Leitfaden zur Erhöhung der Logistikqualität durch Analyse...

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Leitfaden zur Erhöhung der Logistikqualität durch Analyse und Neugestaltung von Versorgungsketten Dissertation zur Erlangung der Würde eines DOKTORS DER WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTEN (Dr. rer. pol.) der Universität-GH Paderborn vorgelegt von Dipl.-Ing. Helmut Mauermann 81929 München Paderborn, Januar 2001 Dekan: Prof. Dr. rer. pol. Bernd Rahmann Referent: Prof. Dr.-Ing. habil. Wilhelm Dangelmaier Korreferent: Prof. Dr. rer. pol. Otto Rosenberg

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Leitfaden zur Erhöhung der Logistikqualität durch Analyse und Neugestaltung von Versorgungsketten

Dissertation

zur Erlangung der Würde eines

DOKTORS DER WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTEN

(Dr. rer. pol.)

der Universität-GH Paderborn

vorgelegt von

Dipl.-Ing. Helmut Mauermann

81929 München

Paderborn, Januar 2001

Dekan: Prof. Dr. rer. pol. Bernd Rahmann

Referent: Prof. Dr.-Ing. habil. Wilhelm Dangelmaier

Korreferent: Prof. Dr. rer. pol. Otto Rosenberg

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Helmut Mauermann

Leitfaden zur Erhöhung der Logistikqualität durch Analyse und Neugestaltung von Versorgungsketten

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Vorwort

Vorwort

Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als Doktorand und Mit-arbeiter in der Abteilung „Materiallogistik“ im Bereich „Produktionstechnische In-tegration und Logistik“ bei der BMW AG, München.

Für die Betreuung dieser Arbeit, den vielen wertvollen Anregungen, den motivie-renden Diskussionen und die Freiräume für selbständiges und eigenverantwortliches Arbeiten, möchte ich Herrn Prof. Dr.-Ing. habil. Wilhelm Dangelmaier, dem Leiter der Fachgruppe „Wirtschaftsinformatik, insbesondere CIM“ am Heinz Nixdorf Insti-tut der Universität-GH Paderborn, ganz besonders herzlich danken.

Herrn Prof. Dr. rer. pol. Otto Rosenberg, Inhaber des Lehrstuhls für Produktions-wirtschaft, danke ich für die Durchsicht der Arbeit und die Übernahme des Korrefe-rats.

Für die Förderung und Unterstützung meiner Arbeit bedanke ich mich bei allen Kol-legen der BMW AG und Herrn Karl Klein von der Firma Darev, die mich fachlich sowie persönlich unterstützten. Insbesondere danke ich Herrn Dr.-Ing. Hans-Robert Greim für die Möglichkeit zur Durchführung der Arbeit und die Durchsicht des Ma-nuskripts, Herrn Dr.-Ing. Rudolf Scheiber für die konstruktiven Ratschläge und Herrn Johann Schuberthan für die fachliche Heimat.

Mein besonderer Dank gilt meinen Freunden, insbesondere Dr.-Inf. Volker Markl und Markus Vogtmann, meinen Eltern und Schwiegereltern und vor allem meiner Frau Bettina für ihre Geduld und die Unterstützung, die sie mir all die Jahre gegeben haben.

München, Januar 2001 Helmut Mauermann

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Inhaltsverzeichnis

I

Inhaltsverzeichnis

1 EINFÜHRUNG ...................................................................................................................1

1.1 LOGISTISCHE QUALITÄT ALS STRATEGISCHER WETTBEWERBSFAKTOR .......................1

1.2 PROBLEMBEREICHE IM RAHMEN DES QUALITÄTSMANAGEMENTS LOGISTISCHER

LEISTUNGEN .................................................................................................................2

1.3 ZIEL UND DARSTELLUNG DES FORSCHUNGSVORGEHENS ...........................................5

1.4 FORSCHUNGSMETHODIK UND ABLAUF DER ANALYSE................................................9

2 IST-ANALYSE DER LOGISTIK REPRÄSENTATIVER UNTERNEHMEN........15

2.1 ALLGEMEINE ANGABEN.............................................................................................15

2.1.1 Merkmale der empirischen Basis...............................................................15

2.1.2 Unternehmensgröße und Unternehmenserfolg ......................................17

2.2 LOGISTIKKOMPLEXITÄT ..............................................................................................19

2.2.1 Variabilität.....................................................................................................19

2.2.2 Dynamik ........................................................................................................22

2.2.3 Gesamtbetrachtung der Logistikkomplexität ..........................................24

2.3 LOGISTIKKOMPETENZ .................................................................................................25

2.4 KRITISCHE WÜRDIGUNG DER RAHMENBEDINGUNGEN ............................................29

3 LOGISTIKQUALITÄT IM SYSTEM INDUSTRIELLER PRODUKTIONSUNTERNEHMEN .............................................................................31

3.1 BEGRIFFE UND THEORETISCHE GRUNDLAGEN...........................................................31

3.1.1 Logistikbegriff ..............................................................................................31

3.1.2 Qualitätsbegriff, Logistikqualität...............................................................34

3.2 LOGISTIKSYSTEM INDUSTRIELLER PRODUKTIONSUNTERNEHMEN ............................38

3.2.1 Charakterisierung der Logistikkonzeption..............................................38

3.2.2 Komponenten der Unternehmenslogistik ................................................40

3.2.2.1 Logistische Gestaltungsmerkmale...............................................41

3.2.2.2 Logistikstrategien...........................................................................42

3.2.2.3 Logistikziele ....................................................................................43

3.2.2.4 Logistische Prozesse ......................................................................44

3.2.2.5 Logistikorganisation......................................................................45

3.3 POTENZIALFAKTOREN ZUR ERSCHLIEßUNG DER LOGISTIKQUALITÄT IN

INDUSTRIELLEN PRODUKTIONSUNTERNEHMEN ........................................................46

3.4 LOGISTISCHE QUALITÄTSMANAGEMENTANSÄTZE IN DER LITERATUR.....................49

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Inhaltsverzeichnis

II

3.4.1 Qualitätsmanagement .................................................................................57

3.4.2 Basiswerkzeuge und Verfahren des Qualitätsmanagements ................57

3.4.2.1 DIN EN ISO-Normenreihe 9000ff................................................58

3.4.2.2 Europäischer Qualitätspreis (EQA).............................................59

3.4.2.3 Statistische Prozesskontrolle (SPC) .............................................61

3.4.2.4 Fehlermöglichkeits- und -Einflussanalyse (FMEA) ..................62

3.4.2.5 Quality Function Deployment (QFD) .........................................65

3.4.3 Kritische Würdigung der dargestellten Basiswerkzeuge und Verfahren des Qualitätsmanagements.........................................................................67

4 LEITFADEN ZUR ANALYSE UND NEUGESTALTUNG VON VERSORGUNGSKETTEN.............................................................................................69

4.1 ANLÄSSE UND ZIELE DER ANALYSE UND NEUGESTALTUNG VON

VERSORGUNGSKETTEN ...............................................................................................69

4.2 QUALITÄTSMERKMALE LOGISTISCHER LEISTUNGEN .................................................72

4.2.1 Dimensionen logistischer Leistungen .......................................................73

4.2.2 Ermittlung logistikspezifischer Qualitätsmerkmale ...............................74

4.2.2.1 Qualitätsmerkmale der Potenzialdimension .............................76

4.2.2.2 Qualitätsmerkmale der Prozessdimension ................................79

4.2.2.3 Qualitätsmerkmale der Ergebnisdimension ..............................82

4.3 PROZESSANALYSE DER LOGSITKQUALITÄT REPRÄSENTATIVER UNTERNEHMEN......83

4.4 MAßNAHMEN ZUR NEUGESTALTUNG VON VERSORGUNGSKETTEN .........................87

4.4.1 Produktstruktur............................................................................................89

4.4.2 Materialfluss..................................................................................................90

4.4.2.1 Neugestaltung der Materialflussbeziehungen ..........................90

4.4.2.2 Reorganisation der Materialversorgung ....................................91

4.4.2.3 Neugestaltung der Lagerstrukturen ...........................................92

4.4.2.4 Neugestaltung der innerbetrieblichen Transportprozesse ......93

4.4.3 Informationsfluss .........................................................................................93

4.4.3.1 Änderung des Steuerungskonzepts ............................................94

4.4.3.2 Modifikation der Prognose- und Planungssystematik.............95

4.4.3.3 Neugestaltung der Disposition ....................................................96

4.4.3.4 Einführung von Bevorratungsebenen.........................................96

4.4.3.5 Änderung der Losgrößensystematik ..........................................97

4.4.4 Produktionsstruktur ....................................................................................97

4.4.5 Logistikorganisation ..................................................................................101

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Inhaltsverzeichnis

III

4.4.5.1 Reorganisation der Außenstruktur ...........................................102

4.4.5.2 Reorganisation der Innenstruktur .............................................107

4.4.6 Personelle Ressourcen ...............................................................................108

4.5 UMSETZUNGS- UND NEUGESTALTUNGSPROZESS ....................................................112

4.5.1 Phasen der Implementierung von Neugestaltungsprozessen.............115

4.5.1.1 Projektinitiierung .........................................................................116

4.5.1.2 Analyse ..........................................................................................117

4.5.1.3 Konzeptionierung ........................................................................117

4.5.1.4 Realisierung ..................................................................................118

4.5.1.5 Konsolidierung.............................................................................118

4.5.2 Organisation der Transformationsprozesse...........................................119

4.5.2.1 Einflussprojektorganisation........................................................120

4.5.2.2 Reine Projektorganisation...........................................................120

4.5.2.3 Matrix-Projektorganisation ........................................................120

4.5.3 Art der Systemveränderung.....................................................................122

4.5.4 Rollen der Beteiligten am organisatorischen Wandel...........................124

4.5.4.1 Promotoren ...................................................................................124

4.5.4.2 Akteure ..........................................................................................125

4.5.4.3 Berater............................................................................................125

5 WIRKSAMKEITSPRÜFUNG DES ANALYSE- UND NEUGESTALTUNGSPROZESSES ............................................................................127

5.1 WIRKUNGEN LOGISTISCHER NEUGESTALTUNGSPROZESSE......................................127

5.1.1 Leistungswirkungen..................................................................................127

5.1.2 Kostenwirkungen.......................................................................................130

5.1.3 Bestandswirkungen ...................................................................................133

5.1.4 Personelle und organisatorische Wirkungen.........................................134

5.1.5 Wettbewerbs- und Rentabilitätswirkungen ...........................................136

5.2 EFFEKTIVITÄT DES NEUGESTALTUNGSPROZESSES....................................................139

6 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK..............................................................143

7 LITERATURVERZEICHNIS........................................................................................147

8 ANHANG ........................................................................................................................157

8.1 FRAGEBOGEN IST-ANALYSE .....................................................................................157

8.2 FRAGEBOGEN LOGISTISCHE PROZESSANALYSE .......................................................161

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Inhaltsverzeichnis

IV

8.2.1 Allgemeine prozessübergreifende Themen ...........................................161

8.2.2 Beschaffungslogistik ..................................................................................163

8.2.3 Produktionslogistik....................................................................................166

8.2.4 Distributionslogistik ..................................................................................168

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Abbildungsverzeichnis

V

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Entwicklung der Logistikkonzeption ................................................................3

Abbildung 2: Querschnittsfunktion der Logistik in der Wertschöpfungskette ......................4

Abbildung 3: Aufbau und Verlauf der Arbeit ........................................................................8

Abbildung 4: Ablaufschema der durchzuführenden Analysen mit den beteiligten Unternehmen ..................................................................................................10

Abbildung 5: Allgemeine Merkmale der empirischen Basis .................................................15

Abbildung 6: Größen- und Erfolgsmerkmale der analysierten Unternehmen .....................19

Abbildung 7: Merkmale und Ausprägungen der Logistikvariabilität der analysierten Unternehmen ..................................................................................................21

Abbildung 8: Merkmale und Ausprägungen der Umweltdynamik der analysierten Unternehmen ..................................................................................................23

Abbildung 9: Verteilung der analysierten Unternehmen nach den Ausprägungen der Variabilität und Dynamik der Umweltbedingungen .....................................24

Abbildung 10: Merkmale und Ausprägungen der Logistikkompetenz der analysierten Unternehmen ..................................................................................................26

Abbildung 11: Überblick verbreiteter Logistikbegriffe in der Literatur..................................33

Abbildung 12: Qualitätsbegriff ...............................................................................................37

Abbildung 13: Entwicklungsphasen der Logistikkonzeption .................................................39

Abbildung 14: Komponenten der Unternehmenslogistik .......................................................41

Abbildung 15: Gestaltungsmerkmale der Unternehmenslogistik...........................................42

Abbildung 16: Logistikprozesse und die durch sie bewirkte Gütertransformation ................45

Abbildung 17: Potenzialfaktoren zur Erschließung von Logistikqualität in industriellen Produktionsunternehmen ...............................................................................47

Abbildung 18: Methoden zur Ermittlung von Kundenanforderungen an die Logistikqualität ...............................................................................................52

Abbildung 19: Haupteinflussfaktoren zur Entscheidungsunterstützung für die Initiierung von Qualitätsprogrammen in der Logistik ..................................53

Abbildung 20: Einschätzung der Erreichung der geforderten Logistikqualität durch Kunden und Lieferanten .................................................................................54

Abbildung 21: Einschätzung der Erfüllung logistischer Leistungen durch Kunden und Lieferanten ......................................................................................................55

Abbildung 22: Kaufentscheidende Faktoren für den Kunden.................................................56

Abbildung 23: Vor- und Nachteile der DIN ISO 9000ff. Normenreihe und des European Quality Award................................................................................................59

Abbildung 24: Kriterien des EQA ..........................................................................................60

Abbildung 25: Beispiel einer Prozess-FMEA für eine logistische Leistungserstellung .........64

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Abbildungsverzeichnis

VI

Abbildung 26: House of Quality .............................................................................................66

Abbildung 27: Anlässe der untersuchten Unternehmen zur Analyse und Neugestaltung von Versorgungsketten ...................................................................................70

Abbildung 28: Formalzielkategorien der Neugestaltung von Versorgungsprozessen ...........71

Abbildung 29: Beispiele logistischer Leistungen der Potenzial-, Prozess- und Ergebnisdimension..........................................................................................74

Abbildung 30: Matrix zur Ermittlung logistikspezifischer Qualitätsmerkmale ....................76

Abbildung 31: Übersicht logistikspezifischer Qualitätsmerkmale der Potenzialdimension...78

Abbildung 32: Übersicht logistikspezifischer Qualitätsmerkmale der Prozessdimension......81

Abbildung 33: Übersicht logistikspezifischer Qualitätsmerkmale der Ergebnisdimension....82

Abbildung 34: Standardisierter Fragebogen zur Prozessanalyse ...........................................84

Abbildung 35: Schema des Leitfadens zur Erhöhung der Logistikqualität in Versorgungsketten ..........................................................................................86

Abbildung 36: Produktbezogene Neugestaltungsmaßnahmen...............................................90

Abbildung 37: Materialflussbezogene Neugestaltungsmaßnahmen ......................................91

Abbildung 38: Informationsflussbezogene Neugestaltungsmaßnahmen................................95

Abbildung 39: Produktionsstrukturbezogene Neugestaltungsmaßnahmen...........................99

Abbildung 40: Neugestaltungsmaßnahmen des Potenzialfaktors „Logistikorganisation“ ..102

Abbildung 41: Zentralbereich Logistik in einer funktionalen Organisation........................103

Abbildung 42: Teilzentralisierung der Logistik in einem Funktionsbereich ........................104

Abbildung 43: Koordinierender Zentralbereich Logistik in einer objektorientierten Organisation .................................................................................................105

Abbildung 44: Funktionale Teillogistiken in einer funktionalen Organisation ...................105

Abbildung 45: Logistik als Netzwerk-Organisation mit funktionsübergreifenden Kollegien........................................................................................................106

Abbildung 46: Neugestaltungsmaßnahmen des Potenzialfaktors „personelle Ressourcen“109

Abbildung 47: Komponenten von Neugestaltungsprozessen ...............................................113

Abbildung 48: Phasenmodell zur Implementierung von Neugestaltungsprozessen............116

Abbildung 49: Leistungswirkungen .....................................................................................128

Abbildung 50: Kostenwirkungen ..........................................................................................131

Abbildung 51: Personelle und organisatorische Wirkungen ................................................135

Abbildung 52: Wettbewerbswirkungen ................................................................................138

Abbildung 53: Gesamtzielerreichungsprofil des durchgeführten logistischen Neugestaltungsprozesses ..............................................................................140

Abbildung 54: Wirksamkeitsprüfung der wichtigsten Ziele des durchgeführten logistischen Neugestaltungsprozesses ..........................................................141

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Abkürzungsverzeichnis

VII

Abkürzungsverzeichnis

Abb. Abbildung(en)

Bd. Band

bearb. v. bearbeitet von

bzw. beziehungsweise

CA computer aided

CAQ computer aided quality assurance

CIL computer integrated logistics

CIM computer integrated manufacturing

CIQ computer integrated quality assurance

d.h. das heißt

DFÜ Datenfernübertragung

DIN Deutsche Industrienorm

DM Deutsche Mark

EBM-Industrie Eisen-, Blech- und Stahl verarbeitende Industrie

EDV elektronische Datenverarbeitung

EFQM European Foundation For Quality Management

EQA European Quality Award

et al. et alii

FMEA Fehlermöglichkeits- und -Einflussanalyse

f. (ff.) folgende Seite(n)

FIFO first-in-first-out

Hrsg. Herausgeber

hrsg. v. herausgegeben von

i.d.R. in der Regel

Inc. Incorporated

Incoterms International Commercial Terms

IV Informationsverarbeitung

KU Kapitalumschlagsfaktor

KVP kontinuierlicher Verbesserungsprozess

Mio. Million(en)

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Abkürzungsverzeichnis

VIII

Mrd. Milliarde(n)

o.ä. oder ähnliches

o.J. ohne Jahr

PPS Produktionsplanung und –steuerung

QFD Quality Function Deployment

ROI Return on investment

RPZ Risikoprioritätszahl

S. Seite

SPC Statistische Prozesskontrolle

TPM Total Productive Maintenance

TQM Total Quality Management

u.a. unter anderem

usw. und so weiter

v.a. vor allem

VDA Verband Deutscher Automobilindustrie

vgl. vergleiche

z.B. zum Beispiel

ZfB Zeitschrift für Betriebswirtschaft

ZfbF Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung

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1 Einführung

1

1 Einführung

1.1 Logistische Qualität als strategischer Wettbewerbsfaktor

In Zeiten der zunehmenden globalen Vernetzung von Märkten sind Unternehmen zur Sicherung oder Stärkung ihrer Wettbewerbsposition gezwungen, zusätzliche Wettbewerbsvorteile durch Verbesserung ihres Leistungsangebots zu erlangen. Durch den hohen Grad an technischer Produktqualität kommt der mit den Produk-ten verbundenen logistischen Leistung eine wachsende Bedeutung als Differenzie-rungsmerkmal am Markt zu.1

Hierzu trägt zum einen der Trend zur Verringerung der Fertigungstiefe in vielen Industrieunternehmen durch verstärkte Vergabe von Fertigungsumfängen an Zulie-ferer bei.2 Durch die Verringerung der Anzahl der Zulieferer und der damit verbun-denen intensiveren logistischen Integration gewinnen Lieferqualität sowie Termin- und Mengentreue erhöhte Bedeutung. Zusammen mit der Erhöhung von Schnittstel-len durch zunehmendes Einkaufen von logistischen Leistungen entstehen Reibungs-verluste, die sowohl der logistischen Leistungsfähigkeit und der Produktqualität als auch der Wirtschaftlichkeit wiederum entgegenwirken. Das Zusammenwirken von Logistik und Qualitätsmanagement verdient daher besondere Aufmerksamkeit.

Eine weitere wichtige Entwicklung ist die allgemeine Liberalisierung und Globalisie-rung der internationalen Beschaffungsmärkte (z.B. EU-Binnenmarkt) bzw. das Wachstum der grenzüberschreitenden Wirtschaftsräume. Die logistischen Anforde-rungen steigen durch längere Anlieferwege, die zusätzlich zeitaufwendiger und hin-sichtlich der zeitlichen Planbarkeit unsicherer sind. Durch die wachsende Entfernung sind in der Regel auch mehr Transaktionspartner beteiligt und es müssen eventuell verschiedene Verkehrsträger koordiniert eingesetzt werden. Der gestiegene Transak-tionsaufwand beim Global Sourcing,3 um die weltweit unterschiedlichen Formalitä-ten und Auftragsabwicklungsprinzipien in Einklang zu bringen sowie die fehlende Standardisierung des Ablaufs im Vergleich zum National Sourcing, betont die Be-deutung der Qualität4 informationslogistischer Vorgänge.5 Die im Vergleich zum Hochlohnland Deutschland personalbedingt niedrigeren Produktionskosten im Aus-land und die zunehmende strategische Bedeutung der lokalen Präsenz durch Wert-schöpfung in den wichtigsten Absatzmärkten führen auch zu komplexeren Versor-gungsstrukturen für ausländische Tochterunternehmen und Produktionsstätten. Die Zulieferstrukturen müssen in dem jeweils betroffenen Land erst geschaffen werden und bei technologieärmeren Ländern Versorgungsmöglichkeiten konzipiert werden für Teile, die am lokalen Markt nicht verfügbar sind.

1 Im Gegensatz zu Produkt- und Produktionstechnologien kann logistische Kompetenz von Wettbewerbern nur sehr schwer imitiert werden. Vgl. Wildemann (1992), S.321. 2 So sank die Fertigungstiefe in der deutsche Automobilindustrie im Durchschnitt von 43% (1980) auf 36,1% (1991). Vgl. Womack/Jones/Roos (1992), S.31. 3 Unter Global Sourcing wird die durch die Liberalisierung der internationalen Beschaffungsmärkte induzierte systematische Ausweitung der Zulieferquellen über Landesgrenzen hinweg bezeichnet. 4 Informationslogistische Vorgänge mit hoher Qualität zeichnen sich u.a. durch Standard-Protokolle zur Kom-munikation, kurze Informationsdurchlaufzeiten und die elektronische Verarbeitung von Daten aus. 5 Vgl. Becker, Rosemann (1992), S.44f.

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1 Einführung

2

Mit der Entwicklung und Verbreitung neuerer Qualitätsmanagement-Ansätze wie z.B. dem Total Quality Management (TQM), hat sich die Auffassung durchgesetzt, dass alle unternehmerischen Prozesse, also auch Querschnittsfunktionen wie Logis-tik, in eine Qualitätsbetrachtung einbezogen werden müssen. Als zentrale Manage-mentaufgabe gewinnt Qualitätsmanagement in Bezug auf Prozesse somit an Bedeu-tung.

Die Gesamtleistung von Unternehmen in einer Wettbewerbssituation ist gekenn-zeichnet durch das Produkt und den damit verbundenen Service. Diese Leistung dif-ferenziert sich im Wesentlichen durch die Attribute Preis, Qualität und Zeit. Profilie-rung ist aufgrund der technisch stark ausgereiften Produkte und dem harten Preiswettbewerb verstärkt in Bezug auf begleitende Serviceleistungen möglich.6 Das Leistungsangebot im Hinblick auf Qualität, Preis und Logistikleistung bietet daher im Bereich der logistischen Leistung von Unternehmen ein hohes Verbesserungspo-tenzial. Die Notwendigkeit, die bisher betrachteten technischen Qualitätsmerkmale um logistische Größen zu erweitern, liegt nahe.

1.2 Problembereiche im Rahmen des Qualitätsmanagements logistischer Leistun-gen

Nach der Bildung und Etablierung der Funktion Logistik seit ca. 1970 hat diese un-terschiedliche Ausprägungen erfahren. Im Gegensatz zur Produktqualität erfolgte zeitweise eine Vernachlässigung der Querschnittsfunktion Logistik, vor allem im Hinblick auf die methodische Durchdringung. Es entstanden eine Vielzahl von An-sichten, Konzeptionen, Planungsabläufen, Methoden und organisatorischen Abläu-fen, die weder unternehmenseinheitlich oder –übergreifend noch effizient waren, durch eine Vielzahl redundanter Arbeiten und unklare Schnittstellen und Kompe-tenzen. Somit entstand ein uneinheitliches Außenbild vor allem gegenüber Lieferan-ten.7 Gleichzeitig spiegeln sich die unterschiedlichen Auslegungen des Bedeutungsinhaltes der Logistik in dem in der Literatur anzutreffenden Spektrum an Konzeptionen wider (siehe Abbildung 1). Im Zuge der weltweiten Verbreitung ver-schiedener Managementkonzeptionen und Qualitätsmanagementansätze zur Steige-rung der Wettbewerbsfähigkeit von Produktionsunternehmen wie Business Reengi-neering, Total Quality Management oder Lean Management, deren begleitende Methoden und Lösungsansätze ihren konzeptionellen Ursprung in der Prozessorien-tierung und somit in der Logistik haben, hat wieder eine Institutionalisierung von Logistikfunktionen in eigenständigen Organisationseinheiten durch die Konzentrati-on auf wesentliche Querschnittsfunktionen stattgefunden. Zusammen mit der Ein-führung rechnergestützter Produktionsplanungs- und Steuerungssysteme, der Reali-sierung von intra- und interorganisatorischer Just-In-Time Konzepte,8 der zunehmenden Bedeutung des Supply Chain Managements und der Implementie-rung von Logistik-Controlling-Systemen9 konnten wesentliche Bestands- und Pro-duktivitätseffekte erzielt werden.

6 Vgl. Strauss (1995), S.26. 7 Diese Aussagen beruhen auf den Beobachtungen des Verfassers in kooperierenden Automobilunternehmen im Rahmen dieser Arbeit. 8 Vgl. beispielsweise Wildemann, H. (1992) und Zibell, R.M. (1990). 9 Vgl. Weber, J. (1991).

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1 Einführung

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Abbildung 1: Entwicklung der Logistikkonzeption

Die erreichten Ergebnisse zeigten auch Potenziale in der weiteren Reorganisation und Neugestaltung des Qualitätsmanagements von Logistiksystemen auf. Noch im-mer können Produktionsunternehmen angetroffen werden, bei denen Durchlauf- und Wiederbeschaffungszeiten ein Vielfaches der Lieferzeiten ausmachen, die reinen Wertschöpfungszeiten ein Anteil an der gesamten Durchlaufzeit von unter 15% auf-weisen, das im Umlaufvermögen gebundene Bestandsvolumen wertmäßig über dem Anlagekapital liegt und der Lieferservice trotz hoher Fertigwarenbestände unzurei-chend ist.10 Auch spiegelt bis heute die logistische Planung selten den durchgängigen Charakter der Querschnittsfunktion Logistik wider: von der Bestellung eines Pro-dukts durch den Endkunden bis zur Auslieferung an diesen bzw. bis zur Entsorgung (siehe Abbildung 2).

10 Vgl. Hadamitzky (1995), S. 5f.

Zeit

Fok

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erLo

gist

ikko

nzep

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Produkt- undTechnologiebezug

Funktionaler Aufgabenkomplex

AufbauorganisatorischeStrukturierung

Managementansätze

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1 Einführung

4

Logistikprozesse

Kundenauftrags-abwicklung

Produkt-entwicklung

und Planung

ProduktionBeschaffung Distribution EntsorgungBestellwesen

Abbildung 2: Querschnittsfunktion der Logistik in der Wertschöpfungskette

In einem auffallenden Gegensatz zur Bedeutung des logistischen Qualitätsmanage-ments steht der erreichte Grad der wissenschaftlichen Durchdringung logistischer Qualitätsmanagementansätze. Zwar existieren einschlägige Forschungsarbeiten ebenso wie Erfahrungsberichte aus der Unternehmenspraxis, die verschiedene Kon-zepte zur Einführung von kontinuierlicher Qualitätsverbesserung und zur Erhöhung der Unternehmensqualität11 aufzeigen, doch liegen im Hinblick auf eine geschlosse-ne, theoretisch fundierte Konzeption des logistischen Qualitätsmanagements bislang nur sehr unvollständige Erkenntnisse vor.

Die Forschungsdefizite lassen sich auf zwei zentrale Problemfelder zurückführen:

A) Mangelnde inhaltliche Konkretisierung des Qualitätsbegriffs in der betriebs-wirtschaftlichen Logistikkonzeption

Trotz intensiver Auseinandersetzung fehlen theoretisch fundierte und empirisch ab-gesicherte Aussagen über die Beurteilbarkeit der Qualität von Logistikprozessen und die Bedeutung der Qualität in der Logistik ist noch immer nicht hinreichend präzi-siert.12 Es fehlt auch eine theoretisch fundierte Betrachtung der Korrelation der logis-tischen Planungsfunktion mit vorhandenen Logistikkonzeptionen im Rahmen der bestehenden Ansätze des Qualitätsmanagements. Vielfach beschränkt sich die Ges-taltung des Qualitätsmanagements auf Teilbereiche der Unternehmenslogistik be-dingt durch die organisatorische Ausrichtung oder es werden technische Rationali-sierungspotenziale einzelner Logistikprozesse abgeleitet. Mit der Einführung logisti-scher Qualitätsmanagement-Prinzipien ist eine Neuordnung des gesamten logistischen Systems verbunden, die sowohl die Optimierung intra- und interorgani-satorischer Material- und Informationsflussprozesse13 als auch die logistikorientierte Ausrichtung der wertschöpfungsbestimmenden Einflussgrößen der Innovationskette

11 Vgl. z.B. Wildemann (1993). 12 Gallasch, A. (1994). 13 Vgl. Pfohl (1994): Pfohl betont die Notwendigkeit der starken Verknüpfung der Informations- und Güterflüsse zur Beschleunigung des Gesamtprozesses in der Logistikkette als langfristige Aufgabe zur Gewährleistung der Wettbewerbsfähigkeit unternehmensübergreifender Logistiksysteme.

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zum Inhalt hat.14 So führt mangelnde Qualitätsbetrachtung der Logistikplanung im Produktentstehungsprozess zu erheblichem Mehraufwand in späteren Phasen. Durch intransparente intra- und interorganisatorische Zusammenhänge der Qualität in Logistikprozessen bleiben vorhandene Potenziale ungenutzt.

B) Defizite in der methodischen Erschließung der intra- und interorganisatori-schen Logistikkonzeption in Qualitätsmanagementansätzen

Obgleich sich Produktionsunternehmen in den vergangenen Jahren mit der Imple-mentierung von Qualitätsmanagementansätzen in der Logistik beschäftigt haben, sind wichtige Fragestellungen aus methodischer Sicht nicht abschließend geklärt. So existieren vorerst nur einzelne logistische Qualitätsmethoden zur Unterstützung der verschiedenen Aufgaben über die Lebenszeit eines Produktes von der Idee bis zur Serienproduktion. Diese stellen keine vollständige Abdeckung des gesamten Logis-tikprozesses dar und beziehen sich nur auf ein Unternehmen oder einen Teilbereich des Unternehmens.

Technische Qualität oder auch Produktqualität wird stark durch methodische Unter-stützung erreicht. Der Aspekt, durch frühzeitiges präventives Handeln Fehler zu vermeiden, wird in hohem Maße von einer Vielzahl von Methoden unterstützt. Ge-nerell herrscht aus der Fachsicht „Logistik“ ein Mangel an methodischer Unterstüt-zung zur Prozessabsicherung. Die offensichtlichen Forschungsdefizite in der Beurtei-lung der Qualität logistischer Leistung werden dadurch verdeckt, dass in erster Linie die Übertragbarkeit der vorhandenen Qualitätsmethoden aus der technischen Quali-tätssicht auf die logistische Dimension in den Mittelpunkt der theoretischen Diskus-sion gestellt wird. Jedoch ist der präventive Charakter vorhandener Methoden nur bedingt gewährleistet, da sich die Ausrichtung einseitig auf die Vorhersage von Trends konzentriert. Diese (Schein-) Prävention ermöglicht nur frühzeitige Reaktion, jedoch keine Fehlervermeidung.15 Methoden aus der Produktqualitätssicherung sind mit Einschränkungen prinzipiell übertragbar, offen ist, ob nicht für die Logistik-qualität eigens entwickelte Methoden zielführender wären. Die Qualität der zu Grunde liegenden Daten vermisst in der Logistik den objektiven Charakter einer physikalischen Werkstückabmessung und die freie Bestimmbarkeit der Ermittlungs-frequenz des Datums.

1.3 Ziel und Darstellung des Forschungsvorgehens

Vor dem Hintergrund der aufgezeigten Problemfelder wird im Rahmen der vorlie-genden Arbeit eine zweifache Zielsetzung verfolgt: Zum einen soll die Bedeutung von Logistikqualität in Versorgungsprozessen ausgerichtet an Kundenanforderun-gen präzisiert werden. Darauf basierend sollen Potenzialfaktoren identifiziert wer-den, die den Handlungsbedarf aufzeigen. Diese dienen als Grundlage, um Hinweise zur Gestaltung der eigentlichen Herausforderung – der Neuordnung der Unterneh-menslogistik nach logistischen Gesichtspunkten – zu liefern. Es werden z.B. logisti-sche Problemlösungen vielfach durch neue EDV-Lösungen kompensiert, anstatt Lo-gistik als ganzheitliches, zeit- und kundenorientiertes Denken über alle Hierarchiestufen und in sämtlichen Funktionen der Wertschöpfungs- und Innovati-

14 Vgl. Hadamitzky (1995), S. 6. 15 Vgl. Engelke (1997), S.266ff: Qualitätskontrolle logistischer Dienstleistungen mit Statistical Process Control.

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onskette zu verstehen.16 Zum Zweiten soll ein empirisch fundierter Leitfaden entwi-ckelt werden, mit dem eine systematische Analyse realer logistischer Abläufe mög-lich ist. Ziel ist es dabei, die neu gestalteten Prozesse streng nach den Kundenanfor-derungen auszurichten. Der Blickwinkel wird hier von der Erhöhung der Effizienz der operativen Ebene um die strategische Dimension der Effektivität erweitert.17

Zur Umsetzung der Forschungskonzeption wird eine mehrstufige Vorgehensweise gewählt (vgl. Abbildung 3).

Im Anschluss an dieses einleitende Kapitel, in dem die strategische Bedeutung der logistischen Qualität, die Problembereiche im Rahmen des Qualitätsmanagements logistischer Leistungen, das Ziel der Arbeit und die Vorgehensweise dargestellt wer-den und die Forschungskonzeption charakterisiert wird, soll das zweite Kapitel den aktuellen Zustand der in dieser Arbeit einbezogenen Unternehmen widerspiegeln. Dabei werden neben allgemeinen Angaben zu den Unternehmen zum Nachweis des repräsentativen Querschnitts insbesondere die Logistikkomplexität und Logistik-kompetenz der Unternehmen betrachtet.

Das dritte Kapitel soll zur inhaltlichen Klärung des im Rahmen dieser Arbeit verfolg-ten Qualitäts- und Logistikverständnisses beitragen. Denn obwohl sich Qualitätsma-nagement in der Unternehmenslogistik nicht zuletzt wegen des hohen Produktivi-täts- und Wettbewerbspotenzials in relativ kurzer Zeit etabliert hat, bestehen sowohl in der Theorie als auch in der betrieblichen Praxis noch immer unterschiedliche Vor-stellungen über dessen Inhalt und Umfang. Aus diesem Grund werden, ausgehend von einer knappen Zusammenfassung der gebräuchlichsten Qualität- und Logistik-definitionen, die Komponenten des in dieser Arbeit zu Grunde liegenden Logistik-systems erarbeitet. Ausgehend von den im vorherigen Abschnitt durchgeführten Ist-Analyse werden Potenzialfaktoren zur Erschließung der Logistikqualität in indus-triellen Produktionsunternehmen abgeleitet. Die inhaltliche Konkretisierung des lo-gistischen Systems und der Qualitätsanforderungen erfolgt aus der Perspektive von Produktionsunternehmen. Daher gelten die gewonnenen Aussagen in erster Linie für Unternehmen, deren operative Kernprozesse durch die Transformationsfunktion der Produktion bestimmt werden. Analogien zu Unternehmen, deren betrieblicher Hauptzweck in der Organisation und Durchführung logistischer Leistungen für Drit-te besteht oder die dem Handel angehören, sind grundsätzlich vorstellbar, aber nicht Gegenstand dieser Arbeit. Des Weiteren werden im dritten Abschnitt in der Literatur bestehende logistische Qualitätsmanagementansätze und -Methoden diskutiert und auf deren Verwendbarkeit für die Problemstellung dieser Arbeit untersucht.

Im Vordergrund des vierten Kapitels steht die datengestützte Prozessanalyse der Versorgungsketten der repräsentativen Unternehmen. Dieses Kapitel stellt den Kern des Leitfadens zur Steigerung der Logistikqualität dar. Dazu wird nach der Diskus-sion der Motivation und Ziele der Analyse und Neugestaltung von Versorgungsket-ten, ein Fragebogen zur Logistischen Prozessanalyse abgeleitet, der dem im vorheri-gen Kapitel adressierten Anspruch an ein logistisches Qualitätsmanagementsystem gerecht wird. Dieser basiert auf kundenorientierten Qualitätsmerkmalen logistischer Leistungen. Ergebnis der durchgeführten Prozessanalyse sind Maßnahmenbündel,

16 Vgl. Bowersox et al. (1986), S.15: “The challenge for the coming decades is to develop new ways of satisfying logistical requirements, not simply using technology to perform old ways more efficiently.” 17 Zur Notwendigkeit der strategischen Ausrichtung der Logistik vgl. Weber (1990), S.978f.

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die zusammengefasst den Potenzialfaktoren zugeordnet werden können. Dadurch ist stets die Beziehung zu den Wirkungsfeldern der Qualitätsmerkmale transparent. Des Weiteren beschäftigt sich der vierte Abschnitt mit dem Umsetzungs- und Neugestal-tungsprozess, der durch die Bildung von Maßnahmenpaketen erforderlich wird. Da-bei soll ein Beitrag zur Steigerung der Logistikqualität mittels des erarbeiteten Leit-fadens durch Analyse und Neugestaltung von Versorgungsketten geleistet werden.

Das fünfte Kapitel beurteilt die Wirkungen und Effektivität der umgesetzten Analy-se- und Neugestaltungsprozesse. Die Effektivität des angewandten Leitfadens wird anhand des Grades der Zielerreichung überprüft. Es soll der Nachweis erbracht wer-den, dass der entwickelte Leitfaden geeignet ist, als Basismethode des Qualitätsma-nagements zur Analyse und Neugestaltung von Versorgungsketten nach logistischen Prinzipien verwendet zu werden.

Im sechsten Kapitel werden die Ergebnisse der Arbeit zur Steigerung der Logistik-qualität in Versorgungsketten zusammengefasst. Die aus den theoretischen Erkennt-nissen sowie den empirischen Befunden abgeleiteten Ergebnisse bieten eine empi-risch fundierte Grundlage für eine weitere theoretische Auseinandersetzung mit dem Qualitätsmanagement in der Logistik und sind als Beitrag zur Entwicklung einer be-triebswirtschaftlichen Theorie zur Rationalisierung von Logistiksystemen anzusehen.

