Lehren und Lernen in der Wissensgesellschaft · Abb. 2: Nutzung von Weblogs als inhaltsorientierte...

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Lehren und Lernen in der Wissensgesellschaft - Auszug - Autor/-in: Theo J. Bastiaens Claudia Schrader Markus Deimann © 2008 FernUniversität in Hagen Alle Rechte vorbehalten Fakultät für Kultur- und Sozialwissenschaften 33080-1-01-S1

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Lehren und Lernen in der Wissensgesellschaft

- Auszug -

Autor/-in: Theo J. Bastiaens Claudia Schrader Markus Deimann

© 2008 FernUniversität in Hagen Alle Rechte vorbehalten Fakultät für Kultur- und Sozialwissenschaften

33080-1-01-S1

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Bild Titelseite: Anna Hansen, ohne Titel, 2008

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Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis ........................................................................................................... 3

2.3 Umsetzungen der gesellschaftlichen und individuellen Veränderungen im

Bildungsbereich: Stand der Dinge und erste Schritte ........................................... 4

4.5.1 Einsatzmöglichkeiten und Beispiele von Weblogs im

bildungswissenschaftlichen Bereich .............................................................. 8

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2.3 Umsetzungen der gesellschaftlichen und individuellen Verände-rungen im Bildungsbereich: Stand der Dinge und erste Schritte

Bis heute gibt es einen großen Unterschied zwischen der privaten Mediennutzung und

der Mediennutzung in Schulen, wobei die private Nutzung informell stattfindet und viel

weiter als die formelle (beschränkte) Nutzung im Unterricht geht. Dafür können zwei

Aspekte angeführt werden:

Zum einen entwickelt sich die Medienkompetenz von Kindern fast wie von selbst.

Bis zum 6. Lebensjahr müssen Kindern oft ihre Eltern fragen, wie man den Compu-

ter nutzt oder ein computerbasiertes Spiel spielt. Ab dem 8. Lebensjahr erklären im

übertrieben dargestellten Sinne Kinder ihren Eltern oft den Umgang mit Foren,

Chat oder Telebanking. Der Fachbegriff hierfür lautet “umgekehrte Erziehung“.

Diese umgekehrte Erziehung findet auch an vielen Schulen statt. Die Lehrenden

werden im Medienbereich durch ihre Schüler „erzogen“ (Veen & Jacobs, 2005,

S.19).

Wie in diesem oberen Aspekt schon anklingt, stellt die Medienkompetenz der Leh-

renden ein zusätzliches Problem dar, was die Kluft zwischen privater und schuli-

scher Mediennutzung weiter vergrößert. Unserer Meinung darf dies aber nicht der

Grund sein, warum eine Reform scheitert oder zu langsam durchgeführt wird. Wei-

terbildungsangebote sind hier die passende Reaktion für Lehrer mit technischen

Defiziten.

Die oben genannten Aspekte sind aber nicht der alleinige Grund, dass Medien im Unter-

richt nur sehr langsam integriert werden. Es fehlt sicherlich auch oft die Zeit oder die

finanzielle Förderung. Weil dies jedoch nicht direkte bildungswissenschaftlichen Prob-

leme sind, werden wir an dieser Stelle nicht weiter verfolgen, sondern einen Haupt-

grund aus didaktischer Perspektive anführen, die Innovation beeinträchtigt: ein unbe-

stimmter oder falscher Fokus im Unterricht.

Viele Bildungsinstitutionen haben viele Jahrzehnte ausschließlich darbietenden, Leh-

rerzentriert gearbeitet. Der Lehrer als allwissende, federführende Person des Unter-

richts. Dieser Fokus hat mit der zunehmenden Popularität des Konstruktivismus an

Bedeutsamkeit verloren.

