Gegeben ist der Ausgangsbegriff und eine Relation ndash eine Relation die im Fall des Similaritaumlt-Kontrast-Typs die Gegensatzrelation ist im Fall des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs eine finale kausale temporale lokale TeilGanzes-Relation etc Dass solche Konstruktionen oder Rekonstruktionen48 also die Wortfelder der Linguisten keinesfalls - um mit Gauger (zB 1976) zu sprechen - laquobewusstseinsfremdraquo sind zeigt gerade das Verfahren der freien Assoziation dessen Interpretation Ausgangspunkt die-ser Uumlberlegungen war

Dies hat auch Auswirkungen auf das von Saussure aufgeworfene Negativitaumltsproblem Gewiss bedeutet Vater nicht nur Nicht-Mutter sondern auch

48 Von der Konstruktion von Wortfeldern spricht auch Coseriu (zB 1970 113)

Nicht-Sohn Nicht-Barock Nicht-Jahrhundert Bei einer solchen Betrachtung wird je-doch eine bestimmte Art des Gegensatzes die parmenideische Relation des bdquoIst nicht verabsolutiert Sie spielt gewiss eine wichtige Rolle in der Sprache sowohl in der Semantik als auch im Bereich der geschlossenen grammatischen Paradigmen Man sollte jedoch (trotz des Umstands dass die Kontrast-Relation und mit ihr die Relation des oppositiven bdquoIst nicht gerne als laquologischraquo die Relationen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Systems dagegen als laquoinfralogischraquo bezeichnet werden) nicht vergessen dass beide Ar-ten von Relationen unabdingbare Konstanten unseres Wahrnehmens Erfassens und Denkens darstellen und dass eine Semantik die nicht bewusstseinsfremd sein will dementsprechend nicht nur die im Motto auf S 27 angegebenen Oppositionen sondern die ganze Skala moumlglicher Relationen mit in ihr Beschreibungsinstrumentarium aufneh-men muss

44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte

Eugenio Coseriu hat 1977 in seiner Antrittsrede an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften als eines der vier Prinzipien seines Schaffens das Stichwort Tradition und Neuerung genannt Es heiszligt dort laquodass die Geschichte unserer Wissenschaften wie uumlberhaupt die Kultur- [p 35] geschichte Fortsetzung von Traditionen und Erneuerung innerhalb von Traditionen istraquo Man sage eigentlich Neues nur wenn man an Traditionen anknuumlpfe und Traditionen fortsetze (1977 109 vgl 1979 5) Ich habe im vorliegenden Beitrag versucht in mehrfacher Weise an solche Traditionen anzuknuumlpfen ua an diejenige der Assoziationsforschung der Jahrhundertwende Dass hier uumlberhaupt von einem (Wieder-)laquoAnknuumlpfenraquo gesprochen werden muss hat seine Gruumlnde

Der Begriff Assoziation war noch Saussure so gelaumlufig dass er ihn in dem Sinn verwendete in dem heute Paradigma und paradigmatisch gebraucht werden (Saus-sure spricht nicht von paradigmatischen sondern von assoziativen Relationen) Henri Frei oder Charles Bally setzten in dieser Hinsicht nicht nur die Tradition des Meisters fort Bally kannte wie ua einschlaumlgige Stellen aus dem Traiteacute de stylistique franccedilaise von 1909 zeigen offensichtlich auch die Arbeit von Thumb und Marbe sowie den dort angesprochenen Bereich des Assoziierens insbesondere zum Gegenteil hin Seither hat jedoch in der Sprachwissenschaft ein grundlegender Paradigmawechsel stattgefunden Eine im Uumlbermaszlig psychologisierende Stroumlmung wurde wie uumlblich durch das Gegenteil abgeloumlst und seither scheinen die Sprachwissenschaftler den Begriff Assoziation als et-was eher Anruumlchiges zu meiden und allenfalls mit ganz spitzen Fingern anzufassen laquoCest pour eacuteviter le psychologisme adopteacute dans le Cours de F de Saussure que je substi-tue le terme rapport paradigmatique agrave celui de rapport associatifraquo schreibt Louis Hjelmslev der den terminologischen Wandel vollzogen hat in einer Fuszlignote des Vor-trags den er 1936 auf dem Linguisten-Kongress in Kopenhagen gehalten hat (1938140) Interessanterweise ist auch der Anti-Psychologismus wie Gauger zeigen konnte (1976 73-87) bei Saussure schon mit angelegt

Freilich motiviert sowohl die weitere Geschichte der Assoziationsforschung als auch die Auffassung der Sprechfehler diese spitzen Finger in betraumlchtlichem Maszlig beide Phaumlnomene wurden in den Bereich der Abnormalitaumlt und des Pathologischen geruumlckt Was das Versprechen angeht so ist die Ursache kein anderer als Sigmund Freud er griff aus den Sprechfehlern die Meringer und Mayer vorgefuumlhrt hatten vor allem die Gruppe des Versprechens zum Gegenteil hin heraus und interpretierte sie in dem bekannten Sinn Das Versprechen zum Gegenteil hin lege die geheimen Gedanken des Sprechers bloszlig Dies ist ganz ohne Zweifel eine Uumlberinterpretation die in manchen Faumlllen zutreffen

mag fuumlr den Durchschnittsfall jedoch keinerlei Allgemeinguumlltigkeit beanspruchen kann49 Wie nachhal- [p 36] tig die Interpretation Freuds ndashin diesem Fall leiderndash ge-wirkt hat zeigt die Verbindlichkeit jener Bezeichnung mit der man Sprechfehler heute erfasst bdquo(Freudsche) Fehlleistungen Ein in gleichem Maszlig bdquopathologischer Geruch begleitet spaumltestens seit 1910 die Versuche mit Wortassoziationen Carl Gustav Jung machte Versuche mit Assoziationen Kent und Rosanoff hatten die Absicht mit ihrer Liste von 100 Ausgangswoumlrtern und dem Durchschnitt der Assoziationen von 1000 Probanden eine Norm aufzustellen von der sich abnormale Assoziationen abheben soll-ten Die Untersuchung erschien nicht nur in der Zeitschrift American Journal of Insanity sie hieszlig auch noch A Study of Association in Insanity I Association in Normal Subjects Alle seitherigen einschlaumlgigen Assoziations-Listen werden von den Psychologen entspre-chend mit dem Etikett Norm versehen (laquoRussellJenkins-Normraquo laquoPalermoJenkins-Normraquo etc)

Die Haltung spaumlterer Sprachwissenschaftler ist also auch damit zu erklaumlren dass das Assoziieren und die Sprechfehler durch Pathologisierung ihrer ehemaligen (und angemesseneren) Unschuld verlustig gegangen waren Freilich gibt es seit einiger Zeit wieder ein neues und zunehmendes Interesse an Fragestellungen des Sich-Versprechens Assoziierens und der (wirklich zum Bereich des Pathologischen gehoumlrenden) Aphasie-Forschung50 Dass dabei in der Regel die eigentliche Tradition ausgespart wird ist weniger erfreulich Denn es geht nicht nur um eine sehr alte Tradition des Denkens es geht mit der Omnipraumlsenz bestimmter Relationen eigentlich um grundlegende Charakteristika des Sprechens und Denkens selbst

Freiburg Wolfgang Raible

[p 37] Literaturverzeichnis

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49 Vgl hier die analoge Einstufung der Freudschen Konzeption sprachlicher Fehlleistungen bei Kainz 1956 38 - Die Auseinandersetzung zwischen Freud und Meringer war zT sehr heftig Auf einer houmlheren Stufe der Eskalation zieh Meringer Freud beispielsweise der laquoStuumlmperraquo-Haftigkeit auf dem Gebiet des Beobach-tens laquoEr sieht und houmlrt naumlmlich nur das was sich eventuell zur Begruumlndung seiner phantastischen Theorien missbrauchen laumlsst Die unendlich vielen Faumllle die sich dagegen mit Haumlnden und Fuumlszligen straumlu-ben sieht er nicht (1912 55)50 Ich nenne drei Indizien fuumlr die Wiederbelebung der Tradition bzw das verstaumlrkte Interesse an den betreffenden Zusammenhaumlngen Erstens wird die Arbeit von Meringer und Mayer in einem 1973 von Victoria A Fromkin herausgegebenen Sammelband in den beiden Beitraumlgen der Herausgeberin wenigs-tens gelegentlich wenn auch zT falsch zitiert Die Arbeit von Thumb und Marbe wurde 1978 sogar neu ediert Zweitens gibt es insbesondere in den Vereinigten Staaten eine Reihe von Arbeiten zu linguistischen Aspekten der Assoziationsforschung (die wichtigste ist wohl die allerdings weitgehend psychologisch und psychometrisch orientierte von Deese 1965) die zB in den Versuch einer Synthese eingegangen sind den Herbert H Clark 1970 veroumlffentlicht hat (Die Arbeit von Clark ist freilich noch ein wenig zu stark dem Grammatikmodell der Transformationsgrammatik verhaftet) Noumlth (1975) hat den Ansatz von Clark zT weitergefuumlhrt sich zT jedoch auch in kasuistischen Uumlberlegungen gefangen Drittens ist das Wiedererwa-chen des linguistischen Interesses an der Aphasie-Forschung zu vermerken (es war zB schon bei Meringer und Mayer vorhanden) Fuumlr dieses ndashallerdings in Schuumlben auftretendendash Interesse ist nicht zuletzt auch Roman Jakobson verantwortlich

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  • Von der Allgegenwart des Gegensinns
  • (und einiger anderer Relationen)
  • Strategien zur Einordnung semantischer Information
  • Wolfgang Raible (Universitaumlt Freiburg)
  • Eugenio Coseriu zum 2771981
  • 21 Gesetzmaumlszligigkeiten des Assoziierens
  • 211 Argumentum quantitatis
  • 212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt
  • 22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens
  • 311 Syntagmatisches Assoziieren
  • 312 Paradigmatisches Assoziieren
  • 3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System
  • 3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System
  • 32 Sonderfaumllle
  • 41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems
  • 42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semantishyschen Orientierungssystems
  • ja
  • Fuumlr alle Woumlrter moumlgshylich
  • 44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte
  • Freiburg Wolfgang Raible
  • Abel C Uumlber den Gegensinn der Urworte Leipzig 1884
  • Bally C Preacutecis de stylistique Genegraveve 1905
  • Bally C Traiteacute de stylistique franccedilaise Genegraveve 1909
  • Coseriu E Einfuumlhrung in die strukturelle Betrachtung des Wortschatzes Tuumlbingen 1970
  • Coseriu E Probleme der strukturellen Semantik Tuumlbingen 1973
  • Coseriu E Zu Hegels Semantik in Kwartalnik neofilologiczny 24 (1977) 183-193
  • Deese J The Structure of Association in Language and Thought Baltimore 1965
  • Duumlring I Aristoteles Darstellung und Interpretation seines Denkens Heidelberg 1966
  • Esper EA Analogy and Association in Linguistics and Psychology Athens 1973
  • Frei H La grammaire des fautes Genegraveve 1929
  • Fromkin V A (Hg) Speech Errors As Linguistic Evidence The HagueParis 1973
  • Gauger H-M Wort und Sprache Sprachwissenschaftliche Grundfragen Tuumlbingen 1970
  • Gauger H-M Sprachbewusstsein und Sprachwissenschaft Muumlnchen 1976
  • Geckeler H (Hg) Strukturelle Bedeutungslehre Darmstadt 1978
  • Happ H Hyle Studien zum aristotelischen Materie-Begriff BerlinNew York 1971
  • Houmlrmann H Psychologie der Sprache BerlinHeidelbergNew York 1967
  • Luria AR Basic Problems of Neurolinguistics The HagueParis 1976
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Page 22: latina.phil2.uni-freiburg.delatina.phil2.uni-freiburg.de/.../Files/Gegensinn_neu.docx  · Web viewZeitschrift für romanische Philologie Bd. 97, Heft 1/2, S. 1-40. Die Seitenangabe

smoke araigneacutee und toile besteht eine kausale zwischen Hammer und Nagel eine finale Relation Das Gegenstuumlck zur Kontiguitaumlt die Distanz grenzt hier die Dreiecksmoduln gegeneinander ab Interessant ist dass in vielen Faumlllen nicht eigentlich der kontige Partner sondern die spezifische Relation etwa zwischen dem Gegenstand und einem allfaumllligen Benutzer assoziiert wird Um die finale Relation geht es zB in den Faumlllen Bettschlafen Schereschneiden ciseauxcouper scissorscut

32 Sonderfaumllle

Fuumlr beide Varianten des paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssystems gilt natuumlrlich Sobald auf der Achse BC mehr als zwei gleichrangige Mitglieder anzusiedeln sind sobald also in Trubetzkoys oder Coserius Terminologie eine laquoaumlquipollenteraquo und nicht eine laquoprivativeraquo Opposition vorliegt37 verliert die Assoziation von einem dieser Mitglieder zum anderen an Schaumlrfe die buumlndelnde Kraft des einzigen Antonyms oder des in spezifischer Weise kontigen Partners fehlt Musterbeispiel ist das Dreiecks-Modul fuumlr die Farbwerte im Gegensatz zu dem fuumlr die Grauwerte

Wegen der Auswahl aus einer groszligen Zahl gleichberechtigter Moumlglichkeiten sind die Reaktionen auf Farben dementsprechend wenig gebuumlndelt38 ndash auf gelb nennen an ers-ter Stelle 14 der amerikanischen Pro- [p 26] banden blau 12 der deutschen rot 11 der franzoumlsischen gruumln Bei den Ausgangswoumlrtern blau und gruumln ist die Assozia-tion im paradigmatischen Bereich sogar schwaumlcher als im syntagmatischen ndash hier nen-nen die Probanden in allen drei Sprachen an erster Stelle den Himmel (blau) und den Bereich GrasWieseLandschaft (gruumln) und dies mit einer Frequenz die vertreten durch Werte zwischen 20 und 30 deutlich uumlber den Frequenzen liegt die in den ande-

37 Coseriu 19641978 120f 1976 34 Eine graduelle Opposition entspricht wie oben in Anm 5 erwaumlhnt einer Unterart des aristotelischen Entgegengesetzten mit gegebenem tertium38 Nach der oben erwaumlhnten aristotelischen Farbkonzeption oder dem analogen Vorschlag bei Weinrich 1967 2213 oder Coseriu 1976 43f waumlren die beiden Dreiecks-Moduln zu einem einzigen zu kombinieren - die extremen Farbwerte waumlren also schwarz und weiszlig Dem widerspricht einerseits nicht das Assoziationsverhalten der Probanden im englischen franzoumlsischen und deutschen Sprachbereich wo auf rot blau gelb gruumln sowie auf Farbe jeweils auch und zT mit betraumlchtlichen Nennungszahlen schwarz undoder weiszlig genannt werden (Bei gebildeten franzoumlsischen Sprechern liegt in einem dieser Faumllle freilich eine syntagmatische Assoziation vor gerade wegen ihrer Bildung assoziieren 18 an erster Stelle auf rouge das Wort noir) Andererseits entspricht das Assoziieren von schwarz undoder weiszlig auf Farbadjektive den Erkenntnissen die der geniale Edwin H Land (1977) uumlber die Physiologie des Farbsehens gewonnen hat

ren Faumlllen fuumlr Farbwerte eintreten ndash Auch zwischen Zahlen scheinen auf den ersten Blick dieselben aumlquipollenten Beziehungen zu bestehen wie etwa zwischen Farbadjekti-ven Bei naumlherem Zusehen zeigt sich jedoch dass als spezifische Relation zwischen Zah-len die Relation bdquogroumlszliger als gesehen wird (Ganz abstrakt lautet die Regel fuumlr das Zaumlhlen ja Ersetze die letzte Zahl n durch n+1) Entsprechend sind die Assoziationen auf Zahlwoumlrter immer gerichtet zB im Sinn des n + 1 auf zwei wird drei auf drei wird vier assoziiert auf jeden Fall immer eine houmlhere Zahl39

Ein weiterer Sonderfall sind Erfahrungsbereiche die nicht zu denjenigen einer Vielzahl von Sprechern gehoumlren Zum Loumlwen wird gemeinhin als kontiger Partner im Erfahrungsbereich exotische wilde Tiere der Tiger assoziiert Beim Adler fehlt fuumlr den normalen Sterblichen der Partner In solchen Faumlllen kann die Assoziation dann zur Spitze A eines potentiellen Moduls verlaufen (man koumlnnte auch sagen Auf dem Weg von B zu einem potentiellen C endet die Assoziation in Ermangelung eines C bei A das sonst die Zwischenstation gewesen waumlre) Die Konsequenz Die haumlufigste Assoziation auf Ad-ler ist Vogel (21) oiseau (16) und bird (55) Solche Assoziationen zum Klassennamen dh zur Spitze A des Moduls hin sind relativ selten Mit groumlszligerer Haumlufig-keit treten sie sozusagen als Vorstufe zu Similaritaumlt-Kontrast-Assoziationen bei sprach-lich weniger sozialisierten Probanden auf40 [p 27]

4 Schlussuumlberlegungen

laquoDie Aufstellung von Oppositionen ist im Wortschatz wesentlich komplizierter als im phonologischen System einer Sprache da die beteiligten Merkmale wesentlich zahlrei-cher sind als in der Phonologie Prinzipiell handelt es sich jedoch um die gleichen Oppositionstypenraquo (Coseriu 1973 65)

Ich habe eingangs gezeigt dass Zweierschemata haumlufig als Denkmodell verwendet wer-den dass die Sprache im Bereich der Bezeichnungen des Entgegengesetzten uumlber eine ganze Skala solcher Zweierschemata verfuumlgt weiterhin dass Wahrnehmen und Erfassen von etwas stets zugleich bedeutet uumlber die Information hinausgehen die gegeben wird und dass auch bei diesem laquouumlber die Information hinausgehenraquo wieder Zweierschemata wie die von Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz entscheidend sind Ich habe dann Ergebnisse der sprachlichen Assoziationsforschung einer ersten Analyse unterzogen und diese Analyse in einem weiteren Schritt dadurch vertieft dass ich sprachliche Assoziationen als den Reflex von Strategien aufgefasst habe die dazu dienen semantische Information zu erfassen und einzuordnen Zum Abschluss will ich in vier Schlussuumlberlegungen skizzieren worin der moumlgliche Ertrag einer staumlrkeren Einbeziehung der Assoziationsforschung und verwandter Gebiete liegen kann in einem (1) Einblick in das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems und seine (2) Transformation in Onto- und Pathogenese sowie in der Diachronie in einem (3) neuen Licht das auf Probleme der Wortfeldforschung geworfen wird und schlieszliglich auch in einer (4) angemesseneren Haltung gegenuumlber der Wissenschaftsgeschichte

39 Schuchardts oben zitierte Vermutung auf drei koumlnne (aus Gruumlnden der Lautaumlhnlichkeit) auch zwei assoziiert werden ist auch deshalb abwegig weil Ruumlckwaumlrtszaumlhlen eine sehr schwierige Aufgabe ist sie wird zB haumlufig verwendet um das Ausmaszlig von Aphasien zu bestimmen Dasselbe gilt fuumlr Tages- und Monatsnamen wo die spezifische gerichtete Relation bdquospaumlter als oder bdquonach lautet40 Vgl Rosenzweig 1970 102 105 zum relativ groszligen Anteil der Assoziationen zum Oberbegriff hin bei amerikanischen und franzoumlsischen Arbeitern Jenkins 1970 7 erwaumlhnt das Zuruumlckgehen der Oberbegriffs- und der Synonym-Assoziationen in der Geschichte amerikanischer Assoziationstests - Angesichts des vorliegenden Materials ist mir unklar worauf Clark (1970 279) die Ansicht stuumltzt laquoFast-Synonymeraquo wie house - home odour - smell seem - appear thing - object sowie Ober- und Unterbegriffe kaumlmen bei den Wortassoziationen oft vor

41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems

In unserem paradigmatischen Orientierungssystem scheint es zwei Bereiche zu geben die flieszligend ineinander uumlbergehen und miteinander kombiniert sein koumlnnen ei-nen Bereich mit Similaritaumlt-Kontrast- und einen Bereich mit Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-(Distanz-)Struktur Im einen Bereich wird Information aumlhnlich wie im Fall des bdquoGesetzes der Gleichfoumlrmigkeit (und des Kontrastes) vor dem Hintergrund der Similaritaumlt domi-nant eingeordnet im Hinblick auf das Entgegengesetzte im anderen im Hinblick auf den Nachbarn im selben Erfahrungsbereich ndash was dem gestaltpsychologischen bdquoGesetz der Naumlhe entsprechen wuumlrde

[p 28] Das erste System strukturiert durch seine Reduktion auf in der Regel zwei Alternativen (mit falls ein tertium zugelassen ist Zwischenmoumlglichkeiten) unsere Erfah-rung in auszligerordentlich starkem Maszlig Hier bestehen zugleich die groumlszligten auszligereinzel-sprachlichen Uumlbereinstimmungen ndash und zwar deswegen weil bestimmte Strukturie-rungs-Dimensionen ethologisch gesehen nichts anderes darstellen als Verbalisierungen jener Interpretation der Natur der Umwelt und ihrer Gesetzlichkeiten die unser Organismus im Lauf seiner entwicklungsgeschichtlichen Adaptation vorgenommen hat Orientierung im Raum in der Zeit Orientierung durch Houmlren Sehen Riechen Schme-cken Fuumlhlen und Tasten Eine Reihe solcher Strukturierungs-Dimensionen (die generell Coserius und Pottiers Klassemen Greimas Kontextsemen oder Luumldis Kongruenzsemen gleichen)41 sind sogar grammatikalisiert also zu grammatischen Ordnungsdimensionen geworden (wobei die Einzelsprachen das Angebot natuumlrlich in jeweils verschiedener Weise wahrnehmen) Es geht ua pythagoreisch ausgedruumlckt um die Unterscheidung zwischen dem Einen und dem Vielen um die zwischen maumlnnlich und weiblich (die im grammatischen Bereich freilich neutralisiert werden kann) zwischen tot und lebendig (wofuumlr die Grammatiker unbelebtbelebt vorziehen) zwischen menschlich und nicht-menschlich geben (bdquoAllativ bdquoDativ) und nehmen (bdquoAblativ) zwischen ich und du ja und nein (vierte Art des Entgegengesetzten im aristotelischen Sinn) hier und dort jetzt und nicht-jetzt42

Besonders augenfaumlllig sind solche Klasseme und ihre Reduktionsleistung in den sogenannten Klassifikator-Sprachen ndash dort hat jedes Nomen ein Element bei sich das das Bezeichnete einer bestimmten Klasse von Denotaten zuweist etwa zur Klasse Tier oder Mensch zur Klasse der horizontalen oder vertikalen Objekte ndash wobei was nicht unerwartet ist als generellstes und haumlufigstes Klassifikationskriterium die Opposition zwischen belebt und unbelebt verwendet wird (vgl Serzisko 1980)

Unser so vorstrukturiertes Wahrnehmen und Denken erkennt umgekehrt in der Umwelt wieder Prinzipien wie die eingangs genannten Gegensatzpaare des fruumlhgriechi-schen Denkens ndash wobei inzwischen klar sein duumlrfte dass es sich um alles andere als um bdquoarchaisches oder bdquoprimitives Denken handelt Bemerkenswert an den Wort-Assozia-tionen ist ja ua dass man sie nicht dadurch erhaumllt dass man im Sinn des dritten noogenetischen Prinzips von Spearman den Ausgangspunkt und die gewuumlnschte Rela-tion vorgibt um zu einem Ergebnis zu kommen es genuumlgt die Angabe des Ausgangspunkts Wahrnehmen Erkennen Verstehen bedeuten naumlmlich stets Einordnen Relationen herstellen ndash gleichguumlltig ob es um [p 29] die optische Wahrnehmung geht an der einige (vermutlich verwandte) Gestaltgesetze erlaumlutert wurden oder aber um das Einordnen sprachlicher Information So ist es ganz selbstverstaumlndlich dass die gege-

41 Vgl Coseriu 1972 52 LorenzWotjak 1977 235 mit Anm 10342 Vgl zur binaumlren Opposition als einer Extremform des grammatischen Paradigmas auch Weinrich 1967 1975

bene Information erst im Hinausgehen uumlber das Gegebene erfasst wird - ein Hinausge-hen das die Psychologen bekanntlich auch Denken nennen Im sprachlichen Erfassen ist so auch das Denken oder laquouumlber das Gegebene Hinausgehenraquo angelegt Das Denk-schema von These Antithese und Synthese spiegelt zB das Dreiecks-Modul des Similaritaumlt-Kontrast-Systems wider Mann und Frau sind in Mensch aufgehoben43

Waumlhrend im Bereich des Similaritaumlt-Kontrast-Systems nicht nur im Prinzip son-dern zT auch materiell gewisse auszligereinzelsprachliche Uumlbereinstimmungen vorhanden sind gibt es im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System natuumlrlich entsprechend dem Erfahrungs- und Lebensbereich kulturelle und soziale Unterschiede Entscheidend ist jedoch auch hier dass Einordnen nicht nur bedeutet in Relation Setzen zu diese Relationen sind ebenso wie die Kontrast-Relation im anderen System wiederum ganz spezifische ihrer-seits in aller Regel uumlberindividuelle Denk-Relationen TeilGanzes Kausalitaumlt Finalitaumlt Zeitrelation Invariant oder auszligereinzelsprachlich sind also die Relationen nicht notwendigerweise dagegen die Terme die durch solche Relationen verbunden sind

42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semanti-schen Orientierungssystems

Nach den vorgefuumlhrten Analysen gibt es drei Strategien zur Wahrnehmung und Einordnung semantischer Information eine dominant syntagmatische und die beiden eben erwaumlhnten paradigmatischen Dabei entspricht die syntagmatische Strategie dem was Hansjakob Seiler im Bereich der bdquosprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden mit Piaget zunaumlchst als Einordnen dann als Individualisierung bezeichnet hat insbeson-dere das paradigmatische Similaritaumlt-Kontrast-System entspricht dagegen dem Seiler-schen Klassifizieren bzw Generalisieren als der anderen polaren Instanz im Bereich der sprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden (Seiler 1981) Die Charakteristika aller drei Orientierungs- und [p 30] Einordnungssysteme sind in der folgenden Uumlbersicht nochmals zusammengestellt

I II IIISyntagmatisches Konti-guitaumlts-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontrast-System

Dominante Strategie Einordnen in ein groumlszlige-res Syntagma (dh in ein komplexeres Zei-chen)

Zuordnung eines Part-ners aus demselben Er-fahrungsbereich (uumlber spezifische Relationen)

Zuordnung eines Anto-nyms (uumlber die Gegen-satz-Relation)

Wortklasse in aller Regel verschie-den

in der Regel gleich gleich

Kontiguitaumlt vs Distanz ja ja

43 Es ist gewiss nicht erstaunlich dass wie Coseriu (1977a) gezeigt hat gerade Hegel in seiner Humboldt-Rezension als Vergleichsgrundlage fuumlr alle Sprachen die Unterscheidung von Gattungen und Arten bzw von laquoAllgemeinheiten und Bestimmtheitenraquo ansieht ndash mit anderen Worten also das DreiecksModul in sei-ner Similaritaumlt-Kontrast-Auspraumlgung ndash Die Bolle des Kontrasts (als drittes Moment neben Similaritaumlt und Kontiguitaumlt) hat aus der phaumlnomenologischen Tradition heraus sehr schoumln und einleuchtend Elmar Holen-stein dargestellt und gerade auch fuumlr die sprachliche Seite als grundlegend bezeichnet laquoDamit uumlberhaupt eine Auswahl (gemeint ist auf der paradigmatischen Achse der Selektion) getroffen werden kann muss sich etwas von etwas abhebenraquo (1976 86) Bruners going beyond the information given kann also zT auch im phaumlnomenologischen Sinn interpretiert werden

Similaritaumlt vs Kontrast ja ja

Fuumlr alle Woumlrter moumlg-lich

ja groszliger Bereich kleiner Bereich (bdquosemantische Struktur-woumlrterldquo)

Die spezifischen Relationen im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System entsprechen dabei in etwa Piagets laquoinfralogischenraquo Relationen oder Spearmans (1923 67-71) laquorealraquo relati-ons die Relationen des Similaritaumlt-Kontrast-Systems entsprechen dagegen Piagets laquologi-schenraquo und in etwa wohl Spearmans (71-74) laquoidealraquo relations Fuumlr die veschiedentlich erwaumlhnte nicht scharfe Trennung der Bereiche II und III duumlrften ua die Teil-Ganzes-Relationen verantwortlich sein die sowohl im laquologischenraquo (Inklusion) als auch im laquoinfralogischenraquo Bereich vorkommen Waumlhrend die Relationen des Similaritaumlt-Kontigui-taumlt-Systems dominant gerichtete Relationen sind ist die Gegensatz-Relation des Similaritaumlt-Kontrast-Systems grundsaumltzlich zweiseitig Abweichungen ergeben sich insbesondere durch Polysemie (vgl o S 12)

Ontogenetisch gesehen werden nun die paradigmatischen Systeme II und III uumlber das syntagmatische System I aufgebaut Dabei nimmt das System II wie aus seinen Merkmalen ersichtlich ist eine Mittelstellung zwischen den Systemen I und III ein - im Sinn der Konzeption Seilers stellt es also gewissermaszligen den bdquoWendepunkt zwischen den beiden Polen der Dimension sprachliche Erfassung von Gegenstaumlnden dar Auch der flieszligende Uumlbergang zwischen den drei Systemen erhellt aus dem Schema die Grenz-faumllle liegen interessanterweise nicht zwischen I und III sondern zwischen den Systemen III (zB Coserius laquolexikalische Solidaritaumltenraquo) und zwischen den Systemen IIIII Es ist somit plausibel dass [p 31] in der Ontogenese die Systeme in der Reihenfolge I-II-III aufgebaut werden Das System III nimmt dabei insofern eine Sonderstellung ein als es wie die letzte Zeile des Schemas nochmals ausweist direkt nur auf einen kleinen aber wichtigen Ausschnitt des Wortschatzes anwendbar ist

Was den Abbau der Sprache bei pathologischer (oder altersbedingter) Beeintraumlchtigung des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems betrifft so ist den vorliegenden Beobachtungen nach die Reihenfolge wohl umgekehrt Das System III wird vor dem System II beeintraumlchtigt Dies entspraumlche der Erkenntnis Jakobsons dass man zuerst verliert was man zuletzt erworben hat44 Was schlieszliglich diachronische Transformationen speziell den Bedeutungswandel betrifft so ist die Affinitaumlt zu Uumlberlegungen sehr wichtig die in Teilbereichen schon Wilhelm Wundt (o S 7) und dann vor allem Stephen Ullman angestellt hat Ullman resuumlmiert ja die Arbeit seines Lands-manns Zoltan Gombocz (Jelentestan Pecs [Fuumlnfkirchen] 1926) und den ihm zu Grunde liegenden Aufsatz von Leacuteonce Roudet (1921) mit folgenden Worten

laquoAn associative network of names clusters around each name some of these associations are rooted in similarity others in contiguityraquo (1967 79)

Dem entspricht dann seine Klassifizierung des Bedeutungswandels (1967 220ff) Uumlbertragung von signantia aufgrund von Similaritaumlt bzw Kontiguitaumlt zwischen den sig-nata bzw umgekehrt Uumlbertragung von signata aufgrund der SimilaritaumltKontiguitaumlt zwi-schen den signantia Zu praumlzisieren waumlre dass es sich nicht um Similaritaumlt oder Kontiguitaumlt handelt sondern um Transfer im Rahmen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- oder 44 Die Arbeit von Stachowiak uumlber die Semantische Struktur des subjektiven Lexikons (1979) bestaumltigt diese Hypothese was dort vorgefuumlhrt wird laumlsst sich mE alles in dem Sinn interpretieren dass bei aphasischem Abbau der Sprache vor allem das System III beeintraumlchtigt wird Nach dem was oben (S 18f) uumlber die Komplexitaumlt von Benennungs- und Assoziations-Aufgaben gesagt wurde unterstreicht dies im Grund auch die These Jakobsons dass es sich im wesentlichen um eine Stoumlrung handelt bei der die metasprachliche Punktion der Sprache beeintraumlchtigt ist

des Similaritaumlt-Kontrast-Systems die Rolle des Kontrasts ist wie schon Wundt sah in der Tat nicht unwichtig45 [p 32]43 Wortfeld-Probleme

Die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen werfen auch ein Licht auf manche Probleme der Wortfeldforschung Zunaumlchst erklaumlren sowohl die Wortassoziationen als auch die Sprechfehler das eher selten reflektierte Phaumlnomen dass die bisher vorgestellten Wortfelder alle aus Elementen derselben Wortart bestehen46 Weiterhin muumlsste man ge-maumlszlig den beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssystemen wohl auch zwischen zwei Grundarten von Wortfeldern unterscheiden zwischen solchen des Similaritaumlt-Kontrast-Typs und solchen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- [p 33] Systems (etwa Wortfeld desWohnens der Werkzeuge der Landschaft)47 In der Form wie sie durch die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen nahegelegt werden vermitteln dabei die Wortfel-

45 Was die Unterscheidung der beiden paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssysteme angeht so fuumlhle ich mich nicht nur in der guten Gesellschaft Ullmans sondern auch in der einer Reihe von Psychologen Sprachpsychologen und Aphasieforschern Jean Piaget und Baumlrbel Inhelder unterscheiden bei der Ordnungsleistung von Kindern zwischen dem Ordnen nach dem Prinzip der Aumlhnlichkeit und nach demjenigen der Konvenienz und etwa analog dazu zwischen den schon erwaumlhnten laquologischenraquo Relatio -nen (Klassifizierung) und den laquoinfralogischenraquo (PiagetInhelder 19731 38ff) Elisabeth Wiig und Diana Globus haben 1971 in einem kontrollierten Assoziationsversuch mit 7 Aphasikern und 7 gesunden Kon -trollpersonen explizit mit Piagets logischen und infralogischen Relationen gearbeitet Das Ergebnis kann nicht nur dahingehend interpretiert werden dass es entsprechend zu diesen Relationen zwei verschie -dene Orientierungs- und Einordnungssysteme gibt sondern auch dahingehend dass das klassifikatorische System (Similaritaumlt-Kontrast-System) sowohl bei Gesunden als auch bei Aphasikern im Verfahren der kontrollierten Assoziation (gegeben ist ein Ausgangsbegriff und die Relation gesucht wird ein Zielwort) nur dann gute Ergebnisse erbringt wenn die Merkmalunterschiede gering sind - und am geringsten sind sie natuumlrlich bei binaumlren Oppositionen also etwa bei Antonymie Sobald die Merkmalsunterschiede groumlszliger werden etwa beim Ausgangsbegriff Kind und dem gesuchten Begriff Eltern sind die Suchergebnisse bei Aphasikern und Gesunden gleichermaszligen schlecht Dagegen funktioniert das infralogische System sowohl bei hoher als auch bei geringer Kontiguitaumlt der Begriffe bei den unter-suchten Aphasikern und den gesunden Kontrollpersonen recht gut (laquoWas ist der Zweck von Heizung - Ergebnis Waumlrme oaraquo) ndash Was die beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssysteme an-langt stehe ich auch weitgehend in Einklang mit James Deese Deese zieht nach einer essentiell faktoranalytischen Untersuchung von Assoziationsverhalten ua folgende Konsequenz (1965 164) laquoThe data on associative distribution suggest that the two fundamental operations we have for sorting out meaningful ndashthat is logical and syntactical relations among wordsndash are contrast and groupingraquo Deese sieht freilich ua nicht die Einordnung in ein Syntagma als dritte Strategie und anhand einer sprachpsychologischen Darstellung des Assoziationsverhaltens wie sie etwa von Houmlrmann (1967 115-156) gegeben wird vermisst man generell den Ansatz Assoziationen als Reflex von Strategien zum Erfas-sen von Bedeutung anzusehen so erscheinen dann viele Beobachtungen die anhand des obigen Schemas sinnvoll integriert werden koumlnnen eher als membra disiecta ndash Ich nenne schlieszliglich noch die Arbeit von Huber et al 1975 und die schon erwaumlhnte Dissertation von Stachowiak (1979) In der Arbeit von 1975 wird ndashbei einer Beschreibung jenes Aphasie-Typs der nach Carl Wernicke benannt istndash unterschieden zwischen zwei Orientierungsprinzipien im Lexikon einem laquosemantisch-klassifikatorischenraquo und einem laquosituativ-referentiellenraquo (1975 88 vgl Stachowiak 1979 58f) Ich bin freilich nicht einverstanden mit der These Stachowiaks es handle sich dabei einerseits um einen laquoinnersprachlichenraquo andererseits um ei-nen laquoenzyklopaumldischenraquo Bereich Wesentlich ist was nochmals betont sein soll fuumlr beide Bereiche als invariantes Prinzip dasjenige der Relation dabei sind die Relationen im einen Fall gewiss klassifikatorisch im anderen laquoinfralogischraquo beide Arten von Relationen sind jedoch gleichermaszligen uumlberindividuell und sie werden gleichermaszligen erlernt46 Geckeler sieht (1971 218) die Wortart-Gleichheit als die gewissermaszligen selbstverstaumlndliche Folge ei -ner paradigmatischen Perspektive an (was einer engen Konzeption von Paradigma entspricht) vgl u S 3547 Wenn ich recht sehe korrespondieren die beiden Grundarten mit einer Unterscheidung die Coseriu (1976 47f) innerhalb eines seiner fuumlnf Kriterien zur Klassifizierung von Wortfeldern macht naumlmlich der Unterscheidung zwischen laquorelationellenraquo und laquosubstantivenraquo Oppositionen bzw Feldern Im Rahmen der hier vorgetragenen Konzeption wird diese Unterscheidung zu einer zentralen Groumlszlige

der des Similaritaumlt-Kontrast-Typs gewissermaszligen zwischen zwei extremen Konzeptio-nen von Wortfeld zwischen der von Andre Jolles und der von Jost Trier Jolles (der des-halb von Trier und anderen gescholten wurde) wollte nur Minimalformen mit jeweils zwei (antonymen) Gliedern als laquoBedeutungsfelderraquo gelten lassen Felder die in dieser Form natuumlrlich fest umgrenzt waumlren (Jolles 1934) Fuumlr Trier galt dagegen das Prinzip der Wert jedes Worts ergebe sich aus dem Feldwert also aus der Position in einem semantischen Feld Das Wort bedeute laquonur in diesem Ganzen und kraft dieses Ganzenraquo Die vermittelnde Position ist die in einem zentralen Antonymenpaar den festen Kern zu sehen um den sich ein ganzes Feld verwandter Termini schart wobei im Normalfall die Grenze des Feldes verschwimmt Das Feld waumlre also nur von seinem zentralen Kern aus als solches zu greifen Geckelers Doppel-Wortfeld zwischen altrsquo und seinen beiden Antonymen jung und neursquo scheint mir de facto im Sinn einer solchen Konzeption interpretierbar zu sein

