Lebensmittel- und Umweltanalytik anorganischer Spurenbestandteile || Atomemissions- und...

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2 Atomemissions- und Massenspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma (ICP) Peter Fecher 2.1 Einleitung Uberwachungs- und Kontrollorgane stehen standig steigenden Anforderungen hin- sichtlich Untersuchungsumfang und Probenzahlen gegenuber. Diese Tatsache erfor- dert schnell arbeitende Bestimmungsmethoden, die ein breites Stoffspektrum ab- decken konnen. Unter den Elementbestimmungsmethoden bieten die Rontgenfluo- reszens, Atomemission und Massenspektrometrie die besten Voraussetzungen, um fur einen weiten Elementbereich eingesetzt zu werden. Mit der Einfuhrung des induktiv gekoppelten Plasmas wurde fur die beiden letztgenannten Methoden eine leistungsfahige Anregungsquelle verfugbar. Ihre universelle Anwendbarkeit bei den unterschiedlichsten Probenarten, bei gleichzeitig hohem Nachweisvermogen, hat fur eine schnelle Verbreitung dieser Bestimmungsmethoden gesorgt. In diesem Beitrag werden die Grundlagen der hier geschilderten Methoden nur in knapper Form dargestellt. Ausfuhrlichere Informationen finden sich unter den, im folgenden Kapitel zitierten, Literaturstellen. 2.2 Grundlagen 2.2.1 Induktiv gekoppeltes Plasma Das induktiv gekoppelte Plasma (Inductively Coupled Plasma = ICP) besitzt eine zentrale Bedeutung fur die Atomemission und Massenspektrometrie bei der Analy- tik von Elementen. Nach den Entwicklungsarbeiten von Greenfield und Fassel [2-1, 2-21 in den sechziger Jahren war 1974 das erste ICP kommerziell erhaltlich. Gegenuber anderen Arten der Plasmaerzeugung (Gleichstromplasma = DCP oder Mikrowellenplasma = MIP) weist das ICP Vorteile hinsichtlich der Anregungs- bedingungen auf und ist bei den unterschiedlichsten Probenarten universe11 anwend- bar. Zusammen mit der einfachen Handhabung bietet diese Anregungsquelle damit gute Voraussetzungen fur zuverlassige analytische Ergebnisse. Lebensmittel- und Um weltanalytik anorganischer Spurenbestandteile Herausgegeben von,Lothar Matter Copyright 0 1994 VCH Verlaasaesellschaft mbH

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2 Atomemissions- und Massenspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma (ICP) Peter Fecher

2.1 Einleitung

Uberwachungs- und Kontrollorgane stehen standig steigenden Anforderungen hin- sichtlich Untersuchungsumfang und Probenzahlen gegenuber. Diese Tatsache erfor- dert schnell arbeitende Bestimmungsmethoden, die ein breites Stoffspektrum ab- decken konnen. Unter den Elementbestimmungsmethoden bieten die Rontgenfluo- reszens, Atomemission und Massenspektrometrie die besten Voraussetzungen, um fur einen weiten Elementbereich eingesetzt zu werden. Mit der Einfuhrung des induktiv gekoppelten Plasmas wurde fur die beiden letztgenannten Methoden eine leistungsfahige Anregungsquelle verfugbar. Ihre universelle Anwendbarkeit bei den unterschiedlichsten Probenarten, bei gleichzeitig hohem Nachweisvermogen, hat fur eine schnelle Verbreitung dieser Bestimmungsmethoden gesorgt.

In diesem Beitrag werden die Grundlagen der hier geschilderten Methoden nur in knapper Form dargestellt. Ausfuhrlichere Informationen finden sich unter den, im folgenden Kapitel zitierten, Literaturstellen.

2.2 Grundlagen

2.2.1 Induktiv gekoppeltes Plasma

Das induktiv gekoppelte Plasma (Inductively Coupled Plasma = ICP) besitzt eine zentrale Bedeutung fur die Atomemission und Massenspektrometrie bei der Analy- tik von Elementen. Nach den Entwicklungsarbeiten von Greenfield und Fassel [2-1, 2-21 in den sechziger Jahren war 1974 das erste ICP kommerziell erhaltlich.

Gegenuber anderen Arten der Plasmaerzeugung (Gleichstromplasma = DCP oder Mikrowellenplasma = MIP) weist das ICP Vorteile hinsichtlich der Anregungs- bedingungen auf und ist bei den unterschiedlichsten Probenarten universe11 anwend- bar. Zusammen mit der einfachen Handhabung bietet diese Anregungsquelle damit gute Voraussetzungen fur zuverlassige analytische Ergebnisse.

Lebensmittel- und Um weltanalytik anorganischer Spurenbestandteile Herausgegeben von,Lothar Matter

Copyright 0 1994 VCH Verlaasaesellschaft mbH

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12 2 Atomemissions- und Massenspektrometrie mit ICP

In einem Plasma sind die Gasatome zu einem erheblichen Teil in Ionen und Elek- tronen dissoziiert. Fur analytisch eingesetzte Plasmen wird fast ausschliefilich Argon verwendet, wobei Plasmen aus anderen Gasen (z. B. Stickstoff, Luft) ebenfalls mog- lich sind. In einem Brenner aus konzentrischen Quarzrohren wird die Energie auf das vorbeistromende Gas induktiv ubertragen. Kommerziell erhaltliche ICP-Generatoren arbeiten mit Leistungen zwischen 0.8 und 1.8 kW, bei Frequenzen von 27.12 oder 40.68 MHz und einem Gasverbrauch von 8-16 L/min [2-31. Bei den dabei entstehen- den hohen Temperaturen von etwa 8000 K werden auch hochschmelzende Oxide zer- stort. Elemente wie z. B. Aluminium, Bor oder Phosphor lassen sich daher sehr gut mit dieser Anregungsquelle bestimmen.

2.2.2 Probenzufiihrung

Das Einfiihren fester, fliissiger und gasformiger Proben in das Plasma geschieht rnit den unterschiedlichsten Anordnungen. Die weitaus grofite Bedeutung besitzt die Zerstau- bung von Fliissigkeiten und das Einbringen dieses Aerosols in die Anregungsquelle [2-41. Am weitesten verbreitet sind konzentrische Zerstauber (Meinhard-Typ), Cross- flow- und Babbington- (V-Spalt-) Zerstauber. Das grundlegende Arbeitsprinzip dieser pneumatisch arbeitenden Zerstauber besteht darin, den Fliissigkeitsstrom (Probe) gegen einen mit hoher Geschwindigkeit stromenden Gasstrom zu fiihren, wodurch der Fliissigkeitsfilm zerreint. Die dabei entstehenden feinen Tropfchen werden durch eine Spruhkammer geleitet, um ein Aerosol rnit gleichmaljiger TropfchengroBe zu erzeugen.

Aufgabe eines Zerstaubers ist es, aus der fliissigen Probe, auf gleichformige und reproduzierbare Weise ein Aerosol zu erzeugen. Aufgrund des physikalischen Prinzips pneumatischer Zerstauber ist zu beachten, daD Viskositatsunterschiede und Anderun- gen in der Oberflachenspannung die Aerosolbildung erheblich beeinflussen konnen. Schon geringe Schwankungen in der Viskositat der Proben z. B. durch Saurekonzen- tration oder Matrixgehalt konnen einen EinfluD auf die Zerstaubung haben. Daher mu0 auch bei den selbstansaugenden Konstruktionen (konzentrische Zerstauber) die Probenzufiihrung uber eine peristaltische Pumpe geschehen. Ein Beispiel fur einen Zerstaubungseffekt findet sich im Abschn. 2.3.1.2.

Ultraschall- oder Hochdruckzerstauber [2-51 weisen eine wesentlich hohere Aero- solausbeute (ca. 20%) als pneumatische Zerstauber ( I -3 To) auf. Diese hohe Tropf- chenmenge kann jedoch nicht ohne einen Desolvatisierungsschritt (Heizzone mit nachfolgender Kondensationsstrecke) in ein ICP eingebracht werden. Mit der hohe- ren Aerosolausbeute steigt auch das Nachweisvermogen der eingesetzten Detektions- methode um etwa eine Groflenordnung. Ultraschall- und Hochdruckzerstauber (letz- terer benotigt zum Betrieb eine Hochdruckpumpe) sind nur als komplette Einheiten einsetzbar und erfordern deutlich hohere Investitionskosten als pneumatische Zer- stauber. Eine Empfindlichkeitserhohung um den Faktor 10 ist allerdings nur bei Losungen ohne oder rnit sehr geringem Matrixgehalt zu verzeichnen. Schlieljlich

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2.2 Grundlagen 13

mu13 beachtet werden, da13 neben hoheren Spul- und Konditionierungszeiten die phy- sikalischen Effekte bei der Desolvatisierung eine Anwendung fur bestimmte Ele- mente (z. B. Bor, Quecksilber) nicht zulassen.

Eine exakte Regelung des Aerosolgases rnit Mass-Flow-Controllern bringt hin- sichtlich der Stabilitat bei allen Zerstaubertypen Vorteile und ist besonders bei ICP- MS-Systemen unverzichtbar.

2.2.3 Detektionsarten

2.2.3.1 Atomemissionsspektrometrie

Bei der ICP-Atomemissionsspektrometrie (ICP-AES) dient das Plasma als Anre- gungsquelle, wobei sowohl Atom- als auch Ionenlinien zur Bestimmung der Ele- mente genutzt werden [2-61. Die Emissionsspektren der angeregten Ionen und Atome sind sehr linienreich und mussen mit Hilfe von leistungsfahigen Spektrometern so weit spektral zerlegt werden, dafi eine analytisch auswertbare und moglichst sto- rungsfreie Bestimmung moglich ist. Die hierzu notwendigen Spektrometer verwen- den Reflexionsgitter mit 1200-3600 Liniedmm und Brennweiten von 0.5 bis 1.5 m. Die bevorzugten Wellenlangen liegen im ultravioletten und sichtbaren Spektralbe- reich, da sich hier die nachweisstarksten Linien befinden.