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Abbildung 3: Aufbau und Verlauf der Arbeit

1 Einführung

4 Leitfaden zur Analyse und Neugestaltung von Versorgungsketten

Aufbau der Arbeit

6 Zusammenfassung und Ausblick

• Allgemeine Angaben• Logistikkomplexität • Logistikkompetenz• Kritische Würdigung der Rahmenbedingungen

3 Logistikqualität im System indust-rieller Produktionsunternehmen

5 Wirksamkeitsprüfung des Analyse- und Neugestaltungsprozesses

• Zusammenfassung der Ergebnisse und kritische Würdigung

• Begriffe und theoretische Grundlagen• Logistiksystem industrieller Produk-tionsunternehmen

• Potenzialfaktoren zur Erschließung derLogistikqualität in industriellen Produk-tionsunternehmen

• Logistische Qualitätsmanagement-ansätze in der Literatur

2 Ist-Analyse der Logistik reprä-sentativer Unternehmen

• Anlässe und Ziele der Analyse und Neugestaltung von Versorgungsketten• Qualitätsmerkmale logistischer Leistungen• Prozessanalyse der Logistikqualität repräsentativer Unternehmen• Maßnahmen zur Neugestaltung von Versorgungsketten• Umsetzungs- und Neugestaltungsprozess

• Bedeutung der logistischen Qualität• Problemstellung• Ziel und Darstellung des Forschungsvorgehens• Forschungsmethodik und Ablauf der Analyse

• Wirkungen logistischer Neugestaltungsprozesse• Effektivität des Neugestaltungsprozesses

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1.4 Forschungsmethodik und Ablauf der Analyse

Ausgehend von dem im Rahmen dieser Arbeit verfolgten Erkenntnisziels steht die empirische Fundierung des zu entwickelnden Leitfadens im Mittelpunkt der daten-analytischen Komponente. Hierdurch soll zum einen die Leistungsfähigkeit über-prüft werden, zum anderen wird durch die Konfrontation mit realen Projekten die Absicht verfolgt, die Aussagekraft des entwickelten Systems sicherzustellen. Insbe-sondere sollen empirisch abgesicherte Erkenntnisse über Ziele, Kontext, Gestaltungs-formen, Ergebniswirksamkeit und die prozessualen Dimensionen der Analyse und Gestaltung von Versorgungsketten in das Forschungsprojekt einbezogen werden. Dazu wird in dieser Arbeit ein Leitfaden entwickelt, der qualitative Aussagen über Potenzialfaktoren in der Zulieferindustrie eines kooperierenden Automobilherstel-lers aufdecken soll. Zum Ende der Arbeit werden Fragen zur Wirksamkeitsprüfung gestellt. Dazwischen liegt ein Zeitraum von 12 bis 18 Monaten zur Umsetzung der in dieser Arbeit entwickelten Maßnahmenpakete. Die mit den beteiligten Unternehmen durchzuführenden Analysen folgen dem Schema in Abbildung 4. Es ähnelt einem Regelkreis, der mit der Ermittlung des Status quo in Form einer Ist-Analyse und Ab-frage der Anlässe und Ziele beginnt (a, b). Aus diesem Zustand werden zunächst Potenzialfaktoren identifiziert und die Anforderungen aus Kundensicht in Form von Qualitätsmerkmalen spezifiziert. Im nächsten Schritt (c, d) werden mittels einer Pro-zessanalyse der Erfüllungsgrad logistischen Qualitätsmerkmale Vor-Ort bei den ko-operierenden Unternehmen ermittelt, um daraus Verbesserungspotenziale abzulei-ten. Darauf folgend (e, f) werden nach einer Ursachenanalyse Maßnahmen abge-leitet, sinnvoll gebündelt und mittels Projektarbeit umgesetzt. Idealerweise erschließen die Maßnahmen die vorher identifizierten Potenzialfaktoren. Die Wirk-samkeit der Maßnahmen wird im letzten Schritt (g) nochmals anhand der ursprüng-lichen Zielsetzung überprüft. Im Sinne der kontinuierlichen Verbesserung kann der Regelkreis sich hier schließen und der Prozess neu angestoßen werden.

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Abbildung 4: Ablaufschema der durchzuführenden Analysen mit den beteiligten Unternehmen

Da sich die empirisch-betriebswirtschaftliche Forschung – aufgrund des starken Ein-flusses der Sozialwissenschaften – mittlerweile durch eine konzeptionelle und me-thodische Vielfalt auszeichnet, ist es zwingend notwendig, die gewählte Methodik und die hiermit verbundenen Grundsatzentscheidungen zu konkretisieren. Bei der Festlegung der Forschungskonzeption ist ferner zu berücksichtigen, dass die Ge-samtheit der aktuell verfügbaren theoretischen und empirischen Erkenntnisse kein homogenes Wissensreservoir zur Verfügung stellt, aus dem prüfungsfähige Hypo-thesen über Einflussgrößen, Ausprägungsformen sowie Wirkungsdimensionen der Analyse und Gestaltung von Versorgungsketten abgeleitet werden können. Kenn-zeichnend für ein derartiges exploratives Vorgehen ist, dass die gewonnen Erkennt-nisse einen hypothetisch-spekulativen Charakter aufweisen und grundsätzlich nur für den untersuchten Ausschnitt der Realität gelten, so dass kein Anspruch auf All-gemeingültigkeit abgeleitet werden kann.18 Außer diesem Nachteil weist die explora-tive Vorgehensweise jedoch den wesentlichen Vorteil auf, dass sich Primärerfahrun-gen des Forschers unmittelbar in den Forschungsprozess einbeziehen lassen. Demnach können gedankliche Konzepte aus der Beobachtung der Realität unmittel-bar in den Erkenntnisprozess eingebracht und gleichzeitig an der Realität überprüft werden. Diese Interaktion zwischen Theorie und Praxis ist bedeutend, denn „ein theoretisches Gedankengebäude mag so intelligent und ideenreich sein wie es nur kann, wissenschaftlich und praktisch akzeptabel wird es erst durch die Bewährung im empirischen Test und schließlich in der praktischen Anwendung.“19 Dies erfolgt

18 Zu den Merkmalen der Explorationsstrategie im Rahmen der empirischen Forschung vgl. Müller-Böling (1992), S.1494 und Kubicek (1975), S38f und S.105. 19 Vgl. Witte (1981), S.17.

a) Ist-Analyse des Unternehmensdurch Selbstauskunft

b) Abfrage der Anlässe und Ziele zurNeugestaltung von Versorgungsprozessen

c) Prozessanalyse basierendauf Standard-Fragenkatalog

d) Identifikation von Verbesserungspotenzialen je nach Erfüllungsgrad der den Fragen zuGrunde liegenden Qualitätsmerkmalen

e) Ursachenanalyse, Ableitungund Bündelung von Maßnahmen

f) Definition von Projekten zurUmsetzung von Lösungsalternativen

g) Überprüfung der Wirksamkeitder eingeleiteten Maßnahmen

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in vorliegender Arbeit nach der Prozessanalyse der einzelnen mitwirkenden Unter-nehmen mit einem standardisierten Fragebogen, der den Erfüllungsgrad der Rah-menbedingungen oder Anforderungen aus Kundensicht – also aus Sicht der Monta-ge des Automobilherstellers – in Form von Qualitätsmerkmalen auswertet. Die abzu-leitenden Maßnahmen werden gebündelt und den erarbeiteten Potenzialfaktoren zugeordnet (siehe Abbildung 4).

Als weitere Grundsatzentscheidung ist die Methodik der empirischen Untersuchung festzulegen. Diese kann nach dem Ausmaß der Beeinflussungsmöglichkeiten des Forschers in aktive und passive Verfahrensalternativen unterteilt werden.20 Im Rah-men dieser Arbeit wird im Hinblick auf die Problemstellung eine Mischform ange-wandt. Mit der ersten Befragung (Ist-Analyse) wird zum einen das passive Verfahren angewandt, zum anderen wird mit der Prozessanalyse durch die direkte Beteiligung des Verfassers an der Analyse der mitwirkenden Unternehmen auch das aktive Ver-fahren praktiziert. Den aktiven empirische Forschungsmethoden mit den Ausprä-gungen Aktionsforschung, Labor- und Feldexperiment kommt – wie Beispiele der Aktionsforschung zeigen – in der Betriebswirtschaftslehre eine wachsende Bedeu-tung zu.21 Diese Forschungskonzeption setzt eine (mit-) gestaltende, aktive Teilnah-me des Forschers am gesamten Analyse- und Gestaltungsprozess voraus. Zu den passiven empirischen Forschungsmethoden zählen Fallstudien oder unterschiedliche Formen der vergleichenden Feldstudie.22 Fallstudien beschränken sich auf die Samm-lung und Auswertung von Daten einzelner Untersuchungsobjekte. Diese verfügen aufgrund der Möglichkeit zu einer intensiven Auseinandersetzung mit den jeweili-gen Analysefällen über ein hohes exploratives Potenzial und eignen sich daher vor allem zur Vorbereitung umfangreicher Forschungsvorhaben.23 Ihre Aussagefähigkeit wird durch die mangelnde Vergleichbarkeit von mehreren Fallbeispielen mit einem singulären Kontext eingeschränkt. Im Gegensatz hierzu beinhalten vergleichende Feldstudien die Analyse unterschiedlicher Untersuchungsobjekte zu einem Zeit-punkt (Querschnittsanalyse) oder zu unterschiedlichen Zeitpunkten (Längsschnitt-analyse).24 Dabei erweist sich speziell die Querschnittsanalyse als eine den For-schungsprozess unterstützende Forschungskonzeption, weil sie eine zeitpunktbezo-gene Bestandsaufnahme verschiedener Analyse- und Gestaltungsprozesse auf der Grundlage einer einmaligen Datenerhebung ermöglicht und damit lediglich eine zeitlich begrenzte Kooperation mit den zu analysierenden Unternehmen voraussetzt. Um allerdings die im Rahmen von Analyse- und Gestaltungsvorhaben auftretende zeitliche Differenz zwischen Realisierung und Wirkung und die unterschiedlichen Ausprägungen des Veränderungsprozesses abbilden zu können, muss die Quer-schnittsanalyse bei spezifischen Fragestellungen in Richtung einer unechten multip-len Längsschnittanalyse erweitert werden. Als unechte Längsschnittanalysen werden Untersuchungen bezeichnet, „in denen zwar nur eine Erhebung durchgeführt wird, sich die Befragung jedoch nicht nur auf den gegenwärtigen Zustand, sondern auch

20 Vgl. Kubicek (1975), S.58. 21 Als Beispiel für eine aktive empirische Forschungskonzeption kann die Zusammenarbeit in Arbeitskreisen, die sich aus Wissenschaftlern und Praktikern zusammensetzen, genannt werden. 22 Vgl. Kubicek (1975), S.58. 23 Vgl Müller-Böling (1992), S.1495 und Kubicek (1975), S.61. 24 Vgl. Kubicek (1975), S.61ff.

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auf einen vergangenen Zustand erstreckt, der aus dem Gedächtnis der Befragten er-fasst wird.“25

Der gewählte Ansatz stellt einen Vergleich mehrerer Untersuchungsobjekte sicher und erlaubt die Ableitung empirisch gestützter Tendenzaussagen über Kontext, Kon-zeption, Prozess und Erfolgsbeurteilung der Analyse und Gestaltung von Versor-gungsketten. Aussagefähigkeit und Grenzen der gewählten Forschungskonzeption entsprechen der in folgendem Zitat zum Ausdruck kommenden elementaren Grund-problematik empirischer Forschung: „Eine empirische Wissenschaft vermag nie-manden zu lehren was er soll, sondern nur, was er kann und –unter Umständen– was er will.“26

Im folgenden Kapitel wird nun eine Ist-Analyse der kooperierenden Unternehmen durchgeführt, um Potenzialfaktoren zur weiteren Vertiefung aufzudecken.

Als weitere Komponente des empirischen Forschungsansatzes sind die verfahrens-technischen Aspekte der Datenerhebung, -aufbereitung und –auswertung zu berück-sichtigen.27 Der Prozess der Datenerhebung ist durch eine mehrstufige Vorgehens-weise gezeichnet. In einem ersten Schritt wurde das in einem kooperierenden Automobilunternehmen verfügbare Datenmaterial in Form von unveröffentlichten Projektberichten systematisiert, aufbereitet und ausgewertet. Dabei zeigte sich, dass zwar durchaus fundierte Aussagen über Ursachen, Ausprägungsformen und Wir-kungsdimensionen der Analyse und Gestaltung von Versorgungsketten getroffen werden können, diese aber aufgrund der unterschiedlichen Problemstrukturen und Neugestaltungszeiträume im Hinblick auf die gewählte Problemstellung nur in we-nigen Fällen unmittelbar vergleichbar sind. Insbesondere lassen sich aus der Be-standsaufnahme der Sekundärunterlagen keine vergleichbaren Aussagen über das Management des Neugestaltungsprozesses, die Ursachen und Antriebskräfte der Neugestaltung oder den Erfolg der Analyse und Neugestaltung der Versorgungsket-te ableiten. Erschwerend kommt hinzu, dass die aus der Inhaltsanalyse gewonnenen Ergebnisse lediglich eine zeitlich befristete Episode widerspiegeln. Infolgedessen konnten zusätzliche Informationen über die Weiterentwicklung der erfassten Analy-sen nicht in den Forschungsprozess einbezogen werden.

Aus diesen Gründen wurde ein Fragebogen zur Erhebung des Ist-Zustandes erstellt. Dieser enthält neben allgemeinen Daten zum Unternehmen, Informationen zum Um-feld des Unternehmens und dient zur Bestätigung des repräsentativen Querschnitts der an der Analyse teilnehmenden Unternehmen. Weiteres Ziel der Ist-Analyse ist es die Identifikation von Potenzialfaktoren, die in einer anschließenden Prozessanalyse vertieft werden können, zu unterstützen. Die Ist-Analyse klärt auch die Ausgangs- und Rahmenbedingungen der folgenden Prozessanalyse und ermöglicht Aussagen bezüglich der Logistikkompetenz der befragten Unternehmen unter Berücksichti-gung der Komplexität des Umfeldes. Basis der Ist-Analyse ist ein dreiteiliger Fragen-bogen (siehe Anhang Kapitel 8.1).

Die in der Erhebung einbezogenen Unternehmen und Werkseinheiten wurden ge-zielt aus den verfügbaren Sekundärquellen ausgewählt. Sie sollten:

25 Vgl. Kubicek (1975), S.62: Die Systemzustände müssen nur dann aus dem Gedächtnis des Befragten erfasst werden, wenn sie nicht ausreichend dokumentiert worden sind. 26 Vgl. Weber (1968), S.151. 27 Vgl. Kubicek (1975), S.34ff.

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• über eine logistische Kontrollspanne verfügen, die sämtliche Prozesse zur Abwick-lung der logistischen Kette vom Lieferanten über die eigene Produktion bis hin zum Kunden umfasst;

• in ihrem logistischen Problemverständnis vergleichbar sein und – um Branchenef-fekte zu vermeiden – aus unterschiedlichen Industriezweigen stammen. Die Analyse beschränkt sich dabei auf Branchen des produzierenden Gewerbes.28 Unternehmen der Pharma- oder Lebensmittelindustrie sowie Handelsunternehmen und logistische Dienstleistungsunternehmen wurden nicht in die Erhebung einbezogen;29

• grundsätzlich bereit sein, sich an einer umfangreichen Analyse zu beteiligen und entsprechende Datenmaterialien über ihre Logistikprozesse zur Verfügung zu stel-len.

Aus einer Vielzahl potenzieller Untersuchungsobjekte, welche die aufgeführten Kri-terien erfüllen, sind 26 Unternehmen und Werkseinheiten an der Erhebung (Analyse des Ist-Zustandes, Anwendung des Leitfadens inklusive Prozessanalyse und Wirk-samkeitsprüfung) beteiligt. Dies erfolgte im laufenden Tagesgeschäft des Automo-bilherstellers. Der Kreis der Befragten setzte sich aus Experten zusammen, die ent-weder unmittelbar in der Analyse und Neugestaltung der jeweiligen Versorgungs-kette involviert waren oder dafür verantwortlich zeichneten. Insofern kann eine hohe Zuverlässigkeit der ermittelten Daten und eine hohe Fachkompetenz bei der Beant-wortung des Fragebogens vorausgesetzt werden. Der Auswertungsumfang der ge-samten Arbeit beinhaltete bei ca. 260 Fragen je Unternehmen ein Gesamtvolumen von nahezu 7000 Daten.

28 Durch die Kooperation mit dem Automobilhersteller sind zwar alle analysierten Unternehmen in der Automo-bilzulieferindustrie tätig, aber nur zu 30,8% ausschließlich. 29 Die Ausführungen konzentrieren sich in erster Linie auf industrielle Produktionsunternehmen in denen logis-tische Leistungen lediglich Sekundärleistungen sind, die im Zusammenhang mit der Erfüllung der eigentlichen Marktaufgabe erbracht werden müssen.

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2 Ist-Analyse der Logistik repräsentativer Unternehmen

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2 Ist-Analyse der Logistik repräsentativer Unternehmen

2.1 Allgemeine Angaben

2.1.1 Merkmale der empirischen Basis

In diesem Abschnitt wird das Spektrum der in dieser Arbeit analysierten Unterneh-men dargestellt, um den repräsentativen Charakter der Untersuchungsbasis abzulei-ten. Bei den in die Auswertung einbezogenen Untersuchungseinheiten handelt es sich ausnahmslos um industrielle Produktionsunternehmen, deren Sachziel in der Herstellung von marktfähigen Enderzeugnissen besteht und deren Wertschöpfungs-kette durch eine kombinierte Anwendung von fertigungstechnischen Produktions-verfahren, Montageprozessen und Logistikprozessen geprägt ist. Sie setzen sich aus 18 rechtlich selbständigen Unternehmen und aus 8 ergebnisverantwortlichen Werks-einheiten zusammen.30 Die 26 Untersuchungsobjekte sind durch folgende allgemeine Unternehmensmerkmale gekennzeichnet31 (vgl. Abbildung 5):

Merkmal Ausprägungen und Häufigkeit

Branche Elektrik/

Elektronik

23,1%

Maschi-nenbau

15,4%

Fahrzeug-bau

15,4%

Chemische Industrie

30,8%

EBM-Industrie

11,5%

Textilma-schinen

3,8%

Umsatzvolumen bis 50Mio

19,2%

50-200Mio

23,1%

200-600Mio

19,2%

600-1.000Mio

11,5%

>1.000Mio

26,9%

Mitarbeiter <500

19,2%

500-1.000

19,2%

1.000-5.000

26,9%

5.000-10.000

11,5%

>10.000

23,1%

Umsatzrendite <0%

3,8%

0-2%

19,2%

2-4%

11,5%

4-6%

30,8%

>6%

34,6%

Umsatzentwick-lung:1993-1997

<0%

3,8%

0-20%

7,7%

20-50%

61,5%

>50%

26,9%

Wettbewerbs-strategie

Kostenführer-schaft

11,5%

Differenzierung

30,8%

Spezialisierung

23,1%

Strategiemix

34,6%

Unternehmens-organisation

Funktional

73,1%

Divisional

23,1%

Matrix

3,8%

(N=26)

Abbildung 5: Allgemeine Merkmale der empirischen Basis

30 Da die Werkseinheiten und die selbständigen Unternehmen über einen vergleichbaren logistischen Autono-miegrad verfügen, werden sie im Rahmen dieser Arbeit gleich behandelt. 31 Hierbei liegt das Jahr 1997 zu Grunde.

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2 Ist-Analyse der Logistik repräsentativer Unternehmen

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• Branchenstruktur: Der Schwerpunkt der betrachteten Unternehmen liegt mit der Chemischen Industrie (30,8%) gefolgt von der Elektrik/Elektronik (23,1%) in Bran-chen, die für eine hohe Innovationsgeschwindigkeit mit extrem kurzen Technologie-zyklen bekannt sind. Anschließend folgt gleichrangig der Maschinenbau und Fahr-zeugbau (je 15,4%). Als weitere Branchen sind die EBM-Industrie (11,5%) und die Textilmaschinen-Industrie (3,8%) vertreten.

• Umsatzvolumen: Die Umsatzstruktur der betrachteten Unternehmen ist bei einem Mittelwert von 1.017,9 Mio. DM durch eine Bandbreite von 8,4 Mio. DM bis 5.012 Mio. DM gekennzeichnet. Nahezu alle Umsatzkategorien sind gleichmäßig mit ca. 20% vertreten. Lediglich Unternehmen mit einen Umsatz zwischen 600 und 1.000 Mio. DM sind mit einem Gesamtanteil von 11,5% leicht unterrepräsentiert.

• Mitarbeiterstruktur: Die in der Umsatzstruktur zum Ausdruck kommenden Grö-ßenunterschiede spiegeln sich in der Mitarbeiterzahl wider. Hier reicht die Bandbrei-te von 80 bis 28.000 Mitarbeiter, wobei der Mittelwert 5.890 beträgt. Als Schwerpunkt kann der Bereich zwischen 1.000 und 5.000 Mitarbeiter (26,9%) identifiziert werden, gefolgt von den Größenklassen >10.000 Mitarbeiter (23,1%) und gleichauf <500 Mit-arbeiter und 500 bis 1.000 Mitarbeiter (je 19,2%). Lediglich drei Unternehmen haben einen Personalstand zwischen 5.000 und 10.000 Mitarbeitern.

• Umsatzrendite und Umsatzentwicklung: Die durchschnittliche Umsatzrendite der Untersuchungsobjekte liegt bei 4,9% (Minimum: -0,6%; Maximum: 10,9%). Die Um-satzentwicklung über einen Fünf-Jahres-Zeitraum wird in 26,9% der analysierten Fälle von einem überproportional steigenden Umsatzwachstum, in 61,5% von einem kontinuierlichen Wachstum und in 7,7% von einer eher moderaten Umsatzentwick-lung bestimmt. Ein Unternehmen (3,8%) verzeichnet in den betrachteten fünf Jahren einen absoluten Umsatzrückgang. Im Gegensatz hierzu konnten vier Unternehmen im gleichen Zeitraum ihren Umsatz mehr als verdoppeln (Umsatzplus von bis zu 145%).

• Wettbewerbsstrategie: Die Wettbewerbsstrategie ist in 65,4% der Unternehmen durch eine eindimensionale Strategieorientierung gekennzeichnet, wobei die Diffe-renzierungsstrategie (30,8%) die Strategietypen Spezialisierung (23,1%) und Kosten-führerschaft (11,5%) eindeutig überragt. 34,6% der Unternehmen verfolgen einen Strategiemix, der von einer Kombination aus Differenzierungs- und Spezialisie-rungsstrategie (15,4%) sowie einer kombinierten Kostenführerschafts- und Speziali-sierungsstrategie (19,2%) geprägt ist.32 Aus dem relativ hohen Anteil kombinierter Strategietypen kann die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die befragten Un-ternehmen auf unterschiedlichen Geschäftsfeldern mit einem differenzierten Wett-bewerbsprofil operieren.

• Unternehmensorganisation: Um Aussagen zum organisatorischen Entwicklungs-stand der Logistik ableiten zu können, ist die Rahmenstruktur der befragten Unter-nehmen von Interesse. Diese ist in 73,1% der Fälle von einer funktionalen und bei 23,1% der Unternehmen von einer divisionalen Unternehmensorganisation ge-

32 Porter (1988), S.71ff vertritt die Auffassung, dass nur eine Fokussierung auf einen Strategietyp zu nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen führen kann. Diese These widerlegt Albach (1990), indem er aufzeigt, dass eine Strategie der Differenzierung gleichzeitig eine Erhöhung des Kundennutzens und eine Optimierung der Produktkosten erfordert. Als Fazit stellt Albach (1990), S.733 fest: „..., dass die Diskussion „reiner“ Strategien die Unternehmen in die Irre führt.“

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2 Ist-Analyse der Logistik repräsentativer Unternehmen

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prägt.33 Eine Matrix-Organisation weisen 3,8% der befragten Untersuchungseinhei-ten auf.

Diese Eckdaten der betrachteten Unternehmen decken ein breites Spektrum unter-schiedlicher Eigenschaften ab und spiegeln die Vielschichtigkeit der in der Praxis anzutreffenden Merkmale industrieller Produktionsunternehmen wider. Insofern können die aus der Untersuchungsbasis gewonnenen empirischen Ergebnisse durch-aus als repräsentativ für die Analyse und Neugestaltung von Versorgungsketten nach logistischen Prinzipien bezeichnet werden.

2.1.2 Unternehmensgröße und Unternehmenserfolg

Der Unternehmensgröße wird in der betriebswirtschaftlichen Organisationsfor-schung eine zentrale Bedeutung für die Erklärung struktureller Unterschiede zuge-sprochen. Begründet wird dies mit der empirisch gestützten Feststellung, dass zwi-schen Wachstum, organisatorischer Leistungsfähigkeit und Unternehmenserfolg positive Abhängigkeiten bestehen können.34 Des Weiteren ist in der Literatur die Auffassung anzutreffen, dass mit der Unternehmensgröße der Umfang an organisa-torischer Spezialisierung und Arbeitsteilung zunimmt, so dass in größeren Unter-nehmen ein höherer Bedarf für die Koordination funktionaler und hierarchischer Schnittstellen vermutet wird.35 Eine ähnliche Argumentation erscheint auch für die Unternehmenslogistik vertretbar. Hier ist ebenfalls zu beobachten, dass mit der Un-ternehmensgröße die Anzahl der Mitarbeiter zur Abwicklung logistischer Prozesse ansteigt, eine höhere Spezialisierung logistischer Funktionen zu verzeichnen ist und verstärkt Koordinationsschwierigkeiten auftreten, denen durch strukturelle Rege-lungen entsprochen werden muss. Als Kriterien zur Größenklassifizierung werden das Umsatzvolumen und die Beschäftigtenzahl herangezogen. Mit Hilfe dieser bei-den Messgrößen lassen sich drei relativ homogene Unternehmensgruppen herausar-beiten, die durch folgende Größenmerkmale gekennzeichnet sind:

Größenklasse I (38,8%): Unternehmen mit einem Umsatz von bis zu 200 Mio. DM und weniger als 1.000 Mitarbeiter;

Größenklasse II (26,9%): Unternehmen mit einem Umsatz zwischen 200 Mio. DM und 600 Mio. DM und einem Personalbestand zwischen 1.000 und 5.000 Mitarbeiter;

Größenklasse III (34,6%): Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 600 Mio. DM und einer Beschäftigtenanzahl von mehr als 5.000 Mitarbeiter.

Als zweites allgemeines Situationsmerkmal wird der relative Unternehmenserfolg herangezogen. Hiermit soll der Frage nachgegangen werden, ob und inwieweit sich überdurchschnittlich erfolgreiche Unternehmen von weniger erfolgreichen Unter-nehmen bei der Realisierung von Konzepten zur logistischen Neugestaltung oder im Management von Neugestaltungsprozessen unterscheiden. Unterschiede könnten auf Erfolgsfaktoren hindeuten, die es bei der Durchführung von Programmen zur Neuausrichtung von Unternehmen nach logistischen Prinzipien zu berücksichtigen gilt. Um zu aussagekräftigen Erfolgskriterien zu gelangen, sollten die Maßgrößen für

33 Zu diesen unterschiedlichen Organisationskonzepten vgl. Bühner (1991), S.102ff. 34 Vgl. Bühner (1975), S.99. 35 Vgl. Bühner (1975), S.100f.

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2 Ist-Analyse der Logistik repräsentativer Unternehmen

18

den Unternehmenserfolg gleichzeitig das Wachstum und die Rendite der Untersu-chungsobjekte abbilden.36 Deshalb werden im Rahmen der Ist-Analyse Umsatz-wachstum, Umsatzrendite, Mitarbeiterproduktivität, ausgedrückt in Umsatz pro Mitarbeiter sowie deren relativer Zuwachs behandelt. Überdurchschnittlich erfolg-reich sind solche Unternehmen, die im Hinblick auf jeden dieser Indikatoren Ergeb-nisse erzielt haben, die über den Mittelwerten der Gesamtstichprobe liegen. Dies gilt für Unternehmen, die

a) innerhalb von fünf Jahren ein Umsatzwachstum von über 49,7% verzeichnet haben,

b) zum Zeitpunkt der Untersuchung eine absolute Umsatzrendite von über 4,9% aufweisen konnten,

c) zum selben Zeitpunkt eine Mitarbeiterproduktivität von mindestens 146.672 DM erreichten und

d) in den vergangenen zwei Jahren einen Produktivitätszuwachs von mindestens 7,0% realisiert haben.

Auf der Grundlage dieser Grenzwerte sind fünf Unternehmen (19,2%) als über-durchschnittlich erfolgreich einzustufen. 46,2% des Untersuchungsfeldes umfasst Unternehmen, die als erfolgreich bezeichnet werden, da ihre Erfolgskriterien zwar insgesamt positiv sind, aber unter den Richtwerten der überdurchschnittlich erfolg-reichen liegen. Weitere neun Unternehmen haben nicht zuletzt wegen rückläufiger Umsatz- und Rentabilitätsentwicklungen eine negative Erfolgsbilanz zu verbuchen. Sie werden deshalb als nicht erfolgreich bezeichnet. Fasst man die beiden Einfluss-größen Unternehmensgröße und Unternehmenserfolg zusammen, dann ergeben sich für die in die empirische Analyse einbezogenen Untersuchungsobjekte die in Abbildung 6 angeführten Bedingungskonstellationen.

36 Vgl. hierzu Albach (1987), S.637.

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2 Ist-Analyse der Logistik repräsentativer Unternehmen

19

Größe / Erfolg

Umsatz: <200 Mio.

MA: <1.000

Umsatz: 200-600 Mio.

MA: 1.000-5.000

Umsatz: >600 Mio.

MA: >5.000 Summe

Überdurch-schnittlich erfolgreich

0%

3,8%

15,4%

19,2%

Erfolgreich

26,9%

11,5%

7,7%

46,1%

Nicht erfolgreich

11,5%

11,5%

11,5%

34,5%

Summe

38,4%

26,8%

34,6%

100%

(N=26)

Abbildung 6: Größen- und Erfolgsmerkmale der analysierten Unternehmen

2.2 Logistikkomplexität

Die Logistikkomplexität setzt sich aus der Variabilität und Dynamik der internen und externen Rahmenbedingungen von Neugestaltungsprozessen in Versorgungs-ketten zusammen.

2.2.1 Variabilität

Unter Variabilität soll die Anzahl und die Verschiedenartigkeit der Ausprägungen des logistischen Aufgabenspektrums verstanden werden. Die Variabilität wird von Einflussgrößen des Absatzmarkts, der Produktion und des Beschaffungsmarkts be-stimmt.37 Seitens des Absatzmarkts determinieren die Kundenanzahl, die Intensität der Kundenauftragsorientierung sowie das Produkt- und Variantenspektrum die Variabilität des Aufgabenprofils. Es ist davon auszugehen, dass die Anforderungen an die Unternehmenslogistik mit der Kundenanzahl, der Anzahl an abzuwickelnden Kundenaufträgen sowie dem Ausmaß der Kundenauftragsorientierung steigen.38 Ebenfalls eine positive Abhängigkeit besteht zwischen der qualitativen und quantita-tiven Zusammensetzung des Produktprogramms und dem logistischen Leistungspo-tenzial. So stellt ein variantenintensives Produktspektrum mit kleinen Stückzahlen höhere Ansprüche an die Leistungsfähigkeit physischer und dispositiver Logistik-prozesse als ein schlankes Erzeugnisprogramm mit Standardprodukten, die in relativ großen Stückzahlen abgesetzt werden.

Zu den Einflussgrößen der Produktion zählen neben der Fertigungsart der Organisa-tionstyp der Fertigung und die Wertschöpfungstiefe. Auch hier kann aus der Variabilität der Merkmalsausprägungen ein differenziertes Anforderungsprofil für 37 Vgl. Fey (1989), S.86. 38 Zum komplexitätssteigernden Einfluss der Kundenauftragsorientierung vgl. Fey (1989), S.88.

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2 Ist-Analyse der Logistik repräsentativer Unternehmen

20

bilität der Merkmalsausprägungen ein differenziertes Anforderungsprofil für die Neugestaltung logistischer Systeme abgeleitet werden. Der aufgabenspezifische Ein-fluss der Fertigungsart, deren Variabilität sich von der Einzelfertigung über die un-terschiedlichen Formen der Serienfertigung bis zur Massenfertigung erstreckt, resul-tiert aus der Wiederholungshäufigkeit der Produktionsaufträge. Grundsätzlich gilt: je geringer die Wiederholungshäufigkeit ist, desto höher sind die Anforderungen an die Gestaltung und Steuerung der Logistikkette.39 Für die logistische Aufgabenerfül-lung kommt erschwerend hinzu, dass die in der betrieblichen Realität anzutreffen-den Fertigungsarten meist durch Mischtypen gekennzeichnet sind. So ist das Pro-duktionsprogramm in 46,2% der untersuchten Unternehmen von einer Mittel- und Kleinserienfertigung, in 3,8% von einer Groß- und Mittelserienfertigung und in 15,4% von einer gemischten Klein-, Mittel- und Großserienfertigung geprägt. In le-diglich 34,6% der Unternehmen liegt eine reine Serienfertigung vor. Der Organisati-onstyp der Fertigung beeinflusst das Aufgabenprofil der Logistik, indem er die raum-zeitliche Prozessstruktur der Produktion festlegt und damit sowohl den Leis-tungsumfang der am Materialfluss ausgerichteten logistischen Transferprozesse als auch die Informationsprozesse zur Planung und Steuerung von Produktions- und Logistikkapazitäten determiniert. Hier kann unterstellt werden, dass die Anforde-rungen mit zunehmender Kontinuität der Wertschöpfungsprozesse abnehmen. Demzufolge sinken die Anforderungen mit steigender Annäherung der Fertigungs-struktur an den logistischen Idealtyp der Fließfertigung, während speziell bei ver-richtungsorientierten Produktionskonzepten ein höherer logistischer Aufwand zu bewältigen ist.40 Inverse Beziehungen bestehen zwischen der Anzahl der Produkti-onsstufen und dem Aufgabenumfang der Unternehmenslogistik. In diesem Fall sin-ken die Anforderungen mit der Reduzierung der Produktionsstufen, da sich Materi-alhandling, Lager- und Transportaktivitäten ebenso reduzieren lassen wie Planungs- und Steuerungsaufwendungen.41

39 Vgl. Fey (1989), S.89. 40 Vgl. Fey (1989), S.89f. 41 Vgl. Fey (1989), S.88f und Puhlmann (1985), S.313f. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die logistische Effizienz der externen Beschaffung höher ist als die logistische Effizienz der Eigenproduktion.

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2 Ist-Analyse der Logistik repräsentativer Unternehmen

21

Merkmal Ausprägungen Mittelwert

Kunden <50

53,8%

50-100

15,4%

100-500

7,7%

>500

23,1%

2,0

Anteil kundenorien-tierter Produktion

<30%

7,7%

30-50%

15,4%

50-70%

15,4%

>70%

61,5%

3,3

Erzeugnisstruktur

Einstufige Produkte

15,4%

Mehrstufig, ein-fache Struktur

26,9%

Mehrst., hete-rogene Struktur

57,7%

--

2,4

Produktspektrum

Standard-produkte

11,5%

Standardprod. mit Varianten

38,5%

Kundenspezifi-sche Varianten

50,0%

--

2,4

Produktgruppen <5

34,6%

5-10

42,3%

10-20

15,4%

>20

7,7%

2,0

Varianten pro Produkt

<10

26,9%

10-50

34,6%

50-100

15,4%

>100

23,1%

2,3

Produktionstyp Fließfertigung

11,5%

Gruppenfert.

34,6%

Werkstattfert.

15,4%

Mischtyp

38,5%

2,8

Fertigungsart

Reine Serien-fertigung

34,6%

Klein- und Mittelserien

46,2%

Mittel- und Großserien

3,8%

Klein-, Mittel- und Großs.

15,4%

2,0

Standorte Einer

53,8%

Zwei

23,1%

Drei

15,4%

≥ Vier

7,7%

1,8

Produktionsstufen <10

26,9%

10-20

30,8%

20-30

23,1%

>30

19,2%

2,4

Lagerstufen ≤ 3

19,2%

4-6

50,0%

7-9

19,2%

>9

11,5%

2,2

Anteil Fremdbezug (wertmäßig)

<40%

19,2%

40-50%

46,2%

50-60%

26,9%

>60%

7,7%

2,2

Anzahl Kaufteile <300

26,9%

300-1000

19,2%

1000-2000

19,2%

>2000

34,6%

2,6

Anzahl Lieferanten <500

53,8%

500-1500

23,1%

1500-2000

15,4%

>2000

7,7%

1,8

Anteil Lief. mit Ent-fernung >1.000km

<25%

19,2%

25-50%

30,8%

50-75%

7,7%

>75%

42,3%

2,7

Variabilitätsindex 1 2 3 4 2,3

Zunehmende Variabilität �

Abbildung 7: Merkmale und Ausprägungen der Logistikvariabilität der analysierten Unternehmen

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2 Ist-Analyse der Logistik repräsentativer Unternehmen

22

Als Einflussgrößen der Beschaffung lassen sich das mengen- und wertmäßige Fremdbezugsvolumen und die Lieferantenanzahl zur Festlegung der Variabilität he-ranziehen. Auch hier wird unterstellt, dass die Anforderungen an die logistischen Basis- und Managementprozesse proportional zu den quantitativen Ausprägungen ansteigen. Dies erscheint insofern plausibel, als mit steigendem Einkaufsvolumen weitaus intensivere Transaktionsbeziehungen mit den Lieferanten eingegangen wer-den müssen. Die Lieferanten können nicht als verlängerte Werkbänke, die lediglich Kapazitäten bereitzustellen haben, angesehen werden, sondern entwickeln sich zu gleichberechtigten Partnern innerhalb einer unternehmensübergreifenden Wert-schöpfungskette.42 Um den Leistungsverbund zwischen Lieferanten und Produzen-ten zu optimieren, sind allerdings schnelle und zuverlässige Versorgungs- und In-formationsprozesse erforderlich, wenn nicht Kostenvorteile in der Produktion durch Ineffizienzen in der Logistik kompensiert werden sollen. In Abbildung 7 werden die Merkmale der Logistikvariabilität, deren wichtigsten Ausprägungen und das Durch-schnittsprofil der Unternehmen aufgezeigt. Die Darstellung weist eine steigende Va-riabilität der unterschiedlichen Einflussparameter auf.

2.2.2 Dynamik

Die Komplexität ist nicht allein auf die Variabilität der logistischen Aufgaben zu-rückzuführen. Sie wird gleichermaßen durch die Konstanz der Umweltverhältnisse bestimmt. Um dem Einfluss unterschiedlich stabiler Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen, ist es erforderlich, dynamische Kontextvariablen in die Analyse einzube-ziehen. Hierbei ist zu beachten, dass reale Ausprägungen der Umweltdynamik von zwei Aspekten abhängig sein können. Zum einen wird die Umweltdynamik von Faktoren bestimmt, welche die Vorhersehbarkeit logistischer Aktivitäten beeinflus-sen. Hierzu zählen die Prognostizierbarkeit des Auftragseinganges sowie der Um-fang der technischen und dispositiven Änderungen. Diese Variablen determinieren die Komplexität durch die Intensität des Störpotenzials, das sie auf die Material- und Informationsflussprozesse ausüben. Dementsprechend sind schnelllebige Erzeugnis-se, die ständigen Neuerungen unterliegen, ebenso komplexitätsfördernd einzustufen wie technische oder dispositive Auftragskorrekturen, die häufig kaum voraussagba-re Störungen in der logistischen Prozesskette verursachen und dadurch ein Flexibili-tätspotenzial voraussetzen, welches bei deterministischen Rahmenbedingungen nicht erforderlich ist. Gleiches gilt im übrigen für die Vorhersehbarkeit des Auftragsein-gangs. Hier bedingen Marktverhältnisse, die durch kurzfristige Schwankungen oder saisonale Bedarfsverläufe gekennzeichnet sind, weitaus schnellere Reaktionszeiten als Absatzbedingungen, die einen kontinuierlichen Auftragseingang aufweisen. Die Veränderungsintensität neugestaltungsrelevanter Umweltmerkmale im Zeitablauf stellt eine weitere Einflussgröße der Dynamik dar. Sie kann durch die Entwicklung des Produktionsprogramms, die Veränderung der Lieferzeitanforderungen und das Umsatzwachstum konkretisiert werden (vgl. Abbildung 8). Derartige Indikatoren wirken sich auf den Komplexitätsgrad dahingehend aus, dass mit dem Ausmaß der Veränderung die Anforderungen an das logistische Leistungspotenzial zunehmen. Denn sowohl ein starkes Umsatzwachstum als auch eine überproportionale Verbrei-terung des Erzeugnisspektrums oder signifikante Lieferzeitreduzierungen führen zu

42 Vgl. Wildemann (1993b), S.35ff.

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2 Ist-Analyse der Logistik repräsentativer Unternehmen

23

neuen Aufgabeninhalten, die oftmals erst durch eine Neugestaltung der logistischen Prozesse und Strukturen bewältigt werden können.

