Leistungsorientierte Trainingsplanung Kraft · Trainingsplanung mit ihrer Periodenunterteilung...
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Athletik-Training Course Kraft SPORTLEREI AKADEMIE
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Leistungsorientierte Trainingsplanung Kraft
Lehrbrief zum Fernstudiengang Fitnesstrainer/in A-Lizenz
Autoren:
Florian Münch
Impressum:
SPORTLEREI AKADEMIE
Kistlerhofstr. 70, Gebäude 160
81379 München
Tel: 089 / 72 630 740
Fax: 089 / 72 634 068
Net: www.sportlerei-akademie.de
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Alle Rechte vorbehalten
Hinweis:
Um die Lesbarkeit des Textes zu vereinfachen, wurde auf das gemeinsame Verwenden
männlicher und weiblicher Bezeichnungen verzichtet. Wir danken allen Leserinnen für ihr
Verständnis.
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Bearbeitung des Lehrbriefes
So gehen Sie vor:
Zunächst lesen Sie bitte das gesamte Kapitel durch!
Bearbeiten Sie dann die einzelnen Abschnitte des Kapitels!
Lesen Sie sie aufmerksam durch und versuchen Sie dabei, die Sachverhalte der einzelnen
Abschnitte zu erfassen und auf bereits vorhandenes Wissen oder Erfahrungen aus der
Praxis zu beziehen (die wichtigsten Informationen werden am Ende des Kapitels
zusammengefasst)!
Nutzen Sie im Zweifel auch andere Nachschlagewerke (z.B. Bücher oder das Internet)!
Mit den Aufgaben am Ende des Lehrbriefs können Sie überprüfen, ob Sie das Kapitel
verstanden haben und in der Lage sind, das erarbeitete Wissen wiederzugeben. Die
Lösungen finden Sie im Anhang.
Fachwörter und fremdartige Begriffe sind unterstrichen und im angehängten Glossar
erklärt.
Verweise auf bereits behandelte Themen und Inhalte sind mit Q (für Querverweis
gekennzeichnet)
Zu den Übungen sind keine Lösungen angegeben, da zumeist individuelle Antworten
gefordert sind und die Übungen zur Vertiefung des Lernstoffes in den Praxisseminaren
gemeinsam bearbeitet werden.
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Lernziele dieses Lehrbriefes
Mit Durcharbeiten dieses Lehrbriefes sollen sie…
Den Trainingsbegriff allgemein wiederholt und verstanden haben.
Die Anpassungsschritte des Körpers auf Belastungen wiederholt und verstanden haben.
Die Belastungskomponenten als Steuerungsgrößen für das Training wiederholt und verstanden
haben.
Das Superkompensationsmodell verstanden haben.
Die Trainingsprinzipien kennen, sowie ihre Wechselwirkung untereinander verstanden haben.
In Bezug auf das Trainingsprinzip und der Periodisierung eine eingipflige und zweigipflige
Trainingsplanung mit ihrer Periodenunterteilung kennengelernt haben.
Die Erscheinungsformen der Kraft kennengelernt haben.
Die verschiedenen Muskelfasertypen kennengelernt haben.
Die grundlegende Methodik im Krafttraining kennengelernt haben.
Trainingsmethoden für Hypertrophie, Maximalkraft- und Schnellkraft- sowie Reaktivkraft,
kennengelernt haben.
Den Aufbau einer langfristigen Trainingsplanung sowie einer Trainingseinheit im Bereich des
speziellen Athletik-Trainings und verschiedene Trainingsprogramme kennengelernt haben.
Die Methoden der Kraftmessung kennengelernt haben.
Spezielle Rahmenprotokolle für fortgeschrittene Athleten kennengelernt haben und
verstanden haben, wann welches Protokoll sinnvoll ist.
Die fünf großen Übungen im Athletiktraining kennengelernt haben.