Entsprechend ihrer Bauart unterscheidet man: - Polychrornatoren mit fest eingestellten Austrittsspalten, die eine gleichzeitige

Bestimmung vieler Elemente ermdglichen und so dem Anwender die Moglichkeit zu echten Simultanmessungen bieten. Als Nachteil ist ihre fehlende Flexibilitat zu nennen.

- Bei Monochromatoren werden die Emissionslinien nacheinander (sequentiell) er- fa& und konnen vollkommen frei gewahlt werden. Anwender rnit nur einem opti- schen System haben jedoch keine Moglichkeit zur sirnuitanen Messung von zwei Linien (z. B. Probe und interner Standard).

- Echellesysterne zerlegen das einfallende Licht uber ein Gitter rnit niedriger Strich- zahl(70- 100 Linien/mm) und trennen dann die Ordnungen uber ein Prisma. Das Spektrum wird auf diese Weise zweidimensional abgebildet. Da in sehr hohen Ordnungen gemessen wird (30. - 100. Ordnung) weisen Echellesysteme ein beson- ders hohes Auflosungsvermogen auf. Durch die zweidimensionale Abbildung des Spektrums konnen moderne Detektorarten (z. B. Photodiodenarrays oder La- dungstransfer-Detektoren) wirksam eingesetzt werden.

Bei der Analyse liegt die Information (= Emission der Elemente) gleichzeitig vor. Somit ist es vorteilhaft, die Emission simultan zu detektieren und rnit einem Mono- chromator zugleich flexibel in der Auswahl der Linien zu bleiben. Eine derartige Simultan-Sequenzkombination ist in Abb. 2-1 schematisch dargestellt.

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14 2 Atomemissions- und Massenspektrometrie rnit ICP

4 I Polychromator

Abb. 2-1 : Schematische Darstellung eines Simultan-Sequenz-ICP-AES-Systems rnit : E Ein- trittsspalt, G Gitter, A Austrittsspalt, D Detektor, Ar Argongas-Zufuhr, P Peristaltische Pumpe.

Je nach Zusammensetzung der Matrix kann die Untergrundintensitat des Emis- sionsspektrums erheblich variieren. Besonders bei der Bestimmung von geringen Gehalten ist eine Untergrundkorrektur, d. h. die Messung der Intensitat neben der Emissionslinie, bei allen Spektralapparaten unverzichtbar.

Durch die komplexen Emissionsspektren rnit ihren, je nach Element sehr vielen Emissionslinien, sind Linieninterferenzen ein limitierender Faktor, der die Spezifitat des Merjverfahrens ICP-AES einschranken kann. Die Intensitat derartiger Storungen sind naturgemafl von der Konzentration des Storelements und der spektralen Auflo- sung des eingesetzten Spektrometers abhangig. In den Fallen, wo die Verwendung einer ungestorten zweiten Emissionslinie nicht moglich ist, kann durch Messung des spektralen Untergrunds neben der Emissionslinie oder durch Interelementkorrektur (d. h. Messen steigender Mengen des Storelements an der analytisch verwendeten Linie) die Storung verringert oder rechnerisch beseitigt werden.

2.2.3.2 Massenspektrometrie

Bei der Kopplung des ICP’s rnit einem Massenspektrometer (ICP-MS) dient das Plasma als Ionisierungsquelle. Das ICP ist dabei sehr gut als Ionenquelle geeignet, da dieses Plasma im Innern strornlos ist und durch die zentrische Zufuhrung der Probe im Innern des Plasmas eine niedrigere Temperatur herrscht als an der A d e n - wand [2-71. Die Technik, die in einem Plasma gebildeten Ionen rnit einem Massen- spektrometer zu detektieren, ist seit 1983 mit kommerziellen Geraten moglich.

Bei dieser Merjart wird das unter Atmospharendruck arbeitende Plasma rnit dem Analysator, der zurn Betrieb ein Vakuum benotigt, gekoppelt, wobei die Ionen uber

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2.2 Grundlagen 15

ein System von zwei Lochblenden (Interface) extrahiert werden mussen. Durch ein leistungsfahiges, mehrstufiges Pumpsystem wird im Interface der uberwiegende Teil der Plasmagase abgesaugt, um das Hochvakuum im Massenspektrometer aufrecht zu erhalten. Neben diesem Ausgleich des Druckunterschieds mu13 das Interface zusatzlich noch die Temperaturdifferenz zwischen Plasma (ca. 8000 K) und Analysa- tor (Raumtemperatur) ausgleichen. Die Lochblenden (Sampler- und Skimmerkonen) des Interfaces sind durch ihre Funktion als Ionenextraktionseinheit ein sehr kriti- scher Teil des Gesamtsystems.

Als Massenfilter werden derzeit fur mittlere Auflosungen Quadrupolgerate, fur hohe Auflosungen Sektorsysteme eingesetzt. Bedingt durch das MeDprinzip der Massenfilter handelt es sich bei der ICP-MS immer um sequentielle Messungen, die allerdings mit einer sehr hohen Geschwindigkeit durchgefuhrt werden konnen (ca. 10 ms pro Scan von 6-250 amu). Auf diese Weise ist eine quasisimultane Messung des gesamten Massenbereichs moglich. Die schematisierte Darstellung eines ICP- MS-Systems mit einem Quadrupolanalysator ist in Abb. 2-2 zu sehen.

Qu I

Abb. 2-2: Schematisierte Darstellung eines ICP-MS-Gerates rnit : Qu Quadrupolanalysator, I Interface, D Detektor, 10 Ionenoptik, P Pumpsystem, Z Zerstauber.

Im Gegensatz zur ICP-AES, bei der die Anzahl auswertbarer Emissionslinien be- grenzt ist, ermoglicht es die ICP-MS den gesamten Massenbereich zu uberdecken. Sie kann damit wertvolle Informationen uber die verschiedenen Elemente und Isotope liefern. So konnen mehr als 90% der Elemente des Periodensystems bestimmt wer- den, die meisten von ihnen rnit einer hervorragenden Nachweisempfindlichkeit (Be- reich 0.005- 1 ng/mL). Je nach Detektorsystem la13t sich ein dynamischer Bereich von bis zu 6 Zehnerpotenzen bewaltigen. Bedingt durch das System von Lochblenden ist allerdings der Matrixanteil der Proben auf 0.5- 1 '70 begrenzt.

Die Interpretation von Massenspektren ist, verglichen mit den Emissionsspektren, einfacher, dennoch mu13 auch bei der ICP-MS-Technik die Selektivitat der erzielten Information sorgfaltig gepriift werden. Neben isobaren Uberlagerungen, die gut beherrschbar sind, verringern vor allem Molekulionen-Interferenzen die Selektivitat bei einigen Massen erheblich [2-81. Molekulionen entstehen aus den Plasmagasen und dem Liisungsmittel (Wasser, Sauren) oder Matrixbestandteilen und sind die Ursache

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16 2 Atornemissions- und Massenspektrometrie mit ICP

- :

- -

-

-

dafur, dal3 Bestimmungen von einigen Spurenelementen bis Masse 80 je nach Matrixzu- sammensetzung systematische Fehler aufweisen konnen oder nur mit verringerter Empfindlichkeit moglich sind. Im Abschn. 2.3.2.2 finden sich Beispiele fur derartige Storungen.

S i Ni Si Mo

B Co Cr CU C a

Cd S e

_ B e as Ca Mg

Be B

Ni cu

Mg Hg M O B1 Na

P b Cd

S b C O C r

T I U

ICP-MS

2.3 Anwendungsbeispiele

2.3.1 ICP-Atomemissionsspektrometrie

2.3.1.1 Anwendungen bei Lebensrnitteln und Bedarfsgegenstanden

Im Nachweisvermogen bestehen zwischen der ICP-AES und ICP-MS deutliche Unter- schiede. Aus der Gegenuberstellung fur 21 Elemente in Abb. 2-3 kann man ablesen, dalj die ICP-MS im Mittel urn den Faktor 10- 100 empfindlicher einzustufen ist. Niedrigere Nachweisgrenzen weist die ICP-AES bei Elementen wie z. B. Calcium und Phosphor auf, Allerdings handelt es sich bei diesen Elementen um Matrixelemente in Lebensmit- teln, wodurch dieser Vorteil der Emissionstechnik hier nicht ausgenutzt werden kann.

P 1000

i u -I 10 E 2 c c

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._

% 1

E

2 0.1 8

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0.01

0.001

I CP -AE S

Abb. 2-3: Vergleich des Nachweisvermogens der ICP-AES und ICP-MS an 21 Elementen.

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2.3 Anwendungsbeispiele 17

Das Nachweisvermbgen der ICP-AES liegt fur viele Elemente im pg/LBereich und ist recht gut mit der Flammen-Atomabsorption vergleichbar. Refrakt2re Ele- mente werden gegenuber der Flammen-AAS deutlich empfindlicher nachgewiesen. Um Spurengehalte von z.B. Blei, Cadmium, Quecksilber, Arsen oder Selen in Lebensmitteln zu erfassen, reicht die Empfindlichkeit der ICP-AES jedoch im allge- meinen nicht aus. Die positiven Eigenschaften der ICP-AES kdnnen allerdings auch bei den hier diskutierten Anwendungsbereichen genutzt werden und gliedern sich in:

Hdheren Znformationsgehalt, da, bedingt durch das Menprinzip, viele Elemente innerhalb einer kurzen Analysenzeit bestimmt werden konnen. Hohen dynamischen Bereich mit einer Linearitat der Kalibrierfunktion iiber 4-5 Zehnerpotenzen. Dadurch ist bei hohen Elementgehalten keine Verdunnung der Proben notwendig. Unempfindlichkeit gegenuber wechselnder Matrix. In vielen Fallen genugt die Kalibrierung mit wanrigen Standardlosungen, um die Elementgehalte in Proben mit wechselnder Matrixzusammensetzung bestimmen zu kbnnen.

Tab. 2-1: Geratedaten und Betriebsparameter des Labtest/Labtam ICP-AES-Gerates.