Die Wortfelder des Similaritaumlt-Kontrast-Typs lassen sich nun wie schon er-waumlhnt in einleuchtender Weise mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Spaumltestens bei dem Versuch Wortfelder des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs merkmalsemantisch zu rekonstruieren treten jedoch betraumlchtliche Schwierigkeiten auf Ein Verfahren auch solche Bereiche bdquodurchsichtig zu machen besteht nun darin dass man an die Spitze eines Feldes neben den eventuell vorhandenen Oberbegriff noch eine der spezifischen Auspraumlgungen der Kontiguitaumlts-Relation stellt (wodurch dann das was die Basiskante BC des Moduls von S 21 ausmacht als Seitenkante bzw Suchbegriff verwendet wird) Pottiers Wortfeld der Sitzmoumlbel im Franzoumlsischen hat als konstituierende Merkmale ne-ben dem Oberbegriff Artefakt eine solche spezifische Auspraumlgung naumlmlich das finale zum Sitzen Die Similaritaumlt die durch diese beiden Merkmale geschaffen wird stellt einerseits das Auswahlkriterium dar nach dem das Feld begrenzt andererseits den Hintergrund an Similaritaumlt vor dem es analysiert werden kann Ein Bereich wie Werk-zeug laumlsst sich um ein weiteres Beispiel zu geben nur schwer merkmalsemantisch beschreiben weil man Begriffe wie Stechbeitel Loumltkolben Nietzange und Maumlhdre-scher zu beruumlcksichtigen haumltte Fuumlgt man jedoch zu Werkzeug die finale Relation zum Bearbeiten von (beispielsweise von Holz) so entsteht ein uumlberschaubares und strukturierbares Feld [p 34]

Dabei zeigt sich nicht nur dass solche Wortfelder in gewissem Maszlig beliebig (re)konstruierbar sind - man kann etwa Katze mit gleichem Recht einmal zu den Haus-tieren ein andermal zu den fleischfressenden Saumlugetieren rechnen Es zeigt sich gleichzeitig dass eine solche Rekonstruktion genau nach dem dritten noogenetischen Prinzip von Spearman verlaumluft Zu einem Ausgangsbegriff (Werkzeug) und einer Rela-tion (zum Bearbeiten von Holz) werden Entsprechungen gesucht und gebildet Unter dem Blickwinkel dieses noogenetischen Prinzips sind Wortfelder nun nicht nur beschreibbar als Ergebnisse eines Verfahrens der kontrollierten Assoziation die beiden angedeuteten Grundtypen von Wortfeldern beruhen dann sogar beide auf demselben Grundprinzip Gegeben ist der Ausgangsbegriff und eine Relation ndash eine Relation die im Fall des Similaritaumlt-Kontrast-Typs die Gegensatzrelation ist im Fall des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs eine finale kausale temporale lokale TeilGanzes-Relation etc Dass solche Konstruktionen oder Rekonstruktionen48 also die Wortfelder der Linguisten keinesfalls - um mit Gauger (zB 1976) zu sprechen - laquobewusstseinsfremdraquo sind zeigt gerade das Verfahren der freien Assoziation dessen Interpretation Ausgangspunkt die-ser Uumlberlegungen war

Dies hat auch Auswirkungen auf das von Saussure aufgeworfene Negativitaumltsproblem Gewiss bedeutet Vater nicht nur Nicht-Mutter sondern auch

48 Von der Konstruktion von Wortfeldern spricht auch Coseriu (zB 1970 113)

Nicht-Sohn Nicht-Barock Nicht-Jahrhundert Bei einer solchen Betrachtung wird je-doch eine bestimmte Art des Gegensatzes die parmenideische Relation des bdquoIst nicht verabsolutiert Sie spielt gewiss eine wichtige Rolle in der Sprache sowohl in der Semantik als auch im Bereich der geschlossenen grammatischen Paradigmen Man sollte jedoch (trotz des Umstands dass die Kontrast-Relation und mit ihr die Relation des oppositiven bdquoIst nicht gerne als laquologischraquo die Relationen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Systems dagegen als laquoinfralogischraquo bezeichnet werden) nicht vergessen dass beide Ar-ten von Relationen unabdingbare Konstanten unseres Wahrnehmens Erfassens und Denkens darstellen und dass eine Semantik die nicht bewusstseinsfremd sein will dementsprechend nicht nur die im Motto auf S 27 angegebenen Oppositionen sondern die ganze Skala moumlglicher Relationen mit in ihr Beschreibungsinstrumentarium aufneh-men muss

44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte

Eugenio Coseriu hat 1977 in seiner Antrittsrede an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften als eines der vier Prinzipien seines Schaffens das Stichwort Tradition und Neuerung genannt Es heiszligt dort laquodass die Geschichte unserer Wissenschaften wie uumlberhaupt die Kultur- [p 35] geschichte Fortsetzung von Traditionen und Erneuerung innerhalb von Traditionen istraquo Man sage eigentlich Neues nur wenn man an Traditionen anknuumlpfe und Traditionen fortsetze (1977 109 vgl 1979 5) Ich habe im vorliegenden Beitrag versucht in mehrfacher Weise an solche Traditionen anzuknuumlpfen ua an diejenige der Assoziationsforschung der Jahrhundertwende Dass hier uumlberhaupt von einem (Wieder-)laquoAnknuumlpfenraquo gesprochen werden muss hat seine Gruumlnde

Der Begriff Assoziation war noch Saussure so gelaumlufig dass er ihn in dem Sinn verwendete in dem heute Paradigma und paradigmatisch gebraucht werden (Saus-sure spricht nicht von paradigmatischen sondern von assoziativen Relationen) Henri Frei oder Charles Bally setzten in dieser Hinsicht nicht nur die Tradition des Meisters fort Bally kannte wie ua einschlaumlgige Stellen aus dem Traiteacute de stylistique franccedilaise von 1909 zeigen offensichtlich auch die Arbeit von Thumb und Marbe sowie den dort angesprochenen Bereich des Assoziierens insbesondere zum Gegenteil hin Seither hat jedoch in der Sprachwissenschaft ein grundlegender Paradigmawechsel stattgefunden Eine im Uumlbermaszlig psychologisierende Stroumlmung wurde wie uumlblich durch das Gegenteil abgeloumlst und seither scheinen die Sprachwissenschaftler den Begriff Assoziation als et-was eher Anruumlchiges zu meiden und allenfalls mit ganz spitzen Fingern anzufassen laquoCest pour eacuteviter le psychologisme adopteacute dans le Cours de F de Saussure que je substi-tue le terme rapport paradigmatique agrave celui de rapport associatifraquo schreibt Louis Hjelmslev der den terminologischen Wandel vollzogen hat in einer Fuszlignote des Vor-trags den er 1936 auf dem Linguisten-Kongress in Kopenhagen gehalten hat (1938140) Interessanterweise ist auch der Anti-Psychologismus wie Gauger zeigen konnte (1976 73-87) bei Saussure schon mit angelegt

Freilich motiviert sowohl die weitere Geschichte der Assoziationsforschung als auch die Auffassung der Sprechfehler diese spitzen Finger in betraumlchtlichem Maszlig beide Phaumlnomene wurden in den Bereich der Abnormalitaumlt und des Pathologischen geruumlckt Was das Versprechen angeht so ist die Ursache kein anderer als Sigmund Freud er griff aus den Sprechfehlern die Meringer und Mayer vorgefuumlhrt hatten vor allem die Gruppe des Versprechens zum Gegenteil hin heraus und interpretierte sie in dem bekannten Sinn Das Versprechen zum Gegenteil hin lege die geheimen Gedanken des Sprechers bloszlig Dies ist ganz ohne Zweifel eine Uumlberinterpretation die in manchen Faumlllen zutreffen

mag fuumlr den Durchschnittsfall jedoch keinerlei Allgemeinguumlltigkeit beanspruchen kann49 Wie nachhal- [p 36] tig die Interpretation Freuds ndashin diesem Fall leiderndash ge-wirkt hat zeigt die Verbindlichkeit jener Bezeichnung mit der man Sprechfehler heute erfasst bdquo(Freudsche) Fehlleistungen Ein in gleichem Maszlig bdquopathologischer Geruch begleitet spaumltestens seit 1910 die Versuche mit Wortassoziationen Carl Gustav Jung machte Versuche mit Assoziationen Kent und Rosanoff hatten die Absicht mit ihrer Liste von 100 Ausgangswoumlrtern und dem Durchschnitt der Assoziationen von 1000 Probanden eine Norm aufzustellen von der sich abnormale Assoziationen abheben soll-ten Die Untersuchung erschien nicht nur in der Zeitschrift American Journal of Insanity sie hieszlig auch noch A Study of Association in Insanity I Association in Normal Subjects Alle seitherigen einschlaumlgigen Assoziations-Listen werden von den Psychologen entspre-chend mit dem Etikett Norm versehen (laquoRussellJenkins-Normraquo laquoPalermoJenkins-Normraquo etc)

Die Haltung spaumlterer Sprachwissenschaftler ist also auch damit zu erklaumlren dass das Assoziieren und die Sprechfehler durch Pathologisierung ihrer ehemaligen (und angemesseneren) Unschuld verlustig gegangen waren Freilich gibt es seit einiger Zeit wieder ein neues und zunehmendes Interesse an Fragestellungen des Sich-Versprechens Assoziierens und der (wirklich zum Bereich des Pathologischen gehoumlrenden) Aphasie-Forschung50 Dass dabei in der Regel die eigentliche Tradition ausgespart wird ist weniger erfreulich Denn es geht nicht nur um eine sehr alte Tradition des Denkens es geht mit der Omnipraumlsenz bestimmter Relationen eigentlich um grundlegende Charakteristika des Sprechens und Denkens selbst

Freiburg Wolfgang Raible

[p 37] Literaturverzeichnis

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49 Vgl hier die analoge Einstufung der Freudschen Konzeption sprachlicher Fehlleistungen bei Kainz 1956 38 - Die Auseinandersetzung zwischen Freud und Meringer war zT sehr heftig Auf einer houmlheren Stufe der Eskalation zieh Meringer Freud beispielsweise der laquoStuumlmperraquo-Haftigkeit auf dem Gebiet des Beobach-tens laquoEr sieht und houmlrt naumlmlich nur das was sich eventuell zur Begruumlndung seiner phantastischen Theorien missbrauchen laumlsst Die unendlich vielen Faumllle die sich dagegen mit Haumlnden und Fuumlszligen straumlu-ben sieht er nicht (1912 55)50 Ich nenne drei Indizien fuumlr die Wiederbelebung der Tradition bzw das verstaumlrkte Interesse an den betreffenden Zusammenhaumlngen Erstens wird die Arbeit von Meringer und Mayer in einem 1973 von Victoria A Fromkin herausgegebenen Sammelband in den beiden Beitraumlgen der Herausgeberin wenigs-tens gelegentlich wenn auch zT falsch zitiert Die Arbeit von Thumb und Marbe wurde 1978 sogar neu ediert Zweitens gibt es insbesondere in den Vereinigten Staaten eine Reihe von Arbeiten zu linguistischen Aspekten der Assoziationsforschung (die wichtigste ist wohl die allerdings weitgehend psychologisch und psychometrisch orientierte von Deese 1965) die zB in den Versuch einer Synthese eingegangen sind den Herbert H Clark 1970 veroumlffentlicht hat (Die Arbeit von Clark ist freilich noch ein wenig zu stark dem Grammatikmodell der Transformationsgrammatik verhaftet) Noumlth (1975) hat den Ansatz von Clark zT weitergefuumlhrt sich zT jedoch auch in kasuistischen Uumlberlegungen gefangen Drittens ist das Wiedererwa-chen des linguistischen Interesses an der Aphasie-Forschung zu vermerken (es war zB schon bei Meringer und Mayer vorhanden) Fuumlr dieses ndashallerdings in Schuumlben auftretendendash Interesse ist nicht zuletzt auch Roman Jakobson verantwortlich

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  • Von der Allgegenwart des Gegensinns
  • (und einiger anderer Relationen)
  • Strategien zur Einordnung semantischer Information
  • Wolfgang Raible (Universitaumlt Freiburg)
  • Eugenio Coseriu zum 2771981
  • 21 Gesetzmaumlszligigkeiten des Assoziierens
  • 211 Argumentum quantitatis
  • 212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt
  • 22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens
  • 311 Syntagmatisches Assoziieren
  • 312 Paradigmatisches Assoziieren
  • 3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System
  • 3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System
  • 32 Sonderfaumllle
  • 41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems
  • 42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semantishyschen Orientierungssystems
  • ja
  • Fuumlr alle Woumlrter moumlgshylich
  • 44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte
  • Freiburg Wolfgang Raible
  • Abel C Uumlber den Gegensinn der Urworte Leipzig 1884
  • Bally C Preacutecis de stylistique Genegraveve 1905
  • Bally C Traiteacute de stylistique franccedilaise Genegraveve 1909
  • Coseriu E Einfuumlhrung in die strukturelle Betrachtung des Wortschatzes Tuumlbingen 1970
  • Coseriu E Probleme der strukturellen Semantik Tuumlbingen 1973
  • Coseriu E Zu Hegels Semantik in Kwartalnik neofilologiczny 24 (1977) 183-193
  • Deese J The Structure of Association in Language and Thought Baltimore 1965
  • Duumlring I Aristoteles Darstellung und Interpretation seines Denkens Heidelberg 1966
  • Esper EA Analogy and Association in Linguistics and Psychology Athens 1973
  • Frei H La grammaire des fautes Genegraveve 1929
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  • Geckeler H (Hg) Strukturelle Bedeutungslehre Darmstadt 1978
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  • Luria AR Basic Problems of Neurolinguistics The HagueParis 1976
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Page 23: latina.phil2.uni-freiburg.delatina.phil2.uni-freiburg.de/.../Files/Gegensinn_neu.docx  · Web viewZeitschrift für romanische Philologie Bd. 97, Heft 1/2, S. 1-40. Die Seitenangabe

ren Faumlllen fuumlr Farbwerte eintreten ndash Auch zwischen Zahlen scheinen auf den ersten Blick dieselben aumlquipollenten Beziehungen zu bestehen wie etwa zwischen Farbadjekti-ven Bei naumlherem Zusehen zeigt sich jedoch dass als spezifische Relation zwischen Zah-len die Relation bdquogroumlszliger als gesehen wird (Ganz abstrakt lautet die Regel fuumlr das Zaumlhlen ja Ersetze die letzte Zahl n durch n+1) Entsprechend sind die Assoziationen auf Zahlwoumlrter immer gerichtet zB im Sinn des n + 1 auf zwei wird drei auf drei wird vier assoziiert auf jeden Fall immer eine houmlhere Zahl39

Ein weiterer Sonderfall sind Erfahrungsbereiche die nicht zu denjenigen einer Vielzahl von Sprechern gehoumlren Zum Loumlwen wird gemeinhin als kontiger Partner im Erfahrungsbereich exotische wilde Tiere der Tiger assoziiert Beim Adler fehlt fuumlr den normalen Sterblichen der Partner In solchen Faumlllen kann die Assoziation dann zur Spitze A eines potentiellen Moduls verlaufen (man koumlnnte auch sagen Auf dem Weg von B zu einem potentiellen C endet die Assoziation in Ermangelung eines C bei A das sonst die Zwischenstation gewesen waumlre) Die Konsequenz Die haumlufigste Assoziation auf Ad-ler ist Vogel (21) oiseau (16) und bird (55) Solche Assoziationen zum Klassennamen dh zur Spitze A des Moduls hin sind relativ selten Mit groumlszligerer Haumlufig-keit treten sie sozusagen als Vorstufe zu Similaritaumlt-Kontrast-Assoziationen bei sprach-lich weniger sozialisierten Probanden auf40 [p 27]

4 Schlussuumlberlegungen

laquoDie Aufstellung von Oppositionen ist im Wortschatz wesentlich komplizierter als im phonologischen System einer Sprache da die beteiligten Merkmale wesentlich zahlrei-cher sind als in der Phonologie Prinzipiell handelt es sich jedoch um die gleichen Oppositionstypenraquo (Coseriu 1973 65)

Ich habe eingangs gezeigt dass Zweierschemata haumlufig als Denkmodell verwendet wer-den dass die Sprache im Bereich der Bezeichnungen des Entgegengesetzten uumlber eine ganze Skala solcher Zweierschemata verfuumlgt weiterhin dass Wahrnehmen und Erfassen von etwas stets zugleich bedeutet uumlber die Information hinausgehen die gegeben wird und dass auch bei diesem laquouumlber die Information hinausgehenraquo wieder Zweierschemata wie die von Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz entscheidend sind Ich habe dann Ergebnisse der sprachlichen Assoziationsforschung einer ersten Analyse unterzogen und diese Analyse in einem weiteren Schritt dadurch vertieft dass ich sprachliche Assoziationen als den Reflex von Strategien aufgefasst habe die dazu dienen semantische Information zu erfassen und einzuordnen Zum Abschluss will ich in vier Schlussuumlberlegungen skizzieren worin der moumlgliche Ertrag einer staumlrkeren Einbeziehung der Assoziationsforschung und verwandter Gebiete liegen kann in einem (1) Einblick in das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems und seine (2) Transformation in Onto- und Pathogenese sowie in der Diachronie in einem (3) neuen Licht das auf Probleme der Wortfeldforschung geworfen wird und schlieszliglich auch in einer (4) angemesseneren Haltung gegenuumlber der Wissenschaftsgeschichte

39 Schuchardts oben zitierte Vermutung auf drei koumlnne (aus Gruumlnden der Lautaumlhnlichkeit) auch zwei assoziiert werden ist auch deshalb abwegig weil Ruumlckwaumlrtszaumlhlen eine sehr schwierige Aufgabe ist sie wird zB haumlufig verwendet um das Ausmaszlig von Aphasien zu bestimmen Dasselbe gilt fuumlr Tages- und Monatsnamen wo die spezifische gerichtete Relation bdquospaumlter als oder bdquonach lautet40 Vgl Rosenzweig 1970 102 105 zum relativ groszligen Anteil der Assoziationen zum Oberbegriff hin bei amerikanischen und franzoumlsischen Arbeitern Jenkins 1970 7 erwaumlhnt das Zuruumlckgehen der Oberbegriffs- und der Synonym-Assoziationen in der Geschichte amerikanischer Assoziationstests - Angesichts des vorliegenden Materials ist mir unklar worauf Clark (1970 279) die Ansicht stuumltzt laquoFast-Synonymeraquo wie house - home odour - smell seem - appear thing - object sowie Ober- und Unterbegriffe kaumlmen bei den Wortassoziationen oft vor

41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems

In unserem paradigmatischen Orientierungssystem scheint es zwei Bereiche zu geben die flieszligend ineinander uumlbergehen und miteinander kombiniert sein koumlnnen ei-nen Bereich mit Similaritaumlt-Kontrast- und einen Bereich mit Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-(Distanz-)Struktur Im einen Bereich wird Information aumlhnlich wie im Fall des bdquoGesetzes der Gleichfoumlrmigkeit (und des Kontrastes) vor dem Hintergrund der Similaritaumlt domi-nant eingeordnet im Hinblick auf das Entgegengesetzte im anderen im Hinblick auf den Nachbarn im selben Erfahrungsbereich ndash was dem gestaltpsychologischen bdquoGesetz der Naumlhe entsprechen wuumlrde

[p 28] Das erste System strukturiert durch seine Reduktion auf in der Regel zwei Alternativen (mit falls ein tertium zugelassen ist Zwischenmoumlglichkeiten) unsere Erfah-rung in auszligerordentlich starkem Maszlig Hier bestehen zugleich die groumlszligten auszligereinzel-sprachlichen Uumlbereinstimmungen ndash und zwar deswegen weil bestimmte Strukturie-rungs-Dimensionen ethologisch gesehen nichts anderes darstellen als Verbalisierungen jener Interpretation der Natur der Umwelt und ihrer Gesetzlichkeiten die unser Organismus im Lauf seiner entwicklungsgeschichtlichen Adaptation vorgenommen hat Orientierung im Raum in der Zeit Orientierung durch Houmlren Sehen Riechen Schme-cken Fuumlhlen und Tasten Eine Reihe solcher Strukturierungs-Dimensionen (die generell Coserius und Pottiers Klassemen Greimas Kontextsemen oder Luumldis Kongruenzsemen gleichen)41 sind sogar grammatikalisiert also zu grammatischen Ordnungsdimensionen geworden (wobei die Einzelsprachen das Angebot natuumlrlich in jeweils verschiedener Weise wahrnehmen) Es geht ua pythagoreisch ausgedruumlckt um die Unterscheidung zwischen dem Einen und dem Vielen um die zwischen maumlnnlich und weiblich (die im grammatischen Bereich freilich neutralisiert werden kann) zwischen tot und lebendig (wofuumlr die Grammatiker unbelebtbelebt vorziehen) zwischen menschlich und nicht-menschlich geben (bdquoAllativ bdquoDativ) und nehmen (bdquoAblativ) zwischen ich und du ja und nein (vierte Art des Entgegengesetzten im aristotelischen Sinn) hier und dort jetzt und nicht-jetzt42

Besonders augenfaumlllig sind solche Klasseme und ihre Reduktionsleistung in den sogenannten Klassifikator-Sprachen ndash dort hat jedes Nomen ein Element bei sich das das Bezeichnete einer bestimmten Klasse von Denotaten zuweist etwa zur Klasse Tier oder Mensch zur Klasse der horizontalen oder vertikalen Objekte ndash wobei was nicht unerwartet ist als generellstes und haumlufigstes Klassifikationskriterium die Opposition zwischen belebt und unbelebt verwendet wird (vgl Serzisko 1980)

Unser so vorstrukturiertes Wahrnehmen und Denken erkennt umgekehrt in der Umwelt wieder Prinzipien wie die eingangs genannten Gegensatzpaare des fruumlhgriechi-schen Denkens ndash wobei inzwischen klar sein duumlrfte dass es sich um alles andere als um bdquoarchaisches oder bdquoprimitives Denken handelt Bemerkenswert an den Wort-Assozia-tionen ist ja ua dass man sie nicht dadurch erhaumllt dass man im Sinn des dritten noogenetischen Prinzips von Spearman den Ausgangspunkt und die gewuumlnschte Rela-tion vorgibt um zu einem Ergebnis zu kommen es genuumlgt die Angabe des Ausgangspunkts Wahrnehmen Erkennen Verstehen bedeuten naumlmlich stets Einordnen Relationen herstellen ndash gleichguumlltig ob es um [p 29] die optische Wahrnehmung geht an der einige (vermutlich verwandte) Gestaltgesetze erlaumlutert wurden oder aber um das Einordnen sprachlicher Information So ist es ganz selbstverstaumlndlich dass die gege-

41 Vgl Coseriu 1972 52 LorenzWotjak 1977 235 mit Anm 10342 Vgl zur binaumlren Opposition als einer Extremform des grammatischen Paradigmas auch Weinrich 1967 1975

bene Information erst im Hinausgehen uumlber das Gegebene erfasst wird - ein Hinausge-hen das die Psychologen bekanntlich auch Denken nennen Im sprachlichen Erfassen ist so auch das Denken oder laquouumlber das Gegebene Hinausgehenraquo angelegt Das Denk-schema von These Antithese und Synthese spiegelt zB das Dreiecks-Modul des Similaritaumlt-Kontrast-Systems wider Mann und Frau sind in Mensch aufgehoben43

Waumlhrend im Bereich des Similaritaumlt-Kontrast-Systems nicht nur im Prinzip son-dern zT auch materiell gewisse auszligereinzelsprachliche Uumlbereinstimmungen vorhanden sind gibt es im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System natuumlrlich entsprechend dem Erfahrungs- und Lebensbereich kulturelle und soziale Unterschiede Entscheidend ist jedoch auch hier dass Einordnen nicht nur bedeutet in Relation Setzen zu diese Relationen sind ebenso wie die Kontrast-Relation im anderen System wiederum ganz spezifische ihrer-seits in aller Regel uumlberindividuelle Denk-Relationen TeilGanzes Kausalitaumlt Finalitaumlt Zeitrelation Invariant oder auszligereinzelsprachlich sind also die Relationen nicht notwendigerweise dagegen die Terme die durch solche Relationen verbunden sind

42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semanti-schen Orientierungssystems

Nach den vorgefuumlhrten Analysen gibt es drei Strategien zur Wahrnehmung und Einordnung semantischer Information eine dominant syntagmatische und die beiden eben erwaumlhnten paradigmatischen Dabei entspricht die syntagmatische Strategie dem was Hansjakob Seiler im Bereich der bdquosprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden mit Piaget zunaumlchst als Einordnen dann als Individualisierung bezeichnet hat insbeson-dere das paradigmatische Similaritaumlt-Kontrast-System entspricht dagegen dem Seiler-schen Klassifizieren bzw Generalisieren als der anderen polaren Instanz im Bereich der sprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden (Seiler 1981) Die Charakteristika aller drei Orientierungs- und [p 30] Einordnungssysteme sind in der folgenden Uumlbersicht nochmals zusammengestellt

I II IIISyntagmatisches Konti-guitaumlts-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontrast-System

Dominante Strategie Einordnen in ein groumlszlige-res Syntagma (dh in ein komplexeres Zei-chen)

Zuordnung eines Part-ners aus demselben Er-fahrungsbereich (uumlber spezifische Relationen)

Zuordnung eines Anto-nyms (uumlber die Gegen-satz-Relation)

Wortklasse in aller Regel verschie-den

in der Regel gleich gleich

Kontiguitaumlt vs Distanz ja ja

43 Es ist gewiss nicht erstaunlich dass wie Coseriu (1977a) gezeigt hat gerade Hegel in seiner Humboldt-Rezension als Vergleichsgrundlage fuumlr alle Sprachen die Unterscheidung von Gattungen und Arten bzw von laquoAllgemeinheiten und Bestimmtheitenraquo ansieht ndash mit anderen Worten also das DreiecksModul in sei-ner Similaritaumlt-Kontrast-Auspraumlgung ndash Die Bolle des Kontrasts (als drittes Moment neben Similaritaumlt und Kontiguitaumlt) hat aus der phaumlnomenologischen Tradition heraus sehr schoumln und einleuchtend Elmar Holen-stein dargestellt und gerade auch fuumlr die sprachliche Seite als grundlegend bezeichnet laquoDamit uumlberhaupt eine Auswahl (gemeint ist auf der paradigmatischen Achse der Selektion) getroffen werden kann muss sich etwas von etwas abhebenraquo (1976 86) Bruners going beyond the information given kann also zT auch im phaumlnomenologischen Sinn interpretiert werden

Similaritaumlt vs Kontrast ja ja

Fuumlr alle Woumlrter moumlg-lich

ja groszliger Bereich kleiner Bereich (bdquosemantische Struktur-woumlrterldquo)

Die spezifischen Relationen im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System entsprechen dabei in etwa Piagets laquoinfralogischenraquo Relationen oder Spearmans (1923 67-71) laquorealraquo relati-ons die Relationen des Similaritaumlt-Kontrast-Systems entsprechen dagegen Piagets laquologi-schenraquo und in etwa wohl Spearmans (71-74) laquoidealraquo relations Fuumlr die veschiedentlich erwaumlhnte nicht scharfe Trennung der Bereiche II und III duumlrften ua die Teil-Ganzes-Relationen verantwortlich sein die sowohl im laquologischenraquo (Inklusion) als auch im laquoinfralogischenraquo Bereich vorkommen Waumlhrend die Relationen des Similaritaumlt-Kontigui-taumlt-Systems dominant gerichtete Relationen sind ist die Gegensatz-Relation des Similaritaumlt-Kontrast-Systems grundsaumltzlich zweiseitig Abweichungen ergeben sich insbesondere durch Polysemie (vgl o S 12)

Ontogenetisch gesehen werden nun die paradigmatischen Systeme II und III uumlber das syntagmatische System I aufgebaut Dabei nimmt das System II wie aus seinen Merkmalen ersichtlich ist eine Mittelstellung zwischen den Systemen I und III ein - im Sinn der Konzeption Seilers stellt es also gewissermaszligen den bdquoWendepunkt zwischen den beiden Polen der Dimension sprachliche Erfassung von Gegenstaumlnden dar Auch der flieszligende Uumlbergang zwischen den drei Systemen erhellt aus dem Schema die Grenz-faumllle liegen interessanterweise nicht zwischen I und III sondern zwischen den Systemen III (zB Coserius laquolexikalische Solidaritaumltenraquo) und zwischen den Systemen IIIII Es ist somit plausibel dass [p 31] in der Ontogenese die Systeme in der Reihenfolge I-II-III aufgebaut werden Das System III nimmt dabei insofern eine Sonderstellung ein als es wie die letzte Zeile des Schemas nochmals ausweist direkt nur auf einen kleinen aber wichtigen Ausschnitt des Wortschatzes anwendbar ist

Was den Abbau der Sprache bei pathologischer (oder altersbedingter) Beeintraumlchtigung des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems betrifft so ist den vorliegenden Beobachtungen nach die Reihenfolge wohl umgekehrt Das System III wird vor dem System II beeintraumlchtigt Dies entspraumlche der Erkenntnis Jakobsons dass man zuerst verliert was man zuletzt erworben hat44 Was schlieszliglich diachronische Transformationen speziell den Bedeutungswandel betrifft so ist die Affinitaumlt zu Uumlberlegungen sehr wichtig die in Teilbereichen schon Wilhelm Wundt (o S 7) und dann vor allem Stephen Ullman angestellt hat Ullman resuumlmiert ja die Arbeit seines Lands-manns Zoltan Gombocz (Jelentestan Pecs [Fuumlnfkirchen] 1926) und den ihm zu Grunde liegenden Aufsatz von Leacuteonce Roudet (1921) mit folgenden Worten

laquoAn associative network of names clusters around each name some of these associations are rooted in similarity others in contiguityraquo (1967 79)

Dem entspricht dann seine Klassifizierung des Bedeutungswandels (1967 220ff) Uumlbertragung von signantia aufgrund von Similaritaumlt bzw Kontiguitaumlt zwischen den sig-nata bzw umgekehrt Uumlbertragung von signata aufgrund der SimilaritaumltKontiguitaumlt zwi-schen den signantia Zu praumlzisieren waumlre dass es sich nicht um Similaritaumlt oder Kontiguitaumlt handelt sondern um Transfer im Rahmen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- oder 44 Die Arbeit von Stachowiak uumlber die Semantische Struktur des subjektiven Lexikons (1979) bestaumltigt diese Hypothese was dort vorgefuumlhrt wird laumlsst sich mE alles in dem Sinn interpretieren dass bei aphasischem Abbau der Sprache vor allem das System III beeintraumlchtigt wird Nach dem was oben (S 18f) uumlber die Komplexitaumlt von Benennungs- und Assoziations-Aufgaben gesagt wurde unterstreicht dies im Grund auch die These Jakobsons dass es sich im wesentlichen um eine Stoumlrung handelt bei der die metasprachliche Punktion der Sprache beeintraumlchtigt ist

des Similaritaumlt-Kontrast-Systems die Rolle des Kontrasts ist wie schon Wundt sah in der Tat nicht unwichtig45 [p 32]43 Wortfeld-Probleme

Die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen werfen auch ein Licht auf manche Probleme der Wortfeldforschung Zunaumlchst erklaumlren sowohl die Wortassoziationen als auch die Sprechfehler das eher selten reflektierte Phaumlnomen dass die bisher vorgestellten Wortfelder alle aus Elementen derselben Wortart bestehen46 Weiterhin muumlsste man ge-maumlszlig den beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssystemen wohl auch zwischen zwei Grundarten von Wortfeldern unterscheiden zwischen solchen des Similaritaumlt-Kontrast-Typs und solchen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- [p 33] Systems (etwa Wortfeld desWohnens der Werkzeuge der Landschaft)47 In der Form wie sie durch die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen nahegelegt werden vermitteln dabei die Wortfel-