Das Durchschnittsprofil der einzelnen Indikatoren der Umweltdynamik zeigt, dass bei den untersuchten Unternehmen der Trend zu verkürzten Produktlebenszyklen zu beobachten ist. Die Variantenintensität hat im Zeitverlauf zugenommen. Ferner ist ein erheblicher Änderungsaufwand bei den physischen Produkteigenschaften und den dispositiven Auftragsmerkmalen zu bewältigen. Außerdem wird den Lieferzei-ten ein hoher Stellenwert beigemessen und der Umsatz ist im Mittel angewachsen.

Merkmal Ausprägungen Mittel- wert

Produktlebens-zyklen

>10 Jahre

0%

5-10 Jahre

26,9%

1-5 Jahre

69,2%

<1 Jahr

3,8%

2,8

Auftragseingang

Regelmäßig, ohne Saison-

einfluss 50,0%

Regelmäßig, mit Saisonein-

fluss 11,5%

Schwankend

38,5%

Sporadisch

0%

1,9

Technische Änderungen

Keine Bedeutung

0%

Monatlich

50,0%

Wöchentlich

30,8%

Täglich

19,2%

2,7

Dispositive Änderungen

Keine Bedeutung

7,7%

Wöchentlich

23,1%

Täglich

46,2%

Stündlich

23,1%

2,8

Variantenentwick-lung im 5-Jahres-Vergleich

Wachstum <30%

3,8%

Wachstum 30-50%

26,9%

Wachstum 50-100%

15,4%

Wachstum >100%

53,8%

3,2

Entwicklung Lieferzeiten im 5-Jahres-Vergleich

Keine Veränderung

7,7%

Verkürzungen um Tages-einheiten

19,2%

Verkürzun-gen im Wo-chenbereich

50,0%

Verkürzun-gen im Mo-natsbereich

23,1%

2,9

Umsatzverände-rung im 5-Jahres-Vergleich

<0%

3,8%

0 bis 20%

7,7%

20-50%

61,5%

>50%

26,9%

3,1

Dynamikindex 1 2 3 4 2,8

Zunehmende Dynamik �

Abbildung 8: Merkmale und Ausprägungen der Umweltdynamik der analysierten Unternehmen

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2 Ist-Analyse der Logistik repräsentativer Unternehmen

24

2.2.3 Gesamtbetrachtung der Logistikkomplexität

Zur Ermittlung der unternehmensspezifischen Ausprägungen der Logistikkomplexi-tät werden die Indikatoren der Umweltvariabilität und die Merkmale der Umwelt-dynamik durch Bildung der arithmetischen Mittelwerte zu jeweils einem Index ag-gregiert. Die unternehmensspezifischen Indexwerte variieren zwischen 1,7 und 3,3 für die Umweltvariabilität sowie zwischen 1,6 und 3,7 für die Umweltdynamik. Als Grenzwerte zwischen den Merkmalsausprägungen hoch und niedrig werden die ermittelten Durchschnittswerte der Variabilität (2,3) und Dynamik (2,8) für die Ge-samtstichprobe vorgegeben.43 Unter Berücksichtigung dieses Typologisierungsansat-zes können drei Gruppen von Unternehmen gebildet werden (vgl. Abbildung 9):

Abbildung 9: Verteilung der analysierten Unternehmen nach den Ausprägungen der Variabilität und Dynamik der Umweltbedingungen

43 Vgl. Kreder (1983), S.47ff: Vorgehensweise zur Typologisierung von Umweltmerkmalen.

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

3,5

4,0

1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0

Variabilitätsindex

Dyn

amik

ind

ex

2,3 (MW)

A

B

B

C

2,8 (MW)

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2 Ist-Analyse der Logistik repräsentativer Unternehmen

25

Bereich A: Unternehmen mit hoher Komplexität der Umweltbedingungen: Eine hohe Logis-tikkomplexität weisen diejenigen Unternehmen auf, die sowohl im Hinblick auf die Variabilität als auch auf die Dynamik der erfassten Rahmenbedingungen durch überdurchschnittliche Werte gekennzeichnet sind. Unternehmen mit hoher Komple-xität der Rahmenbedingungen bilden mit 38,5% den größten Anteil.

Bereich B: Unternehmen mit komplexen Umweltbedingungen: Komplexe Rahmenbedin-gungen liegen vor, wenn lediglich ein Komplexitätsbestimmungsfaktor im Vergleich zum Gesamtdurchschnitt als hoch eingestuft wird. Diese bilden mit 23,1% den ge-ringsten Anteil der in dieser Arbeit erfassten Unternehmen, wobei diese sechs Un-ternehmen alle aufgrund ihrer hohen Logistikvariabilität als komplex eingestuft wurden. Es gibt kein Unternehmen, das nur aufgrund einer hohen Umweltdynamik als komplex eingestuft wurde.

Bereich C: Unternehmen mit niedriger Komplexität der Umweltbedingungen: Unternehmen mit einer geringen Logistikkomplexität sind mit 34,6% vertreten. Sie zeichnen sich durch eine geringe Variabilität sowie durch eine relativ hohe Stabilität der relevanten Umweltbedingungen aus.

Die Verteilung in Abbildung 9 spiegelt die Heterogenität der Untersuchungsstich-probe wider. Sie gibt einen Überblick über die Komplexität, mit der die Unterneh-men bei der Neugestaltung konfrontiert waren. Aussagen über den Entwicklungs-stand der zu analysierenden Logistiksysteme können allerdings mit Hilfe der Komplexitätsmatrix noch nicht gewonnen werden. Hierzu ist eine Analyse der logis-tischen Kompetenz der in die Analyse einbezogenen Unternehmen erforderlich.

2.3 Logistikkompetenz

Die Logistikkompetenz kennzeichnet das logistische Leistungsvermögen der zu ana-lysierenden Unternehmen. Sie zeigt, in welchem Umfang und mit welchen Ressour-cen die Unternehmen ihre zu Grunde liegende Logistikkonzeption realisiert haben. Bei der Ermittlung des Leistungsvermögens ergibt sich aus Sicht der einzelnen Un-ternehmen die Problematik, dass intersubjektiv nachprüfbare Messkriterien zur Be-stimmung des Entwicklungsstands logistischer Systeme nur begrenzt zur Verfügung stehen.44 Zwar geben Effizienzgrößen wie die Durchlaufzeiten oder die Umschlags-faktoren der Bestände, Anhaltspunkte über die Leistungsfähigkeit, doch bieten diese Indikatoren keine Orientierungshilfen, um den Status quo des Logistiksystems ge-samthaft zu beurteilen. In vielen Fällen zeigt sich, dass gerade die eingeschränkte Kenntnis über den Entwicklungsstand der Logistikkonzeption Unternehmen veran-lasst, bestehende Strukturen und Prozesse in Frage zu stellen. Die Kompetenzanalyse umfasst empirisch nachvollziehbare Attribute und Einschätzungen über die logisti-sche Wettbewerbsfähigkeit der zu analysierenden Unternehmen. Als Kriterien für die Bestimmung der Kompetenz sollen folgende inhaltliche und formale Eigenschaf-ten logistischer Systeme herangezogen werden (vgl. Abbildung 10):

44 Vgl. auch Weber (1991), S.34.

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2 Ist-Analyse der Logistik repräsentativer Unternehmen

26

Merkmal Ausprägungen Mittel- wert

Logistik-verständnis

Instrumentell

23,1%

Funktional

42,3%

Institutional

34,6%

Management-orientiert

0%

2,1

Strategische Ausrichtung

Neutral

38,5%

Gleichstand mit Wettbewerber

50,0%

Unterstützung der Wettbe-

werbsstrategie 7,7%

Logistik als Wettbewerbs-

instrument 3,8%

1,8

Technologie-einsatz

Keine Erfahrung mit Logistiktechno-

logien

3,8%

Erfahrungen mit Informations-technologien

65,4%

Erfahrungen mit Info- und Materi-alflusstechnolo-

gien 30,8%

Erfahrungen mit CIL

0%

2,3

Angewandte Methoden

Keine

3,8%

Fokussiert auf horizontale In-formationspro-

zesse

26,9%

Fokussiert auf vertikale Informa-

tionsprozesse

15,4%

Koordination vertikaler und horizontaler

Informations-prozesse

53,8%

3,2

Organisatori-sche Konfigu-ration

Unkoordinierte Aufsplittung

19,2%

Funktionale Einzellogistiken

46,2%

Integrierte Zentrallogistik

30,8%

Koordinations-instanz mit dezentraler

Logistik-organisation

3,8%

2,2

Hierarchische Einordnung

Abteilungsebene

11,5%

Hauptabteilungs-ebene 46,2%

Bereichsebene

38,5%

Geschäftsfüh-rungsebene

3,8%

2,3

Ausprägung Logistik-Controlling

Kein gesondertes Logistik-Controlling

34,6%

Abgeleitete Son-derrechnungen

42,3%

Problemorien-tierte Controlling-

instrumente

23,1%

Umfassendes Logistik-

Controlling

0%

1,9

Verbreitung des logisti-schen Know-hows

Konzentriert auf logistische Lei-

tungsebene

26,9%

Konzentriert auf Logistik

42,3%

Konzentriert auf Logistik und Produktion

30,8%

Unterneh-mensweit

0%

2,0

Kompetenz-index

1 2 3 4 2,2

Zunehmende Kompetenz �

Abbildung 10: Merkmale und Ausprägungen der Logistikkompetenz der analysierten Unternehmen

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2 Ist-Analyse der Logistik repräsentativer Unternehmen

27

Logistikverständnis: Das Selbstverständnis wird im Wesentlichen von einer funktio-nalen (42,3%) gefolgt von einer institutionellen (34,6%) Logistikkonzeption geprägt. Die Unternehmen verstehen die Logistik vor allem als betriebswirtschaftlich-technologisches Aufgabenfeld, das neben die betrieblichen Grundfunktionen Be-schaffung, Produktion und Absatz tritt, oder als Integrationsansatz, das logistische Aufgaben, Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten in eigenständigen Instanzen zusammenführt. Sechs Unternehmen stellen die instrumentelle Dimension in den Vordergrund. Sie beschränken sich auf die Anwendung von Planungs- und Steue-rungsmethoden innerhalb bestehender Funktionsbereiche. Kein Unternehmen be-trachtet die Logistik zum Zeitpunkt der Analyse als Managementsystem zur Koordi-nation intra- und interorganisatorischer Informations- und Materialflussprozesse.

Strategische Ausrichtung der Unternehmenslogistik: Nach Hayes/Wheelwright bewegen sich Funktionen wie die Produktion oder die Logistik in Bezug auf die Un-ternehmensstrategie auf einem mehrstufigen Entwicklungspfad, der sich von einer neutralen, nach innen ausgerichteten Wettbewerbshaltung bis hin zu einer wettbe-werbsbestimmenden, nach außen orientierten Position erstreckt.45 Folgt man dieser Systematik, dann zeichnen sich 38,5% der Unternehmen vor Beginn der Neugestal-tung der logistischen Strukturen und Prozesse durch eine neutrale Position aus. Sie verstehen die Logistik als notwendigen Erfüllungsgehilfen, der ausschließlich ver-sucht, negative Auswirkungen auf die Effizienz der Wertschöpfungskette zu redu-zieren und keinen positiven Wettbewerbsbeitrag leistet. Die Hälfte der analysierten Unternehmen betrachten die Logistik aus der Perspektive der Wettbewerbsstrategie neutral. Sie streben durch eine gesamthafte Optimierung von Material- und Informa-tionsflussprozessen einen Gleichstand mit den Hauptwettbewerbern an. Für zwei der Unternehmen hat die Logistik eine die Wettbewerbsstrategie unterstützende Be-deutung. Sie richten sämtliche Aktivitäten darauf aus, die aus der Unternehmensstra-tegie abgeleiteten Erfolgsfaktoren in Übereinstimmung mit den übrigen Geschäfts-strategien umzusetzen. Ein Unternehmen nutzt seine Kompetenz aktiv zur Erzielung von Differenzierungs- und Kostenvorteilen. Es stützt seinen Erfolg auf ein lo-gistisches System, dessen Leistungsfähigkeit über dem Wettbewerbsstandard liegt. Voraussetzung hierfür ist, dass die Logistik bei der Strategieformulierung neben den traditionellen Unternehmensfunktionen eine gleichberechtigte Rolle einnimmt.

Einsatz von Logistiktechnologien: Der Technologiestatus wird von EDV-gestützten Material- und Informationsflusskonzepten bestimmt. Im Vordergrund steht mit 65,4% der Einsatz modularer Produktionsplanungs- und -steuerungssysteme. Auf zusätzliche Erfahrungen mit Konzepten zur Transport- und Lagerautomatisierung konnten 30,8% der zu analysierenden Unternehmen verweisen. Ein Unternehmen hatte noch keine Erfahrungen mit Logistiktechnologien und kein Unternehmen hatte bereits Erfahrungen mit dem „Computer Integrated Logistics” (CIL) – Konzept.

Methodeneinsatz: Ein im Hinblick auf die Logistikkompetenz umgekehrtes Verhält-nis ergibt sich für die angewandten Methoden zur Organisation des Informations-flusses. Hier liegt der Schwerpunkt in einem Mix aus Hilfsmitteln zur Koordination horizontaler und vertikaler Informationsaktivitäten (53,8%). Eine Beschränkung des Methodeneinsatzes auf die zum Materialfluss komplementären Informationsaktivitä-ten haben 26,9% vorgenommen. Anwendungsbeispiele hierfür sind Verfahren für die

45 Vgl. Hayes/Wheelwright (1985), S.88f.

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Bestimmung optimaler Beschaffungs- und Fertigungslosgrößen, Prognosemethoden zur Materialbedarfsermittlung sowie Modelle der Transport- und Lagerhaltungsop-timierung. Ausschließlich Instrumente zur Abwicklung vertikaler Management-prozesse wie schriftliche Richtlinien, Stellen- und Funktionsbeschreibungen, Organi-sationsleitfäden oder Checklisten wurden von 15,4% der analysierten Unternehmen genutzt. In einem Unternehmen wurden weder Methoden zur Koordination horizon-taler noch vertikaler Informationsprozesse verwendet.

Organisatorische Konfiguration: Der Organisationsgrad der Logistik spiegelt das in der Mehrzahl der Fälle anzutreffende Selbstverständnis wider. So verfügen alle Un-ternehmen bereits vor der Neugestaltung über eigenständige Organisationseinheiten, die mit der Wahrnehmung logistischer Aufgaben betraut sind. Die Bandbreite des Leistungsumfangs dieser Organisationsbereiche reicht von Teillogistiken (46,2%), die den betrieblichen Grundfunktionen untergeordnet sind, bis hin zur Vollintegration logistischer Funktionen in einer Zentralinstanz (30,8%). In noch immerhin 19,2% der Untersuchungsfälle ist eine unkoordinierte organisatorische Aufsplitterung der Lo-gistikfunktionen anzutreffen. Ein Unternehmen konnte bereits eine dezentrale Logis-tikorganisation mit Koordinationsinstanz aufweisen.

Hierarchische Einordnung der Unternehmenslogistik: Für die hierarchische Positi-onierung der Logistik ergibt sich folgende Verteilung: In 11,5% der Unternehmen war die Logistikleitung auf Abteilungsebene, in 46,2% auf Hauptabteilungsebene, in 38,5% auf Bereichsebene und in 3,8% auf Geschäftsführungsebene angesiedelt. Diese Einteilung entspricht der strukturellen Ausprägung der Logistik.

Logistik-Controlling: Der Entwicklungsstand des Controlling kann als ein Indikator für die Leistungsfähigkeit der Managementprozesse herangezogen werden, weil er Rückschlüsse über die betriebswirtschaftliche Fundierung der Logistikkonzeption zulässt.46 Allerdings scheint sich aufgrund der empirischen Ausprägungen zu bestä-tigen, „dass das Logistik-Controlling in seiner Entwicklung der Entwicklung der Lo-gistik nachfolgen sollte.“47 So konnten 34,6% der untersuchten Unternehmen trotz der vergleichsweise ausgeprägten strukturellen Durchdringung der Logistik noch auf kein eigenständiges Controlling zurückgreifen. Bei 42,3% werden Kosten- und Leistungsinformationen ausschließlich aus dem traditionellen betriebswirtschaft-lichen Instrumentarium abgeleitet und in Form von periodisch wiederkehrenden Sonderrechnungen (z.B. über die Entwicklung der Kapitalbindungskosten oder der Durchlaufzeiten) aufbereitet. Lediglich 23,1% der zu analysierenden Unternehmen hatten einzelne Bausteine einer umfassenderen Logistikkosten- und Logistikleis-tungsrechnung im Einsatz. Sie verfügen über ein ausgeprägtes problemorientiertes Controllingverständnis und betrachten das Controlling als Instrument zur laufenden Planung, Steuerung und Kontrolle logistischer Prozesse und Ressourcen.

Logistisches Know-how: Methoden- und Fachwissen waren bei den in die Analyse einbezogenen Unternehmen weitestgehend auf den Logistiksektor beschränkt. Dies äußert sich in einer Konzentration des Know-hows auf die Leitungsebene (26,9%) und die Logistikorganisation (42,3%). Weitere 30,8% der Unternehmen haben ihr Lo-gistik-Know-how bereits auf wertschöpfungsnahe Funktionen ausgedehnt. Sie ver-fügen auch in den unterschiedlichen Teilbereichen der Produktion über Grundwis-

46 Vgl. Weber (1991), S.232ff. 47 Vgl. Weber (1991), S.234.

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sen und Fähigkeiten, um den wachsenden Anforderungen an die Leistungsfähigkeit der logistischen Prozesskette gerecht zu werden.

2.4 Kritische Würdigung der Rahmenbedingungen

Die in den vorherigen Abschnitten vorgenommene Typologisierung der Ausgangssi-tuation logistischer Neugestaltungsprozesse geht von einem relativ einfachen Klassi-fizierungsansatz aus. Sie unterstellt einen funktionalen Zusammenhang zwischen der Komplexität und den Einflussgrößen der Variabilität und Dynamik. Darüber hinaus liegt diesem Ansatz die Überlegung zu Grunde, dass sich die unternehmensspezifi-schen Ausprägungen der Eigenschaftsmerkmale mit Hilfe intervall-skalierter Mess-größen, die das Ausmaß der Kompetenz und Komplexität der neu zu gestaltenden Logistiksysteme widerspiegeln, abbilden und unterscheiden lassen. In diesem Zu-sammenhang muss nicht besonders betont werden, dass jede Art der Typologisie-rung Unwägbarkeiten enthält. So kann der funktionale Beziehungszusammenhang ebenso angezweifelt werden wie die Auswahl oder die Gleichgewichtigkeit der ver-schiedenen Merkmalsausprägungen. Wenn im Rahmen der Arbeit dennoch auf die-sen Klassifizierungsansatz zurückgegriffen wird, dann wird dadurch in Kenntnis dieser Angriffspunkte die Absicht verfolgt, nachvollziehbare Ergebnisse zur verglei-chenden Analyse realer logistischer Neugestaltungsprozesse zu erzielen.

Aus den Ergebnissen der Ist-Analyse werden im Kapitel 3.3 Potenzialfaktoren abge-leitet, die es in der detaillierten logistischen Prozessanalyse dann zu erschließen gilt. Dies schafft die Basis für die Neugestaltung der Versorgungsketten der beteiligten Unternehmen. Doch zunächst wird im folgenden Kapitel die in dieser Arbeit zu Grunde liegende Definition von Logistikqualität und das Verständnis über die ver-wendete Logistikkonzeption erarbeitet.

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3 Logistikqualität im System industrieller Produktionsun-ternehmen

3.1 Begriffe und theoretische Grundlagen

3.1.1 Logistikbegriff

Obwohl die Logistik im Verlauf ihrer Entwicklung unterschiedliche Ausprägungen und Interpretationen erfahren hat, besteht in der Literatur Einigkeit darüber, dass die Grundfunktion von Logistiksystemen die raum-zeitliche Veränderung von Gütern ist.48 Der Bedeutungsinhalt der Logistik wird in den anzutreffenden Konzeptionen und Begriffsauffassungen jedoch unterschiedlich ausgelegt. So reichen die Definitio-nen von einem wissenschaftlichen konzeptionellen Logistikverständnis, bei dem die Logistik als wissenschaftliche Lehre angesehen wird,49 über flussorientierte Koordi-nationsansätze50 und strategieorientierte Erklärungsansätze51 bis hin zu einem dienstleistungsorientierten Verständnis, in dessen Mittelpunkt Auftragsabwicklungs-zeiten, Management der Dienstleistungskapazität und die Bereitstellung der Dienst-leistung durch einen Distributionskanal stehen.52 (vgl. Abbildung 11). Den folgenden Ausführungen liegt der in Wissenschaft und Praxis am weitesten verbreitete flussori-entierte Koordinationsansatz zu Grunde.

Autor Definition

Bowersox/Closs/Helferich (1986), S.3; Übersetzung durch den Ver-fasser

Moderne Logistik wird bestimmt als die notwen-dige Logik, die Prozesse der Planung, Vertei-lung und Kontrolle der finanziellen und mensch-lichen Ressourcen zu begleiten, deren Funktion die physische Verteilung, die Produktionsunter-stützung und Beschaffung ist.

Council of Logistics Management, (o.J.), S.2; Übersetzung durch den Verfasser

Logistik ist der Prozess der Planung, Realisie-rung und Kontrolle des effizienten, kosteneffek-tiven Fließens und Lagerns von Rohstoffen, Halbfabrikaten und Fertigwaren und der damit zusammenhängenden Information von der Ver-sandstelle bis zum Empfangspunkt entspre-chend den Anforderungen des Kunden.

48 Vgl. z.B. Pfohl (1996), S.8; Kirsch et al. (1973), S.69f; Weber/Kummer (1994), S.6, stellen zusätzlich fest: „Zielge-richtete Raum- und Zeitüberbrückungsprozesse machen einen Schwerpunkt aus, decken aber nicht das gesamte Aufgabenspektrum ab.“ 49 Vgl. Jünemann (1989), S.11. 50 Vgl. Pfohl (1996), S.12; Bowersox/Closs/Helferich (1986), S.3; Council of Logistics Management (o.J.), S.2; Eu-ropean Logistics Association (1993), S.3; Duerler (1990), S.57; Kirsch/Bamberger/Gabele/Klein (1973), S. 69f; Weber/Kummer (1994), S.5. 51 Vgl. Eidenmüller (1988), S.17; Kortschak (1992), S.61. 52 Vgl. Pfohl (1996), S.13.

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Duerler (1990), S.57 Logistik umfasst Organisation, Koordination und Kontrolle zielgerichteter Waren- und lnformati-onsflüsse auf unterschiedlichen Ebenen in der Unternehmung.

Eidenmüller (1988), S.17 Logistik ist als bereichsübergreifende Strategie zur marktgerechten Optimierung von Material- und Informationsströmen und damit zur laufen-den Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu ver-stehen.

European Logistics Association (ELA) (1993), S.1; Übersetzung durch den Verfasser

Logistik ist die Organisation, Planung, Kontrolle und Durchführung eines Güterflusses von der Entwicklung und vom Kauf durch die Produktion und die Distribution bis zum Endabnehmer mit dem Ziel der Befriedigung der Anforderungen des Marktes bei minimalen Kosten und minima-lem Kapitalaufwand.

Jünemann (1989), S.11 Logistik ist die wissenschaftliche Lehre der Pla-nung, Steuerung und Überwachung der Materi-al-, Personen-, Energie- und Informationsflüsse in Systemen.

Kirsch/Bamberger/Gabele/Klein (1973), S. 69f

Verwendet man den Begriff Logistik zur Be-zeichnung realer Phänomene und nicht als Na-me einer entsprechenden wissenschaftlichen (Teil-)Disziplin, so bezieht sich dieser Begriff auf die Gestaltung, Steuerung, Regelung und Durchführung des gesamten Flusses an Ener-gie, Informationen, Personen, insbesondere je-doch von Stoffen (Materie, Produkte) innerhalb und zwischen Systemen. Logistik geht über rei-ne Transportprozesse hinaus. Sie beinhaltet auch einen zeitlichen Aspekt, der sich vornehm-lich in Prozessen der Lagerung oder Speiche-rung sowie in der zeitlichen Verfügbarkeit von Diensten widerspiegelt.

Kortschak (1992), S.61 Demnach besteht die strategische Dimension der Logistik in der Koordination der aktiven und passiven Elemente eines Unternehmens zu den geringsten Zeitkosten zur Verbesserung der Flexibilität und Anpassungsfähigkeit des Unter-nehmens an die sich ändernden Rahmenbedin-gungen und den Markt, von der alle Entschei-dungsebenen im Unternehmen gleichermaßen erfasst werden.

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Pfohl (1996), S. 12 Zur Logistik gehören alle Tätigkeiten, durch die die raum-zeitliche Gütertransformation und die damit zusammenhängenden Transformationen hinsichtlich der Gütermengen und -sorten, der Güterhandhabungseigenschaften sowie der lo-gistischen Determiniertheit der Güter geplant, gesteuert, realisiert oder kontrolliert werden. Durch das Zusammenwirken dieser Tätigkeiten soll ein Güterfluss in Gang gesetzt werden, der einen Lieferpunkt mit einem Empfangspunkt möglichst effizient verbindet.

Weber/Kummer (1994), S.5 Logistik ist das Management von Prozessen und Potenzialen zur koordinierten Realisierung unternehmensweiter und unternehmensüber-greifender Materialflüsse und der dazugehöri-gen Informationsflüsse. Die materialflussbezo-gene Koordination beinhaltet insbesondere die horizontale Koordination zwischen Lieferanten (Vorlieferanten), Unternehmensbereichen und Kunden (bis hin zum Endabnehmer) sowie die vertikale Koordination zwischen allen Pla nungs-, Steuerungs-, Durchführungs- und Kon-trollebenen (von der strategischen bis zur opera-tiven Ebene).

Abbildung 11: Überblick verbreiteter Logistikbegriffe in der Literatur

In dieser Arbeit soll ein Logistikbegriff in Anlehnung an Pfohl (1996) und dem Coun-cil of Logistics Management (o.J.) verwendet werden. Logistik umfasst dabei „alle Tätigkeiten, durch die die raum-zeitliche Gütertransformation und die damit zusammenhän-genden Transformationen hinsichtlich der Gütermengen und -sorten, der Güterhandha-bungseigenschaften sowie der logistischen Determiniertheit der Güter geplant, gesteuert, rea-lisiert oder kontrolliert werden. Durch das Zusammenwirken dieser Tätigkeiten soll ein Güterfluss in Gang gesetzt werden, der eine Versandstelle mit einem Empfangspunkt mög-lichst effizient verbindet, entsprechend den Anforderungen des Kunden.“

Der effizienten Verbindung der Versandstelle mit dem Empfangspunkt wird in die-ser Arbeit aufgrund der Betrachtung der Versorgungsketten besondere Bedeutung beigemessen. Der Zusatz „entsprechend den Anforderungen des Kunden“ aus der Definition des Council of Logistics Management verbindet den flussorientierten Ko-ordinationsansatz der Logistik mit dem kundenorientierten Ansatz des TQM.

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3.1.2 Qualitätsbegriff, Logistikqualität

Umgangssprachlich ist Qualität ein mit einer bestimmten Wertung verbundener Be-griff, der die Zweckangemessenheit eines Dinges bzw. die Eigenschaften eines Ge-genstandes zum Ausdruck bringt. Die Betriebswirtschaft, die Ingenieurswissenschaf-ten und die Philosophie verstehen unter diesem Begriff sehr unterschiedliche Phänomene.53 Zur Systematisierung von Definitionsansätzen unterscheidet Garvin fünf Ansätze zur Definition von Qualität, den transzendenten, produkt-, anwender-, fertigungs- und wertbezogenen Ansatz.54

Der transzendente Ansatz sieht die Qualität als Grad der Vortrefflichkeit einer Leis-tung. Sie wird verstanden als das Formvollendete, Absolute und orientiert sich an der philosophischen Begriffsauffassung, nach der Qualität nicht bestimmt, sondern nur durch Erfahrung von jedem Individuum subjektiv erfasst werden kann.55 Aus diesem Grund lässt sich Qualität nicht eindeutig definieren und weder quantifizieren noch messen. Unter Berücksichtigung der Themenstellung dieser Arbeit wird dieser Ansatz nicht weiter verfolgt.56

Im produktbezogenen Ansatz wird die Qualität eines Produkts eindimensional als die Einhaltung exakt bestimmbarer Eigenschaftsausprägungen gesehen. Diese Eigen-schaften müssen objektiv erfassbar und unabhängig von subjektiven Bewertungen sein. Als Qualitätsmerkmale dienen räumliche (z.B. Länge, Breite, Höhe), zeitliche (z.B. Alter, Lieferzeitpunkt), physikalische (z.B. Gewicht, Lautstärke), chemische (Reinheit, Fettgehalt) und produktionstechnische Merkmale (z.B. Toleranzen, Genau-igkeit). Qualitätsunterschiede verschiedener Produkte zeigen sich in Abweichungen einzelner Merkmale. Diese Darstellung eignet sich gut für den Eingang in mathema-tische Modelle.

Der anwenderbezogene oder auch kundenorientierte Qualitätsbegriff stellt die individu-ellen Präferenzen des Kunden, die durch unterschiedliche Produkteigenschaften be-friedigt werden können, in den Mittelpunkt. Die Erfüllung der subjektiven Bedürf-nisse des Kunden beschreibt das Maß für die Qualität. Die Definitionen von Juran: „Quality is fitness for use”57 und Specht/Schmelzer: „Qualität wird als Maß der Übereinstimmung zwischen Merkmalen und Merkmalsausprägungen eines Gegens-tandes und den Anforderungen an diesen Gegenstand verstanden“58 sind Beispiele einer solchen Sichtweise wie sie von Vertretern einer marktorientierten Ökonomie präferiert wird. In diesen Definitionen verbirgt sich eine subjektive Ausrichtung, die zu einer zeitlichen Inkonsistenz der Qualitätsbeurteilung führt, da sich die Kunden-anforderungen an diesen Gegenstand verändern können. Die Qualität ist jedoch nicht mit der Konsumentenzufriedenheit gleichzustellen, die eine emotionale Reakti-

53 Vgl. zu den folgenden Ausführungen auch Müller-Böling (1993) 54 Vgl. Garvin (1984), S.25-33. Er unterscheidet die „transcendent”, „product-based”, „user-based”, „manufactu-ring-based” und „value-based” Definitionsansätze. 55 Vgl. Garvin (1984), S.25. 56 In der Philosophie wird unter Qualität jede der wesentlichen Eigenschaften eines Dinges und die Gesamtheit verstanden, zu denen die Einzelqualitäten, welche die Dinge bezüglich ihrer Eigenschaften unterscheiden, ver-bunden sind. Eine Übersicht hierzu gibt Buhr/Klaus (1974), S.996-1000. 57 Vgl. Juran (1974), S.2.2-2.3; die Qualität eines Produktes wird in diesem Ansatz durch seine Gebrauchstauglich-keit bestimmt. 58 Vgl. Specht/Schmelzer (1992), S.531.

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on in „unmittelbaren Zusammenhang mit einem spezifischen Transaktionserlebnis“59 darstellt. Die Qualitätswahrnehmung ist vielmehr ein relativ stabiles Urteil, resultie-rend aus der Wahrnehmung von Zufriedenheit über die Zeit.60 Die Erfüllung bzw. Nichterfüllung von Anforderungen spiegelt sich daher erst langfristig in einem Qua-litätsurteil wider.61

Beim fertigungsbezogenen Ansatz wird Qualität von der unternehmensinternen Seite der Produktion aus gesehen. Durch das Einhalten genauer Spezifikationen im Pro-duktionsprozess sollen Fehler bei der Fertigung und spätere Mängel des Produkts vermieden werden. Diese Qualitätsdefinition zielt unter der Berücksichtigung der Effizienz des Produktionsprozesses auch auf die Fehlerprävention ab. Ein Produkt gilt als Qualitätsprodukt, wenn es den gestellten Spezifikationen bestmöglich ent-spricht.

Der wertbezogene Qualitätsansatz beruht auf dem Verhältnis zwischen dem Markt-preis eines Produktes und dem zu erwarten Nutzen, der vom Produkt ausgeht.62 Entsprechend dieser Definition steht die Qualität im Sinne der kundenorientierten Begriffsdefinitionen dem Preis als Äquivalent gegenüber. Ein Sonderfall ergibt sich in den Fällen, in denen die Qualitätsbeurteilung durch den Kunden eingeschränkt ist, weil z.B. das Produkt vor der Fertigstellung gekauft wird. Hierbei kann der Preis selbst die Rolle eines Qualitätsindikators annehmen. Eine vergleichende Qualitätsbe-urteilung im Sinne des wertorientierten Qualitätsbegriffs ist in diesen Fällen ausge-schlossen.

Garvin trifft auf Basis der vorgenommenen Systematisierung keine Auswahl zuguns-ten einer bestimmten Sichtweise. Vielmehr vertritt er die Auffassung, dass alle An-sätze ihre Bedeutung haben, insbesondere aufgrund unterschiedlicher Qualitätsauf-fassungen in den technisch- bzw. marktorientierten Bereichen eines Unternehmens.63 Diese Sichtweise spiegelt sich auch in der Definition des Deutschen Instituts für Normung wider.64 Nach dieser wird Qualität als „die Beschaffenheit65 eines Gutes oder Dienstleistung (Einheit) bezüglich ihrer Eignung, festgelegte und vorausgesetz-te Erfordernisse zu erfüllen“66 verstanden. Diese Definition bezieht sich auf Anforde-rungen, die an eine Leistung gestellt werden. Sie bestimmt jedoch nicht, welche Quelle die Anforderungen stellt, so dass sowohl eine kundenorientierte als auch eine fertigungsorientierte Interpretation des Qualitätsbegriffs möglich ist. Unter einer „Einheit“ kann in diesem Zusammenhang eine Tätigkeit, ein Prozess, ein Produkt oder eine Dienstleistung, eine Organisation, ein System, eine Person oder mögliche Kombinationen aus den genannten Punkten sein.

Die verschiedenen Ansätze korrespondieren mit unterschiedlichen wissenschaftli-chen Disziplinen. Während in Marketingbereichen etwa der kundenorientierte An-satz bevorzugt wird, präferieren Bereiche mit hoher Ingenieursleistung den ferti-gungsbezogenen Ansatz. Daraus können sich weitreichende Konsequenzen in Bezug

59 Vgl. Hentschel (1990), S.233; Zur Definition der Kundenzufriedenheit siehe auch Bruhn (1985), S.301. 60 Vgl. Parasuraman/Zeithaml/Berry (1988), S.16. 61 Vgl. Engelke (1997), S.29f. 62 Vgl. Garvin (1984), S.28. 63 Vgl. Garvin (1984), S.28f. 64 Vgl. DIN 55350 Teil 11, S.3. 65 Entspricht der Summe aller Merkmale. 66 Diese Definition entspricht auch der Definition der Europäischen Norm EN ISO 8402.

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auf die gewollten Zielsetzungen ergeben. Bei den produkt- oder anwenderbezogenen Ansätzen beinhalten die Produkte höherer Qualität spezielle Fähigkeiten und Abläu-fe, die das Produkt hochwertiger und dadurch teurer machen. Vertreter des ferti-gungsbezogenen Qualitätsansatzes erwarten im Gegensatz dazu in steigender Quali-tät durch sinkende Nacharbeits-, Ausschuss- und Garantieaufwendungen sinkende Kosten und dadurch niedrigere Preise oder höhere Gewinnspannen für Qualitäts-produkte.

Grund für die Vielzahl unterschiedlicher Qualitätsdefinitionen ist die zeitliche Verla-gerung der Schwerpunkte der innerbetrieblichen Umsetzung von Qualitätsanforde-rungen.67 So war zu den Anfängen des Qualitätswesens das Produkt alleiniges Ob-jekt der Qualitätsbetrachtung. Endkontrollen, die sich an objektiven Produkteigen-schaften orientierten, sollten verhindern, dass fehlerhafte Produkte ausgeliefert wer-den. Mit zunehmender Entwicklung des Qualitätswesens, verlagerte sich die Kon-trolle in den Produktionsprozess. Basierend auf der Auffassung, dass Qualität das Ergebnis des Leistungserstellungsprozesses ist, sollte durch frühzeitige Fehlererken-nung die Entstehung von Kosten durch Ausschuss oder Nacharbeit verhindert wer-den. Statistische Verfahren erlaubten es, systematisch Unregelmäßigkeiten in der Leistungserstellung zu erkennen und regelnd in den Prozess einzugreifen. Das Qua-litätsverständnis entsprach dem fertigungsbezogenen Qualitätsbegriff.68 Ausgehend hiervon wurde die Prozesskontrolle in der Folge auf weitere Unternehmensfunktio-nen, die mit dem Produkt verbunden sind, ausgedehnt. Qualität ist danach nicht al-lein das Ergebnis des Produktionsprozesses, sondern wird durch alle Prozesse be-stimmt, die in die Leistungserstellung integriert sind. Die Qualitätssicherung umfasste damit sowohl die Planung und Entwicklung als auch alle mit der Leis-tungserstellung und -verwertung verbundenen Dienstleistungsprozesse. Hilfsmittel zur kontinuierlichen Verbesserung sind statistische Verfahren der Prozesskontrolle. Neuere Qualitätskonzepte wie das Total Quality Management (TQM), schließen auf-bauend auf dem Total Quality Control (TQC)-Konzept das ganze Unternehmen in die Qualitätsbetrachtung ein. Jeder Mitarbeiter des Unternehmens vom Top-Management bis zum Arbeiter soll einen Beitrag für die Qualität der Unternehmens-tätigkeit leisten. Als wesentliches Merkmal des TQM werden die Qualitätsanforde-rungen durch den Kunden vorgegeben und in das Unternehmen übertragen. Kun-den-Lieferanten-Beziehungen beinhalten nicht nur die externe Kundenorientierung, sondern projizieren dieses Verhältnis auch auf die einzelnen Abläufe im Unterneh-men. Diese interne Kundenorientierung, die den jeweils nachfolgenden Prozess als Kunden versteht und die externen Kundenerwartungen in interne Anforderungen umsetzt, trägt damit zur Erfüllung externer Kundenwünsche bei. Die Qualitätsver-antwortung übernehmen die Prozessausführenden. Das Qualitätsmanagement ver-steht sich als Teil der Unternehmensphilosophie und -kultur, der von allen Mitarbei-tern getragen wird. Ziel ist die Integration der Qualitätssicherung in die Prozessausführung und die präventive Fehlervermeidung. Einmal erreichte Quali-tätsstandards sollen ständig überprüft und an wechselnde Kundenanforderungen angepasst werden.69

67 Vgl. Pfohl (1992), S.4-7 und Engelke (1997), S.31-33. 68 Dieses Konzept nennt man „Total Quality Control” (TQC). 69 Zur Konkretisierung des TQM-Ansatzes sowie zur Darstellung der Managementfunktionen wird auf die ein-schlägige Literatur verwiesen, z.B. Oess (1991), Engelhardt/Schütz (1991), Pfohl (1992).