Labtest V25 Vakuum-Simultanspektrometer

Gitter: 2160 Linien/mm, Brennweite: 1 m 35 Austrittsspalte, verschiebbarer Eintrittsspalt

Labtam Monochromator

Gitter: 1800 Linien/mm, Brennweite: 0.75 m Messungen in 1. und 2. Ordnung

Generator :

Labtarn Plasmasource 2000

2 kW, 27.12 MHz, frequenzstabilisiert Kiihlgas: 12 L/min bei 1.3 kW Leistung

Zerstauber :

GMK-Zerstdu ber

Arbeitsdruck: 3.5 bar, Aerosolgas: 1 L/min, Probenaufnahmerate: 1.5 mL/min

Meinhard-Zerstduber Tjp K

Aerosolgas: 0.8 L/min, Probenaufnahmerate: 1.5 mL/min

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18 2 Atomemissions- und Massenspektrometrie mit ICP

Auf den folgenden Seiten werden anhand von Beispielen aus der Praxis die wich- tigsten Einsatzgebiete der ICP-AES bei der Untersuchung von Lebensmitteln und Bedarfsgegenstanden dargestellt. Alle Messungen wurden an einem Labtam/Lab- test-Gerat (Tab. 2-1) durchgefiihrt.

Fur die Mineralisierung der Lebensmittelproben wurde ein Hochdruckverascher (HPA@, Fa. Kurner, Rosenheim) eingesetzt. Dieses, rnit geschlossenen QuarzgefaBen, unter Druck arbeitende System wurde mit Veraschungstemperaturen von 240 "C und hoher betrieben, um eine moglichst vollstandige Mineralisierung der organischen Substanz zu erreichen. Die Einwaagen sind abhangig vom Wasser- und Fettgehalt der Lebensmittel. Sie liegen bei AufschluDgefaBen rnit 70 mL Volumen zwischen 0.5 g fur trockenes Material und 5 g bei wasserhaltigen Lebensmitteln (z. B. Salat).

2.3.1.1.1 Besehwerdeproben

Im Bereich der amtlichen Lebensmitteliiberwachung sind haufig Beschwerdeproben von Verbrauchern zu untersuchen, wobei die Ursache oder RechtmaBigkeit von Vergiftungs- oder Erkrankungserscheinungen, Geschmacksabweichungen oder Kon- taminationen zu beurteilen ist. Auch die Zusammensetzung und Herkunft von Fremdkorpern in Lebensmitteln sind immer wiederkehrende Fragestellungen auf die- sem Gebiet. Fur den rein anorganischen Teil dieser Untersuchungen ist die ICP-AES ein wertvolles Werkzeug, da ein breites Elementspektrum in kurzer Zeit iiberpruft werden kann. Gerade wenn Vergiftungs- oder Erkrankungserscheinungen von uber- hohten Elementkonzentrationen verursacht werden, konnen sie mit der ICP-AES ein- fach und schnell nachgewiesen werden.

Ca Mg Sr Cu Fe Mn f n

Abb. 2-4: Elementgehalte in zwei Proben Cornflakes. Hintere Reihe: Beschwerdeprobe, vor- dere Reihe: Vergleichsprobe.

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2.3 Anwendungsbeispiele 19

In Abb. 2-4 ist ein Beispiel dargestellt, in dem durch erhohte Elementkonzentra- tionen Geschmacksveranderungen von Lebensmitteln bewirkt wurden. Die Untersu- chung von metallisch schmeckenden Cornflakes auf 21 Elemente ergab im Vergleich mit einer Probe von normaler Beschaffenheit einen uberhohten Eisengehalt. Aus den Untersuchungsparametern sind 7 Elemente dargestellt. Die hier gewahlte logarithmi- sche Darstellung der Konzentrationsachse erlaubt einen Vergleich sehr unterschiedli- cher Konzentrationsbereiche. Der Eisengehalt in der Beschwerdeprobe lag mit 443 mg/kg deutlich uber dem der Vergleichsprobe von 9,9 mg/kg und war als Ursa- che fur den metallischen Geschmack anzusehen.

Auch die Identifizierung von metallischen Fremdpartikeln kann mit Hilfe der ICP-AES sehr schnell erfolgen. Nach Auflosen in Salzsaure konnte von einem 9 mg schweren Metallpartikel aus einer Wurstprobe, anhand des Elementspek- trums, innerhalb kurzer &it, Aluminium rnit einem Anteil von uber 92% identi- fiziert werden.

2.3.1.1.2 Bedarfsgegenstande

Die ICP-AES ist fur die Untersuchung von Elementgehalten in Bedarfsgegenst3nden ein ideales Verfahren. Beispielhaft seien hier genannt : die Bestimmung der Zusam- mensetzung metallischer Gegenstande (Edelstahltopfe, Aluminiumgeschirr, Be- stecke, Zinngerat), von Metallauflagen und -verbindungen (z. B. Verzinnungen von Kupfergeschirr, Liitnahte von Weirjblechdosen) oder die Untersuchung von Ubergan- gen auf Lebensmittel anhand von Migrationslosungen (z. B. Essigsaureextrakte von Keramikgegenstanden).

Als Beispiel aus dieser Anwendungsvielfalt sind die Elementabgaben aus dem Es- sigsaureextrakt eines Emailgegenstandes in Tab. 2-2 dargestellt. Neben der Abgabe von Blei und Cadmium konnen die Gehalte der Glasurbestandteile und Flurjmittel (Aluminium, Bor, Barium, Zirkon), die Abgabe von Trubungsmitteln (Titan, Zinn)

Tab. 2-2: Elementgehalte im Essigsaureextrakt eines Kochtopfs mit beige-farbener Emaillie- rung (Angaben in mg/L).

A1 1.23

Mg 1.30

As < 0.07

Sb < 0.05

B Ba 6.98 0.05

Mn Ni 0.68 0.03

Be Bi < 0.001 <0.03

Sn U <0.05 <0.2

Ca c o c u Fe 0.7 0.01 0.01 0.30

Si Sr Ti Zr 7.45 0.006 0.42 0.01

Cd Cr MO Pb < 0.003 <0.005 < 0.01 < 0.03

Zn <0.005

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20 2 Atomemissions- und Massenspektrometrie mit ICP

und auch der Ubergang des Farbmittels (Eisen, Mangan, Cobalt, Nickel) erkannt werden. An diesem Beispiel ist zu sehen, daR Abgaben der Elemente Blei und Cad- mium nicht nachweisbar sind, da bei modernen Emails Ersatzstoffe verwendet bzw. zur Farbgebung der Innenflache keine Cadmiumpigmente mehr eingesetzt werden. Die deutlichen Abgaben von Bor, Aluminium und Silicium zeigen allerdings ein labiles Silikatgeriist auf, wodurch auch andere Glasurbestandteile und Farbmittel im Essigsaureextrakt nachgewiesen werden konnen.

Bei der Untersuchung von Spielzeug wird europaweit die Norm EN 71 [2-91 ange- wendet, die unter anderem Prufvorschriften und Grenzwerte fur 8 Elemente nennt. Zur Messung dieser Elemente sind die verschiedensten Bestimmungsmethoden geeig- net. In der Praxis bestehen allerdings immer dann Probleme, wenn nur eine geringe Menge an Probenvolumen zur Verfugung steht. Ein Multielementverfahren wie die ICP-AES bietet hier durch die simultane MeRmoglichkeit erhebliche Vorteile. Die Grenzwerte der Norm lassen sich mit diesem Verfahren ohne Schwierigkeiten kon- trollieren, da die Nachweisgrenzen der ICP-AES fur die einzelnen Elemente im Be- reich von 0.2 bis 4% der Grenzwerte dieser Norm liegen.

In Abb. 2-5 sind fur vier verschiedene Fingerfarben die Abgaben der Elemente Barium, Blei, Chrom und Cadmium graphisch wiedergegeben. Zur einheitlichen Darstellung wurden die gefundenen Abgaben in Prozent der Grenzwerte aufgezeich- net. Dieses Beispiel zeigt, da13 in der weirjen Fingerfarbe kein Bariumsulfat als Farb- pigment verwendet wurde, wahrend dieser Stoff bei der hier gezeigten roten und gel- ben Farbe eingesetzt wurde und Abgaben bis zu 32% des Grenzwerts der DIN EN 71 [2-91 verursacht. Neben geringen Gehalten an Blei und Chrom in der blauen Farbe liegen die Abgaben der Elemente Cadmium, Arsen, Quecksilber, Antimon und Selen an der Nachweisgrenze der Methode bzw. sind nicht nachweisbar.

Abgaben in % vom Grenzwert

AS: < 4 %

Sb: <0.0 O/o Hg: <0.2 Oh

Se: <0.2 %

Abb. 2-5: Elementabgaben aus 4 verschiedenen Fingerfarben nach DIN EN 71. Die Abgaben sind in 070 des Grenzwertes dieser Norm dargesteltt.

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2.3 Anwendungsbeispiele 21

2.3.1.1.3 ninkwasser

Die Untersuchung von Trinkwasser, Abwasser und Schlamm mit der ICP-AES ist be- reits seit 1988 nach einer DIN-Norm mtlglich [2-101. Auch andere Regelwerke haben die Untersuchung von Metallverunreinigungen in Wasser zum Thema [2-11, 2-12]. Alle Anforderungen der Trinkwasserverordnung [2-131 konnen jedoch mit der ICP- AES nur mit speziellen Zusatzgeraten (Ultraschallzerstauber, Hydridsystem) uber- priift werden.

Beispiele, wie auch mit der ICP-AES mit pneumatischer Zerstaubung wichtige Informationen zur Herkunft, Zusammensetzung und Kontamination von Wassern erarbeitet werden konnen, sind in Tab. 2-3 und Abb. 2-6 dargestellt.

Tab. 2-3 enthalt Ergebnisse zu Untersuchungen von Stagnationswasser in Hauslei- tungen. Leitungswasser, das langere Zeit in den Leitungen verbleibt, kann bei fehlen- der Kalkschutzschicht Elemente aus dem Rohrmaterial anlosen. Dieses, vor allem

Tab. 2-3: Elementgehalte in Stagnationswasser und nach IOminutigem Spulen in der kitung (Angaben in mg/L).