45 Was die Unterscheidung der beiden paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssysteme angeht so fuumlhle ich mich nicht nur in der guten Gesellschaft Ullmans sondern auch in der einer Reihe von Psychologen Sprachpsychologen und Aphasieforschern Jean Piaget und Baumlrbel Inhelder unterscheiden bei der Ordnungsleistung von Kindern zwischen dem Ordnen nach dem Prinzip der Aumlhnlichkeit und nach demjenigen der Konvenienz und etwa analog dazu zwischen den schon erwaumlhnten laquologischenraquo Relatio -nen (Klassifizierung) und den laquoinfralogischenraquo (PiagetInhelder 19731 38ff) Elisabeth Wiig und Diana Globus haben 1971 in einem kontrollierten Assoziationsversuch mit 7 Aphasikern und 7 gesunden Kon -trollpersonen explizit mit Piagets logischen und infralogischen Relationen gearbeitet Das Ergebnis kann nicht nur dahingehend interpretiert werden dass es entsprechend zu diesen Relationen zwei verschie -dene Orientierungs- und Einordnungssysteme gibt sondern auch dahingehend dass das klassifikatorische System (Similaritaumlt-Kontrast-System) sowohl bei Gesunden als auch bei Aphasikern im Verfahren der kontrollierten Assoziation (gegeben ist ein Ausgangsbegriff und die Relation gesucht wird ein Zielwort) nur dann gute Ergebnisse erbringt wenn die Merkmalunterschiede gering sind - und am geringsten sind sie natuumlrlich bei binaumlren Oppositionen also etwa bei Antonymie Sobald die Merkmalsunterschiede groumlszliger werden etwa beim Ausgangsbegriff Kind und dem gesuchten Begriff Eltern sind die Suchergebnisse bei Aphasikern und Gesunden gleichermaszligen schlecht Dagegen funktioniert das infralogische System sowohl bei hoher als auch bei geringer Kontiguitaumlt der Begriffe bei den unter-suchten Aphasikern und den gesunden Kontrollpersonen recht gut (laquoWas ist der Zweck von Heizung - Ergebnis Waumlrme oaraquo) ndash Was die beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssysteme an-langt stehe ich auch weitgehend in Einklang mit James Deese Deese zieht nach einer essentiell faktoranalytischen Untersuchung von Assoziationsverhalten ua folgende Konsequenz (1965 164) laquoThe data on associative distribution suggest that the two fundamental operations we have for sorting out meaningful ndashthat is logical and syntactical relations among wordsndash are contrast and groupingraquo Deese sieht freilich ua nicht die Einordnung in ein Syntagma als dritte Strategie und anhand einer sprachpsychologischen Darstellung des Assoziationsverhaltens wie sie etwa von Houmlrmann (1967 115-156) gegeben wird vermisst man generell den Ansatz Assoziationen als Reflex von Strategien zum Erfas-sen von Bedeutung anzusehen so erscheinen dann viele Beobachtungen die anhand des obigen Schemas sinnvoll integriert werden koumlnnen eher als membra disiecta ndash Ich nenne schlieszliglich noch die Arbeit von Huber et al 1975 und die schon erwaumlhnte Dissertation von Stachowiak (1979) In der Arbeit von 1975 wird ndashbei einer Beschreibung jenes Aphasie-Typs der nach Carl Wernicke benannt istndash unterschieden zwischen zwei Orientierungsprinzipien im Lexikon einem laquosemantisch-klassifikatorischenraquo und einem laquosituativ-referentiellenraquo (1975 88 vgl Stachowiak 1979 58f) Ich bin freilich nicht einverstanden mit der These Stachowiaks es handle sich dabei einerseits um einen laquoinnersprachlichenraquo andererseits um ei-nen laquoenzyklopaumldischenraquo Bereich Wesentlich ist was nochmals betont sein soll fuumlr beide Bereiche als invariantes Prinzip dasjenige der Relation dabei sind die Relationen im einen Fall gewiss klassifikatorisch im anderen laquoinfralogischraquo beide Arten von Relationen sind jedoch gleichermaszligen uumlberindividuell und sie werden gleichermaszligen erlernt46 Geckeler sieht (1971 218) die Wortart-Gleichheit als die gewissermaszligen selbstverstaumlndliche Folge ei -ner paradigmatischen Perspektive an (was einer engen Konzeption von Paradigma entspricht) vgl u S 3547 Wenn ich recht sehe korrespondieren die beiden Grundarten mit einer Unterscheidung die Coseriu (1976 47f) innerhalb eines seiner fuumlnf Kriterien zur Klassifizierung von Wortfeldern macht naumlmlich der Unterscheidung zwischen laquorelationellenraquo und laquosubstantivenraquo Oppositionen bzw Feldern Im Rahmen der hier vorgetragenen Konzeption wird diese Unterscheidung zu einer zentralen Groumlszlige

der des Similaritaumlt-Kontrast-Typs gewissermaszligen zwischen zwei extremen Konzeptio-nen von Wortfeld zwischen der von Andre Jolles und der von Jost Trier Jolles (der des-halb von Trier und anderen gescholten wurde) wollte nur Minimalformen mit jeweils zwei (antonymen) Gliedern als laquoBedeutungsfelderraquo gelten lassen Felder die in dieser Form natuumlrlich fest umgrenzt waumlren (Jolles 1934) Fuumlr Trier galt dagegen das Prinzip der Wert jedes Worts ergebe sich aus dem Feldwert also aus der Position in einem semantischen Feld Das Wort bedeute laquonur in diesem Ganzen und kraft dieses Ganzenraquo Die vermittelnde Position ist die in einem zentralen Antonymenpaar den festen Kern zu sehen um den sich ein ganzes Feld verwandter Termini schart wobei im Normalfall die Grenze des Feldes verschwimmt Das Feld waumlre also nur von seinem zentralen Kern aus als solches zu greifen Geckelers Doppel-Wortfeld zwischen altrsquo und seinen beiden Antonymen jung und neursquo scheint mir de facto im Sinn einer solchen Konzeption interpretierbar zu sein

Die Wortfelder des Similaritaumlt-Kontrast-Typs lassen sich nun wie schon er-waumlhnt in einleuchtender Weise mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Spaumltestens bei dem Versuch Wortfelder des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs merkmalsemantisch zu rekonstruieren treten jedoch betraumlchtliche Schwierigkeiten auf Ein Verfahren auch solche Bereiche bdquodurchsichtig zu machen besteht nun darin dass man an die Spitze eines Feldes neben den eventuell vorhandenen Oberbegriff noch eine der spezifischen Auspraumlgungen der Kontiguitaumlts-Relation stellt (wodurch dann das was die Basiskante BC des Moduls von S 21 ausmacht als Seitenkante bzw Suchbegriff verwendet wird) Pottiers Wortfeld der Sitzmoumlbel im Franzoumlsischen hat als konstituierende Merkmale ne-ben dem Oberbegriff Artefakt eine solche spezifische Auspraumlgung naumlmlich das finale zum Sitzen Die Similaritaumlt die durch diese beiden Merkmale geschaffen wird stellt einerseits das Auswahlkriterium dar nach dem das Feld begrenzt andererseits den Hintergrund an Similaritaumlt vor dem es analysiert werden kann Ein Bereich wie Werk-zeug laumlsst sich um ein weiteres Beispiel zu geben nur schwer merkmalsemantisch beschreiben weil man Begriffe wie Stechbeitel Loumltkolben Nietzange und Maumlhdre-scher zu beruumlcksichtigen haumltte Fuumlgt man jedoch zu Werkzeug die finale Relation zum Bearbeiten von (beispielsweise von Holz) so entsteht ein uumlberschaubares und strukturierbares Feld [p 34]

Dabei zeigt sich nicht nur dass solche Wortfelder in gewissem Maszlig beliebig (re)konstruierbar sind - man kann etwa Katze mit gleichem Recht einmal zu den Haus-tieren ein andermal zu den fleischfressenden Saumlugetieren rechnen Es zeigt sich gleichzeitig dass eine solche Rekonstruktion genau nach dem dritten noogenetischen Prinzip von Spearman verlaumluft Zu einem Ausgangsbegriff (Werkzeug) und einer Rela-tion (zum Bearbeiten von Holz) werden Entsprechungen gesucht und gebildet Unter dem Blickwinkel dieses noogenetischen Prinzips sind Wortfelder nun nicht nur beschreibbar als Ergebnisse eines Verfahrens der kontrollierten Assoziation die beiden angedeuteten Grundtypen von Wortfeldern beruhen dann sogar beide auf demselben Grundprinzip Gegeben ist der Ausgangsbegriff und eine Relation ndash eine Relation die im Fall des Similaritaumlt-Kontrast-Typs die Gegensatzrelation ist im Fall des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs eine finale kausale temporale lokale TeilGanzes-Relation etc Dass solche Konstruktionen oder Rekonstruktionen48 also die Wortfelder der Linguisten keinesfalls - um mit Gauger (zB 1976) zu sprechen - laquobewusstseinsfremdraquo sind zeigt gerade das Verfahren der freien Assoziation dessen Interpretation Ausgangspunkt die-ser Uumlberlegungen war

Dies hat auch Auswirkungen auf das von Saussure aufgeworfene Negativitaumltsproblem Gewiss bedeutet Vater nicht nur Nicht-Mutter sondern auch

48 Von der Konstruktion von Wortfeldern spricht auch Coseriu (zB 1970 113)

Nicht-Sohn Nicht-Barock Nicht-Jahrhundert Bei einer solchen Betrachtung wird je-doch eine bestimmte Art des Gegensatzes die parmenideische Relation des bdquoIst nicht verabsolutiert Sie spielt gewiss eine wichtige Rolle in der Sprache sowohl in der Semantik als auch im Bereich der geschlossenen grammatischen Paradigmen Man sollte jedoch (trotz des Umstands dass die Kontrast-Relation und mit ihr die Relation des oppositiven bdquoIst nicht gerne als laquologischraquo die Relationen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Systems dagegen als laquoinfralogischraquo bezeichnet werden) nicht vergessen dass beide Ar-ten von Relationen unabdingbare Konstanten unseres Wahrnehmens Erfassens und Denkens darstellen und dass eine Semantik die nicht bewusstseinsfremd sein will dementsprechend nicht nur die im Motto auf S 27 angegebenen Oppositionen sondern die ganze Skala moumlglicher Relationen mit in ihr Beschreibungsinstrumentarium aufneh-men muss

44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte

Eugenio Coseriu hat 1977 in seiner Antrittsrede an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften als eines der vier Prinzipien seines Schaffens das Stichwort Tradition und Neuerung genannt Es heiszligt dort laquodass die Geschichte unserer Wissenschaften wie uumlberhaupt die Kultur- [p 35] geschichte Fortsetzung von Traditionen und Erneuerung innerhalb von Traditionen istraquo Man sage eigentlich Neues nur wenn man an Traditionen anknuumlpfe und Traditionen fortsetze (1977 109 vgl 1979 5) Ich habe im vorliegenden Beitrag versucht in mehrfacher Weise an solche Traditionen anzuknuumlpfen ua an diejenige der Assoziationsforschung der Jahrhundertwende Dass hier uumlberhaupt von einem (Wieder-)laquoAnknuumlpfenraquo gesprochen werden muss hat seine Gruumlnde

Der Begriff Assoziation war noch Saussure so gelaumlufig dass er ihn in dem Sinn verwendete in dem heute Paradigma und paradigmatisch gebraucht werden (Saus-sure spricht nicht von paradigmatischen sondern von assoziativen Relationen) Henri Frei oder Charles Bally setzten in dieser Hinsicht nicht nur die Tradition des Meisters fort Bally kannte wie ua einschlaumlgige Stellen aus dem Traiteacute de stylistique franccedilaise von 1909 zeigen offensichtlich auch die Arbeit von Thumb und Marbe sowie den dort angesprochenen Bereich des Assoziierens insbesondere zum Gegenteil hin Seither hat jedoch in der Sprachwissenschaft ein grundlegender Paradigmawechsel stattgefunden Eine im Uumlbermaszlig psychologisierende Stroumlmung wurde wie uumlblich durch das Gegenteil abgeloumlst und seither scheinen die Sprachwissenschaftler den Begriff Assoziation als et-was eher Anruumlchiges zu meiden und allenfalls mit ganz spitzen Fingern anzufassen laquoCest pour eacuteviter le psychologisme adopteacute dans le Cours de F de Saussure que je substi-tue le terme rapport paradigmatique agrave celui de rapport associatifraquo schreibt Louis Hjelmslev der den terminologischen Wandel vollzogen hat in einer Fuszlignote des Vor-trags den er 1936 auf dem Linguisten-Kongress in Kopenhagen gehalten hat (1938140) Interessanterweise ist auch der Anti-Psychologismus wie Gauger zeigen konnte (1976 73-87) bei Saussure schon mit angelegt

Freilich motiviert sowohl die weitere Geschichte der Assoziationsforschung als auch die Auffassung der Sprechfehler diese spitzen Finger in betraumlchtlichem Maszlig beide Phaumlnomene wurden in den Bereich der Abnormalitaumlt und des Pathologischen geruumlckt Was das Versprechen angeht so ist die Ursache kein anderer als Sigmund Freud er griff aus den Sprechfehlern die Meringer und Mayer vorgefuumlhrt hatten vor allem die Gruppe des Versprechens zum Gegenteil hin heraus und interpretierte sie in dem bekannten Sinn Das Versprechen zum Gegenteil hin lege die geheimen Gedanken des Sprechers bloszlig Dies ist ganz ohne Zweifel eine Uumlberinterpretation die in manchen Faumlllen zutreffen

mag fuumlr den Durchschnittsfall jedoch keinerlei Allgemeinguumlltigkeit beanspruchen kann49 Wie nachhal- [p 36] tig die Interpretation Freuds ndashin diesem Fall leiderndash ge-wirkt hat zeigt die Verbindlichkeit jener Bezeichnung mit der man Sprechfehler heute erfasst bdquo(Freudsche) Fehlleistungen Ein in gleichem Maszlig bdquopathologischer Geruch begleitet spaumltestens seit 1910 die Versuche mit Wortassoziationen Carl Gustav Jung machte Versuche mit Assoziationen Kent und Rosanoff hatten die Absicht mit ihrer Liste von 100 Ausgangswoumlrtern und dem Durchschnitt der Assoziationen von 1000 Probanden eine Norm aufzustellen von der sich abnormale Assoziationen abheben soll-ten Die Untersuchung erschien nicht nur in der Zeitschrift American Journal of Insanity sie hieszlig auch noch A Study of Association in Insanity I Association in Normal Subjects Alle seitherigen einschlaumlgigen Assoziations-Listen werden von den Psychologen entspre-chend mit dem Etikett Norm versehen (laquoRussellJenkins-Normraquo laquoPalermoJenkins-Normraquo etc)

Die Haltung spaumlterer Sprachwissenschaftler ist also auch damit zu erklaumlren dass das Assoziieren und die Sprechfehler durch Pathologisierung ihrer ehemaligen (und angemesseneren) Unschuld verlustig gegangen waren Freilich gibt es seit einiger Zeit wieder ein neues und zunehmendes Interesse an Fragestellungen des Sich-Versprechens Assoziierens und der (wirklich zum Bereich des Pathologischen gehoumlrenden) Aphasie-Forschung50 Dass dabei in der Regel die eigentliche Tradition ausgespart wird ist weniger erfreulich Denn es geht nicht nur um eine sehr alte Tradition des Denkens es geht mit der Omnipraumlsenz bestimmter Relationen eigentlich um grundlegende Charakteristika des Sprechens und Denkens selbst

Freiburg Wolfgang Raible

[p 37] Literaturverzeichnis

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49 Vgl hier die analoge Einstufung der Freudschen Konzeption sprachlicher Fehlleistungen bei Kainz 1956 38 - Die Auseinandersetzung zwischen Freud und Meringer war zT sehr heftig Auf einer houmlheren Stufe der Eskalation zieh Meringer Freud beispielsweise der laquoStuumlmperraquo-Haftigkeit auf dem Gebiet des Beobach-tens laquoEr sieht und houmlrt naumlmlich nur das was sich eventuell zur Begruumlndung seiner phantastischen Theorien missbrauchen laumlsst Die unendlich vielen Faumllle die sich dagegen mit Haumlnden und Fuumlszligen straumlu-ben sieht er nicht (1912 55)50 Ich nenne drei Indizien fuumlr die Wiederbelebung der Tradition bzw das verstaumlrkte Interesse an den betreffenden Zusammenhaumlngen Erstens wird die Arbeit von Meringer und Mayer in einem 1973 von Victoria A Fromkin herausgegebenen Sammelband in den beiden Beitraumlgen der Herausgeberin wenigs-tens gelegentlich wenn auch zT falsch zitiert Die Arbeit von Thumb und Marbe wurde 1978 sogar neu ediert Zweitens gibt es insbesondere in den Vereinigten Staaten eine Reihe von Arbeiten zu linguistischen Aspekten der Assoziationsforschung (die wichtigste ist wohl die allerdings weitgehend psychologisch und psychometrisch orientierte von Deese 1965) die zB in den Versuch einer Synthese eingegangen sind den Herbert H Clark 1970 veroumlffentlicht hat (Die Arbeit von Clark ist freilich noch ein wenig zu stark dem Grammatikmodell der Transformationsgrammatik verhaftet) Noumlth (1975) hat den Ansatz von Clark zT weitergefuumlhrt sich zT jedoch auch in kasuistischen Uumlberlegungen gefangen Drittens ist das Wiedererwa-chen des linguistischen Interesses an der Aphasie-Forschung zu vermerken (es war zB schon bei Meringer und Mayer vorhanden) Fuumlr dieses ndashallerdings in Schuumlben auftretendendash Interesse ist nicht zuletzt auch Roman Jakobson verantwortlich

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  • Von der Allgegenwart des Gegensinns
  • (und einiger anderer Relationen)
  • Strategien zur Einordnung semantischer Information
  • Wolfgang Raible (Universitaumlt Freiburg)
  • Eugenio Coseriu zum 2771981
  • 21 Gesetzmaumlszligigkeiten des Assoziierens
  • 211 Argumentum quantitatis
  • 212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt
  • 22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens
  • 311 Syntagmatisches Assoziieren
  • 312 Paradigmatisches Assoziieren
  • 3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System
  • 3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System
  • 32 Sonderfaumllle
  • 41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems
  • 42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semantishyschen Orientierungssystems
  • ja
  • Fuumlr alle Woumlrter moumlgshylich
  • 44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte
  • Freiburg Wolfgang Raible
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  • Bally C Preacutecis de stylistique Genegraveve 1905
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Page 24: latina.phil2.uni-freiburg.delatina.phil2.uni-freiburg.de/.../Files/Gegensinn_neu.docx  · Web viewZeitschrift für romanische Philologie Bd. 97, Heft 1/2, S. 1-40. Die Seitenangabe

41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems

In unserem paradigmatischen Orientierungssystem scheint es zwei Bereiche zu geben die flieszligend ineinander uumlbergehen und miteinander kombiniert sein koumlnnen ei-nen Bereich mit Similaritaumlt-Kontrast- und einen Bereich mit Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-(Distanz-)Struktur Im einen Bereich wird Information aumlhnlich wie im Fall des bdquoGesetzes der Gleichfoumlrmigkeit (und des Kontrastes) vor dem Hintergrund der Similaritaumlt domi-nant eingeordnet im Hinblick auf das Entgegengesetzte im anderen im Hinblick auf den Nachbarn im selben Erfahrungsbereich ndash was dem gestaltpsychologischen bdquoGesetz der Naumlhe entsprechen wuumlrde

[p 28] Das erste System strukturiert durch seine Reduktion auf in der Regel zwei Alternativen (mit falls ein tertium zugelassen ist Zwischenmoumlglichkeiten) unsere Erfah-rung in auszligerordentlich starkem Maszlig Hier bestehen zugleich die groumlszligten auszligereinzel-sprachlichen Uumlbereinstimmungen ndash und zwar deswegen weil bestimmte Strukturie-rungs-Dimensionen ethologisch gesehen nichts anderes darstellen als Verbalisierungen jener Interpretation der Natur der Umwelt und ihrer Gesetzlichkeiten die unser Organismus im Lauf seiner entwicklungsgeschichtlichen Adaptation vorgenommen hat Orientierung im Raum in der Zeit Orientierung durch Houmlren Sehen Riechen Schme-cken Fuumlhlen und Tasten Eine Reihe solcher Strukturierungs-Dimensionen (die generell Coserius und Pottiers Klassemen Greimas Kontextsemen oder Luumldis Kongruenzsemen gleichen)41 sind sogar grammatikalisiert also zu grammatischen Ordnungsdimensionen geworden (wobei die Einzelsprachen das Angebot natuumlrlich in jeweils verschiedener Weise wahrnehmen) Es geht ua pythagoreisch ausgedruumlckt um die Unterscheidung zwischen dem Einen und dem Vielen um die zwischen maumlnnlich und weiblich (die im grammatischen Bereich freilich neutralisiert werden kann) zwischen tot und lebendig (wofuumlr die Grammatiker unbelebtbelebt vorziehen) zwischen menschlich und nicht-menschlich geben (bdquoAllativ bdquoDativ) und nehmen (bdquoAblativ) zwischen ich und du ja und nein (vierte Art des Entgegengesetzten im aristotelischen Sinn) hier und dort jetzt und nicht-jetzt42

Besonders augenfaumlllig sind solche Klasseme und ihre Reduktionsleistung in den sogenannten Klassifikator-Sprachen ndash dort hat jedes Nomen ein Element bei sich das das Bezeichnete einer bestimmten Klasse von Denotaten zuweist etwa zur Klasse Tier oder Mensch zur Klasse der horizontalen oder vertikalen Objekte ndash wobei was nicht unerwartet ist als generellstes und haumlufigstes Klassifikationskriterium die Opposition zwischen belebt und unbelebt verwendet wird (vgl Serzisko 1980)

Unser so vorstrukturiertes Wahrnehmen und Denken erkennt umgekehrt in der Umwelt wieder Prinzipien wie die eingangs genannten Gegensatzpaare des fruumlhgriechi-schen Denkens ndash wobei inzwischen klar sein duumlrfte dass es sich um alles andere als um bdquoarchaisches oder bdquoprimitives Denken handelt Bemerkenswert an den Wort-Assozia-tionen ist ja ua dass man sie nicht dadurch erhaumllt dass man im Sinn des dritten noogenetischen Prinzips von Spearman den Ausgangspunkt und die gewuumlnschte Rela-tion vorgibt um zu einem Ergebnis zu kommen es genuumlgt die Angabe des Ausgangspunkts Wahrnehmen Erkennen Verstehen bedeuten naumlmlich stets Einordnen Relationen herstellen ndash gleichguumlltig ob es um [p 29] die optische Wahrnehmung geht an der einige (vermutlich verwandte) Gestaltgesetze erlaumlutert wurden oder aber um das Einordnen sprachlicher Information So ist es ganz selbstverstaumlndlich dass die gege-

41 Vgl Coseriu 1972 52 LorenzWotjak 1977 235 mit Anm 10342 Vgl zur binaumlren Opposition als einer Extremform des grammatischen Paradigmas auch Weinrich 1967 1975

bene Information erst im Hinausgehen uumlber das Gegebene erfasst wird - ein Hinausge-hen das die Psychologen bekanntlich auch Denken nennen Im sprachlichen Erfassen ist so auch das Denken oder laquouumlber das Gegebene Hinausgehenraquo angelegt Das Denk-schema von These Antithese und Synthese spiegelt zB das Dreiecks-Modul des Similaritaumlt-Kontrast-Systems wider Mann und Frau sind in Mensch aufgehoben43

Waumlhrend im Bereich des Similaritaumlt-Kontrast-Systems nicht nur im Prinzip son-dern zT auch materiell gewisse auszligereinzelsprachliche Uumlbereinstimmungen vorhanden sind gibt es im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System natuumlrlich entsprechend dem Erfahrungs- und Lebensbereich kulturelle und soziale Unterschiede Entscheidend ist jedoch auch hier dass Einordnen nicht nur bedeutet in Relation Setzen zu diese Relationen sind ebenso wie die Kontrast-Relation im anderen System wiederum ganz spezifische ihrer-seits in aller Regel uumlberindividuelle Denk-Relationen TeilGanzes Kausalitaumlt Finalitaumlt Zeitrelation Invariant oder auszligereinzelsprachlich sind also die Relationen nicht notwendigerweise dagegen die Terme die durch solche Relationen verbunden sind

42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semanti-schen Orientierungssystems

Nach den vorgefuumlhrten Analysen gibt es drei Strategien zur Wahrnehmung und Einordnung semantischer Information eine dominant syntagmatische und die beiden eben erwaumlhnten paradigmatischen Dabei entspricht die syntagmatische Strategie dem was Hansjakob Seiler im Bereich der bdquosprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden mit Piaget zunaumlchst als Einordnen dann als Individualisierung bezeichnet hat insbeson-dere das paradigmatische Similaritaumlt-Kontrast-System entspricht dagegen dem Seiler-schen Klassifizieren bzw Generalisieren als der anderen polaren Instanz im Bereich der sprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden (Seiler 1981) Die Charakteristika aller drei Orientierungs- und [p 30] Einordnungssysteme sind in der folgenden Uumlbersicht nochmals zusammengestellt

I II IIISyntagmatisches Konti-guitaumlts-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontrast-System

Dominante Strategie Einordnen in ein groumlszlige-res Syntagma (dh in ein komplexeres Zei-chen)

Zuordnung eines Part-ners aus demselben Er-fahrungsbereich (uumlber spezifische Relationen)

Zuordnung eines Anto-nyms (uumlber die Gegen-satz-Relation)

Wortklasse in aller Regel verschie-den

in der Regel gleich gleich

Kontiguitaumlt vs Distanz ja ja

43 Es ist gewiss nicht erstaunlich dass wie Coseriu (1977a) gezeigt hat gerade Hegel in seiner Humboldt-Rezension als Vergleichsgrundlage fuumlr alle Sprachen die Unterscheidung von Gattungen und Arten bzw von laquoAllgemeinheiten und Bestimmtheitenraquo ansieht ndash mit anderen Worten also das DreiecksModul in sei-ner Similaritaumlt-Kontrast-Auspraumlgung ndash Die Bolle des Kontrasts (als drittes Moment neben Similaritaumlt und Kontiguitaumlt) hat aus der phaumlnomenologischen Tradition heraus sehr schoumln und einleuchtend Elmar Holen-stein dargestellt und gerade auch fuumlr die sprachliche Seite als grundlegend bezeichnet laquoDamit uumlberhaupt eine Auswahl (gemeint ist auf der paradigmatischen Achse der Selektion) getroffen werden kann muss sich etwas von etwas abhebenraquo (1976 86) Bruners going beyond the information given kann also zT auch im phaumlnomenologischen Sinn interpretiert werden

Similaritaumlt vs Kontrast ja ja

Fuumlr alle Woumlrter moumlg-lich

ja groszliger Bereich kleiner Bereich (bdquosemantische Struktur-woumlrterldquo)

Die spezifischen Relationen im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System entsprechen dabei in etwa Piagets laquoinfralogischenraquo Relationen oder Spearmans (1923 67-71) laquorealraquo relati-ons die Relationen des Similaritaumlt-Kontrast-Systems entsprechen dagegen Piagets laquologi-schenraquo und in etwa wohl Spearmans (71-74) laquoidealraquo relations Fuumlr die veschiedentlich erwaumlhnte nicht scharfe Trennung der Bereiche II und III duumlrften ua die Teil-Ganzes-Relationen verantwortlich sein die sowohl im laquologischenraquo (Inklusion) als auch im laquoinfralogischenraquo Bereich vorkommen Waumlhrend die Relationen des Similaritaumlt-Kontigui-taumlt-Systems dominant gerichtete Relationen sind ist die Gegensatz-Relation des Similaritaumlt-Kontrast-Systems grundsaumltzlich zweiseitig Abweichungen ergeben sich insbesondere durch Polysemie (vgl o S 12)

Ontogenetisch gesehen werden nun die paradigmatischen Systeme II und III uumlber das syntagmatische System I aufgebaut Dabei nimmt das System II wie aus seinen Merkmalen ersichtlich ist eine Mittelstellung zwischen den Systemen I und III ein - im Sinn der Konzeption Seilers stellt es also gewissermaszligen den bdquoWendepunkt zwischen den beiden Polen der Dimension sprachliche Erfassung von Gegenstaumlnden dar Auch der flieszligende Uumlbergang zwischen den drei Systemen erhellt aus dem Schema die Grenz-faumllle liegen interessanterweise nicht zwischen I und III sondern zwischen den Systemen III (zB Coserius laquolexikalische Solidaritaumltenraquo) und zwischen den Systemen IIIII Es ist somit plausibel dass [p 31] in der Ontogenese die Systeme in der Reihenfolge I-II-III aufgebaut werden Das System III nimmt dabei insofern eine Sonderstellung ein als es wie die letzte Zeile des Schemas nochmals ausweist direkt nur auf einen kleinen aber wichtigen Ausschnitt des Wortschatzes anwendbar ist

Was den Abbau der Sprache bei pathologischer (oder altersbedingter) Beeintraumlchtigung des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems betrifft so ist den vorliegenden Beobachtungen nach die Reihenfolge wohl umgekehrt Das System III wird vor dem System II beeintraumlchtigt Dies entspraumlche der Erkenntnis Jakobsons dass man zuerst verliert was man zuletzt erworben hat44 Was schlieszliglich diachronische Transformationen speziell den Bedeutungswandel betrifft so ist die Affinitaumlt zu Uumlberlegungen sehr wichtig die in Teilbereichen schon Wilhelm Wundt (o S 7) und dann vor allem Stephen Ullman angestellt hat Ullman resuumlmiert ja die Arbeit seines Lands-manns Zoltan Gombocz (Jelentestan Pecs [Fuumlnfkirchen] 1926) und den ihm zu Grunde liegenden Aufsatz von Leacuteonce Roudet (1921) mit folgenden Worten

laquoAn associative network of names clusters around each name some of these associations are rooted in similarity others in contiguityraquo (1967 79)

Dem entspricht dann seine Klassifizierung des Bedeutungswandels (1967 220ff) Uumlbertragung von signantia aufgrund von Similaritaumlt bzw Kontiguitaumlt zwischen den sig-nata bzw umgekehrt Uumlbertragung von signata aufgrund der SimilaritaumltKontiguitaumlt zwi-schen den signantia Zu praumlzisieren waumlre dass es sich nicht um Similaritaumlt oder Kontiguitaumlt handelt sondern um Transfer im Rahmen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- oder 44 Die Arbeit von Stachowiak uumlber die Semantische Struktur des subjektiven Lexikons (1979) bestaumltigt diese Hypothese was dort vorgefuumlhrt wird laumlsst sich mE alles in dem Sinn interpretieren dass bei aphasischem Abbau der Sprache vor allem das System III beeintraumlchtigt wird Nach dem was oben (S 18f) uumlber die Komplexitaumlt von Benennungs- und Assoziations-Aufgaben gesagt wurde unterstreicht dies im Grund auch die These Jakobsons dass es sich im wesentlichen um eine Stoumlrung handelt bei der die metasprachliche Punktion der Sprache beeintraumlchtigt ist

des Similaritaumlt-Kontrast-Systems die Rolle des Kontrasts ist wie schon Wundt sah in der Tat nicht unwichtig45 [p 32]43 Wortfeld-Probleme

Die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen werfen auch ein Licht auf manche Probleme der Wortfeldforschung Zunaumlchst erklaumlren sowohl die Wortassoziationen als auch die Sprechfehler das eher selten reflektierte Phaumlnomen dass die bisher vorgestellten Wortfelder alle aus Elementen derselben Wortart bestehen46 Weiterhin muumlsste man ge-maumlszlig den beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssystemen wohl auch zwischen zwei Grundarten von Wortfeldern unterscheiden zwischen solchen des Similaritaumlt-Kontrast-Typs und solchen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- [p 33] Systems (etwa Wortfeld desWohnens der Werkzeuge der Landschaft)47 In der Form wie sie durch die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen nahegelegt werden vermitteln dabei die Wortfel-

45 Was die Unterscheidung der beiden paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssysteme angeht so fuumlhle ich mich nicht nur in der guten Gesellschaft Ullmans sondern auch in der einer Reihe von Psychologen Sprachpsychologen und Aphasieforschern Jean Piaget und Baumlrbel Inhelder unterscheiden bei der Ordnungsleistung von Kindern zwischen dem Ordnen nach dem Prinzip der Aumlhnlichkeit und nach demjenigen der Konvenienz und etwa analog dazu zwischen den schon erwaumlhnten laquologischenraquo Relatio -nen (Klassifizierung) und den laquoinfralogischenraquo (PiagetInhelder 19731 38ff) Elisabeth Wiig und Diana Globus haben 1971 in einem kontrollierten Assoziationsversuch mit 7 Aphasikern und 7 gesunden Kon -trollpersonen explizit mit Piagets logischen und infralogischen Relationen gearbeitet Das Ergebnis kann nicht nur dahingehend interpretiert werden dass es entsprechend zu diesen Relationen zwei verschie -dene Orientierungs- und Einordnungssysteme gibt sondern auch dahingehend dass das klassifikatorische System (Similaritaumlt-Kontrast-System) sowohl bei Gesunden als auch bei Aphasikern im Verfahren der kontrollierten Assoziation (gegeben ist ein Ausgangsbegriff und die Relation gesucht wird ein Zielwort) nur dann gute Ergebnisse erbringt wenn die Merkmalunterschiede gering sind - und am geringsten sind sie natuumlrlich bei binaumlren Oppositionen also etwa bei Antonymie Sobald die Merkmalsunterschiede groumlszliger werden etwa beim Ausgangsbegriff Kind und dem gesuchten Begriff Eltern sind die Suchergebnisse bei Aphasikern und Gesunden gleichermaszligen schlecht Dagegen funktioniert das infralogische System sowohl bei hoher als auch bei geringer Kontiguitaumlt der Begriffe bei den unter-suchten Aphasikern und den gesunden Kontrollpersonen recht gut (laquoWas ist der Zweck von Heizung - Ergebnis Waumlrme oaraquo) ndash Was die beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssysteme an-langt stehe ich auch weitgehend in Einklang mit James Deese Deese zieht nach einer essentiell faktoranalytischen Untersuchung von Assoziationsverhalten ua folgende Konsequenz (1965 164) laquoThe data on associative distribution suggest that the two fundamental operations we have for sorting out meaningful ndashthat is logical and syntactical relations among wordsndash are contrast and groupingraquo Deese sieht freilich ua nicht die Einordnung in ein Syntagma als dritte Strategie und anhand einer sprachpsychologischen Darstellung des Assoziationsverhaltens wie sie etwa von Houmlrmann (1967 115-156) gegeben wird vermisst man generell den Ansatz Assoziationen als Reflex von Strategien zum Erfas-sen von Bedeutung anzusehen so erscheinen dann viele Beobachtungen die anhand des obigen Schemas sinnvoll integriert werden koumlnnen eher als membra disiecta ndash Ich nenne schlieszliglich noch die Arbeit von Huber et al 1975 und die schon erwaumlhnte Dissertation von Stachowiak (1979) In der Arbeit von 1975 wird ndashbei einer Beschreibung jenes Aphasie-Typs der nach Carl Wernicke benannt istndash unterschieden zwischen zwei Orientierungsprinzipien im Lexikon einem laquosemantisch-klassifikatorischenraquo und einem laquosituativ-referentiellenraquo (1975 88 vgl Stachowiak 1979 58f) Ich bin freilich nicht einverstanden mit der These Stachowiaks es handle sich dabei einerseits um einen laquoinnersprachlichenraquo andererseits um ei-nen laquoenzyklopaumldischenraquo Bereich Wesentlich ist was nochmals betont sein soll fuumlr beide Bereiche als invariantes Prinzip dasjenige der Relation dabei sind die Relationen im einen Fall gewiss klassifikatorisch im anderen laquoinfralogischraquo beide Arten von Relationen sind jedoch gleichermaszligen uumlberindividuell und sie werden gleichermaszligen erlernt46 Geckeler sieht (1971 218) die Wortart-Gleichheit als die gewissermaszligen selbstverstaumlndliche Folge ei -ner paradigmatischen Perspektive an (was einer engen Konzeption von Paradigma entspricht) vgl u S 3547 Wenn ich recht sehe korrespondieren die beiden Grundarten mit einer Unterscheidung die Coseriu (1976 47f) innerhalb eines seiner fuumlnf Kriterien zur Klassifizierung von Wortfeldern macht naumlmlich der Unterscheidung zwischen laquorelationellenraquo und laquosubstantivenraquo Oppositionen bzw Feldern Im Rahmen der hier vorgetragenen Konzeption wird diese Unterscheidung zu einer zentralen Groumlszlige

der des Similaritaumlt-Kontrast-Typs gewissermaszligen zwischen zwei extremen Konzeptio-nen von Wortfeld zwischen der von Andre Jolles und der von Jost Trier Jolles (der des-halb von Trier und anderen gescholten wurde) wollte nur Minimalformen mit jeweils zwei (antonymen) Gliedern als laquoBedeutungsfelderraquo gelten lassen Felder die in dieser Form natuumlrlich fest umgrenzt waumlren (Jolles 1934) Fuumlr Trier galt dagegen das Prinzip der Wert jedes Worts ergebe sich aus dem Feldwert also aus der Position in einem semantischen Feld Das Wort bedeute laquonur in diesem Ganzen und kraft dieses Ganzenraquo Die vermittelnde Position ist die in einem zentralen Antonymenpaar den festen Kern zu sehen um den sich ein ganzes Feld verwandter Termini schart wobei im Normalfall die Grenze des Feldes verschwimmt Das Feld waumlre also nur von seinem zentralen Kern aus als solches zu greifen Geckelers Doppel-Wortfeld zwischen altrsquo und seinen beiden Antonymen jung und neursquo scheint mir de facto im Sinn einer solchen Konzeption interpretierbar zu sein

