Lebensentwürfe: Leben-Arbeit-Zeit-Modelle · Berufsphasen Einstieg / Orientierung Entwicklung...

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S1 Prof. Dr. Jutta Rump Ernst-Boehe-Str. 4 67059 Ludwigshafen 0621 / 5203-238 [email protected] Lebensentwürfe: Leben-Arbeit-Zeit-Modelle Saarlouis, den 06. Oktober 2014

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S1

Prof. Dr. Jutta RumpErnst-Boehe-Str. 467059 Ludwigshafen0621 / [email protected]

Lebensentwürfe: Leben-Arbeit-Zeit-Modelle

Saarlouis, den 06. Oktober 2014

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Gliederung

1. Grundlagen

2. Leben-Arbeit-Zeit-Modelle oder Lebensphasenorientierte Zeitpolitik

3. Hintergründe: Notwendigkeit von Leben-Arbeit-Zeit-Modellen

4. Kosten-Nutzen-Betrachtung

5. Weiterentwicklung

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1. Grundlagen

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Unter Lebensphasenorientierter Personalpolitik wird ein Konzept

verstanden, das die Unternehmensziele mit den Bedürfnissen, Zielen

und Fähigkeiten der Mitarbeiter verbindet.

Berücksichtigung der Vielfalt und Unterschiedlichkeit von Menschen -

insbesondere in Bezug auf ihre persönliche Lebenssituation und ihre

Berufsphasen.

1.1 Die Lebensphasenorientierte Personalpolitik

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1. Die „vermeintlichen“ Lebensphasen sind eher Lebensereignisse und Lebenshintergründe. Dazu zählen

• Elternschaft • Pflege• Lebens- und Arbeitssituation des Partners• Soziale Netzwerke• Ehrenamt• Hobby• Krankheit• Nebentätigkeit • Privat initiierte Weiterbildung• Kritisches Ereignis• Verschuldung

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2. Für die Gestaltung einer Lebensphasenorientierten Personalpolitik ist die Berücksichtigung von Berufsphasen zwingend erforderlich. Sie lassen sich unterteilen in:

• Einstiegsphase• Entwicklungsphase• Reifephase• Auslandsphase• Ausstiegsphase

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Um Mitarbeitern Lösungswege für ihre individuellen Bedarfssitu-ationen anbieten zu können, wird nach Maßnahmen und Instrumenten gesucht, die sowohl für die jeweilige Berufsphase als auch für die entsprechende Lebensphase des Beschäftigten passend sind.

Diese Zusammenführung von Lebens- und Berufs-phasen wird als „Matching“ bezeichnet.

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1.2 Die betriebliche Zeitpolitik

Zeitpolitik als Teil der Lebensphasenorientierten Personalpolitik

Die betriebliche Zeitpolitik spielt eine wesentliche Rolle bei der Gestaltung der Lebensphasenorientierten Personalpolitik.

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Zeitwohlstand und Zeitstress

Ist der Zeitwohlstand gestiegen?– Die durchschnittliche Lebenserwartung ist heute so hoch wie noch nie.

– Die Wochen- und Jahresarbeitszeiten sinken beständig.

– Im internationalen Vergleich gibt es keinen generellen Zeitmangel.

Warum bleibt trotzdem keine Zeit?– Verdichtung von Arbeit.

– Veränderungen in der Arbeitsteilung in der Familie (Erwerbstätigkeit beider Eltern).

– Unausgewogene Verteilung der Haushalts- und Familienaufgaben.

– Einbindung in Zeitregime, die nicht aufeinander abgestimmt sind – z.B. Arbeits- und Öffnungszeiten (Kinderbetreuung, Schule, Behörden etc.).

– Zeit „fehlt“ in besonderen Lebensphasen („Rush hour des Lebens“) – z.B. Ausbildung, Karriere, Familiengründung, Pflege von Angehörigen.