~~ ~~ ~ ~ _ _ _ _

c u Zn Ni Pb Fe 6.59 1.5 0.15 0.30 0.04 Stagnationswasser (12 h) 0.07 < 0.005 <0.01 <0.03 <0.03 Nach 10 min Ablauf

Ba Sr Mg Ca 0.03 0.08 3.5 15.3 Stagnationswasser (12 h) 0.03 0.09 3.2 14.7 Nach 10 min Ablauf

7.00,

I I r I

4.0 4.5 5.0 5.5 6.0 6.5 7.0

PH 5

Abb. 2-6: Aluminium- und Berylliumgehalte in sauren Quellwassern in Abhangigkeit vom pH-Wert.

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22 2 Atomernissions- und Massenspektrornetrie mit ICP

bei aggressiven Wassern bekannte Phanomen kann insbesondere bei Hauswasserlei- tungen aus Kupferrohr gehauft auftreten. In einem breiten Untersuchungsprogramm wurden zu diesem Problemkreis das Stagnationswasser (in der Versorgungsleitung wahrend 12 Stunden stehendes Wasser) und parallel dazu das Wasser nach lominutigem Ablauf untersucht. Durch Verwendung einer Multielementmethode wie der ICP-AES konnen umfangreiche Ergebnistabellen erstellt werden, die uber die Zusammensetzung der Wasser (Matrixelemente) Auskunft geben. Neben den Kupfer- gehalten liefern sie auch Informationen uber andere Elemente, die als Rohrmaterial Verwendung finden. Das Beispiel in Tab. 2-3 zeigt neben dem hohen Kupfergehalt des Stagnationswassers auch Zink-, Nickel- und Bleiabgaben in deutlichen Konzen- trationen, die ebenfalls vom Rohrmaterial bzw. Teilen davon stammen. Nach dem Spulen der Leitung fur etwa 10 Minuten sind diese Gehalte extrem niedrig bzw. nicht mehr nachweisbar.

Ein weiteres Beispiel aus den Routineuntersuchungen von Trinkwasserproben auf 19 Elemente ist in Abb. 2-6 zu sehen. Die Erniedrigung des pH-Werts von Quellwas- sern durch den sauren Regen bewirkt ein erhohtes Liisungsvermogen der Wasser, wo- durch die Aluminiumkonzentrationen von Quellwassern steigen. Anhand der in Abb. 2-6 dargestellten Aluminiumgehalte kann zwischen dem pH-Wert und dem Logarithmus der Aluminiumkonzentration dieser Wasser ein linearer Zusammen- hang angenommen werden. Fur die hier gezeigten 12 Proben errechnet sich ein Kor- relationskoeffizient von 0.842. Neben Aluminium wird offensichtlich auch Beryllium von diesen Wassern aus dem Boden gelost. Die hochsten Gehalte liegen unter 5 pg/L und zeigen mit einem Korrelationskoeffizienten von 0.792 (7 Proben) ebenfalls einen annahernd linearen Zusammenhang mit dem pH-Wert des Wassers.

2.3.1.1.4 Lebensmittel

Bei Lebensmitteln reicht, wie schon erwahnt, die Empfindlichkeit der ICP-AES nicht fur Spurenbestimmungen der allgemein analysierten Schadmetalle aus. Dennoch ist auch hier ein Einsatz dieser Methode sinnvoll, da Bestimmungen der Matrixelemente (Natrium, Kalium, Calcium, Magnesium, Schwefel, Phosphor) und Spurenelemente (z. B. Kupfer, Eisen, Zink, Mangan, Bor, Barium) wichtige Informationen zur Zusammensetzung der Lebensmittel liefern.

Als Beispiel zeigt Abb. 2-7 den Ubergang von Aluminium aus einem Backblech auf Lebensmittel. Laugengeback wird vor dem Backen in verdunnte Natronlauge ge- taucht, um den bekannt spezifischen Geschmack und die intensive Braunung dieses Gebacks zu erzielen. Die in der Backereitechnologie haufig und gerne verwendeten Backbleche aus Aluminium sind fur diese Art von Geback denkbar ungeeignet, da Reste von Lauge das Aluminium stark anlosen. In dem hier gezeigten Beispiel wur- den die Elementgehalte des gesamten Gebacks mit den Gehalten in den aul3eren Schichten verglichen. Aus den Werten der hier dargestellten vier Elemente ist deutlich

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2.3 Anwendungsbeispiele 23

10

1 I I I

Al Zn cu Mn

Abb. 2-7: Vergleich der Elementgehalte in Laugengeback. Hintere Reihe: Gehalte in der Randzone, vordere Reihe: Gehalte im gesamten Geblck.

zu erkennen, da8 der Aluminiumgehalt der Randschicht um etwa das 10fache gegen- iiber dem Gehalt im gesamten Geback erhoht ist. Wird Laugengebiick ohne die Ver- wendung von Aluminiumblechen gebacken, so bewegen sich die Aluminiumgehalte im Bereich der verwendeten Mehle (2-3 mg/kg). Durch den hohen linearen dynami- schen Arbeitsbereich konnen derartige Proben mit sehr unterschiedlichen Konzentra- tionen ohne Verdunnungsschritt direkt vermessen werden, was eine merkliche Erleichterung fur die Routinearbeit bedeutet.

2.3.1.2 Storungsmoglichkeiten bei der ICP-AES

Durch den Einsatz einer Multielementmethode vergrol3ern sich naturgemal3 die Mdglichkeiten fur Fehlinformationen. Dem verantwortungsbewul3ten Analytiker kommt dabei die wichtige Aufgabe zu, die erzielten Ergebnisse auf systematische Fehler zu priifen und sorgfaltig die Richtigkeit der Ergebnisse abzusichern.

In diesem Abschnitt werden einige Beispiele gezeigt, die immer wieder zu fehler- haften Ergebnissen fuhren konnen.

2.3.1.2.1 Zerstaubungseffekt

Die schon im Abschn. 2.2.2 erwahnte Abhangigkeit der Aerosolbildung von der Saurekonzentration oder dem Matrixgehalt kann bei der Analyse realer Proben sehr vielfaltige Erscheinungen zeigen. Haufig wird der Probenvorbereitung wenig Beach-

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24 2 Atomemissions- und Massenspektrometrie rnit ICP

tung geschenkt, da die Meinung vorherrscht, das Plasma konne als heiBe Anregungs- quelle fur die Veraschung der Probe direkt verwendet werden. Neben Einflussen auf das Plasma, auf die hier nicht eingegangen werden soll, konnen komplexe Proben die Zerstaubung so signifikant beeinflussen, daB daraus erhebliche Fehlinformationen resultieren. Flussige Lebensmittel wie Safte, Wein, Milch oder Bier sollten aus diesem Grund nur nach einem Mineralisierungsschritt analysiert werden.

B korrigierl

0.1 1 2 3

Abb. 2-8: Borgehalte in drei verschiedenen Einwaagen einer Slime-Probe rnit Beryllium als internem Standard.

Ein Beispiel zu diesem Themenkomplex stammt aus der Untersuchung von Spiel- zeug. Sogenannte ,,Slimes" sind bei Kindern durch ihre wabbelartige Beschaffenheit beliebt. Sie bestehen aus einem Agargel, das in Neonfarben ansprechend eingefarbt ist und zur Konservierung Borsaure enthalt. Die Bestimmung des Borgehalts laBt sich elegant und schnell mit der ICP-AES durchfuhren. Hierzu werden etwa 2.5 g der Probe mit 50 mL 5 Voiger Salpetersaure versetzt. Nach etwa lominutigem Ruhren er- scheint das Agargel gelost und die Borgehalte konnen gemessen werden. In Abb. 2-8 sind die Ergebnisse von drei verschiedenen Einwaagen im logarithmischen Manstab graphisch dargestellt. Die nach dieser Methode erhaltenen Borgehalte streuen sehr stark (Einzelwerte: 5.8, 2.2, 2.7 mg/L in der MeBlosung). Nach Zusatz von Beryl- lium als internem Standard wurden anstelle des Sollwertes von 10 mg/L Gehalte von 0.97, 0.36,0.45 mg/L fur dieses Element ermittelt. Nach Korrektur mit diesem inter- nen Standard erhalt man recht gut ubereinstimmende Borgehalte (59.8, 61.1, 58.9 mg/L). An diesem Beispiel ist zu erkennen, daB durch das nur geloste, aber nicht mineralisierte Agargel die Zerstaubung drastisch beeinflufit wird. Bei Verwen- dung eines internen Standards werden systematische Fehler um den Faktor 10 ver- mieden, es bleibt jedoch eine deutlich verringerte Empfindlichkeit durch den Zer- staubungseffekt. Mit einem einfachen Probenvorbereitungsschritt (Erwarmen der Probenlosung fur 60 min auf 60 "C) wird die organische Substanz so weit zerstort,

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2.3 Anwendungsbeispiele 25

da13 die Bestimmungen ohne Empfindlichkeitsverlust und mit guter Reproduzier- barkeit, auch ohne internen Standard, durchgefuhrt werden ktinnen.

Netzmittel in Probenlosungen zeigen einen ahnlichen Effekt, da sie die Ober- flachenspannung verandern und so einen signifikanten Einflulj auf die Zerstaubung haben.

2.3.1.2.2 Linieninterferenzen

Die Kenntnis von Linienstorungen durch nahe beieinander liegende bzw. nicht aufge- loste Emissionslinien ist eine grundlegende Voraussetzung zur Beurteilung der Spezi- fitat der erzielten Information bei der ICP-AES. Neben der Integration von Linienta- bellen in die Software der Geratehersteller, erhglt der Anwender weitergehende Infor- mationen aus den Wellenlangentabellen in Buchform, in denen die wichtigsten Stb- rungen in Form von Emissionsspektren dargestellt sind [2-14, 2-15]. Alle diese Infor- mationsquellen sind wichtige und hilfreiche Mittel, um die richtige Auswahl von ungestdrten Linien zu ermtiglichen. Dennoch mu13 ein verantwortungsbewuflter Analytiker die Emissionsspektren einer reprasentativen Auswahl der wichtigsten Ma- trizes fur jede analysierte Linie detailliert prufen, um mogliche Stdrungen zu erkennen.