Die Wortfelder des Similaritaumlt-Kontrast-Typs lassen sich nun wie schon er-waumlhnt in einleuchtender Weise mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Spaumltestens bei dem Versuch Wortfelder des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs merkmalsemantisch zu rekonstruieren treten jedoch betraumlchtliche Schwierigkeiten auf Ein Verfahren auch solche Bereiche bdquodurchsichtig zu machen besteht nun darin dass man an die Spitze eines Feldes neben den eventuell vorhandenen Oberbegriff noch eine der spezifischen Auspraumlgungen der Kontiguitaumlts-Relation stellt (wodurch dann das was die Basiskante BC des Moduls von S 21 ausmacht als Seitenkante bzw Suchbegriff verwendet wird) Pottiers Wortfeld der Sitzmoumlbel im Franzoumlsischen hat als konstituierende Merkmale ne-ben dem Oberbegriff Artefakt eine solche spezifische Auspraumlgung naumlmlich das finale zum Sitzen Die Similaritaumlt die durch diese beiden Merkmale geschaffen wird stellt einerseits das Auswahlkriterium dar nach dem das Feld begrenzt andererseits den Hintergrund an Similaritaumlt vor dem es analysiert werden kann Ein Bereich wie Werk-zeug laumlsst sich um ein weiteres Beispiel zu geben nur schwer merkmalsemantisch beschreiben weil man Begriffe wie Stechbeitel Loumltkolben Nietzange und Maumlhdre-scher zu beruumlcksichtigen haumltte Fuumlgt man jedoch zu Werkzeug die finale Relation zum Bearbeiten von (beispielsweise von Holz) so entsteht ein uumlberschaubares und strukturierbares Feld [p 34]

Dabei zeigt sich nicht nur dass solche Wortfelder in gewissem Maszlig beliebig (re)konstruierbar sind - man kann etwa Katze mit gleichem Recht einmal zu den Haus-tieren ein andermal zu den fleischfressenden Saumlugetieren rechnen Es zeigt sich gleichzeitig dass eine solche Rekonstruktion genau nach dem dritten noogenetischen Prinzip von Spearman verlaumluft Zu einem Ausgangsbegriff (Werkzeug) und einer Rela-tion (zum Bearbeiten von Holz) werden Entsprechungen gesucht und gebildet Unter dem Blickwinkel dieses noogenetischen Prinzips sind Wortfelder nun nicht nur beschreibbar als Ergebnisse eines Verfahrens der kontrollierten Assoziation die beiden angedeuteten Grundtypen von Wortfeldern beruhen dann sogar beide auf demselben Grundprinzip Gegeben ist der Ausgangsbegriff und eine Relation ndash eine Relation die im Fall des Similaritaumlt-Kontrast-Typs die Gegensatzrelation ist im Fall des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs eine finale kausale temporale lokale TeilGanzes-Relation etc Dass solche Konstruktionen oder Rekonstruktionen48 also die Wortfelder der Linguisten keinesfalls - um mit Gauger (zB 1976) zu sprechen - laquobewusstseinsfremdraquo sind zeigt gerade das Verfahren der freien Assoziation dessen Interpretation Ausgangspunkt die-ser Uumlberlegungen war

Dies hat auch Auswirkungen auf das von Saussure aufgeworfene Negativitaumltsproblem Gewiss bedeutet Vater nicht nur Nicht-Mutter sondern auch

48 Von der Konstruktion von Wortfeldern spricht auch Coseriu (zB 1970 113)

Nicht-Sohn Nicht-Barock Nicht-Jahrhundert Bei einer solchen Betrachtung wird je-doch eine bestimmte Art des Gegensatzes die parmenideische Relation des bdquoIst nicht verabsolutiert Sie spielt gewiss eine wichtige Rolle in der Sprache sowohl in der Semantik als auch im Bereich der geschlossenen grammatischen Paradigmen Man sollte jedoch (trotz des Umstands dass die Kontrast-Relation und mit ihr die Relation des oppositiven bdquoIst nicht gerne als laquologischraquo die Relationen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Systems dagegen als laquoinfralogischraquo bezeichnet werden) nicht vergessen dass beide Ar-ten von Relationen unabdingbare Konstanten unseres Wahrnehmens Erfassens und Denkens darstellen und dass eine Semantik die nicht bewusstseinsfremd sein will dementsprechend nicht nur die im Motto auf S 27 angegebenen Oppositionen sondern die ganze Skala moumlglicher Relationen mit in ihr Beschreibungsinstrumentarium aufneh-men muss

44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte

Eugenio Coseriu hat 1977 in seiner Antrittsrede an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften als eines der vier Prinzipien seines Schaffens das Stichwort Tradition und Neuerung genannt Es heiszligt dort laquodass die Geschichte unserer Wissenschaften wie uumlberhaupt die Kultur- [p 35] geschichte Fortsetzung von Traditionen und Erneuerung innerhalb von Traditionen istraquo Man sage eigentlich Neues nur wenn man an Traditionen anknuumlpfe und Traditionen fortsetze (1977 109 vgl 1979 5) Ich habe im vorliegenden Beitrag versucht in mehrfacher Weise an solche Traditionen anzuknuumlpfen ua an diejenige der Assoziationsforschung der Jahrhundertwende Dass hier uumlberhaupt von einem (Wieder-)laquoAnknuumlpfenraquo gesprochen werden muss hat seine Gruumlnde

Der Begriff Assoziation war noch Saussure so gelaumlufig dass er ihn in dem Sinn verwendete in dem heute Paradigma und paradigmatisch gebraucht werden (Saus-sure spricht nicht von paradigmatischen sondern von assoziativen Relationen) Henri Frei oder Charles Bally setzten in dieser Hinsicht nicht nur die Tradition des Meisters fort Bally kannte wie ua einschlaumlgige Stellen aus dem Traiteacute de stylistique franccedilaise von 1909 zeigen offensichtlich auch die Arbeit von Thumb und Marbe sowie den dort angesprochenen Bereich des Assoziierens insbesondere zum Gegenteil hin Seither hat jedoch in der Sprachwissenschaft ein grundlegender Paradigmawechsel stattgefunden Eine im Uumlbermaszlig psychologisierende Stroumlmung wurde wie uumlblich durch das Gegenteil abgeloumlst und seither scheinen die Sprachwissenschaftler den Begriff Assoziation als et-was eher Anruumlchiges zu meiden und allenfalls mit ganz spitzen Fingern anzufassen laquoCest pour eacuteviter le psychologisme adopteacute dans le Cours de F de Saussure que je substi-tue le terme rapport paradigmatique agrave celui de rapport associatifraquo schreibt Louis Hjelmslev der den terminologischen Wandel vollzogen hat in einer Fuszlignote des Vor-trags den er 1936 auf dem Linguisten-Kongress in Kopenhagen gehalten hat (1938140) Interessanterweise ist auch der Anti-Psychologismus wie Gauger zeigen konnte (1976 73-87) bei Saussure schon mit angelegt

Freilich motiviert sowohl die weitere Geschichte der Assoziationsforschung als auch die Auffassung der Sprechfehler diese spitzen Finger in betraumlchtlichem Maszlig beide Phaumlnomene wurden in den Bereich der Abnormalitaumlt und des Pathologischen geruumlckt Was das Versprechen angeht so ist die Ursache kein anderer als Sigmund Freud er griff aus den Sprechfehlern die Meringer und Mayer vorgefuumlhrt hatten vor allem die Gruppe des Versprechens zum Gegenteil hin heraus und interpretierte sie in dem bekannten Sinn Das Versprechen zum Gegenteil hin lege die geheimen Gedanken des Sprechers bloszlig Dies ist ganz ohne Zweifel eine Uumlberinterpretation die in manchen Faumlllen zutreffen

mag fuumlr den Durchschnittsfall jedoch keinerlei Allgemeinguumlltigkeit beanspruchen kann49 Wie nachhal- [p 36] tig die Interpretation Freuds ndashin diesem Fall leiderndash ge-wirkt hat zeigt die Verbindlichkeit jener Bezeichnung mit der man Sprechfehler heute erfasst bdquo(Freudsche) Fehlleistungen Ein in gleichem Maszlig bdquopathologischer Geruch begleitet spaumltestens seit 1910 die Versuche mit Wortassoziationen Carl Gustav Jung machte Versuche mit Assoziationen Kent und Rosanoff hatten die Absicht mit ihrer Liste von 100 Ausgangswoumlrtern und dem Durchschnitt der Assoziationen von 1000 Probanden eine Norm aufzustellen von der sich abnormale Assoziationen abheben soll-ten Die Untersuchung erschien nicht nur in der Zeitschrift American Journal of Insanity sie hieszlig auch noch A Study of Association in Insanity I Association in Normal Subjects Alle seitherigen einschlaumlgigen Assoziations-Listen werden von den Psychologen entspre-chend mit dem Etikett Norm versehen (laquoRussellJenkins-Normraquo laquoPalermoJenkins-Normraquo etc)

Die Haltung spaumlterer Sprachwissenschaftler ist also auch damit zu erklaumlren dass das Assoziieren und die Sprechfehler durch Pathologisierung ihrer ehemaligen (und angemesseneren) Unschuld verlustig gegangen waren Freilich gibt es seit einiger Zeit wieder ein neues und zunehmendes Interesse an Fragestellungen des Sich-Versprechens Assoziierens und der (wirklich zum Bereich des Pathologischen gehoumlrenden) Aphasie-Forschung50 Dass dabei in der Regel die eigentliche Tradition ausgespart wird ist weniger erfreulich Denn es geht nicht nur um eine sehr alte Tradition des Denkens es geht mit der Omnipraumlsenz bestimmter Relationen eigentlich um grundlegende Charakteristika des Sprechens und Denkens selbst

Freiburg Wolfgang Raible

[p 37] Literaturverzeichnis

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49 Vgl hier die analoge Einstufung der Freudschen Konzeption sprachlicher Fehlleistungen bei Kainz 1956 38 - Die Auseinandersetzung zwischen Freud und Meringer war zT sehr heftig Auf einer houmlheren Stufe der Eskalation zieh Meringer Freud beispielsweise der laquoStuumlmperraquo-Haftigkeit auf dem Gebiet des Beobach-tens laquoEr sieht und houmlrt naumlmlich nur das was sich eventuell zur Begruumlndung seiner phantastischen Theorien missbrauchen laumlsst Die unendlich vielen Faumllle die sich dagegen mit Haumlnden und Fuumlszligen straumlu-ben sieht er nicht (1912 55)50 Ich nenne drei Indizien fuumlr die Wiederbelebung der Tradition bzw das verstaumlrkte Interesse an den betreffenden Zusammenhaumlngen Erstens wird die Arbeit von Meringer und Mayer in einem 1973 von Victoria A Fromkin herausgegebenen Sammelband in den beiden Beitraumlgen der Herausgeberin wenigs-tens gelegentlich wenn auch zT falsch zitiert Die Arbeit von Thumb und Marbe wurde 1978 sogar neu ediert Zweitens gibt es insbesondere in den Vereinigten Staaten eine Reihe von Arbeiten zu linguistischen Aspekten der Assoziationsforschung (die wichtigste ist wohl die allerdings weitgehend psychologisch und psychometrisch orientierte von Deese 1965) die zB in den Versuch einer Synthese eingegangen sind den Herbert H Clark 1970 veroumlffentlicht hat (Die Arbeit von Clark ist freilich noch ein wenig zu stark dem Grammatikmodell der Transformationsgrammatik verhaftet) Noumlth (1975) hat den Ansatz von Clark zT weitergefuumlhrt sich zT jedoch auch in kasuistischen Uumlberlegungen gefangen Drittens ist das Wiedererwa-chen des linguistischen Interesses an der Aphasie-Forschung zu vermerken (es war zB schon bei Meringer und Mayer vorhanden) Fuumlr dieses ndashallerdings in Schuumlben auftretendendash Interesse ist nicht zuletzt auch Roman Jakobson verantwortlich

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  • Von der Allgegenwart des Gegensinns
  • (und einiger anderer Relationen)
  • Strategien zur Einordnung semantischer Information
  • Wolfgang Raible (Universitaumlt Freiburg)
  • Eugenio Coseriu zum 2771981
  • 21 Gesetzmaumlszligigkeiten des Assoziierens
  • 211 Argumentum quantitatis
  • 212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt
  • 22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens
  • 311 Syntagmatisches Assoziieren
  • 312 Paradigmatisches Assoziieren
  • 3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System
  • 3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System
  • 32 Sonderfaumllle
  • 41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems
  • 42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semantishyschen Orientierungssystems
  • ja
  • Fuumlr alle Woumlrter moumlgshylich
  • 44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte
  • Freiburg Wolfgang Raible
  • Abel C Uumlber den Gegensinn der Urworte Leipzig 1884
  • Bally C Preacutecis de stylistique Genegraveve 1905
  • Bally C Traiteacute de stylistique franccedilaise Genegraveve 1909
  • Coseriu E Einfuumlhrung in die strukturelle Betrachtung des Wortschatzes Tuumlbingen 1970
  • Coseriu E Probleme der strukturellen Semantik Tuumlbingen 1973
  • Coseriu E Zu Hegels Semantik in Kwartalnik neofilologiczny 24 (1977) 183-193
  • Deese J The Structure of Association in Language and Thought Baltimore 1965
  • Duumlring I Aristoteles Darstellung und Interpretation seines Denkens Heidelberg 1966
  • Esper EA Analogy and Association in Linguistics and Psychology Athens 1973
  • Frei H La grammaire des fautes Genegraveve 1929
  • Fromkin V A (Hg) Speech Errors As Linguistic Evidence The HagueParis 1973
  • Gauger H-M Wort und Sprache Sprachwissenschaftliche Grundfragen Tuumlbingen 1970
  • Gauger H-M Sprachbewusstsein und Sprachwissenschaft Muumlnchen 1976
  • Geckeler H (Hg) Strukturelle Bedeutungslehre Darmstadt 1978
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Page 25: latina.phil2.uni-freiburg.delatina.phil2.uni-freiburg.de/.../Files/Gegensinn_neu.docx  · Web viewZeitschrift für romanische Philologie Bd. 97, Heft 1/2, S. 1-40. Die Seitenangabe

bene Information erst im Hinausgehen uumlber das Gegebene erfasst wird - ein Hinausge-hen das die Psychologen bekanntlich auch Denken nennen Im sprachlichen Erfassen ist so auch das Denken oder laquouumlber das Gegebene Hinausgehenraquo angelegt Das Denk-schema von These Antithese und Synthese spiegelt zB das Dreiecks-Modul des Similaritaumlt-Kontrast-Systems wider Mann und Frau sind in Mensch aufgehoben43

Waumlhrend im Bereich des Similaritaumlt-Kontrast-Systems nicht nur im Prinzip son-dern zT auch materiell gewisse auszligereinzelsprachliche Uumlbereinstimmungen vorhanden sind gibt es im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System natuumlrlich entsprechend dem Erfahrungs- und Lebensbereich kulturelle und soziale Unterschiede Entscheidend ist jedoch auch hier dass Einordnen nicht nur bedeutet in Relation Setzen zu diese Relationen sind ebenso wie die Kontrast-Relation im anderen System wiederum ganz spezifische ihrer-seits in aller Regel uumlberindividuelle Denk-Relationen TeilGanzes Kausalitaumlt Finalitaumlt Zeitrelation Invariant oder auszligereinzelsprachlich sind also die Relationen nicht notwendigerweise dagegen die Terme die durch solche Relationen verbunden sind

42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semanti-schen Orientierungssystems

Nach den vorgefuumlhrten Analysen gibt es drei Strategien zur Wahrnehmung und Einordnung semantischer Information eine dominant syntagmatische und die beiden eben erwaumlhnten paradigmatischen Dabei entspricht die syntagmatische Strategie dem was Hansjakob Seiler im Bereich der bdquosprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden mit Piaget zunaumlchst als Einordnen dann als Individualisierung bezeichnet hat insbeson-dere das paradigmatische Similaritaumlt-Kontrast-System entspricht dagegen dem Seiler-schen Klassifizieren bzw Generalisieren als der anderen polaren Instanz im Bereich der sprachlichen Erfassung von Gegenstaumlnden (Seiler 1981) Die Charakteristika aller drei Orientierungs- und [p 30] Einordnungssysteme sind in der folgenden Uumlbersicht nochmals zusammengestellt

I II IIISyntagmatisches Konti-guitaumlts-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System

Paradigmatisches Similaritaumlt-Kontrast-System

Dominante Strategie Einordnen in ein groumlszlige-res Syntagma (dh in ein komplexeres Zei-chen)

Zuordnung eines Part-ners aus demselben Er-fahrungsbereich (uumlber spezifische Relationen)

Zuordnung eines Anto-nyms (uumlber die Gegen-satz-Relation)

Wortklasse in aller Regel verschie-den

in der Regel gleich gleich

Kontiguitaumlt vs Distanz ja ja

43 Es ist gewiss nicht erstaunlich dass wie Coseriu (1977a) gezeigt hat gerade Hegel in seiner Humboldt-Rezension als Vergleichsgrundlage fuumlr alle Sprachen die Unterscheidung von Gattungen und Arten bzw von laquoAllgemeinheiten und Bestimmtheitenraquo ansieht ndash mit anderen Worten also das DreiecksModul in sei-ner Similaritaumlt-Kontrast-Auspraumlgung ndash Die Bolle des Kontrasts (als drittes Moment neben Similaritaumlt und Kontiguitaumlt) hat aus der phaumlnomenologischen Tradition heraus sehr schoumln und einleuchtend Elmar Holen-stein dargestellt und gerade auch fuumlr die sprachliche Seite als grundlegend bezeichnet laquoDamit uumlberhaupt eine Auswahl (gemeint ist auf der paradigmatischen Achse der Selektion) getroffen werden kann muss sich etwas von etwas abhebenraquo (1976 86) Bruners going beyond the information given kann also zT auch im phaumlnomenologischen Sinn interpretiert werden

Similaritaumlt vs Kontrast ja ja

Fuumlr alle Woumlrter moumlg-lich

ja groszliger Bereich kleiner Bereich (bdquosemantische Struktur-woumlrterldquo)

Die spezifischen Relationen im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System entsprechen dabei in etwa Piagets laquoinfralogischenraquo Relationen oder Spearmans (1923 67-71) laquorealraquo relati-ons die Relationen des Similaritaumlt-Kontrast-Systems entsprechen dagegen Piagets laquologi-schenraquo und in etwa wohl Spearmans (71-74) laquoidealraquo relations Fuumlr die veschiedentlich erwaumlhnte nicht scharfe Trennung der Bereiche II und III duumlrften ua die Teil-Ganzes-Relationen verantwortlich sein die sowohl im laquologischenraquo (Inklusion) als auch im laquoinfralogischenraquo Bereich vorkommen Waumlhrend die Relationen des Similaritaumlt-Kontigui-taumlt-Systems dominant gerichtete Relationen sind ist die Gegensatz-Relation des Similaritaumlt-Kontrast-Systems grundsaumltzlich zweiseitig Abweichungen ergeben sich insbesondere durch Polysemie (vgl o S 12)

Ontogenetisch gesehen werden nun die paradigmatischen Systeme II und III uumlber das syntagmatische System I aufgebaut Dabei nimmt das System II wie aus seinen Merkmalen ersichtlich ist eine Mittelstellung zwischen den Systemen I und III ein - im Sinn der Konzeption Seilers stellt es also gewissermaszligen den bdquoWendepunkt zwischen den beiden Polen der Dimension sprachliche Erfassung von Gegenstaumlnden dar Auch der flieszligende Uumlbergang zwischen den drei Systemen erhellt aus dem Schema die Grenz-faumllle liegen interessanterweise nicht zwischen I und III sondern zwischen den Systemen III (zB Coserius laquolexikalische Solidaritaumltenraquo) und zwischen den Systemen IIIII Es ist somit plausibel dass [p 31] in der Ontogenese die Systeme in der Reihenfolge I-II-III aufgebaut werden Das System III nimmt dabei insofern eine Sonderstellung ein als es wie die letzte Zeile des Schemas nochmals ausweist direkt nur auf einen kleinen aber wichtigen Ausschnitt des Wortschatzes anwendbar ist

Was den Abbau der Sprache bei pathologischer (oder altersbedingter) Beeintraumlchtigung des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems betrifft so ist den vorliegenden Beobachtungen nach die Reihenfolge wohl umgekehrt Das System III wird vor dem System II beeintraumlchtigt Dies entspraumlche der Erkenntnis Jakobsons dass man zuerst verliert was man zuletzt erworben hat44 Was schlieszliglich diachronische Transformationen speziell den Bedeutungswandel betrifft so ist die Affinitaumlt zu Uumlberlegungen sehr wichtig die in Teilbereichen schon Wilhelm Wundt (o S 7) und dann vor allem Stephen Ullman angestellt hat Ullman resuumlmiert ja die Arbeit seines Lands-manns Zoltan Gombocz (Jelentestan Pecs [Fuumlnfkirchen] 1926) und den ihm zu Grunde liegenden Aufsatz von Leacuteonce Roudet (1921) mit folgenden Worten

laquoAn associative network of names clusters around each name some of these associations are rooted in similarity others in contiguityraquo (1967 79)

Dem entspricht dann seine Klassifizierung des Bedeutungswandels (1967 220ff) Uumlbertragung von signantia aufgrund von Similaritaumlt bzw Kontiguitaumlt zwischen den sig-nata bzw umgekehrt Uumlbertragung von signata aufgrund der SimilaritaumltKontiguitaumlt zwi-schen den signantia Zu praumlzisieren waumlre dass es sich nicht um Similaritaumlt oder Kontiguitaumlt handelt sondern um Transfer im Rahmen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- oder 44 Die Arbeit von Stachowiak uumlber die Semantische Struktur des subjektiven Lexikons (1979) bestaumltigt diese Hypothese was dort vorgefuumlhrt wird laumlsst sich mE alles in dem Sinn interpretieren dass bei aphasischem Abbau der Sprache vor allem das System III beeintraumlchtigt wird Nach dem was oben (S 18f) uumlber die Komplexitaumlt von Benennungs- und Assoziations-Aufgaben gesagt wurde unterstreicht dies im Grund auch die These Jakobsons dass es sich im wesentlichen um eine Stoumlrung handelt bei der die metasprachliche Punktion der Sprache beeintraumlchtigt ist

des Similaritaumlt-Kontrast-Systems die Rolle des Kontrasts ist wie schon Wundt sah in der Tat nicht unwichtig45 [p 32]43 Wortfeld-Probleme

Die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen werfen auch ein Licht auf manche Probleme der Wortfeldforschung Zunaumlchst erklaumlren sowohl die Wortassoziationen als auch die Sprechfehler das eher selten reflektierte Phaumlnomen dass die bisher vorgestellten Wortfelder alle aus Elementen derselben Wortart bestehen46 Weiterhin muumlsste man ge-maumlszlig den beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssystemen wohl auch zwischen zwei Grundarten von Wortfeldern unterscheiden zwischen solchen des Similaritaumlt-Kontrast-Typs und solchen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- [p 33] Systems (etwa Wortfeld desWohnens der Werkzeuge der Landschaft)47 In der Form wie sie durch die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen nahegelegt werden vermitteln dabei die Wortfel-

45 Was die Unterscheidung der beiden paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssysteme angeht so fuumlhle ich mich nicht nur in der guten Gesellschaft Ullmans sondern auch in der einer Reihe von Psychologen Sprachpsychologen und Aphasieforschern Jean Piaget und Baumlrbel Inhelder unterscheiden bei der Ordnungsleistung von Kindern zwischen dem Ordnen nach dem Prinzip der Aumlhnlichkeit und nach demjenigen der Konvenienz und etwa analog dazu zwischen den schon erwaumlhnten laquologischenraquo Relatio -nen (Klassifizierung) und den laquoinfralogischenraquo (PiagetInhelder 19731 38ff) Elisabeth Wiig und Diana Globus haben 1971 in einem kontrollierten Assoziationsversuch mit 7 Aphasikern und 7 gesunden Kon -trollpersonen explizit mit Piagets logischen und infralogischen Relationen gearbeitet Das Ergebnis kann nicht nur dahingehend interpretiert werden dass es entsprechend zu diesen Relationen zwei verschie -dene Orientierungs- und Einordnungssysteme gibt sondern auch dahingehend dass das klassifikatorische System (Similaritaumlt-Kontrast-System) sowohl bei Gesunden als auch bei Aphasikern im Verfahren der kontrollierten Assoziation (gegeben ist ein Ausgangsbegriff und die Relation gesucht wird ein Zielwort) nur dann gute Ergebnisse erbringt wenn die Merkmalunterschiede gering sind - und am geringsten sind sie natuumlrlich bei binaumlren Oppositionen also etwa bei Antonymie Sobald die Merkmalsunterschiede groumlszliger werden etwa beim Ausgangsbegriff Kind und dem gesuchten Begriff Eltern sind die Suchergebnisse bei Aphasikern und Gesunden gleichermaszligen schlecht Dagegen funktioniert das infralogische System sowohl bei hoher als auch bei geringer Kontiguitaumlt der Begriffe bei den unter-suchten Aphasikern und den gesunden Kontrollpersonen recht gut (laquoWas ist der Zweck von Heizung - Ergebnis Waumlrme oaraquo) ndash Was die beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssysteme an-langt stehe ich auch weitgehend in Einklang mit James Deese Deese zieht nach einer essentiell faktoranalytischen Untersuchung von Assoziationsverhalten ua folgende Konsequenz (1965 164) laquoThe data on associative distribution suggest that the two fundamental operations we have for sorting out meaningful ndashthat is logical and syntactical relations among wordsndash are contrast and groupingraquo Deese sieht freilich ua nicht die Einordnung in ein Syntagma als dritte Strategie und anhand einer sprachpsychologischen Darstellung des Assoziationsverhaltens wie sie etwa von Houmlrmann (1967 115-156) gegeben wird vermisst man generell den Ansatz Assoziationen als Reflex von Strategien zum Erfas-sen von Bedeutung anzusehen so erscheinen dann viele Beobachtungen die anhand des obigen Schemas sinnvoll integriert werden koumlnnen eher als membra disiecta ndash Ich nenne schlieszliglich noch die Arbeit von Huber et al 1975 und die schon erwaumlhnte Dissertation von Stachowiak (1979) In der Arbeit von 1975 wird ndashbei einer Beschreibung jenes Aphasie-Typs der nach Carl Wernicke benannt istndash unterschieden zwischen zwei Orientierungsprinzipien im Lexikon einem laquosemantisch-klassifikatorischenraquo und einem laquosituativ-referentiellenraquo (1975 88 vgl Stachowiak 1979 58f) Ich bin freilich nicht einverstanden mit der These Stachowiaks es handle sich dabei einerseits um einen laquoinnersprachlichenraquo andererseits um ei-nen laquoenzyklopaumldischenraquo Bereich Wesentlich ist was nochmals betont sein soll fuumlr beide Bereiche als invariantes Prinzip dasjenige der Relation dabei sind die Relationen im einen Fall gewiss klassifikatorisch im anderen laquoinfralogischraquo beide Arten von Relationen sind jedoch gleichermaszligen uumlberindividuell und sie werden gleichermaszligen erlernt46 Geckeler sieht (1971 218) die Wortart-Gleichheit als die gewissermaszligen selbstverstaumlndliche Folge ei -ner paradigmatischen Perspektive an (was einer engen Konzeption von Paradigma entspricht) vgl u S 3547 Wenn ich recht sehe korrespondieren die beiden Grundarten mit einer Unterscheidung die Coseriu (1976 47f) innerhalb eines seiner fuumlnf Kriterien zur Klassifizierung von Wortfeldern macht naumlmlich der Unterscheidung zwischen laquorelationellenraquo und laquosubstantivenraquo Oppositionen bzw Feldern Im Rahmen der hier vorgetragenen Konzeption wird diese Unterscheidung zu einer zentralen Groumlszlige

der des Similaritaumlt-Kontrast-Typs gewissermaszligen zwischen zwei extremen Konzeptio-nen von Wortfeld zwischen der von Andre Jolles und der von Jost Trier Jolles (der des-halb von Trier und anderen gescholten wurde) wollte nur Minimalformen mit jeweils zwei (antonymen) Gliedern als laquoBedeutungsfelderraquo gelten lassen Felder die in dieser Form natuumlrlich fest umgrenzt waumlren (Jolles 1934) Fuumlr Trier galt dagegen das Prinzip der Wert jedes Worts ergebe sich aus dem Feldwert also aus der Position in einem semantischen Feld Das Wort bedeute laquonur in diesem Ganzen und kraft dieses Ganzenraquo Die vermittelnde Position ist die in einem zentralen Antonymenpaar den festen Kern zu sehen um den sich ein ganzes Feld verwandter Termini schart wobei im Normalfall die Grenze des Feldes verschwimmt Das Feld waumlre also nur von seinem zentralen Kern aus als solches zu greifen Geckelers Doppel-Wortfeld zwischen altrsquo und seinen beiden Antonymen jung und neursquo scheint mir de facto im Sinn einer solchen Konzeption interpretierbar zu sein

Die Wortfelder des Similaritaumlt-Kontrast-Typs lassen sich nun wie schon er-waumlhnt in einleuchtender Weise mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Spaumltestens bei dem Versuch Wortfelder des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs merkmalsemantisch zu rekonstruieren treten jedoch betraumlchtliche Schwierigkeiten auf Ein Verfahren auch solche Bereiche bdquodurchsichtig zu machen besteht nun darin dass man an die Spitze eines Feldes neben den eventuell vorhandenen Oberbegriff noch eine der spezifischen Auspraumlgungen der Kontiguitaumlts-Relation stellt (wodurch dann das was die Basiskante BC des Moduls von S 21 ausmacht als Seitenkante bzw Suchbegriff verwendet wird) Pottiers Wortfeld der Sitzmoumlbel im Franzoumlsischen hat als konstituierende Merkmale ne-ben dem Oberbegriff Artefakt eine solche spezifische Auspraumlgung naumlmlich das finale zum Sitzen Die Similaritaumlt die durch diese beiden Merkmale geschaffen wird stellt einerseits das Auswahlkriterium dar nach dem das Feld begrenzt andererseits den Hintergrund an Similaritaumlt vor dem es analysiert werden kann Ein Bereich wie Werk-zeug laumlsst sich um ein weiteres Beispiel zu geben nur schwer merkmalsemantisch beschreiben weil man Begriffe wie Stechbeitel Loumltkolben Nietzange und Maumlhdre-scher zu beruumlcksichtigen haumltte Fuumlgt man jedoch zu Werkzeug die finale Relation zum Bearbeiten von (beispielsweise von Holz) so entsteht ein uumlberschaubares und strukturierbares Feld [p 34]

Dabei zeigt sich nicht nur dass solche Wortfelder in gewissem Maszlig beliebig (re)konstruierbar sind - man kann etwa Katze mit gleichem Recht einmal zu den Haus-tieren ein andermal zu den fleischfressenden Saumlugetieren rechnen Es zeigt sich gleichzeitig dass eine solche Rekonstruktion genau nach dem dritten noogenetischen Prinzip von Spearman verlaumluft Zu einem Ausgangsbegriff (Werkzeug) und einer Rela-tion (zum Bearbeiten von Holz) werden Entsprechungen gesucht und gebildet Unter dem Blickwinkel dieses noogenetischen Prinzips sind Wortfelder nun nicht nur beschreibbar als Ergebnisse eines Verfahrens der kontrollierten Assoziation die beiden angedeuteten Grundtypen von Wortfeldern beruhen dann sogar beide auf demselben Grundprinzip Gegeben ist der Ausgangsbegriff und eine Relation ndash eine Relation die im Fall des Similaritaumlt-Kontrast-Typs die Gegensatzrelation ist im Fall des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs eine finale kausale temporale lokale TeilGanzes-Relation etc Dass solche Konstruktionen oder Rekonstruktionen48 also die Wortfelder der Linguisten keinesfalls - um mit Gauger (zB 1976) zu sprechen - laquobewusstseinsfremdraquo sind zeigt gerade das Verfahren der freien Assoziation dessen Interpretation Ausgangspunkt die-ser Uumlberlegungen war

Dies hat auch Auswirkungen auf das von Saussure aufgeworfene Negativitaumltsproblem Gewiss bedeutet Vater nicht nur Nicht-Mutter sondern auch

48 Von der Konstruktion von Wortfeldern spricht auch Coseriu (zB 1970 113)

Nicht-Sohn Nicht-Barock Nicht-Jahrhundert Bei einer solchen Betrachtung wird je-doch eine bestimmte Art des Gegensatzes die parmenideische Relation des bdquoIst nicht verabsolutiert Sie spielt gewiss eine wichtige Rolle in der Sprache sowohl in der Semantik als auch im Bereich der geschlossenen grammatischen Paradigmen Man sollte jedoch (trotz des Umstands dass die Kontrast-Relation und mit ihr die Relation des oppositiven bdquoIst nicht gerne als laquologischraquo die Relationen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Systems dagegen als laquoinfralogischraquo bezeichnet werden) nicht vergessen dass beide Ar-ten von Relationen unabdingbare Konstanten unseres Wahrnehmens Erfassens und Denkens darstellen und dass eine Semantik die nicht bewusstseinsfremd sein will dementsprechend nicht nur die im Motto auf S 27 angegebenen Oppositionen sondern die ganze Skala moumlglicher Relationen mit in ihr Beschreibungsinstrumentarium aufneh-men muss

44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte

Eugenio Coseriu hat 1977 in seiner Antrittsrede an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften als eines der vier Prinzipien seines Schaffens das Stichwort Tradition und Neuerung genannt Es heiszligt dort laquodass die Geschichte unserer Wissenschaften wie uumlberhaupt die Kultur- [p 35] geschichte Fortsetzung von Traditionen und Erneuerung innerhalb von Traditionen istraquo Man sage eigentlich Neues nur wenn man an Traditionen anknuumlpfe und Traditionen fortsetze (1977 109 vgl 1979 5) Ich habe im vorliegenden Beitrag versucht in mehrfacher Weise an solche Traditionen anzuknuumlpfen ua an diejenige der Assoziationsforschung der Jahrhundertwende Dass hier uumlberhaupt von einem (Wieder-)laquoAnknuumlpfenraquo gesprochen werden muss hat seine Gruumlnde

Der Begriff Assoziation war noch Saussure so gelaumlufig dass er ihn in dem Sinn verwendete in dem heute Paradigma und paradigmatisch gebraucht werden (Saus-sure spricht nicht von paradigmatischen sondern von assoziativen Relationen) Henri Frei oder Charles Bally setzten in dieser Hinsicht nicht nur die Tradition des Meisters fort Bally kannte wie ua einschlaumlgige Stellen aus dem Traiteacute de stylistique franccedilaise von 1909 zeigen offensichtlich auch die Arbeit von Thumb und Marbe sowie den dort angesprochenen Bereich des Assoziierens insbesondere zum Gegenteil hin Seither hat jedoch in der Sprachwissenschaft ein grundlegender Paradigmawechsel stattgefunden Eine im Uumlbermaszlig psychologisierende Stroumlmung wurde wie uumlblich durch das Gegenteil abgeloumlst und seither scheinen die Sprachwissenschaftler den Begriff Assoziation als et-was eher Anruumlchiges zu meiden und allenfalls mit ganz spitzen Fingern anzufassen laquoCest pour eacuteviter le psychologisme adopteacute dans le Cours de F de Saussure que je substi-tue le terme rapport paradigmatique agrave celui de rapport associatifraquo schreibt Louis Hjelmslev der den terminologischen Wandel vollzogen hat in einer Fuszlignote des Vor-trags den er 1936 auf dem Linguisten-Kongress in Kopenhagen gehalten hat (1938140) Interessanterweise ist auch der Anti-Psychologismus wie Gauger zeigen konnte (1976 73-87) bei Saussure schon mit angelegt