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Inhalt
1 Grundlagen der Trainingslehre ............................................................................................................... 6
1.1 Trainingsszenarien ............................................................................................................................... 7
1.2 Der Trainingsbegriff ............................................................................................................................. 8
1.3 Zielorientierung ................................................................................................................................. 10
1.4 Systematik ......................................................................................................................................... 12
1.4.1 Belastungskomponenten .............................................................................................................. 12
1.4.2 Die Trainingsprinzipien .................................................................................................................. 17
1.5 Planmäßigkeit .................................................................................................................................... 21
1.5.1 Trainingssteuerung ........................................................................................................................ 21
1.5.2 Grundlegender Trainingsablauf ..................................................................................................... 25
1.6 Periodisierung .................................................................................................................................... 26
1.6.1 Unterteilung .................................................................................................................................. 27
1.6.2 Jahresperiodisierung ..................................................................................................................... 29
1.6.3 Modelle der Jahresperiodisierung................................................................................................. 29
1.6.4 Die Trainingseinheit ...................................................................................................................... 36
1.6.5 Praxisaspekt zur Periodisierung .................................................................................................... 37
1.7 Zusammenfassung von Kapitel 1 ....................................................................................................... 41
1.8 Lernkontrollfragen zu Kapitel 1 ......................................................................................................... 42
2 Spezielle Trainingslehre im Krafttraining .............................................................................................. 43
2.1 Maximalkraft ..................................................................................................................................... 43
2.2 Schnellkraft ........................................................................................................................................ 44
2.3 Reaktivkraft ....................................................................................................................................... 44
2.4 Kraftausdauer .................................................................................................................................... 45
2.5 Grundlegende Trainingsrichtlinien der Kraftdimensionen ................................................................ 45
2.5.1 Sportliche Anfänger ....................................................................................................................... 46
2.5.2 Maximalkrafttraining ..................................................................................................................... 48
2.5.3 Schnellkrafttraining ....................................................................................................................... 50
2.5.4 Reaktivkrafttraining ....................................................................................................................... 51
2.5.5 Kraftausdauertraining ................................................................................................................... 52
2.6 Anpassungszeiten an Krafttraining .................................................................................................... 52
2.7 Methoden der Kraftmessung ............................................................................................................ 53
2.7.1 Der deduktive Ansatz .................................................................................................................... 54
2.7.2 Der induktive Ansatz ..................................................................................................................... 56
2.7.3 Messung in der Praxis ................................................................................................................... 57
2.7.4 Rumpfkrafttest .............................................................................................................................. 58
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2.8 Zusammenfassung von Kapitel 2 ....................................................................................................... 60
2.9 Lernkontrollfragen zu Kapitel 2 ......................................................................................................... 61
3 Spezielle Methodik im Athletiktraining (Rahmenprotokolle) ................................................................ 62
3.1 Klassisches Beispiel eines Muskelaufbauprogramms ........................................................................ 62
3.2 Hypertrophiespezifisches Training (HST) ........................................................................................... 65
3.3 German Volume Training für Masseaufbau ...................................................................................... 68
3.4 Westside Training zur Kraftsteigerung .............................................................................................. 70
3.5 High Intensity Training (HIT) .............................................................................................................. 73
3.6 5x5 Training als Kompromiss ............................................................................................................. 75
3.7 Die Wahl des richtigen Protokolls ..................................................................................................... 76
3.8 Beispiel Trainingsplanung .................................................................................................................. 77
3.9 Zusammenfassung von Kapitel 3 ....................................................................................................... 83
3.10 Lernkontrollfragen zu Kapitel 3 ......................................................................................................... 84
4 Lösungen zu den Lernkontrollfragen ..................................................................................................... 85
4.1 Lösungen zu Kapitel 1 ........................................................................................................................ 85
4.2 Lösungen zu Kapitel 2 ........................................................................................................................ 86
4.3 Lösungen zu Kapitel 3 ........................................................................................................................ 88
5 Tabellenverzeichnis .............................................................................................................................. 90
6 Abbildungsverzeichnis .......................................................................................................................... 91
7 Glossar ................................................................................................................................................. 92
8 Literaturverzeichnis .............................................................................................................................. 96
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Erläuterung:
Es werden drei Trainingseinheiten (Split ein bis drei) pro Woche durchgeführt. Die Übungen
A1, A2 und A3 werden nacheinander mit 30 Sekunden Pause dazwischen durchgeführt. Nach
A3 folgt eine 120-sekündige Pause. Danach folgt wieder A1 usw. nach drei bzw. vier Sätzen
A1-A3 folgt das gleiche Schema mit B1, B2 und B3
Die Bewegungsgeschwindigkeit beträgt vier bzw. drei bzw. zwei Sekunden exzentrisch,
flüssiger Umkehrprunkt und eine Sekunde schnell-konzentrisch
Die Trainingsdauer pro Split liegt bei etwa 40 – 45 Minuten maximal
In den Wochen ein bis drei werden drei Sätze pro Übung trainiert, in Woche vier dann vier
Sätze
Variation
Der Muskelaufbauplan richtet sich deutlich die allgemeinen Grundlagen im Krafttraining (siehe Kapitel 4 Q). Er
ist die einfachste Form des Protokolls. Er dient in diesem Lehrbrief daher als Beispiel der praktischen
Umsetzung der Krafttrainingsgrundlagen. Der Leser sollte an dieser Stelle bereits ahnen, wie die Umsetzung
eines Maximalkrafttrainings, Kraftausdauertrainings oder Schnellkrafttrainings funktionieren kann. Dies erfolgt
ebenfalls in einem Split, damit man die Intensität hoch halten kann. Die Belastungskomponenten werden dann
entsprechend den Grundlagen der Krafttrainingslehre (siehe Kapitel 4 Q) gewählt. Es werden also Intensität,
Umfang, Pausen… angepasst und in obige Grobform gebracht.