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Dimensionen der Zeitpolitik

o Zeitsouveränität Vermeidung von Zeitknappheit und -konflikten

o Zeitsynchronisation Abstimmung verschiedener Zeitstrukturen

o Zeitumverteilung im Lebenslauf zwischen Generationen zwischen Geschlechtern durch unterstützende Dienstleistungen

o Zeitkompetenz Stärkung der Fähigkeiten im Umgang mit Zeit

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2. Leben-Arbeit-Zeit-Modelle

oderLebensphasenorientierte

Zeitpolitik

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2.1 Status Quo der

Lebensphasenorientierten Zeitpolitik

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Arbeits-organisation

Wiedereinstieg

Berufliche Werdegänge

Führung / Unternehmens-

kultur

Lebensphasen /-situationen

Elternschaft

Pflege

Lebens-/Arbeitssituation des Partners

Soziale Netzwerke

Ehrenamt

Hobby

Krankheit

Nebentätigkeit

Privat initiierte Weiterbildung

Kritisches Ereignis

Verschuldung

Berufsphasen

Einstieg / Orientierung

Entwicklung

Reife

Führung

Ausland

Ausstieg

Die Lebensphasenorientierte Zeitpolitik fokussiert vor allem auf 4 Handlungsfelder:

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a. Arbeitsorganisation

Arbeitszeitflexibilisierung und flexible Formen der Arbeitsorganisation von Betrieben sind die am häufigsten praktizierten Maßnahmen zur Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Lebensphasen / -situationen.

Zahlreiche Initiativen versorgen Betrieben in Bezug auf die Flexibilisierung von Arbeitszeit-/-ortarrangements mit Informationen, Best Practices sowie Beratungsangeboten.

ABER: – Eine andauernde Präsenzkultur steht einer flexiblen Gestaltung der

Arbeitsorganisation entgegen.

– In der Praxis erfolgt in zwei Drittel der deutschen Unternehmen, die eine solche Flexibilität anbieten, eine Ausrichtung an betrieblichen Erfordernissen zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit.

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b. Führung und Unternehmenskultur

Das eher traditionelle Rollenverständnis ist immer noch vorherrschend.

Stereotype verhindern nicht selten die Umsetzung von Lebensphasenorientierung.

Viele Beschäftigte nehmen bestehende Angebote zur Vereinbarkeit von Beruf und Lebensphasen/-situationen nicht wahr, weil diese im Unternehmen unzureichend kommuniziert, ihnen von ihren Vorgesetzten nicht angeboten werden oder entsprechende Vorbilder fehlen.

ABER: Studien belegen, dass zahlreiche Unternehmen sich mit lebensphasenorientierten Maßnahmen auf dem Weg zu einer entsprechenden Unternehmens- und Führungskultur befinden.

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c. Wiedereinstieg

Inwieweit der Wiedereinstieg nach einem temporären Ausstieg gelingt, ist sehr von einer entsprechenden Unterstützung durch den Arbeitgeber abhängig.

In den letzten Jahres hat sich viel getan. Dies gilt vor allem für den Wiedereinstieg nach der Familienphase und Krankheit.

Dies gilt allerdings nicht bzw. nur bedingt für andere Lebensphasen.

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d. Beruflicher Werdegang

Berufliche Werdegänge werden nicht selten mit Präsenzkultur gleichgesetzt. Es besteht deshalb wenig Toleranz gegenüber Unterbrechungen in der Erwerbstätigkeit oder eine Reduzierung des Tätigkeitsumfangs bzw. der Arbeitszeit.

Teilzeitbeschäftigte haben nicht selten Nachteile in Bezug auf Weiterbildungsmöglichkeiten, Entgelterhöhungen und Aufstiegschancen.

In der Regel werden zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr die relevanten Stufen zum Erreichen wichtiger Fach- und Führungspositionen durchlaufen.

=> Dies kollidiert mit der Fertilitätsphase und der Notwendigkeit der Vereinbarung von Beruf und Familie.