Als kurze Zusammenfassung an dieser Stelle: …in einer radikal-konstruktivistischen

Perspektive gestaltet sich jedes Individuum, jeder Lernende, ohne jegliche externe Ein-

wirkungsmöglichkeiten, die Lernprozesse durch eine interne subjektive Konstruktion

von Wissen selbst. Die radikal-konstruktivistische Lerntheorie plädiert für Lernformen

ohne jegliche unterstützende Instruktionen, die auf den Lernprozess einwirken. Da ge-

mäß dieser konstruktivistischen Auffassung Lernprozesse individuell und somit nicht

vorhersagbar sind, ist es nicht möglich, eine Lehrstrategie oder Darstellungsweise zu

finden, die Lernerfolg sichert. Hierzu kann die anschauliche Beschreibung des radikalen

Konstruktivismus von Stijnen (2003) am Beispiel des Baron von Münchhausen ange-

führt werden: Im Krieg gegen die Türken landen Pferd und Reiter von Münchhausen im

Morast und versinken rasch. Im letzten Moment zieht sich Münchhausen samt Pferd mit

dem Arm am eigenen Haarschopf heraus… Beim radikalen Konstruktivismus wird er-

wartet, dass der Lernende sich selbst aus dem Morast des Lernprozesses ohne jegliche

instruktionale Unterstützung herauszieht.

Mit dieser dargestellten radikalen Position kann kein Bildungswissenschaftler leben,

nicht nur weil es ihm persönlich überflüssig machen wurde, sondern dass auch dadurch

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fast das ganze Bildungswesen schließen könnte. Dazu kommt, dass Studien zeigen,

dass auch in nicht-konstruktivistisch angelegten Lernprozessen oder gerade in diesen

durchaus gelernt wird.

Mittlerweile zeichnet sich eine Zwischenposition zwischen kognitiven und konstrukti-

ven Theorien ab. Es entsteht ein so genannter gemäßigter Konstruktivismus. Dieser ist

dadurch gekennzeichnet, dass einerseits die Bedeutung von aktivem Lernen in Anwen-

dungskontexten betont wird. Andererseits wird darüber hinaus auch die Notwendigkeit

von Instruktion durch Lehrende anerkannt und berücksichtigt, welche das benötigte

Wissen strukturiert, organisiert und deren Verarbeitung unterstützt. Hier stehen weder

der Lehrende noch der Lernende alleine im Blickpunkt, sondern das Lernen als ein Pro-

zess. Wir denken dass dies die richtige Zielsetzung ist. Nicht der Lehrende oder der Ler-

nende, sondern das Lernen bzw. der Lernprozess soll leitend sein.

Tab. 1: Übersicht der verschiedenen Blickpunkte (Bastiaens, 2007)

Lehrende im Mit-

telpunkt

Lernende im Mit-

telpunkt

Lernen als Prozess

im Mittelpunkt

Beispiele von Me-

dieneinsatz

1. Der Lehrende

lehrt sein Fach und

vermittelt in einem

Klassenzimmer

seinen Inhalt.

Die Schule bietet

interdisziplinären

Unterricht an und

stellt Informations-

quellen zur Verfü-

gung.

Der Lehrende bringt

ein mentales Modell

bei und begeleitet

Lernende beim akti-

ven Bearbeiten vom

Lernstoff.

Authentische Situ-

ationen werden

per Video gezeigt

und observiert.

Lerninhalte stehen

strukturiert zur

Verfügung.

2. Der Lehrende

legt Lernziele und

Kriterien fest.

Lernende formulie-

ren eigene Lernziele.

Lernziele werden

zusammen be-

stimmt und beruhen

auf prägenden Situ-

ationen im Alltag

oder Beruf.

Lernziele werden

von den Studie-

renden selbst in

einem E-Portfolio

formuliert, indivi-

duell wird an eige-

nen Lernzielen

gearbeitet.

3. Identifizieren,

definieren, aus-

wendig lernen,

automatisieren.

Metakognitive Fer-

tigkeiten wie Infor-

mationen suchen,

kommunizieren und

zusammenarbeiten.

Lernen und Transfer

stehen im Vorder-

grund.

Neue Medien ein-

setzen beim Trans-

fer zum Alltag.

Beispiele zeigen

durch Video, Simu-

lationen, Lernspie-

le usw.

4. Ausgerichtet auf

niedrige Fertigkei-

ten.

Ausgerichtet auf

höhere Fertigkeiten.

Niedrige und höhere

Fertigkeiten.

Neue Medien sind

einsetzbar als drill-

und practice pro-

gramme (niedrige

Fertigkeiten) und

adventure Spiele

(höhere Fertigkei-

ten).

5. Instruktion wird

durch den Lehren-

den festgestellt.

Instruktion ist

Selbststeuerung und

Selbstorganisation.

Instruktion ist ein

Mix und abhängig

von Niveau und

Kontext.

Neue Medien ma-

chen mehr indivi-

duelle Instruktio-

nen möglich.