Die Abb. 2-9 zeigt die Emissionsspektren einer Eisen- (100 mg/L) und Phosphor- Idsung (1000 mg/L) an der Chromlinie bei 267.72 nm. Die Storung durch Eisen ist in den einschlagigen ICP-Wellenlangentabellen aufgelistet, nicht jedoch die Storung durch Phosphor [2-141. Diese Linie ist nur in allgemeinen Linientabellen angegeben

267.56 267.64 267.72 267.80 267.08

Wellenlange in nm

Abb. 2-9: Emissionsspektren von 0.1 mg/L Chrom, lo00 mg/L Phosphor und 100 mg/L Eisen an der Chromlinie 267.72 nm.

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26 2 Atomemissions- und Massenspektrometrie rnit ICP

( ' 4

Cd

[2-16, 2-17]. Bei der Untersuchung von Lebensmitteln ist Phosphor ein Matrixele- ment und die Kenntnis dieser Storung daher wichtig, um die Richtigkeit der Chrom- ergebnisse an dieser Wellenlange zu sichern.

2.3.1.2.3 Richtigkeit der Mefiergebnisse

Neben dem Erkennen von Storungen, wie sie in den vorhergehenden Zeilen geschil- dert wurden, ist die Absicherung der Meoergebnisse hinsichtlich ihrer Richtigkeit von groBer Bedeutung. Die Verwendung alternativer Elementbestimmungsmethoden (z. B. Atomabsorption, Voltammetrie) ist ebenso wie die Untersuchung von zertifi- zierten Referenzmaterialien eine zwingende Maonahme, die erzielten Resultate zu uberprufen.

Die Ergebnisse einer Untersuchung von NIST Bovine Liver sind fur 10 Elemente in Abb. 2-10 wiedergegeben. Die Sollwerte wurden fur jedes Element auf 100% bezo- gen und die zertifizierten Bereiche als graue Balken dargestellt. Rechts daneben sind die mit der ICP-AES erzielten Werte eingezeichnet (schwarze Balken). Die Element- gehalte dieses Referenzmaterials variieren von 0.44 mg/kg fur Cadmium bis 11100 mg/kg fur Phosphor und sind unter den Elementsymbolen vermerkt. Die Bestimmungen wurden fur alle Elemente in einem MeDvorgang durchgefuhrt und erforderten eine MeBzeit von 80 Sekunden, einschliefilich der Spulzeit des Systems. Der Verdunnungsfaktor in der MeBlosung lag bei ca. 40, bedingt durch die Einwaage (0.5 g) und das Endvolumen (20 mL). Die Ubereinstimmung mit den Sollwerten ist

% Sollwert bzw. Wiederfindung

120

110

100

90

80

70

Mn P 9.9

4 1. Ca 120

I

Zn

I, Mo 3,5

Abb. 2-10: Sollwerte und Wiederfindungsraten von 10 Elementen in NIST Bovine Liver 1577 a. Zahlenangaben = Zertifizierter Gehalt in mg/kg. Graue Balken: zertifizierter Bereich, schwarze Balken: rnit der ICP-AES erzielte Werte.

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2.3 Anwendungsbeispiele 27

durchweg recht gut, lediglich bei Molybdan sind rnit 2.7 mg/kg deutlich niedrigere Gehalte zu verzeichnen. Die Ursache dafur lag in einer fehlerhaften Kalibrierltisung. Dieses Beispiel wurde bewuDt gewahlt, um zu zeigen, daD beim Einsatz von Multiele- mentmethoden jedes Element auf die Richtigkeit der ermittelten quantitativen Werte uberpriift werden muD.

2.3.2 ICP-Massenspektrometrie

2.3.2.1 Anwendungen bei Lebensmitteln und Bedarfsgegenstanden

Das Nachweisvermbgen der ICP-MS liegt fur die meisten Elemente im ng/lBereich (s. Abb. 2-3) und ist daher besonders fur Spurenbestimmungen geeignet. Gegenuber der Graphitrohr-Atomabsorption, die in einem ahnlichen Empfindlichkeitsbereich eingesetzt wird, sind als Vorteile der ICP-MS zu nennen:

- Schnelle Spurenmethode durch die Multielementfahigkeit dieses Verfahrens. - Bestimmung der Isotopenverteilung der Elemente. - Durchfiihrung von Isotopenverdiinnungsanalysen rnit angereicherten Isotopen. - Hoher dynamischer Arbeitsbereich von bis zu 6 Grtifienordnungen, rnit dem

Analysen ohne Verdunnungen in einem grol3en Konzentrationsbereich durchge- fiihrt werden ktinnen.

Durch spezielle Zusatzeinrichtungen (z. B. Laserabtragung, elektrothermale Ver- dampfung, Hydridsystem, FlieDinjektion) ist es auch bei der ICP-MS mbglich, den Einsatzbereich fur diese Methode erheblich zu erweitern. In diesem Beitrag wird nur auf Anwendungen der ICP-MS rnit pneumatischer Zerstaubung eingegangen, da schon mit einer derartigen Geratekonfiguration die meisten in der Routine anfallen- den Probleme bewaltigt werden ktinnen.

Die folgenden Beispiele wurden rnit dem in Tab. 2-4 beschriebenen Fisons ICP- MS-Gerat erstellt. Zur Detektion verfiigt die Mehrzahl aller ICP-MS-Systeme iiber Zahldetektoren. Diese sehr empfindliche und schnelle Detektionsart ermoglicht es, die Information auf verschiedene Weise aus dem Massenspektrum zu erhalten:

- Innerhalb einer Masseneinheit werden die Intensitaten an 15-20 aquidistanten Menpunkten registriert (Scanmodus). Man erhalt auf diese Weise ein Massen- spektrum rnit gauDf6rmigen Peaks, das durch Integration quantitativ ausgewertet werden kann.

- Innerhalb einer Masseneinheit wird die Intensitat nur im Maximum des Isotops registriert (Peakjump-Modus). Man erzielt damit htihere Intensitaten und niedri- gere Nachweisgrenzen. Bedingt durch die Charakteristik der Zahldetektoren er-

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28 2 Atomemissions- und Massenspektrometrie rnit ICP

Tab. 2-4: Geratedaten und Betriebsparameter des Fisons ICP-MS-Gerats.

VG-PlasmaQuad PQ 2 Plus

Quadrupol Massenfilter rnit Vielkanalanalysator Dual-Detektorsystem rnit Pulscount- und Analogdetektor Pumpsystem mit Turbomolekularpumpen Sampler- und Skimmerkonen aus Nickel

Generator:

2 kW, 27.12 MHz, frequenzstabilisiert Kuhlgas: 12 L/min, Plasmagas: 0.8-1.4 L/min bei 1.3 kW

Zerstauber:

Meinhard-Zerstauber Typ K Aerosolgas: 0.8 L/min, Probenzufuhrungsrate: 1.0 mL/min

reicht man eine bessere Zahlstatistik und erhoht damit die Prazision. Ein Massen- spektrum ist nur in Form eines Balkendiagramms rnit den Intensitaten an den gemessenen Masseneinheiten moglich.

Die folgenden Beispiele wurden ausschliefllich im Scanmodus aufgenommen, da mit dieser Betriebsart dem Anwender, durch das vorhandene Spektrum, mehr Infor- mation zur Verfiigung steht. Der Scanbereich uberdeckte dabei den gesamten Mas- senbereich von 6-250 Masseneinheiten, um die Moglichkeit zu haben, visuell und halbquantitativ Informationen zu nicht kalibrierten Isotopen bzw. Elementen zu erhalten.

2.3.2.1.1 Tkinkwasser

War es mit der ICP-AES aufgrund mangelnder Empfindlichkeit nicht moglich, die in der Trinkwasser-Verordnung notwendigen Nachweisgrenzen fur alle Elemente zu erreichen, steht rnit der ICP-MS ein deutlich nachweisstarkeres Verfahren zur Verfii- gung. Allerdings sind bei einigen Elementen durch Storungen von Molekulionen die Nachweisgrenzen nicht mehr ausreichend oder von der Matrix abhangig. Dies gilt z. B. fur Selen oder Arsen. Andere Elemente wie z. B. Quecksilber oder Jod sind rnit der ICP-MS mit guter bis sehr guter Empfindlichkeit bestimmbar, konnen jedoch aufgrund ihres chemischen Verhaltens nicht in ein Multielementverfahren integriert werden. Abgesehen von diesen Ausnahmen kann rnit der ICP-MS sehr schnell und empfindlich eine Vielzahl von Elementen quantifiziert werden. Zur Untersuchung

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2.3 Anwendungsbeispiele 29

von Wassern existiert in den USA von der Umweltbehorde EPA bereits eine entspre- chende Arbeitsvorschrift fur diese MeDmethode, die derzeit in der 4. Fassung vorliegt

Als Beispiel fur die Untersuchung von Wassern wurde der allgemein bekannte NIST Wasserstandard 1643 c in einer 1 :10 Verdunnung gemessen. Die MeDzeit fur das gesamte Spektrum betrug 3 min, der Probenverbrauch lag bei 3 mL. In Tab. 2-5 sind die ermittelten Gehalte neben den Sollwerten dargestellt. Die Ergebnisse zeigen eine gute Ubereinstimmung mit den zertifizierten Werten innerhalb der Vertrauens- bereiche. Es mu8 allerdings fur Arsen herausgestellt werden, daD korrekte Ergebnisse nur bei chloridarmen Wassern zu erzielen sind.

[2-181.

Tab. 2-5: Gehalte und Wiederfindung des 1 :10 verdunnten NIST Wasserstandards 1643c (Angaben in pg/L).

A1 As Ba Be Cd Cr c o Gehalte 11.5 8.2 5.0 2.3 1.2 1.9 2.4 Bereich f 0 . 5 f O . 1 f0 .3 f 0.2 fO.l fO.l fO.l gefunden 1 1 . 1 8.7 4.8 2.4 1.3 2.0 2.3

c u Ni Pb Sr T1 Zn Gehalte 2.2 6.1 3.6 26.3 0.8 7.4 Bereich f 0 . 3 f 0.7 fO.l f 0 . 3 fO.l gefunden 2.1 5.7 3.5 26.0 0.8 7.5

In den folgenden Beispielen wird der Einsatz der ICP-MS bei der Untersuchung von Wassern beschrieben, mit der Zielrichtung, einen groDeren Informationsgehalt uber die vorkommenden Elemente zu erreichen.