Hinweis
Für die meisten Trainierenden ist ein Plan wie der vorangegangene ausreichend. In ihm spiegeln sich die
Krafttrainingsmethoden direkt und unkompliziert wider. Daher kann er recht einfach geplant und umgesetzt
werden. Für weiter fortgeschrittene oder als Variation im Training empfehlen sich folgende
Rahmenprotokolle/Trainingsmethoden.
3.2 Hypertrophiespezifisches Training (HST)
Das HST-Training ist ein Trainingsprotokoll speziell für Masseaufbau. Der Athletiktrainer kann durch Befolgen
dieses Rahmenprotokolls Massezuwachs für den/die Sportler erreichen. Das Hypertrophiespezifische Training
basiert auf den bisher bekannten Mechanismen des Muskelwachstums. Beim HST wird nicht bis zum
Muskelversagen trainiert, die Einheiten sind relativ kurz, dafür aber häufig.
Grundlegend will man beim HST ein möglichst anaboles Milieu schaffen. Deshalb trainiert man häufig.
Gleichzeitig bedeutet dies, dass die Intensität der einzelnen Einheiten nur selten maximal ist und dass auch
nicht bis zum Muskelversagen trainiert wird. Sonst wären Übertraining oder ermüdungsbedingte Verletzungen
möglich. Außerdem wird beim HST vor allem auf Grundübungen gesetzt. Diese oft komplexen Übungen
beanspruchen einen großen Teil der Muskulatur und so wird auch wieder die Trainingsfrequenz für einzelne
Muskeln hochgehalten.
Wissenschaftlich gesehen braucht der Muskel eine mechanische Belastung, um zu wachsen. Bei genügend
Belastung werden verschiedene aufbauende Prozesse in Gang gesetzt. Außerdem sollte der Muskel nicht nur
einmal in der Woche, sondern mehrmals trainiert werden, da der Muskel mehrere Stimuli braucht. Man
empfiehlt mindestens drei Reize pro Woche. Außerdem muss die Belastung stetig gesteigert werden, damit
noch eine Anpassung stattfindet. Zu guter Letzt spricht man im HST von sogenannter strategischer
Dekonditionierung. Nach einiger Zeit stoppen die Wachstumsprozesse. Hier wird dann eine Trainingspause
eingelegt und danach von vorne begonnen.
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Hinsichtlich Programmdesign folgt das HST einer besonderen Gestaltung. Für jede Übung wird das maximale
Gewicht für fünf, zehn und für 15 Wiederholungen bestimmt. Dann folgt sofort die erste Phase der
strategischen Dekonditionierung von neun bis 14 Tagen Pause.