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6. Lektion beruht

auf das Niveau

vom durchschnitt-

lichen Lernenden.

Lektion ist maßge-

schneidert.

Lektion beruht auf

einen Kontext und

das Niveau ist drei-

stufig und bietet

Möglichkeiten nach

unten und nach

oben.

Neue Medien ma-

chen es möglich

um aus eine Situa-

tion mehre Ni-

veaus zu bedienen.

7. Traditionelle

Prüfung.

Neue Assessment

methoden mit self-

und peer-

assessments.

Traditionell Prüfen

bei summativen

Assessments und

formativ Prüfen bei

neuen Assessment

Methoden.

Neue Medien ma-

chen traditionelle -

wie auch formative

Assessments ein-

facher.

8. Der Lernende

erwartet die richti-

ge Antwort vom

allwissenden Leh-

renden.

Studierende haben

eigene Verantwor-

tung und werden

vom Lehrenden

begeleitet.

Abwechselung zwi-

schen Steuerung

und Selbstverant-

wortung.

Neue Medien ma-

chen auch automa-

tische Steuerung

möglich.

9. Der Lernende ist

ein passiver Kon-

sument.

Der Lernende ist ein

aktiver Wissensar-

beiter.

Der Lernende als

motiviertes Indivi-

duum.

Neue Medien kön-

nen die Motivation

steigern und das

Lernen angeneh-

mer machen.

10. Bildungsansät-

ze sind ausgerich-

tet auf Lernende in

einer Klasse

(Gruppenlernen).

Bildungsansätze sind

ausgerichtet auf

individuelles Lernen

und Zusammenar-

beit.

Bildungsansätze

sind blended, indivi-

duelles Lernen, ko-

operatives,

mit/ohne ICT.

Neue Medien ma-

chen es möglich

just-in-time,

anyplace zu lernen,

24 Stunden am

Tag.

11. Lehrender ist

Anbieter von In-

halten.

Lehrender ist Mode-

rator und Begleiter.

Lehrender ist Ent-

wickler von Lern-

prozessen.

Neue Medien bie-

ten Lehrenden die

Möglichkeit eigen-

ständige Lernsitua-

tionen zu entwi-

ckeln.

Obwohl wir hier nicht alle einzelnen Teile der Tabelle besprechen können, möchten wir

dennoch zu den folgenden Reihen in der Tabelle abschließend einen Kommentar for-

mulieren:

Reihe 1: Authentische Lernsituationen sind wichtig für das mentale Model eines

Lernenden. Wir definieren hier das mentale Model als “Weltbild“. Ein Beispiel: In

der Ausbildung bekommen Lernende ausreichend inhaltliches Wissen zu einem Be-

ruf vermittelt. Vernachlässigt werden aber beispielsweise Informationen über die

Verhaltenskultur in spezifischen Berufssparten. Die Kultur einer Bank oder Versi-

cherungsfirma ist zum Beispiel anders als bei einem Transportunternehmen. Das

mentale Model der Mitarbeiter ist deutlich unterschiedlich. Wenn man im Unter-

richt jetzt unter der Nutzung von neuen Medien zur authentischen Veranschauli-

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chung verschiedene mentale Modelle mit einbezieht, kann der Umgang mit diesen

gelernt werden. Dabei ist es aber nicht ausreichend, den Lernenden lediglich ein

paar Videos mit authentischen Beispielen und Problemsituationen zu zeigen. Vor

allem unerfahrene Lernende brauchen dabei Struktur und Unterstützung. Somit

würde es auch nicht sinnvoll sein, die Lernende selbständige Internetrecherche oh-

ne jegliche Instruktionen durchführen zu lassen. Das Web ist heutzutage zu um-

fangreich, um Novizen frei recherchieren zu lassen. Im besten Fall ist dies nur unef-

fektiv, im schlechtesten Fall verliert man sich in unbedeutende Seiten.

Reihe 2: Es ist nicht immer so, dass Lernziele individuell selbstständig formuliert

werden. Neue Medien machen es aber dennoch möglich, an eigenen, individuellen

Lernziele zu arbeiten. In ein E-Portfolio beispielsweise hat der Lernende diese Mög-

lichkeit und kann darüber gemeinsam mit dem Lehrer die individuellen Forschritte

weiter verfolgen.