Die Abb. 2-11 zeigt Ausschnitte aus den Massenspektren von zwei verschiedenen Rohwassern. In der oberen Halfte dieser Abbildung sind im Massenbereich von 50- 100 die Isotope von Kobalt (0.30 mg/L), Nickel (0.26 mg/L), Zink (0.38 mg/L) und Strontium (0.16 mg/L) zu erkennen. In deutlich niedrigerer Konzentration sind Chrom und Kupfer (je 2 pg/L) sowie Rubidium mit 7 pg/L vorhanden. Die Massen- anzeigen bei 76 und 80 werden von dem Dimeren des Argons verursacht und verhin- dern Spurenbestimmungen von Selen. Dieses Element kann, wie bei der Atomab- sorption, nur mit einem vorgeschalteten Hydridsystem in der erforderlichen Emp- findlichkeit bestimmt werden. Bei hoheren Konzentrationen an Barium tritt das dop- pelt geladene Ion dieses Elements deutlich auf und stort die Bestimmung bei der Masse 69 (Gallium).

Ein Ausschnitt aus dem Bereich der Seltenerdmetalle dieses Wassers ist im oberen Teil dieses Spektrums eingeblendet, dargestellt mit einer wesentlich hoheren Emp- findlichkeit. Die Gehalte dieser Elemente liegen hier um 0,02 pg/L und darunter. Informationen aus diesem Massenbereich konnen z. B. zur geogenen Einordnung von Wassern herangezogen werden.

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30 2 Atomemissions- und Massenspektrometrie mit ICP

Der untere Teil der Abb. 2-11 zeigt das Massenspektrum eines anderen Rohwassers im Bereich 200-258 amu. Neben Blei in einer Konzentration von 0.6 pg/L, erkenn- bar an den vier Isotopen bei 204, 206, 207 und 208, ist in geringen Spuren Thallium (203, 205) zu sehen. Fur Uran wurde in diesem Wasser ein Gehalt von 4 pg/L ermit- telt. Diese relativ hohe Konzentration erlaubt es, auch das mit einer natiirlichen Hau- figkeit von 0.7% vorkommende Isotop bei der Masse 235 nachzuweisen. In diesem Massenspektrum ist auch die Oxidbildung bei 254 (UO +) zu sehen, die in der ICP- MS je nach Gerateparametern mehr oder weniger intensiv auftritt.

3551 Int 80000 1~3551 Int 168 1

i 0

0

2101 I n t M Pb!i I

Abb. 2-11: Ausschnitte aus den Ubersichtsspektren (ICP-MS) von zwei verschiedenen Roh- wassern.

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2.3 Anwendungsbeispiele 31

2.3.2.1.2 Lebensmittel

Die Kenntnis unserer Lebensmittel hinsichtlich der Elementgehalte ist luckenhaft. Nur bei einigen Matrixelementen und den bekanntermaRen als toxisch bezeichneten Ele- menten (z. B. Blei, Cadmium, Quecksilber) kann man von einem zufriedenstellenden Informationsstand ausgehen. Welche Informationen beim Einsatz einer Multiele- mentmethode zur Verfugung stehen, sol1 an den folgenden Beispielen verdeutlicht wer- den. Fur die Mineralisierung der Lebensmittel wurde die unter Abschn. 2.3.1.1 be- schriebene Druckaufschlufiapparatur verwendet. Zur Messung mit der ICP-MS wur- den diese AufschluBldsungen 1 :5 verdunnt.

I I I I I I I I I \ I I Cd S n I

80

Abb, 2-12: Ausschnitte aus den Massenspektren einer Rinderleber (oben) und einer Spinat- probe (unten).

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32 2 Atomemissions- und Massenspektrometrie mit ICP

In der oberen Halfte der Abb. 2-12 sind Ausschnitte aus verschiedenen Massenbe- reichen eines Rinderleberaufschlusses abgebildet. Zwischen 90 und 120 Massenein- heiten sind die Isotope von Cadmium (110-115) zu sehen, ein Element, welches iibli- cherweise in Leber bestimmt wird. Da in der AufschluDlosung auch geringe Mengen an Zinn vorhanden sind (116, 118, 120), stehen fur die storungsfreie Bestimmung von Cadmium nur die Isotope 110, 111 und 113 zur Verfiigung. Der anhand dieser Iso- tope ermittelte Gehalt von 0.38 ng/mL AufschluDlosung wurde mit der Graphitrohr- Atomabsorption bestatigt. Um die Masse 96 befinden sich die 7 Molybdanisotope, die einer Konzentration von 7 ng/mL in der AufschluDlosung gleichzusetzen sind.

a 1158 I 648

682 505

Mn

Zn Al 181 cu Fe 89

0 1 2 3 4 5

0.14

0 0.01 0.02 0.03 0.04 0.05

Gehalt einer Spinatprobe in mg/kg

Abb. 2-13: Elementgehalte in einer Spinatprobe. REE =‘Summe der Gehalte an Seltenerdme- tallen. Die Matrixgehalte und Hauptbestandteile (Ca, Mg, P, S, Al, Fe) wurden mit der ICP- AES quantifiziert.

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2.3 Anwendungsbeispiele 33

I

Thallium ' 1.1 i

Rhodium (103) wurde als interner Standard eingesetzt. Im Massenbereich bis 150 sind anhand der Barium- und Cerisotope geringe Gehalte dieser Elemente nachweis- bar. Neben Jod (127) stammen die Peaks bei 129,131, 132 von Xenon, das als Verun- reinigung in Argongas enthalten sein kann. Eine Auswertung des Jod-Peaks ist nicht sinnvoll, da die AufschluD- und MeBbedingungen (oxidativer AufschluB mit HNO,, angesauerte MeBldsung) nicht zur Bestimmung von Jod geeignet sind.

Im unteren Teil der Abb. 2-12 sind fur eine Spinatprobe die oberen Massenberei- che dargestellt. Neben deutlich hdheren Gehalten fur Barium (134-138 amu), Ca- sium und die Seltenerdmetalle (140-175 amu) zeigen die Peaks bei 204, 206-208 die Bleiisotope, neben Thallium (203, 205) und Wismut (209). In dieser Probe ist Tho- rium (232) gegeniiber Uran (238) in einer hdheren Konzentration vorhanden. Die quantitative Auswertung der Elementgehalte fur diesen Spinat ist in Abb. 2-13 gra- phisch dargestellt. Neben den Gehalten an Blei und Cadmium zeigen die Ergebnisse auch deutlich nachweisbare Mengen der unerwunschten Elemente Beryllium oder Thorium. Die Konzentrationen der Seltenerdmetalle wurden als Summe (REE) in die Graphik aufgenommen.

Bei Elementen von gesundheitlicher Bedeutung, wie z. B. beim Thallium, ist die Kenntnis der natiirlichen Gehalte unsicher, bei radiotoxischen Elementen wie Thorium und Uran ware eine breitere Datenbasis wunschenswert [2-191. Aus einer Untersuchung von pflanzlichen Lebensmitteln wurden die Ergebnisse von Thallium, Thorium und Uran in Karotten und Spinat ausgewahlt. Das Untersuchungskon- tingent von jeweils 21 Proben ist in Abb. 2-14 dargestellt. Die gefundenen Gehalte sind als Bereiche in Form von schwarzen Balken (Spinat) und grauen Balken (Karot- ten) markiert. Die Thalliumgehalte in Karotten liegen zwischen 0.2 (Nachweisgrenze) und 4.3 ng/g Frischgewicht, wahrend bei Spinat Werte bis 11.5 ng/g gefunden wurden.

I 1 6 I Uran

Thonum

2.8

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34 2 Atomemissions- und Massenspektrometrie rnit ICP

Der Median ist bei den Karotten rnit 1.1 ng/g signifikant niedriger gegenuber 2.8 ng/g bei Spinat. Fur Thorium und Uran sind ebenfalls deutliche Unterschiede zu verzeichnen: wahrend diese beiden Elemente in den Karotten nicht rnit hinreichender Sicherheit quantifizierbar waren (unter 0.5 ng/g), weisen die Spinatproben Median- werte von 3.9 ng/g fur Thorium und 1.6 ng/g fur Uran auf. Der hochste Urangehalt in diesem Untersuchungsmaterial lag rnit 11.4 ng/g weit entfernt vom zweithochsten Wert rnit 4.3 ng/g. Bei Thorium wurde ein Maximalgehalt von 7.8 ng/g ermittelt. Die Extremwerte der hier gezeigten drei Elemente verteilen sich auf unterschiedliche Einzelproben.

2.3.2.1.3 Bedarfsgegenstande

Obwohl die ICP-MS in erster Linie als spurenanalytische Methode eingesetzt wird, konnen Anwendungen bei Bedarfsgegenstanden durchaus sinnvoll sein. Die Abb. 2-15 enthalt ein Beispiel aus der Untersuchung von Glasern. Bei Bleikristallgla- sern besteht die Glasmasse bis zu 30% aus Bleioxid. Damit wird ein hoher Bre- chungsindex, verbunden mit einem hoheren Glanz erzielt. Durch Waschen der Glaser in Schwefelsaure-Fluljsaure-Mischungen verarmt die Oberflache an Blei, wodurch die Bleiabgaben an eingefiillte Getranke innerhalb technisch unvermeidbarer Gren- Zen bleibt 12-20]. Bei der Messung der Essigsaurepriiflosungen 12-21] solcher Gegen- stande rnit der ICP-MS konnen neben dem Bleigehalt auch die Isotopenverhaltnisse von Blei 206 zu 207 bestimmt werden. Das in Abb. 2-15 dargestellte Bild zeigt die Ergebnisse einer solchen Untersuchung anhand von 35 verschiedenen Gegenstanden, der Grolje nach sortiert. Aus dieser Graphik kann man erkennen, dalj der uberwie- gende Anteil der Proben Isotopenverhaltnisse zwischen 1.15 und 1.18 aufweist. Mit

Abb. 2-15: Blei-Isotopenverhaltnisse in Essigsaureextrakten von Bleikristallglasern der GroOe nach sortiert.

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2.3 Anwendungsbeispiele 35

einer umfangreicheren Aufstellung dieser Art ist es denkbar, Art und Herkunft des vom Produzenten verwendeten Bleioxids zu bestimmen.