Freilich motiviert sowohl die weitere Geschichte der Assoziationsforschung als auch die Auffassung der Sprechfehler diese spitzen Finger in betraumlchtlichem Maszlig beide Phaumlnomene wurden in den Bereich der Abnormalitaumlt und des Pathologischen geruumlckt Was das Versprechen angeht so ist die Ursache kein anderer als Sigmund Freud er griff aus den Sprechfehlern die Meringer und Mayer vorgefuumlhrt hatten vor allem die Gruppe des Versprechens zum Gegenteil hin heraus und interpretierte sie in dem bekannten Sinn Das Versprechen zum Gegenteil hin lege die geheimen Gedanken des Sprechers bloszlig Dies ist ganz ohne Zweifel eine Uumlberinterpretation die in manchen Faumlllen zutreffen

mag fuumlr den Durchschnittsfall jedoch keinerlei Allgemeinguumlltigkeit beanspruchen kann49 Wie nachhal- [p 36] tig die Interpretation Freuds ndashin diesem Fall leiderndash ge-wirkt hat zeigt die Verbindlichkeit jener Bezeichnung mit der man Sprechfehler heute erfasst bdquo(Freudsche) Fehlleistungen Ein in gleichem Maszlig bdquopathologischer Geruch begleitet spaumltestens seit 1910 die Versuche mit Wortassoziationen Carl Gustav Jung machte Versuche mit Assoziationen Kent und Rosanoff hatten die Absicht mit ihrer Liste von 100 Ausgangswoumlrtern und dem Durchschnitt der Assoziationen von 1000 Probanden eine Norm aufzustellen von der sich abnormale Assoziationen abheben soll-ten Die Untersuchung erschien nicht nur in der Zeitschrift American Journal of Insanity sie hieszlig auch noch A Study of Association in Insanity I Association in Normal Subjects Alle seitherigen einschlaumlgigen Assoziations-Listen werden von den Psychologen entspre-chend mit dem Etikett Norm versehen (laquoRussellJenkins-Normraquo laquoPalermoJenkins-Normraquo etc)

Die Haltung spaumlterer Sprachwissenschaftler ist also auch damit zu erklaumlren dass das Assoziieren und die Sprechfehler durch Pathologisierung ihrer ehemaligen (und angemesseneren) Unschuld verlustig gegangen waren Freilich gibt es seit einiger Zeit wieder ein neues und zunehmendes Interesse an Fragestellungen des Sich-Versprechens Assoziierens und der (wirklich zum Bereich des Pathologischen gehoumlrenden) Aphasie-Forschung50 Dass dabei in der Regel die eigentliche Tradition ausgespart wird ist weniger erfreulich Denn es geht nicht nur um eine sehr alte Tradition des Denkens es geht mit der Omnipraumlsenz bestimmter Relationen eigentlich um grundlegende Charakteristika des Sprechens und Denkens selbst

Freiburg Wolfgang Raible

[p 37] Literaturverzeichnis

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49 Vgl hier die analoge Einstufung der Freudschen Konzeption sprachlicher Fehlleistungen bei Kainz 1956 38 - Die Auseinandersetzung zwischen Freud und Meringer war zT sehr heftig Auf einer houmlheren Stufe der Eskalation zieh Meringer Freud beispielsweise der laquoStuumlmperraquo-Haftigkeit auf dem Gebiet des Beobach-tens laquoEr sieht und houmlrt naumlmlich nur das was sich eventuell zur Begruumlndung seiner phantastischen Theorien missbrauchen laumlsst Die unendlich vielen Faumllle die sich dagegen mit Haumlnden und Fuumlszligen straumlu-ben sieht er nicht (1912 55)50 Ich nenne drei Indizien fuumlr die Wiederbelebung der Tradition bzw das verstaumlrkte Interesse an den betreffenden Zusammenhaumlngen Erstens wird die Arbeit von Meringer und Mayer in einem 1973 von Victoria A Fromkin herausgegebenen Sammelband in den beiden Beitraumlgen der Herausgeberin wenigs-tens gelegentlich wenn auch zT falsch zitiert Die Arbeit von Thumb und Marbe wurde 1978 sogar neu ediert Zweitens gibt es insbesondere in den Vereinigten Staaten eine Reihe von Arbeiten zu linguistischen Aspekten der Assoziationsforschung (die wichtigste ist wohl die allerdings weitgehend psychologisch und psychometrisch orientierte von Deese 1965) die zB in den Versuch einer Synthese eingegangen sind den Herbert H Clark 1970 veroumlffentlicht hat (Die Arbeit von Clark ist freilich noch ein wenig zu stark dem Grammatikmodell der Transformationsgrammatik verhaftet) Noumlth (1975) hat den Ansatz von Clark zT weitergefuumlhrt sich zT jedoch auch in kasuistischen Uumlberlegungen gefangen Drittens ist das Wiedererwa-chen des linguistischen Interesses an der Aphasie-Forschung zu vermerken (es war zB schon bei Meringer und Mayer vorhanden) Fuumlr dieses ndashallerdings in Schuumlben auftretendendash Interesse ist nicht zuletzt auch Roman Jakobson verantwortlich

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  • Von der Allgegenwart des Gegensinns
  • (und einiger anderer Relationen)
  • Strategien zur Einordnung semantischer Information
  • Wolfgang Raible (Universitaumlt Freiburg)
  • Eugenio Coseriu zum 2771981
  • 21 Gesetzmaumlszligigkeiten des Assoziierens
  • 211 Argumentum quantitatis
  • 212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt
  • 22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens
  • 311 Syntagmatisches Assoziieren
  • 312 Paradigmatisches Assoziieren
  • 3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System
  • 3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System
  • 32 Sonderfaumllle
  • 41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems
  • 42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semantishyschen Orientierungssystems
  • ja
  • Fuumlr alle Woumlrter moumlgshylich
  • 44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte
  • Freiburg Wolfgang Raible
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Page 26: latina.phil2.uni-freiburg.delatina.phil2.uni-freiburg.de/.../Files/Gegensinn_neu.docx  · Web viewZeitschrift für romanische Philologie Bd. 97, Heft 1/2, S. 1-40. Die Seitenangabe

Similaritaumlt vs Kontrast ja ja

Fuumlr alle Woumlrter moumlg-lich

ja groszliger Bereich kleiner Bereich (bdquosemantische Struktur-woumlrterldquo)

Die spezifischen Relationen im Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System entsprechen dabei in etwa Piagets laquoinfralogischenraquo Relationen oder Spearmans (1923 67-71) laquorealraquo relati-ons die Relationen des Similaritaumlt-Kontrast-Systems entsprechen dagegen Piagets laquologi-schenraquo und in etwa wohl Spearmans (71-74) laquoidealraquo relations Fuumlr die veschiedentlich erwaumlhnte nicht scharfe Trennung der Bereiche II und III duumlrften ua die Teil-Ganzes-Relationen verantwortlich sein die sowohl im laquologischenraquo (Inklusion) als auch im laquoinfralogischenraquo Bereich vorkommen Waumlhrend die Relationen des Similaritaumlt-Kontigui-taumlt-Systems dominant gerichtete Relationen sind ist die Gegensatz-Relation des Similaritaumlt-Kontrast-Systems grundsaumltzlich zweiseitig Abweichungen ergeben sich insbesondere durch Polysemie (vgl o S 12)

Ontogenetisch gesehen werden nun die paradigmatischen Systeme II und III uumlber das syntagmatische System I aufgebaut Dabei nimmt das System II wie aus seinen Merkmalen ersichtlich ist eine Mittelstellung zwischen den Systemen I und III ein - im Sinn der Konzeption Seilers stellt es also gewissermaszligen den bdquoWendepunkt zwischen den beiden Polen der Dimension sprachliche Erfassung von Gegenstaumlnden dar Auch der flieszligende Uumlbergang zwischen den drei Systemen erhellt aus dem Schema die Grenz-faumllle liegen interessanterweise nicht zwischen I und III sondern zwischen den Systemen III (zB Coserius laquolexikalische Solidaritaumltenraquo) und zwischen den Systemen IIIII Es ist somit plausibel dass [p 31] in der Ontogenese die Systeme in der Reihenfolge I-II-III aufgebaut werden Das System III nimmt dabei insofern eine Sonderstellung ein als es wie die letzte Zeile des Schemas nochmals ausweist direkt nur auf einen kleinen aber wichtigen Ausschnitt des Wortschatzes anwendbar ist

Was den Abbau der Sprache bei pathologischer (oder altersbedingter) Beeintraumlchtigung des semantischen Orientierungs- und Einordnungssystems betrifft so ist den vorliegenden Beobachtungen nach die Reihenfolge wohl umgekehrt Das System III wird vor dem System II beeintraumlchtigt Dies entspraumlche der Erkenntnis Jakobsons dass man zuerst verliert was man zuletzt erworben hat44 Was schlieszliglich diachronische Transformationen speziell den Bedeutungswandel betrifft so ist die Affinitaumlt zu Uumlberlegungen sehr wichtig die in Teilbereichen schon Wilhelm Wundt (o S 7) und dann vor allem Stephen Ullman angestellt hat Ullman resuumlmiert ja die Arbeit seines Lands-manns Zoltan Gombocz (Jelentestan Pecs [Fuumlnfkirchen] 1926) und den ihm zu Grunde liegenden Aufsatz von Leacuteonce Roudet (1921) mit folgenden Worten

laquoAn associative network of names clusters around each name some of these associations are rooted in similarity others in contiguityraquo (1967 79)

Dem entspricht dann seine Klassifizierung des Bedeutungswandels (1967 220ff) Uumlbertragung von signantia aufgrund von Similaritaumlt bzw Kontiguitaumlt zwischen den sig-nata bzw umgekehrt Uumlbertragung von signata aufgrund der SimilaritaumltKontiguitaumlt zwi-schen den signantia Zu praumlzisieren waumlre dass es sich nicht um Similaritaumlt oder Kontiguitaumlt handelt sondern um Transfer im Rahmen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- oder 44 Die Arbeit von Stachowiak uumlber die Semantische Struktur des subjektiven Lexikons (1979) bestaumltigt diese Hypothese was dort vorgefuumlhrt wird laumlsst sich mE alles in dem Sinn interpretieren dass bei aphasischem Abbau der Sprache vor allem das System III beeintraumlchtigt wird Nach dem was oben (S 18f) uumlber die Komplexitaumlt von Benennungs- und Assoziations-Aufgaben gesagt wurde unterstreicht dies im Grund auch die These Jakobsons dass es sich im wesentlichen um eine Stoumlrung handelt bei der die metasprachliche Punktion der Sprache beeintraumlchtigt ist

des Similaritaumlt-Kontrast-Systems die Rolle des Kontrasts ist wie schon Wundt sah in der Tat nicht unwichtig45 [p 32]43 Wortfeld-Probleme

Die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen werfen auch ein Licht auf manche Probleme der Wortfeldforschung Zunaumlchst erklaumlren sowohl die Wortassoziationen als auch die Sprechfehler das eher selten reflektierte Phaumlnomen dass die bisher vorgestellten Wortfelder alle aus Elementen derselben Wortart bestehen46 Weiterhin muumlsste man ge-maumlszlig den beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssystemen wohl auch zwischen zwei Grundarten von Wortfeldern unterscheiden zwischen solchen des Similaritaumlt-Kontrast-Typs und solchen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- [p 33] Systems (etwa Wortfeld desWohnens der Werkzeuge der Landschaft)47 In der Form wie sie durch die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen nahegelegt werden vermitteln dabei die Wortfel-

45 Was die Unterscheidung der beiden paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssysteme angeht so fuumlhle ich mich nicht nur in der guten Gesellschaft Ullmans sondern auch in der einer Reihe von Psychologen Sprachpsychologen und Aphasieforschern Jean Piaget und Baumlrbel Inhelder unterscheiden bei der Ordnungsleistung von Kindern zwischen dem Ordnen nach dem Prinzip der Aumlhnlichkeit und nach demjenigen der Konvenienz und etwa analog dazu zwischen den schon erwaumlhnten laquologischenraquo Relatio -nen (Klassifizierung) und den laquoinfralogischenraquo (PiagetInhelder 19731 38ff) Elisabeth Wiig und Diana Globus haben 1971 in einem kontrollierten Assoziationsversuch mit 7 Aphasikern und 7 gesunden Kon -trollpersonen explizit mit Piagets logischen und infralogischen Relationen gearbeitet Das Ergebnis kann nicht nur dahingehend interpretiert werden dass es entsprechend zu diesen Relationen zwei verschie -dene Orientierungs- und Einordnungssysteme gibt sondern auch dahingehend dass das klassifikatorische System (Similaritaumlt-Kontrast-System) sowohl bei Gesunden als auch bei Aphasikern im Verfahren der kontrollierten Assoziation (gegeben ist ein Ausgangsbegriff und die Relation gesucht wird ein Zielwort) nur dann gute Ergebnisse erbringt wenn die Merkmalunterschiede gering sind - und am geringsten sind sie natuumlrlich bei binaumlren Oppositionen also etwa bei Antonymie Sobald die Merkmalsunterschiede groumlszliger werden etwa beim Ausgangsbegriff Kind und dem gesuchten Begriff Eltern sind die Suchergebnisse bei Aphasikern und Gesunden gleichermaszligen schlecht Dagegen funktioniert das infralogische System sowohl bei hoher als auch bei geringer Kontiguitaumlt der Begriffe bei den unter-suchten Aphasikern und den gesunden Kontrollpersonen recht gut (laquoWas ist der Zweck von Heizung - Ergebnis Waumlrme oaraquo) ndash Was die beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssysteme an-langt stehe ich auch weitgehend in Einklang mit James Deese Deese zieht nach einer essentiell faktoranalytischen Untersuchung von Assoziationsverhalten ua folgende Konsequenz (1965 164) laquoThe data on associative distribution suggest that the two fundamental operations we have for sorting out meaningful ndashthat is logical and syntactical relations among wordsndash are contrast and groupingraquo Deese sieht freilich ua nicht die Einordnung in ein Syntagma als dritte Strategie und anhand einer sprachpsychologischen Darstellung des Assoziationsverhaltens wie sie etwa von Houmlrmann (1967 115-156) gegeben wird vermisst man generell den Ansatz Assoziationen als Reflex von Strategien zum Erfas-sen von Bedeutung anzusehen so erscheinen dann viele Beobachtungen die anhand des obigen Schemas sinnvoll integriert werden koumlnnen eher als membra disiecta ndash Ich nenne schlieszliglich noch die Arbeit von Huber et al 1975 und die schon erwaumlhnte Dissertation von Stachowiak (1979) In der Arbeit von 1975 wird ndashbei einer Beschreibung jenes Aphasie-Typs der nach Carl Wernicke benannt istndash unterschieden zwischen zwei Orientierungsprinzipien im Lexikon einem laquosemantisch-klassifikatorischenraquo und einem laquosituativ-referentiellenraquo (1975 88 vgl Stachowiak 1979 58f) Ich bin freilich nicht einverstanden mit der These Stachowiaks es handle sich dabei einerseits um einen laquoinnersprachlichenraquo andererseits um ei-nen laquoenzyklopaumldischenraquo Bereich Wesentlich ist was nochmals betont sein soll fuumlr beide Bereiche als invariantes Prinzip dasjenige der Relation dabei sind die Relationen im einen Fall gewiss klassifikatorisch im anderen laquoinfralogischraquo beide Arten von Relationen sind jedoch gleichermaszligen uumlberindividuell und sie werden gleichermaszligen erlernt46 Geckeler sieht (1971 218) die Wortart-Gleichheit als die gewissermaszligen selbstverstaumlndliche Folge ei -ner paradigmatischen Perspektive an (was einer engen Konzeption von Paradigma entspricht) vgl u S 3547 Wenn ich recht sehe korrespondieren die beiden Grundarten mit einer Unterscheidung die Coseriu (1976 47f) innerhalb eines seiner fuumlnf Kriterien zur Klassifizierung von Wortfeldern macht naumlmlich der Unterscheidung zwischen laquorelationellenraquo und laquosubstantivenraquo Oppositionen bzw Feldern Im Rahmen der hier vorgetragenen Konzeption wird diese Unterscheidung zu einer zentralen Groumlszlige

der des Similaritaumlt-Kontrast-Typs gewissermaszligen zwischen zwei extremen Konzeptio-nen von Wortfeld zwischen der von Andre Jolles und der von Jost Trier Jolles (der des-halb von Trier und anderen gescholten wurde) wollte nur Minimalformen mit jeweils zwei (antonymen) Gliedern als laquoBedeutungsfelderraquo gelten lassen Felder die in dieser Form natuumlrlich fest umgrenzt waumlren (Jolles 1934) Fuumlr Trier galt dagegen das Prinzip der Wert jedes Worts ergebe sich aus dem Feldwert also aus der Position in einem semantischen Feld Das Wort bedeute laquonur in diesem Ganzen und kraft dieses Ganzenraquo Die vermittelnde Position ist die in einem zentralen Antonymenpaar den festen Kern zu sehen um den sich ein ganzes Feld verwandter Termini schart wobei im Normalfall die Grenze des Feldes verschwimmt Das Feld waumlre also nur von seinem zentralen Kern aus als solches zu greifen Geckelers Doppel-Wortfeld zwischen altrsquo und seinen beiden Antonymen jung und neursquo scheint mir de facto im Sinn einer solchen Konzeption interpretierbar zu sein

Die Wortfelder des Similaritaumlt-Kontrast-Typs lassen sich nun wie schon er-waumlhnt in einleuchtender Weise mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Spaumltestens bei dem Versuch Wortfelder des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs merkmalsemantisch zu rekonstruieren treten jedoch betraumlchtliche Schwierigkeiten auf Ein Verfahren auch solche Bereiche bdquodurchsichtig zu machen besteht nun darin dass man an die Spitze eines Feldes neben den eventuell vorhandenen Oberbegriff noch eine der spezifischen Auspraumlgungen der Kontiguitaumlts-Relation stellt (wodurch dann das was die Basiskante BC des Moduls von S 21 ausmacht als Seitenkante bzw Suchbegriff verwendet wird) Pottiers Wortfeld der Sitzmoumlbel im Franzoumlsischen hat als konstituierende Merkmale ne-ben dem Oberbegriff Artefakt eine solche spezifische Auspraumlgung naumlmlich das finale zum Sitzen Die Similaritaumlt die durch diese beiden Merkmale geschaffen wird stellt einerseits das Auswahlkriterium dar nach dem das Feld begrenzt andererseits den Hintergrund an Similaritaumlt vor dem es analysiert werden kann Ein Bereich wie Werk-zeug laumlsst sich um ein weiteres Beispiel zu geben nur schwer merkmalsemantisch beschreiben weil man Begriffe wie Stechbeitel Loumltkolben Nietzange und Maumlhdre-scher zu beruumlcksichtigen haumltte Fuumlgt man jedoch zu Werkzeug die finale Relation zum Bearbeiten von (beispielsweise von Holz) so entsteht ein uumlberschaubares und strukturierbares Feld [p 34]

Dabei zeigt sich nicht nur dass solche Wortfelder in gewissem Maszlig beliebig (re)konstruierbar sind - man kann etwa Katze mit gleichem Recht einmal zu den Haus-tieren ein andermal zu den fleischfressenden Saumlugetieren rechnen Es zeigt sich gleichzeitig dass eine solche Rekonstruktion genau nach dem dritten noogenetischen Prinzip von Spearman verlaumluft Zu einem Ausgangsbegriff (Werkzeug) und einer Rela-tion (zum Bearbeiten von Holz) werden Entsprechungen gesucht und gebildet Unter dem Blickwinkel dieses noogenetischen Prinzips sind Wortfelder nun nicht nur beschreibbar als Ergebnisse eines Verfahrens der kontrollierten Assoziation die beiden angedeuteten Grundtypen von Wortfeldern beruhen dann sogar beide auf demselben Grundprinzip Gegeben ist der Ausgangsbegriff und eine Relation ndash eine Relation die im Fall des Similaritaumlt-Kontrast-Typs die Gegensatzrelation ist im Fall des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs eine finale kausale temporale lokale TeilGanzes-Relation etc Dass solche Konstruktionen oder Rekonstruktionen48 also die Wortfelder der Linguisten keinesfalls - um mit Gauger (zB 1976) zu sprechen - laquobewusstseinsfremdraquo sind zeigt gerade das Verfahren der freien Assoziation dessen Interpretation Ausgangspunkt die-ser Uumlberlegungen war

Dies hat auch Auswirkungen auf das von Saussure aufgeworfene Negativitaumltsproblem Gewiss bedeutet Vater nicht nur Nicht-Mutter sondern auch

48 Von der Konstruktion von Wortfeldern spricht auch Coseriu (zB 1970 113)

Nicht-Sohn Nicht-Barock Nicht-Jahrhundert Bei einer solchen Betrachtung wird je-doch eine bestimmte Art des Gegensatzes die parmenideische Relation des bdquoIst nicht verabsolutiert Sie spielt gewiss eine wichtige Rolle in der Sprache sowohl in der Semantik als auch im Bereich der geschlossenen grammatischen Paradigmen Man sollte jedoch (trotz des Umstands dass die Kontrast-Relation und mit ihr die Relation des oppositiven bdquoIst nicht gerne als laquologischraquo die Relationen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Systems dagegen als laquoinfralogischraquo bezeichnet werden) nicht vergessen dass beide Ar-ten von Relationen unabdingbare Konstanten unseres Wahrnehmens Erfassens und Denkens darstellen und dass eine Semantik die nicht bewusstseinsfremd sein will dementsprechend nicht nur die im Motto auf S 27 angegebenen Oppositionen sondern die ganze Skala moumlglicher Relationen mit in ihr Beschreibungsinstrumentarium aufneh-men muss

44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte

Eugenio Coseriu hat 1977 in seiner Antrittsrede an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften als eines der vier Prinzipien seines Schaffens das Stichwort Tradition und Neuerung genannt Es heiszligt dort laquodass die Geschichte unserer Wissenschaften wie uumlberhaupt die Kultur- [p 35] geschichte Fortsetzung von Traditionen und Erneuerung innerhalb von Traditionen istraquo Man sage eigentlich Neues nur wenn man an Traditionen anknuumlpfe und Traditionen fortsetze (1977 109 vgl 1979 5) Ich habe im vorliegenden Beitrag versucht in mehrfacher Weise an solche Traditionen anzuknuumlpfen ua an diejenige der Assoziationsforschung der Jahrhundertwende Dass hier uumlberhaupt von einem (Wieder-)laquoAnknuumlpfenraquo gesprochen werden muss hat seine Gruumlnde

Der Begriff Assoziation war noch Saussure so gelaumlufig dass er ihn in dem Sinn verwendete in dem heute Paradigma und paradigmatisch gebraucht werden (Saus-sure spricht nicht von paradigmatischen sondern von assoziativen Relationen) Henri Frei oder Charles Bally setzten in dieser Hinsicht nicht nur die Tradition des Meisters fort Bally kannte wie ua einschlaumlgige Stellen aus dem Traiteacute de stylistique franccedilaise von 1909 zeigen offensichtlich auch die Arbeit von Thumb und Marbe sowie den dort angesprochenen Bereich des Assoziierens insbesondere zum Gegenteil hin Seither hat jedoch in der Sprachwissenschaft ein grundlegender Paradigmawechsel stattgefunden Eine im Uumlbermaszlig psychologisierende Stroumlmung wurde wie uumlblich durch das Gegenteil abgeloumlst und seither scheinen die Sprachwissenschaftler den Begriff Assoziation als et-was eher Anruumlchiges zu meiden und allenfalls mit ganz spitzen Fingern anzufassen laquoCest pour eacuteviter le psychologisme adopteacute dans le Cours de F de Saussure que je substi-tue le terme rapport paradigmatique agrave celui de rapport associatifraquo schreibt Louis Hjelmslev der den terminologischen Wandel vollzogen hat in einer Fuszlignote des Vor-trags den er 1936 auf dem Linguisten-Kongress in Kopenhagen gehalten hat (1938140) Interessanterweise ist auch der Anti-Psychologismus wie Gauger zeigen konnte (1976 73-87) bei Saussure schon mit angelegt

Freilich motiviert sowohl die weitere Geschichte der Assoziationsforschung als auch die Auffassung der Sprechfehler diese spitzen Finger in betraumlchtlichem Maszlig beide Phaumlnomene wurden in den Bereich der Abnormalitaumlt und des Pathologischen geruumlckt Was das Versprechen angeht so ist die Ursache kein anderer als Sigmund Freud er griff aus den Sprechfehlern die Meringer und Mayer vorgefuumlhrt hatten vor allem die Gruppe des Versprechens zum Gegenteil hin heraus und interpretierte sie in dem bekannten Sinn Das Versprechen zum Gegenteil hin lege die geheimen Gedanken des Sprechers bloszlig Dies ist ganz ohne Zweifel eine Uumlberinterpretation die in manchen Faumlllen zutreffen

mag fuumlr den Durchschnittsfall jedoch keinerlei Allgemeinguumlltigkeit beanspruchen kann49 Wie nachhal- [p 36] tig die Interpretation Freuds ndashin diesem Fall leiderndash ge-wirkt hat zeigt die Verbindlichkeit jener Bezeichnung mit der man Sprechfehler heute erfasst bdquo(Freudsche) Fehlleistungen Ein in gleichem Maszlig bdquopathologischer Geruch begleitet spaumltestens seit 1910 die Versuche mit Wortassoziationen Carl Gustav Jung machte Versuche mit Assoziationen Kent und Rosanoff hatten die Absicht mit ihrer Liste von 100 Ausgangswoumlrtern und dem Durchschnitt der Assoziationen von 1000 Probanden eine Norm aufzustellen von der sich abnormale Assoziationen abheben soll-ten Die Untersuchung erschien nicht nur in der Zeitschrift American Journal of Insanity sie hieszlig auch noch A Study of Association in Insanity I Association in Normal Subjects Alle seitherigen einschlaumlgigen Assoziations-Listen werden von den Psychologen entspre-chend mit dem Etikett Norm versehen (laquoRussellJenkins-Normraquo laquoPalermoJenkins-Normraquo etc)

Die Haltung spaumlterer Sprachwissenschaftler ist also auch damit zu erklaumlren dass das Assoziieren und die Sprechfehler durch Pathologisierung ihrer ehemaligen (und angemesseneren) Unschuld verlustig gegangen waren Freilich gibt es seit einiger Zeit wieder ein neues und zunehmendes Interesse an Fragestellungen des Sich-Versprechens Assoziierens und der (wirklich zum Bereich des Pathologischen gehoumlrenden) Aphasie-Forschung50 Dass dabei in der Regel die eigentliche Tradition ausgespart wird ist weniger erfreulich Denn es geht nicht nur um eine sehr alte Tradition des Denkens es geht mit der Omnipraumlsenz bestimmter Relationen eigentlich um grundlegende Charakteristika des Sprechens und Denkens selbst

Freiburg Wolfgang Raible

[p 37] Literaturverzeichnis

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49 Vgl hier die analoge Einstufung der Freudschen Konzeption sprachlicher Fehlleistungen bei Kainz 1956 38 - Die Auseinandersetzung zwischen Freud und Meringer war zT sehr heftig Auf einer houmlheren Stufe der Eskalation zieh Meringer Freud beispielsweise der laquoStuumlmperraquo-Haftigkeit auf dem Gebiet des Beobach-tens laquoEr sieht und houmlrt naumlmlich nur das was sich eventuell zur Begruumlndung seiner phantastischen Theorien missbrauchen laumlsst Die unendlich vielen Faumllle die sich dagegen mit Haumlnden und Fuumlszligen straumlu-ben sieht er nicht (1912 55)50 Ich nenne drei Indizien fuumlr die Wiederbelebung der Tradition bzw das verstaumlrkte Interesse an den betreffenden Zusammenhaumlngen Erstens wird die Arbeit von Meringer und Mayer in einem 1973 von Victoria A Fromkin herausgegebenen Sammelband in den beiden Beitraumlgen der Herausgeberin wenigs-tens gelegentlich wenn auch zT falsch zitiert Die Arbeit von Thumb und Marbe wurde 1978 sogar neu ediert Zweitens gibt es insbesondere in den Vereinigten Staaten eine Reihe von Arbeiten zu linguistischen Aspekten der Assoziationsforschung (die wichtigste ist wohl die allerdings weitgehend psychologisch und psychometrisch orientierte von Deese 1965) die zB in den Versuch einer Synthese eingegangen sind den Herbert H Clark 1970 veroumlffentlicht hat (Die Arbeit von Clark ist freilich noch ein wenig zu stark dem Grammatikmodell der Transformationsgrammatik verhaftet) Noumlth (1975) hat den Ansatz von Clark zT weitergefuumlhrt sich zT jedoch auch in kasuistischen Uumlberlegungen gefangen Drittens ist das Wiedererwa-chen des linguistischen Interesses an der Aphasie-Forschung zu vermerken (es war zB schon bei Meringer und Mayer vorhanden) Fuumlr dieses ndashallerdings in Schuumlben auftretendendash Interesse ist nicht zuletzt auch Roman Jakobson verantwortlich

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  • Von der Allgegenwart des Gegensinns
  • (und einiger anderer Relationen)
  • Strategien zur Einordnung semantischer Information
  • Wolfgang Raible (Universitaumlt Freiburg)
  • Eugenio Coseriu zum 2771981
  • 21 Gesetzmaumlszligigkeiten des Assoziierens
  • 211 Argumentum quantitatis
  • 212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt
  • 22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens
  • 311 Syntagmatisches Assoziieren
  • 312 Paradigmatisches Assoziieren
  • 3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System
  • 3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System
  • 32 Sonderfaumllle
  • 41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems
  • 42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semantishyschen Orientierungssystems
  • ja
  • Fuumlr alle Woumlrter moumlgshylich
  • 44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte
  • Freiburg Wolfgang Raible
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Page 27: latina.phil2.uni-freiburg.delatina.phil2.uni-freiburg.de/.../Files/Gegensinn_neu.docx  · Web viewZeitschrift für romanische Philologie Bd. 97, Heft 1/2, S. 1-40. Die Seitenangabe

des Similaritaumlt-Kontrast-Systems die Rolle des Kontrasts ist wie schon Wundt sah in der Tat nicht unwichtig45 [p 32]43 Wortfeld-Probleme

Die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen werfen auch ein Licht auf manche Probleme der Wortfeldforschung Zunaumlchst erklaumlren sowohl die Wortassoziationen als auch die Sprechfehler das eher selten reflektierte Phaumlnomen dass die bisher vorgestellten Wortfelder alle aus Elementen derselben Wortart bestehen46 Weiterhin muumlsste man ge-maumlszlig den beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssystemen wohl auch zwischen zwei Grundarten von Wortfeldern unterscheiden zwischen solchen des Similaritaumlt-Kontrast-Typs und solchen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt- [p 33] Systems (etwa Wortfeld desWohnens der Werkzeuge der Landschaft)47 In der Form wie sie durch die vorgefuumlhrten Uumlberlegungen nahegelegt werden vermitteln dabei die Wortfel-

45 Was die Unterscheidung der beiden paradigmatischen Orientierungs- und Einordnungssysteme angeht so fuumlhle ich mich nicht nur in der guten Gesellschaft Ullmans sondern auch in der einer Reihe von Psychologen Sprachpsychologen und Aphasieforschern Jean Piaget und Baumlrbel Inhelder unterscheiden bei der Ordnungsleistung von Kindern zwischen dem Ordnen nach dem Prinzip der Aumlhnlichkeit und nach demjenigen der Konvenienz und etwa analog dazu zwischen den schon erwaumlhnten laquologischenraquo Relatio -nen (Klassifizierung) und den laquoinfralogischenraquo (PiagetInhelder 19731 38ff) Elisabeth Wiig und Diana Globus haben 1971 in einem kontrollierten Assoziationsversuch mit 7 Aphasikern und 7 gesunden Kon -trollpersonen explizit mit Piagets logischen und infralogischen Relationen gearbeitet Das Ergebnis kann nicht nur dahingehend interpretiert werden dass es entsprechend zu diesen Relationen zwei verschie -dene Orientierungs- und Einordnungssysteme gibt sondern auch dahingehend dass das klassifikatorische System (Similaritaumlt-Kontrast-System) sowohl bei Gesunden als auch bei Aphasikern im Verfahren der kontrollierten Assoziation (gegeben ist ein Ausgangsbegriff und die Relation gesucht wird ein Zielwort) nur dann gute Ergebnisse erbringt wenn die Merkmalunterschiede gering sind - und am geringsten sind sie natuumlrlich bei binaumlren Oppositionen also etwa bei Antonymie Sobald die Merkmalsunterschiede groumlszliger werden etwa beim Ausgangsbegriff Kind und dem gesuchten Begriff Eltern sind die Suchergebnisse bei Aphasikern und Gesunden gleichermaszligen schlecht Dagegen funktioniert das infralogische System sowohl bei hoher als auch bei geringer Kontiguitaumlt der Begriffe bei den unter-suchten Aphasikern und den gesunden Kontrollpersonen recht gut (laquoWas ist der Zweck von Heizung - Ergebnis Waumlrme oaraquo) ndash Was die beiden semantischen Orientierungs- und Einordnungssysteme an-langt stehe ich auch weitgehend in Einklang mit James Deese Deese zieht nach einer essentiell faktoranalytischen Untersuchung von Assoziationsverhalten ua folgende Konsequenz (1965 164) laquoThe data on associative distribution suggest that the two fundamental operations we have for sorting out meaningful ndashthat is logical and syntactical relations among wordsndash are contrast and groupingraquo Deese sieht freilich ua nicht die Einordnung in ein Syntagma als dritte Strategie und anhand einer sprachpsychologischen Darstellung des Assoziationsverhaltens wie sie etwa von Houmlrmann (1967 115-156) gegeben wird vermisst man generell den Ansatz Assoziationen als Reflex von Strategien zum Erfas-sen von Bedeutung anzusehen so erscheinen dann viele Beobachtungen die anhand des obigen Schemas sinnvoll integriert werden koumlnnen eher als membra disiecta ndash Ich nenne schlieszliglich noch die Arbeit von Huber et al 1975 und die schon erwaumlhnte Dissertation von Stachowiak (1979) In der Arbeit von 1975 wird ndashbei einer Beschreibung jenes Aphasie-Typs der nach Carl Wernicke benannt istndash unterschieden zwischen zwei Orientierungsprinzipien im Lexikon einem laquosemantisch-klassifikatorischenraquo und einem laquosituativ-referentiellenraquo (1975 88 vgl Stachowiak 1979 58f) Ich bin freilich nicht einverstanden mit der These Stachowiaks es handle sich dabei einerseits um einen laquoinnersprachlichenraquo andererseits um ei-nen laquoenzyklopaumldischenraquo Bereich Wesentlich ist was nochmals betont sein soll fuumlr beide Bereiche als invariantes Prinzip dasjenige der Relation dabei sind die Relationen im einen Fall gewiss klassifikatorisch im anderen laquoinfralogischraquo beide Arten von Relationen sind jedoch gleichermaszligen uumlberindividuell und sie werden gleichermaszligen erlernt46 Geckeler sieht (1971 218) die Wortart-Gleichheit als die gewissermaszligen selbstverstaumlndliche Folge ei -ner paradigmatischen Perspektive an (was einer engen Konzeption von Paradigma entspricht) vgl u S 3547 Wenn ich recht sehe korrespondieren die beiden Grundarten mit einer Unterscheidung die Coseriu (1976 47f) innerhalb eines seiner fuumlnf Kriterien zur Klassifizierung von Wortfeldern macht naumlmlich der Unterscheidung zwischen laquorelationellenraquo und laquosubstantivenraquo Oppositionen bzw Feldern Im Rahmen der hier vorgetragenen Konzeption wird diese Unterscheidung zu einer zentralen Groumlszlige

der des Similaritaumlt-Kontrast-Typs gewissermaszligen zwischen zwei extremen Konzeptio-nen von Wortfeld zwischen der von Andre Jolles und der von Jost Trier Jolles (der des-halb von Trier und anderen gescholten wurde) wollte nur Minimalformen mit jeweils zwei (antonymen) Gliedern als laquoBedeutungsfelderraquo gelten lassen Felder die in dieser Form natuumlrlich fest umgrenzt waumlren (Jolles 1934) Fuumlr Trier galt dagegen das Prinzip der Wert jedes Worts ergebe sich aus dem Feldwert also aus der Position in einem semantischen Feld Das Wort bedeute laquonur in diesem Ganzen und kraft dieses Ganzenraquo Die vermittelnde Position ist die in einem zentralen Antonymenpaar den festen Kern zu sehen um den sich ein ganzes Feld verwandter Termini schart wobei im Normalfall die Grenze des Feldes verschwimmt Das Feld waumlre also nur von seinem zentralen Kern aus als solches zu greifen Geckelers Doppel-Wortfeld zwischen altrsquo und seinen beiden Antonymen jung und neursquo scheint mir de facto im Sinn einer solchen Konzeption interpretierbar zu sein