Reihe 3: Neue Medien können auch als Tool eingesetzt werden, um den Transfer zu

steigern. Beispielsweise kann ein Schulpraktikum per Fotos dokumentiert werden

und anhand dieser im Unterricht besprochen werden.

Reihe 6: Wenn Lernende in einem authentischen (simulierten) Kontext Aufgaben

bearbeiten müssen, können und sollten diese adaptiv nach Vorwissen der Lernen-

den formuliert und gestellt werden. Somit lernen alle den gleichen Kontext kennen,

aber bearbeiten die Aufgabe auf einem eigenen Niveau.

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4.5.1 Einsatzmöglichkeiten und Beispiele von Weblogs im bildungswissen-schaftlichen Bereich

Weblogs haben die Kennzeichen von selbstorganisiertem, problemlösenden und ko-

operativen Lernens (Schmidt & Mayer, 2006) und werden deshalb zunehmend auch im

Bereich der Bildung sowohl für nicht-persönliche als auch für persönliche Zwecke ein-

gesetzt. Diese finden damit sowohl in formellen, lehrerzentriert gesteuerten als auch in

informellen, lernerzentrierten Lernszenarien Integration (Röll, 2005), wobei die Gren-

zen der Nutzung durchaus als fließend betrachtet werden können.

In formellen Lernsituationen werden Weblogs als vereinfachte Möglichkeiten in Form

von Web- Content- Management- Systemen eingesetzt, indem ausschließlich die Leh-

renden lehrveranstaltungsrelevante Inhalte, Informationen und weiterführende Materi-

alien in den Weblog integrieren, aber auch zu bearbeitende Aufgaben für die Studie-

renden bereitstellen. Damit dienen diese hauptsächlich in ihrer organisatorischen

Funktion als Informations- und Abrufmedium. Darüber hinaus ermöglichen sie den Stu-

dierenden jedoch durch die Kommentarfunktion das Stellen von Rückfragen in Bezug

auf die eingestellten Aufgaben (Röll, 2005).

Abb. 1: Nutzung von Weblogs als Content-Management-System in der Lehre (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Röll, 2005, S. 10)

Am Lehrstuhl für Marketing und Technologiemanagement der Universität Lüneburg

wird ein Weblog in der angeführten Form als Content-Management-System begleitend

zu allen Veranstaltungen des Lehrgebietes eingesetzt und informiert beispielsweise

über Terminänderungen. Der Weblog ist unter http://www.uni-

lueneburg.de/fb2/bwl/mut/ zu finden (letzter Zugriff: 11.06.2008).

Neben dieser organisatorischen und informativen Nutzung von Weblogs für die Lehre

können diese ebenso inhaltsorientierter für Seminare genutzt werden, indem ebenso

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die Studierenden zu den Inhalten beitragen und ihre erstellten Seminararbeiten direkt

im Weblog präsentieren. Röll (2005) merkt dazu kritisch an, dass zum einen die Anzahl

der verfassten Beiträge dadurch sehr groß und unübersichtlich werden kann, weshalb

sich diese nur für kleine Seminargruppen eignen.

Abb. 2: Nutzung von Weblogs als inhaltsorientierte Unterstützung in der Lehre (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Röll, 2005, S. 12)

Sinnvoller erscheint deshalb ein Szenario, indem neben dem so genannten Haupt-

Weblog ebenso für jeden einzelnen Studierenden ein eigener, individueller Weblog

existiert. Dieser dient nicht nur zur Präsentation der inhaltlichen Ausarbeitungen, son-

dern vor allem zu deren Bewertung und Diskussion durch die Studierenden untereinan-

der (Röll, 2005; Mitchell, 2004). Diese soll dabei durch die im Abschnitt 4.2 dargestellten

technischen Möglichkeiten der Kommentarfunktion oder des Trackbacks ermöglicht

und das Lernen aus multiplen Perspektiven gefördert werden (Elfimova & Fiedler,

2004). Bezogen auf die im letzten Abschnitt angeführten Risiken und Nebenwirkungen

merkt Röll (2005) im Zusammenhang mit der Nutzung von Weblogs als inhaltsorientier-

te Lehrunterstützung kritisch an, dass die Präsentation der Beiträge vor den Mitlernen-

den sowie im so genannten öffentlichen Raum des Internets ebenso einen Leistungs-

druck auf die Lernenden ausüben kann. Somit muss auch bei der Nutzung im

Bildungsbereich darauf geachtet werden, dass die Privatsphäre geschützt bleibt und die

Lernenden selbst kontrollieren können, wer ihre Einträge liest und wer nicht.