Danach unterteilt man das Training in drei zweiwöchige Blöcke. In Block 1 werden 15 Wiederholungen pro
Übung ausgeführt, in Block 2 nur noch zehn und in Block 3 nur noch fünf Wiederholungen. Man trainiert dreimal
in der Woche. Pro Block sind also sechs Einheiten geplant. Bei Einheit eins beginnt man mit 75% des zuvor
ermittelten maximalen Gewichts (für diesen Wiederholungsbereich) der Übung. In jeder Einheit steigert man
sich um 5% des Gewichts, bis man am Ende des Blocks bei Einheit sechs die vollen 100% des jeweiligen
Wiederholungsmaximums erreicht. Dieses System ist in jedem Block gleichbleibend.
Block 1
Montag Mittwoch Freitag Montag Mittwoch Freitag
Wdh. 15 15 15 15 15 15
Intensität 75% 80% 85% 90% 95% 100%
Sätze 1 – 2 1 – 2 1 – 2 1 – 2 1 – 2 1 – 2
Block 2
Montag Mittwoch Freitag Montag Mittwoch Freitag
Wdh. 10 10 10 10 10 10
Intensität 75% 80% 85% 90% 95% 100%
Sätze 1 – 2 1 – 2 1 – 2 1 – 2 1 – 2 1 – 2
Block 3
Montag Mittwoch Freitag Montag Mittwoch Freitag
Wdh. 5 5 5 5 5 5
Intensität 75% 80% 85% 90% 95% 100%
Sätze 1 – 2 1 – 2 1 – 2 1 – 2 1 – 2 1 – 2
Tabelle 24 Beispielhaftes HST-Programm
Bezüglich des HST gibt es unzählige Varianten und genaue Protokolle. Natürlich ist auch ein Split in Ober- und
Unterkörper möglich bei dem man jeweils viermal pro Woche trainieren würde.
Das grundlegende Muster des HST erkennt man an den Wiederholungszahlen:
Nach einer Kraftausdauerphase folgen eine Hypertrophie- und danach eine Maximalkraftphase. Dies ist in
allen Varianten des HST gleich. Entsprechend gestalten sich auch die Pausenlängen.
Bezüglich der Übungen wählt man acht bis zwölf Übungen aus, die den ganzen Körper abdecken. So könnte
man beispielsweise folgende Übungen wählen:
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Bankdrücken
Kniebeuge
Kreuzheben
Schulterdrücken
Rudern mit Langhantel
Bizepscurls
Trizepsdrücken
Wadenheben
Diese Übungen führt man nun in jedem Training durch. Dadurch wird schon ersichtlich, dass der ganze Körper
sehr oft belastet wird. Deshalb ist die Satzanzahl gering gehalten. Nur ein bis zwei Sätze reichen bei diesem
Programm aus, um die gewünschten Effekte zu erzielen. Oft werden auch zwei Übungen pro Körperpartie
gewählt, wobei eine mit einem Satz und eine weitere mit zwei Sätzen trainiert wird.
Empfohlen wird eine Bewegungsgeschwindigkeit von 2 – 0 – 2. Also zwei Sekunden exzentrisch, 0 Sekunden im
Umkehrpunkt und zwei Sekunden konzentrisch.
Nach den ersten sechs Wochen des HST gibt es verschiedene Ansätze das Training weiterzuführen. Ein
bewährtes Mittel ist die strategische Dekonditionierung für ein bis zwei Wochen einzulegen und danach einen
neuen Zyklus zu starten.
Exkurs Regeneration des Nervensystems:
Bei einem hypertrophiespezifischen Training sollte, entgegen vieler landläufiger Meinungen zu
diesem Thema, kein Satz bis zum absoluten Muskelversagen ausgeführt werden. Sätze bis zum
Muskelversagen oder der Einsatz von Intensitätstechniken führen in erster Linie zu einer starken
Belastung des Nervensystems. Dabei kommt es durch die muskuläre Belastung zu einer
überproportional hohen Beanspruchung des Nervensystems, d.h. man erkauft sich eine etwaige
Mehrstimulation des Muskels hinsichtlich Hypertrophie durch eine wesentliche längere
erforderliche Erholungsphase für das Nervensystem, was zur Folge hat, dass es entsprechend
länger dauert, bis das ursprüngliche Kraftniveau wieder hergestellt ist. Im Rahmen eines
hypertrophiespezifischen Trainings sollte der Muskel optimaler Weise alle zwei Tage stimuliert
werden, um ständig die Proteinsynthese hoch zu halten. Dies setzt jedoch voraus, dass das
Nervensystem in jeder Trainingseinheit nur moderat belastet wird. Durch das Auslassen der letzten
ein bis zwei Wiederholungen bis zur Muskelerschöpfung in jedem Satz, wird eine zu starke
Belastung des Nervensystems vermieden. D.h. der Athlet führt beispielsweise nur zwölf
Wiederholungen in einem Satz aus, obwohl er unter maximaler Anstrengung 13 oder 14 schaffen
würde. Außerdem konnte Izquierdo bereits 1985 zeigen, dass ein Training ohne Muskelversagen
zu höherer Ausschüttung an Testosteron und Wachstumsfaktoren und niedrigeren Cortisolwerten
führt. Auch Ahtiainen (2003) kommt bei einer Studie mit 16 Athleten zu dem Schluss, dass ein
Training bis zum Muskelversagen höhere hormonelle und zentralnervöse Anpassungen bewirkt –
was wiederum eine längere Regenerationszeit benötigt.