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Der mit der jüngeren Entwicklung des Qualitätswesens verbundenen kundenorien-tierten Definition der Qualität wird auch in dieser Arbeit gefolgt. Da die Marktorien-tierung von Unternehmen und somit die Ausrichtung an den Anforderungen der Kunden unmittelbar den Markterfolg eines Leistungsanbieters beeinflusst, wird die kundenseitige Qualitätsbeurteilung zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor. Weiterhin wird in dieser Definition berücksichtigt, dass die Qualität einer Leistung über den Zeitverlauf unterschiedlich eingeschätzt werden kann, ohne dass sich deren objektiven Eigenschaften verändern.70

Die im Rahmen dieser Arbeit verfolgte Definition von Qualität lautet entsprechend:

„Qualität ist ein Maß für die Übereinstimmung zwischen Merkmalen und Merkmalsausprä-gungen eines Prozesses und den Anforderungen, die von den Kunden an diesen Prozess ge-stellt werden.“71 72

M: Prozessmerkmale und deren Ausprägungen

K: Kundenanforderungen an den Prozess

Qualität = M ∩ K

Abbildung 12: Qualitätsbegriff

Daraus leitet sich die Definition für den in dieser Arbeit verwendeten Begriff der Lo-gistikqualität ab:

„Logistikqualität ist ein Maß für die Übereinstimmung zwischen Merkmalen und Merk-malsausprägungen des Logistikprozesses und den Anforderungen, die von den Kunden an diesen Logistikprozess gestellt werden.“

70 Vgl. Engelke (1997), S.32. 71 Die Definition erfolgt in Anlehnung an Specht/Schmelzer (1992), S.531 und Engelke (1997), S.33, wobei aus dem Verständnis der Definition der Europäischen Norm EN ISO 8402 für „Einheit“ in diesem Zusammenhang das Wort „Prozess“ gewählt wurde (vgl. hierzu auch Fußnote 66). 72 Eine Übererfüllung der Anforderungen wird der Kunde zwar akzeptieren, jedoch nicht entsprechend honorie-ren. Somit führt dies nicht zu einer Qualitätssteigerung.

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3.2 Logistiksystem industrieller Produktionsunternehmen

3.2.1 Charakterisierung der Logistikkonzeption

Aus den in der Literatur anzutreffenden Abgrenzungen des Logistikbegriffs haben sich vier konzeptionelle Alternativen herausgebildet. Es lassen sich

• instrumentelle, • funktionelle, • institutionelle und • managementorientierte Logistikkonzeptionen unterscheiden.73

Die instrumentelle Perspektive beinhaltet das betriebswirtschaftlich- technologische Instrumentarium,74 welches zur Durchführung logistischer Aufgaben eingesetzt wird. Neben der Entwicklung und Anwendung von Softwaretechnologie zur Pla-nung, Steuerung, Kontrolle und Koordination von Logistikprozessen oder –systemen befasst sich der instrumentelle Ansatz auch mit dem Einsatz und der Nutzung von Hardwaretechnologien, worunter die Transport-, Umschlags-, Lagerungs- und Ver-packungstechnik mit ihren Schnittstellen untereinander verstanden werden soll.

Die funktionelle Sichtweise betrachtet die Unternehmenslogistik als Aufgabenkom-plex, der sich aus sämtlichen zur bedarfsgerechten Ver- und Entsorgung einer Un-ternehmung erforderlichen operativen, administrativen und dispositiven Aktivitäten zusammensetzt.75 Die Logistik tritt in dieser Betrachtung als eigenständiges Subsys-tem oder als betriebswirtschaftliche Funktion neben traditionelle Unternehmens-funktionen wie Forschung und Entwicklung, Einkauf, Produktion und Vertrieb. Nach heute herrschender Meinung, geht man dabei vom Querschnittscharakter oder übergreifenden Charakter der Logistikfunktion aus.76

Der institutionelle Logistikansatz behandelt die Einordnung der Unternehmenslogis-tik in das Organisationssystem und die aufbauorganisatorische Gestaltung der Logis-tik. Obwohl wegen der primär funktionsintegrierenden Sichtweise der Logistik die Bildung eigenständiger organisatorischer Strukturen nicht zwingend durchgeführt werden muss, wird die Reorganisation bestehender Organisationsstrukturen als we-sentliche Schlüsselgröße zur erfolgreichen Umsetzung der Logistikkonzeption ange-sehen.77 Denn bei einer Aufsplitterung logistischer Funktionen sind die Systemzu-sammenhänge schwieriger zu erkennen und die Verfolgung von Logistikzielen wird durch Interessensgegensätze der verschiedenen Organisationseinheiten, die Logis-tikaufgaben wahrnehmen, erschwert. Die Logistikkonzeption kann auch zu einer veränderten Form der Zusammenarbeit im Logistikbereich zwischen verschiedenen Unternehmen führen, wobei es zu einer Umverteilung von Aufgaben, Kompetenzen, Verantwortung und Macht kommt. Dazu gehört sowohl die teilweise gemeinsame

73 Pfohl (1996), S. 42ff teilt Logistikkonzeptionen in instrumentell, funktionell und institutionell ein. In Hadamitz-ky (1995), S.29f und der dort angegebenen Literatur wird zusätzlich die Notwendigkeit einer managementorien-tierten Logistikkonzeption betont. 74 Zum technologischen Logistikinstrumentarium vgl. Jünemann (1989). 75 Zur funktionellen Dimension des Logistikbegriffs vgl. Weber/Kummer (1994), S.7f und Pfohl (1996), S. 43f. 76 Vgl. Pfohl (1983), S.726. 77 Vgl. Pfohl (1983), S.721 und Weber (1990), S. 979.

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Nutzung von Logistiksystemen als auch das Übertragen bestimmter logistischer Funktionen an spezialisierte Logistikunternehmen.

Die managementorientierte Logistikkonzeption betrachtet die Unternehmenslogistik als Führungskonzept und stellt strategische Gestaltungsaspekte in den Vorder-grund.78 Die Logistik wird nicht als eine auf die Steuerung, Abwicklung und Über-wachung von Material- und Informationsflussaktivitäten beschränkte Dienstlei-stungsfunktion angesehen, sondern als querschnittsorientierte Grundhaltung zur zeiteffizienten, kunden- und prozessorientierten Koordination von Wertschöpfungs-aktivitäten. Das managementorientierte Logistikverständnis geht über den eigentli-chen Logistikbereich hinaus. Es impliziert logistisches Denken und Handeln in sämt-lichen Unternehmenseinheiten und Hierarchiestufen.

Abbildung 13: Entwicklungsphasen der Logistikkonzeption79

Die konzeptionellen Alternativen spiegeln nicht nur die in der Literatur anzutreffen-den Abgrenzungen des Logistikbegriffs wider. Sie können auch als Stufen eines un-ternehmensspezifischen Entwicklungspfades oder als Etappen eines wissenschaftli-chen Erkenntnisprozesses verstanden werden (siehe Abbildung 13). Dabei ist insbesondere für die Bewältigung von unternehmensspezifischen Entwicklungspro-zessen entscheidend, dass Produktionsunternehmen erst dann die nächste Entwick-lungsphase erreichen können, wenn sie die jeweilige konzeptionelle Vorstufe abge-schlossen haben.

78 Zum Inhalt von managementorientierten Logistikkonzeptionen vgl. Weber/Kummer (1994), Duerler (1990), sowie Bowersox et al. (1986). 79 Quelle: Hadamitzky (1995), S.31.

Zeit

Lo

gis

tikk

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InstrumentellesLogistik-

verständnis

Logistik als Unternehmens-

funktion

Logistik alsOrganisations-

konzept

Logistik alsManagement-

konzept

Phase 1

Phase 2

Phase 3

Phase 4

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Die Zielsetzungen der Logistik verändern sich aufgrund des akkumulierten Wissens und der gewonnenen Erfahrungen im Zeitverlauf. Während zu Beginn der Ausei-nandersetzung mit logistischen Phänomenen die Lösung von operativen Transport-, Versorgungs- sowie Distributionsproblemen im Vordergrund stehen, treten mit zu-nehmendem Erkenntnisfortschritt aufgabenbezogene Gestaltungsaspekte in den Mit-telpunkt der Betrachtung. Dabei wird deutlich, dass zur durchgängigen Umsetzung der Querschnittsfunktion Logistik eine institutionelle Aufwertung logistischer Auf-gaben erforderlich ist. Als Weiterentwicklung des organisationsfokussierten Logis-tikverständnisses kehrt die managementorientierte Logistikkonzeption den struktur-optimierenden Entwicklungstrend um, indem sie darauf abzielt, den institutionellen Einfluss der Logistik auf ein notwendiges Mindestmaß zu beschränken, aber gleich-zeitig fordert, dass sämtliche an der Wertschöpfung direkt oder indirekt beteiligten Geschäftsprozesse nach logistischen Prinzipien ausgerichtet werden müssen, wenn ein Gesamtoptimum erreicht werden soll.

Die These, dass sowohl das theoretische Logistikverständnis als auch die in der Un-ternehmenspraxis anzutreffenden Logistiksysteme80 einem Wandel ausgesetzt sind, rechtfertigt das Vorhandensein unterschiedlicher Ansätze in der Literatur. Sie liefert aber auch eine Begründung für die geringe konzeptionelle Durchdringung und bes-tätigt damit das Argument, dass eine geschlossene theoretische Konzeption der be-triebswirtschaftlichen Logistik, die als Orientierungsrahmen für die Analyse und Gestaltung logistischer Systeme herangezogen werden könnte, nur ansatzweise vor-liegt. Um eine widerspruchsfreie Auslegung des in dieser Arbeit verfolgten Logistik-verständnisses zu gewähren, soll – ausgehend von einer managementorientierten Grundhaltung – ein Gesamtsystem der Unternehmenslogistik entwickelt werden, das die unterschiedlichen Perspektiven und Komponenten der Logistik miteinander verknüpft.

3.2.2 Komponenten der Unternehmenslogistik

Die Elemente des logistischen Systems industrieller Produktionsunternehmen sind in dem in Abbildung 14 angeführten „Logistik-Pentagon“ dargestellt. Sie umfassen ne-ben den logistischen Gestaltungsmerkmalen die Logistikziele und Logistikstrategien, die Logistikprozesse und die Logistikorganisation.

80 Pfohl (1996), S.5 definiert „Systeme zur raum-zeitlichen Gütertransformation sind Logistiksysteme; die in ihnen ablaufenden Prozesse demnach Logistikprozesse. Sie laufen ab im sogenannten Logistikunternehmen. Das sind Dienstleistungsunternehmen, deren Unternehmenszweck Raum- und Zeitüberbrückung ist. Sie laufen aber auch in Industrie-, Handels- oder Dienstleistungsunternehmen ab, bei denen die Raum- und Zeitüberbrückung ledig-lich eine Teilaufgabe zur Erfüllung des eigentlichen Unternehmenszweckes darstellt.“

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Abbildung 14: Komponenten der Unternehmenslogistik

3.2.2.1 Logistische Gestaltungsmerkmale

Zur Charakterisierung der Logistikkonzeption – der logistischen Betrachtungsweise von Problemen in Unternehmen – soll nun das spezifische Denken bei der Analyse und Gestaltung von Logistiksystemen und -prozessen mit seinen verschiedenen Komponenten beschrieben werden. Die Einführung der Logistikkonzeption impli-ziert tiefgreifende Struktur- und Verhaltensveränderungen und führt zu neuen Problemlösungs- und Methodenansätzen, sowohl in der Abwicklung von Material- und Informationsflussaktivitäten als auch im Management unternehmensübergrei-fender Wertschöpfungsaktivitäten. Scheinbare „Naturgesetze“ der Produktion wie Grundmodelle zur Bestimmung wirtschaftlicher Losgrößen werden durch die Über-tragung logistischer Prinzipien auf bestehende Unternehmensstrukturen relativiert.81 Der Paradigmawechsel, der mit der Einführung der Logistikkonzeption verbunde-nen ist, beruht auf den in Abbildung 15 angeführten Prinzipien. Diese können als Gestaltungsmerkmale der Logistikkonzeption angesehen werden.

Charakteristisch für das der Logistik zu Grunde liegende Systemdenken ist die ganz-heitliche Betrachtungsweise der gesamten logistischen Kette zwischen Versandstelle und Empfangspunkt. Die Logistik beinhaltet demnach – entsprechend der Defini-tion – nicht allein die Betrachtung innerbetrieblicher Abläufe. Das systemische Den-ken ermöglicht, die Beziehungen zwischen einzelnen Elementen des logistischen Sys-tems zu erkennen und suboptimale Lösungen einzelner Elemente des Systems zu-gunsten optimaler Gesamtlösungen zu vermeiden. Das Gesamtkostendenken ist mit

81 Vgl. Fey (1989), S.126.

Logistik-organisation

Logistik-strategien

LogistischeProzesse

Logistik-ziele

LogistischeGestaltungs-

merkmale

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dem Systemdenken eng verbunden. Durch die Berücksichtigung aller für logistische Entscheidungen relevanten Kosten wird die kostenminimale Gestaltung des Logis-tiksystems ermöglicht. Das Servicedenken hat die Sicherstellung der Verfügbarkeit eines Gutes zum Ziel. Der Lieferservice bezieht sich dabei auf alle Leistungen, die der Anbieter logistischer Leistungen im Rahmen der Auftragsabwicklung übernimmt. Komponenten des Lieferservice bilden die Lieferzeit, die Lieferzuverlässigkeit, die Lieferungsbeschaffenheit und die Lieferflexibilität. Das logistische Effizienzdenken be-steht aus einer technologischen Dimension, die auf die Erhaltung bzw. Verbesserung der Leistungsfähigkeit und -bereitschaft abzielt und einer wirtschaftlichen Dimensi-on, die auf einer Betrachtung der daraus resultierenden Kosten und der am Markt durchsetzbaren Preise basiert. Unter Einbeziehung beider Komponenten in logisti-sche Entscheidungen wird die Erstellung eines gewinnoptimalen Serviceniveaus an-gestrebt. Das wert- und nutzenorientierte Denken berücksichtigt, dass die Bedürfnisbe-friedigung des Kunden nicht durch die wirtschaftliche Tätigkeit an sich, sondern vielmehr durch die mit ihr verbundene Nutzenstiftung geschieht. Von den zu unter-scheidenden Nutzenarten (Gestalt-, Informations-, Ort- und Zeitnutzen) sowie dem Nutzen aus dem Recht am Gut werden durch die Logistik der Ort- und Zeitnutzen sowie teilweise der Informationsnutzen, z.B. in Form des dem Güterfluss vorausei-lenden Informationsflusses, erzeugt.82 Zwischen diesen Elementen bestehen Bezie-hungen bzw. können Beziehungen hergestellt werden. Zudem führen Veränderun-gen eines Elements gleichzeitig zu Veränderungen bei den mit diesem in Beziehung stehenden Elementen.

Abbildung 15: Gestaltungsmerkmale der Unternehmenslogistik

3.2.2.2 Logistikstrategien

Logistikstrategien leiten sich von der Gesamtstrategie des Unternehmens ab und sind Bestandteil des unternehmerischen Strategiegeflechts. Auf Basis der durch die Wettbewerbsstrategie vorgegebenen Erfolgsfaktoren werden konkrete Maßnahmen und Programme abgeleitet, die gleichzeitig einen Orientierungsrahmen für die Neu-gestaltung logistischer Systeme oder die Abwicklung von Logistikprozessen geben.

82 Zu den konzeptionellen Grundlagen der Logistik vgl. Pfohl (1996), S.20-42, sowie Engelke (1997), S.40f.

Wert- undnutzen-

orientiertesDenken

System-denken

Service-denken

LogistischesEffizienzdenken

Gestaltungsmerkmale derUnternehmenslogistik

Gesamtkosten-denken

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Porter unterscheidet drei für die Unternehmenslogistik wettbewerbsrelevante Grundausrichtungen: Kostenführerschaft, Differenzierung und Spezialisierung.83

Aus der Strategie der Kostenführerschaft folgt für die Unternehmenslogistik die For-derung, ein vorgegebenes logistisches Leistungsniveau zu den branchenweit nied-rigsten Logistikkosten zu realisieren. Ist die Differenzierung Basis des Wettbewerber-folgs eines Unternehmens, gilt für das strategische Anforderungsprofil der Unternehmenslogistik, dass sie bei gegebenem Zielkostenniveau das branchenweit höchste logistische Leistungsniveau erreichen muss. Die Strategie der Spezialisierung basiert auf der Annahme, dass Unternehmen durch Konzentration auf bestimmte Kundengruppen, Produktsegmente oder geografisch abgegrenzte Märkte diese effi-zienter bearbeiten können als Unternehmen mit einem breiteren Wettbewerbsfokus. Durch die Unternehmenslogistik sollen dabei entweder Kosten- oder Differenzie-rungsvorteile erzielt werden.

Eine Konkretisierung der Logistikstrategie im Sinne eines Handlungsrahmens, der Bezugspunkte für die Zielformulierung oder für die Gestaltung und Koordinierung logistischer Systeme bietet, wird durch die wettbewerbsorientierten Grundstrategien nicht gegeben. Sie bieten lediglich Möglichkeiten für die Generierung von Logistik-strategien, die eine Konsistenz zu den übrigen Ressourcen- und Marktstrategien si-cherstellen. Daher ist es notwendig Basisstrategien zu entwickeln, die operationale Leitlinien liefern und damit zur Umsetzung der Wettbewerbsstrategie beitragen. Bei-spiel für einen solchen konzeptionellen Ansatz ist die Just-In-Time Strategie.84

3.2.2.3 Logistikziele

Voraussetzung für die Gestaltung und Steuerung logistischer Systeme ist die Ablei-tung und Vorgabe von Zielen. Ziele sind Ausdruck rationalen Verhaltens und be-schreiben zukünftige Sachverhalte, deren Realisierung angestrebt wird.85 Sie dienen als Basis für die Generierung und Beurteilung von Systemalternativen und gelten als Wertprämissen für logistische Entscheidungen.86 Wichtig ist, dass bei der Festlegung logistischer Ziele, diese auch Bestandteil des generellen Zielsystems eines Unterneh-mens sind.87 Um sicherzustellen, dass die Logistikziele zur Erreichung der überge-ordneten Unternehmensziele beitragen, dürfen diese nicht isoliert ermittelt werden, sondern müssen hinsichtlich ihrer Zielinhalte, -ausprägungen und Geltungsdauer aus der Gesamtzielkonzeption abgeleitet werden. Das logistische Zielsystem und die Gesamtzielkonzeption sind durch eine Vielzahl heterogener Zielkomponenten ge-kennzeichnet, zwischen denen konkurrierende, komplementäre oder indifferente Beziehungen bestehen können.88 Die Zielkomponenten

- Leistungsziele, - Kostenziele und - Rentabilitätsziele

83 Vgl. Porter (1988), S.62ff. 84 Zum Just-In-Time Konzept siehe z.B. Wildemann (1992). 85 Vgl. Heinen (1971), S.45. 86 Vgl. Kirsch et al. (1973), S.286. 87 Vgl. Bowersox et al. (1986), S.267. 88 Vgl. hierzu Heinen (1971), S.94ff.

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stellen Formalziele von Logistiksystemen dar. Sie konkretisieren das logistische Sachziel, welches sich in der Forderung manifestiert, die richtigen logistischen Objek-te (Informationen und Güter), in der richtigen Menge, im richtigen Zustand, am rich-tigen Ort, zum richtigen Zeitpunkt, für den richtigen Verbraucher und zu den richti-gen Kosten zur Verfügung zu stellen.89

3.2.2.4 Logistische Prozesse

Logistische Prozesse lassen sich in Primär- und Sekundärprozesse einteilen. Diese können im Sinne eines hierarchischen Vorgehens in weitere Teilprozesse und Aktivi-täten untergliedert werden. Logistische Primärprozesse sind Kernprozesse, die ent-koppelte Prozesse der Beschaffung, Produktion und Distribution verbinden. Sie ver-ändern die zeitlichen, räumlichen, mengen- und artmäßigen Merkmale von Gütern und Informationen. Die logistischen Primärprozesse industrieller Unternehmen set-zen sich aus den Prozessketten des inner- und überbetrieblichen Materialflusses so-wie des hierzu komplementären Informationsflusses zusammen.

Zu den Teilprozessen der logistischen Kernprozesse gehören90

– Transport-, Umschlags- und Lagerprozesse (Kernprozesse des Güterflusses),

– Verpackungs- und Signierungsprozesse (Unterstützungsprozesse im Güterfluss) und

– Auftragsübermittlungs- und Auftragsbearbeitungsprozesse (Informationsfluss).

Der Austausch von Informationen ist Voraussetzung für den Güterfluss zwischen einer Versandstelle und dem zugehörigen Empfangspunkt. Informationen lösen den Güterstrom vorauseilend aus, begleiten ihn erläuternd und folgen ihm bestätigend (oder nicht bestätigend) nach. Zu den am Informationsfluss ausgerichteten logisti-schen Kernprozessen zählen neben dem Aktivitätenbündel der in Abbildung 16 dar-gestellten Kundenauftragsbearbeitung auch sämtliche Informations-, Kommunikati-ons- und Koordinationsprozesse, die zur Planung, Disposition und Steuerung logistischer Objekte und Ressourcen erforderlich sind.91

89 Vgl. Pfohl (1996), S.12; Jünemann (1989), S.18. 90 Einteilung erfolgt nach Pfohl (1996), S.8f. 91 Vgl. Bowersox et al. (1986), S.18ff.

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Abbildung 16: Logistikprozesse und die durch sie bewirkte Gütertransformation92

Logistische Kernprozesse werden grundsätzlich in allen Produktionsunternehmen durchgeführt. Im Gegensatz dazu sind die unterstützenden Logistikprozesse abhän-gig von der unternehmensspezifischen Logistiksichtweise. Sekundäre Logistikpro-zesse betreffen das Management und die Weiterentwicklung der Basisprozesse. Dazu gehören strategische, administrative und operative Planungs- und Entscheidungs-prozesse zur Gestaltung, Koordination und Optimierung logistischer Systeme. Logis-tische Sekundärprozesse beinhalten Teilaktivitäten wie die Planung und Kontrolle logistischer Kosten und Leistungsdaten, die Entwicklung von Logistikstrategien, die Erarbeitung von Make-or-Buy Studien und Layoutkonzepten sowie das Manage-ment und Mitarbeitertraining.

3.2.2.5 Logistikorganisation

Zur Realisierung der Logistikkonzeption ist eine Institutionalisierung logistischer Aktivitäten und Kompetenzen erforderlich. Die Bildung eigenständiger Organisati-onseinheiten ist notwendig, da die angestrebten Leistungsverbesserungen und die mit der Einführung logistischer Prinzipien beabsichtigten Verhaltensveränderungen erst dann durchsetzbar sind, wenn sie von einer strukturellen Aufwertung der Logis-tik begleitet werden.93 Da traditionell gewachsene Organisationskonzepte den Ge-samtaufgabenkomplex von Unternehmen vorwiegend nach vertikalen Gesichtspunk-ten gliedern, wirken diese flusshemmend und verursachen Schnittstellenprobleme, da sie die logistischen Kernprozesse, die horizontal über mehrere Organisationsein-heiten und Verantwortungsbereiche hinweg laufen, unterbrechen und zergliedern.94

92 Quelle: Pfohl (1996), S.9. 93 Vgl. Fiedel (1991), S.3; Weber (1990), S.979; Duerler (1990), S.226: Voegele (1988), S.2ff; Bowersox et al. (1986), S.303. 94 Vgl. Ihde (1980), S.1226f, Felsner (1980), S.33ff.

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In solchen Konzepten fehlt die Gesamtverantwortung für die Durchführung logisti-scher Aktivitäten. Obwohl einheitliche Unternehmensziele vorliegen, steuern die Funktionsbereiche ihre logistischen Teilprozesse auf der Basis isolierter Optimie-rungsregeln. Des Weiteren besteht die Gefahr, dass logistische Aktivitäten innerhalb der einzelnen Organisationseinheiten als untergeordnete Nebentätigkeiten vernach-lässigt werden, da sie die Funktionsbereiche von ihren originären Kernaktivitäten abhalten.

Durch die Gestaltung eigenständiger Organisationseinheiten soll ein institutioneller Rahmen zur gesamtverantwortlichen Koordination von Logistikprozessen geschaf-fen werden. Hauptargumente hierfür sind:95

- sowohl eine stärkere Berücksichtigung und Harmonisierung von Ziel- und Entscheidungsinterdependenzen zwischen den unterschiedlichen Logistikak-tivitäten als auch zwischen Logistikaktivitäten und angrenzenden Unterneh-mensfunktionen.

- die Realisierung von Synergieeffekten durch Vermeidung von Doppeltätigkei-ten bei der Abwicklung von Material- und Informationsflussprozessen.

- die Schaffung von Voraussetzungen für eine fundierte Erfassung, Planung und Kontrolle von logistischen Leistungen und Kosten.

- die Bündelung von Logistik-Know-how speziell für die Entwicklung neuer Logistikkonzepte und zur Förderung der logistischen Wissensbasis.

3.3 Potenzialfaktoren zur Erschließung der Logistikqualität in industriellen Produktionsunternehmen

In dem im vorherigen Kapitel erläuterten Logistiksystem sollen nun auf Basis der Ergebnisse der durchgeführten Ist-Analyse Potenzialfaktoren identifiziert werden. Diese dienen als Grundlage für eine detaillierte Prozessanalyse. Potenzialfaktoren verkörpern den kreativen Kern der logistischen Neugestaltung von Versorgungspro-zessen. Sie konkretisieren die Neugestaltungsaufgaben und umfassen sämtliche Maßnahmen, die zur Erreichung der angestrebten Ziele des Neugestaltungsprozes-ses96 führen sollen. Bei der Ableitung von Maßnahmen ist dem ganzheitlichen Ges-taltungsanspruch der Logistik Rechnung zu tragen. Um den Bestrebungen der funk-tions- und unternehmensübergreifenden Flussoptimierung gerecht zu werden, darf sich der Neugestaltungsprozess nicht auf einzelne Komponenten des Logistiksys-tems beschränken.97 Dadurch würde die wechselseitige Bedingtheit zwischen logisti-schen Transformationsprozessen und den Basisprozessen der Produktgestaltung und Produktion vernachlässigt werden.98 Eine Beschränkung von Maßnahmen zur Neu-gestaltung auf einzelne Komponenten des Logistiksystems reduziert das Gestal-tungspotenzial logistischer Prinzipien einseitig auf die Logistik mit der möglichen Konsequenz, dass zwar die Kostenposition und das Leistungsvermögen einzelner Material- und Informationsflussaktivitäten optimiert werden, aber nicht die Effizienz der gesamten Wertschöpfungskette verbessert wird. Um dem Integrationsansatz der

95 Vgl. Felsner (1980), S.42. 96 Zu den Zielen des Neugestaltungsprozesses siehe Kap. 4.1. 97 Zur Umsetzung des logistischen Prinzips der Flussorientierung vgl. Weber/Kummer (1994), S.127ff. 98 Vgl. Ihde (1991), S.1.

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Logistik zu entsprechen, wurden aus der durchgeführten Ist-Analyse folgende Po-tenzialfaktoren identifiziert:

- Produktstruktur,

- Materialfluss,

- Informationsfluss,

- Produktionsstruktur,

- personelle Ressourcen und

- Logistikorganisation,

die als Basis für eine tiefergreifende Prozessanalyse dienen (Vgl. Abbildung 17).

Abbildung 17: Potenzialfaktoren zur Erschließung von Logistikqualität in industriellen Produkti-onsunternehmen

Der Produktstruktur kommt bei der Neugestaltung von Versorgungsprozessen nach logistischen Prinzipien eine zentrale Bedeutung zu. Die Ursachen hierfür liegen in dem hohen Einfluss des Produktprogramms auf die Komplexität von Wertschöp-fungssystemen wie im Teil B der durchgeführten Ist-Analyse ersichtlich wird. Ein Drittel99 der dort analysierten Merkmale können direkt über die Produktstruktur beeinflusst werden. Die Verkürzung der Produktlebenszyklen und die fortschreiten-de Individualisierung der Kundenwünsche schlagen sich nicht nur in einer Zunahme der Produkt- und Variantenvielfalt nieder. Sie führen auch zu einem im Verhältnis zum Umsatz- und Mengenwachstum überproportionalen Anstieg der Erzeugnisan-zahl bei gleichzeitiger Verringerung der jeweiligen Artikelpositionen. Die wachsende Typen- und Teilevielfalt wirkt sich negativ auf die Herstellkosten und als Kostentrei-

99 Siehe Anhang Kap. 8.1 Teil B: Fragen Nr. 5, 6, 7, 8, 16, 18 und 20.

Logistik-organisation

Logistik-strategien

LogistischeProzesse

Logistik-ziele

LogistischeGestaltungs-

merkmale

Logistik-organisation

Logistik-strategien

LogistischeProzesse

Logistik-ziele

LogistischeGestaltungs-

merkmale

Produktstruktur

Logistik-organisation

Informationsfluss

Materialfluss

PersonelleRessourcen

Produktions-struktur

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bersatz für die Abwicklung logistischer Prozesse aus. Nach Wildemann lässt sich ein Erfahrungskurveneffekt nachweisen, bei dem eine Verdoppelung der Varianten ei-nen Stückkostenanstieg von 20-35% hervorruft.100 Zudem beruht die besondere Be-deutung produktbezogener Neugestaltungsmaßnahmen auf der Erkenntnis, dass die von der Entwicklung und Konstruktion festgelegten Produktkonfigurationen im We-sentlichen sowohl die Technologie- und Kostenstrukturen als auch die Eigenschaften der logistischen Prozesskette bestimmen.101 102 Dieser starke Einfluss der Produkt-struktur und Variantenintensität rechtfertigen die Vertiefung in Bezug auf logistikge-rechter Produktgestaltung in der folgenden Prozessanalyse.

Über ein Drittel103 der analysierten Merkmale der vorausgegangenen Ist-Analyse haben über den Materialfluss entscheidenden Einfluss auf die logistische Kontroll-spanne. Ausgehend von den Neugestaltungsprinzipien der Flussoptimierung, Zeitef-fizienz und Kundenorientierung soll ein störungsfreier, bestandsarmer Erzeugnis-strom ohne Warteschlangen, Staustrecken oder Stillstände über die gesamte Wertschöpfungskette von den Lieferanten über die eigene Produktion bis hin zum Kunden realisiert werden. Voraussetzung hierfür ist eine nachhaltige Verkürzung der Materialdurchlaufzeiten. Hierzu hat Gutenberg folgende wertanalytische Opti-mierungsregel formuliert: „Die optimale Durchlaufzeit des Materials wird erreicht, wenn die Liege- und Wartezeiten gleich Null sind bzw. sich dem unter gegebenen betrieblichen Verhältnissen erzielbaren Minimum annähern.“104 Daraus lässt sich ableiten, dass Material zwischen Eingang im Unternehmen und endgültigem Verbrauch maximal einmal in die Hand genommen werden soll oder dass Zeiten, die nicht zur Wertschöpfung beitragen, möglichst vermieden werden sollen. Zur Umset-zung solcher Leitsätze erarbeitet die folgende Prozessanalyse Maßnahmen, um die mit dem Materialfluss verbundenen logistischen Kernprozesse entsprechend neu zu strukturieren. Bei der Materialflussgestaltung lassen sich zudem die Interdependen-zen zu den horizontalen Informationsflussprozessen herausarbeiten.

Die Neugestaltung von vertikalen Informationsflussprozessen umfasst die zum Ma-terialfluss komplementären Aktivitäten Planung, Disposition und Steuerung logisti-scher Objekte. Vier der Merkmale105 der Logistikkomplexität in der vorab durchge-führten Ist-Analyse werden über den Informationsfluss beeinflusst. Im Mittelpunkt der folgenden Prozessanalyse steht die Absicht, Bestände und nicht-wertschöpfende Lager-, Handlings- oder Transportvorgänge durch eine effizientere Nutzung von Informationen zu ersetzen.106

Die Struktur der Fertigungs- und Montageprozesse bestimmen im Wesentlichen die Logistikeffizienz produzierender Unternehmen.107 Vor allem bei diskontinuierlichen Herstellungsprozessen, die durch eine hohe funktionale Spezialisierung und Arbeits-teilung gekennzeichnet sind, steigt der Zwang, Raum-, Mengen- und Zeitdisparitä-ten zu koordinieren. Lange, nicht beherrschte Durchlaufzeiten, mangelnde Termin-

100 Vgl. Wildemann (1992), S.13f. 101 Vgl. Eidenmüller (1991), S.86. 102 Eidenmüller (1991), S.85: „Ein ungünstig gestaltetes Produkt begrenzt bei einem noch so leistungsfähigen Produktionsprozess die erreichbare Durchlaufzeit ebenso wie die erreichbare Flexibilität.“ 103 Siehe Anhang Kap. 8.1 Teil B: Fragen Nr. 11, 12, 13, 14, 15, 19, 20 und 21. 104 Gutenberg (1983), S.216. 105 Siehe Anhang Kap. 8.1 Teil B: Fragen Nr. 14, 15, 17 bis 21. 106 Vgl. Pfohl (1983), S.723. 107 Vgl. Voegele (1988), S.131.

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treue sowie Über- und Fehlbestände sind Ausdruck der Problematik, die Komplexi-tät unter variablen Umwelteinflüssen zu bewältigen. Weitere vier Merkmale108 der Logistikkomplexität in der durchgeführten Ist-Analyse werden durch die Produk-tionsstruktur beeinflusst.

Die Ergebnisse der Ist-Analyse bringen zum Ausdruck, dass die Ausprägungen der Merkmale der Logistikkompetenz109 der untersuchten Unternehmen in der Mehrheit der Fälle unterdurchschnittlich sind. Dies spiegelt den Handlungsbedarf im Bereich der Logistikorganisation wider. Diese ist besonders geeignet zur weiteren Betrach-tung in der folgenden Prozessanalyse, denn sie beeinflusst alle Merkmale der Logis-tikkompetenz. Die Neuordnung der Logistikorganisation ist mit besonders tiefgrei-fenden Veränderungen verbunden, da sie neben dem Instanzengefüge auch das Entscheidungs- und Kompetenzensystem zwischen der Logistik und angrenzenden Unternehmensbereichen verändert.

Da Strategien, Prozesse und Strukturen von Menschen entwickelt, gestaltet und von deren Verhalten getragen werden, muss den personellen Ressourcen ein hoher Stel-lenwert beigemessen werden. Mehr als die Hälfte der Ausprägungen der Merkmale der Logistikkompetenz sind unterdurchschnittlich ausgefallen. Die Merkmale und somit auch Defizite in diesem Bereich werden durch personelle Ressourcen maßge-bend beeinflusst. Die Besonderheit dieses Sachverhalts liegt darin, dass die Mitarbei-ter gleichzeitig als Betroffene und Träger des Erneuungsprozesses fungieren.110

Aufgabe dieser Arbeit ist es einen Leitfaden zur Steigerung der Logistikkompetenz und der Effizienz des Logistiksystems produzierender Unternehmen zu entwickeln. Dazu werden im nächsten Schritt aufbauend auf Qualitätsmanagementmethoden geeignete Fragestellungen aus den identifizierten Potenzialfaktoren abgeleitet. Diese dienen als Basis für abzuleitende Maßnahmen des Neugestaltungsprozesses. Zu-nächst soll untersucht werden, welche Ansätze in der Literatur hierzu bereits vor-handen sind und inwieweit sie sich zur Problemlösung eignen.

3.4 Logistische Qualitätsmanagementansätze in der Literatur

Fragestellungen, die Qualitätsmanagement in der Unternehmenslogistik zum Ge-genstand haben, stellen für die betriebswirtschaftliche Forschung ein Thema dar, das im letzten Jahrzehnt eine rasante Entwicklung durchgemacht hat. Qualitätsmanage-ment wird in der Literatur aus einer übergeordneten Perspektive diskutiert wie z.B. nach den Ansätzen der DIN-ISO- Normen 9000-9004, in denen die Verfahren der Qualitätsnachweisführung funktional gegliedert durch verschiedene Unternehmens-bereiche (wie Entwicklung, Konstruktion, Produktion) dargestellt sind. Die Über-tragbarkeit auf Querschnittsfunktionen wie Logistikprozesse wird durch allgemeine Darstellung der Schritte zum Aufbau von Qualitätsmanagementsystemen voraus-gesetzt. Im Unterschied zur technischen Qualitätskontrolle, sind auf dem Gebiet der Logistik erst wenige theoretisch konzeptionelle und empirisch ausgerichtete Quali-tätsmanagementansätze zu erkennen. Hierfür lassen sich im Wesentlichen zwei Gründe anführen. Zum einen verfügt die Logistikforschung im Vergleich zu anderen Teilgebieten der Betriebswirtschaftslehre noch über eine begrenzte Wissensbasis, da 108 Siehe Anhang Kap. 8.1 Teil B: Fragen Nr. 1, 2, 4, 5 und 10. 109 Siehe Anhang Kap. 8.1 Teil C. 110 Zur Rolle der Mitarbeiter als Träger logistischer Neugestaltungsprozesse vgl. Kapitel 4.5.4.

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sie aufgrund der Neuartigkeit der Logistikkonzeption erst in geringem Umfang auf theoretische Aussagen oder praktisches Erfahrungswissen zurückgreifen kann.111 Zum Zweiten kann das Forschungsfeld „Qualitätsmanagement in der Logistik“ an-gesichts des funktions- und unternehmensübergreifenden Charakters der Logistik zweifellos als ein äußerst vielschichtiger Untersuchungsgegenstand bezeichnet wer-den, dessen Analyse nicht nur in zeitlicher und konzeptioneller Hinsicht besondere Anforderungen an den Forschungsprozess stellt, sondern auch aufgrund der Wett-bewerbsrelevanz der logistischen Netzwerke durch hohe Zutrittsbarrieren gekenn-zeichnet ist. Infolgedessen ist es nicht verwunderlich, wenn im Hinblick auf die ge-wählte Themenstellung in der einschlägigen Literatur bislang lediglich Teilaspekte oder nur einzelne Phasen des Materialflusses behandelt werden.

Als zentrale Anknüpfungspunkte, mit denen ein Zugang zur Analyse und Beurtei-lung des Qualitätsmanagements in der Logistik gefunden werden können, lassen sich zwei getrennte Diskussionen unterscheiden:

- Methoden des Qualitätsmanagement und deren Einführung

- Management von Versorgungsketten und Neugestaltungskonzepte in der Lo-gistik

Einige wenige Arbeiten verknüpfen die beiden Gedanken zu einem ganzheitlichen Qualitätsmanagement von Versorgungsketten: von den ursprünglichen Lieferungen bis zum Endkunden. Nach der vorangegangenen Diskussion des Qualitätsbegriffs wurde deutlich, dass eine gemeinsame Diskussion unbedingt erforderlich ist.

Im Vordergrund der Entwicklung und Verbreitung von Qualitätsmanagementansät-zen steht das Total-Quality-Management. Dies erfolgt unter Einbeziehung aller Mit-arbeiter auf allen Unternehmensebenen sowie insbesondere einschließlich der Liefe-ranten- und Abnehmerseite, d.h. entlang der gesamten Wertschöpfungskette (Total). Es verfolgt einen anwendungsbezogenen Qualitätsbegriff (Quality) und top-down eingeführt eine Vorbildfunktion mit partizipativ-kooperativen Führungsstil (Mana-gement).112 Dieses Konzept findet im letzten Jahrzehnt vermehrt auch Anwendung in der Logistik und dient als Basis für diese Arbeit.