=> Insbesondere junge Mütter und aber auch Väter befinden sich in der Rush Hour des Lebens (die Karriereanforderungen stehen dem veränderten Selbstverständnis und Rollenmodell entgegen).

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2.2 Handlungsmöglichkeiten für die

Lebensphasenorientierten Zeitpolitik

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Arbeits-organisation

Wiedereinstieg

Berufliche Werdegänge

Führung / Unternehmens-

kultur

Lebensphasen /-situationen

Elternschaft

Pflege

Lebens-/Arbeitssituation des Partners

Soziale Netzwerke

Ehrenamt

Hobby

Krankheit

Nebentätigkeit

Privat initiierte Weiterbildung

Kritisches Ereignis

Verschuldung

Berufsphasen

Einstieg / Orientierung

Entwicklung

Reife

Führung

Ausland

Ausstieg

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a. Arbeitsorganisation

Es gilt Freiheitsgrade bei der Bestimmung der Lage, Länge und Verteilung der Arbeitszeit in Abstimmung mit den betrieblichen Belangen zu ermöglichen.

Die Lebensphasenorientierung sollte bei der Verteilung des Arbeitszeitvolumens über den Erwerbsverlauf berücksichtigt werden.

Entsprechend der Wünsche der Beschäftigten sollten Möglichkeiten für vollzeitnaher Teilzeitmodelle, die Frauen UND Männer in Anspruch nehmen können, geschaffen werden.

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b. Führung und Unternehmenskultur

Es bedarf eines klare Bekenntnis der Unternehmensleitung zur Akzeptanz souveräner Gestaltung der Arbeitszeit und / oder des Arbeitsortes, verbunden mit dem „Loslassen“ seitens der Führungskräfte.

Führungskräfte sollten mehr ziel- und ergebnisorientiert führen. Der Abschied vom Bild des voll verfügbaren und „sorglosen“

Beschäftigten ohne private Verpflichtungen ist erforderlich. Es gilt, eine Akzeptanz für variable Erwerbsverläufe bei Männern und

Frauen zu schaffen. Damit einher geht eine Sensibilisierung für neue Rollenmuster und

Rollenverteilungen zwischen Männern und Frauen. Die Vermittlung von Zeitkompetenz bzw. einer „Lebensführungs-

kompetenz der Grenzziehung“ über Mitarbeitergespräche, Zielvereinbarungen und Personalentwicklung kann den Prozess unterstützen.

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c. Wiedereinstieg

Es bedarf einer konsequenten Überzeugungsarbeit gegenüber den Unternehmen, die bisher kaum Maßnahmen zum Wiedereinstieg angeboten haben.

Beschäftigten sollten beim Zeitmanagement zwischen Beruf und Lebensphase/-situation unterstützt werden.

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d. Berufliche Werdegänge

Besonders bedeutsam ist die Entkräftung des Mythos der „Unteilbarkeit“ verantwortungsvoller bzw. anspruchsvoller Tätigkeiten.

Vollzeitnahe Teilzeit und / oder alternierender Telearbeit für Führungskräfte sind als Möglichkeiten zu berücksichtigen.

Es gilt alternative Karrierepfade (z. B. Experten- / Projektkarriere) zu etablieren, die mehr Raum für private Belange lassen als klassische „Schornsteinkarrieren“.

Die „Rush Hour“ der Karriereentwicklung wird durch Eröffnen von Karriereperspektiven für alle Altersgruppen und über die gesamte Lebensarbeitszeit hinweg entzerrt.