Durch diese sogenannte submaximale Satzausführung ist gewährleistet, dass bei der nächsten
Trainingseinheit zwei Tage später das Nervensystem regeneriert, also auch kein Kraftverlust
aufgrund einer mangelnden Regeneration des Nervensystems spürbar ist.
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Der große Vorteil des HST ist die geringe Satzanzahl pro Übung. Dadurch kommt es nicht zu extrem hohen
Intensitäten und starke Überlastungssymptome können vermieden werden. Das HST ist also ein gutes Beispiel
für ein Programm, bei dem sich Intensität und Umfang die Waage halten. Außerdem fußt das HST eben auf den
wissenschaftlich gesicherten Prozessen des Muskelwachstums.
Nachteilig ist die Motivation für viele Athleten, da man meist mit subjektiv empfunden geringem Gewicht
trainiert. Hier ist es Aufgabe des Trainers den Athleten über die Wirksamkeit aufzuklären. Außerdem könnte es
aufgrund der Tatsache, dass alle Muskeln oft trainiert werden zu Leistungsabfall in der Kernsportart kommen.
Dies muss der Trainer beachten.
3.3 German Volume Training für Masseaufbau
Ein weiteres speziell auf Massezuwachs zugeschnittenes Programm ist das German Volume Training. Bekannt
durch den Trainer Rolf Fesser und später Charles Poliquin wird das GVT auch „10-Satz Programm“ genannt. In
englischsprachigen Ländern wird es aufgrund seiner Herkunft schlicht German Volume Training genannt. Es
erfreut sich einer großen Beliebtheit, da es einige interessante Vorteile hat.
Beim GVT ist der Name Programm – hohes Volumen. Das bedeutet, dass zehn Sätze einer Übung ausgeführt
werden. Jeder Satz hat wiederum zehn Wiederholungen. Das macht in der Summe pro Trainingseinheit 100
Wiederholungen pro Übung. Das GVT ist enorm effektiv, um schnell viel Muskulatur aufzubauen und wird daher
im Bodybuilding sehr oft verwendet. Für den Athletiktrainer der in der Übergangs- oder Vorbereitungsperiode
an seinem Athleten Muskelmasse zulegen will kann das GVT sehr nützlich sein. Man sollte jedoch wissen, dass
dieses Protokoll eines der härtesten Protokolle im Krafttraining ist und daher nicht von jedem ausgeführt
werden sollte. Denn obwohl das Gewicht anfangs recht leicht wirkt, wird das GVT für enormen Muskelkater
sorgen und die Strukturen beanspruchen. Deshalb gibt es auch ganze vier Tage Pause.
Begonnen wird mit der Feststellung des 20er-Wiederholungsmaximums pro Übung. Dieses Gewicht dient als
Einstiegsgewicht für die Zehner-Sätze. Alternativ kann bei fortgeschrittenen Athleten auch von 60% des Einer-
Maximums ausgegangen werden. Danach folgt die Trainingsgestaltung.