2.3.2.2 Storungsmoglichkeiten bei der ICP-MS

Wird die ICP-MS entsprechend ihrem Nachweisvermdgen eingesetzt, treten die grundsatzlichen Fehlermdglichkeiten einer Spurenbestimmungsmethode (Kontami- nationen, Gefahr systematischer Fehler) in den Vordergrund. Sie sind bei dieser Me- thode prinzipiell nicht grdfler als bei anderen Untersuchungsverfahren, durch die Multielementfahigkeit der ICP-MS sind jedoch wesentlich mehr Quellen fur Konta- minationen zu beachten.

Mit der ICP-MS hat der Anwender die Mdglichkeit, einfach und schnell, Element- gehalte bis in den pg/mGBereich zu bestimmen. Diese Erweiterung des Spurenberei- ches erfordert jedoch verantwortungsbewuflte Analytiker, die erst nach Kontrolle der Qualitat und Richtigkeit der Ergebnisse die ermittelten Werte an den Auftraggeber weiterleiten.

Die bereits in Abschn. 2.3.1.2 beschriebenen Zerstaubungseffekte sind auch bei der ICP-MS vorhanden und zu beachten. Auch wenn bei dieser Methode durchwegs mit internem Standard gearbeitet wird, so sollen doch Zerstaubungseffekte nach Mdglichkeit vermieden werden.

2.3.2.2.1 Masseninterferenzen

Die Spezifit5t der erzielten Information fur eine Masseneinheit ist eingeschrankt, wenn, wie allgemein ublich, Massenfilter mit einer Aufldsung von einer Masse einge- setzt werden. Der Ubergang der Ionen vom Atmospharendruck auf das Vakuum des Massenspektrometers fuhrt zu einer hohen Beschleunigung dieser Teilchen. Durch Std13e dieser hochenergetischen Ionen werden Molekiilfragmente gebildet, die bevor- zugt bis zur Masse 80 auftreten und die Bestimmung der Elemente in diesem Bereich stark erschweren kdnnen. Bei diesen Stdrungen kann prinzipiell zwischen den Mole- kulionen aus Gasen und Ltisungsmitteln (Wasser, Sauren) wie z.B. Arf, ArO+, ArN +, ArNH+ und den Stdrungen durch die Matrix, bei Lebensmitteln z.B. C10 + , ArCl + , CaO + , SO;, POf unterschieden werden. Die Bildungshaufigkeit 3 atomiger Clusterionen ist allerdings geringer als die der 2 atomigen Spezies. Zusatz- lich kdnnen bei Elementen mit niedrigem zweiten Ionisierungspotential doppelt gela- dene Ionen auftreten (z. B. 138Ba2+ bei 79Ge +). Eine umfangreiche Darstellung von Interferenzen findet sich in Abschn. 2.3.1.2.2.

Um Stdrungen mdglichst gering zu halten, wird in der ICP-MS, sofern analytisch mdglich, nur SalpetersBure eingesetzt. Die Oxidbildung kann durch Kuhlung der Zerstauberkammer unter 5 "C und sorgfaltige Gerateoptimierung auf einem niedri- gen Niveau gehalten werden. Stdrungen durch die Matrix (bei Lebensmitteln z. B.

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36 2 Atomemissions- und Massenspektrometrie mit ICP

Tab. 2-6: Auswahl der wichtigsten Molekulionen-Interferenzen in der ICP-MS fur die Matrix Lebensmittel.

Masse Element Molekiilion Oxidion

51 V c10 52 Cr Arc ArO 53 Cr c10 54 Fe, Cr ArN 55 Mn ArNH 56 Fe ArO 57 Fe ArOH 59 c o CaO 60 Ni CaO 63 c u PO2 64 Zn SO2 66 Zn SO2 75 As ArCl 76 Se 36Ar40Ar 78 Se 38Ar 40Ar 80 Se 40Ar 40Ar

durch C1, S, P, Ca) sind stark konzentrationsabhangig und konnen in einigen Fallen durch Verdiinnen der Meljlosung umgangen werden. In stark chloridhaltiger Matrix ist die Bestimmung von Arsen oder Vanadium nicht moglich.

Aus der Liste der wichtigsten Interferenzen in Tab. 2-6 sei als Beispiel das Element Chrom ausgewahlt. Messungen mit dem besten Nachweisvermogen miissen am Hauptisotop bei der Masse 52 (Haufigkeit 83.7 070) durchgefiihrt werden. Die Storung durch Argonoxid (das Argonisotop bei 36 hat eine Haufigkeit von 0.3 070) kann durch entsprechende Gerateparameter auf einem Wert gehalten werden, der Bestimmungen bis herab zu ca. 0.1 ng/mL Chrom zulafit. Die zweite Storung auf der Masse 52 wird durch A r c verursacht und tritt bei kohlenstoffhaltigen Losungen z. B. durch einen unvollstandigen AufschluD organischer Substanzen auf. Untersuchungen zu diesem Problem zeigten, dafi die bei Masse 52 erhaltene Information von der Veraschungs- temperatur beeinflufit wird [2-221. In Abb. 2-16 sind die mit ICP-MS ermittelten Chromgehalte in Rinderleber Referenzmaterial (BCR 185) in Abhangigkeit von vier verschiedenen Aufschlufitemperaturen dargestellt. Bei jeder Temperatur wurden drei verschiedene Aufschliisse durchgefiihrt, um die Schwankungen zu ermitteln. Von BCR wird, wegen Inhomogenitaten des Materials, fur Chrom nur ein Bereich (indi- cative value: 0.047-0.124 mg/kg) angegeben. Die Ergebnisse fur das Chromisotop bei der Masse 52 zeigen, dafi durch den bei niedrigen Veraschungstemperaturen unvollstandigen Aufschlulj, der verbleibende Restkohlenstoff in der Liisung hohere Chromgehalte vortauscht. Erst bei Temperaturen iiber 280 "C ist die Mineralisierung von Rinderleber so vollstandig, dafi zuverlassige Chromwerte erhalten werden konnen.

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2.3 Anwendungsbeispiele 37

' 150 200 250 300

AufschluOternperatur in "C

Abb. 2-16: Chromgehalt von BCR Rinderleber 185 mit ICP-MS an der Masse 52 in Abhan- gigkeit von der AufschluRtemperatur. Die graue Flache stellt den von BCR als Richtwert ange- gebenen Bereich dar.

2.3.2.2.2 Kontarninationen

Kontaminationsquellen in der Spurenanalytik sind sehr vielfaltig und konnen hier nur pauschal angesprochen werden. Als Gefanmaterialien kommen fur den hier diskutierten Konzentrationsbereich hinsichtlich Reinheit und Reinigungs- moglichkeit nur Quarz oder Kunststoffe auf Fluorpolymerbasis in Betracht. Durch Verwendung einer Spruhkammer aus Quarz kann z. B. der Untergrund der Massen- spektren sichtbar erniedrigt werden. Wie stark bestimmte Materialien die Infor- mation bei der ICP-MS beeinflussen konnen, sol1 an dem folgenden Beispiel gezeigt werden.

Im Rahmen von Vergleichsmessungen an verschiedenen Zerstaubertypen wurde auch ein V-Spaltzerstauber aus Keramikmaterial eingesetzt. Bereits beim Zerstauben von 1 Yo Salpetersaure wurden deutliche Signale fiir die Elemente Al, Ti, Cry Ni, Cu, Zr, Sn, Ba und Pb erhalten, die sich mit steigender Saurekonzentration erhohten. Seibst mit mehrtagigen Spulvorgangen konnte keine Reduzierung auf Pegel erreicht werden, die eine analytische Anwendung erlaubt hatten. Ein Einsatz dieses Zerstau- bers bei der ICP-AES war durch die geringere Empfindlichkeit dieser Methode ohne Einschrankung moglich. Dieses Beispiel zeigt, da13 ein Einsatz von nachweisstarken Multielementverfahren die Verwendung bestimmter Materialien von vornherein aus- schlient.

Die Verwendung von Nickel oder anderen Metallen als Samplercone bewirkt eine Untergrunderhohung an den Massen der Elemente, aus denen die Lochblenden gefertigt sind. Bei modernen ICP-MS-Geraten bewirken die ausgefeilten Formgebun- gen und andere Mafinahmen, da13 die Materialien dieser Konen nur im niedrigen

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38 2 Atomemissions- und Massenspektrometrie rnit ICP

Konzentrationsbereich in Erscheinung treten (bei dem hier verwendeten System fur Nickel unter 0.1 ng/mL). Gleichwohl sind extreme Spurenbestimmungen fur solche Elemente nicht moglich, die als Lochblendenmaterial eingesetzt werden.

2.3.2.2.3 Richtigkeit der Meaergebnisse

Die Kontrolle der Richtigkeit erzielter Ergebnisse erfordert bei Spurenmethoden, angesichts der Gefahr von Kontaminationen, im allgemeinen einen hoheren Auf- wand. Wie schon bei den Ausfuhrungen fur die ICP-AES genannt, sind Kontrollmes- sungen rnit unabhangigen Methoden und/oder die Analyse von zertifizierten Materialien die zuverlassigsten Maanahmen, die Qualitat der eigenen Messungen zu uberprufen.

Nach den im vorhergehenden Abschnitt geschilderten Untersuchungen uber die Abhangigkeit der Chrombestimmung von der Veraschungstemperatur, wurden die Routineaufschlusse aller von uns analysierten Lebensmittelproben bei 280 "C durch- gefuhrt. Die parallele Untersuchung dieser Aufschlualosungen mit der Graphit- rohr-AAS ergab, nach Auswertung von 20 positiven Befunden in Leber-, Karotten- und Spinatproben, einen linearen Zusammenhang zwischen den beiden Methoden mit einer Steigung von 0.994 und einem Korrelationskoeffizienten von 0.993. Bei entsprechend sorgfaltiger Probenvorbereitung konnen somit auch rnit der ICP-MS Chromresultate erhalten werden, die eine rnit der Graphitrohr-AAS vergleichbare Richtigkeit aufweisen.