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3. Hintergründe -

Notwendigkeit von Leben-Arbeit-Zeit-Modellen

Technologische Entwicklungen

Ökonomische Entwicklungen

Globalisierung

Zunehmende Notwendigkeit von Innovation(skraft) bei Produkten, Dienstleistungen, Prozessen und Systemen

Steigende Wissensintensität am Arbeitsplatz (Erfordernis von aktuellem Wissen und aktueller Kompetenz bei Beschäftigten

Steigender Bedarf an Fachkräften

Demografische Entwicklung

Sinkender Anteil von Erwerbs-personen und Nachwuchskräften

3.1 Trends

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Das Spannungsfeld zwischen demografiebedingt sinkendem Fachkräftebestand und steigendem Fachkräftebedarf ist aufzulösen bzw. reduzieren:

Die Erwerbsbeteiligung gilt es zu steigern.

Das Arbeits(zeit)volumen muss erhöht werden.

Die Produktivität muss zu nehmen.

⇒ Die Vereinbarkeit von Beruf und Lebensphase / -situation trägt zur

Steigerung der Erwerbsbeteiligung, des Arbeits(zeit)volumes und zur Produktivität bei.

3.2 Das Spannungsfeld

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4. Kosten-Nutzen-

Betrachtung

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4.1 Betriebswirtschaftlicher Nutzen

Bindung von Mitarbeitern (+14%).

Erhöhung von Mitarbeitermotivation und Arbeitsproduktivität (+17%).

Steigerung der Kundenbindung (+12%).

Förderung von Beschäftigungsfähigkeit.

Realisierung von Einsparungspotenzialen (Wiederbeschaffungskosten, Überbrückungskosten ...) (abhängig vom Arbeitgeber).

Reduktion von Ausfallzeiten (-3 Tage), des Krankenstands (-12%) und der Fluktuationsrate (-16%).

Steigerung der Attraktivität des Arbeitgebers auf dem Arbeitsmarkt (+26%).

Imageverbesserung (+38%).

Unterstützung in Veränderungsprozessen (Veränderungen benötigen Mitarbeiter/innen, die ein hohes Maß an Loyalität haben).

(% = im Vergleich zu Unternehmen, die nicht lebensphasenorientiert sind; Quelle FFP, 2009)

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4.2 Kosten-Nutzen-Betrachtung

Die Kosten für Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie lassen sich relativ einfach beziffern.

Der Nutzen wird nicht selten qualitativ erhoben. Viele eine komparative Betrachtung, ist es sinnvoll die Opportunitätskosten zu berechnen (Was würde es kosten, wenn wir es nicht tun würden?“).

z.B.

- Kosten für Ersatzbeschaffung

- Kosten für Einarbeitung

- Kosten für Aufhebung des Arbeitsvertrags

- Kosten in Bezug auf Fehlzeiten

In der Regel wird 1 €, der investiert wird innerhalb von 2-3 Jahren amortisiert.

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4.3 Konsequenzen aus der Altersstrukturanalyse und -prognose

Vergleich der Altersstruktur

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Alter

Anza

hl 2015

2008

Altersbedingt verlassen in den nächsten Jahren überproportional viele Beschäftigte das Unternehmen. Wenn die Personalsstruktur konstant bleiben soll, bedarf es Rekrutierung und Ausbil-dung.

Zudem ist es wichtig, dass nicht zusätzlich Mitarbei-ter/innen aufgrund von Lebensphasen das Unternehmen verlassen.

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5. Weiterentwicklung

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Lebensphasenorientierung ist Teil des Diversity-Ansatzes

Die Weiterentwicklung der lebensphasenorientierten Personalpolitik muss also dann in Richtung diversitätsorientierter Personalpolitik gehen

Dimensionen von Diversität

Gender Diversity

Age Diversity Generationen-Diversität

Racial / Ethnic Diversity

Ability / Disablity Diversity

Berücksichtigung der Kultur und Historie sowie gesellschaftlichen Rahmenbedingungen

Lebens-situationen-Diversity

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Die Weiterentwicklung der diversitätsorientierten Personalpolitik =

Individualisierung.

Diverstätsorientierte Personalpolitik

Gender Diversity

Age Diversity Generationen-Diversität

Racial / Ethnic Diversity

Ability / Disablity Diversity

Lebens-situationen-Diversity

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!