Trainiert wird dreimal pro Woche mit folgender Aufteilung: 1 = Brust/Rücken; 2 = Beine/Bauch; 3 =
Arme/Schulter. Aufgrund des immensen Volumens werden pro Trainingseinheit nur zwei Übungen á zehn Sätze
und danach nur ergänzende Übungen mit weniger Intensität ausgeführt. Bei der Übungsauswahl konzentriert
man sich auf mehrgelenkige Übungen, um möglichst viel Muskelmasse mit einzubeziehen. Es gibt zwei
Varianten der Gestaltung: Als klassisches oder als Supersatzprotokoll. Beim Klassischen wird zuerst eine Übung
zehnmal zehn Wiederholungen ausgeführt, beim Supersatzprotokoll eben in Supersätzen. Ein Satz Übung B
folgt direkt auf einen Satz Übung A. Wird die klassische Variante gewählt, so macht man 60 Sekunden Pause
zwischen den Sätzen. Beim Supersatzprotokoll sind es 90 Sekunden Pause.
Eine Phase im GVT umfasst sechs Wochen. Danach kommt es zu einer zweiwöchigen Phase mit weniger
Wiederholungen als Regeneration.
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Hier ein beispielhafter Trainingsplan für Phase 1.
Mo Di Mi Do Fr Sa So* Mo*
Einheit 1 Einheit 2 Einheit 3 Einheit 1 Einheit 2
Brust/
Rücken
Beine/
Bauch
frei Schultern/
Arme
frei frei Brust/
Rücken
Beine/
Bauch
Bankdrücken
10x10
Kniebeuge
10x10
French
Press
10x10
Bankdrücken
10x10
Kniebeuge
10x10
Rudern mit
LH
10x10
Beincurls
10x10
Curls mit
SZ-Stange
10x10
Rudern mit
LH
10x10
Beincurls
10x10
Fliegende
3x6
Russian Twist
3x6
Seitheben
3x8
Fliegende
3x6
Russian Twist
3x6
Kurzhantel-
rudern
3x6
Wadenheben
3x15
Shrugs
3x6
Kurzhantel-
rudern
3x6
Wadenheben
3x15
Tabelle 25 GVT Phase 1
*je nach Regenerationsfähigkeit des Sportlers und Protokoll kann zwischen einem Sechstageszyklus oder
Zyklen mit sieben oder auch mit fünf Tagen gewählt werden
Die Trainingsgewichte sollten nach Möglichkeit immer gesteigert werden. Jedoch erst, nachdem auch wirklich
zehnmal zehn Wiederholungen ausgeführt worden sind.
Nach dem beispielhaften Trainingsplan aus Phase eins, könnte der Plan direkt in Phase zwei übernommen
werden. Die zehnmal zehn Übungen würden dann nur noch zehnmal sechs ausgeführt. Natürlich kann man
nach sechs Wochen Training auch einige kleine Variationen in der Übungsauswahl vornehmen.
Der große Vorteil des Protokolls besteht in der Effektivität. Man kann mit dem Protokoll zweifelsohne enorme
Erfolge verzeichnen und sehr viel Muskulatur aufbauen. Außerdem ist das Protokoll sehr einfach und geradlinig.
Das Protokoll wird als hartes, ehrliches und einfaches Programm bezeichnet, das aber fast immer mit enormen
Erfolgen belohnt wird.
Hier liegt aber auch der große Nachteil. Die Belastung für den Körper ist enorm hoch und die Gefahr ins
Übertraining zu kommen ist sehr groß. Der Trainer muss seinen Schützling im Auge behalten und
gegebenenfalls eingreifen. Für Hobbysportler sollte vorher überlegt werden, ob die zu erwartenden Ergebnisse
sich in Relation zu den Anstrengungen lohnen. In Phasen mit großem privaten Stress sollte von dem Programm
Abstand genommen werden, da die Belastung für das Nervensystem sehr hoch ist und so allgemeine
Erschöpfung stark steigt, die Immunabwehr eventuelle geschwächt wird und ganz einfach auch deshalb, dass
die Ergebnisse sehr darunter leiden.
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Das GVT ist ein Paradebeispiel für hochvoluminöse Programme. Daher ist es nicht besonders intensiv. Das
bedeutet nicht, dass es nicht anstrengend ist, sondern, dass die gestemmten Gewichte gemessen an der
Maximalkraft relativ niedrig sind. Wären die Gewichte auch sehr hoch, dann würde die Intensität steigen, aber
das Programm nicht mehr durchführbar weil es zu belastend wäre.