Einen Überblick über den Stand des Qualitätsmanagements in der Logistik liefern einzelne Fallstudien und breiter angelegte Befragungen. Zielgruppe einer von dem Beratungsunternehmen Cleveland Consulting Associates113 durchgeführten Studie von Dezember 1990 bis Januar 1991 waren Unternehmen aus Nordamerika und Eu-ropa, wobei die Mehrzahl der 225 antwortenden Unternehmen mehr als 1000 Mitar-beiter hatten. Der Schwerpunkt der Untersuchung lag mit 75,1% der antwortenden Unternehmen in Nord Amerika. In Europa überwog Großbritannien mit 13,8%. Der Rest verteilte sich auf Dänemark (5,5%), Deutschland (2,3%), die Benelux-Länder (1%), Frankreich (0,9%), Norwegen (0,9%) und die Schweiz (0,5%). Während insge-samt 73,7% aus dem güterproduzierenden Gewerbe (Industrie- und Büroausstattung 20,5%, Chemikalien und Plastik 10,5%, forstwirtschaftliche Produkte 3,6%, langlebige Konsumgüter 8,6%, kurzlebige Konsumgüter und Lebensmittel 30,5%) stammten,

111 Vgl. Grün (1993), S. 414. 112 Zu TQM vgl. Oess (1991), Engelhardt/Schütz (1991), Pfohl (1992). 113 Zu den Ergebnissen der Studie siehe Cleveland Consulting Associates (1991), S.2ff, sowie Read/Miller (1991), S.32ff.

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waren 26,3% dem Dienstleistungssektor (Handel 14,5%, Transport 5,5%, sonstige Dienstleistungen 6,3%) zuzuordnen.

In der Befragung gaben 18% der Teilnehmer an, über kein spezifisch ausgewiesenes Qualitätsprogramm zu verfügen. Von den 82%, die ein Qualitätsprogramm hatten, wurde von 91% die Logistik in dieses Programm integriert. Die Einbindung der Lo-gistik in ein unternehmensweites Programm zur Verbesserung der Qualität war nach dem Produktionsbereich im Vergleich zu den Bereichen Forschung und Entwick-lung, Verkauf und Marketing, Informationssysteme, Rechnungswesen und Finanzen am stärksten ausgeprägt. Die Qualitätsprobleme waren am meisten verbreitet bei den Unternehmen, die dem Dienstleistungssektor zuzurechnen sind. Im güterprodu-zierenden Gewerbe waren die Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung am stärksten auf die Produktion konzentriert. Innerhalb der Logistik waren die Bereiche Kunden-service, Transport und Lagerhaltung am stärksten eingebunden. Diese Bereiche wurden nach Aussage der Untersuchung primär betont, aufgrund der damit ver-bundenen Nähe der Tätigkeiten zum Kunden und Ihrer Bedeutung für den Produk-tionsbereich. Abbildung 18 gibt einen Überblick über die im Logistikbereich einge-setzten Methoden zur Ermittlung der Kundenanforderungen an die Logistikqualität, deren Kenntnis die Grundlage eines Total Quality Management im Unternehmen ist. Führende angegebene Methode war dabei die Kundenbefragung, die von mehr als zwei Drittel der Unternehmen durchgeführt wurde, gefolgt von Besuchen der zustän-digen Führungskräfte bei den Kunden mit 61%. Anschließend wurden noch interne Kennzahlen (34%) und Marktanalysen (35%) genannt. Zu den aufgedeckten Schwächen der Untersuchung zählt, dass eine vollständige Implementierung von Qualitätspro-grammen in der Logistik nur zu 20% vorliegt. Insgesamt äußerten sich nur 40% der befragten Unternehmen zufrieden über den Stand des Qualitätsmanagements in der Logistik.114

114 Vgl. hierzu Pfohl (1992), S.31ff und Engelke (1997), S.8f.

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Abbildung 18: Methoden zur Ermittlung von Kundenanforderungen an die Logistikqualität115

Eine weitere Untersuchung der Unternehmensberatung A.T. Kearney, Inc. zu Beginn des Jahres 1991 wurde in den USA durchgeführt.116 Die Auswertung hatte 475 Un-ternehmen als Grundlage, die Ihre Angaben teils mittels Fragebögen (418 Unterneh-men), teils mittels persönlichen Interviews (57 Unternehmen) machten. In dieser Un-tersuchung war der Schwerpunkt der befragten Unternehmen auch aus dem güterproduzierenden Gewerbe (45%), gefolgt von Logistikdienstleistern (29%), Groß-handel (11%), Einzelhandel (9%) und sonstigen Branchen (6%). Im Rahmen der Untersuchung gaben 67% der Unternehmen an, über ein formalisiertes Programm zur Verbesserung von Produktivität und Qualität zu verfügen. Für den Bereich der Logistik lag dieser Prozentsatz bei 55%. Die drei am häufigsten genannten Einfluss-faktoren zur Entscheidungsunterstützung für die Initiierung von Qualitätsprogram-men in der Logistik waren das Erzielen von Wettbewerbsvorteilen (72%), die Redu-zierung von Prozesskosten (66%) und die im Logistik-Management dargestellte Notwendigkeit zur Durchführung eines solchen Programms (60%) (siehe Abbildung 19).

115 Quelle: Read/Miller (1991), S.44; Übersetzung durch den Verfasser. 116 Zu den Ergebnissen der Studie siehe Byrne/Markham (1991), S.63ff.

0 20 40 60 80

Wird nicht gemessen

Andere

Veröffentlichtes Materialin der Wirtschaftsliteratur

Interne Kennzahlen

Marktanalysen

Kundenbesuche durchFührungsverantwortliche

Kundenbefragung

Häufigkeit der Nennung (%)

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Abbildung 19: Haupteinflussfaktoren zur Entscheidungsunterstützung für die Initiierung von Qua-litätsprogrammen in der Logistik117

In Abbildung 20 werden die unterschiedlichen Einschätzungen von Kunden und Lie-feranten über den Erfüllungsgrad der Qualitätsmerkmale in der Logistik deutlich. Die Grafik zeigt, dass die Anbieter den Kundenanforderungen nicht im vollen Um-fang genügen. Daraus ist zu schließen, dass Defizite in den Qualitätsverbesserungs-programmen der Unternehmen vorliegen.118

117 Quelle: Byrne/Markham (1991), S.238; Übersetzung durch den Verfasser. 118 Vgl. hierzu Pfohl (1992), S.31ff und Engelke (1997), S.9ff.

23%

31%

31%

51%

60%

66%

72%

0% 20% 40% 60% 80%

Reaktion aufLeistungsprobleme der

Vergangenheit

Gleichziehen mitdem Wettbewerb

Kundenanforderung

Teilnahme angesamtunternehmerischen

Aktivitäten

Notwendigkeit durchLogistikmanament erkannt

Laufende Kostenreduzieren

Wettbewerbsvorteile

Angaben in Prozent der befragten Unternehmen

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Abbildung 20: Einschätzung der Erreichung der geforderten Logistikqualität durch Kunden und Lieferanten119

Eine weitere Untersuchung der Unternehmensberatung A.T. Kearney, Inc. wurde 1992 im Auftrag der European Logistics Association (ELA) durchgeführt.120 Von den ca. 1000 schriftlich oder in Interviews befragten Unternehmen kamen 28% aus Deutschland, 11% aus Skandinavien, jeweils 10% aus Großbritannien und Frank-reich, jeweils 9% aus den Niederlanden und Spanien, 8% aus Italien, 7% aus Belgien, 5% aus der Schweiz und 3% aus Österreich. Während insgesamt 82% aus dem güter-

119 Quelle: Byrne/Markham (1991), S. 76; Übersetzung durch den Verfasser. 120 Vgl. Türks/Lienau/Böllhoff (1993), S.3ff.

35%

4%

39%

4%

35%

8%

38%

8%

22%

9%

39%

15%

34%

44%

61%

42%

60%

44%

61%

51%

54%

52%

43%

41%

46%

48%

50%

17%

30%

16%

32%

17%

27%

9%

38%

20%

43%

14%

27%

15%

23%19% 8%

3%

12%

6%

5%

6%

0%

2%

4%

4%

4%

3%

5%

4%

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

Lieferant

Kunde

Lieferant

Kunde

Lieferant

Kunde

Lieferant

Kunde

Lieferant

Kunde

Lieferant

Kunde

Lieferant

Kunde

Beh

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Häufigkeit der Nennung (%)Ziele werden stets erreicht

Ziele werden meistens erreichtZiele werden oft erreicht

Ziele werden selten erreicht

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produzierenden Gewerbe kamen (Nahrungs- und Genussmittelindustrie (12%), Chemische Industrie, Petrochemie, Kunststoffe (11%), Computer, Elektronik, EDV (9%), Automobil, sonstiger Fahrzeugbau (8%), Maschinen-, Werkzeug-, Stahlbau (8%), pharmazeutische Industrie (7%), Handel (6%), Elektrotechnik (5%), Papier- und Druckgewerbe (5%) und sonstige (11%)), kamen die verbleibenden 18% aus dem Dienstleistungsektor. In Abbildung 21 wird deutlich wie schlecht Unternehmen über die Erfüllung logistikbezogener Anforderungen der Kunden informiert waren. Wäh-rend durchschnittlich 27% der Unternehmen glaubten, die Anforderungen der Kun-den permanent zu erfüllen, waren durchschnittlich nur 8% der Kunden dieser Auf-fassung. Dies verdeutlicht, dass die Unternehmen relativ schlecht über die Kundenanforderungen informiert waren. Ein voll ausgereiftes und entwickeltes Qua-litätsverbesserungsprogramm bestand nur bei einer Minderheit der Unternehmen, obwohl ca. 75% der Unternehmen angaben, ein formalisiertes Qualitätsverbesse-rungsprogramm in der Logistik zu haben.121

Abbildung 21: Einschätzung der Erfüllung logistischer Leistungen durch Kunden und Lieferan-ten122

Abbildung 22 verdeutlicht, dass neben der Produktqualität und dem Preis logistikre-levante Kriterien wie der Service und die Lieferzuverlässigkeit wesentliche kaufent-scheidende Faktoren sind. Da aber über 90% der befragten Unternehmen eben genau mit diesen logistischen Leistungen nicht zufrieden waren, verwundert die geringe Ausprägung der qualitätssichernden Programme zur Begegnung dieses Mangels.123

121 Vgl. Türks/Lienau/Böllhoff (1993), S.67-71. 122 Quelle: Türks/Lienau/Böllhoff (1993), S.63. 123 Vgl. Engelke (1997), S.14.

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3 Logistikqualität im System industrieller Produktionsunternehmen

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Abbildung 22: Kaufentscheidende Faktoren für den Kunden124

Zusammenfassend zeigt sich, dass das Erkenntnisobjekt „Qualitätsmanagement in der Unternehmenslogistik“ ein Forschungsgebiet darstellt,

- in dem derzeit nur wenige systematische Untersuchungsansätze vorliegen, deren Beziehungen untereinander sowohl auf definitorischer als auch auf kon-zeptioneller Ebene geklärt sind,

- das einen fragmentarischen Charakter aufweist und dessen Komponenten noch zusammenhangslos nebeneinander stehen,

- in dem umfassende unternehmensweite Qualitätsmanagementkonzepte nur vereinzelt diskutiert werden.

124 Quelle: Türks/Lienau/Böllhoff (1993), S.46.

17%

26%

39%

53%

68%

73%

78%

80%

80%

83%

85%

0% 20% 40% 60% 80% 100%

Kulturelle Gründe

Beziehung zum Lieferanten

Zusammenarbeitin der Produktion

Zusammenarbeit inEntwicklung und Konstruktion

Technologie

Einhaltung von Normenund Standards (z.B. ISO 9000)

Flexibilität

Lieferzuverlässigkeit

Service

Preis

Produktqualität

Angaben in Prozent der befragten Unternehmen

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Die vorherrschende Diskussion liegt lediglich in der Gestaltung und Zertifizierung von Qualitätsmanagementsystemen nach DIN ISO 9000ff oder nach EFQM125 sowie auf der prozess- und ergebnisorientierten Kontrolle logistischer Prozesse.

Diese thesenartigen Feststellungen unterstreichen die in der Problemstellung identi-fizierten Defizite. Sie können gleichsam als Ausgangsbasis für den in dieser Arbeit verfolgten Forschungsansatz herangezogen werden.

3.4.1 Qualitätsmanagement

Nach DIN und DIN ISO ist Qualitätsmanagement definiert als „derjenige Aspekt der Gesamtführungsaufgabe, welcher die Qualitätspolitik festlegt und zur Ausführung bringt.“ Das Qualitätsmanagement dient demnach zur Umsetzung des Qualitätsge-dankens in der Unternehmenspolitik. In der Organisationslehre wird Management konkreter anhand der Funktionen Planung, Organisation, Steuerung und Menschen-führung beschrieben.126 Qualitätsmanagement umfasst entsprechend die Qualitäts-planung, Qualitätsorganisation, Qualitätssteuerung sowie Mitarbeiterführung zur Qualitätspolitik der Unternehmen.127

Neben dem Total Quality Management sollen zur Vervollständigung der praktizier-ten Qualitätsmanagement-Konzepte noch das „Null-Fehler-Konzept“ und „CAQ“ genannt werden. Das Null-Fehler-Konzept ist eine Management-Konzeption, bei der durch systematische Qualitätsverbesserung versucht wird, zu vertretbaren Kosten Produkte 100% fehlerfrei zu produzieren.128 Neben der konventionellen Methode der Umsetzung der Qualitätsmanagementsysteme in Unternehmen, tritt zunehmend der Einsatz von Rechnern im Rahmen der CA-Techniken und CIM (Computer Integrated Manufacturing). Unter den Schlagworten CAQ (Computer Aided Quality Assurance) und CIQ (Computer Integrated Quality Assurance) wird ein breites Spektrum an Software zur Unterstützung des Qualitätsmanagements in Unternehmen angeboten. In CAQ-Systemen finden sich einfache Anwendungen zur Unterstützung von Prüf-routinen bis hin zu Expertensystemen, die in Form von Lehr-, Beratungs- oder Ana-lysesysteme Unterstützung anbieten. Basis dieser Arbeit wird das TQM-Konzept sein, das in Einklang mit der in dieser Arbeit beschriebenen Qualitätsdefinition steht.

3.4.2 Basiswerkzeuge und Verfahren des Qualitätsmanagements

In den folgenden Ausführungen stehen eine Auswahl von in der Logistik im Rahmen des Qualitätsmanagements verwendeten Instrumenten im Mittelpunkt der Betrach-tung. Ausgewählt wurden Werkzeuge und Verfahren, die von den analysierten Un-ternehmen im Rahmen dieser Arbeit am häufigsten genannt oder bereits angewandt wurden. Nach einer kurzen Beschreibung und Einschätzung der Relevanz folgt eine kritische Erörterung der Verwendbarkeit in Bezug auf die Zielsetzung dieser Arbeit.

125 European Foundation for Quality Management: Ausführliche Beschreibung des Models im folgenden Ab-schnitt. 126 Vgl. Ramme (1990). 127 Zur Konkretisierung der Funktionen des Qualitätsmanagements wird auf die einschlägige Literatur verwie-sen, z.B. Oess (1991), Engelhardt/Schütz (1991), Pfohl (1992). 128 Vgl. Plothe (1990), S.129-137.

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3.4.2.1 DIN EN ISO-Normenreihe 9000ff.

Die Normenreihe DIN EN ISO 9000ff. ist in vielen der untersuchten Unternehmen ein anerkanntes Regelwerk als Basis für den Aufbau eines leistungsfähigen Quali-tätsmanagementsystems.129 In Abhängigkeit von den spezifischen Gegebenheiten des jeweiligen Unternehmens sind individuell geeignete Qualitätssicherungselemente auszuwählen. Zu unterscheiden ist einerseits die Innenwirkung der Normenreihe, die sich im Qualitätsmanagementsystem widerspiegelt. Es soll innerbetriebliche Leis-tungserstellungsprozesse verbessern und deren Inhalte im Qualitätsmanagement-handbuch130 darlegen. Andererseits dokumentiert eine Zertifizierung131 den externen Qualitätsaspekt (Außenwirkung), indem die Implementierung des Qualitätsmana-gementsystems von dazu akkreditierten Prüfgesellschaften überprüft wird.

Abbildung 23 zeigt exemplarisch Vor- und Nachteile der DIN EN ISO Normenreihe, um einen Einblick in die Potenziale und Grenzen dieses Qualitätsmanagementansat-zes zu ermöglichen.

Durch die Implementierung des Qualitätsmanagementsystems kann neben einem generellen Motivationsschub auch eine Bewusstseinsverstärkung in Bezug auf Quali-tätsziele, Geschäftsprozessabläufe und die Schnittstellenproblematik des Unterneh-mens entstehen. Die notwendige Dokumentation der Abläufe und Geschäftsprozesse kann gegebenenfalls zu einer weiterführenden Analyse und Neugestaltung führen. Dennoch kann das Qualitätsmanagementsystem nach DIN ISO 9000ff. innovations-hemmend wirken und zu übertriebenen Bürokratismus verleiten.132 Die lückenlose Dokumentation betrieblicher Abläufe als Grundlage der Zertifizierung besitzt nor-mativen Charakter. Reines „Normverhalten“ führt zur mangelnden Flexibilität ge-genüber Kundenwünschen, die einer unbürokratischen Bearbeitung bedürfen. Zur Erreichung eines Zertifikats genügt es gegebenenfalls lediglich den minimalen Quali-tätsanspruch zu entsprechen. Somit wird ein Unternehmen um so schneller zum Zer-tifikat kommen, je niedriger die Qualitätsansprüche gewählt sind. Das Erreichen des Zertifikats steht oft im Vordergrund. Wenn das Bestreben ausschließlich auf die for-male Erfüllung der Normenanforderungen gerichtet ist, verliert der Informationsge-halt des Zertifikats an Relevanz, da ein Rückschluss vom Urteil der Zertifizierungs-gesellschaft auf die Fähigkeit des Unternehmens zur Sicherstellung anforderungsgerechter Prozessqualität nicht möglich ist. Das Qualitätsmanagement-system gibt einerseits aufgrund seines unverbindlichen Charakters keinen ausrei-chenden Einblick in die tatsächliche Prozessstruktur eines Unternehmens, anderer-seits sind Unterlagen in Form von Verfahrens- oder Arbeitsanweisungen derart unternehmensspezifisch, dass kaum ein aufschlussreicher Überblick über die Quali-tätsfähigkeit des betrachteten Unternehmens möglich ist. Da der Ursprung der Nor-menreihe in der industriellen Produktion zu suchen ist, erfordert eine Übertragung auf Logistikprozesse eine Vielzahl von Analogieschlüssen, die durchaus zu Fehlin-terpretationen führen können. Die mangelnde Berücksichtigung interner Kunden-Lieferantenbeziehungen ist ein weiterer Kritikpunkt. Die alleinige Fokussierung der Norm auf diejenigen Teilprozesse, die Prozessqualität direkt beeinflussen, führt zu

129 Der Inhalt und die Bedeutung der Normen sollen in dieser Arbeit nicht näher beschrieben werden. Vgl. hierzu z.B. Stauss (1994) und Petrick (1995). 130 Zum Qualitätsmanagementhandbuch vgl. z.B. Petrick (1994), S.107f. 131 Zur Definition und weiterer Ausführung von Zertifizierung vgl. z.B. Geiger (1994), S.46ff. 132 Vgl. Oess (1994), S.210.

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Qualitätsverlusten, da Fehler zwangsläufig ignoriert werden, die in indirekt quali-tätsbeeinflussenden Teilprozessen auftreten können.

Aufgrund der oben aufgeführten Punkte ist die DIN EN ISO-Normenfamilie nicht als umfassender Ansatz zum logistischen Qualitätsmanagement einzustufen. Ein Zerti-fikat ermöglicht ohne genauere Betrachtung, welche Elemente zertifiziert wurden und welche Maßnahmen empfohlen wurden, keine alleinstehende Aussage. Die im Rahmen dieser Arbeit verfolgte Problemstellung kann nur unzureichend mit diesem Bewertungsmodell verfolgt werden. Gerade im Zusammenhang mit logistischen Sys-temleistungen mit interaktionsintensiven Kundenbeziehungen ist der Freiraum für fallweise Entscheidungen durch standardisierte Abläufe und Regelungen eingeengt. Eine Analyse von Logistiksystemen, die Ableitung von Optimierungspotenzial unter Berücksichtigung kundenorientierter Qualitätsmerkmale und die Ableitung von Maßnahmen zur Neugestaltung ist nicht zielführend erreichbar, sondern nur durch über die Normenreihe weit hinausgehende Aktivitäten. Aus dem Qualitätsmanage-mentsystem sind nur schwer Potenziale zur weiteren Prozessverbesserung ableitbar. Hierzu ist eine weitergehende Analyse und Fragestellung erforderlich. Allein die Prozessdokumentation und das formale Einhalten des definierten Ablaufs reicht hierzu nicht aus.

Abbildung 23: Vor- und Nachteile der DIN ISO 9000ff. Normenreihe und des European Quality Award

3.4.2.2 Europäischer Qualitätspreis (EQA)

Der Europäische Qualitätspreis (EQA)133 wurde von der European Foundation For Quality Management (EFQM) entwickelt. Ziele des EQA sind die Akzentuierung eines ganzheitlichen Qualitätsmanagements und die Schaffung von Anreizen zur aktiven Qualitätsverbesserung.134 Um sich für den EQA zu bewerben, muss eine Selbstbewertung des Unternehmens anhand der in Abbildung 24 dargestellten neun 133 Englisch: „European Quality Award“. 134 Vgl. EFQM (1992), S.2ff.

• Bewusstseinsbildung und Motivation• Analyse und Dokumentation der Abläufe

• Innovationshemmnis und Normverhalten• Einhaltung von Minimalforderungen• Zertifikat als Selbstzweck• Informationsarmut des Zertifikats• Notwendigkeit von Analogieschlüssen• Mangelnde Prozessorientierung

Vorteile

Nachteile

• Ganzheitliche Ausrichtung• Ergebnisorientierung• Selbstbewertung und kontinuierliche

Verbesserung

• Vernachlässigung des internen Kunden• Zeit- und personalintensive Dokumentation

DIN EN ISO 9000ff. European Quality Award

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Kriterien vorgenommen werden, die sich in die Gruppen „Befähiger“ und „Ergeb-nisse“ aufteilen. Die Prozentangaben bringen die Bedeutung der unterschiedlichen Kriterien für die Bewertung zum Ausdruck.135 Der Fokus des EQA liegt wesentlich stärker auf der Verbesserung unternehmensweiter Qualität sowie der Wettbewerbs-fähigkeit, als dies bei der DIN EN ISO-Normenreihe der Fall ist. Im Folgenden sollen Vor- und Nachteile erörtert werden.

Die Kriterien des EQA legen den Schwerpunkt auf den Gesamteindruck des Unter-nehmens und fördern insofern die konsequente Ausrichtung auf ein ganzheitliches Qualitätsmanagement. Die Ergebnisorientierung betont, dass sich Qualität in allen wichtigen Bereichen widerspiegeln muss, um entscheidende Impulse für die Ergeb-nisse der Unternehmung und damit für die Wettbewerbsfähigkeit zu geben. Durch den Aufbau des EQA als Selbstbewertung eines Unternehmens ist es zwangläufig erforderlich, sich anhand der vorgegebenen Kriterien intensiv mit den entsprechen-den Abläufen im Unternehmen zu beschäftigen. Somit ist die Grundlage für einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess gebildet, der als Routinebestandteil im ope-rativen Management übernommen werden kann. Die eigentliche Bewerbung für den EQA kann somit zu einem positiven Nebeneffekt werden. Nachteilig erweist sich die Vernachlässigung der internen Kunden. Der Punkt der Kundenzufriedenheit bezieht sich rein auf den externen Kunden und widerspricht so dem Prinzip der internen Kunden-Lieferanten-Beziehung, das für die Umsetzung eines umfassenden Quali-tätsmanagementkonzeptes zwingend notwendig ist. Obwohl sich die Dokumentati-on als zeit- und personalintensiv erweist, kann festgehalten werden, dass für den unternehmensinternen Verbesserungsprozess die Selbstbewertung nach dem EQA-Modell das effektivere und effizientere Werkzeug ist im Vergleich zur DIN EN ISO-Normenreihe.

Abbildung 24: Kriterien des EQA136

135 Die Beschreibung der Kriterien und der Bewertung soll in dieser Arbeit nicht weiter ausgeführt werden, vgl. hierzu EFQM (1992), S.3ff. 136 Vgl. EFQM (1992), S.3.

Führung ProzesseGeschäfts-ergebnisse

Mitarbeiterführung

Politik & Strategie

RessourcenAuswirkungen aufdie Gesellschaft

Kunden-zufriedenheit

Mitarbeiter-zufriedenheit

Befähiger (Enablers) Ergebnisse (Results)

10% 9%

9%

8%

14% 9% 15%

20%

6%

50% 50%

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Für Logistiksysteme ist der alleinige Rückgriff auf den EQA zur Lösung der dieser Arbeit zu Grunde liegenden Problemstellung unzureichend. Wie schon bei der Dis-kussion der DIN EN ISO-Normenreihe, fehlen auch in diesem Kriterienmodell expli-zite Hinweise auf die Gestaltungsmöglichkeiten und die zu berücksichtigenden Imp-lementierungserfordernisse eines umfassenden logistischen Qualitätsansatzes (siehe auch Abbildung 23).

3.4.2.3 Statistische Prozesskontrolle (SPC)

Die statistische Prozesskontrolle bietet eine Möglichkeit, frühzeitig nach dem Erken-nen von Abweichungen eines Messwertes in einen Prozess einzugreifen. Somit lassen sich Fehler(folge)kosten vermeiden. Mit der Durchführung der SPC137 ist die Samm-lung, Dokumentation und Aufbereitung prozessbezogener Daten, die Ermittlung von Prozessabweichungen und die Einleitung von korrigierenden Maßnahmen ver-bunden. Dabei wird nicht nur auftretenden Abweichungen entgegengesteuert, Ziel ist auch die präventive Vermeidung von Störungen im Prozessablauf.

Grundsätzlich geht die statistische Prozesskontrolle davon aus, dass Prozessabläufe Schwankungen unterliegen. Natürliche oder zufällige Variabilität resultieren dabei aus nicht beeinflussbaren Veränderungen im Prozessablauf und unterliegen den Ge-setzen der Wahrscheinlichkeit. Diese Variabilität ist in allen Prozessen vorhanden und muss als gegeben hingenommen werden. Ein Prozess befindet sich dann im Ide-alzustand, wenn nur diese Art von Schwankungen auftreten. Die beschriebenen na-türliche Variabilität wird von unnatürlichen oder systematischen Schwankungen überlagert. Um diese zu erkennen und zu beseitigen, wird die statistische Prozess-kontrolle angewandt.

Zur Ermittlung natürlicher oder systematischer Schwankungen werden die einzel-nen Qualitätsmaßgrößen in Qualitätsregelkarten eingetragen. Mit Hilfe dieser Karten wird bestimmt wie weit sich die Prozessparameter vom anzustrebenden Idealzu-stand entfernt haben, ob also die Qualität des Prozesses den Anforderungen ent-spricht.138

Um einen sinnvollen Einsatz der SPC zu gewährleisten, sind spezifische Prozesscha-rakteristika notwendig. Es ist erforderlich, dass ein Prozess über einen längeren Zeit-abschnitt vergleichbar ist. Dies bedingt insbesondere eine Konstanz der eingesetzten Ressourcen, der Prozessausführung und der Qualitätsanforderungen. Diese Anfor-derung wird in der Logistik von standardisierten Prozessen erfüllt wie z.B. die Bear-beitung von Aufträgen oder eine JiT-Anlieferung.

Die Methode ist aufgrund der Prozessorientierung geeignet für die Kontrolle der aus Kundensicht besonders relevanten Qualitätsmerkmale der Logistik. Voraussetzung ist, dass die Qualitätsmerkmale sich in konkreten Zahlen ausdrücken lassen. Es ist auch wichtig, dass die prozessbezogenen Daten regelmäßig ermittelt werden kön-nen. Problematisch ist dabei, dass bestimmte Qualitätsmerkmale erst durch den Kunden bzw. sehr spät wahrgenommen werden oder auch die Informationen nicht schnell genug an die verarbeitende Stelle gelangen. Die Qualität des Ergebnisses wird also erheblich durch die Qualität der Messgeräte und der Informationsüber- 137 Englisch: „Statistical Process Control”. 138 Auf die einzelnen Qualitätsregelkarten und eine weitere Detaillierung zur SPC soll hier nicht näher eingegan-gen werden. Eine Übersicht bietet z.B. Staal (1990), S.122ff.

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mittlung bestimmt. Ursprüngliche Basis der SPC-Methode ist ein Produkt- bzw. Fer-tigungsbezug analog der verschiedenen Ansätze zur Definition von Qualität.139 Die SPC-Methode bietet zwar eine gründliche und systematische Vorgehensweise, zur Ableitung von Maßnahmen aus den in dieser Arbeit identifizierten Potenzialfaktoren ist sie jedoch wenig geeignet. Vielmehr sind die Fragestellungen von Bedeutung, die vorab zur Bestimmung der Qualitätsmerkmale, zur Definition des Prozesses und der zulässigen Abweichungen durchgeführt werden müssen. Nachteilig erweist sich bei dieser Methode die Voraussetzung, dass der zu Grunde liegende fähige Prozess auch bereits der optimale und einzig richtige ist. Weiterhin defizitär ist, dass erst Fehler (Abweichungen) auftreten müssen, um die Ursachen analysieren zu können. Zudem wird der Blick für Gesamtzusammenhänge durch die Methode nicht unterstützt.

3.4.2.4 Fehlermöglichkeits- und -Einflussanalyse (FMEA)

Eine Fehlermöglichkeits- und -Einflussanalyse140 dient dem systematischen Offenle-gen von Fehlerquellen, dem Finden und Vermeiden von potenziellen Fehlern durch Analyse von möglichen Ausfällen und deren Ursachen. Sie untersucht und bewertet Risiken und begleitet die Maßnahmengenerierung im Rahmen eines Verbesserungs-prozesses. Mit Hilfe von gezielten Fragen werden mögliche Fehler, Fehlerursachen und -auswirkungen sowie Schwachstellen in Abläufen aufgedeckt. Die Erstellung und Dokumentation erfolgt in vier Schritten:

- Fehleranalyse,

- Beurteilung des Ist-Zustandes,

- Definition von Verbesserungsmaßnahmen und

- Wirksamkeitsverfolgung.

Den grundlegenden Aufbau in Form eines Formulars enthält Abbildung 25. Zur Durchführung des Verfahrens empfiehlt es sich, interdisziplinäre Teams zusammen-zusetzen. Grundlage und Voraussetzung jeder FMEA ist eine detaillierte Beschrei-bung des Ist-Zustandes (Arbeitsvorgänge).

In der Fehleranalyse werden im ersten Schritt zu jedem Arbeitsvorgang alle poten-ziellen Fehler aufgeführt. Diese wird um eine Liste aller möglichen Folgen und an-schließend um die potenziellen Ursachen ergänzt. Die Fehlerkonsequenzen werden sowohl für das eigene Unternehmen als auch für den Kunden angegeben. Zur Beur-teilung des Ist-Zustandes wird eine Risikoprioritätszahl (RPZ) bestimmt, die sich aus der Multiplikation von drei unabhängigen Faktoren errechnet:

Zunächst wird die Auftretungswahrscheinlichkeit (A) des Fehlers abgeschätzt. Dies geschieht auf einer Skala von 1 (Auftreten unwahrscheinlich) bis 10 (Auftretungs-wahrscheinlichkeit hoch). Auf einer zweiten Skala des gleichen Typs wird die Bedeu-tung des Fehlers im Sinne einer Auswirkung auf den Kunden (B) bewertet. Die Ska-lierung reicht von 1 (kaum wahrnehmbar) bis 10 (äußerst schwerwiegender Fehler). Die Entdeckungswahrscheinlichkeit vor Auswirkung beim Kunden (E) wird in einer dritten Skala festgehalten und schließt die Beurteilung der Ist-Situation ab. Die ein-zelnen Bewertungskriterien werden zur Ermittlung der RPZ multipliziert:

139 Vgl. Kaptitel 3.1.2. 140 Englisch: “Failure Mode and Effects Analysis”.

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63

EBARPZ ××= Folglich kann die RPZ einen Wert zwischen 1 und 1000 annehmen. Dies ermöglicht eine quantitative Aussage hinsichtlich des Fehlerrisikos und der Dringlichkeit der Fehlervermeidung. Fehler mit einer hohen RPZ sind mit Priorität zu behandeln. Ei-nen Überblick über die Bewertung der einzelnen Faktoren und der RPZ gibt die Le-gende in Abbildung 25.

Zu jeder potenziellen Fehlerursache werden Verbesserungsmaßnahmen erörtert und Verantwortliche mit Terminen zugewiesen. Den Abschluss der FMEA bildet nach der Umsetzung der Maßnahmen die Wirksamkeitsverfolgung. Hierzu wird die ver-besserte Situation erneut durch eine RPZ bewertet, anhand derer eine Aussage über den Erfolg der durchgeführten Maßnahme abgeleitet werden kann. Abbildung 25 zeigt ein Beispiel einer Prozess-FMEA für eine logistische Leistungserstellung. Grundsätzlich dient die FMEA zur Optimierung des zu Grunde liegenden Konzepts und zum Beheben von risikoreichen Schwachstellen und nicht der Optimierung der Fehlerentdeckungsstrategie (z.B. durch Einführung zusätzlicher Kontrollen).

Die Vorteile der FMEA-Methode liegen in der Verbesserung des Informations- und Erfahrungsaustausches, der Förderung des Qualitätsbewusstseins der Mitarbeiter und der funktionsübergreifenden Zusammenarbeit. Zudem stellt die FMEA einen geschlossenen Regelkreis im Rahmen eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (KVP) dar, da die Wirksamkeit der eingeleiteten Maßnahmen im Rahmen einer neu-en Bewertung überprüft wird. Diesen Vorzügen steht der hohe zeitliche Aufwand bei der Durchführung der FMEA gegenüber. Außerdem kann die FMEA keinen An-spruch auf Vollständigkeit erheben und basiert stets auf vorhandene Prozessbe-schreibungen. Als methodischer Kritikpunkt ist die subjektive Ermittlung der Fakto-ren A, B und E anzuführen.

Die FMEA kann für Logistikprozesse Anwendung finden, bei denen im Störfall mit schwerwiegenden Folgen zu rechnen ist. Durch die interdisziplinäre Zusammenar-beit ist auch ein Einsatz bei Leistungserstellungsprozessen denkbar, die durch eine Vielzahl von Schnittstellen gekennzeichnet sind. Wesentliches Kriterium, weshalb eine FMEA nicht geeignet ist, die in dieser Arbeit verfolgte Problemstellung zu lö-sen, ist dass die Fehlermenge und ihre Auftretungshäufigkeit bzw. –wahrscheinlich-keit bekannt sein müssen. Dadurch sind gerade Effizienzsteigerungen schwer reali-sierbar für den Fall, dass ein Prozess zwar fehlerfrei, aber nicht nach optimalen Gestaltungskriterien oder Umweltbedingungen läuft.

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Abbildung 25: Beispiel einer Prozess-FMEA für eine logistische Leistungserstellung

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3 Logistikqualität im System industrieller Produktionsunternehmen

65

3.4.2.5 Quality Function Deployment (QFD)

In seiner ursprünglichen Form Mitte der sechziger Jahre in Japan entwickelt, kon-zentrierte sich der Einsatz des Quality Function Deployment (QFD) anfangs auf die Produktgestaltung. Werden Kundenanforderungen auf unternehmensbezogene Leis-tungen übertragen, kann das QFD auch zur Ableitung unternehmensbezogener Leis-tungsstandards verwendet werden. Dabei kann es als Methode zur Unterstützung bei der Neugestaltung von Prozessstrukturen logistischer Leistungen dienen.141 Grundlage des QFD ist das „House of Quality“.142 Es bildet die Vorgehensweise ab und dient gleichzeitig der Dokumentation der Ergebnisse. Die Ableitung unterneh-mensbezogener Qualitätsmaßgrößen erfolgt in zwei Schritten.143 Zunächst werden prozess- und ergebnisbezogene Kundenanforderungen mit den Logistikprozessen verknüpft und prozessbezogene Qualitätsmaßgrößen abgeleitet. In einem zweiten Schritt findet eine Gegenüberstellung der potenzialbezogenen Kundenanforderun-gen mit den Elementen der Potenzialdimension zur Ableitung potenzialbezogener Qualitätsstandards statt.

Die folgenden Beispiele beziehen sich auf den beschriebenen ersten Schritt. Der zwei-te Schritt kann bis auf die veränderten Parameter (potenzialbezogene Kundenanfor-derungen, Elemente der Potenzialdimension) analog durchgeführt werden. Insge-samt lassen sich neun Teilschritte bei der Durchführung des QFD unterscheiden, die im Folgenden anhand eines Beispiels verdeutlicht werden sollen.

Zunächst müssen die Kundenanforderungen aus der Prozess- und Ergebnisdimensi-on aufgenommen werden (1). Diese können aus den erarbeiteten Qualitätsmerkma-len in Kapitel 4.2.2 übernommen werden. Nun folgt eine Gewichtung der Kunden-anforderungen (2) aus Sicht der Kunden z.B. durch paarweisen Vergleich („weniger wichtig“, „gleich wichtig“ oder „wichtiger“) oder durch Klassifizierungsansätze.144 Ebenso wie die Gewichtung der Kundenanforderungen, gibt die Konkurrenzanalyse (3) einen Anhaltspunkt in Bezug auf die Bedeutung der Anforderungen im Rahmen des Qualitätsmanagements. Hier soll durch eine erneute Kundenbefragung z.B. mit-tels einer Fünf-Stufen-Skala145 die Positionierung des Unternehmens am Markt erarbeitet werden. Als nächstes müssen die Leistungserstellungsprozesse der Logistik aufgenommen werden (4). Hierbei ist auf Vollständigkeit und einheitlichen Detaillierungsgrad zu achten.146 Im Dach des „House of Quality“ werden mittels einfacher Markierung Wechselwirkungen zwischen den Prozessen dokumentiert (5), um gegenseitige Abhängigkeiten zu verdeutlichen.147 Das Feld (6) dient der Dokumentation von Abhängigkeiten zwischen Kundenanforderungen und Logistik-prozessen. Dabei werden erst die Prozesse identifiziert, die Einfluss auf die Erfüllung der jeweiligen Kundenanforderungen haben. Danach erfolgt eine Gewichtung dieser Prozesse nach dem Grad der Einflussnahme.148 Im Feld Quantifizierung (7) wird, falls quantifizierbar, eine technische Maßgröße oder Kennzahl der einzelnen 141 Vgl. Pielok (1995), S.115-165. Pielok bezeichnet dieses Vorgehen als „Logistics Function Deployment“. 142 Vgl. Abbildung 26. 143 QFD-Ansätze zur Gestaltung von Sachgütern unterscheiden mehrere Teilschritte. Vgl. hierzu z.B. Hau-ser/Clausing (1988), S.69f. Eine unmodifizierte Übernahme dieser Teilschritte ist oftmals aufgrund der Immateri-alität logistischer Leistungen nicht möglich. 144 Pielok (1995), S.141-143 schlägt vor nach Basis-, Leistungs- und Begeisterungsanforderungen zu klassifizieren. 145 Pielok (1995), S.147 schlägt unterschiedliche Möglichkeiten zur Gestaltung der Skala vor. 146 Vgl. Pielok (1995), S.150-152. 147 Hier kann auch noch eine Gewichtung erfolgen. Pielok (1995), S.153-156 schlägt hierzu eine Gewichtung nach „keine Beziehung“ (0), „schwache Beziehung“ (1), „mittlere Beziehung“ (2), „starke Beziehung (3) vor. 148 Üblich ist hier eine Gewichtung entweder nach „0,1,2,3“ oder „0,1,3,9“.