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Abb. 3: Nutzung von zusätzlichen Lernenden-Weblogs als inhaltsorientierte und diskursorien-tierte Unterstützung in der Lehre (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Röll, 2005, S. 12)

Als Beispiel kann hier das Seminar „Simualtion und serious games in der Aus- und Wei-

terbildung“ vom Lehrgebiet für Didaktische Gestaltung multimedialer Lernumgebun-

gen der Universität Bremen angeführt werden. Neben dem Lehrenden-Weblog unter

http://www.didactalab.de/wp-main/?page_id=2 (letzter Zugriff: 11.06.2008) verfügen

die Lernenden zusätzlich über ihre eigenen Weblogs. Hier werden die erarbeiteten Lö-

sungen zu den von den Lehrenden gestellten Seminaraufgaben präsentiert. Ebenfalls

nehmen die anderen studentischen Teilnehmer des Seminars Bezug auf deren Einträge.

Unter dem Link http://laracoll.blogspot.com/ (letzter Zugriff: 11.06.2008) wird ein Ler-

nenden-Weblog beispielhaft dargestellt.

Neben der hier geschilderten Möglichkeit, Weblogs in der Lehre einzusetzen, können

diese auch ohne die Begleitung durch einen Lehrenden informell als kollaboratives

Lernwerkzeug in Form eines Projekt- beziehungsweise Gruppen-Weblogs für die Ler-

nenden eingesetzt werden (Brahm, 2007). Die Eignung von Weblogs für eine Zusam-

menarbeit mehrerer Studierender mit dem Ziel des Austausches und der Erreichung

eines gemeinsamen Lernergebnisses (Dillenbourg, 1999) wurde erprobt und von vielen

Autoren befürwortet (beispielsweise Gross & Hülsbusch, 2005, S. 52; Lamshed, Berry &

Armstrong, 2002). Der eigentliche Nutzen liegt jedoch bei Gruppen-Weblogs nicht nur

in der Diskussion und Bereitstellung der zu erarbeitenden Inhalte, sondern vor allem in

der Dokumentation der Arbeitsschritte, wodurch ein Reflektieren des Entwicklungs-

standes und -fortschrittes, aber auch des gesamten Gruppenarbeitsprozesses möglich

wird (Lamshed, Berry & Armstrong, 2002).

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Abb. 4: Nutzung von Gruppen-Weblogs als inhaltsorientierte und diskursorientierte Unterstüt-zung der Lernenden

Ausgehend von der Sichtweise des eigenverantwortlichen, selbstgesteuerten Lernens

können Weblogs darüber hinaus ebenso als persönliche, elektronische Lernjournale in

den alltäglichen Prozess des Lernens ohne Initiative der Lehrenden integriert werden. In

der Form als Lernjournale sollen diese das individuelle Lernen unterstützen, indem sie

drei der im Abschnitt 4.1 genannte Funktionen von Weblogs vereinen: Zum einen die-

nen diese in einem ersten Schritt durch das Aufschreiben von Gelernten als persönliche

Informationsspeicher und -ablagen. Durch die umgekehrt chronologische Dokumenta-

tion von Einträgen sollte zum anderen ein Aufbau und einen Verknüpfung von inhaltli-

chem Wissen durch Reflexion des Lernprozesses erfolgen, indem man sich bei neueren

Einträgen auf ältere beziehen sowie diese abgleichen kann und damit Widersprüche

und Gemeinsamkeiten sowie den Lernfortschritt- oder Lernprobleme erkennt (Brahm,

2007; Böttger & Röll, 2004; Pullich, 2007; Nardi et al., 2004). Zudem können diese in

ihrer dritten Funktion als Diskursmedium mit anderen genutzt werden, indem durch die

Kommentarfunktion ein Feedback auf die erarbeiteten Inhalte gegeben werden kann.

Eine Untersuchung von Armstrong, Berry & Lamshed (2006) ergab, dass durch diese

Möglichkeit des öffentlichen Zugangs die Formulierung der Postings sorgfältiger erfolg-

te als bei herkömmlichen, nicht-digitalisierten Tagebüchern.

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Abb. 5: Nutzung von Weblogs als individuelle Lernjournale