Man hat im GVT ein Protokoll, dass in Sachen Effektivität mit das Beste ist, aber auch einen enormen Aufwand
bedeutet.
3.4 Westside Training zur Kraftsteigerung
Dieses Programm eignet sich besonders zum Training der Maximalkraft. Dennoch werden auch hier
Hypertrophie und Schnellkraft nicht vernachlässigt. Das Programm richtet sich aufgrund der starken
Maximalkraftkomponente vor allem an fortgeschrittene Athleten.
Das System basiert auf den klassischen Arbeiten der Sowjetzeiten (Zatsiorsky, Matwejev,…), wurde aber erst
durch den Amerikaner Louie Simmons kam die Methode an die breite Öffentlichkeit. Westside ist dabei der
Name des Studios in dem Simmons das Programm entwarf und immer noch trainiert.
Das System ist relativ komplex. Es ist nicht so einfach zu durchschauen wie bspw. das GVT, doch liegt genau
hierin der Grund für die Effektivität. Das Schlüsselwort ist Periodisierung. Es werden verschiedene
Trainingsinhalte immer wieder miteinander abgewechselt und einer Überlastung des ZNS somit vorgebeugt.
Außerdem findet eine Unterteilung in Maximalkrafttage und Schnellkrafttage statt. Auch somit wird eine
Leistungsstagnation verhindert. Generell wird an vier Tagen pro Woche trainiert und es wird in Ober- und
Unterkörper gesplittet. Folgendermaßen sieht das Grundprotokoll aus:
Tag 1 Tag 2 Tag 3 Tag 4
Oberkörper Unterkörper Oberkörper Unterkörper
Maximalkraft Maximalkraft Schnellkraft Schnellkraft
Pro Training werden bis zu vier Übungen absolviert. Die erste ist immer die Hauptübung.
Beim Maximalkrafttag wird diese Hauptübung mit maximaler Intensität ausgeführt. Es ist also nur eine
Wiederholung pro Satz möglich. Es werden bis zu drei Sätze der Hauptübung durchgeführt. Ergänzend dazu
kommen Unterstützungsübungen, die die Leistung in der Hauptübung steigern sollen. Diese werden mit
Hypertrophiemethoden, also mit drei bis sechs Sätzen á sechs bis zwölf Wiederholungen trainiert. Zwischen
den Sätzen werden Pausen von drei bis fünf Minuten in der Hauptübung und zwei bis drei Minuten in den
Unterstützungsübungen eingehalten. Hieran erkennt man die Symbiose von Maximalkraft- und
Masseaufbautraining. Außerdem folgen präventive Übungen oder auch Movement Preps.
Eine Hauptübung auf Maximalkraft pro Einheit
ein bis drei Sätze á eine Wiederholung bei der Hauptübung
drei bis fünf Minuten Pause bei der Hauptübung
zwei Unterstützungsübungen pro Einheit
drei bis sechs Sätze á sechs bis zwölf Wiederholungen bei Unterstützungsübungen
zwei bis drei Minuten Pause bei Unterstützungsübungen
Um das ZNS nicht zu überlasten wird die Hauptübung spätestens nach drei Wochen ausgetauscht. So kommt
es zu weniger Leistungsstagnation.
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Bei den Schnellkrafttagen ändern sich nur die Parameter der Hauptübungen. Die Unterstützungsübungen mit
Hypertrophieeffekt bleiben gleich. Die Hauptübungen werden nun auf Schnellkraft trainiert. Dabei werden acht
bis zwölf Sätze á zwei Wiederholungen mit maximaler Geschwindigkeit durchgeführt. Die Pausen sind geringer:
Eine Hauptübung auf Schnellkraft pro Einheit
Ein bis zwei Minuten Pause bei der Hauptübung
zwei Unterstützungsübungen pro Einheit
drei bis sechs Sätze á sechs bis zwölf Wiederholungen bei Unterstützungsübungen
zwei bis drei Minuten Pause bei Unterstützungsübungen
Bezüglich der Hauptübung wird beim Schnellkrafttrag in folgende Parameter eingeteilt:
Kniebeuge* bei 40 – 60% der Maximalkraft bei acht bis zwölf Sätzen und zwei Wiederholungen
Kreuzheben bei 50 – 70% der Maximalkraft bei fünf bis sechs Sätzen und einer Wiederholung
Bankdrücken bei 45 – 55% der Maximalkraft bei neun Sätzen und drei Wiederholungen
*damit sind die Variationen der Hauptübungen gemeint
Übungsauswahl
Beim Westside Training werden viele Übungen abgewechselt. Im klassischen Kraftdreikampf gibt es die
Übungen Bankdrücken, Kniebeugen und Kreuzheben. Diese werden im Training in zahlreichen Varianten
benutzt, aber selten in ihrer Reinform trainiert. Für die Hauptübung am Unterkörpertag könnte man
beispielsweise Frontkniebeugen betreiben. Es wird also ein breites Spektrum an Übungen abgedeckt.