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3 Logistikqualität im System industrieller Produktionsunternehmen

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fizierbar, eine technische Maßgröße oder Kennzahl der einzelnen Prozesse eingetra-gen. Im Bereich (8) wird eine spaltenweise Addition der mit den Gewichtungsfakto-ren (2) multiplizierten Beziehungswerte (6) vorgenommen. Hohe Werte identifi-zieren Prozesse mit einen bedeutenden Einfluss auf die Erfüllung der Kundenanfor-derungen. Schließlich werden in der Zielplanung (9) neue Qualitätsstandards für die Logistikprozesse als Zielwerte formuliert. Eingangsgrößen zur Entscheidung sind die Stellung des Unternehmens im Vergleich zum Wettbewerb (3). Bei konkurrenz-bezogenen Defiziten bedeutsamer Kundenanforderungen können mit Hilfe der Be-ziehungsmatrix (6) die Prozesse identifiziert werden, die hohen Einfluss auf die Er-füllung der Anforderungen haben. Bei notwendigen Prozessmodifikationen sind die im Dach dargestellten Wechselbeziehungen (5) zwischen den Prozessen zu berück-sichtigen, um negative Konsequenzen für den Gesamtprozess zu vermeiden.

Abbildung 26: House of Quality149

149 Quelle: Pielok (1995), S.138.

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3 Logistikqualität im System industrieller Produktionsunternehmen

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Die Methode QFD zeigt Differenzierungsmöglichkeiten zum Wettbewerb auf und unterstützt wichtige Attribute von weniger wichtigen zu unterscheiden. Die Unter-nehmensressourcen werden gezielt auf die vom Kunden gewünschten Qualitäts-merkmale konzentriert. Besonders geeignet scheint das Verfahren in den Fällen, in denen sich gegenseitig ausschließende oder konkurrierende logistiktechnische Spezi-fikationen gegenüberstehen und sich über dieses Verfahren der Lösungsraum auf ein akzeptables Maß eingrenzen lässt.

Problematisch zeigt sich in diesem Zusammenhang die Anzahl der Kundenanforde-rungen, da hier die Vielzahl der zu berücksichtigenden Qualitätsmerkmale150 entwe-der die Übersichtlichkeit und somit auch die Handhabbarkeit enorm beeinträchtigt oder aber die Qualitätsmerkmale soweit abstrahiert werden müssen, dass keine aus-reichenden Erkenntnisse im Sinne der Zielsetzung dieser Arbeit erzielt werden kön-nen. Vielfältige und unterschiedlich gewichtete Kundenanforderungen erschweren die Umsetzung in adäquate Spezifikationen für die logistische Leistungserstellung. Analoges gilt für die Darstellung der Prozesse. Werden zur Reduktion der Komplexi-tät nur einzelne Subsysteme der Logistik betrachtet, geht die Aussagekraft über sub-systemübergreifende Wechselwirkungen verloren.

3.4.3 Kritische Würdigung der dargestellten Basiswerkzeuge und Verfahren des Qualitätsmanagements

Alle aufgezeigten Methoden weisen im Hinblick auf die hier verfolgte Aufgabenstel-lung die im Kapitel 3.4.2 dargestellten Defizite auf und können somit nicht ausrei-chend zur Problemlösung beitragen. Bei allen Methoden müssen die Kundenanfor-derungen in Form von Qualitätsmerkmalen noch ermittelt werden. Keine der untersuchten Methoden lässt sich ohne massive Einschränkungen der Zielsetzung dieser Arbeit auf die Logistik übertragen. Auch in der auf die Logistik angepassten Form könnten die Methoden lediglich unterstützend eingesetzt werden. Um in Pro-duktionsunternehmen eine Struktur- und Verhaltensänderung hervorzurufen, die es ermöglicht, Kundenanforderungen in Form von Qualitätsmerkmalen effektiv zu er-füllen und die zu Grunde liegenden Prozesse so effizient zu gestalten, dass neben einem hohen Erfüllungsgrad der Anforderungen auch die (Gesamt-)Wirtschaftlich-keit erhöht wird, ist es erforderlich, eine eigene Vorgehensweise zu kreieren. Deshalb wird im Folgenden ein Leitfaden entwickelt, der nicht den dargestellten Nachteilen bereits bekannter Methoden unterliegt, die dargestellten Defizite in der Konzeption des logistischen Qualitätsmanagements behebt und der Zielsetzung dieser Arbeit gerecht wird. Zur Ableitung geeigneter Maßnahmen, um die in der Ist-Analyse iden-tifizierten Potenzialfaktoren auszuschöpfen, wird basierend auf kundenrelevanten Qualitätsmerkmalen ein Fragebogen erstellt, der als Grundlage für eine vertiefende Prozessanalyse dient.

150 Pielok (1995), S.141 nennt 30 Anforderungen als Obergrenze.

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3 Logistikqualität im System industrieller Produktionsunternehmen

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4 Leitfaden zur Analyse und Neugestaltung von Versorgungsketten

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4 Leitfaden zur Analyse und Neugestaltung von Versorgungsketten

Im Folgenden wird aufgezeigt, mit welchen Zielen in den beteiligten Unternehmen Struktur- und Verhaltensänderungen umgesetzt werden sollen. Diese sind eine wich-tige Basis für die abschließende Erfolgskontrolle und Wirksamkeitsprüfung. Hieran anschließend werden in den unterschiedlichen Dimensionen logistischer Leistungen Qualitätsmerkmale abgeleitet, die als Basis für den Fragebogen zur Prozessanalyse dienen. Die Ausprägungen der Qualitätsmerkmale werden anhand der Untersu-chungsobjekte präzisiert. Das daraus entstehende Maßnahmenbündel leitet den Neugestaltungsprozess der untersuchten Versorgungsketten ein.

4.1 Anlässe und Ziele der Analyse und Neugestaltung von Versorgungsketten

Die Neugestaltung von Versorgungsketten setzt wie jede andere wesentliche Struk-turänderung, die nicht auf intuitive ad-hoc Entscheidungen zurückzuführen ist, Zielvorgaben voraus. Ziele bestimmen den durch die Analyse und Neugestaltung angestrebten zukünftigen Soll-Zustand. Sie beeinflussen die Problemidentifikation, steuern sämtliche Gestaltungsüberlegungen und geben letztendlich die Richtung des Problemlösungsprozesses vor. Zudem gibt es unterschiedliche Gründe, die Unter-nehmen veranlassen, Neugestaltungsprozesse anzustoßen.

Wie aus der folgenden Aufzählung hervorgeht, basieren Wandlungsimpulse für Neugestaltungsprozesse auf einer Vielzahl unterschiedlicher Initiierungsgründe. Die Tatsache, dass mehrere Ursachen gleichzeitig Transformationsprozesse in Gang set-zen, begründen Kirsch/Esser/Gabele mit einer latenten Wirkungslosigkeit von Or-ganisationssystemen gegenüber punktuell auftretenden Anpassungserfordernis-sen.151 Da Unternehmen ständig sich ändernden Wettbewerbsanforderungen aus-gesetzt sind und dadurch ihr eigenes Leistungsvermögen kontinuierlich anpassen müssen, wird die Notwendigkeit von einschneidenden Veränderungen aufgrund von vereinzelten Störfaktoren oder Unzulänglichkeiten oftmals nicht erkannt. Erst das Auftreten kritischer Ereigniskonstellationen veranlasst die Entscheidungsträger, bestehende Strukturen in Frage zu stellen und erhöht die Bereitschaft, Verhaltens- und Einstellungsänderungen einzuleiten.

Einzelne Anlässe zur Analyse und Neugestaltung von Versorgungsketten nach der Häufigkeit ihrer Nennung sind Abbildung 27 zu entnehmen:

151 Vgl. Kirsch/Esser/Gabele (1979), S.171.

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4 Leitfaden zur Analyse und Neugestaltung von Versorgungsketten

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Abbildung 27: Anlässe der untersuchten Unternehmen zur Analyse und Neugestaltung von Ver-sorgungsketten

Betrachtet man die oben aufgeführten Anlässe logistischer Analyse- und Neugestal-tungsprozesse, dann fällt zunächst die Dominanz sachbezogener Initiierungsgründe auf. So heben sich Auslösefaktoren wie die Erhöhung des Kundennutzens, Erhöhung der Marktanteile, Beseitigung von Ineffizienzen des Logistiksystems, Reduktion der Komplexität der Organisationsstruktur, Verbesserung der Kostenposition oder Neu-ausrichtung der Unternehmensstrategie gegenüber den übrigen Anlässen eindeutig ab.

Im Unterschied zu den sachlichen Anlässen haben personelle Motivationen einen geringeren Stellenwert. Dies betrifft Anregungen von Lieferanten ebenso wie Anstö-ße von Kunden oder Initiierungsgründe, die auf eine Verbesserung der persönlichen Karrierechancen ausgerichtet sind. Ausschließlich Anlässe, die durch einen Perso-nalwechsel in der Geschäftsführung oder durch Wandlungsimpulse externer Berater begründet sind, weisen einen vergleichsweise höheren Stellenwert auf. Hieraus kann mitunter die Schlussfolgerung gezogen werden, dass diesen beiden Personengrup-

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Reaktion auf Veränderungen im Top-Management

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Reaktion auf Änderung des Produktionsprogramms

Reaktion auf starkes Unternehmensw achstum

Neuausrichtung der Unternehmensstrategie

Verbesserung der Kostenposition

Reduktion der Komplexität der Organisation

Beseitigung von Ineff izienzen des logistischen Systems

Erhöhung der Marktanteile

Erhöhung des Kundennutzens

Angaben in Prozent der befragten Unternehmen

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4 Leitfaden zur Analyse und Neugestaltung von Versorgungsketten

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pen bei der Einleitung und Förderung tiefgreifender Veränderungen eine besondere Bedeutung beizumessen ist.152 Darüber hinaus kommt zum Ausdruck, dass externe und interne Auslöseimpulse nicht streng voneinander zu trennen sind, da sowohl innerbetrieblicher als auch außerbetrieblicher Problemdruck zu einem Überdenken von logistischen Prozessen und Strukturen führt. Infolgedessen können Impulse für logistische Neugestaltungsprozesse von einem spezifischen Ungleichgewicht zwi-schen den situativen Umweltbedingungen, den gegenwärtigen Merkmalsausprägun-gen und dem angestrebten Sollzustand des logistischen Systems zurückgehen.

Abbildung 28: Formalzielkategorien der Neugestaltung von Versorgungsprozessen

Bei der strategischen Neuorientierung der Versorgungskette kommt den Formalzie-le153 eine wesentliche Rolle zu. Sie decken sich größtenteils mit den Merkmalen der vorangegangenen Ist-Analyse und können als weitere Bestätigung der ermittelten 152 Vgl. Kap. 4.5.4. 153 Vgl. Kosiol (1966), S.212f klassifiziert Ziele zur Analyse und Neugestaltung von Logistiksystemen nach Sach- und Formalziele. Dabei besitzen Sachziele den Charakter einer inhaltlichen Leitlinie, die den inhaltlichen Auf-trag, der bei der Neugestaltung des Logistiksystems erfüllt werden soll, kennzeichnen. Formalziele hingegen konkretisieren die quantitativen und qualitativen Anforderungen den Analyse- und Neugestaltungsprozess. Ihre Zielinhalte entsprechen in der Regel dem übergeordnetem Zielsystem der Unternehmenslogistik. Dementspre-chend können ohne Anspruch auf Vollständigkeit formale Zielkategorien wie Reduzierung der Logistikkosten oder einzelner Kostenkategorien, Verbesserung der Qualität logistischer Leistungen, Verkürzung der Durchlauf-zeiten oder Verringerung der Kapitalbindung in den Beständen angeführt werden.

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Angaben in Prozent der befragten Unternehmen

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4 Leitfaden zur Analyse und Neugestaltung von Versorgungsketten

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Potenzialfaktoren gesehen werden.154 Die Ausprägungen der ermittelten Formalziel-kategorien sind unternehmensspezifisch und orientieren sich an den jeweiligen Un-ternehmenszielsystemen.

Bei den beteiligten Unternehmen stehen bei den Formalzielkategorien die Zieldi-mensionen Durchlaufzeitreduzierung und Bestandsabbau eindeutig im Vorder-grund. Die hohe Priorität der Durchlaufzeitreduzierung erklärt sich aus der Rolle des Zeitfaktors bei der Realisierung der Logistikkonzeption. Denn der Faktor Zeit stellt im Gegensatz zu den Kosten nicht nur einen für jeden Mitarbeiter nachvollziehbaren Leistungsmaßstab dar. Er ist auch „eine Schlüsselgröße für die Gewinnung von Marktanteilen, die Kapitalbindung in der logistischen Kette, die Geschwindigkeit und Flexibilität bei der Umsetzung von Kundenwünschen in marktfähige Produkte, die Kundenbelieferung sowie für die Wirtschaftlichkeit und Rentabilität einer Unter-nehmung.“155

Weitere Ziele mit überdurchschnittlicher Bedeutung sind außer der Steigerung der Flexibilität, die Verbesserung der Transparenz betrieblicher Abläufe, das Ausschöp-fen von Kostensenkungspotenzialen in den Material- und Informationsflusspro-zessen, die Steigerung der Kapitalproduktivität, die Verbesserung der Koordination von funktions- und unternehmensübergreifenden Schnittstellen sowie die Erhöhung der Mitarbeitermotivation.

Bei der Betrachtung der Formalziele fällt auf, dass inputorientierte Kosten- oder Pro-duktivitätsziele gegenüber outputorientierten Leistungszielen eine eher nachrangige Bedeutung haben. Hierfür lassen sich zwei Gründe anführen: Zum einen muss da-von ausgegangen werden, dass die zu analysierenden Unternehmen in erster Linie bestrebt sind, ein höheres logistisches Leistungsniveau mit einem gleichbleibenden Ressourceneinsatz zu erreichen. In diesem Fall sind Kosten- und Produktivitätsziele als Nebenbedingungen für die Realisierung einer angestrebten Verbesserung der Marktleistung zu betrachten. Zum anderen ist zu vermuten, dass die brachliegenden Reserven bei leistungsorientierten Größen wie Reaktionsgeschwindigkeit, Lieferzeit oder Lieferqualität weitaus größer sind, so dass hier ein stärkerer Handlungsbedarf zur Neugestaltung der logistischen Prozesse und Strukturen besteht.

4.2 Qualitätsmerkmale logistischer Leistungen

In diesem Abschnitt werden zunächst die Dimensionen logistischer Leistungen dar-gestellt. Hierin werden logistikspezifische Qualitätsmerkmale erarbeitet,156 die als Basis für die Fragen der späteren Prozessanalyse dienen. Sie können als Rahmenbe-dingungen oder Anforderungen aus Kundensicht – also aus Sicht der Montage des Automobilherstellers – verstanden werden, die den inhaltlichen Auftrag kennzeich-nen, der bei der Neugestaltung des Logistiksystems erfüllt werden soll. Jeder Frage des aus den Qualitätsmerkmalen abzuleitenden standardisierten Fragebogens wird eine Referenz zu dem entsprechenden Qualitätsmerkmal erhalten und umgekehrt.157 Dies ermöglicht eine gezielte Abfrage einzelner Anforderungen.

154 Siehe hierzu auch Kap. 4.3. 155 Vgl. Wildemann (1990), S.9. 156 Als Grundlage hierfür dient das in Kapitel 4.2.2 erarbeitete Schema. 157 Siehe hierzu auch die Fragen in Kap. 8.2.

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4 Leitfaden zur Analyse und Neugestaltung von Versorgungsketten

73

4.2.1 Dimensionen logistischer Leistungen

In den folgenden Ausführungen soll eine Abgrenzung von logistischen Leistungen in Versorgungsketten durchgeführt werden. In der Fachliteratur gibt es verschiedene Begriffsdefinitionen, die sich insbesondere hinsichtlich der Berücksichtigung der po-tenzial-, prozess- und ergebnisorientierten Leistungsdimensionen unterscheiden. Die für diese Arbeit grundlegende Definition von logistischen Leistungen soll sich in An-lehnung an die Definition orientieren, die Weber158 zu Grunde legt. Weber trennt in seiner Definition gezielt Potenzial-, Prozess- und Ergebnis- und Wirkungsdimension von logistischen Leistungen. Eine Differenzierung von Ergebnis- und Wirkungsebe-ne wird indes nicht getroffen, da das Ergebnis mit den Wirkungen einer Leistung gleichgesetzt werden soll. Eine besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammen-hang der ergebnisorientierten Begriffsfassung zu.159 So definiert beispielsweise Pfohl160 logistische Leistungen als Output des Logistiksystems, der bei der Versor-gung eines Unternehmens mit Material bzw. der Auslieferung von Waren an Kun-den erbracht wird. Danach konkretisieren sich Logistikleistungen in den Service-komponenten Lieferzeit, Lieferzuverlässigkeit, Lieferungsbeschaffenheit und Lieferflexibilität. Die Lieferzeit beschreibt die Zeitspanne zwischen Erteilung eines Auftrages durch den Kunden bis zum Erhalt der Ware. Unter Lieferzuverlässigkeit wird der Grad der Einhaltung der vereinbarten Lieferzeit verstanden. Mit der Liefe-rungsbeschaffenheit wird erfasst, ob und in welchem Umfang die gelieferten logisti-schen Güter dem Kunden Grund zur Beanstandung geben. Die Lieferflexibilität misst sich an dem Ausmaß, in dem das Logistiksystem in der Lage ist, auf besondere Wün-sche des Kunden einzugehen. Dazu gehören z.B. Modifikationen der Auftragsmoda-litäten (Auftragsgröße, Abnahmemenge, Zeitpunkt der Auftragserstellung und –übermittlung), Liefermodalitäten (Art der Verpackung, die zu benutzende Trans-portvariante, Möglichkeit zur Lieferung auf Abruf) und der Information des Kunden über Liefermöglichkeiten, den Stand der Abfertigung eines Auftrags, vorauszuse-hende Lieferverzögerungen und die Behandlung von Beschwerden. Innerhalb einer Versorgungskette können auch mehrere der dargestellten Kunden-Lieferanten-Beziehungen über die Liefertiefe hinweg ineinander verschachtelt sein.

Entsprechend der Definition von Weber beinhaltet die Potenzialebene logistischer Leistungen die Fähigkeit und Bereitschaft des Leistungsanbieters eine logistische Tä-tigkeit auszuüben. Die Fähigkeit bestimmt sich anhand der internen Leistungspoten-ziale, die der Anbieter zur Erstellung der Leistung vorhält. Die Bereitschaft konkreti-siert sich in der Integration dieser Potenziale in die Leistungserstellung an einem gewünschten Ort, zu einer gewünschten Zeit und in einer gewünschten Form. Die Prozessebene bezieht sich auf den Faktorkombinationsprozess der internen Leis-tungspotenziale mit den bereitgestellten externen Faktoren. Neben der Realisierung eines Güterflusses, gilt es dabei auch Informationen, die den Güterfluss unterstützen sollen, innerhalb des logistischen Systems weiterzuleiten. Das Ziel logistischer Pro-zesse besteht in der Veränderung zeitlicher, räumlicher bzw. mengen- und sorten-mäßiger Eigenschaften der externen Faktoren und in der damit verbundenen Schaf-

158 Vgl. Weber (1987), S.109-128. 159 Nach Weber (1987), S.117 stellt die Mehrzahl der Definitionen von Logistikleistungen auf die ergebnisbezoge-ne Betrachtungsweise ab. 160 Vgl. Pfohl (1996), S.33-40.

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fung eines Orts- und Zeitnutzens. In Abbildung 29 sind einige Beispiele logistischer Leistungen aufgezeigt.

Dimensionen logis-tischer Leistungen Inhalte Logistische Leistungen

Potenzialdimension - Fähigkeit und Bereit-schaft zur Ausübung einer logistischen Tä-tigkeit

- Bereitstellung ausreichend qua-lifizierter Mitarbeiter

- Bereitstellung geeigneter Transportmittel

- Bereitstellung von Lagerhäu-sern

- Bereitstellung von Hard- und Software zur Disposition von Fahrzeugen, Frachtraum, Flä-chen, usw.

Prozessdimension - Veränderung zeitlicher, räumlicher bzw. men-gen- und sortenmäßi-ger Eigenschaften der externen Faktoren (Gü-ter und Informationen) zur Schaffung eines Orts- bzw. Zeitnutzens

- Auftragsübermittlung und Auftragsbearbeitung

- Lagerhaltungsleistung - Transportleistung - Umschlagsleistung - Sortierleistung - Verpackungs- und Signierleis-

tung - Beratungsleistung - Abfertigungsleistung (Zoll, o.ä.)

Ergebnisdimension - Output eines Logistik-systems konkretisiert nach Lieferzeit, Liefer-zuverlässigkeit, Liefe-rungsbeschaffenheit und Lieferflexibilität

- Zeitänderung - Raumänderung - Mengenänderung - Sortenänderung - Änderung in den Transport-,

Umschlags- und Lagereigen-schaften

- Änderung in der logistischen Determiniertheit des Gutes

Abbildung 29: Beispiele logistischer Leistungen der Potenzial-, Prozess- und Ergebnisdimension

4.2.2 Ermittlung logistikspezifischer Qualitätsmerkmale

Um die vorgegebenen Sachziele der Automobilhersteller zu ermitteln werden die Spezifikationen in Form von Qualitätsmerkmalen erarbeitet. Diese besitzen den Cha-rakter einer inhaltlichen Leitlinie für Zulieferunternehmen. Sie können als Rahmen-bedingungen oder Anforderungen aus Kundensicht – also aus Sicht der Montage des Automobilherstellers – verstanden werden, die den inhaltlichen Auftrag kenn-zeichnen, der bei der Neugestaltung des Logistiksystems erfüllt werden soll. Um die

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Qualitätsmerkmale in Logistikprozessen zu ermitteln, wird im folgenden Abschnitt ein Schema aufgebaut, das durch die Erfassung der Potenzial-,161 Prozess- und Er-gebnisdimension der Charakterisierung logistischer Leistungen nach Weber gerecht wird. Auf Grundlage des konzeptionell entwickelten und empirisch validierten Mo-dells nach Zeithaml/Parasuraman/Berry162 können Qualitätsdimensionen nach „Ma-terielles“, „Zuverlässigkeit“, „Entgegenkommen“, „Souveränität“ und „Einfüh-lungsvermögen“ unterschieden werden. Die Dimension „Materielles“ erfasst dabei die Gesamtheit des physischen Umfeldes wie z.B. die Räumlichkeiten, Einrichtungen und das Erscheinungsbild des Personals. Unter Zuverlässigkeit wird die Fähigkeit verstanden, eine zugesicherte Leistung zuverlässig und akkurat auszuführen. Das Entgegenkommen beschreibt die Gewilltheit und Schnelligkeit bei der Lösung von Kundenproblemen. Die Punkte „Souveränität“ und „Einfühlungsvermögen“ geben schließlich das Wissen, die Höflichkeit und die Vertrauenswürdigkeit der Mitarbeiter sowie deren Bereitschaft wider, sich um die individuellen Wünsche einzelner Kun-den zu kümmern.163

Nun sollen die Ansätze von Weber und Zeithaml/Parasuraman/Berry, die beide unabhängige Gliederungskriterien zur Abgrenzung der Qualitätsdimensionen ver-wenden, zu einer Matrix miteinander verknüpft werden.164 Die bei der Ableitung der Qualitätskriterien gegebene Überschneidungsfreiheit bei den Gliederungskriterien der Qualitätsdimensionen ermöglicht eine maximale Aussagekraft des Modells. Aus der Kombination dieser Ansätze entsteht folgende Matrix, die in Abbildung 30 dar-gestellt ist. Mittels dieser Matrix werden in einem iterativen Prozess – von einem Team bestehend aus Mitarbeitern und Führungskräften von fünf Automobilherstel-lern165 und dem Verfasser – die logistikspezifischen Qualitätsmerkmale je Dimension erarbeitet.

161 Donabedian (1980), S.79-118 untergliedert die Potenzialqualität weiter nach personen-, sach- und organisatori-schen Aspekten und nach der Potenzialqualität von Anbieter und Nachfrager. 162 Vgl. Zeithaml/Parasuraman/Berry (1992), S.28-48. 163 Zur Erläuterung der fünf Dimensionen vgl. Hentschel (1992), S.91f. 164 Engelke (1997), S.108f. verwendet die Ansätze von Donabedian und Zeithaml/Parasuraman/Berry um Qualitätsmerkmale zu ermitteln. 165 Die Mitarbeiter gehörten der Materiallogistik, der Logistikplanung und der Montage von Zentral- und Werks-einheiten an.

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Materielles

Zuverlässig-keit

Entgegen- kommen

Souveränität Einfühlungs-

vermögen

Potenzial- qualität

Prozess- qualität

Ergebnis- qualität

Abbildung 30: Matrix zur Ermittlung logistikspezifischer Qualitätsmerkmale

Die Konkretisierung der Merkmale kann auf dieser Ebene nur einen idealtypischen Charakter haben. Zur praktischen Anwendung werden die Qualitätsmerkmale ent-sprechend den Kundenanforderungen interpretiert und anhand der abgeleiteten Fragestellungen konkretisiert. Zudem soll für die Nennung von Qualitätsmerkmalen kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben werden. Zur größeren Transparenz wird die Erarbeitung der Merkmale getrennt nach der Potenzial-, Prozess- und Ergebnis-dimension erfolgen. Um den Erfüllungsgrad der Qualitätsmerkmale in den jeweili-gen Versorgungsketten in Form einer Prozessanalyse zu beurteilen, wird im An-schluss ein standardisierter Fragebogen entwickelt. Die ermittelten Qualitätsmerk-male werden bei der Analyse und Gestaltung von Logistiksystemen in der jeweiligen Frage in den phasenspezifischen Subsystemen der Logistik herangezogen. Zwischen den Teilprozessen innerhalb eines Logistiksystems werden interne Kunden-Lieferanten-Beziehungen angenommen. Zudem kann über die Unternehmensgren-zen hinaus die jeweilige Kunden-Lieferanten-Beziehung betrachtet werden vom Endabnehmer bis zum Ausgangsmaterial und Sublieferanten. Dadurch ist eine durchgängige Analyse und Gestaltung von Lieferprozessketten ermöglicht.

4.2.2.1 Qualitätsmerkmale der Potenzialdimension

Zu den Qualitätsmerkmalen der Dimension „Materielles“, welche die Gesamtheit des physischen Umfeldes erfasst, können die Hard- und Softwareausstattung zur Kommunikation und Datenverarbeitung sowie der Zustand der technischen Einrich-tungen (z.B. Lager-, Umschlagseinrichtungen, Transportmittel und Produktionsanla-gen) gezählt werden.

Unter der Dimension „Zuverlässigkeit“ wird die Fähigkeit zusammengefasst eine vereinbarte Leistung verlässlich und akkurat auszuführen. Dazu gehört die unter-nehmensinterne Bereitstellung einer übersichtlichen, logistikgerechten Organisation, in der die Logistik möglichst eigenständig ist und eine hohe Entscheidungskompe-tenz und Verantwortlichkeit für die Erfüllung der Unternehmensziele besitzt. Wich-tige Qualitätsmerkmale sind zudem eine gute Koordination von Schnittstellen, ein-deutige Zuständigkeiten, ausreichende Personalbereitstellung und Funktionsbe-schreibungen für Mitarbeiter. Zudem beinhaltet die Zuverlässigkeit in der Potenzial-dimension das gewissenhafte Testen von Systemänderungen vor Implementierung

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und eine regelmäßige präventive Wartung der IV-Systeme und Produktionsanlagen. Sollten Störungen auftreten, so sind kurze Reaktionszeiten notwendig.

Die Qualitätsdimension „Entgegenkommen“ beschreibt die Bereitschaft, dem Kun-den zu helfen und prompt zu bedienen. Dazu gehören als Merkmale, klare Verant-wortlichkeiten intraorganisatorisch festzulegen und die Kommunikation mit dem Kunden zu koordinieren. Für aktuelle Produkte samt Verpackungen und Behälter gilt ein funktionierendes Projektmanagement als wichtiges Qualitätsmerkmal. Zu-dem wird der Erreichbarkeit kompetenter Mitarbeiter und einer Vertreterregelung eine hohe Bedeutung beigemessen. Die Bereitschaft dem Kunden entgegenzukom-men wird sichergestellt, wenn die Produktion mit ausreichender Flexibilität versehen ist, um kurzfristige Auftragsänderungen des Kunden zu bewerkstelligen.

Die Fähigkeit gegenüber dem Kunden, Vertrauen in die Leistungsfähigkeit des Un-ternehmens zu vermitteln wird durch die Dimension „Souveränität“ ausgedrückt. Qualitätsmerkmale hierzu sind die Einarbeitung von neuen Mitarbeitern, regelmäßi-ge Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern, deren Motivation und Kompetenzauf-bau durch Vermittlung von Perspektiven in einer fachlichen Laufbahn, um negative Fluktuationserscheinungen zu verhindern. Des Weiteren sind eine regelmäßig durchgeführte Leistungsmessung und Selbstauditierung Qualitätsmerkmale. Auch die permanente Überwachung der Datenqualität der Stücklisten und Bestände, das Bereithalten redundanter Hardware, eine Strategie zur Datensicherung sowie Unab-hängigkeit von Stromausfällen und Spannungsschwankungen gehören hierzu. Sou-veränität äußert sich auch in der Einhaltung von Sicherheitsvorschriften, der logis-tikgerechten Planung von Materialflüssen und der Prüfung, ob durch Einsatz von Simulationstechniken Potenziale in der Logistik ermittelt werden können. Souveräni-tät erfordert eine Risikobetrachtung zur Identifikation und Definition von kritischen Beschaffungsumfängen und eine Lieferanten- und Logistikdienstleisterbewertung, die logistische Aspekte berücksichtigt, in einem kontinuierlichen Verbesserungs-prozess einbettet und im Rahmen eines Auswahlverfahrens heranzieht.

Unter der Qualitätsdimension „Einfühlungsvermögen“ wird fürsorgliche Aufmerk-samkeit gegenüber dem Kunden verstanden. Dazu gehören persönliche Ansprech-partner für den Kunden, eine räumliche Kundennähe und das Anbieten unterschied-licher Kommunikationsmöglichkeiten. Zudem sollte das Potenzial kundenspezifische Auftrags- und Liefermodalitäten, die Abstimmung der Behälter- und Verpackungs-modalitäten inklusive Ausweichmöglichkeiten bei Engpässen und der die Gestaltung von Belegen, Warenbegleitpapieren, Lieferavise und Warenbezettelung umfassen. Abbildung 31 fasst die Qualitätsmerkmale der Potenzialebene in strukturierter Form zusammen.

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Materielles Zuverlässig-keit

Entgegen- kommen

Souveränität Einfühlungs-vermögen

Potenzial- qualität

Legende:

A: Allgemeine prozessüber-greifende Qualitätsmerk-male der Logis-tik

B: Beschaf-fungslogistik

P: Produktions-logistik

D: Distributi-onslogistik

Po1) Hard- und Software zur Kom-munikation und Datenverarbeitung (A16,P5,P12)

Po2) Zustand der technischen Ein-richtungen (P23)

Po3) Übersichtli-che, logistikorien-tierte Organisation (A1,A2,A3,A4)

Po4) Hohe Ent-scheidungskompe-tenz und Verant-wortlichkeit der Lo-gistik für Zielerfüllung (A2,A3)

Po5) Gute Koordi-nation von Schnitt-stellen; klare Zu-ständigkeiten (A2,A3,A13)

Po6) Funktionsbe-schreibungen für Mitarbeiter (A1,A3,A4,P29, D41)

Po7) Ausreichende Personalbereitstel-lung (A14)

Po8) Systemände-rungen werden vor Implementierung ausreichend getes-tet (A31)

Po9) Regelmäßige präventive Wartung der IV-Systeme und Produktionsan-lagen, kurze Reak-tionszeiten bei Störungen (A30,P23,P24,P25,P26)

Po10) Klare Ver-antwortlichkeiten, koordinierte Kom-munikation mit Kunden (A7,A32,B8,B9,D1,D14,D36)

Po11) Funktionie-rendes Projektma-nagement für Pro-dukt, Verpackung und Behälter (A5,B36,B37,B38, B39,D15)

Po12) Erreichbar-keit kompetenter Mitarbeiter und Vertreterregelung (A1,A6,A8)

Po13) Produktion ist mit ausreichen-der Flexibilität versehen um kurz-fristige Auftragsän-derungen zu be-werkstelligen (B35,P10,P11)

Po14) Regelmäßi-ge Mitarbeiter Aus- und Weiterbildung (A10,A11,P29,D19,D41,D45)

Po15) Einarbeitung neuer Mitarbeiter, Mitarbeitermotivati-on, Perspektiven in fachlicher Laufbahn (A9,A10,A11)

Po16) Selbstaudi-tierung, regelmäßi-ge Leistungsmes-sung (A12,B31)

Po17) Datenqualität der Stückliste und Bestände wird permanent über-wacht (A18,B7,D43)

Po18) Redundante Hardware, Strate-gie zur Datensiche-rung (A33)

Po19) Unabhängig-keit von Stromaus-fällen und Span-nungsschwan-kungen (A34)

Po20) Einhalten von Sicherheitsvor-schriften (D19,D29,D38,D41)

Po21) Risikobe-trachtung zur Iden-tifikation und Definition kritischer Zulieferumfänge (B10,B11,B12,B19)

Po22) Lieferanten- und Dienstleister-auswahlverfahren und kontinuierlicher Verbesserungspro-zess in Lieferanten- und Dienstleister-bewertung berück-sichtigt logistische Aspekte (B10,B11,B13,B32,D30)

Po23) Logistikge-rechte Material-flussplanung (B23,P2,D24,D39)

Po24) Einsatz von Logistiksimulation zur Potenzialermitt-lung geprüft (P3,P4,P18)

Po25) Persönliche Ansprechpartner für Kunden (A1,A8,P28)

Po26) Angebot unterschiedlicher Kommunikations-möglichkeiten (A15,D2,D3,D5)

Po27) Räumliche Kundennähe (D1)

Po28) Kundenspe-zifische Gestaltung der Belege, Wa-renbegleitpapiere, Lieferavis und Warenbezettelung (A25,D9,D18)

Po29) Kundenspe-zifische Auftrags- und Liefermodalitä-ten (B22,D20,D32,D33,D34)

Po30) Kundenspe-zifische Abstim-mung der Behälter- und Verpackungs-modalitäten inklusi ve Ausweichmög-lich keiten bei Engpäs sen für Serien- und Ersatzteile (D13,D17)

Abbildung 31: Übersicht logistikspezifischer Qualitätsmerkmale der Potenzialdimension

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4.2.2.2 Qualitätsmerkmale der Prozessdimension

Prozessbezogene Qualitätsmerkmale beschreiben die Qualität der Leistungserstel-lungsaktivitäten. Für die Qualitätsdimension „Materielles“ lassen sich durchgängige Systeme zur Auftragsbearbeitung mit gemeinsamer Datenbasis ohne Medienbrüche (für das verwendete PPS-System und der Logistik-EDV insbesondere zur Material-bedarfsrechnung, Bestandsführung von beschafftem Material, Halb- und Fertigfabri-kate, Behälter und Verpackung) definieren. Dies soll vom Auftragseingang über Be-stellungen bei Sublieferanten, Logistikdienstleister und Produktion bis zum Versand realisiert sein.

Der Dimension „Zuverlässigkeit“ lassen sich die durchgehende Steuerung der Pro-zesse und Folgeprozesse durch Kundenaufträge und –daten, ohne die Daten zu ma-nipulieren, zuordnen. Zur Gewährleistung einer geringen Gesamtinformations-durchlaufzeit soll die kurz- und langfristige Planung basierend auf Kundendaten in gleicher Weise an Sublieferanten und Logistikdienstleister weitergegeben werden. Datenaktualisierungen vom Kunden sollen im System ohne Verzögerung verfügbar sein und unmittelbar im Unternehmen, zu Sublieferanten und Logistikdienstleistern in der gleichen Qualität weitergeleitet werden. Weitere Merkmale, welche der Di-mension „Zuverlässigkeit“ angehören, sind die systematische und transparente Verwaltung von Kundenaufträgen hinsichtlich Liefertermin, -menge und Status der Auftragsbearbeitung, der jederzeitigen Auskunft hierzu, das verzögerungsfreie Er-kennen von Termin- und Mengenabweichungen durch Frühwarnsysteme und die Möglichkeit, dispositive (theoretische) Reichweiten zu ermitteln. Zudem sollen Halb- und Fertigfabrikate jederzeit identifizierbar und v.a. eine Unterscheidung ähnlicher Teile (links/rechts) und unterschiedlicher Entwicklungsstände eindeutig gewähr-leistet sein. Zum Merkmal der Zuverlässigkeit gehört auch eine Vorgehensweise zur Lenkung fehlerhafter Teile und ein durchgängiger Witterungsschutz der Produkte auch beim Verladen.

Als prozessbezogene Merkmale der Dimension „Entgegenkommen“ können die Überwachung von Lagerhaltungsleistungen mit Kennzahlen (um Bestände gering zu halten), das Pflegen von Basisdaten im System (z.B. durchschnittliche Lieferzeiten, Mindestbestellmengen, Rundungsfaktoren pro Behälter bzw. Verpackungseinheit) zur Optimierung von Bestellungen nach ökonomischen Gesichtspunkten, die Defini-tion von Prozessen zur Handhabung kurzfristiger Auftragsänderungen (Lieferflexi-bilität), die Entwicklung von Notstrategien für den Ausfall von Produktionsanlagen, IV-Systeme und kritische Beschaffungsumfänge, das rechtzeitige Erkennen von Eng-pässen bei Verpackungsmitteln und Behältern und ein proaktives Informationsver-halten gegenüber dem Kunden bei zu erwartenden Prozessstörungen angeführt werden.

Zur Qualitätsdimension der „Souveränität“ zählen die Sensibilität für Fehler, die durch Medienbrüche entstehen können, die Erfüllung von Flexibilitätsanforderungen nicht ausschließlich durch Bereithalten hoher Bestände, eine größtenteils determinis-tische Materialbedarfsrechnung, die Verarbeitung der jeweils ältesten Materialien im gesamten Güterfluss nach dem FIFO-Prinzip, die Zwangskoppelung von Buchungs-vorgängen inklusive Verpackungen und Behälter an tatsächliche Materialbewegun-gen, klare Vereinbarungen mit Sublieferanten und Logistikdienstleistern zu Anlie-fermodalitäten, Warenbegleitpapieren, Bezettelung und zur Regelung von Mengen-abweichungen, Transportschäden, Qualitätsmängeln und deren Folgekosten, die

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Forderung und bei Bedarf Förderung von Lieferflexibilität auch von Sublieferanten und Logistikdienstleistern und die Beteiligung der Logistik an Produktionsbespre-chungen.

Beispiele prozessbezogener Qualitätsmerkmale der Dimension „Einfühlungsvermö-gen“ sind Vereinbarungen zur standardisierten Auftragsübermittlung und Kommu-nikation mit den Kunden und Lieferanten, gelebtes Bewusstsein des schonenden Umgangs mit Kundenmitteln (z.B. Behälter und Verpackungen), Vermeidung von unzulässiger Zweckentfremdung (z.B. Lagerung von Material in Kundenbehälter) und innerbetriebliches Vertreten von Kundeninteressen.