Fur Thallium ist die Inversvoltammetrie ein nachweisstarkes Verfahren, das gut zum Vergleich mit der ICP-MS-Methode herangezogen werden kann. In einem Kon- zentrationsbereich von 1 - 14 ng/g Frischgewicht wurden fur insgesamt 13 Proben Karotten, Spinat und Weinkohl die Thalliumgehalte mit ICP-MS und Inversvoltam- metrie bestimmt. Fur beide Methoden wurden getrennte Aufschlusse im HPA rnit unterschiedlichen Einwaagen und Veraschungstemperaturen durchgefuhrt. Die Gegenuberstellung der Ergebnisse in Abb. 2-17 ergibt, unter Annahme eines linearen Zusammenhangs, eine Steigung von 0.983 rnit einem Korrelationskoeffizienten von 0.956. Angesichts des extremen Spurenbereichs und der Verwendung getrennter Auf- schlusse, sind diese Ergebnisse zufriedenstellend und bestatigen die gute Anwendbar- keit der ICP-MS fur dieses Element.

Bei den Untersuchungen von Thallium, Thorium und Uran an pflanzlichem Material, deren Ergebnisse im Abschnitt Lebensmittel dargestellt sind, wurden Refe- renzmaterialien zur Richtigkeitskontrolle eingesetzt. Nur fur Thallium stand fur eine Lebensmittelmatrix ein zertifizierter Gehalt zur Verfugung (IAEA Spinatpulver). Fur Thorium und Uran mufite auf Fichtennadeln (NIST 1575) zuruckgegriffen wer- den. Die mit der ICP-MS erhaltenen Ergebnisse (Tab. 2-7) zeigen eine gute Wieder- findung der zertifizierten Gehalte und belegen die Richtigkeit dieser Methode bei der Bestimmung niedriger Elementgehalte.

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2.3 Anwendungsbeispiele 39

ng /g Frischsubstanz .

a= -0.018 b= 0.983 P= 0.956

5 10 15 Voltammetrle

Abb. 2-17: Vergleich der Thalliumergebnisse von ICP-MS und Voltammetrie in Karotten, Spi- nat und Weinkohl.

Einen nicht zu vernachlassigenden Einflulj auf die Qualitat der Endergebnisse hat der Zustand der Lochblenden in Verbindung mit dem Feststoffgehalt der MeDldsun- gen. Bei Einwaagen von 3-4 g Lebensmittel (Frischgewicht) und einem Endvolumen von 20 mL resultiert eine Liisung nach dem AufschluD, die bis zu 0.5 070 Feststoffan- teil aufweisen kann. Die Messung von Proben mit derartig hohem Feststoffanteil mit der ICP-MS ist nicht praktikabel, da sich schon nach wenigen Analysen die Loch- blenden zusetzen und trotz Verwendung interner Standards keine zuverlassigen Ergebnisse mehr mdglich sind. Mit einer 1 : 5 Verdunnung solcher AufschluDldsun- gen ist ein stdrungsfreier Routinebetrieb ohne Probleme mdglich.

Tab. 2-7: Wiederfindung in den Referenzmaterialien Spinatpulver (IAEA) und Fichtennadeln (NIST 1575); Angaben in ng/g.

T1 Th U

IAEA zertifiziert 16 f 4 gefunden 13 f 3 21 f 4

zertifiziert (50) 37 f 3 gefunden 47 f 2 35 f 3

NIST 1575

57 f 4

20 f 4 15 f 3

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40 2 Atomemissions- und Massenspektrometrie mit ICP

2.4 Vergleich rnit anderen Methoden

Anhand der im vorhergehenden Kapitel gezeigten Beispiele ist zu erkennen, daB sich die ICP-AES und ICP-MS nicht nur in ihrem Nachweisvermogen, sondern auch in ihren Anwendungsbereichen sehr gut erganzen. Die gemeinsame Verwendung dieser beiden Methoden bringt fur analytische Labors mit breit gestreuten Aufgabengebie- ten viele Vorziige und Arbeitserleichterungen. Die Notwendigkeit des Einsatzes der ICP-AES und ICP-MS muB jedoch anhand der zu losenden Fragestellungen, des Un- tersuchungsumfangs, der Matrix und auch hinsichtlich Probenzahlen und Proben- durchsatz sorgfaltig gepruft werden. So ist z. B. die Bestimmung von Quecksilber am einfachsten und kostengunstigsten rnit Atomabsorptionsgeraten durchfuhrbar. Arsen, Selen oder andere Hydridbildner sind bei Verwendung eines Hydridgenera- tors sowohl rnit der Atomabsorption als auch mit den beiden ICP-Methoden rnit guter bis sehr guter Nachweisempfindlichkeit bestimmbar.

Mit der ICP-AES vergleichbare Elementbestimmungsmethoden sind die Flam- men-Atomabsorption und die Voltammetrie. Sie arbeiten in ahnlichen Konzentra- tionsbereichen und sind, besonders die Flammen-AAS, in analytischen Labors weit verbreitet. Hinsichtlich der Spezifitat der erzielten Information und der Anfalligkeit gegenuber Storungen werden die ICP-AES und Flammen-AAS gleichwertig beurteilt. Den Ionisationsstorungen der letzteren Methode srehen die Linieninterferenzen bei der ICP-AES gegenuber. Durch die Verwendung moderner Spektrometer rnit hohem Auflosungsvermogen und ausfuhrlichen Linientabellen sind Linienstorungen gut zu bewaltigen.

Im Bereich der spurenanalytischen Methoden konnen die ICP-MS, die Inversvol- tammetrie und die Graphitrohr-Atomabsorption (GFAAS) eingesetzt werden. Am wei- testen verbreitet ist die GFAAS, die als Einzelelementverfahren gut automatisierbar ist und nur geringe Probenvolumina benotigt. Besonders fur Elemente bis zum mittleren Massenbereich weist sie im allgemeinen eine hohere Selektivitat als die ICP-MS auf. Aus diesem Grund wird die Graphitrohrtechnik zurecht als Vergleichs- oder Bezugs- methode eingesetzt, da moderne AAS-Gerate rnit ihren ausgereiften Graphitrohrtech- niken und der schnellen Datenerfassung eine hohe Richtigkeit erbringen konnen.

Die Voltammetrie nimmt in diesen Vergleichen eine gewisse Sonderstellung ein. Ihr realer Einsatzbereich in der Praxis ist auf wenige Elemente beschrankt. Als elek- trochemisches Analysenverfahren ist sie sehr nachweisstark und bietet Moglichkeiten zur Bestimmung des Oxidationszustandes oder der Bindungsform von Elementen.

Ein haufig geaiunertes Argument gegen die ICP-Methoden sind ihre hohen Ko- sten. Besonders die erheblichen Anschaffungs- und Betriebskosten stellen eine groBe Hemmschwelle dar, auch wenn ein analytischer Einsatz dieser Methoden sinnvoll ware. Diese in der wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung wichtigsten Faktoren werden, relativiert auf den erzielten Informationsgehalt, im folgenden kurz gegenuberge- stellt.

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2.4 Vergleich mit anderen Methoden 41

Als Grundlage fur die Berechnungen diente bei der simultanen ICP-AES ein Gerat mit 25 Elementen, bei der sequentiellen ICP-AES wurden, bei gleicher Prazi- sion, 3 Elemente pro Minute veranschlagt. Fur die Flammen-AAS wurde eine Me13- zeit von 30 s pro Probe angenommen. Die Abb. 2-18A zeigt das Ergebnis dieser Berechnungen, bezogen auf die pro Zeiteinheit bestimmbaren Elemente, in graphi- scher Darstellung. Trotz ihres hohen Anschaffungspreises von ca. 250000 DM bietet die simultane ICP-AES deutlich gunstigere Anschaffungskosten pro Element, als z. B. die Flammen-AAS, die nach dieser Berechnungsart mehr als doppelt so teuer einzustufen ist.

A

ICP-Simultan (25 Elenmnle)

ICPMS (20 Elemente

GFAAS

6

I I I I I I 1 I I I , I I l l

20 40 60 80 100 120TDM 5 10 15 20 25 30 35 pf

Abb. 2-18: Vergleich der Anschaffungs- (A) und Betriebskosten (B) pro Element bei verschie- denen Bestimmungsmethoden.

Bei den Spurenmethoden basieren die Berechnungen auf einer MeRzeit von 3 min. Um eine rnit der GFAAS vergleichbare Prazision zu erreichen, wurde die Da- tenaufnahme bei der ICP-MS auf 20 Elemente beschrankt. Auch hier zeigt sich, da13 trotz der hohen Anschaffungspreise von ICP-MS Systemen (ca. 500000,- DM) die Kosten pro Element gegenuber der GFAAS deutlich niedriger sind.

Bei den Betriebskosten gingen der Gasverbrauch der Methoden und der Material- verbrauch, bezogen auf die Untersuchung von 3000 Proben, in die Berechnung ein. Auch hier wurden die Kostenanteile pro Element und pro Minute MeRzeit errechnet. In Abb. 2-18B kann man erkennen, daR bei der qualitativen oder quantitativen Bestimmung von 25 Elementen in einer Probe die simultane ICP wirtschaftlicher als die Flammen-ASS eingesetzt werden kann. Die hohen Betriebskosten der ICP treten bei sequentiellen Geraten deutlich hervor; sie liegen um etwa den Faktor 5 uber der Flammen-AAS.

Ein ahnliches Bild ist fur die ICP-MS zu verzeichnen, die gegenuber der GFAAS in den Kosten um den Faktor 2 bis 3 pro Element niedriger liegt. Selbst dann, wenn nur 8-10 Elemente zu bestimmen sind, entstehen mit der ICP-MS keine hoheren Betriebskosten als bei Verwendung der Graphitrohr-AAS.

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42 2 Atomemissions- und Massenspektrometrie mit ICP

Die ICP-AES und ICP-MS ermoglichen eine wirtschaftliche Lijsung komplexer Fragestellungen. Der Einsatz solcher Multielementmethoden offnet den Weg zur rationalen Bewaltigung vielfaltiger Aufgaben und schafft die Basis fur umfangreiche Untersuchungen zu Vorkommen, Verteilung und Wirkung von Matrix-, Neben- und Spurenelementen in Lebensmitteln und in der Umwelt.

2.5 Literatur

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