Oberkörper Unterkörper
Hauptübung
(Maximalkraft/
Schnellkraft)
Floor Press, Negativ-
Bankdrücken,
Schrägbankdrücken,
Bankdrücken mit
Bändern, Ketten etc.,
Enges Bankdrücken,…
Box Beugen (Kniebeuge
auf eine Box),
Frontkniebeugen,
Kniebeugen, Good
Mornings, Kreuzheben,
Kniebeuge,…
Unterstützungsübung 1
(Hypertrophie)
Trizepsdrücken, Kick-
Backs, French-Press,
Bankdrücken, Rudern,
Latzug, Liegestütze,
Klimmzüge,…
Rumänisches
Kreuzheben, Beincurls,
Ausfallschritte,
Beinpresse, Bulgarian
Split Squats,…
Unterstützungsübung 2
(Hypertrophie)
Trizepsdrücken, Kick-
Backs, French-Press,
Bankdrücken, Rudern,
Latzug, Liegestütze,
Klimmzüge,
Rumpfübungen,…
Rumänisches
Kreuzheben, Beincurls,
Ausfallschritte,
Beinpresse, Bulgarian
Split Squats,Beinheben,
Hyperextensions,…
Tabelle 26 Beispielübungen Westside
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Der Trainer kann sich diesen Übungen frei bedienen. Beispielhaft sei hier der Verlauf einer Woche dargestellt:
Maximalkrafttage
Oberkörper
Hauptübung Negativbankdrücken 3 Sätze 1 Wiederholung 3 – 5 Minuten
Unterstützung 1 French Press 5 Sätze 8 Wiederholungen 2 – 3 Minuten
Unterstützung 2 Rudern mit
Langhantel
6 Sätze 8 Wiederholungen 2 – 3 Minuten
Tabelle 27 Oberkörper Maximalkraft
Unterkörper
Hauptübung Frontkniebeuge 3 Sätze 1 Wiederholung 3 – 5 Minuten
Unterstützung 1 Rumänisches
Kreuzheben
5 Sätze 8 Wiederholungen 2 – 3 Minuten
Unterstützung 2 Beincurls 6 Sätze 8 Wiederholungen 2 – 3 Minuten
Tabelle 28 Unterkörper Maximalkraft
Schnellkrafttage
Oberkörper
Hauptübung Negativbankdrücken 9 Sätze 3 Wiederholungen 1 – 2 Minuten
Unterstützung 1 French Press 5 Sätze 8 Wiederholungen 2 – 3 Minuten
Unterstützung 2 Rudern mit
Langhantel
6 Sätze 8 Wiederholungen 2 – 3 Minuten
Tabelle 29 Oberkörper Schnellkraft
Unterkörper
Hauptübung Frontkniebeuge 12 Sätze 2 Wiederholungen 1 – 2 Minuten
Unterstützung 1 Rumänisches
Kreuzheben
5 Sätze 8 Wiederholungen 2 – 3 Minuten
Unterstützung 2 Beincurls 6 Sätze 8 Wiederholungen 2 – 3 Minuten
Tabelle 30 Unterkörper Schnellkraft
Das Westside Training ist wie ersichtlich etwas komplexer als andere Programme. Findet man sich aber ein,
kann ein Maximum herausgeholt werden. Die Prinzipien sind eine Kombination aus Maximalkraft, Schnellkraft
und Hypertrophie. Alles in allem wird die Maximalkraft enorm gesteigert. Wichtig ist auch die Periodisierung
und ständige Variation in der Übungsauswahl, damit das ZNS nicht überfordert wird.