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Materielles Zuverlässigkeit Entgegen- kommen

Souveränität Einf.-vermögen

Prozess-qualität

Legende:

A: Allgemei-ne prozess-übergreifende Qualitäts-merkmale der Logistik

B: Beschaf-fungslogistik

P: Produktions-logistik D: Distributi-onslogistik

Pr1) Durchgängige Systeme zur Auf-tragsbearbeitung mit gemeinsamer Datenbasis ohne Medienbrüche für PPS-System und Logistik-EDV vor-handen (insbeson-dere zur Material-bedarfsrechnung, Bestandsführung von beschafftem Material, Halb- und Fertigfabrikate, Behälter und Ver-packung) vom Auftragseingang über Bestellungen bei Sublieferanten, Logistik-dienstleister, Pro-duktion bis zum Versand (A16,A17,A20, B1,B4,P1,P5,P12, D6,D8,D28,D35, D36,D44)

Pr2) Kundenaufträge und -daten steuern Prozesse und Folgeprozesse durchgehend, keine Datenmanipulation (A17,A22,B4,P7,P8,P9, P13,P14,D6)

Pr3) Planung erfolgt lang- und kurzfristig auf Basis der Kundendaten und wird in gleicher Weise an Sublieferanten und Lo-gistikdienstleister weiter-geleitet zur Gewährleis-tung einer geringen Gesamtinformations-durchlaufzeit (A24,B2,B4,B15,B16, B18,P7,P8,P9)

Pr4) Datenaktualisierun-gen vom Kunden sind im System ohne Verzöge-rung verfügbar und wer-den unmittelbar im Un-ternehmen, zu Sublieferanten und Lo-gistikdienstleistern in der gleichen Qualität weiter-geleitet (B2,B4,B5,B16,B18,B34, P8,P9,P15,D26,D31)

Pr5) Systematische und transparente Verwaltung von Kundenaufträgen hinsichtlich Liefertermin, -menge und Status der Auftragsbearbeitung, Auskunft hierzu ist jeder-zeit möglich (D10,D11,D12,P21)

Pr6) Termin- und Men-genabweichungen von Aufträgen werden verzö-gerungsfrei, und durch Frühwarnsystem erkannt, dispositive Reichweite kann ermittelt werden (A23,B28,B29,B30,D11, D12)

Pr7) Jederzeitige Identifi-kation der Halb- und Fertigfabrikate: Unter-scheidung ähnlicher Teile und unterschiedlicher Entwicklungsstände eindeutig gewährleistet (A18,A25,A26,A27,B27, P17,P19,D42)

Pr8) Vorgehensweise zur Lenkung fehlerhafter Teile (P20,P21,P22)

Pr9) Witterungsschutz der Produkte auch beim Verladen (D23)

Pr10) Lagerhal-tungsleistungen werden mit Kenn-zahlen überwacht und Bestände gering gehalten um Kosten zu vermeiden (B28,B31,D7, D40)

Pr11) Basisdaten im System opti-mieren Bestellun-gen nach ökono-mischen Gesichtspunkten (B6,B8)

Pr12) Prozesse definiert zur Handhabung kurzfristiger Auftragsänderun-gen (Lieferflexibilität) (A19,P16,D46)

Pr13) Notstrate-gien entwickelt für den Ausfall von Produktionsanla-gen, IV-Systemen und kritischen Beschaffungsum-fängen (A29,B20,B21, P27,D25)

Pr14) Rechtzeiti-ges Erkennen von Engpässen in Verpackungsmit-tel und Behälter (D16)

Pr15) Proaktives Informationsver-halten gegenüber Kunden bei zu erwartenden Prozessstörungen (P28)

Pr16) Sensibilität für Fehler durch Medien-brüche (A17,A21)

Pr17) Flexibilität wird nicht ausschließlich durch Bestände er-reicht (B35)

Pr18) Materialbedarfs-rechnung erfolgt zum größtmöglichen Anteil deterministisch (B3)

Pr19) Im gesamten Güterfluss werden jeweils die ältesten Materialien als nächs-tes verarbeitet (FIFO-Prinzip) (A28,B23,D39)

Pr20) Buchungsvor-gänge sind an tatsäch-liche Materialbewegun-gen zwangsgekoppelt inklusive Verpackun-gen und Behälter (B24,D4,D37,D47,D48)

Pr21) Klare Vereinba-rung mit Sublieferanten und Logistik-dienstleistern zur Re-gelung von Mengen-abweichungen, Transportschäden, Qualitätsmängel und Folgekosten (B26)

Pr22) Klare Vereinba-rungen mit Sublieferan-ten und Logistik-dienstleistern zu Anliefermodalitäten, Warenbegleitpapiere und Bezettelung (B36,B38,B39,B40, D27)

Pr23) Lieferunstimmig-keiten werden erfasst, analysiert und deren Vermeidung konse-quent verfolgt (B25,B32,B33)

Pr24) Lieferflexibilität wird auch von Subliefe-ranten und Logistik-dienstleistern gefordert und bei Bedarf durch Förderungsmaßnah-men unterstützt (B32,B40,D27,D49)

Pr25) Beteiligung der Logistik an Produkti-onsbesprechungen (P6,P28)

Pr26) Vereinba-rungen zur standardisierten Auftragsüber-mittlung und Kommunikation mit Kunden und Lieferanten (A15,B14,B17, D2,D3,D5)

Pr27) Bewusst-sein des scho-nenden Um-gangs mit Kundenmitteln, z.B. Behälter, Verpackungen, keine Zweck-entfremdung (D17,D21,D22,D29,D38)

Pr28) Innerbe-triebliches Vertreten von Kundeninteres-sen (A8,A17,A19, A20,D19,D29, D33,D38,D41, D45)

Abbildung 32: Übersicht logistikspezifischer Qualitätsmerkmale der Prozessdimension

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4.2.2.3 Qualitätsmerkmale der Ergebnisdimension

Der Grad der Erreichung von gesetzten Leistungszielen wird durch die Ergebnisqua-lität beschrieben. Merkmale der Ergebnisqualität bilden im Wesentlichen die Kom-ponenten des Lieferservice. So ist die Lieferbeschaffenheit des Produktes, der Behäl-ter und Verpackung als ergebnisbezogenes Merkmal der Qualitätsdimension „Materielles“ aufzufassen. Die Qualitätsdimension „Zuverlässigkeit“ spiegelt sich in den Merkmalen Termintreue Anlieferung, Liefergenauigkeit nach Art und Menge und dem korrekten Lieferort wider. Zudem sollen die Warenbegleitpapiere und die Warenbezettelung den Vereinbarungen entsprechen und die Chargenverfolgbarkeit sicherheitsrelevanter Teile gewährleistet sein. Kurze Lieferzeiten stellen ein Merkmal des Entgegenkommens dar, Souveränität wird durch flexible Lieferzeiten ausge-drückt. Für die Qualitätsdimension „Einfühlungsvermögen“ lässt sich die Kompati-bilität mit angrenzenden Leistungen, insbesondere der Redistribution von Behältern und Verpackungen aufführen.

Materielles Zuverlässig-keit

Entgegen- kommen

Souveränität Einfühlungs-vermögen

Ergebnis-qualität

Legende:

A: Allgemeine prozessüber-greifende Qualitätsmerk-male der Logis-tik

B: Beschaf-fungslogistik

P: Produktions-logistik

D: Distributionslo-gistik

E1) Lieferbeschaf-fenheit: Produkt, Behälter und Ver-packung entspre-chen den Spezifika-tionen und sind in einwandfreiem Zustand (D21,D29)

E2) Termintreue Anlieferung (D10,D11,D32,D33)

E3) Liefergenauig-keit nach Art und Menge (D6,D10,D11)

E4) Korrekter Lieferort (D6)

E5) Warenbegleit-papiere und Wa-renbezettelung entspricht Verein-barungen (D9,D18,D22)

E6) Chargenver-folgbarkeit sicher-heitsrelevanter Teile gewährleistet (P17)

E7) Kurze Lieferzei-ten (D1,D49)

E8) Flexible Liefer-zeiten (D27)

E9) Kompatibilität mit angrenzenden Leistungen, insbe-sondere Redistribu-tion von Behältern und Verpackung (D13)

Abbildung 33: Übersicht logistikspezifischer Qualitätsmerkmale der Ergebnisdimension

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4.3 Prozessanalyse der Logsitkqualität repräsentativer Unternehmen

Auf Basis der im vorangegangenen Abschnitt erarbeiteten Qualitätsmerkmale wird ein Fragenkatalog konzipiert, um den Erfüllungsgrad der Qualitätsmerkmale in den jeweiligen Versorgungsketten in Form einer Prozessanalyse zu beurteilen. Der Fra-gebogen orientiert sich an dem tatsächlichen Informations- und Materialfluss, be-ginnt also mit dem Eingang des Lieferabrufs beim Lieferanten über die Schnittstelle zum Sublieferanten und endet mit dem Wareneingang beim Kunden. Er ist neben allgemeinen prozessübergreifenden Themen nach den phasenspezifischen Subsys-temen der Logistik – Beschaffungs-, Produktions- und Distributionslogistik – geglie-dert (siehe Anhang Kapitel 8.2). Die Fragen besitzen offenen Charakter und decken die erarbeiteten Qualitätsmerkmale und somit auch die vorgegebenen Sachziele des Kunden vollständig ab.

Um den Bestrebungen zur funktions- und unternehmensübergreifenden Flussopti-mierung gerecht zu werden, dürfen sich die Neugestaltungsbemühungen nicht auf einzelne Komponenten des Logistiksystems beschränken.166 Eine derartige Begren-zung reduziert das Gestaltungspotenzial logistischer Prinzipien einseitig auf die be-trachtete Komponente mit der möglichen Konsequenz, dass zwar die Kostenposition und das Leistungsvermögen einzelner Materialfluss- und Informationsflussaktivitä-ten optimiert werden, aber nicht die Effizienz der gesamten Wertschöpfungskette verbessert wird. Um diesem Verständnis und dem Integrationsansatz der Logistik zu entsprechen, werden die phasenspezifischen Subsysteme der Logistik im vollständi-gen Querschnitt mit den erarbeiteten Dimensionen der Qualitätsmerkmale gesetzt, aus denen sich wiederum der standardisierte Fragebogen zur Prozessanalyse ablei-tet. (vgl. Abbildung 34).

166 Vgl. hierzu auch die Ausführungen zur Umsetzung des logistischen Prinzips der Flussoptimierung bei We-ber/Kummer (1994), S.127ff.

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4 Leitfaden zur Analyse und Neugestaltung von Versorgungsketten

84

Abbildung 34: Standardisierter Fragebogen zur Prozessanalyse

Im nun folgenden empirischen Teil der Arbeit wurde eine „Expertenbefragung“ in Form von realen Analyse- und Gestaltungsprojekten in der Automobilzulieferin-dustrie durchgeführt, um die Ausprägungen der Qualitätsmerkmale bei den teil-nehmenden Unternehmen festzustellen. Die Prozessanalysen wurden von November 1997 bis Mai 1999 in schriftlicher Form anhand des standardisierten Fragenkatalogs vorgenommen. Bei jedem der 26 beteiligten Unternehmen wurde der Fragebogen durch eine Vor-Ort-Begehung entlang den betreffenden Prozessen mit einem Exper-tenteam des Kunden und des zu analysierenden Unternehmens beantwortet. Das Team bestand aus drei Personen des Automobilherstellers (Zentrale Logistik, Werks-logistik und Einkauf) zusammen mit den jeweils betroffenen Mitarbeitern und Füh-rungskräften der Logistik, Produktion, Informationsverarbeitung und des Einkaufs des Zulieferunternehmens. Grundlagen der Befragung waren die im Rahmen von realen Projekten in mehreren europäischen und außereuropäischen Unternehmen gewonnenen eigenen Primärerfahrungen zur Analyse und Gestaltung von Versor-gungsketten, so dass ein ausreichend fundiertes Vorverständnis für die Durchfüh-rung einer umfangreichen Erhebung vorgelegen hat. Die Fragen wurden sowohl von Führungskräften als auch von ausführenden Mitarbeitern beantwortet. Bei Schnitt-stellenproblematiken wurden die Fragen den Beteiligten zunächst getrennt gestellt, anschließend wurde gemeinsam über Maßnahmen beraten. Die Beantwortung der Fragen geschah unter Berücksichtigung der zu Grunde liegenden Qualitätsmerkma-le. Je nach Erfüllungsgrad der relevanten Qualitätsmerkmale wurden gemeinsam Verbesserungspotenziale identifiziert. Hieran konnte die Güte des zu Grunde lie-genden realisierten Prozesses gemessen werden. Durch die gemeinsame Vorgehens-weise in dem genannten Expertenteam diente dieser Vorgang der Überprüfung der Formalzielerfüllung. Jedes identifizierte Problem (=Abweichung vom Formalziel)

Potenzial-, Prozess- undErgebnisdimension

logistischerQualitätsmerkmale

ProzessübergreifendeThemen

Beschaffungslogistik

Produktionslogistik

Distributionslogistik

StandardisierterFragebogen zurProzessanalyse

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4 Leitfaden zur Analyse und Neugestaltung von Versorgungsketten

85

wurde mit einer Analyse-Lösungsmatrix bearbeitet, um die Problemursachen zu i-dentifizieren. Daraufhin wurden Maßnahmen definiert. Aus jeder Frage können sich Maßnahmen ergeben. Die Summe aller Maßnahmen wird am Ende der Prozessana-lyse eines Unternehmens betrachtet. Die Maßnahmen werden dann sinnvoll gebün-delt und über zu definierende Projekte umgesetzt. Jeder abgeleiteten Maßnahme ist mindestens einer der in der Ist-Analyse identifizierten Potenzialfaktoren zuordenbar. Dies belegt, dass die in Kapitel 3.3 ermittelten Potenzialfaktoren sämtliche Maßnah-men ausreichend abdecken, die unter Berücksichtigung der jeweiligen Situations-merkmale zur Erreichung der angestrebten Ziele der Neugestaltung der Versor-gungskette führen. Nach der ausführlichen Diskussion der abgeleiteten Maßnahmen im nächsten Abschnitt wird im folgenden Kapitel die Wirksamkeit der eingeleiteten Maßnahmen überprüft.

Mittels des standardisierten Fragebogens können nach der Durchführung der Pro-zessanalyse durch die angegebenen Referenzen zu den Qualitätsmerkmalen die Wir-kungen der abgeleiteten Maßnahmen analog Abbildung 30 zugeordnet werden. Da-mit ist der zu erwartende Kundennutzen und das zu erreichende Sachziel zur Erhöhung der Logistikqualität und die Dimension der Wirkung (Potenzial, Prozess oder Ergebnis) sofort transparent. Dieses Vorgehen unterstützt die zielorientierte Ableitung geeigneter Maßnahmen und stellt unmittelbar den Bezug zum erwarteten Kundennutzen her. Auch kann nach der Ableitung der Maßnahmenbündel und de-ren Zuordnung zu den Potenzialfaktoren weiterhin die Allokation zu Qualitäts-merkmalen hergeleitet werden. Die Hebel zur Schaffung erhöhter oder zusätzlicher Kundenorientierung können somit stets identifiziert und gezielt gesetzt werden. Auch umgekehrt ist eine Priorisierung von Maßnahmen zur Neugestaltung der Ver-sorgungskette nach den kundenorientierten Wirkungen, die momentan für das ana-lysierte Unternehmen von größter Bedeutung sind, möglich. Neben der erwähnten Zuordnung der Maßnahmen zu den Qualitätsmerkmalen, zeigt Abbildung 35 eine zusammenfassende Übersicht der Vorgehensweise des gesamten Leitfadens und der notwendigen Vorleistungen auf.

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4 Leitfaden zur Analyse und Neugestaltung von Versorgungsketten

86

Abbildung 35: Schema des Leitfadens zur Erhöhung der Logistikqualität in Versorgungsketten

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4 Leitfaden zur Analyse und Neugestaltung von Versorgungsketten

87

4.4 Maßnahmen zur Neugestaltung von Versorgungsketten

Analysen und Neugestaltungen von Versorgungsketten beeinflussen aufgrund ihres funktions- und hierarchieübergreifenden Ansatzes nicht nur einzelne Struktur- und Prozesselemente, sondern die gesamte Systemkonfiguration der zu analysierenden Unternehmen. Nach der Betrachtung wesentlicher Qualitätsmerkmale der einzelnen Prozesselemente, der Maßnahmenableitung und Ursachenanalyse, findet eine konso-lidierte Meinungsbildung statt wie die Prozesse zu verändern sind. Ausmaß und In-tensität der daraus abzuleitenden Maßnahmen zur Neugestaltung kommen in fol-genden Merkmalen zum Ausdruck:167

Neuigkeitsgrad: Neugestaltungen logistischer Prozesse stellen Innovationen dar, die auf eine zielgerichtete Neuausrichtung von Strukturen, Systemzuständen und Ver-haltensweisen ausgerichtet sind.168 Der Innovationsgrad kann aus Sicht der betroffe-nen Unternehmen unterschiedliche Ausprägungsformen annehmen. Er kann sich in der erstmaligen Adaption bereits bekannter Logistikkonzepte, in der Entwicklung absolut neuer Logistiksysteme oder im Beschreiten neuer Wege zur Realisierung ei-ner gewählten Logistikkonzeption äußern.

Komplexität: Sowohl die Entwicklung von Konzepten als auch die Umsetzung der Neugestaltungsprozesse sind durch einen hohen Komplexitätsgrad gekennzeich-net.169 Während die Komplexität der Konzepterstellung aus der Tatsache resultiert, dass sämtliche betrieblichen Funktionen von den Maßnahmen betroffen sind oder zumindest tangiert werden, ist die Komplexität des Transformationsprozesses im Umfang der Aufgabenstellung begründet. Um die notwendigen Analyse-, Planungs- und Umsetzungsaktivitäten bewältigen zu können, reichen die Problemlösungska-pazitäten einzelner Mitarbeiter und Planer regelmäßig nicht aus. Der Transformati-onsprozess vollzieht sich deshalb arbeitsteilig. Er setzt die Einbeziehung und Koor-dination von Mitarbeitern mit unterschiedlichen Kenntnissen, Fähigkeiten und Wertesystemen voraus.

Strategische Relevanz: Entscheidungen zur Neugestaltung logistischer Prozesse sind von strategischer Tragweite. Sie haben langfristige Konsequenzen auf die prozessua-len, technologischen, organisatorischen und personellen Unternehmensmerkmale, bestimmen die logistische Kompetenz und beeinflussen die Wettbewerbsfähigkeit.

Konfliktpotenzial: Die Neugestaltung logistischer Prozesse kann, je tiefgreifender die Veränderung ist, ein hohes Konfliktpotenzial beinhalten. Vor allem bei Reorganisati-onsmaßnahmen werden gewachsene Abläufe, Kompetenzen und Machtstrukturen in Frage gestellt. Veränderungsmaßnahmen erfordern zudem einen hohen Konsensbe-darf, um die angestrebten Verhaltensänderungen unter Mitwirkung der betroffenen Mitarbeiter zu erreichen.170 Das Spannungsfeld zwischen organisatorischem Wandel und änderungsförderndem Konsens zwingt das Management des Neugestaltungs-prozesses die unterschiedlichen Interessen zu kanalisieren und in einen gesamthaften Lernprozess einzubinden.

167 Vgl. Hadamitzky (1995), S. 83ff. 168 Zu den Merkmalen betrieblicher Innovationen vgl. Thom (1980), S.23ff. 169 Vgl. Puhlmann (1985), S.194. 170 Vgl. Weber/Kummer (1994), S.252 und Puhlmann (1985), S.195.

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4 Leitfaden zur Analyse und Neugestaltung von Versorgungsketten

88

Risiko: Strukturelle Änderungen logistischer Prozesse sind außergewöhnliche, in der Regel einmalige und zeitlich befristete Gestaltungsvorhaben, für deren Bewältigung begrenzte finanzielle und personelle Ressourcen zur Verfügung stehen.171 Sie bein-halten wie alle strategisch ausgerichteten Innovationskonzepte ein Chancen- und ein Risikopotenzial. Letzteres reicht von der Möglichkeit, dass angestrebte Ergebnisse, Termine und Kosten nicht erreicht werden können über das Scheitern der Verände-rungsmaßnahmen bis hin zu der Gefahr des Abbruchs bereits initialisierter Projekte.

Diese Merkmale sind bei der Ableitung der Maßnahmen zu berücksichtigen, um dem gesamtheitlichen Gestaltungsanspruch der Logistik Rechnung zu tragen. Darüber hinaus ist bei der Neugestaltung von Versorgungsketten das Problem der Maßnah-meninteraktion zu beachten. Mit der Maßnahmeninteraktion sollen zwei Aspekte herausgearbeitet werden. Zum einen wird unter Maßnahmeninteraktion die Tatsa-che verstanden, dass Aktivitäten, die auf eine tiefgreifende Veränderung der Konfi-guration und Verhaltensweise von Systemen abzielen, nicht mit isolierten oder iso-lierbaren Maßnahmen zur Beseitigung operativer Schwachstellen im Material- und Informationsfluss gleichzusetzen sind. Sie müssen vielmehr als vernetzte Teilaktivi-täten eines Gesamtkonzepts verstanden werden. Dieses Gesamtkonzept setzt sich aus unterschiedlichen Einzelmaßnahmen zusammen, die keineswegs chronologisch-linear verlaufen müssen, sondern auch durch eine Abfolge von parallelen und se-quentiellen Teilaktivitäten gekennzeichnet sein können. Ein vereinfachtes Beispiel hierfür ist die Änderung der Planungs- und Dispositionsmethodik, die Optimierung von Rüstvorgängen sowie die Änderung der Transport- und Behältersystematik als Folge einer Losgrößenreduzierung. Zum anderen bedeutet die Interaktion von Maß-nahmen, dass zwischen Teilaktivitäten eines Neugestaltungskonzepts sachliche und zeitliche Abhängigkeiten bestehen, die zu regelrechten Maßnahmensequenzen im Sinne eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses führen. So erzeugen bereits auf einige wenige Stufen oder Abschnitte der logistischen Kette beschränkte Neugestal-tungsaktivitäten Sachzwänge in angrenzenden Abschnitten der Wertschöpfungs- und Innovationskette, da sie dort die Notwendigkeit zu Struktur- und Verhaltensän-derungen aufzeigen und den Neugestaltungsprozess auf diese Bereiche ausweiten.172 Dies erklärt die sukzessive Anpassung und Übertragung von Just-In-Time Prinzi-pien, die zunächst im horizontalen Material- und Informationsfluss erfolgreich einge-führt wurden, auf Innovations- und vertikale Informationsprozesse.

Als Fazit kann festgehalten werden, dass Konzepte zur Analyse und Neugestaltung von Versorgungsketten umfangreiche Maßnahmenbündel zum Inhalt haben müssen, die über die eigentliche Kontrollspanne der Logistik hinausgehen, um das Gestal-tungsspektrum und das Wirkungspotenzial vollständig darzustellen.

Abgeleitet von den in der vorangegangenen Prozessanalyse ermittelten Verbesse-rungspotenzialen wurden nach einer eingehenden Ursachenanalyse Maßnahmen definiert. Diese wurden sinnvoll gebündelt und den in der Ist-Analyse identifizierten Potenzialfaktoren zugeordnet. Im Folgenden werden die Ergebnisse aus den durch-geführten Prozessanalysen näher erläutert. Die abgeleiteten Neugestaltungsmaß-nahmen werden dazu je Potenzialfaktor diskutiert.

171 Vgl. Wildemann (1991), S.163. 172 Wildemann (1989), S.91f, spricht im Zusammenhang mit Just-In-Time Implementierungen von einer kontinu-ierlichen, nicht endenden Verbesserungsspirale, deren Mechanismus auf den Ursache-Wirkungs-Zusammenhang von Bestandssenkung-Problemerkennung-Problemlösung zurückzuführen ist.

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4 Leitfaden zur Analyse und Neugestaltung von Versorgungsketten

89

4.4.1 Produktstruktur

Im Rahmen der Produktstruktur liegt ein erster Maßnahmenschwerpunkt in der Ver-ringerung und Beherrschung der marktgetriebenen Logistikkomplexität. Dazu gilt es die bestehende Variantenanzahl (42,3%) und Teilevielfalt (65,4%) zu überprüfen und auf ein aus Wettbewerbs- und Kostengesichtspunkten vertretbares Maß zu reduzie-ren. Bei einer genaueren Analyse der bestehenden Produkt-Kunden-Kombinationen zeigt sich, dass der planerische, dispositive und operative Aufwand, der zur Herstel-lung von Exoten- und Sonderaufträgen erforderlich ist, nicht immer über Preisdiffe-renzierung durchzusetzen ist. Zur Beherrschung einer vom Markt geforderten Vari-anz des Produktionsprogramms sind Maßnahmen zur Standardisierung (46,2%) und die Bildung von Teilefamilien oder Baukastensystemen (73,1%) hilfreich. Derartige Lösungen begrenzen das Teile- und Komponentenspektrum und vereinfachen Be-schaffung, Fertigung und Montage. Die Einführung modularer Produktstrukturen (69,2%) unterstützt ferner Bestrebungen die Variantenerzeugung in eine möglichst hohe Wertschöpfungsstufe zu verlagern (76,9%).173 Durch die hiermit verbundene Verringerung der Reaktionszeiten können Ineffizienzen in Form von Änderungen, Umbauarbeiten, Demontagen und Verschrottungsaktionen weitestgehend ausge-schlossen werden.174 Die Verkürzung der Stücklistenstruktur (80,1%) wirkt sich eben-falls komplexitätsmindernd aus. Dabei wird die Absicht verfolgt, den kritischen Zeitpfad von Produkten zu verkürzen. So ermöglichen breite, aber dafür flache Stücklistenstrukturen im Gegensatz zu schmalen, tiefen Produktkonfigurationen eine Parallelisierung von Wertschöpfungsaktivitäten. Dadurch ist es möglich, sowohl ein-zelne Arbeitsgänge als auch Lager- und Fertigungsstufen innerhalb der Logistikkette zu substituieren.175

173 Vgl. Wildemann (1993c), S.408. 174 Vgl. Ihde (1991), S.194. 175 Vgl. Eidenmüller (1991), S.86.

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4 Leitfaden zur Analyse und Neugestaltung von Versorgungsketten

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Nichtrelevant

Abbildung 36: Produktbezogene Neugestaltungsmaßnahmen

4.4.2 Materialfluss

Die Maßnahmen zur Neugestaltung des Materialflusses der in die Prozessanalyse einbezogenen Unternehmen lassen sich in vier Gestaltungsschwerpunkte einteilen.

4.4.2.1 Neugestaltung der Materialflussbeziehungen

Um räumliche Disparitäten zu beseitigen bei denen sequentiell verlaufende Arbeits-vorgänge an unterschiedlichen Stellen im Materialfluss abgeschlossen sein müssen bevor sie in nachfolgenden Wertschöpfungsstufen fortgesetzt werden können, haben 96,2% der Unternehmen eine räumliche Konzentration von Betriebsmitteln und Ar-beitsvorgängen geplant. Dabei wurden aufgrund von Restriktionen technologischer und kapazitativer Natur und wegen der vorhandenen Flächen- und Gebäudestruk-turen mehrere Alternativen gleichzeitig diskutiert: Neben produktorientierten Lay-outs (100%), die dem logistischen Ideal der Flussoptimierung am weitesten entspre-chen,176 sind dies technologieorientierte (50%) und in geringerem Umfang teilefami-lienorientierte (23,1%) Konzepte, die als Basis zur Neugestaltung des Materialflusses herangezogen worden sind. Die Verteilung der Layoutformen korrespondiert mit den an späterer Stelle zu behandelnden Fertigungskonzepten. Dementsprechend sind produktorientierte Layouts insbesondere auf Fabrikebene oder in kundennahen Fertigungssegmenten anzutreffen, wohingegen technologie- oder teilefamilienorien-tierte Layouts vorzugsweise auf niedrigen Wertschöpfungsstufen mit einer hohen Anlagenintensität zum Einsatz kommen. Abgeleitet wurden diese Handlungsalterna-tiven aus Fragen mit mangelnder Erfüllung von Qualitätsmerkmalen aus der Poten- 176 Vgl. Eidenmüller (1991), S.112.

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4 Leitfaden zur Analyse und Neugestaltung von Versorgungsketten

91

zial- und Prozessqualität, die aus der Ausprägung „Souveränität“ stammen und alle phasenspezifischen Subsysteme betreffen. Zu den Qualitätsmerkmalen mit den größ-ten Defiziten gehören die logistikgerechte Materialflussplanung wie auch Flexibili-tätsmöglichkeiten ohne unnötigen Bestandsaufbau.

15,4

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Reduzierung derTransportfrequenzen

Erhöhung derTransportfrequenzen

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Zentralisierung derTransportorganisation

SystematischePufferdimensionierung

Einführung dezentralerLager

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Reduzierung vonLagerstufen

Einführung durchgängigerBehältersysteme

ProduktionssynchroneAnlieferung

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TeilefamilienorientiertesLayout

TechnologieorientiertesLayout

Produktorientiertes Layout

Räumliche Konzentrationvon Arbeitsvorgängen

Maßnahmegeplant

Nichtrelevant

Abbildung 37: Materialflussbezogene Neugestaltungsmaßnahmen

4.4.2.2 Reorganisation der Materialversorgung

Die Neugestaltung der Materialanlieferung wird von der Einteilung logistischer Ob-jekte in Teileklassen dominiert. Dies äußert sich darin, dass 92,3% der Unternehmen eine Differenzierung der Materialbereitstellung nach Wertigkeit, Verbrauch, Wieder-beschaffungszeit und Größe von Teilen und Baugruppen vornehmen wollten. Aus-

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gehend von den ermittelten Erzeugnisklassen sollte für hochwertige Positionen mit einer hohen Verbrauchskontinuität und kurzen Wiederbeschaffungszeiten, aber auch für voluminöse Teile eine produktionssynchrone Anlieferung (84,6%) realisiert wer-den, während für alle übrigen Erzeugnisarten die Materialbereitstellung weiterhin über Zwischenlagerungen abgewickelt werden sollte. Die Differenzierung der Mate-rialbereitstellung erlaubt eine Verringerung der Umlauf- und Zwischenerzeugnisbe-stände.177 Gleichzeitig kann das Materialhandling für einen mengenmäßig großen Anteil an Lagererzeugnissen rationalisiert werden. Um die Materialversorgung mit der Materialentnahme zu synchronisieren, empfiehlt es sich, die Anlieferung wei-testgehend verbrauchsgesteuert und somit gekoppelt an die Fertigungs- und Kun-denaufträge vorzunehmen. Dies gilt vor allem dann, wenn eine ausgeprägte Kun-denorientierung im Vordergrund der Neugestaltung der logistischen Prozesse steht. Unterstützt wird die angestrebte Reduzierung des Handlings durch die Einführung von durchgängigen Behälterkonzepten (69,2%). Für die Neugestaltung der Behälter-systematik ergibt sich ein Gestaltungsoptimum, wenn die Liefereinheiten der Zulie-ferunternehmen mit den Transport-, Lager- und Handlingseinheiten der Produzen-ten sowie den Verpackungs- und Entsorgungseinheiten der Kunden identisch oder kompatibel sind.178 Dies spiegelt sich vor allem in den Fragen mit niedrigen Erfül-lungsgraden der Qualitätsmerkmale der Ausprägung „Einfühlungsvermögen“ wi-der, in denen die Potenzial- und Ergebnisdimension der Distributionslogistik adres-siert sind.

4.4.2.3 Neugestaltung der Lagerstrukturen

Im Vordergrund dieses Maßnahmenschwerpunkts steht die Reduzierung von Lager-stufen (84,6%) und die Einführung von Bevorratungsebenen (80,8%). Der Lagerabbau konzentriert sich teile- oder produktspezifisch auf Zwischenlager innerhalb der in-ternen Wertschöpfungskette sowie auf eigene und fremde Distributionslagerstufen. Mit der Verringerung von Zwischenlagerungen wird die Zielsetzung verfolgt, Be-stände – sofern sie noch erforderlich sind – auf ein möglichst niedriges Wertschöp-fungsniveau zu verlagern, so dass die Kapitalbindung reduziert und die Lieferbereit-schaft aufgrund der größeren Mehrfachverwendbarkeit erhöht werden kann.179 Voraussetzung für die Verschiebung von Bestandsstrukturen ist die Einrichtung von Bevorratungsebenen, von denen aus in Abhängigkeit von den jeweiligen Reaktions-zeiten kundenauftragsbezogen und unter Verzicht auf weitere Zwischenlagerungen produziert, montiert oder konfektioniert werden kann.

In der durchgeführten Prozessanalyse wollten nur vier Unternehmen eine Zentrali-sierung von Lagerorten vornehmen. Der geringe Anteil kann darauf zurückzuführen sein, dass eine Zentralisierung in der Regel zu Unterbrechungen und Verzögerungen führt, die sich negativ auf Materialfließgeschwindigkeit und Kosten auswirken. Zentrale Lager bieten sich deshalb ausschließlich für Erzeugnisse an, die sich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht in ein flussgerechtes Wertschöpfungskonzept einbinden lassen. Hierzu zählen Ersatzteile oder Artikel, deren Lieferströme durch zentrale Lagerorte konsolidiert werden können. Demgegenüber wird durch die Ein-führung produktionsnaher Lager eine verbraucherorientierte Bevorratung bei

177 Vgl. Wildemann (1992), S.60. 178 Vgl. Jünemann (1989), S.123. 179 Vgl. hierzu Ihde (1991), S.192 und Eidenmüller (1991), S.48.

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gleichzeitiger Verringerung von Zwischenlagerungen, Transporten und Material-handhabungen erreicht. Damit eine hohe Transparenz in der Bestandsführung und in der räumlichen Anordnung der dezentralen Lager (80,8%) gewährleistet ist, woll-ten die betroffenen Unternehmen eine systematische Pufferdimensionierung (84,6%) auf der Basis von Soll- und Mindestbeständen vornehmen. Die durchschnittlichen Puffergrößen erstrecken sich erzeugnisspezifisch von Stunden- und Tagesmengen bei synchron angelieferten Teilen und Baugruppen bis hin zu Monatsreichweiten bei programmgesteuerten Positionen der untersten Klassifizierung. Basis für diesen Ges-taltungspunkt waren schwerpunktmäßig mangelnde Ergebnisse in Fragen mit Quali-tätsmerkmalen der Ausprägung „Souveränität“ in Bezug auf Flexibilität und der lo-gistikgerechten Materialflussplanung über alle Subsysteme der Logistik.

4.4.2.4 Neugestaltung der innerbetrieblichen Transportprozesse

Im Gegensatz zu den übrigen Maßnahmen zur Neugestaltung des Materialflusses können bei der Restrukturierung der innerbetrieblichen Transportprozesse weniger eindeutige Gestaltungstendenzen festgestellt werden. Kennzeichnend hierfür ist, dass 38,5% der Unternehmen eine Zentralisierung von Transportaufgaben vorneh-men wollten, während knapp ein Drittel eine dezentrale Abwicklung präferierten. Unstrittig ist hingegen die mit der Neugestaltung verbundene Erhöhung der Trans-portfrequenzen (61,5%). Die Neugestaltung der Transportprozesse war größtenteils mit einer Veränderung der Transportsystematik (15,4%) verbunden. Im Vordergrund stand dabei die Einführung von Ring-, Linien- und Pendelverkehrssystemen, die an einen fest vorgegebenen Fahrplan gekoppelt wurden. Wie auch in den vorherigen Gestaltungsmöglichkeiten, waren bei den Fragen mit Bezug auf Qualitätsmerkmale der Ausprägung „Souveränität“ Defizite in der logistikgerechten Materialflusspla-nung und am Einsatz von Logistiksimulation zur Ermittlung von Potenzialen zu ver-zeichnen.

Die Reorganisation der Materialströme bildet oftmals die Keimzelle der Neu-ausrichtung von Unternehmen nach logistischen Prinzipien, weil mit Hilfe von Ma-terialflussprozessen physisch nachvollziehbar ist, ob und inwieweit logistische Ges-taltungsprinzipien im Unternehmen umgesetzt worden sind. Des Weiteren lassen sich bei der Materialflussgestaltung die Interdependenzen zu den horizontalen In-formationsprozessen herausarbeiten. Es wird deutlich, dass eine isolierte Neugestal-tung der physischen Komponente der Wertschöpfungskette dem Integrationsansatz der Logistik widerspricht: „Die starke Verflechtung von Material- und Informations-fluss erfordert zwangsläufig eine simultane Betrachtung dieser beiden Komponenten logistischer Prozesse, eine isolierte Optimierung des Materialflusses kann nicht zum Ziel führen, denn ohne die Optimierung auch des logistischen Informationsflusses ist jede Verbesserung des Materialflusses zum Scheitern verurteilt.“180

4.4.3 Informationsfluss

Die Maßnahmen im Rahmen der Prozessanalyse lassen sich im Rahmen der Neuges-taltung des Informationsflusses in fünf Schwerpunkte einteilen.

180 Vgl. Fey (1989), S.122.

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4.4.3.1 Änderung des Steuerungskonzepts

Im Zuge der Umsetzung der Just-In-Time Strategie und der hieraus abgeleiteten Forderung nach Erfüllung des Hol-Prinzips wollten 84,6% der in die Befragung ein-bezogenen Unternehmen eine KANBAN-Steuerung realisieren. Daneben wurden von anderen Unternehmen die Einführung einer belastungsorientierten Auftrags-freigabe (15,4%) und das Fortschrittszahlenmodell (3,8%) geplant. Ohne auf die un-terschiedlichen Leistungsmerkmale der einzelnen Verfahren einzugehen,181 wird aus der Verteilung der realisierten und der geplanten Maßnahmen zweierlei ersichtlich: Zum einen weisen die Angaben darauf hin, dass einige Unternehmen mehrere Steue-rungskonzepte gleichzeitig zum Einsatz gebracht haben respektive bringen wollen. Zum Zweiten unterstreichen die umfangreichen Neugestaltungsaktivitäten die Defi-zite traditioneller Steuerungsverfahren. Sie zeigen, dass Systeme, die durch eine zentralistische und stark arbeitsteilige Steuerungslogik gekennzeichnet sind, keine geeignete Methodik zur Verfügung stellen, mit deren Hilfe logistische Zielgrößen wie Durchlaufzeit, Termintreue, Bestand und Auslastung positiv beeinflusst werden können.182 Eine Vielzahl von Fragen auf Basis von Qualitätsmerkmalen über alle Ausprägungen und Subsysteme der Potenzial-, Prozess- und Ergebnisqualität führen bei Nichterfüllung zu Maßnahmen zur Änderung von Steuerungskonzepten. Dazu gehören die Durchlaufzeiten der Fertigungsaufträge zur Erhöhung der Flexibilität der Fertigung und Reduzierung der Lieferzeiten, die Aus-, Weiterbildung und Moti-vation der Mitarbeiter, das Sublieferanten-Management sowie die Notwendigkeit zur Bestandsreduzierung. Diese Überlegungen sind auch die Basis für die folgenden Maßnahmen.

181 Zur Konzeption und Verfahrensdetails der einzelnen Steuerungssysteme sei für die KANBAN-Steuerung auf Wildemann (1989b), für die belastungsorientierte Auftragsfreigabe auf Wiendahl (1987), S.206ff. und für das Fortschrittszahlenkonzept auf Heinemeyer (1988) verwiesen. 182 Vgl. hierzu und zu weiteren Kritikpunkten an klassischen Produktionsplanungs- und –steuerungssystemen Wiendahl (1987), S.22ff. und Eidenmüller (1988), S.44f.

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92,3

80,8

92,3

65,4

69,2

65,4

11,5

57,7

53,8

3,8

19,2

84,6

7,7

19,2

7,7

34,6

30,8

34,6

88,5

42,3

46,2

96,2

80,8

15,4

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

Einführung vonStandardlosgrößen

Losgrößendifferenzierungnach ABC-Kriterien

Losgrößenreduzierung

Reduzierung vonDispositions- undPlanungsstufen

Erhöhung derDispositionszyklen

Änderung derDispositionsmethoden

Reduzierung derPlanungsintervalle

Erhöhung derPlanungsintervalle

Änderung derPlanungsmethoden

EinführungFortschrittszahlenkonzept

Einführungbelastungsorientierter

Auftragsfreigabe

Einführung KANBAN-Steuerung

Maßnahmegeplant

Nichtrelevant

Abbildung 38: Informationsflussbezogene Neugestaltungsmaßnahmen

4.4.3.2 Modifikation der Prognose- und Planungssystematik

Sowohl zur Absicherung der eingeführten Steuerungskonzepte als auch zur Verbes-serung der Qualität logistikrelevanter Plandaten wurden von den befragten Unter-nehmen die Planungsprozesse neu gestaltet. Die Spannbreite der vorgeschlagenen Maßnahmen reicht von der Einführung neuer und Verfeinerung bestehender Pla-nungsmethoden183 (53,8%) über die Änderung der Planungsintervalle184 bis hin zum

183 Beispiele hierfür sind die Einführung einer rollierenden Planung oder die Ablösung einer zyklusorientierten durch eine ereignisorientierten Planung.