Die Wortfelder des Similaritaumlt-Kontrast-Typs lassen sich nun wie schon er-waumlhnt in einleuchtender Weise mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Spaumltestens bei dem Versuch Wortfelder des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs merkmalsemantisch zu rekonstruieren treten jedoch betraumlchtliche Schwierigkeiten auf Ein Verfahren auch solche Bereiche bdquodurchsichtig zu machen besteht nun darin dass man an die Spitze eines Feldes neben den eventuell vorhandenen Oberbegriff noch eine der spezifischen Auspraumlgungen der Kontiguitaumlts-Relation stellt (wodurch dann das was die Basiskante BC des Moduls von S 21 ausmacht als Seitenkante bzw Suchbegriff verwendet wird) Pottiers Wortfeld der Sitzmoumlbel im Franzoumlsischen hat als konstituierende Merkmale ne-ben dem Oberbegriff Artefakt eine solche spezifische Auspraumlgung naumlmlich das finale zum Sitzen Die Similaritaumlt die durch diese beiden Merkmale geschaffen wird stellt einerseits das Auswahlkriterium dar nach dem das Feld begrenzt andererseits den Hintergrund an Similaritaumlt vor dem es analysiert werden kann Ein Bereich wie Werk-zeug laumlsst sich um ein weiteres Beispiel zu geben nur schwer merkmalsemantisch beschreiben weil man Begriffe wie Stechbeitel Loumltkolben Nietzange und Maumlhdre-scher zu beruumlcksichtigen haumltte Fuumlgt man jedoch zu Werkzeug die finale Relation zum Bearbeiten von (beispielsweise von Holz) so entsteht ein uumlberschaubares und strukturierbares Feld [p 34]

Dabei zeigt sich nicht nur dass solche Wortfelder in gewissem Maszlig beliebig (re)konstruierbar sind - man kann etwa Katze mit gleichem Recht einmal zu den Haus-tieren ein andermal zu den fleischfressenden Saumlugetieren rechnen Es zeigt sich gleichzeitig dass eine solche Rekonstruktion genau nach dem dritten noogenetischen Prinzip von Spearman verlaumluft Zu einem Ausgangsbegriff (Werkzeug) und einer Rela-tion (zum Bearbeiten von Holz) werden Entsprechungen gesucht und gebildet Unter dem Blickwinkel dieses noogenetischen Prinzips sind Wortfelder nun nicht nur beschreibbar als Ergebnisse eines Verfahrens der kontrollierten Assoziation die beiden angedeuteten Grundtypen von Wortfeldern beruhen dann sogar beide auf demselben Grundprinzip Gegeben ist der Ausgangsbegriff und eine Relation ndash eine Relation die im Fall des Similaritaumlt-Kontrast-Typs die Gegensatzrelation ist im Fall des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs eine finale kausale temporale lokale TeilGanzes-Relation etc Dass solche Konstruktionen oder Rekonstruktionen48 also die Wortfelder der Linguisten keinesfalls - um mit Gauger (zB 1976) zu sprechen - laquobewusstseinsfremdraquo sind zeigt gerade das Verfahren der freien Assoziation dessen Interpretation Ausgangspunkt die-ser Uumlberlegungen war

Dies hat auch Auswirkungen auf das von Saussure aufgeworfene Negativitaumltsproblem Gewiss bedeutet Vater nicht nur Nicht-Mutter sondern auch

48 Von der Konstruktion von Wortfeldern spricht auch Coseriu (zB 1970 113)

Nicht-Sohn Nicht-Barock Nicht-Jahrhundert Bei einer solchen Betrachtung wird je-doch eine bestimmte Art des Gegensatzes die parmenideische Relation des bdquoIst nicht verabsolutiert Sie spielt gewiss eine wichtige Rolle in der Sprache sowohl in der Semantik als auch im Bereich der geschlossenen grammatischen Paradigmen Man sollte jedoch (trotz des Umstands dass die Kontrast-Relation und mit ihr die Relation des oppositiven bdquoIst nicht gerne als laquologischraquo die Relationen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Systems dagegen als laquoinfralogischraquo bezeichnet werden) nicht vergessen dass beide Ar-ten von Relationen unabdingbare Konstanten unseres Wahrnehmens Erfassens und Denkens darstellen und dass eine Semantik die nicht bewusstseinsfremd sein will dementsprechend nicht nur die im Motto auf S 27 angegebenen Oppositionen sondern die ganze Skala moumlglicher Relationen mit in ihr Beschreibungsinstrumentarium aufneh-men muss

44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte

Eugenio Coseriu hat 1977 in seiner Antrittsrede an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften als eines der vier Prinzipien seines Schaffens das Stichwort Tradition und Neuerung genannt Es heiszligt dort laquodass die Geschichte unserer Wissenschaften wie uumlberhaupt die Kultur- [p 35] geschichte Fortsetzung von Traditionen und Erneuerung innerhalb von Traditionen istraquo Man sage eigentlich Neues nur wenn man an Traditionen anknuumlpfe und Traditionen fortsetze (1977 109 vgl 1979 5) Ich habe im vorliegenden Beitrag versucht in mehrfacher Weise an solche Traditionen anzuknuumlpfen ua an diejenige der Assoziationsforschung der Jahrhundertwende Dass hier uumlberhaupt von einem (Wieder-)laquoAnknuumlpfenraquo gesprochen werden muss hat seine Gruumlnde

Der Begriff Assoziation war noch Saussure so gelaumlufig dass er ihn in dem Sinn verwendete in dem heute Paradigma und paradigmatisch gebraucht werden (Saus-sure spricht nicht von paradigmatischen sondern von assoziativen Relationen) Henri Frei oder Charles Bally setzten in dieser Hinsicht nicht nur die Tradition des Meisters fort Bally kannte wie ua einschlaumlgige Stellen aus dem Traiteacute de stylistique franccedilaise von 1909 zeigen offensichtlich auch die Arbeit von Thumb und Marbe sowie den dort angesprochenen Bereich des Assoziierens insbesondere zum Gegenteil hin Seither hat jedoch in der Sprachwissenschaft ein grundlegender Paradigmawechsel stattgefunden Eine im Uumlbermaszlig psychologisierende Stroumlmung wurde wie uumlblich durch das Gegenteil abgeloumlst und seither scheinen die Sprachwissenschaftler den Begriff Assoziation als et-was eher Anruumlchiges zu meiden und allenfalls mit ganz spitzen Fingern anzufassen laquoCest pour eacuteviter le psychologisme adopteacute dans le Cours de F de Saussure que je substi-tue le terme rapport paradigmatique agrave celui de rapport associatifraquo schreibt Louis Hjelmslev der den terminologischen Wandel vollzogen hat in einer Fuszlignote des Vor-trags den er 1936 auf dem Linguisten-Kongress in Kopenhagen gehalten hat (1938140) Interessanterweise ist auch der Anti-Psychologismus wie Gauger zeigen konnte (1976 73-87) bei Saussure schon mit angelegt

Freilich motiviert sowohl die weitere Geschichte der Assoziationsforschung als auch die Auffassung der Sprechfehler diese spitzen Finger in betraumlchtlichem Maszlig beide Phaumlnomene wurden in den Bereich der Abnormalitaumlt und des Pathologischen geruumlckt Was das Versprechen angeht so ist die Ursache kein anderer als Sigmund Freud er griff aus den Sprechfehlern die Meringer und Mayer vorgefuumlhrt hatten vor allem die Gruppe des Versprechens zum Gegenteil hin heraus und interpretierte sie in dem bekannten Sinn Das Versprechen zum Gegenteil hin lege die geheimen Gedanken des Sprechers bloszlig Dies ist ganz ohne Zweifel eine Uumlberinterpretation die in manchen Faumlllen zutreffen

mag fuumlr den Durchschnittsfall jedoch keinerlei Allgemeinguumlltigkeit beanspruchen kann49 Wie nachhal- [p 36] tig die Interpretation Freuds ndashin diesem Fall leiderndash ge-wirkt hat zeigt die Verbindlichkeit jener Bezeichnung mit der man Sprechfehler heute erfasst bdquo(Freudsche) Fehlleistungen Ein in gleichem Maszlig bdquopathologischer Geruch begleitet spaumltestens seit 1910 die Versuche mit Wortassoziationen Carl Gustav Jung machte Versuche mit Assoziationen Kent und Rosanoff hatten die Absicht mit ihrer Liste von 100 Ausgangswoumlrtern und dem Durchschnitt der Assoziationen von 1000 Probanden eine Norm aufzustellen von der sich abnormale Assoziationen abheben soll-ten Die Untersuchung erschien nicht nur in der Zeitschrift American Journal of Insanity sie hieszlig auch noch A Study of Association in Insanity I Association in Normal Subjects Alle seitherigen einschlaumlgigen Assoziations-Listen werden von den Psychologen entspre-chend mit dem Etikett Norm versehen (laquoRussellJenkins-Normraquo laquoPalermoJenkins-Normraquo etc)

Die Haltung spaumlterer Sprachwissenschaftler ist also auch damit zu erklaumlren dass das Assoziieren und die Sprechfehler durch Pathologisierung ihrer ehemaligen (und angemesseneren) Unschuld verlustig gegangen waren Freilich gibt es seit einiger Zeit wieder ein neues und zunehmendes Interesse an Fragestellungen des Sich-Versprechens Assoziierens und der (wirklich zum Bereich des Pathologischen gehoumlrenden) Aphasie-Forschung50 Dass dabei in der Regel die eigentliche Tradition ausgespart wird ist weniger erfreulich Denn es geht nicht nur um eine sehr alte Tradition des Denkens es geht mit der Omnipraumlsenz bestimmter Relationen eigentlich um grundlegende Charakteristika des Sprechens und Denkens selbst

Freiburg Wolfgang Raible

[p 37] Literaturverzeichnis

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49 Vgl hier die analoge Einstufung der Freudschen Konzeption sprachlicher Fehlleistungen bei Kainz 1956 38 - Die Auseinandersetzung zwischen Freud und Meringer war zT sehr heftig Auf einer houmlheren Stufe der Eskalation zieh Meringer Freud beispielsweise der laquoStuumlmperraquo-Haftigkeit auf dem Gebiet des Beobach-tens laquoEr sieht und houmlrt naumlmlich nur das was sich eventuell zur Begruumlndung seiner phantastischen Theorien missbrauchen laumlsst Die unendlich vielen Faumllle die sich dagegen mit Haumlnden und Fuumlszligen straumlu-ben sieht er nicht (1912 55)50 Ich nenne drei Indizien fuumlr die Wiederbelebung der Tradition bzw das verstaumlrkte Interesse an den betreffenden Zusammenhaumlngen Erstens wird die Arbeit von Meringer und Mayer in einem 1973 von Victoria A Fromkin herausgegebenen Sammelband in den beiden Beitraumlgen der Herausgeberin wenigs-tens gelegentlich wenn auch zT falsch zitiert Die Arbeit von Thumb und Marbe wurde 1978 sogar neu ediert Zweitens gibt es insbesondere in den Vereinigten Staaten eine Reihe von Arbeiten zu linguistischen Aspekten der Assoziationsforschung (die wichtigste ist wohl die allerdings weitgehend psychologisch und psychometrisch orientierte von Deese 1965) die zB in den Versuch einer Synthese eingegangen sind den Herbert H Clark 1970 veroumlffentlicht hat (Die Arbeit von Clark ist freilich noch ein wenig zu stark dem Grammatikmodell der Transformationsgrammatik verhaftet) Noumlth (1975) hat den Ansatz von Clark zT weitergefuumlhrt sich zT jedoch auch in kasuistischen Uumlberlegungen gefangen Drittens ist das Wiedererwa-chen des linguistischen Interesses an der Aphasie-Forschung zu vermerken (es war zB schon bei Meringer und Mayer vorhanden) Fuumlr dieses ndashallerdings in Schuumlben auftretendendash Interesse ist nicht zuletzt auch Roman Jakobson verantwortlich

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  • (und einiger anderer Relationen)
  • Strategien zur Einordnung semantischer Information
  • Wolfgang Raible (Universitaumlt Freiburg)
  • Eugenio Coseriu zum 2771981
  • 21 Gesetzmaumlszligigkeiten des Assoziierens
  • 211 Argumentum quantitatis
  • 212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt
  • 22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens
  • 311 Syntagmatisches Assoziieren
  • 312 Paradigmatisches Assoziieren
  • 3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System
  • 3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System
  • 32 Sonderfaumllle
  • 41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems
  • 42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semantishyschen Orientierungssystems
  • ja
  • Fuumlr alle Woumlrter moumlgshylich
  • 44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte
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  • Ullmann S The Principles of Semantics OxfordGlasgow 1967
Page 28: latina.phil2.uni-freiburg.delatina.phil2.uni-freiburg.de/.../Files/Gegensinn_neu.docx  · Web viewZeitschrift für romanische Philologie Bd. 97, Heft 1/2, S. 1-40. Die Seitenangabe

der des Similaritaumlt-Kontrast-Typs gewissermaszligen zwischen zwei extremen Konzeptio-nen von Wortfeld zwischen der von Andre Jolles und der von Jost Trier Jolles (der des-halb von Trier und anderen gescholten wurde) wollte nur Minimalformen mit jeweils zwei (antonymen) Gliedern als laquoBedeutungsfelderraquo gelten lassen Felder die in dieser Form natuumlrlich fest umgrenzt waumlren (Jolles 1934) Fuumlr Trier galt dagegen das Prinzip der Wert jedes Worts ergebe sich aus dem Feldwert also aus der Position in einem semantischen Feld Das Wort bedeute laquonur in diesem Ganzen und kraft dieses Ganzenraquo Die vermittelnde Position ist die in einem zentralen Antonymenpaar den festen Kern zu sehen um den sich ein ganzes Feld verwandter Termini schart wobei im Normalfall die Grenze des Feldes verschwimmt Das Feld waumlre also nur von seinem zentralen Kern aus als solches zu greifen Geckelers Doppel-Wortfeld zwischen altrsquo und seinen beiden Antonymen jung und neursquo scheint mir de facto im Sinn einer solchen Konzeption interpretierbar zu sein

Die Wortfelder des Similaritaumlt-Kontrast-Typs lassen sich nun wie schon er-waumlhnt in einleuchtender Weise mit Hilfe der Merkmalsemantik beschreiben Spaumltestens bei dem Versuch Wortfelder des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs merkmalsemantisch zu rekonstruieren treten jedoch betraumlchtliche Schwierigkeiten auf Ein Verfahren auch solche Bereiche bdquodurchsichtig zu machen besteht nun darin dass man an die Spitze eines Feldes neben den eventuell vorhandenen Oberbegriff noch eine der spezifischen Auspraumlgungen der Kontiguitaumlts-Relation stellt (wodurch dann das was die Basiskante BC des Moduls von S 21 ausmacht als Seitenkante bzw Suchbegriff verwendet wird) Pottiers Wortfeld der Sitzmoumlbel im Franzoumlsischen hat als konstituierende Merkmale ne-ben dem Oberbegriff Artefakt eine solche spezifische Auspraumlgung naumlmlich das finale zum Sitzen Die Similaritaumlt die durch diese beiden Merkmale geschaffen wird stellt einerseits das Auswahlkriterium dar nach dem das Feld begrenzt andererseits den Hintergrund an Similaritaumlt vor dem es analysiert werden kann Ein Bereich wie Werk-zeug laumlsst sich um ein weiteres Beispiel zu geben nur schwer merkmalsemantisch beschreiben weil man Begriffe wie Stechbeitel Loumltkolben Nietzange und Maumlhdre-scher zu beruumlcksichtigen haumltte Fuumlgt man jedoch zu Werkzeug die finale Relation zum Bearbeiten von (beispielsweise von Holz) so entsteht ein uumlberschaubares und strukturierbares Feld [p 34]

Dabei zeigt sich nicht nur dass solche Wortfelder in gewissem Maszlig beliebig (re)konstruierbar sind - man kann etwa Katze mit gleichem Recht einmal zu den Haus-tieren ein andermal zu den fleischfressenden Saumlugetieren rechnen Es zeigt sich gleichzeitig dass eine solche Rekonstruktion genau nach dem dritten noogenetischen Prinzip von Spearman verlaumluft Zu einem Ausgangsbegriff (Werkzeug) und einer Rela-tion (zum Bearbeiten von Holz) werden Entsprechungen gesucht und gebildet Unter dem Blickwinkel dieses noogenetischen Prinzips sind Wortfelder nun nicht nur beschreibbar als Ergebnisse eines Verfahrens der kontrollierten Assoziation die beiden angedeuteten Grundtypen von Wortfeldern beruhen dann sogar beide auf demselben Grundprinzip Gegeben ist der Ausgangsbegriff und eine Relation ndash eine Relation die im Fall des Similaritaumlt-Kontrast-Typs die Gegensatzrelation ist im Fall des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Typs eine finale kausale temporale lokale TeilGanzes-Relation etc Dass solche Konstruktionen oder Rekonstruktionen48 also die Wortfelder der Linguisten keinesfalls - um mit Gauger (zB 1976) zu sprechen - laquobewusstseinsfremdraquo sind zeigt gerade das Verfahren der freien Assoziation dessen Interpretation Ausgangspunkt die-ser Uumlberlegungen war

Dies hat auch Auswirkungen auf das von Saussure aufgeworfene Negativitaumltsproblem Gewiss bedeutet Vater nicht nur Nicht-Mutter sondern auch

48 Von der Konstruktion von Wortfeldern spricht auch Coseriu (zB 1970 113)

Nicht-Sohn Nicht-Barock Nicht-Jahrhundert Bei einer solchen Betrachtung wird je-doch eine bestimmte Art des Gegensatzes die parmenideische Relation des bdquoIst nicht verabsolutiert Sie spielt gewiss eine wichtige Rolle in der Sprache sowohl in der Semantik als auch im Bereich der geschlossenen grammatischen Paradigmen Man sollte jedoch (trotz des Umstands dass die Kontrast-Relation und mit ihr die Relation des oppositiven bdquoIst nicht gerne als laquologischraquo die Relationen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Systems dagegen als laquoinfralogischraquo bezeichnet werden) nicht vergessen dass beide Ar-ten von Relationen unabdingbare Konstanten unseres Wahrnehmens Erfassens und Denkens darstellen und dass eine Semantik die nicht bewusstseinsfremd sein will dementsprechend nicht nur die im Motto auf S 27 angegebenen Oppositionen sondern die ganze Skala moumlglicher Relationen mit in ihr Beschreibungsinstrumentarium aufneh-men muss

44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte

Eugenio Coseriu hat 1977 in seiner Antrittsrede an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften als eines der vier Prinzipien seines Schaffens das Stichwort Tradition und Neuerung genannt Es heiszligt dort laquodass die Geschichte unserer Wissenschaften wie uumlberhaupt die Kultur- [p 35] geschichte Fortsetzung von Traditionen und Erneuerung innerhalb von Traditionen istraquo Man sage eigentlich Neues nur wenn man an Traditionen anknuumlpfe und Traditionen fortsetze (1977 109 vgl 1979 5) Ich habe im vorliegenden Beitrag versucht in mehrfacher Weise an solche Traditionen anzuknuumlpfen ua an diejenige der Assoziationsforschung der Jahrhundertwende Dass hier uumlberhaupt von einem (Wieder-)laquoAnknuumlpfenraquo gesprochen werden muss hat seine Gruumlnde

Der Begriff Assoziation war noch Saussure so gelaumlufig dass er ihn in dem Sinn verwendete in dem heute Paradigma und paradigmatisch gebraucht werden (Saus-sure spricht nicht von paradigmatischen sondern von assoziativen Relationen) Henri Frei oder Charles Bally setzten in dieser Hinsicht nicht nur die Tradition des Meisters fort Bally kannte wie ua einschlaumlgige Stellen aus dem Traiteacute de stylistique franccedilaise von 1909 zeigen offensichtlich auch die Arbeit von Thumb und Marbe sowie den dort angesprochenen Bereich des Assoziierens insbesondere zum Gegenteil hin Seither hat jedoch in der Sprachwissenschaft ein grundlegender Paradigmawechsel stattgefunden Eine im Uumlbermaszlig psychologisierende Stroumlmung wurde wie uumlblich durch das Gegenteil abgeloumlst und seither scheinen die Sprachwissenschaftler den Begriff Assoziation als et-was eher Anruumlchiges zu meiden und allenfalls mit ganz spitzen Fingern anzufassen laquoCest pour eacuteviter le psychologisme adopteacute dans le Cours de F de Saussure que je substi-tue le terme rapport paradigmatique agrave celui de rapport associatifraquo schreibt Louis Hjelmslev der den terminologischen Wandel vollzogen hat in einer Fuszlignote des Vor-trags den er 1936 auf dem Linguisten-Kongress in Kopenhagen gehalten hat (1938140) Interessanterweise ist auch der Anti-Psychologismus wie Gauger zeigen konnte (1976 73-87) bei Saussure schon mit angelegt

Freilich motiviert sowohl die weitere Geschichte der Assoziationsforschung als auch die Auffassung der Sprechfehler diese spitzen Finger in betraumlchtlichem Maszlig beide Phaumlnomene wurden in den Bereich der Abnormalitaumlt und des Pathologischen geruumlckt Was das Versprechen angeht so ist die Ursache kein anderer als Sigmund Freud er griff aus den Sprechfehlern die Meringer und Mayer vorgefuumlhrt hatten vor allem die Gruppe des Versprechens zum Gegenteil hin heraus und interpretierte sie in dem bekannten Sinn Das Versprechen zum Gegenteil hin lege die geheimen Gedanken des Sprechers bloszlig Dies ist ganz ohne Zweifel eine Uumlberinterpretation die in manchen Faumlllen zutreffen

mag fuumlr den Durchschnittsfall jedoch keinerlei Allgemeinguumlltigkeit beanspruchen kann49 Wie nachhal- [p 36] tig die Interpretation Freuds ndashin diesem Fall leiderndash ge-wirkt hat zeigt die Verbindlichkeit jener Bezeichnung mit der man Sprechfehler heute erfasst bdquo(Freudsche) Fehlleistungen Ein in gleichem Maszlig bdquopathologischer Geruch begleitet spaumltestens seit 1910 die Versuche mit Wortassoziationen Carl Gustav Jung machte Versuche mit Assoziationen Kent und Rosanoff hatten die Absicht mit ihrer Liste von 100 Ausgangswoumlrtern und dem Durchschnitt der Assoziationen von 1000 Probanden eine Norm aufzustellen von der sich abnormale Assoziationen abheben soll-ten Die Untersuchung erschien nicht nur in der Zeitschrift American Journal of Insanity sie hieszlig auch noch A Study of Association in Insanity I Association in Normal Subjects Alle seitherigen einschlaumlgigen Assoziations-Listen werden von den Psychologen entspre-chend mit dem Etikett Norm versehen (laquoRussellJenkins-Normraquo laquoPalermoJenkins-Normraquo etc)

Die Haltung spaumlterer Sprachwissenschaftler ist also auch damit zu erklaumlren dass das Assoziieren und die Sprechfehler durch Pathologisierung ihrer ehemaligen (und angemesseneren) Unschuld verlustig gegangen waren Freilich gibt es seit einiger Zeit wieder ein neues und zunehmendes Interesse an Fragestellungen des Sich-Versprechens Assoziierens und der (wirklich zum Bereich des Pathologischen gehoumlrenden) Aphasie-Forschung50 Dass dabei in der Regel die eigentliche Tradition ausgespart wird ist weniger erfreulich Denn es geht nicht nur um eine sehr alte Tradition des Denkens es geht mit der Omnipraumlsenz bestimmter Relationen eigentlich um grundlegende Charakteristika des Sprechens und Denkens selbst

Freiburg Wolfgang Raible

[p 37] Literaturverzeichnis

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49 Vgl hier die analoge Einstufung der Freudschen Konzeption sprachlicher Fehlleistungen bei Kainz 1956 38 - Die Auseinandersetzung zwischen Freud und Meringer war zT sehr heftig Auf einer houmlheren Stufe der Eskalation zieh Meringer Freud beispielsweise der laquoStuumlmperraquo-Haftigkeit auf dem Gebiet des Beobach-tens laquoEr sieht und houmlrt naumlmlich nur das was sich eventuell zur Begruumlndung seiner phantastischen Theorien missbrauchen laumlsst Die unendlich vielen Faumllle die sich dagegen mit Haumlnden und Fuumlszligen straumlu-ben sieht er nicht (1912 55)50 Ich nenne drei Indizien fuumlr die Wiederbelebung der Tradition bzw das verstaumlrkte Interesse an den betreffenden Zusammenhaumlngen Erstens wird die Arbeit von Meringer und Mayer in einem 1973 von Victoria A Fromkin herausgegebenen Sammelband in den beiden Beitraumlgen der Herausgeberin wenigs-tens gelegentlich wenn auch zT falsch zitiert Die Arbeit von Thumb und Marbe wurde 1978 sogar neu ediert Zweitens gibt es insbesondere in den Vereinigten Staaten eine Reihe von Arbeiten zu linguistischen Aspekten der Assoziationsforschung (die wichtigste ist wohl die allerdings weitgehend psychologisch und psychometrisch orientierte von Deese 1965) die zB in den Versuch einer Synthese eingegangen sind den Herbert H Clark 1970 veroumlffentlicht hat (Die Arbeit von Clark ist freilich noch ein wenig zu stark dem Grammatikmodell der Transformationsgrammatik verhaftet) Noumlth (1975) hat den Ansatz von Clark zT weitergefuumlhrt sich zT jedoch auch in kasuistischen Uumlberlegungen gefangen Drittens ist das Wiedererwa-chen des linguistischen Interesses an der Aphasie-Forschung zu vermerken (es war zB schon bei Meringer und Mayer vorhanden) Fuumlr dieses ndashallerdings in Schuumlben auftretendendash Interesse ist nicht zuletzt auch Roman Jakobson verantwortlich

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Erschienen 1976Coseriu E Zu Hegels Semantik in Kwartalnik neofilologiczny 24 (1977) 183-193Coseriu E Antrittsrede vor der Heidelberger Akademie der Wissenschaften am 19

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  • Von der Allgegenwart des Gegensinns
  • (und einiger anderer Relationen)
  • Strategien zur Einordnung semantischer Information
  • Wolfgang Raible (Universitaumlt Freiburg)
  • Eugenio Coseriu zum 2771981
  • 21 Gesetzmaumlszligigkeiten des Assoziierens
  • 211 Argumentum quantitatis
  • 212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt
  • 22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens
  • 311 Syntagmatisches Assoziieren
  • 312 Paradigmatisches Assoziieren
  • 3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System
  • 3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System
  • 32 Sonderfaumllle
  • 41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems
  • 42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semantishyschen Orientierungssystems
  • ja
  • Fuumlr alle Woumlrter moumlgshylich
  • 44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte
  • Freiburg Wolfgang Raible
  • Abel C Uumlber den Gegensinn der Urworte Leipzig 1884
  • Bally C Preacutecis de stylistique Genegraveve 1905
  • Bally C Traiteacute de stylistique franccedilaise Genegraveve 1909
  • Coseriu E Einfuumlhrung in die strukturelle Betrachtung des Wortschatzes Tuumlbingen 1970
  • Coseriu E Probleme der strukturellen Semantik Tuumlbingen 1973
  • Coseriu E Zu Hegels Semantik in Kwartalnik neofilologiczny 24 (1977) 183-193
  • Deese J The Structure of Association in Language and Thought Baltimore 1965
  • Duumlring I Aristoteles Darstellung und Interpretation seines Denkens Heidelberg 1966
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  • Frei H La grammaire des fautes Genegraveve 1929
  • Fromkin V A (Hg) Speech Errors As Linguistic Evidence The HagueParis 1973
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  • Happ H Hyle Studien zum aristotelischen Materie-Begriff BerlinNew York 1971
  • Houmlrmann H Psychologie der Sprache BerlinHeidelbergNew York 1967
  • Luria AR Basic Problems of Neurolinguistics The HagueParis 1976
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Page 29: latina.phil2.uni-freiburg.delatina.phil2.uni-freiburg.de/.../Files/Gegensinn_neu.docx  · Web viewZeitschrift für romanische Philologie Bd. 97, Heft 1/2, S. 1-40. Die Seitenangabe

Nicht-Sohn Nicht-Barock Nicht-Jahrhundert Bei einer solchen Betrachtung wird je-doch eine bestimmte Art des Gegensatzes die parmenideische Relation des bdquoIst nicht verabsolutiert Sie spielt gewiss eine wichtige Rolle in der Sprache sowohl in der Semantik als auch im Bereich der geschlossenen grammatischen Paradigmen Man sollte jedoch (trotz des Umstands dass die Kontrast-Relation und mit ihr die Relation des oppositiven bdquoIst nicht gerne als laquologischraquo die Relationen des Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-Systems dagegen als laquoinfralogischraquo bezeichnet werden) nicht vergessen dass beide Ar-ten von Relationen unabdingbare Konstanten unseres Wahrnehmens Erfassens und Denkens darstellen und dass eine Semantik die nicht bewusstseinsfremd sein will dementsprechend nicht nur die im Motto auf S 27 angegebenen Oppositionen sondern die ganze Skala moumlglicher Relationen mit in ihr Beschreibungsinstrumentarium aufneh-men muss

44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte

Eugenio Coseriu hat 1977 in seiner Antrittsrede an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften als eines der vier Prinzipien seines Schaffens das Stichwort Tradition und Neuerung genannt Es heiszligt dort laquodass die Geschichte unserer Wissenschaften wie uumlberhaupt die Kultur- [p 35] geschichte Fortsetzung von Traditionen und Erneuerung innerhalb von Traditionen istraquo Man sage eigentlich Neues nur wenn man an Traditionen anknuumlpfe und Traditionen fortsetze (1977 109 vgl 1979 5) Ich habe im vorliegenden Beitrag versucht in mehrfacher Weise an solche Traditionen anzuknuumlpfen ua an diejenige der Assoziationsforschung der Jahrhundertwende Dass hier uumlberhaupt von einem (Wieder-)laquoAnknuumlpfenraquo gesprochen werden muss hat seine Gruumlnde

Der Begriff Assoziation war noch Saussure so gelaumlufig dass er ihn in dem Sinn verwendete in dem heute Paradigma und paradigmatisch gebraucht werden (Saus-sure spricht nicht von paradigmatischen sondern von assoziativen Relationen) Henri Frei oder Charles Bally setzten in dieser Hinsicht nicht nur die Tradition des Meisters fort Bally kannte wie ua einschlaumlgige Stellen aus dem Traiteacute de stylistique franccedilaise von 1909 zeigen offensichtlich auch die Arbeit von Thumb und Marbe sowie den dort angesprochenen Bereich des Assoziierens insbesondere zum Gegenteil hin Seither hat jedoch in der Sprachwissenschaft ein grundlegender Paradigmawechsel stattgefunden Eine im Uumlbermaszlig psychologisierende Stroumlmung wurde wie uumlblich durch das Gegenteil abgeloumlst und seither scheinen die Sprachwissenschaftler den Begriff Assoziation als et-was eher Anruumlchiges zu meiden und allenfalls mit ganz spitzen Fingern anzufassen laquoCest pour eacuteviter le psychologisme adopteacute dans le Cours de F de Saussure que je substi-tue le terme rapport paradigmatique agrave celui de rapport associatifraquo schreibt Louis Hjelmslev der den terminologischen Wandel vollzogen hat in einer Fuszlignote des Vor-trags den er 1936 auf dem Linguisten-Kongress in Kopenhagen gehalten hat (1938140) Interessanterweise ist auch der Anti-Psychologismus wie Gauger zeigen konnte (1976 73-87) bei Saussure schon mit angelegt

Freilich motiviert sowohl die weitere Geschichte der Assoziationsforschung als auch die Auffassung der Sprechfehler diese spitzen Finger in betraumlchtlichem Maszlig beide Phaumlnomene wurden in den Bereich der Abnormalitaumlt und des Pathologischen geruumlckt Was das Versprechen angeht so ist die Ursache kein anderer als Sigmund Freud er griff aus den Sprechfehlern die Meringer und Mayer vorgefuumlhrt hatten vor allem die Gruppe des Versprechens zum Gegenteil hin heraus und interpretierte sie in dem bekannten Sinn Das Versprechen zum Gegenteil hin lege die geheimen Gedanken des Sprechers bloszlig Dies ist ganz ohne Zweifel eine Uumlberinterpretation die in manchen Faumlllen zutreffen

mag fuumlr den Durchschnittsfall jedoch keinerlei Allgemeinguumlltigkeit beanspruchen kann49 Wie nachhal- [p 36] tig die Interpretation Freuds ndashin diesem Fall leiderndash ge-wirkt hat zeigt die Verbindlichkeit jener Bezeichnung mit der man Sprechfehler heute erfasst bdquo(Freudsche) Fehlleistungen Ein in gleichem Maszlig bdquopathologischer Geruch begleitet spaumltestens seit 1910 die Versuche mit Wortassoziationen Carl Gustav Jung machte Versuche mit Assoziationen Kent und Rosanoff hatten die Absicht mit ihrer Liste von 100 Ausgangswoumlrtern und dem Durchschnitt der Assoziationen von 1000 Probanden eine Norm aufzustellen von der sich abnormale Assoziationen abheben soll-ten Die Untersuchung erschien nicht nur in der Zeitschrift American Journal of Insanity sie hieszlig auch noch A Study of Association in Insanity I Association in Normal Subjects Alle seitherigen einschlaumlgigen Assoziations-Listen werden von den Psychologen entspre-chend mit dem Etikett Norm versehen (laquoRussellJenkins-Normraquo laquoPalermoJenkins-Normraquo etc)

Die Haltung spaumlterer Sprachwissenschaftler ist also auch damit zu erklaumlren dass das Assoziieren und die Sprechfehler durch Pathologisierung ihrer ehemaligen (und angemesseneren) Unschuld verlustig gegangen waren Freilich gibt es seit einiger Zeit wieder ein neues und zunehmendes Interesse an Fragestellungen des Sich-Versprechens Assoziierens und der (wirklich zum Bereich des Pathologischen gehoumlrenden) Aphasie-Forschung50 Dass dabei in der Regel die eigentliche Tradition ausgespart wird ist weniger erfreulich Denn es geht nicht nur um eine sehr alte Tradition des Denkens es geht mit der Omnipraumlsenz bestimmter Relationen eigentlich um grundlegende Charakteristika des Sprechens und Denkens selbst

Freiburg Wolfgang Raible

[p 37] Literaturverzeichnis

Abel C Uumlber den Gegensinn der Urworte Leipzig 1884Bally C Preacutecis de stylistique Genegraveve 1905Bally C Traiteacute de stylistique franccedilaise Genegraveve 1909Benveniste E Don et eacutechange dans le vocabulaire indo-europeacuteen in dersProblegravemes de linguistique geacuteneacuterale Paris 19511966 289-307

49 Vgl hier die analoge Einstufung der Freudschen Konzeption sprachlicher Fehlleistungen bei Kainz 1956 38 - Die Auseinandersetzung zwischen Freud und Meringer war zT sehr heftig Auf einer houmlheren Stufe der Eskalation zieh Meringer Freud beispielsweise der laquoStuumlmperraquo-Haftigkeit auf dem Gebiet des Beobach-tens laquoEr sieht und houmlrt naumlmlich nur das was sich eventuell zur Begruumlndung seiner phantastischen Theorien missbrauchen laumlsst Die unendlich vielen Faumllle die sich dagegen mit Haumlnden und Fuumlszligen straumlu-ben sieht er nicht (1912 55)50 Ich nenne drei Indizien fuumlr die Wiederbelebung der Tradition bzw das verstaumlrkte Interesse an den betreffenden Zusammenhaumlngen Erstens wird die Arbeit von Meringer und Mayer in einem 1973 von Victoria A Fromkin herausgegebenen Sammelband in den beiden Beitraumlgen der Herausgeberin wenigs-tens gelegentlich wenn auch zT falsch zitiert Die Arbeit von Thumb und Marbe wurde 1978 sogar neu ediert Zweitens gibt es insbesondere in den Vereinigten Staaten eine Reihe von Arbeiten zu linguistischen Aspekten der Assoziationsforschung (die wichtigste ist wohl die allerdings weitgehend psychologisch und psychometrisch orientierte von Deese 1965) die zB in den Versuch einer Synthese eingegangen sind den Herbert H Clark 1970 veroumlffentlicht hat (Die Arbeit von Clark ist freilich noch ein wenig zu stark dem Grammatikmodell der Transformationsgrammatik verhaftet) Noumlth (1975) hat den Ansatz von Clark zT weitergefuumlhrt sich zT jedoch auch in kasuistischen Uumlberlegungen gefangen Drittens ist das Wiedererwa-chen des linguistischen Interesses an der Aphasie-Forschung zu vermerken (es war zB schon bei Meringer und Mayer vorhanden) Fuumlr dieses ndashallerdings in Schuumlben auftretendendash Interesse ist nicht zuletzt auch Roman Jakobson verantwortlich

Benveniste E Remarques sur la fonction du langage dans la deacutecouverte freudienne in ders Problegravemes de linguistique geacuteneacuterale Band I Paris 19561966 75-87

Bourdon B Observations comparatives sur la reconnaissance la discrimination et las-sociation in Revue philosophique de la France et de leacutetranger 40 (1895) 153-185

Bruner J S Going Beyond the Information Given in Contemporary Approaches to Cog-nition A Symposium Held at the University of Colorado Cambridge Mass 1957 41-69 ndash Wieder abgedruckt in JSBruner Beyond the Information Given Studies in the Psychology of Knowing New York 1973 218-238

Carroll JBKjeldergaard PMCarton AS Number of Opposites vs Number of Primaries As a Response Measure in Free Association Tests in Journal of Verbal Learn-ing and Verbal Behavior 1 (1962) 22-30

Clark HH Word Association and Linguistic Theory in Lyons J (Hg) New Horizons in Linguistics Harmondsworth 1970 271-286

Coseriu E Determinacioacuten y entorno Dos problemas de una linguumliacutestica del hablar in ders Teoriacutea del lenguaje y linguumliacutestica general Madrid 195521973 282-323

Coseriu E Fuumlr eine strukturelle diachrone Semantik in Geckeler H (Hg) (1978) 90-163 - Zuerst erschienen als Pour une seacutemantique diachronique structurale in TraLiLi II 1 (1964) 139-186

Coseriu E Structure lexicale et enseignement du vocabulaire in Actes du premier col-loque international de linguistique appliqueacutee Nancy 1966 175-217

Coseriu E Lexikalische Solidaritaumlten in Poetica 1 (1967) 293-303 - Unter anderem wiederabgedruckt in H Geckeler (1978) 239-253

Coseriu E La struttura del lessico in La grammatica la lessicologia Atti del primo e del secondo Convegno internazionale di studi Roma 27-28 Mai 1967 und 27-28 April 1968 21972 43-58

Coseriu E Einfuumlhrung in die strukturelle Betrachtung des Wortschatzes Tuumlbingen 1970

Coseriu E Probleme der strukturellen Semantik Tuumlbingen 1973Coseriu E Vers une typologie des champs lexicaux in CLex 27 (1975) 30-51

Erschienen 1976Coseriu E Zu Hegels Semantik in Kwartalnik neofilologiczny 24 (1977) 183-193Coseriu E Antrittsrede vor der Heidelberger Akademie der Wissenschaften am 19

November 1977 in Jahrbuch der Heidelberger Akademie der Wissenschaften 1977 107-110

Coseriu E Humanwissenschaften und Geschichte Die Gesichtspunkte eines Linguisten in Jahrbuch der Norwegischen Akademie der Wissenschaften 1978 Oslo 1979 S 3-15

Deese J The Structure of Association in Language and Thought Baltimore 1965 [p 38] Duumlring I Aristoteles Darstellung und Interpretation seines Denkens Heidelberg 1966Esper EA Analogy and Association in Linguistics and Psychology Athens 1973Fraumlnkel H Dichtung und Philosophie des fruumlhen Griechentums Eine Geschichte der

griechischen Epik Lyrik und Prosa bis zur Mitte des 5 Jahrhunderts Muumlnchen 21962Frei H La grammaire des fautes Genegraveve 1929Fromkin V A (Hg) Speech Errors As Linguistic Evidence The HagueParis 1973Gauger H-M Wort und Sprache Sprachwissenschaftliche Grundfragen Tuumlbingen

1970Gauger H-M Sprachbewusstsein und Sprachwissenschaft Muumlnchen 1976Geckeler H Zur Wortfelddiskussion Untersuchungen zur Gliederung des Wortfeldes

bdquoaltjung-neu im heutigen Franzoumlsisch Muumlnchen 1971

Geckeler H (Hg) Strukturelle Bedeutungslehre Darmstadt 1978Gloning KMuumlller B Untersuchungen uumlber kontrollierte verbale Assoziationen bei

Patienten mit Hirnlaumlsionen in Archiv fuumlr Psychiatrie und Nervenkrankheiten 215 (1971 1972) 252-268

Goldstein K Language and Language Disturbances Aphasic Symptom Complexes and Their Significance for Medicine and Theory of Language New York 1948 5 Nachdruck 1971

Gsell O Gegensatzrelationen im Wortschatz romanischer Sprachen Untersuchungen zur lexikalischen Struktur des Franzoumlsischen Italienischen Rumaumlnischen und Spanischen Tuumlbingen 1979

Hallig Rvon Wartburg W Begriffssystem als Grundlage fuumlr die Lexikographie Versuch eines Ordnungsschemas in Abhandlungen der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin Klasse fuumlr Sprachen Literatur und Kunst Jahrgang 1952 Nr 4 Berlin 21963

Happ H Hyle Studien zum aristotelischen Materie-Begriff BerlinNew York 1971Henrici G Die Binarismus-Problematik in der neueren Linguistik (Linguistische

Arbeiten 28) Tuumlbingen 1975Hjelmslev L Essai dune theacuteorie des morphegravemes in Actes du IVe Congregraves international

des linguistes 1936 Copenhague 1938 140-151 wiederabgedruckt in LHjelmslev Es-sais linguistiques Paris 1971 161-173

Houmlrmann H Psychologie der Sprache BerlinHeidelbergNew York 1967Holenstein B Linguistik - Semiotik - Hermeneutik Plaumldoyers fuumlr eine strukturale

Phaumlnomenologie Frankfurt 1976Huber WStachowiak F-JPoeck JKerschensteiner M Die Wernicke-Aphasie

Klinisches Bild und Uumlberlegungen zur neurolinguistischen Struktur in Journal of Neuro-logy 210 (1975) 77-97

Jakobson B Aufsaumltze zur Linguistik und Poetik Hg und eingeleitet von W Raible Muumlnchen 1974

Jenkins J J The 1952 Minnesota Word Association Norms in LPostmanGKeppel (Hg) (1970) 1-52

Jolles A Antike Bedeutungsfelder in PBB (Beitraumlge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur) 58 (1934) 97-107

Kainz F Linguistisches und Sprachpathologisches zum Problem der sprachlichen Fehlleistungen in Oumlsterreichische Akademie der Wissenschaften Philosophisch-Histori-sche Klasse Sitzungsberichte 230 Band 5 Abhandlung Wien 1956

Kent GHRosanoff A J A Study of Association in Insanity I Association in Normal Subjects in American Journal of Insanity 67 (1910) 37-96 und 317-300

[p 39]Kolers PA Experiments in Reading in Held BRichards W (Hg) Recent Progress in

Perception San Francisco 1976 176-203Land EH The Retinex Theory of Color Vision in Scientific American Dezember 1977

108-128Lorenz KWotjak G Zum Verhaumlltnis von Abbild und Bedeutung Uumlberlegungen im

Grenzfeld zwischen Erkenntnistheorie und Semantik Berlin 1977Luria AR Basic Problems of Neurolinguistics The HagueParis 1976Lyons J Semantics LondonNew York 1977Malkiel Y Lexical Polarization in Romance in Language 27 (1951) 485-518Martin B Logique et meacutecanisme de lantonymie in TraLiLi 11 1 (1973) 37-51Meid W Bemerkungen zum Gegensinn in HDPohlNSalnikow (Hg) Opuscula

slavica et linguistica Festschrift fuumlr Alexander Issatschenko Klagenfurt 1976 239-247

Meringer B Zur Aufgabe und zum Namen unserer Zeitschrift in Woumlrter und Sachen Kulturhistorische Zeitschrift fuumlr Sprach- und Sachforschung 3 (1912) 22-56

Meringer BMayer K Versprechen und Verlesen Eine psychologisch-linguistische Studie Stuttgart 1895

Miller KM Free-Association Responses of English and Australian Students to 100 Words From the Kent-Rosanoff Word Association Test in LPostmanGKeppel (Hg) 39-52

Muumlller B Verbale Wortfelder bei Aphasikern in WMeidKHeller (Hg) Textlinguistik und Semantik Akten der 4 Arbeitstagung oumlsterreichischer Linguisten Innsbruck 6-8 Dezember 1975 Innsbruck 1976 251-263

NoumlthW Wortassoziationen als linguistisches Problem in Orbis 24 (1975) 5-37Palermo DSJenkins J J Word Association Norms Grade School Through College Min-

neapolis 1964Palermo DSJenkins J J Changes in the Word Associations of 4th and 5th Grade Chil-

dren From 1916 to 1961 in Journal of Verbal Learning and Verbal Behavior 4 (1965) 180-187

Panagl O Die Konversion im Spracherwerb Sprachverlust und historischen Sprachvergleich in GPeuser (Hg) Brennpunkte der Patholinguistik Muumlnchen 1978 139-153

Piaget JInhelder B Die Entwicklung der elementaren logischen Strukturen 2 Baumlnde Duumlsseldorf 1973

Pilch H A Linguistic View of Aphasia in Language Sciences 20 (1972) 6-12Postman L The California Norms Associations As a Function of Word Frequency in

LPostmanG Keppel (Hg) 241-320Postman LKeppel G (Hg) Norms of Word Association New YorkLondon 1970Raible W Aristoteles und der Raum Untersuchung des aristotelischen Toposbegriffs

Dissertation Kiel 1965Rosenzweig M B Comparison Among Word Association Responses in English French

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Seiler H Das sprachliche Erfassen von Gegenstaumlnden Koumlln (Arbeiten des Koumllner Universalienprojekte (akup)) 1981

Serzisko F Sprachen mit Zahlklassifikatoren Analyse und Vergleich Koumlln (Arbeiten des Koumllner Universalienprojekts (akup) 37) 1980

Spearman C The Nature of Intelligence and the Principles of Cognition London 1923Spitzer L Uumlber Ausbildung von Gegensinn in der Wortbildung in E GamillschegL

Spitzer Beitraumlge zur romanischen Wortbildungslehre Genegraveve 1921 6-230Stachowiak F-J Zur semantischen Struktur des subjektiven Lexikons Dissertation

Aachen 1978 Muumlnchen 1979Szentaacutegothai J The Neuron Network of the Cerebral Cortex A Functional Interpreta-

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Grundlagen der sprachlichen Analogiebildung Leipzig 1901 (neu herausgegeben von D J Murray Amsterdam 1978)

Ullmann S The Principles of Semantics OxfordGlasgow 1967Weinrich H Linguistik des Widerspruchs in To Honor Roman Jakobson The

HagueParis 1967 Band 3 2212-2218Weinrich H Uumlber Negationen in der Syntax und Semantik in ders (Hg) Positionen

der Negativitaumlt Muumlnchen 1975 39-63Wiig BHGlobus D Aphasic Word Identification As a Function of Logical Relationship

and Association Strength in Journal of Speech and Hearing Research 14 (1971) 195-204

  • Von der Allgegenwart des Gegensinns
  • (und einiger anderer Relationen)
  • Strategien zur Einordnung semantischer Information
  • Wolfgang Raible (Universitaumlt Freiburg)
  • Eugenio Coseriu zum 2771981
  • 21 Gesetzmaumlszligigkeiten des Assoziierens
  • 211 Argumentum quantitatis
  • 212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt
  • 22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens
  • 311 Syntagmatisches Assoziieren
  • 312 Paradigmatisches Assoziieren
  • 3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System
  • 3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System
  • 32 Sonderfaumllle
  • 41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems
  • 42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semantishyschen Orientierungssystems
  • ja
  • Fuumlr alle Woumlrter moumlgshylich
  • 44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte
  • Freiburg Wolfgang Raible
  • Abel C Uumlber den Gegensinn der Urworte Leipzig 1884
  • Bally C Preacutecis de stylistique Genegraveve 1905
  • Bally C Traiteacute de stylistique franccedilaise Genegraveve 1909
  • Coseriu E Einfuumlhrung in die strukturelle Betrachtung des Wortschatzes Tuumlbingen 1970
  • Coseriu E Probleme der strukturellen Semantik Tuumlbingen 1973
  • Coseriu E Zu Hegels Semantik in Kwartalnik neofilologiczny 24 (1977) 183-193
  • Deese J The Structure of Association in Language and Thought Baltimore 1965
  • Duumlring I Aristoteles Darstellung und Interpretation seines Denkens Heidelberg 1966
  • Esper EA Analogy and Association in Linguistics and Psychology Athens 1973
  • Frei H La grammaire des fautes Genegraveve 1929
  • Fromkin V A (Hg) Speech Errors As Linguistic Evidence The HagueParis 1973
  • Gauger H-M Wort und Sprache Sprachwissenschaftliche Grundfragen Tuumlbingen 1970
  • Gauger H-M Sprachbewusstsein und Sprachwissenschaft Muumlnchen 1976
  • Geckeler H (Hg) Strukturelle Bedeutungslehre Darmstadt 1978
  • Happ H Hyle Studien zum aristotelischen Materie-Begriff BerlinNew York 1971
  • Houmlrmann H Psychologie der Sprache BerlinHeidelbergNew York 1967
  • Luria AR Basic Problems of Neurolinguistics The HagueParis 1976
  • Lyons J Semantics LondonNew York 1977
  • Malkiel Y Lexical Polarization in Romance in Language 27 (1951) 485-518
  • Martin B Logique et meacutecanisme de lantonymie in TraLiLi 11 1 (1973) 37-51
  • NoumlthW Wortassoziationen als linguistisches Problem in Orbis 24 (1975) 5-37
  • Pilch H A Linguistic View of Aphasia in Language Sciences 20 (1972) 6-12
  • Postman LKeppel G (Hg) Norms of Word Association New YorkLondon 1970
  • Spearman C The Nature of Intelligence and the Principles of Cognition London 1923
  • Ullmann S The Principles of Semantics OxfordGlasgow 1967
Page 30: latina.phil2.uni-freiburg.delatina.phil2.uni-freiburg.de/.../Files/Gegensinn_neu.docx  · Web viewZeitschrift für romanische Philologie Bd. 97, Heft 1/2, S. 1-40. Die Seitenangabe

mag fuumlr den Durchschnittsfall jedoch keinerlei Allgemeinguumlltigkeit beanspruchen kann49 Wie nachhal- [p 36] tig die Interpretation Freuds ndashin diesem Fall leiderndash ge-wirkt hat zeigt die Verbindlichkeit jener Bezeichnung mit der man Sprechfehler heute erfasst bdquo(Freudsche) Fehlleistungen Ein in gleichem Maszlig bdquopathologischer Geruch begleitet spaumltestens seit 1910 die Versuche mit Wortassoziationen Carl Gustav Jung machte Versuche mit Assoziationen Kent und Rosanoff hatten die Absicht mit ihrer Liste von 100 Ausgangswoumlrtern und dem Durchschnitt der Assoziationen von 1000 Probanden eine Norm aufzustellen von der sich abnormale Assoziationen abheben soll-ten Die Untersuchung erschien nicht nur in der Zeitschrift American Journal of Insanity sie hieszlig auch noch A Study of Association in Insanity I Association in Normal Subjects Alle seitherigen einschlaumlgigen Assoziations-Listen werden von den Psychologen entspre-chend mit dem Etikett Norm versehen (laquoRussellJenkins-Normraquo laquoPalermoJenkins-Normraquo etc)

Die Haltung spaumlterer Sprachwissenschaftler ist also auch damit zu erklaumlren dass das Assoziieren und die Sprechfehler durch Pathologisierung ihrer ehemaligen (und angemesseneren) Unschuld verlustig gegangen waren Freilich gibt es seit einiger Zeit wieder ein neues und zunehmendes Interesse an Fragestellungen des Sich-Versprechens Assoziierens und der (wirklich zum Bereich des Pathologischen gehoumlrenden) Aphasie-Forschung50 Dass dabei in der Regel die eigentliche Tradition ausgespart wird ist weniger erfreulich Denn es geht nicht nur um eine sehr alte Tradition des Denkens es geht mit der Omnipraumlsenz bestimmter Relationen eigentlich um grundlegende Charakteristika des Sprechens und Denkens selbst

Freiburg Wolfgang Raible

[p 37] Literaturverzeichnis

Abel C Uumlber den Gegensinn der Urworte Leipzig 1884Bally C Preacutecis de stylistique Genegraveve 1905Bally C Traiteacute de stylistique franccedilaise Genegraveve 1909Benveniste E Don et eacutechange dans le vocabulaire indo-europeacuteen in dersProblegravemes de linguistique geacuteneacuterale Paris 19511966 289-307

49 Vgl hier die analoge Einstufung der Freudschen Konzeption sprachlicher Fehlleistungen bei Kainz 1956 38 - Die Auseinandersetzung zwischen Freud und Meringer war zT sehr heftig Auf einer houmlheren Stufe der Eskalation zieh Meringer Freud beispielsweise der laquoStuumlmperraquo-Haftigkeit auf dem Gebiet des Beobach-tens laquoEr sieht und houmlrt naumlmlich nur das was sich eventuell zur Begruumlndung seiner phantastischen Theorien missbrauchen laumlsst Die unendlich vielen Faumllle die sich dagegen mit Haumlnden und Fuumlszligen straumlu-ben sieht er nicht (1912 55)50 Ich nenne drei Indizien fuumlr die Wiederbelebung der Tradition bzw das verstaumlrkte Interesse an den betreffenden Zusammenhaumlngen Erstens wird die Arbeit von Meringer und Mayer in einem 1973 von Victoria A Fromkin herausgegebenen Sammelband in den beiden Beitraumlgen der Herausgeberin wenigs-tens gelegentlich wenn auch zT falsch zitiert Die Arbeit von Thumb und Marbe wurde 1978 sogar neu ediert Zweitens gibt es insbesondere in den Vereinigten Staaten eine Reihe von Arbeiten zu linguistischen Aspekten der Assoziationsforschung (die wichtigste ist wohl die allerdings weitgehend psychologisch und psychometrisch orientierte von Deese 1965) die zB in den Versuch einer Synthese eingegangen sind den Herbert H Clark 1970 veroumlffentlicht hat (Die Arbeit von Clark ist freilich noch ein wenig zu stark dem Grammatikmodell der Transformationsgrammatik verhaftet) Noumlth (1975) hat den Ansatz von Clark zT weitergefuumlhrt sich zT jedoch auch in kasuistischen Uumlberlegungen gefangen Drittens ist das Wiedererwa-chen des linguistischen Interesses an der Aphasie-Forschung zu vermerken (es war zB schon bei Meringer und Mayer vorhanden) Fuumlr dieses ndashallerdings in Schuumlben auftretendendash Interesse ist nicht zuletzt auch Roman Jakobson verantwortlich

Benveniste E Remarques sur la fonction du langage dans la deacutecouverte freudienne in ders Problegravemes de linguistique geacuteneacuterale Band I Paris 19561966 75-87

Bourdon B Observations comparatives sur la reconnaissance la discrimination et las-sociation in Revue philosophique de la France et de leacutetranger 40 (1895) 153-185

Bruner J S Going Beyond the Information Given in Contemporary Approaches to Cog-nition A Symposium Held at the University of Colorado Cambridge Mass 1957 41-69 ndash Wieder abgedruckt in JSBruner Beyond the Information Given Studies in the Psychology of Knowing New York 1973 218-238

Carroll JBKjeldergaard PMCarton AS Number of Opposites vs Number of Primaries As a Response Measure in Free Association Tests in Journal of Verbal Learn-ing and Verbal Behavior 1 (1962) 22-30

Clark HH Word Association and Linguistic Theory in Lyons J (Hg) New Horizons in Linguistics Harmondsworth 1970 271-286

Coseriu E Determinacioacuten y entorno Dos problemas de una linguumliacutestica del hablar in ders Teoriacutea del lenguaje y linguumliacutestica general Madrid 195521973 282-323

Coseriu E Fuumlr eine strukturelle diachrone Semantik in Geckeler H (Hg) (1978) 90-163 - Zuerst erschienen als Pour une seacutemantique diachronique structurale in TraLiLi II 1 (1964) 139-186

Coseriu E Structure lexicale et enseignement du vocabulaire in Actes du premier col-loque international de linguistique appliqueacutee Nancy 1966 175-217

Coseriu E Lexikalische Solidaritaumlten in Poetica 1 (1967) 293-303 - Unter anderem wiederabgedruckt in H Geckeler (1978) 239-253

Coseriu E La struttura del lessico in La grammatica la lessicologia Atti del primo e del secondo Convegno internazionale di studi Roma 27-28 Mai 1967 und 27-28 April 1968 21972 43-58

Coseriu E Einfuumlhrung in die strukturelle Betrachtung des Wortschatzes Tuumlbingen 1970

Coseriu E Probleme der strukturellen Semantik Tuumlbingen 1973Coseriu E Vers une typologie des champs lexicaux in CLex 27 (1975) 30-51

Erschienen 1976Coseriu E Zu Hegels Semantik in Kwartalnik neofilologiczny 24 (1977) 183-193Coseriu E Antrittsrede vor der Heidelberger Akademie der Wissenschaften am 19

November 1977 in Jahrbuch der Heidelberger Akademie der Wissenschaften 1977 107-110

Coseriu E Humanwissenschaften und Geschichte Die Gesichtspunkte eines Linguisten in Jahrbuch der Norwegischen Akademie der Wissenschaften 1978 Oslo 1979 S 3-15

Deese J The Structure of Association in Language and Thought Baltimore 1965 [p 38] Duumlring I Aristoteles Darstellung und Interpretation seines Denkens Heidelberg 1966Esper EA Analogy and Association in Linguistics and Psychology Athens 1973Fraumlnkel H Dichtung und Philosophie des fruumlhen Griechentums Eine Geschichte der

griechischen Epik Lyrik und Prosa bis zur Mitte des 5 Jahrhunderts Muumlnchen 21962Frei H La grammaire des fautes Genegraveve 1929Fromkin V A (Hg) Speech Errors As Linguistic Evidence The HagueParis 1973Gauger H-M Wort und Sprache Sprachwissenschaftliche Grundfragen Tuumlbingen

1970Gauger H-M Sprachbewusstsein und Sprachwissenschaft Muumlnchen 1976Geckeler H Zur Wortfelddiskussion Untersuchungen zur Gliederung des Wortfeldes

bdquoaltjung-neu im heutigen Franzoumlsisch Muumlnchen 1971

Geckeler H (Hg) Strukturelle Bedeutungslehre Darmstadt 1978Gloning KMuumlller B Untersuchungen uumlber kontrollierte verbale Assoziationen bei

Patienten mit Hirnlaumlsionen in Archiv fuumlr Psychiatrie und Nervenkrankheiten 215 (1971 1972) 252-268

Goldstein K Language and Language Disturbances Aphasic Symptom Complexes and Their Significance for Medicine and Theory of Language New York 1948 5 Nachdruck 1971

Gsell O Gegensatzrelationen im Wortschatz romanischer Sprachen Untersuchungen zur lexikalischen Struktur des Franzoumlsischen Italienischen Rumaumlnischen und Spanischen Tuumlbingen 1979

Hallig Rvon Wartburg W Begriffssystem als Grundlage fuumlr die Lexikographie Versuch eines Ordnungsschemas in Abhandlungen der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin Klasse fuumlr Sprachen Literatur und Kunst Jahrgang 1952 Nr 4 Berlin 21963

Happ H Hyle Studien zum aristotelischen Materie-Begriff BerlinNew York 1971Henrici G Die Binarismus-Problematik in der neueren Linguistik (Linguistische

Arbeiten 28) Tuumlbingen 1975Hjelmslev L Essai dune theacuteorie des morphegravemes in Actes du IVe Congregraves international

des linguistes 1936 Copenhague 1938 140-151 wiederabgedruckt in LHjelmslev Es-sais linguistiques Paris 1971 161-173

Houmlrmann H Psychologie der Sprache BerlinHeidelbergNew York 1967Holenstein B Linguistik - Semiotik - Hermeneutik Plaumldoyers fuumlr eine strukturale

Phaumlnomenologie Frankfurt 1976Huber WStachowiak F-JPoeck JKerschensteiner M Die Wernicke-Aphasie

Klinisches Bild und Uumlberlegungen zur neurolinguistischen Struktur in Journal of Neuro-logy 210 (1975) 77-97

Jakobson B Aufsaumltze zur Linguistik und Poetik Hg und eingeleitet von W Raible Muumlnchen 1974

Jenkins J J The 1952 Minnesota Word Association Norms in LPostmanGKeppel (Hg) (1970) 1-52

Jolles A Antike Bedeutungsfelder in PBB (Beitraumlge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur) 58 (1934) 97-107

Kainz F Linguistisches und Sprachpathologisches zum Problem der sprachlichen Fehlleistungen in Oumlsterreichische Akademie der Wissenschaften Philosophisch-Histori-sche Klasse Sitzungsberichte 230 Band 5 Abhandlung Wien 1956

Kent GHRosanoff A J A Study of Association in Insanity I Association in Normal Subjects in American Journal of Insanity 67 (1910) 37-96 und 317-300

[p 39]Kolers PA Experiments in Reading in Held BRichards W (Hg) Recent Progress in

Perception San Francisco 1976 176-203Land EH The Retinex Theory of Color Vision in Scientific American Dezember 1977

108-128Lorenz KWotjak G Zum Verhaumlltnis von Abbild und Bedeutung Uumlberlegungen im

Grenzfeld zwischen Erkenntnistheorie und Semantik Berlin 1977Luria AR Basic Problems of Neurolinguistics The HagueParis 1976Lyons J Semantics LondonNew York 1977Malkiel Y Lexical Polarization in Romance in Language 27 (1951) 485-518Martin B Logique et meacutecanisme de lantonymie in TraLiLi 11 1 (1973) 37-51Meid W Bemerkungen zum Gegensinn in HDPohlNSalnikow (Hg) Opuscula

slavica et linguistica Festschrift fuumlr Alexander Issatschenko Klagenfurt 1976 239-247

Meringer B Zur Aufgabe und zum Namen unserer Zeitschrift in Woumlrter und Sachen Kulturhistorische Zeitschrift fuumlr Sprach- und Sachforschung 3 (1912) 22-56

Meringer BMayer K Versprechen und Verlesen Eine psychologisch-linguistische Studie Stuttgart 1895

Miller KM Free-Association Responses of English and Australian Students to 100 Words From the Kent-Rosanoff Word Association Test in LPostmanGKeppel (Hg) 39-52

Muumlller B Verbale Wortfelder bei Aphasikern in WMeidKHeller (Hg) Textlinguistik und Semantik Akten der 4 Arbeitstagung oumlsterreichischer Linguisten Innsbruck 6-8 Dezember 1975 Innsbruck 1976 251-263

NoumlthW Wortassoziationen als linguistisches Problem in Orbis 24 (1975) 5-37Palermo DSJenkins J J Word Association Norms Grade School Through College Min-

neapolis 1964Palermo DSJenkins J J Changes in the Word Associations of 4th and 5th Grade Chil-

dren From 1916 to 1961 in Journal of Verbal Learning and Verbal Behavior 4 (1965) 180-187

Panagl O Die Konversion im Spracherwerb Sprachverlust und historischen Sprachvergleich in GPeuser (Hg) Brennpunkte der Patholinguistik Muumlnchen 1978 139-153

Piaget JInhelder B Die Entwicklung der elementaren logischen Strukturen 2 Baumlnde Duumlsseldorf 1973

Pilch H A Linguistic View of Aphasia in Language Sciences 20 (1972) 6-12Postman L The California Norms Associations As a Function of Word Frequency in

LPostmanG Keppel (Hg) 241-320Postman LKeppel G (Hg) Norms of Word Association New YorkLondon 1970Raible W Aristoteles und der Raum Untersuchung des aristotelischen Toposbegriffs

Dissertation Kiel 1965Rosenzweig M B Comparison Among Word Association Responses in English French

German and Italian in American Journal of Psychology 74 (1961) 347-360 [p 40]Rosenzweig M B International Kent-Rosanoff Word Association Norms Emphasizing

Those of French Male and Female Students and French Workmen in L Postman GKep-pel (Hg) 95-176

Roudet L Sur la classification psychologique des changements seacutemantiques in Jour-nal de Psychologie 18 (1921) S 676ndash692

Russell WA The Complete German Language Norms for Responses to 100 Words Front the Kent-Rosanoff Word Association Test in LPostmanGKeppel (Hg) 63-94

Schuchardt H Rezension zu ThumbMarbe 1901 in Literaturblatt fuumlr germanische und romanische Philologie 23 (1902) Spalten 393-400

Seiler H Das sprachliche Erfassen von Gegenstaumlnden Koumlln (Arbeiten des Koumllner Universalienprojekte (akup)) 1981

Serzisko F Sprachen mit Zahlklassifikatoren Analyse und Vergleich Koumlln (Arbeiten des Koumllner Universalienprojekts (akup) 37) 1980

Spearman C The Nature of Intelligence and the Principles of Cognition London 1923Spitzer L Uumlber Ausbildung von Gegensinn in der Wortbildung in E GamillschegL

Spitzer Beitraumlge zur romanischen Wortbildungslehre Genegraveve 1921 6-230Stachowiak F-J Zur semantischen Struktur des subjektiven Lexikons Dissertation

Aachen 1978 Muumlnchen 1979Szentaacutegothai J The Neuron Network of the Cerebral Cortex A Functional Interpreta-

tion in Proceedings of the Royal Society of London Series B Vol 201 (Biological Sci-

ences) 1978 219-248Thumb AMarbe K Experimentelle Untersuchungen uumlber die psychologischen

Grundlagen der sprachlichen Analogiebildung Leipzig 1901 (neu herausgegeben von D J Murray Amsterdam 1978)

Ullmann S The Principles of Semantics OxfordGlasgow 1967Weinrich H Linguistik des Widerspruchs in To Honor Roman Jakobson The

HagueParis 1967 Band 3 2212-2218Weinrich H Uumlber Negationen in der Syntax und Semantik in ders (Hg) Positionen

der Negativitaumlt Muumlnchen 1975 39-63Wiig BHGlobus D Aphasic Word Identification As a Function of Logical Relationship

and Association Strength in Journal of Speech and Hearing Research 14 (1971) 195-204

  • Von der Allgegenwart des Gegensinns
  • (und einiger anderer Relationen)
  • Strategien zur Einordnung semantischer Information
  • Wolfgang Raible (Universitaumlt Freiburg)
  • Eugenio Coseriu zum 2771981
  • 21 Gesetzmaumlszligigkeiten des Assoziierens
  • 211 Argumentum quantitatis
  • 212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt
  • 22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens
  • 311 Syntagmatisches Assoziieren
  • 312 Paradigmatisches Assoziieren
  • 3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System
  • 3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System
  • 32 Sonderfaumllle
  • 41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems
  • 42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semantishyschen Orientierungssystems
  • ja
  • Fuumlr alle Woumlrter moumlgshylich
  • 44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte
  • Freiburg Wolfgang Raible
  • Abel C Uumlber den Gegensinn der Urworte Leipzig 1884
  • Bally C Preacutecis de stylistique Genegraveve 1905
  • Bally C Traiteacute de stylistique franccedilaise Genegraveve 1909
  • Coseriu E Einfuumlhrung in die strukturelle Betrachtung des Wortschatzes Tuumlbingen 1970
  • Coseriu E Probleme der strukturellen Semantik Tuumlbingen 1973
  • Coseriu E Zu Hegels Semantik in Kwartalnik neofilologiczny 24 (1977) 183-193
  • Deese J The Structure of Association in Language and Thought Baltimore 1965
  • Duumlring I Aristoteles Darstellung und Interpretation seines Denkens Heidelberg 1966
  • Esper EA Analogy and Association in Linguistics and Psychology Athens 1973
  • Frei H La grammaire des fautes Genegraveve 1929
  • Fromkin V A (Hg) Speech Errors As Linguistic Evidence The HagueParis 1973
  • Gauger H-M Wort und Sprache Sprachwissenschaftliche Grundfragen Tuumlbingen 1970
  • Gauger H-M Sprachbewusstsein und Sprachwissenschaft Muumlnchen 1976
  • Geckeler H (Hg) Strukturelle Bedeutungslehre Darmstadt 1978
  • Happ H Hyle Studien zum aristotelischen Materie-Begriff BerlinNew York 1971
  • Houmlrmann H Psychologie der Sprache BerlinHeidelbergNew York 1967
  • Luria AR Basic Problems of Neurolinguistics The HagueParis 1976
  • Lyons J Semantics LondonNew York 1977
  • Malkiel Y Lexical Polarization in Romance in Language 27 (1951) 485-518
  • Martin B Logique et meacutecanisme de lantonymie in TraLiLi 11 1 (1973) 37-51
  • NoumlthW Wortassoziationen als linguistisches Problem in Orbis 24 (1975) 5-37
  • Pilch H A Linguistic View of Aphasia in Language Sciences 20 (1972) 6-12
  • Postman LKeppel G (Hg) Norms of Word Association New YorkLondon 1970
  • Spearman C The Nature of Intelligence and the Principles of Cognition London 1923
  • Ullmann S The Principles of Semantics OxfordGlasgow 1967
Page 31: latina.phil2.uni-freiburg.delatina.phil2.uni-freiburg.de/.../Files/Gegensinn_neu.docx  · Web viewZeitschrift für romanische Philologie Bd. 97, Heft 1/2, S. 1-40. Die Seitenangabe

Benveniste E Remarques sur la fonction du langage dans la deacutecouverte freudienne in ders Problegravemes de linguistique geacuteneacuterale Band I Paris 19561966 75-87

Bourdon B Observations comparatives sur la reconnaissance la discrimination et las-sociation in Revue philosophique de la France et de leacutetranger 40 (1895) 153-185

Bruner J S Going Beyond the Information Given in Contemporary Approaches to Cog-nition A Symposium Held at the University of Colorado Cambridge Mass 1957 41-69 ndash Wieder abgedruckt in JSBruner Beyond the Information Given Studies in the Psychology of Knowing New York 1973 218-238

Carroll JBKjeldergaard PMCarton AS Number of Opposites vs Number of Primaries As a Response Measure in Free Association Tests in Journal of Verbal Learn-ing and Verbal Behavior 1 (1962) 22-30

Clark HH Word Association and Linguistic Theory in Lyons J (Hg) New Horizons in Linguistics Harmondsworth 1970 271-286

Coseriu E Determinacioacuten y entorno Dos problemas de una linguumliacutestica del hablar in ders Teoriacutea del lenguaje y linguumliacutestica general Madrid 195521973 282-323

Coseriu E Fuumlr eine strukturelle diachrone Semantik in Geckeler H (Hg) (1978) 90-163 - Zuerst erschienen als Pour une seacutemantique diachronique structurale in TraLiLi II 1 (1964) 139-186

Coseriu E Structure lexicale et enseignement du vocabulaire in Actes du premier col-loque international de linguistique appliqueacutee Nancy 1966 175-217

Coseriu E Lexikalische Solidaritaumlten in Poetica 1 (1967) 293-303 - Unter anderem wiederabgedruckt in H Geckeler (1978) 239-253

Coseriu E La struttura del lessico in La grammatica la lessicologia Atti del primo e del secondo Convegno internazionale di studi Roma 27-28 Mai 1967 und 27-28 April 1968 21972 43-58

Coseriu E Einfuumlhrung in die strukturelle Betrachtung des Wortschatzes Tuumlbingen 1970

Coseriu E Probleme der strukturellen Semantik Tuumlbingen 1973Coseriu E Vers une typologie des champs lexicaux in CLex 27 (1975) 30-51

Erschienen 1976Coseriu E Zu Hegels Semantik in Kwartalnik neofilologiczny 24 (1977) 183-193Coseriu E Antrittsrede vor der Heidelberger Akademie der Wissenschaften am 19

November 1977 in Jahrbuch der Heidelberger Akademie der Wissenschaften 1977 107-110

Coseriu E Humanwissenschaften und Geschichte Die Gesichtspunkte eines Linguisten in Jahrbuch der Norwegischen Akademie der Wissenschaften 1978 Oslo 1979 S 3-15

Deese J The Structure of Association in Language and Thought Baltimore 1965 [p 38] Duumlring I Aristoteles Darstellung und Interpretation seines Denkens Heidelberg 1966Esper EA Analogy and Association in Linguistics and Psychology Athens 1973Fraumlnkel H Dichtung und Philosophie des fruumlhen Griechentums Eine Geschichte der

griechischen Epik Lyrik und Prosa bis zur Mitte des 5 Jahrhunderts Muumlnchen 21962Frei H La grammaire des fautes Genegraveve 1929Fromkin V A (Hg) Speech Errors As Linguistic Evidence The HagueParis 1973Gauger H-M Wort und Sprache Sprachwissenschaftliche Grundfragen Tuumlbingen

1970Gauger H-M Sprachbewusstsein und Sprachwissenschaft Muumlnchen 1976Geckeler H Zur Wortfelddiskussion Untersuchungen zur Gliederung des Wortfeldes

bdquoaltjung-neu im heutigen Franzoumlsisch Muumlnchen 1971

Geckeler H (Hg) Strukturelle Bedeutungslehre Darmstadt 1978Gloning KMuumlller B Untersuchungen uumlber kontrollierte verbale Assoziationen bei

Patienten mit Hirnlaumlsionen in Archiv fuumlr Psychiatrie und Nervenkrankheiten 215 (1971 1972) 252-268

Goldstein K Language and Language Disturbances Aphasic Symptom Complexes and Their Significance for Medicine and Theory of Language New York 1948 5 Nachdruck 1971

Gsell O Gegensatzrelationen im Wortschatz romanischer Sprachen Untersuchungen zur lexikalischen Struktur des Franzoumlsischen Italienischen Rumaumlnischen und Spanischen Tuumlbingen 1979

Hallig Rvon Wartburg W Begriffssystem als Grundlage fuumlr die Lexikographie Versuch eines Ordnungsschemas in Abhandlungen der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin Klasse fuumlr Sprachen Literatur und Kunst Jahrgang 1952 Nr 4 Berlin 21963

Happ H Hyle Studien zum aristotelischen Materie-Begriff BerlinNew York 1971Henrici G Die Binarismus-Problematik in der neueren Linguistik (Linguistische

Arbeiten 28) Tuumlbingen 1975Hjelmslev L Essai dune theacuteorie des morphegravemes in Actes du IVe Congregraves international

des linguistes 1936 Copenhague 1938 140-151 wiederabgedruckt in LHjelmslev Es-sais linguistiques Paris 1971 161-173

Houmlrmann H Psychologie der Sprache BerlinHeidelbergNew York 1967Holenstein B Linguistik - Semiotik - Hermeneutik Plaumldoyers fuumlr eine strukturale

Phaumlnomenologie Frankfurt 1976Huber WStachowiak F-JPoeck JKerschensteiner M Die Wernicke-Aphasie

Klinisches Bild und Uumlberlegungen zur neurolinguistischen Struktur in Journal of Neuro-logy 210 (1975) 77-97

Jakobson B Aufsaumltze zur Linguistik und Poetik Hg und eingeleitet von W Raible Muumlnchen 1974

Jenkins J J The 1952 Minnesota Word Association Norms in LPostmanGKeppel (Hg) (1970) 1-52

Jolles A Antike Bedeutungsfelder in PBB (Beitraumlge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur) 58 (1934) 97-107

Kainz F Linguistisches und Sprachpathologisches zum Problem der sprachlichen Fehlleistungen in Oumlsterreichische Akademie der Wissenschaften Philosophisch-Histori-sche Klasse Sitzungsberichte 230 Band 5 Abhandlung Wien 1956

Kent GHRosanoff A J A Study of Association in Insanity I Association in Normal Subjects in American Journal of Insanity 67 (1910) 37-96 und 317-300

[p 39]Kolers PA Experiments in Reading in Held BRichards W (Hg) Recent Progress in

Perception San Francisco 1976 176-203Land EH The Retinex Theory of Color Vision in Scientific American Dezember 1977

108-128Lorenz KWotjak G Zum Verhaumlltnis von Abbild und Bedeutung Uumlberlegungen im

Grenzfeld zwischen Erkenntnistheorie und Semantik Berlin 1977Luria AR Basic Problems of Neurolinguistics The HagueParis 1976Lyons J Semantics LondonNew York 1977Malkiel Y Lexical Polarization in Romance in Language 27 (1951) 485-518Martin B Logique et meacutecanisme de lantonymie in TraLiLi 11 1 (1973) 37-51Meid W Bemerkungen zum Gegensinn in HDPohlNSalnikow (Hg) Opuscula

slavica et linguistica Festschrift fuumlr Alexander Issatschenko Klagenfurt 1976 239-247

Meringer B Zur Aufgabe und zum Namen unserer Zeitschrift in Woumlrter und Sachen Kulturhistorische Zeitschrift fuumlr Sprach- und Sachforschung 3 (1912) 22-56

Meringer BMayer K Versprechen und Verlesen Eine psychologisch-linguistische Studie Stuttgart 1895

Miller KM Free-Association Responses of English and Australian Students to 100 Words From the Kent-Rosanoff Word Association Test in LPostmanGKeppel (Hg) 39-52

Muumlller B Verbale Wortfelder bei Aphasikern in WMeidKHeller (Hg) Textlinguistik und Semantik Akten der 4 Arbeitstagung oumlsterreichischer Linguisten Innsbruck 6-8 Dezember 1975 Innsbruck 1976 251-263

NoumlthW Wortassoziationen als linguistisches Problem in Orbis 24 (1975) 5-37Palermo DSJenkins J J Word Association Norms Grade School Through College Min-

neapolis 1964Palermo DSJenkins J J Changes in the Word Associations of 4th and 5th Grade Chil-

dren From 1916 to 1961 in Journal of Verbal Learning and Verbal Behavior 4 (1965) 180-187

Panagl O Die Konversion im Spracherwerb Sprachverlust und historischen Sprachvergleich in GPeuser (Hg) Brennpunkte der Patholinguistik Muumlnchen 1978 139-153

Piaget JInhelder B Die Entwicklung der elementaren logischen Strukturen 2 Baumlnde Duumlsseldorf 1973

Pilch H A Linguistic View of Aphasia in Language Sciences 20 (1972) 6-12Postman L The California Norms Associations As a Function of Word Frequency in

LPostmanG Keppel (Hg) 241-320Postman LKeppel G (Hg) Norms of Word Association New YorkLondon 1970Raible W Aristoteles und der Raum Untersuchung des aristotelischen Toposbegriffs

Dissertation Kiel 1965Rosenzweig M B Comparison Among Word Association Responses in English French

German and Italian in American Journal of Psychology 74 (1961) 347-360 [p 40]Rosenzweig M B International Kent-Rosanoff Word Association Norms Emphasizing

Those of French Male and Female Students and French Workmen in L Postman GKep-pel (Hg) 95-176

Roudet L Sur la classification psychologique des changements seacutemantiques in Jour-nal de Psychologie 18 (1921) S 676ndash692

Russell WA The Complete German Language Norms for Responses to 100 Words Front the Kent-Rosanoff Word Association Test in LPostmanGKeppel (Hg) 63-94

Schuchardt H Rezension zu ThumbMarbe 1901 in Literaturblatt fuumlr germanische und romanische Philologie 23 (1902) Spalten 393-400

Seiler H Das sprachliche Erfassen von Gegenstaumlnden Koumlln (Arbeiten des Koumllner Universalienprojekte (akup)) 1981

Serzisko F Sprachen mit Zahlklassifikatoren Analyse und Vergleich Koumlln (Arbeiten des Koumllner Universalienprojekts (akup) 37) 1980

Spearman C The Nature of Intelligence and the Principles of Cognition London 1923Spitzer L Uumlber Ausbildung von Gegensinn in der Wortbildung in E GamillschegL

Spitzer Beitraumlge zur romanischen Wortbildungslehre Genegraveve 1921 6-230Stachowiak F-J Zur semantischen Struktur des subjektiven Lexikons Dissertation

Aachen 1978 Muumlnchen 1979Szentaacutegothai J The Neuron Network of the Cerebral Cortex A Functional Interpreta-

tion in Proceedings of the Royal Society of London Series B Vol 201 (Biological Sci-

ences) 1978 219-248Thumb AMarbe K Experimentelle Untersuchungen uumlber die psychologischen

Grundlagen der sprachlichen Analogiebildung Leipzig 1901 (neu herausgegeben von D J Murray Amsterdam 1978)

Ullmann S The Principles of Semantics OxfordGlasgow 1967Weinrich H Linguistik des Widerspruchs in To Honor Roman Jakobson The

HagueParis 1967 Band 3 2212-2218Weinrich H Uumlber Negationen in der Syntax und Semantik in ders (Hg) Positionen

der Negativitaumlt Muumlnchen 1975 39-63Wiig BHGlobus D Aphasic Word Identification As a Function of Logical Relationship

and Association Strength in Journal of Speech and Hearing Research 14 (1971) 195-204

  • Von der Allgegenwart des Gegensinns
  • (und einiger anderer Relationen)
  • Strategien zur Einordnung semantischer Information
  • Wolfgang Raible (Universitaumlt Freiburg)
  • Eugenio Coseriu zum 2771981
  • 21 Gesetzmaumlszligigkeiten des Assoziierens
  • 211 Argumentum quantitatis
  • 212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt
  • 22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens
  • 311 Syntagmatisches Assoziieren
  • 312 Paradigmatisches Assoziieren
  • 3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System
  • 3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System
  • 32 Sonderfaumllle
  • 41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems
  • 42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semantishyschen Orientierungssystems
  • ja
  • Fuumlr alle Woumlrter moumlgshylich
  • 44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte
  • Freiburg Wolfgang Raible
  • Abel C Uumlber den Gegensinn der Urworte Leipzig 1884
  • Bally C Preacutecis de stylistique Genegraveve 1905
  • Bally C Traiteacute de stylistique franccedilaise Genegraveve 1909
  • Coseriu E Einfuumlhrung in die strukturelle Betrachtung des Wortschatzes Tuumlbingen 1970
  • Coseriu E Probleme der strukturellen Semantik Tuumlbingen 1973
  • Coseriu E Zu Hegels Semantik in Kwartalnik neofilologiczny 24 (1977) 183-193
  • Deese J The Structure of Association in Language and Thought Baltimore 1965
  • Duumlring I Aristoteles Darstellung und Interpretation seines Denkens Heidelberg 1966
  • Esper EA Analogy and Association in Linguistics and Psychology Athens 1973
  • Frei H La grammaire des fautes Genegraveve 1929
  • Fromkin V A (Hg) Speech Errors As Linguistic Evidence The HagueParis 1973
  • Gauger H-M Wort und Sprache Sprachwissenschaftliche Grundfragen Tuumlbingen 1970
  • Gauger H-M Sprachbewusstsein und Sprachwissenschaft Muumlnchen 1976
  • Geckeler H (Hg) Strukturelle Bedeutungslehre Darmstadt 1978
  • Happ H Hyle Studien zum aristotelischen Materie-Begriff BerlinNew York 1971
  • Houmlrmann H Psychologie der Sprache BerlinHeidelbergNew York 1967
  • Luria AR Basic Problems of Neurolinguistics The HagueParis 1976
  • Lyons J Semantics LondonNew York 1977
  • Malkiel Y Lexical Polarization in Romance in Language 27 (1951) 485-518
  • Martin B Logique et meacutecanisme de lantonymie in TraLiLi 11 1 (1973) 37-51
  • NoumlthW Wortassoziationen als linguistisches Problem in Orbis 24 (1975) 5-37
  • Pilch H A Linguistic View of Aphasia in Language Sciences 20 (1972) 6-12
  • Postman LKeppel G (Hg) Norms of Word Association New YorkLondon 1970
  • Spearman C The Nature of Intelligence and the Principles of Cognition London 1923
  • Ullmann S The Principles of Semantics OxfordGlasgow 1967
Page 32: latina.phil2.uni-freiburg.delatina.phil2.uni-freiburg.de/.../Files/Gegensinn_neu.docx  · Web viewZeitschrift für romanische Philologie Bd. 97, Heft 1/2, S. 1-40. Die Seitenangabe

Geckeler H (Hg) Strukturelle Bedeutungslehre Darmstadt 1978Gloning KMuumlller B Untersuchungen uumlber kontrollierte verbale Assoziationen bei

Patienten mit Hirnlaumlsionen in Archiv fuumlr Psychiatrie und Nervenkrankheiten 215 (1971 1972) 252-268

Goldstein K Language and Language Disturbances Aphasic Symptom Complexes and Their Significance for Medicine and Theory of Language New York 1948 5 Nachdruck 1971

Gsell O Gegensatzrelationen im Wortschatz romanischer Sprachen Untersuchungen zur lexikalischen Struktur des Franzoumlsischen Italienischen Rumaumlnischen und Spanischen Tuumlbingen 1979

Hallig Rvon Wartburg W Begriffssystem als Grundlage fuumlr die Lexikographie Versuch eines Ordnungsschemas in Abhandlungen der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin Klasse fuumlr Sprachen Literatur und Kunst Jahrgang 1952 Nr 4 Berlin 21963

Happ H Hyle Studien zum aristotelischen Materie-Begriff BerlinNew York 1971Henrici G Die Binarismus-Problematik in der neueren Linguistik (Linguistische

Arbeiten 28) Tuumlbingen 1975Hjelmslev L Essai dune theacuteorie des morphegravemes in Actes du IVe Congregraves international

des linguistes 1936 Copenhague 1938 140-151 wiederabgedruckt in LHjelmslev Es-sais linguistiques Paris 1971 161-173

Houmlrmann H Psychologie der Sprache BerlinHeidelbergNew York 1967Holenstein B Linguistik - Semiotik - Hermeneutik Plaumldoyers fuumlr eine strukturale

Phaumlnomenologie Frankfurt 1976Huber WStachowiak F-JPoeck JKerschensteiner M Die Wernicke-Aphasie

Klinisches Bild und Uumlberlegungen zur neurolinguistischen Struktur in Journal of Neuro-logy 210 (1975) 77-97

Jakobson B Aufsaumltze zur Linguistik und Poetik Hg und eingeleitet von W Raible Muumlnchen 1974

Jenkins J J The 1952 Minnesota Word Association Norms in LPostmanGKeppel (Hg) (1970) 1-52

Jolles A Antike Bedeutungsfelder in PBB (Beitraumlge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur) 58 (1934) 97-107

Kainz F Linguistisches und Sprachpathologisches zum Problem der sprachlichen Fehlleistungen in Oumlsterreichische Akademie der Wissenschaften Philosophisch-Histori-sche Klasse Sitzungsberichte 230 Band 5 Abhandlung Wien 1956

Kent GHRosanoff A J A Study of Association in Insanity I Association in Normal Subjects in American Journal of Insanity 67 (1910) 37-96 und 317-300

[p 39]Kolers PA Experiments in Reading in Held BRichards W (Hg) Recent Progress in

Perception San Francisco 1976 176-203Land EH The Retinex Theory of Color Vision in Scientific American Dezember 1977

108-128Lorenz KWotjak G Zum Verhaumlltnis von Abbild und Bedeutung Uumlberlegungen im

Grenzfeld zwischen Erkenntnistheorie und Semantik Berlin 1977Luria AR Basic Problems of Neurolinguistics The HagueParis 1976Lyons J Semantics LondonNew York 1977Malkiel Y Lexical Polarization in Romance in Language 27 (1951) 485-518Martin B Logique et meacutecanisme de lantonymie in TraLiLi 11 1 (1973) 37-51Meid W Bemerkungen zum Gegensinn in HDPohlNSalnikow (Hg) Opuscula

slavica et linguistica Festschrift fuumlr Alexander Issatschenko Klagenfurt 1976 239-247

Meringer B Zur Aufgabe und zum Namen unserer Zeitschrift in Woumlrter und Sachen Kulturhistorische Zeitschrift fuumlr Sprach- und Sachforschung 3 (1912) 22-56

Meringer BMayer K Versprechen und Verlesen Eine psychologisch-linguistische Studie Stuttgart 1895

Miller KM Free-Association Responses of English and Australian Students to 100 Words From the Kent-Rosanoff Word Association Test in LPostmanGKeppel (Hg) 39-52

Muumlller B Verbale Wortfelder bei Aphasikern in WMeidKHeller (Hg) Textlinguistik und Semantik Akten der 4 Arbeitstagung oumlsterreichischer Linguisten Innsbruck 6-8 Dezember 1975 Innsbruck 1976 251-263

NoumlthW Wortassoziationen als linguistisches Problem in Orbis 24 (1975) 5-37Palermo DSJenkins J J Word Association Norms Grade School Through College Min-

neapolis 1964Palermo DSJenkins J J Changes in the Word Associations of 4th and 5th Grade Chil-

dren From 1916 to 1961 in Journal of Verbal Learning and Verbal Behavior 4 (1965) 180-187

Panagl O Die Konversion im Spracherwerb Sprachverlust und historischen Sprachvergleich in GPeuser (Hg) Brennpunkte der Patholinguistik Muumlnchen 1978 139-153

Piaget JInhelder B Die Entwicklung der elementaren logischen Strukturen 2 Baumlnde Duumlsseldorf 1973

Pilch H A Linguistic View of Aphasia in Language Sciences 20 (1972) 6-12Postman L The California Norms Associations As a Function of Word Frequency in

LPostmanG Keppel (Hg) 241-320Postman LKeppel G (Hg) Norms of Word Association New YorkLondon 1970Raible W Aristoteles und der Raum Untersuchung des aristotelischen Toposbegriffs

Dissertation Kiel 1965Rosenzweig M B Comparison Among Word Association Responses in English French

German and Italian in American Journal of Psychology 74 (1961) 347-360 [p 40]Rosenzweig M B International Kent-Rosanoff Word Association Norms Emphasizing

Those of French Male and Female Students and French Workmen in L Postman GKep-pel (Hg) 95-176

Roudet L Sur la classification psychologique des changements seacutemantiques in Jour-nal de Psychologie 18 (1921) S 676ndash692

Russell WA The Complete German Language Norms for Responses to 100 Words Front the Kent-Rosanoff Word Association Test in LPostmanGKeppel (Hg) 63-94

Schuchardt H Rezension zu ThumbMarbe 1901 in Literaturblatt fuumlr germanische und romanische Philologie 23 (1902) Spalten 393-400

Seiler H Das sprachliche Erfassen von Gegenstaumlnden Koumlln (Arbeiten des Koumllner Universalienprojekte (akup)) 1981

Serzisko F Sprachen mit Zahlklassifikatoren Analyse und Vergleich Koumlln (Arbeiten des Koumllner Universalienprojekts (akup) 37) 1980

Spearman C The Nature of Intelligence and the Principles of Cognition London 1923Spitzer L Uumlber Ausbildung von Gegensinn in der Wortbildung in E GamillschegL

Spitzer Beitraumlge zur romanischen Wortbildungslehre Genegraveve 1921 6-230Stachowiak F-J Zur semantischen Struktur des subjektiven Lexikons Dissertation

Aachen 1978 Muumlnchen 1979Szentaacutegothai J The Neuron Network of the Cerebral Cortex A Functional Interpreta-

tion in Proceedings of the Royal Society of London Series B Vol 201 (Biological Sci-

ences) 1978 219-248Thumb AMarbe K Experimentelle Untersuchungen uumlber die psychologischen

Grundlagen der sprachlichen Analogiebildung Leipzig 1901 (neu herausgegeben von D J Murray Amsterdam 1978)

Ullmann S The Principles of Semantics OxfordGlasgow 1967Weinrich H Linguistik des Widerspruchs in To Honor Roman Jakobson The

HagueParis 1967 Band 3 2212-2218Weinrich H Uumlber Negationen in der Syntax und Semantik in ders (Hg) Positionen

der Negativitaumlt Muumlnchen 1975 39-63Wiig BHGlobus D Aphasic Word Identification As a Function of Logical Relationship

and Association Strength in Journal of Speech and Hearing Research 14 (1971) 195-204

  • Von der Allgegenwart des Gegensinns
  • (und einiger anderer Relationen)
  • Strategien zur Einordnung semantischer Information
  • Wolfgang Raible (Universitaumlt Freiburg)
  • Eugenio Coseriu zum 2771981
  • 21 Gesetzmaumlszligigkeiten des Assoziierens
  • 211 Argumentum quantitatis
  • 212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt
  • 22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens
  • 311 Syntagmatisches Assoziieren
  • 312 Paradigmatisches Assoziieren
  • 3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System
  • 3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System
  • 32 Sonderfaumllle
  • 41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems
  • 42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semantishyschen Orientierungssystems
  • ja
  • Fuumlr alle Woumlrter moumlgshylich
  • 44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte
  • Freiburg Wolfgang Raible
  • Abel C Uumlber den Gegensinn der Urworte Leipzig 1884
  • Bally C Preacutecis de stylistique Genegraveve 1905
  • Bally C Traiteacute de stylistique franccedilaise Genegraveve 1909
  • Coseriu E Einfuumlhrung in die strukturelle Betrachtung des Wortschatzes Tuumlbingen 1970
  • Coseriu E Probleme der strukturellen Semantik Tuumlbingen 1973
  • Coseriu E Zu Hegels Semantik in Kwartalnik neofilologiczny 24 (1977) 183-193
  • Deese J The Structure of Association in Language and Thought Baltimore 1965
  • Duumlring I Aristoteles Darstellung und Interpretation seines Denkens Heidelberg 1966
  • Esper EA Analogy and Association in Linguistics and Psychology Athens 1973
  • Frei H La grammaire des fautes Genegraveve 1929
  • Fromkin V A (Hg) Speech Errors As Linguistic Evidence The HagueParis 1973
  • Gauger H-M Wort und Sprache Sprachwissenschaftliche Grundfragen Tuumlbingen 1970
  • Gauger H-M Sprachbewusstsein und Sprachwissenschaft Muumlnchen 1976
  • Geckeler H (Hg) Strukturelle Bedeutungslehre Darmstadt 1978
  • Happ H Hyle Studien zum aristotelischen Materie-Begriff BerlinNew York 1971
  • Houmlrmann H Psychologie der Sprache BerlinHeidelbergNew York 1967
  • Luria AR Basic Problems of Neurolinguistics The HagueParis 1976
  • Lyons J Semantics LondonNew York 1977
  • Malkiel Y Lexical Polarization in Romance in Language 27 (1951) 485-518
  • Martin B Logique et meacutecanisme de lantonymie in TraLiLi 11 1 (1973) 37-51
  • NoumlthW Wortassoziationen als linguistisches Problem in Orbis 24 (1975) 5-37
  • Pilch H A Linguistic View of Aphasia in Language Sciences 20 (1972) 6-12
  • Postman LKeppel G (Hg) Norms of Word Association New YorkLondon 1970
  • Spearman C The Nature of Intelligence and the Principles of Cognition London 1923
  • Ullmann S The Principles of Semantics OxfordGlasgow 1967
Page 33: latina.phil2.uni-freiburg.delatina.phil2.uni-freiburg.de/.../Files/Gegensinn_neu.docx  · Web viewZeitschrift für romanische Philologie Bd. 97, Heft 1/2, S. 1-40. Die Seitenangabe

Meringer B Zur Aufgabe und zum Namen unserer Zeitschrift in Woumlrter und Sachen Kulturhistorische Zeitschrift fuumlr Sprach- und Sachforschung 3 (1912) 22-56

Meringer BMayer K Versprechen und Verlesen Eine psychologisch-linguistische Studie Stuttgart 1895

Miller KM Free-Association Responses of English and Australian Students to 100 Words From the Kent-Rosanoff Word Association Test in LPostmanGKeppel (Hg) 39-52

Muumlller B Verbale Wortfelder bei Aphasikern in WMeidKHeller (Hg) Textlinguistik und Semantik Akten der 4 Arbeitstagung oumlsterreichischer Linguisten Innsbruck 6-8 Dezember 1975 Innsbruck 1976 251-263

NoumlthW Wortassoziationen als linguistisches Problem in Orbis 24 (1975) 5-37Palermo DSJenkins J J Word Association Norms Grade School Through College Min-

neapolis 1964Palermo DSJenkins J J Changes in the Word Associations of 4th and 5th Grade Chil-

dren From 1916 to 1961 in Journal of Verbal Learning and Verbal Behavior 4 (1965) 180-187

Panagl O Die Konversion im Spracherwerb Sprachverlust und historischen Sprachvergleich in GPeuser (Hg) Brennpunkte der Patholinguistik Muumlnchen 1978 139-153

Piaget JInhelder B Die Entwicklung der elementaren logischen Strukturen 2 Baumlnde Duumlsseldorf 1973

Pilch H A Linguistic View of Aphasia in Language Sciences 20 (1972) 6-12Postman L The California Norms Associations As a Function of Word Frequency in

LPostmanG Keppel (Hg) 241-320Postman LKeppel G (Hg) Norms of Word Association New YorkLondon 1970Raible W Aristoteles und der Raum Untersuchung des aristotelischen Toposbegriffs

Dissertation Kiel 1965Rosenzweig M B Comparison Among Word Association Responses in English French

German and Italian in American Journal of Psychology 74 (1961) 347-360 [p 40]Rosenzweig M B International Kent-Rosanoff Word Association Norms Emphasizing

Those of French Male and Female Students and French Workmen in L Postman GKep-pel (Hg) 95-176

Roudet L Sur la classification psychologique des changements seacutemantiques in Jour-nal de Psychologie 18 (1921) S 676ndash692

Russell WA The Complete German Language Norms for Responses to 100 Words Front the Kent-Rosanoff Word Association Test in LPostmanGKeppel (Hg) 63-94

Schuchardt H Rezension zu ThumbMarbe 1901 in Literaturblatt fuumlr germanische und romanische Philologie 23 (1902) Spalten 393-400

Seiler H Das sprachliche Erfassen von Gegenstaumlnden Koumlln (Arbeiten des Koumllner Universalienprojekte (akup)) 1981

Serzisko F Sprachen mit Zahlklassifikatoren Analyse und Vergleich Koumlln (Arbeiten des Koumllner Universalienprojekts (akup) 37) 1980

Spearman C The Nature of Intelligence and the Principles of Cognition London 1923Spitzer L Uumlber Ausbildung von Gegensinn in der Wortbildung in E GamillschegL

Spitzer Beitraumlge zur romanischen Wortbildungslehre Genegraveve 1921 6-230Stachowiak F-J Zur semantischen Struktur des subjektiven Lexikons Dissertation

Aachen 1978 Muumlnchen 1979Szentaacutegothai J The Neuron Network of the Cerebral Cortex A Functional Interpreta-

tion in Proceedings of the Royal Society of London Series B Vol 201 (Biological Sci-

ences) 1978 219-248Thumb AMarbe K Experimentelle Untersuchungen uumlber die psychologischen

Grundlagen der sprachlichen Analogiebildung Leipzig 1901 (neu herausgegeben von D J Murray Amsterdam 1978)

Ullmann S The Principles of Semantics OxfordGlasgow 1967Weinrich H Linguistik des Widerspruchs in To Honor Roman Jakobson The

HagueParis 1967 Band 3 2212-2218Weinrich H Uumlber Negationen in der Syntax und Semantik in ders (Hg) Positionen

der Negativitaumlt Muumlnchen 1975 39-63Wiig BHGlobus D Aphasic Word Identification As a Function of Logical Relationship

and Association Strength in Journal of Speech and Hearing Research 14 (1971) 195-204

  • Von der Allgegenwart des Gegensinns
  • (und einiger anderer Relationen)
  • Strategien zur Einordnung semantischer Information
  • Wolfgang Raible (Universitaumlt Freiburg)
  • Eugenio Coseriu zum 2771981
  • 21 Gesetzmaumlszligigkeiten des Assoziierens
  • 211 Argumentum quantitatis
  • 212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt
  • 22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens
  • 311 Syntagmatisches Assoziieren
  • 312 Paradigmatisches Assoziieren
  • 3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System
  • 3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System
  • 32 Sonderfaumllle
  • 41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems
  • 42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semantishyschen Orientierungssystems
  • ja
  • Fuumlr alle Woumlrter moumlgshylich
  • 44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte
  • Freiburg Wolfgang Raible
  • Abel C Uumlber den Gegensinn der Urworte Leipzig 1884
  • Bally C Preacutecis de stylistique Genegraveve 1905
  • Bally C Traiteacute de stylistique franccedilaise Genegraveve 1909
  • Coseriu E Einfuumlhrung in die strukturelle Betrachtung des Wortschatzes Tuumlbingen 1970
  • Coseriu E Probleme der strukturellen Semantik Tuumlbingen 1973
  • Coseriu E Zu Hegels Semantik in Kwartalnik neofilologiczny 24 (1977) 183-193
  • Deese J The Structure of Association in Language and Thought Baltimore 1965
  • Duumlring I Aristoteles Darstellung und Interpretation seines Denkens Heidelberg 1966
  • Esper EA Analogy and Association in Linguistics and Psychology Athens 1973
  • Frei H La grammaire des fautes Genegraveve 1929
  • Fromkin V A (Hg) Speech Errors As Linguistic Evidence The HagueParis 1973
  • Gauger H-M Wort und Sprache Sprachwissenschaftliche Grundfragen Tuumlbingen 1970
  • Gauger H-M Sprachbewusstsein und Sprachwissenschaft Muumlnchen 1976
  • Geckeler H (Hg) Strukturelle Bedeutungslehre Darmstadt 1978
  • Happ H Hyle Studien zum aristotelischen Materie-Begriff BerlinNew York 1971
  • Houmlrmann H Psychologie der Sprache BerlinHeidelbergNew York 1967
  • Luria AR Basic Problems of Neurolinguistics The HagueParis 1976
  • Lyons J Semantics LondonNew York 1977
  • Malkiel Y Lexical Polarization in Romance in Language 27 (1951) 485-518
  • Martin B Logique et meacutecanisme de lantonymie in TraLiLi 11 1 (1973) 37-51
  • NoumlthW Wortassoziationen als linguistisches Problem in Orbis 24 (1975) 5-37
  • Pilch H A Linguistic View of Aphasia in Language Sciences 20 (1972) 6-12
  • Postman LKeppel G (Hg) Norms of Word Association New YorkLondon 1970
  • Spearman C The Nature of Intelligence and the Principles of Cognition London 1923
  • Ullmann S The Principles of Semantics OxfordGlasgow 1967
Page 34: latina.phil2.uni-freiburg.delatina.phil2.uni-freiburg.de/.../Files/Gegensinn_neu.docx  · Web viewZeitschrift für romanische Philologie Bd. 97, Heft 1/2, S. 1-40. Die Seitenangabe

ences) 1978 219-248Thumb AMarbe K Experimentelle Untersuchungen uumlber die psychologischen

Grundlagen der sprachlichen Analogiebildung Leipzig 1901 (neu herausgegeben von D J Murray Amsterdam 1978)

Ullmann S The Principles of Semantics OxfordGlasgow 1967Weinrich H Linguistik des Widerspruchs in To Honor Roman Jakobson The

HagueParis 1967 Band 3 2212-2218Weinrich H Uumlber Negationen in der Syntax und Semantik in ders (Hg) Positionen

der Negativitaumlt Muumlnchen 1975 39-63Wiig BHGlobus D Aphasic Word Identification As a Function of Logical Relationship

and Association Strength in Journal of Speech and Hearing Research 14 (1971) 195-204

  • Von der Allgegenwart des Gegensinns
  • (und einiger anderer Relationen)
  • Strategien zur Einordnung semantischer Information
  • Wolfgang Raible (Universitaumlt Freiburg)
  • Eugenio Coseriu zum 2771981
  • 21 Gesetzmaumlszligigkeiten des Assoziierens
  • 211 Argumentum quantitatis
  • 212 Die Qualitaumlt hinter der Quantitaumlt
  • 22 Similaritaumlt und Kontrast Kontiguitaumlt und Distanz im Bereich des Versprechens
  • 311 Syntagmatisches Assoziieren
  • 312 Paradigmatisches Assoziieren
  • 3121 Das Similaritaumlt-Kontrast-System
  • 3122 Das Similaritaumlt-Kontiguitaumlt-System
  • 32 Sonderfaumllle
  • 41 Das Funktionieren unseres semantischen Orientierungssystems
  • 42 Ontogenetische pathogenetische und diachronische Transformation des semantishyschen Orientierungssystems
  • ja
  • Fuumlr alle Woumlrter moumlgshylich
  • 44 Wissenschaftsgeschichtliche Aspekte
  • Freiburg Wolfgang Raible
  • Abel C Uumlber den Gegensinn der Urworte Leipzig 1884
  • Bally C Preacutecis de stylistique Genegraveve 1905
  • Bally C Traiteacute de stylistique franccedilaise Genegraveve 1909
  • Coseriu E Einfuumlhrung in die strukturelle Betrachtung des Wortschatzes Tuumlbingen 1970
  • Coseriu E Probleme der strukturellen Semantik Tuumlbingen 1973
  • Coseriu E Zu Hegels Semantik in Kwartalnik neofilologiczny 24 (1977) 183-193
  • Deese J The Structure of Association in Language and Thought Baltimore 1965
  • Duumlring I Aristoteles Darstellung und Interpretation seines Denkens Heidelberg 1966
  • Esper EA Analogy and Association in Linguistics and Psychology Athens 1973
  • Frei H La grammaire des fautes Genegraveve 1929
  • Fromkin V A (Hg) Speech Errors As Linguistic Evidence The HagueParis 1973
  • Gauger H-M Wort und Sprache Sprachwissenschaftliche Grundfragen Tuumlbingen 1970
  • Gauger H-M Sprachbewusstsein und Sprachwissenschaft Muumlnchen 1976
  • Geckeler H (Hg) Strukturelle Bedeutungslehre Darmstadt 1978
  • Happ H Hyle Studien zum aristotelischen Materie-Begriff BerlinNew York 1971
  • Houmlrmann H Psychologie der Sprache BerlinHeidelbergNew York 1967
  • Luria AR Basic Problems of Neurolinguistics The HagueParis 1976
  • Lyons J Semantics LondonNew York 1977
  • Malkiel Y Lexical Polarization in Romance in Language 27 (1951) 485-518
  • Martin B Logique et meacutecanisme de lantonymie in TraLiLi 11 1 (1973) 37-51
  • NoumlthW Wortassoziationen als linguistisches Problem in Orbis 24 (1975) 5-37
  • Pilch H A Linguistic View of Aphasia in Language Sciences 20 (1972) 6-12
  • Postman LKeppel G (Hg) Norms of Word Association New YorkLondon 1970
  • Spearman C The Nature of Intelligence and the Principles of Cognition London 1923
  • Ullmann S The Principles of Semantics OxfordGlasgow 1967