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Abbau von Planungsstufen. Bei der Neuorganisation der Planungsprozesse ist zu berücksichtigen, dass die Erhöhung des Detaillierungsgrades der Planung kein Selbstzweck darstellen darf. Um Marktimpulse schnell in ergebniswirksamen Output zu transformieren, sollten weniger die Planungsverfahren verfeinert als vielmehr die Abhängigkeiten von Prognosen und damit auch von Prognosefehlern durch kurze Durchlaufzeiten reduziert werden.

4.4.3.3 Neugestaltung der Disposition

Der Schwerpunkt der Maßnahmen bei der Neugestaltung der Disposition ist eben-falls von einer stärkeren Kundenorientierung der Dispositionsaktivitäten geprägt, die den Bedarf und nicht den Auftrag in den Mittelpunkt der Materialdisposition stellt. Um die angestrebte Angleichung von Produktions- und Absatzraten zu errei-chen, wurde von 65,4% der Unternehmen eine Änderung der Dispositionsmetho-den185 und von 69,2% eine Erhöhung der Dispositionszyklen angestrebt. Diese Maß-nahmen dienen in erster Linie einer durchgängigen Abwicklung von planerischen, dispositiven und steuernden Informationsflussaktivitäten. Sie beschränken sich aus-nahmslos auf die horizontale Prozessebene der Logistikkette. Im Gegensatz hierzu sind bei der Reduzierung von Dispositionsstufen (65,4%) strukturelle Eingriffe inner-halb des vertikalen Informationsflusses erforderlich. Die Verringerung von Entschei-dungsebenen und die damit verbundene Dezentralisierung dispositiver Aufgaben-inhalte ermöglicht neben dem Abbau von Zeit- und Bestandspuffern eine Verringerung von Dispositionsfehlern und eine Verbesserung der Termin- und Men-gentreue. Denn je mehr Planungs- und Entscheidungsstufen anzutreffen sind, desto höher sind die versteckten Sicherheiten im Informationsfluss und um so mehr Dispo-sitionsverfahren werden eingesetzt, deren unterschiedliche Optimierungsregeln kaum noch aufeinander abzustimmen sind.186 Basis für die Entscheidung für diese Gestaltungsmöglichkeit sind hier Fragen mit Bezug auf Qualitätsmerkmale der Aus-prägung „Zuverlässigkeit“ und „Souveränität“ hauptsächlich in der Beschaffungslo-gistik wie z.B. die Kopplung der Dispositionsaktivitäten an die Frequenz und den Horizont der Kundendaten und einem Sublieferanten-Management, das die Bedeu-tung der Informationsdurchlaufzeiten für die Flexibilität in der Lieferprozesskette betont.

4.4.3.4 Einführung von Bevorratungsebenen

Bevorratungsebenen haben neben der im vorherigen Abschnitt behandelten physi-schen Komponente auch einen informatorischen Gestaltungsaspekt, weil sie Ent-kopplungspunkte zwischen einer prognoseorientierten und einer kundenauftragsbe-zogenen Produktion darstellen.187 Sie sind notwendig, wenn die Lieferzeiten für Fertigprodukte kürzer sind als die Wiederbeschaffungszeiten der fremdbezogenen und die Durchlaufzeiten der eigengefertigten Erzeugnisse. Als primäres Orientie-rungskriterium für die Planung und Disposition von Bevorratungsebenen muss des-

184 Dabei haben die überwiegende Mehrzahl der befragten Unternehmen eine Erhöhung der Planungszyklen geplant oder realisiert (57,7%). Lediglich drei Unternehmen streben eine Reduzierung der Planungszyklen an. 185 Zum Beispiel die Differenzierung der Disposition in Abhängigkeit von der Prognosesicherheit, Wertigkeit, Volumen und Mehrfachverwendung der Erzeugnisse. 186 Vgl. Eidenmüller (1991), S.44. 187 Vgl. hierzu und zur Bildung von Bevorratungsebenen Wildemann (1992), S.57ff.

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halb das Verhältnis zwischen Lieferzeit und der Summe aus Durchlaufzeiten und Wiederbeschaffungszeiten herangezogen werden. Da Bevorratungsebenen, sofern sie nicht ausschließlich dispositiver Art sind, zu Lagerbeständen führen, sollten sie auf möglichst niedrigen Wertschöpfungsstufen eingerichtet werden. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass das Bestandsrisiko minimiert und der Anteil mehr-fach verwendbarer Erzeugnisse maximiert werden kann. Voraussetzung für die Ein-führung tiefer Bevorratungsebenen ist allerdings, dass die Reaktionsgeschwindigkeit in der Produktion und Zulieferung drastisch erhöht wird.

4.4.3.5 Änderung der Losgrößensystematik

Sinkende Auftragsgrößen mit einem wachsenden Anteil kundenindividueller Vari-anten erfordern ein Überdenken der Losgrößensystematik. Große Losmengen verur-sachen Bestände, binden Produktions- und Lagerflächen und erzeugen zusätzlichen Steuerungsaufwand. Sie verhindern außerdem eine Kundenorientierung, da sie die Produktion in zeitlicher und mengenmäßiger Hinsicht vom Kundenauftrag anony-misieren. Daher ist es verständlich, wenn 92,3% der befragten Unternehmen die Pro-duktions- und Beschaffungslosgrößen reduzieren wollten. Die Verringerung der Losgrößen bedeutet eine Abkehr von traditionellen Losgrößenmodellen. An die sich auf eine isolierte Partialoptimierung von Bearbeitungsgängen oder Fertigungsab-schnitten stützende „wirtschaftlichen Losgrößen“, treten Losgrößen, die am tatsäch-lichen Kundenbedarf und am gesamten Auftragsdurchlauf ausgerichtet sind. Weitere Gestaltungsaspekte betreffen die Verfahrensregeln nach denen die Festlegung der Auftragsmengen erfolgen soll. Sie umfassen die Losgrößendifferenzierung nach ABC-Kriterien (80,8%) und die Anwendung von Standardlosgrößen (92,3%) über mehrere Stufen der logistischen Prozesskette. Durch die Einführung von standardi-sierten Losgrößen wird eine Harmonisierung der Produktionskapazitäten erreicht. Die Losgrößen sind entsprechend den Bevorratungs- und Dispositionsebenen so ab-zustufen, dass auf niedrigen Wertschöpfungsstufen größere Losgrößenstandards und auf kundennahen Wertschöpfungsstufen kleine Losgrößen bis hin zur „Losgrö-ße eins“ produziert und beschafft werden. Fragen auf Basis von Qualitätsmerkmalen der Ausprägung „Entgegenkommen“ in der Potenzial- und Prozessqualität wie Fle-xibilität in der Produktion zur Bewältigung kurzfristiger Auftragsänderungen im Rahmen der Produktionslogistik und mangelnde Liefergenauigkeit in Art und Men-ge und fehlende Termintreue und Flexibilität in der Distributionslogistik sind Grundlage für die aufgezeigten Maßnahmen.

Die diskutierten Maßnahmen schaffen gemeinsam mit den Neugestaltungsansätzen des Materialflusses die Voraussetzungen für eine stärkere Kunden- und Zeitorientie-rung in der Wertschöpfungskette. Sie können jedoch aufgrund der wechselseitigen Bedingtheit zwischen den Transformationsprozessen der Produktion und den raum-zeitlichen Transferprozessen der Logistik erst dann ihre volle Wirksamkeit entfalten, wenn die Produktionsstrukturen in das Neugestaltungskonzept eingebunden wer-den.

4.4.4 Produktionsstruktur

Die zu Grunde liegenden Fragen beziehen sich auf Qualitätsmerkmale der Poten zial-, Prozess- und Ergebnisqualität und konzentrieren sich in den Ausprägungen

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„Zuverlässigkeit“, „Entgegenkommen“ und „Souveränität“ über alle phasenspezifi-schen Subsysteme der Logistik. Logistische Neugestaltungsmaßnahmen der Produk-tionsstruktur streben eine möglichst weitgehende Aufhebung arbeitsteiliger Produk-tionsstrukturen an, mit dem Ziel, Disparitäten und damit Koordinationserfordernisse zu vermeiden. An die Stelle einer Fremdkoordination tritt eine weitest gehende Selbststeuerung innerhalb definierter Bandbreiten. Maßnahmen zur Reduzierung der Arbeitsteilung in der Fertigung und in der Montage sind neben der Komplettbe-arbeitung von Teilen und Baugruppen (88,5%), die Substitution (57,7%) und die Zu-sammenfassung von Arbeitsgängen (92,3%). Diese Maßnahmen haben eine techni-sche und eine raum-zeitliche Gestaltungsdimension. Sie tragen dazu bei, dass Schnittstellen abgebaut und sequentiell verlaufende Produktionsprozesse nach dem Fließprinzip strukturiert werden können. Ein ähnlich positiver Integrationseffekt wie bei der Komplettbearbeitung lässt sich durch die Einbindung zusätzlicher Aufga-benumfänge in die Wertschöpfungskette erzielen. Dabei kommt aus logistischer Sicht der Integration von Qualitätssicherungsfunktionen in den Produktionsablauf (96,2%) eine zentrale Bedeutung zu. Denn Bestands- und Zeitpuffer im Material- oder Infor-mationsfluss für Ausschuss, Mehrfachprüfungen und Nacharbeit lassen sich erst ab-bauen, wenn entweder eine hohe Prozesssicherheit in der Produktion gegeben ist oder kurze, selbststeuernde Regelkreise zur Fehlerbeseitigung bestehen.188

188 Vgl. Wildemann (1992), S.28.

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99

80,8

65,4

34,6

80,8

23,1

50

100

96,2

57,7

92,3

88,5

19,2

34,6

65,4

19,2

76,9

50

0

3,8

42,3

7,7

11,5

0% 20% 40% 60% 80% 100%

Einrichten flexiblerArbeitsplätze

Einführung vonRüstzeitprogrammen

Vorhalten quantitativerÜberkapazitäten

Kapazitative Synchronisationvon Arbeitsgängen

TeilefamilienorientierteFertigungssegmentierung

TechnologieorientierteFertigungssegmentierung

Produkt- undKundenorientierte

Fertigungssegmentierung

Integration vonQualitätssicherungsfunktionen

Substitution vonArbeitsgängen

Zusammenfassung vonArbeitsgängen

Komplettbearbeitung vonTeilen und Baugruppen

Maßnahmegeplant

Nichtrelevant

Abbildung 39: Produktionsstrukturbezogene Neugestaltungsmaßnahmen

Die Spezialisierung von Arbeitsinhalten findet ihre Entsprechung in der Orga-nisation von Fertigungs- und Montageprozessen. So sind funktionale Produk-tionsstrukturen meist nach dem Werkstattprinzip in verfahrenstechnische Einheiten untergliedert. Kennzeichnend für derartige Produktionsstrukturen ist eine gemein-same Kapazitätsnutzung durch unterschiedliche Produkte und eine extrem große Leistungsverflechtung innerhalb der Wertschöpfungskette. Derartige Merkmale ver-richtungsorientierter Organisationsformen verhindern sowohl eine produktorientier-te Optimierung von Durchlaufzeiten und Kosten als auch eine prozessorientierte Ausrichtung der Produktion. Eine nach logistischen Prinzipien strukturierte Produk-tion zielt deswegen auf eine objektorientierte Entflechtung der Kapazitäten ab. Durch eine Segmentierung der Fertigungskapazitäten soll den differenzierten Anforderun-gen von Markt und Technologie entsprochen werden. Dementsprechend kann die Segmentierung der Fertigung nach Marktgesichtspunkten produkt- oder kundenori-entiert sowie nach Technologiekriterien auf der Basis von Teilefamilien, Produktab-messungen oder Losgrößen erfolgen. Das Konzept der Fertigungssegmentierung

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100

führt zu Produktionsstrukturen mit einem hohen Autonomiegrad, welche die Vortei-le der Fließfertigung mit der Flexibilität der Werkstattfertigung verknüpfen.189 Es ermöglicht eine Fokussierung von Vorfertigungen und Montagen auf die wettbe-werbskritischen Erfolgsfaktoren Qualität, Zeit und Kosten. Aus diesem Grund sind in der Praxis Lösungsansätze anzutreffen, die sich durch ein Nebeneinander von markt- und technologiebezogenen Segmenten auszeichnen. Wie die Prozessanalyse der Produktionsstrukturen zeigt, sollten größtenteils insbesondere die Baugruppen- und Endmontage einschließlich der kundenspezifischen Konfektionierung und Ab-schlussprüfung zu produkt- oder kundenorientierten Segmenten zusammengefasst werden (100%). Innerhalb der Vorfertigungsbereiche sind lediglich bei entsprechend hohen Kapazitätsanteilen produktorientierte Segmente anzutreffen. Ansonsten wur-den in den vorgelagerten Produktionsstufen quasi-objektorientierte Fertigungsmo-dule auf der Grundlage technologischer Abgrenzungskriterien geplant. Derartige Organisationseinheiten, die sich in der Regel aus mehreren Produktionstechnologien zusammensetzen, beschränken das Flussprinzip auf ein bestimmtes Technologie-spektrum (50%) oder auf bestimmte Teilefamilien (23,1%), die innerhalb einer Pro-duktionseinheit fertig bearbeitet werden.

Flussoptimierte Produktionsstrukturen setzen eine Synchronisation von qualitativen und quantitativen Kapazitäten voraus (80,8%), da mangelnde Abstimmung entweder zu Leerkosten oder zu Beständen führt.190 Eine Harmonisierung der Kapazitätsquer-schnitte aufeinanderfolgender Produktionsstufen stellt eine Angleichung von Liefer- und Produktionsraten sicher, so dass sich Liege- und Wartezeiten zwischen den ein-zelnen Bearbeitungsstufen vermeiden lassen.191 Eine bestandslose Synchronisation ist bei vorhandenen Engpässen mit dem Aufbau von Überkapazitäten, dem Einsatz re-dundanter Fertigungseinrichtungen oder mit der Freisetzung von Kapazitätsreser-ven (z.B. Einführung einer dritten Schicht oder Pausendurchlauf) verbunden. Sie kann in den seltensten Fällen kostenneutral durchgeführt werden, was mitunter ein Grund dafür sein kann, weshalb diese Maßnahme von relativ wenigen Unternehmen (34,6%) geplant wurde. Im Gegensatz hierzu haben zur Erhöhung der qualitativen Kapazität 80,8% die Einrichtung flexibler Arbeitsplätze vorgeschlagen und nahezu zwei Drittel der Unternehmen Rüstzeitprogramme geplant. Universelle Arbeitsplät-ze bieten das notwendige Flexibilitätspotenzial, um umfangreichere Produktionsauf-gaben eigenverantwortlich und räumlich konzentriert zu bearbeiten. Sie schaffen die Voraussetzungen, um isolierte Arbeitsgänge zu reintegrieren und neue Arbeitsstruk-turen umzusetzen. Die Einführung von Rüstzeitprogrammen ist die Konsequenz aus den extrem sinkenden, häufig wechselnden Losgrößen. Sie trägt einerseits den Op-timierungsregeln traditioneller Losgrößenmodelle Rechnung, und erlaubt anderer-seits eine Flexibilisierung und Harmonisierung flussoptimierter Kapazitätsquer-schnitte. Bevor Maßnahmen zur Rüstzeitreduzierung flächendeckend umgesetzt werden, empfiehlt sich aus Wirtschaftlichkeitsgründen eine Konzentration auf Eng-passmaschinen und Betriebsmittel, bei denen die Rüstkosten relativ flach ansteigen. Rüstzeitprogramme müssen nicht auf die Umsetzung kostenintensiver technischer Konzepte wie automatisierte Werkzeugwechsel oder Werkzeugbestückungssysteme beschränkt sein. Vielmehr sollten neben Maßnahmen zur Mitarbeiterqualifizierung

189 Zu den Vor- und Nachteilen der Werkstatt- und Fließfertigung vgl. Dangelmaier (1999), S.315f. 190 Vgl. Wildemann (1992), S.29. 191 Vgl. Eidenmüller (1991), S.117.

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auch organisatorische Ansätze zur Rüstzeitreduzierung in die Betrachtung einbezo-gen werden. Ansatzpunkte hierfür sind die Gestaltung rüstzeitoptimierter Arbeits-plätze, die maschinennahe Lagerung von Werkzeugen, die Bestimmung rüstgerech-ter Auftragsreihenfolgen, die Einführung nachvollziehbarer Rüstpläne oder die bearbeitungssynchrone Bereitstellung von Werkzeugen und Vorrichtungen.

4.4.5 Logistikorganisation

Die Ergebnisse der Prozessanalyse bringen zum Ausdruck, dass die Maßnahmen-bündel zur Aufbauorganisation keine eindeutigen Schwerpunkte aufweisen. Statt dessen sind differenzierte Lösungsansätze zu erkennen. Aus dieser Beobachtung lässt sich die Schlussfolgerung ziehen, dass die Neugestaltung der Außen- und In-nenstruktur der Logistikorganisation wesentlich stärker von situativen Merkmalen beeinflusst wird als Gestaltungsmaßnahmen, welche die logistischen Prozesse oder das unmittelbare Umfeld der Logistik betreffen. Fragen mit Bezug auf Qualitäts-merkmale der Potenzialqualität, die alle phasenspezifischen Subsysteme tangieren und im Wesentlichen den Ausprägungen „Zuverlässigkeit“ und „Entgegenkommen“ entstammen, bilden im die Basis für die folgenden Überlegungen. Dazu gehören eine übersichtliche und logistikorientierte Organisation, die eine hohe Entscheidungs-kompetenz und Verantwortlichkeit zur Erreichung der Unternehmensziele besitzt, klare Zuständigkeiten, gut koordinierte Schnittstellen und ausreichende Personalbe-reitstellung für logistische Tätigkeiten. Aber auch dem Kunden gegenüber sind klare Verantwortlichkeiten, koordinierte Kommunikation, ein funktionierendes Projekt-management und die Erreichbarkeit kompetenter Mitarbeiter mit einer klaren Ver-treterregelung geforderte Qualitäten der Ausprägung „Entgegenkommen“. Zu den Merkmalen der Prozessqualität, deren Nichterfüllung zu den folgenden Reorganisa-tionsvorhaben führten, gehören jederzeitige Auskunftsfähigkeit über den Status der Auftragsbearbeitung, die Einbindung der Logistik in Produktionsbesprechungen und die Sensibilität für Fehler die durch vermehrte Schnittstellen und Medienbrüche entstehen.

Im Rahmen der organisatorischen Strukturierung werden Arbeitsinhalte, Kompeten-zen und Verantwortlichkeiten des logistischen Organisationssystems definiert. Dabei wird entschieden, welche Teilprozesse von welchen Organisationseinheiten (Zent-ralbereiche, Abteilungen oder Gruppen) ausgeführt und verantwortet werden müs-sen. Da logistische Organisationssysteme Partialmodelle der Gesamtorganisation darstellen, können sie nicht unabhängig von den strukturellen Gegebenheiten und Interdependenzen zu anderen Funktionsbereichen gestaltet werden.192 Infolgedessen sind bei der organisatorischen Gestaltung gleichermaßen Aspekte der Außen- und Innenstruktur der Logistikorganisation zu berücksichtigen.

192 Vgl. Jünemann (1989), S.73.

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102

7,7

19,2

53,8

23,1

26,9

30,8

30,8

19,2

15,4

38,5

15,4

30,8

92,3

80,8

46,2

76,9

73,1

69,2

69,2

80,8

84,6

61,5

84,6

69,2

0% 20% 40% 60% 80% 100%

Verringerung vonLeitungsspannen

Reduzierung vonHierarchieebenen

Änderung vonAufgabeninhalten undStellenbeschreibungen

Entstehen zusätzlicherAbteilungen oder Gruppen

Wegfall von Abteilungenoder Gruppen

Gründung neuartigerAbteilungen oder Gruppen

Dezentralisierunglogistischer Aktivitäten

und Kompetenzen

Einführungfunktionsübergreifender

Kollegien

BildungfunktionsorientierterBereichslogistiken

Aufbau eineskoordinierenden

Zentralbereichs Logistik

Teilzentralisation in einemFunktionsbereich

Aufbau einesZentralbereichs Logisitk

Maßnahmegeplant

Nichtrelevant

Abbildung 40: Neugestaltungsmaßnahmen des Potenzialfaktors „Logistikorganisation“

4.4.5.1 Reorganisation der Außenstruktur

Die Außenstruktur umfasst die Eingliederung der Unternehmenslogistik in die Ge-samtorganisation von Unternehmen und bestimmt die Arbeitsteilung zwischen der Logistik und den übrigen Organisationssystemen. Im Vordergrund stehen Gestal-tungsfragen, welche die Festlegung der Kontrollspanne, die hierarchische Eingliede-rung sowie den Zentralisierungsgrad der Logistikorganisation betreffen. Dement-sprechend unterscheiden sich die Maßnahmenbündel der Außenstruktur durch den

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Zentralisierungsgrad und den Integrationsumfang der gewählten Organisations-form. Sie können aufgrund der logistikimmanenten Wechselbeziehungen zu anderen Unternehmensfunktionen nicht losgelöst von der Gesamtorganisation der reorgani-sierenden Unternehmen betrachtet werden.193 Insofern ist es nicht überraschend, wenn sich die Vielfalt der in der Prozessanalyse erfassten Strukturausprägungen auch bei den aufbauorganisatorischen Gestaltungsmaßnahmen niederschlägt. In Ab-hängigkeit vom horizontalen und vertikalen Integrationsumfang wurden von den Unternehmen die vier folgenden Organisationskonzepte gewählt:

a) Aufbau eines Zentralbereichs Logistik (30,8%): Im Rahmen dieses Neugestal-tungsansatzes werden sämtliche logistischen Aktivitäten, die bislang von mehreren Verantwortungsbereichen wahrgenommen worden sind, in einer Zentralinstanz ge-bündelt. Durch die Zusammenfassung wird eine Schnittstellenreduzierung mit dem Ziel angestrebt, die Effizienz der funktionsübergreifenden Material- und Informati-onsflussprozesse sowie der hierarchieübergreifenden Managementprozesse zu ver-bessern. Gleichzeitig soll ein organisatorischer Gegenpol zu den übrigen Leistungs-einheiten aufgebaut werden, der es ermöglicht, die logistischen Grundprinzipien umfassend durchzusetzen. Auffallend ist, dass insbesondere Unternehmen mit einer funktionalen Gesamtorganisation diesen Reorganisationsansatz gewählt haben.194 Dies lässt die Vermutung zu, dass gerade bei verrichtungsbezogenen Strukturen ein höherer Koordinationsbedarf aufgrund von Inkonsistenzen zwischen horizontalen Logistikprozessen und vertikalen Organisationsprozessen besteht. Die organisatori-schen Probleme „resultieren in der Regel aus Zuständigkeitsabgrenzungen und Schnittstellen in einem an sich durchgehenden Leistungsprozess, aus Zerteilungen von Leistungseinheiten, die, obwohl sie eine zusammenhängende Leistung erbringen sollen, unterschiedlich zugeordnet wurden sowie aus sequentiellen Abstimmungs-vorgängen, die eigentlich gleichzeitig erfolgen müssten.“195 Idealerweise sollten bei der Einführung einer Zentrallogistik möglichst alle logistischen Prozesse innerhalb eines Verantwortungsbereichs ablaufen.

Abbildung 41: Zentralbereich Logistik in einer funktionalen Organisation

b) Teilzentralisierung der Logistik in einem Funktionsbereich (15,4%): Bei der Teilzentralisierung werden Logistikaktivitäten ganz oder teilweise unter Federfüh-rung eines Funktionsbereichs in einer eigenständigen Leistungseinheit zusammenge-fasst. Die Zuordnung dieses Organisationsbereichs ist abhängig von der strategi- 193 Vgl. Fiedel (1991), S.4. 194 Von den insgesamt acht Unternehmen, die im Rahmen der Reorganisation ihres Logistiksystems einen Zent-ralbereich Logistik installieren wollten, hatten sechs eine funktionale Organisationsstruktur. 195 Vgl. Sommerlatte/Wedekind (1990), S.34.

Unternehmensleitung

ProduktionEinkauf Absatz Logistik

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4 Leitfaden zur Analyse und Neugestaltung von Versorgungsketten

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schen Ausrichtung und der Bedeutung logistischer Aktivitäten für den jeweiligen Verantwortungsbereich. So treten bei funktionalen Organisationsstrukturen Ansätze, welche die Unternehmenslogistik dem Vertrieb, der Produktion oder der Beschaf-fung unterordnen ebenso auf wie Ansätze, bei denen die Logistik der kaufmänni-schen Leitung unterstellt ist.

Abbildung 42: Teilzentralisierung der Logistik in einem Funktionsbereich

c) Schaffung eines koordinierenden Zentralbereichs Logistik (38,5%): Die koordi-nierende Zentrallogistik stellt eine Mischform dar, die eine Aufteilung logistischer Aufgaben und Kompetenzen auf zentrale und dezentrale Abteilungen vorsieht. Der Grundgedanke der koordinierenden Zentrallogistik ist, die Synergieeffekte der Kon-zentration mit den Vorteilen dezentraler Kompetenzen nach dem Grundsatz „De-zentralisierung soweit wie möglich - Zentralisierung soweit wirtschaftlich notwen-dig“196 zu verknüpfen. Der Zentralbereich übernimmt Planungs-, Gestaltungs- und Koordinationsaufgaben für den funktions-, objekt- oder unternehmensübergreifen-den Informations- und Materialfluss sowie Service- und Beratungsaufgaben gegen-über den übrigen Organisationseinheiten und externen Partnern innerhalb der logis-tischen Kette. Demgegenüber sind die dezentralen Leistungseinheiten, die je nach Zentralisierungsgrad fachlich oder disziplinarisch der Zentrallogistik unterstellt sein können, für die Abwicklung der operativen Materialfluss- und Informationsfluss-prozesse verantwortlich. Die Organisationsform der koordinierenden Zentrallogistik ist vorwiegend bei divisionalen Organisationsstrukturen anzutreffen.

196 Schäfer (1988), S.649.

Unternehmensleitung

ProduktionBeschaffung Absatz

LogistikKoordination

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4 Leitfaden zur Analyse und Neugestaltung von Versorgungsketten

105

Abbildung 43: Koordinierender Zentralbereich Logistik in einer objektorientierten Organisation

d) Bildung funktionsorientierter Bereichslogistiken (15,4%): Die Bildung funktiona-ler Teillogistiken basiert auf einer dezentralen Integration von Logistikaktivitäten in den Funktionsbereichen Beschaffung, Produktion oder Absatz. Die operativen Leis-tungseinheiten wickeln ihre logistischen Aktivitäten in eigener Verantwortung ab. Ausschließlich für Fragestellungen, welche die horizontale Optimierung von Materi-al- und Informationsströmen betreffen, werden Arbeitsgruppen sowie Projektteams mit einer spezifischen Aufgabenstellung eingesetzt. Die Trennung in eine dezentrale Beschaffungs-, Produktions- sowie Distributionslogistik setzt voraus, dass ein ein-heitliches logistisches Selbstverständnis, eine klare Schnittstellendefinition sowie ein hohes Maß an Kooperationsbereitschaft zwischen den funktionalen Teillogistiken vorhanden ist. Ansonsten besteht die Gefahr, dass bekannte Reibungsverluste ge-wachsener Organisationskonzepte selbst durch eine Reorganisation der logistischen Strukturen nicht beseitigt werden können.

Abbildung 44: Funktionale Teillogistiken in einer funktionalen Organisation

Unternehmensleitung

Division 2Division 1 Division 3

LogistikKoordination

Unternehmensleitung

ProduktionEinkauf Absatz

Beschaffungs-logistik

Produktions-logistik

Distributions-logistik

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4 Leitfaden zur Analyse und Neugestaltung von Versorgungsketten

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Neben den geplanten Maßnahmen der Außenstruktur bei denen Zentralisierungs-konzepte eindeutig im Vordergrund stehen,197 sind auch Tendenzen zur Bildung netzwerkartigen Organisationsmodelle festzustellen. So beabsichtigen 19,2% der Un-ternehmen eine Einführung zeitlich befristeter oder dauerhafter funktionsübergrei-fender Kollegien und 30,8% der Unternehmen beabsichtigen in einem weiteren Schritt eine Dezentralisierung einzelner logistischer Aktivitäten und Kompetenzen.

Abbildung 45: Logistik als Netzwerk-Organisation mit funktionsübergreifenden Kollegien

Die Einführung dezentraler Organisationsstrukturen geht von der Annahme aus, dass aufgrund des Querschnittsansatzes der Logistik weiterhin Schnittstellen zwi-schen den an der Leistungserstellung beteiligten Bereichen bestehen, die sich auch durch eine Konzentration logistischer Prozesse nicht vermeiden lassen, wenn nicht sämtliche horizontalen Leistungsprozesse unter der Verantwortung der Unterneh-menslogistik zusammengefasst werden sollen.198 Als weitere Argumente für eine stärkere Dezentralisierung logistischer Aktivitäten lassen sich anführen, dass

- durch eine organisatorische Zusammenfassung zwar eine Schnittstellenharmoni-sierung mit anderen Funktionsbereichen realisiert werden kann, diese aber gleichzeitig zu einer Erhöhung der Schnittstellenkomplexität innerhalb der ver-schiedenen Organisationsbereichen der logistischen Innenstruktur führt;

- die mit dem Konzept der Fertigungssegmentierung verbundene Teilautonomi-sierung von Produktionseinheiten eine Dezentralisierung logistischer Funktio-nen bedingt, um die angestrebten Integrationseffekte zu realisieren;

- die Kosten einer Zentrallogistik, die Spezialisierungsvorteile dieser Koordinati-onsinstanz überkompensieren.

Deshalb soll durch die Verlagerung von Entscheidungen und Kompetenzen auf de-zentrale Organisationseinheiten ein stärkerer Problembezug und eine schnellere Re-aktionsfähigkeit innerhalb der logistischen Prozesskette erreicht werden. Vorausset-zung für die Dezentralisierung ist ebenso wie bei der Einführung funktionaler Teillogistiken, dass Abstimmungsprozesse zwischen den dezentralen Logistikorgani-

197 Betrachtet man die Teilzentralisierung ebenfalls als Zentralisierungskonzept, dann haben 84,6% der Unter-nehmen im Rahmen der Analyse einen Zentralisierungsansatz verfolgt. 198 Vgl. Sommerlatte/Wedekind (1990), S.34.

Unternehmensleitung

Koordination

Division 2Logistik

Division 1Logistik

Division 3Logistik

Funktions-übergreifende

Kollegien

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4 Leitfaden zur Analyse und Neugestaltung von Versorgungsketten

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sationen und den funktionalen Organisationseinheiten durch ein entsprechendes Schnittstellenverhalten unterstützt werden. Dies erfordert neben einer umfassenden Ausrichtung der verschiedenen Wertschöpfungseinheiten an den logistischen Grundprinzipen eine eindeutige Kompetenzabgrenzung und ein hohes Maß an Ko-operationsfähigkeit und Kommunikationsbereitschaft.

4.4.5.2 Reorganisation der Innenstruktur

Bei der Gestaltung der Innenstruktur ist eine ähnliche organisatorische Vielfalt fest-zustellen wie bei der Außenstruktur. Hier überwiegen Maßnahmen, die infolge der Reorganisation der Außenorganisation eine Neugestaltung des Instanzengefüges der Logistik zum Inhalt haben. Kennzeichnend für die synchrone Neuordnung von In-nen- und Außenstruktur ist, dass 30,8% der Unternehmen neue und 23,1% zusätzli-che Abteilungen oder Gruppen einführen wollten. Die Bildung neuartiger Instanzen betrifft in erster Linie die Organisation von Informations- und Materialflussprozes-sen. Sie erstreckt sich auf die Gründung von Abteilungen, deren Aufgabenprofil sich aus der Produktionsplanung und -steuerung, der Disposition, der Kundenauftrags-abwicklung sowie der Lagerhaltung zusammensetzt. Die Absicht zusätzliche Abtei-lungen einzuführen ist Ausdruck der wachsenden Komplexität logistischer Aufga-ben und der hieraus resultierenden Spezialisierung der Logistikfunktion im Unternehmen. Sie dient in erster Linie der Organisation von Managementprozessen und umfasst Abteilungen oder Stabsstellen, die das Controlling, die Neu- oder Wei-terentwicklung von logistischen Systemen sowie die Mitarbeiteraus- und –weiterbil-dung zum Gegenstand haben.

Von den Unternehmen, die ihre Abteilungsstrukturen ändern wollen, verfolgt die Mehrheit neben den Ansätzen einer rein funktionalen oder objektorientierten Orga-nisationsform eine Mischorganisation an, die zwischen einem funktionalen und ob-jektorientierten Strukturierungsansatz einzuordnen ist. Eine Spezialisierung er-scheint nach funktionalen Gesichtspunkten immer dann sinnvoll, wenn die Objekte des logistischen Systems relativ homogene Eigenschaften aufweisen und die Funkti-onen sehr stark differenzieren und deshalb außerordentlich heterogene Anforderun-gen an Personal und Sachmittel stellen. Im Gegensatz hierzu ist eine objektorientierte Struktur anzustreben, wenn die logistischen Objekte in Form von Produkten, Er-zeugnissen oder Kundenaufträgen eine heterogene Struktur aufweisen und infolge-dessen unterschiedliche Anforderungen an die Mitarbeiter und Sachmittel stellen, aber durch grundsätzlich gleiche Verrichtungen bei der Bearbeitung gekennzeichnet sind. Die Tatsache, dass bei der Neugestaltung der Innenstruktur vorwiegend Misch-formen anzutreffen sind, deutet darauf hin, dass auch im Bereich der Innenstruktur Gestaltungsansätze verfolgt werden, welche die Synergievorteile der funktionalen Organisation mit dem Flexibilitäts- und Innovationspotenzial von Objektstrukturen verbinden. Bei einer genaueren Betrachtung realer Mischorganisationen fällt auf, dass insbesondere sekundäre Logistikfunktionen nach funktionalen Kriterien gebil-det werden, während in Abteilungen, die einen engeren Bezug zu Material- und In-formationsflussprozessen aufweisen, verstärkt kundenauftrags- oder produktorien-tierte Organisationsformen anzutreffen sind. Die Begründung hierfür ergibt sich aus der Optimierungslogik gemischter Organisationsmodelle. Eine objektorientierte Zu-sammenfassung ist für solche Aufgaben anzustreben, bei denen eine ganzheitliche Bearbeitung möglich ist und zu einer Reduzierung von flusshemmenden, zeitver-

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brauchenden Schnittstellen und Kommunikationsbarrieren führt. Funktional ausge-richtete Organisationseinheiten sind für diejenigen Aktivitäten sinnvoll, die eine Konzentration von Fähigkeiten und Wissen oder eine gleichmäßig hohe Auslastung von Personal- und Technologieressourcen erfordern. Die angestrebten Mischformen variieren zwischen produktorientierter und funktionaler Organisation einerseits und objektbezogener Werkslogistik und funktionaler Zentrallogistik andererseits.

Als Folge der Neuorganisation des Instanzengefüges der Logistik wurde von 26,9% der analysierten Unternehmen eine Auflösung bestehender Abteilungen geplant. Die Auflösung betrifft Abteilungen, die in anderen Leistungseinheiten aufgrund der Bündelung oder der Neudefinition logistischer Funktionen überflüssig geworden sind. Typische Beispiele hierfür ergeben sich aus der Bündelung von Transportabtei-lungen und Lagerbereichen sowie aus der im Rahmen des Abbaus von Dispositions-stufen vollzogenen Konzentration von Dispositionsaktivitäten in einem Verantwor-tungsbereich. Sowohl die Auflösung von Instanzen als auch die Gründung neuartiger Logistikabteilungen zeigen, dass die Restrukturierung der Innenorganisa-tion nicht gleichzusetzen ist mit einer pauschalen Zusammenfassung logistischer Aufgabeninhalte. Vielmehr sollen durch die Bildung eigenständiger Verantwor-tungsbereiche organisatorische Redundanzen in Form von Doppeltätigkeiten, Mehr-fachkontrollen und -verantwortlichkeiten bei der Abwicklung von Informationsfluss- und Materialflussprozessen vermieden werden. Der hierin begründete Integrations-effekt lässt sich dadurch empirisch untermauern, dass in 53,8% der Untersuchungs-fälle eine grundlegende Änderung der Aufgabeninhalte innerhalb der jeweiligen Or-ganisationseinheiten umgesetzt werden soll. Mit der Neugestaltung der Aufgabenumfänge korrespondiert die bei den personellen Reorganisationsmaßnah-men aufgezeigte Veränderung des Qualifikationsprofils der Mitarbeiter. Sie belegt die These, dass auch logistische Reorganisationen letztendlich erst durch eine simul-tane Gestaltung von strukturellen, tätigkeitsbezogenen und personellen Maßnahmen umgesetzt werden können.

Die sich im Rahmen der Reorganisation der Außenstruktur abzeichnenden Dezentra-lisierungstendenzen spiegeln sich in der von den untersuchten Unternehmen geplan-ten Neugestaltung der internen Organisation der Logistik wider. So beabsichtigen 19,2% der Unternehmen eine Reduzierung der Hierarchiestufen innerhalb der Logis-tikorganisation, wobei die Leitungsspanne der einzelnen Hierarchieebenen in den meisten Fällen (92,3%) konstant bleiben soll. Insofern ist davon auszugehen, dass der hierarchisch-organisatorische Einfluss der Logistik in Zukunft eher zurückgeht und im Sinne einer Managementkonzeption, bei der die Umsetzung logistischer Grund-prinzipien weniger aufgrund struktureller Regelungen als vielmehr auf der Basis gemeinsamer Ziel- und Wertvorstellungen erfolgt, von Konzepten mit stärker aus-geprägten dezentralen Problemlösungskompetenzen abgelöst wird.

4.4.6 Personelle Ressourcen

Eindeutig im Vordergrund personeller Reorganisationsmaßnahmen steht die Höher-qualifizierung der Mitarbeiter. Neben den bereits bei der Reorganisation der Logis-tikorganisation genannten Qualitätsmerkmalen dienten zusätzlich Fragen mit Merk-malen der Ausprägung „Souveränität“ als Basis zur Entscheidung für Maßnahmen im Bereich der personellen Ressourcen. Dazu gehören die regelmäßige Mitarbeiter-

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aus- und -weiterbildung, die Mitarbeitermotivation und Perspektiven in der fachli-chen Laufbahn, eine regelmäßige Leistungsmessung und im Bereich der Prozessqua-lität ein proaktives Informationsverhalten gegenüber dem Kunden bei zu erwarten-den Prozessstörungen und ein innerbetriebliches Vertreten von Kundeninteressen.

50

46,2

88,5

53,8

15,4

30,8

92,3

92,3

53,8

100

50

53,8

11,5

46,2

84,6

69,2

7,7

7,7

46,2

0

0% 20% 40% 60% 80% 100%

Einführung logistikorientierter Leistungsstandards

Veränderung der Entlohnungsform

Einführung zeitlich befristeter Problemlösungsgruppen

Einführung teilautonomer Arbeitsgruppen

Veränderung des Arbeitszeitmodells

Job-Rotation

Aufgabenbereicherung

Aufgabenerweiterung

Höhergruppierung von Mitarbeitern

Mitarbeiterschulung

Maßnahmegeplant

Nichtrelevant

Abbildung 46: Neugestaltungsmaßnahmen des Potenzialfaktors „personelle Ressourcen“

Die in allen Reorganisationsfällen geplanten Aus- und Weiterbildungsprogramme dienen sowohl der Aktualisierung und Vertiefung der Wissensbasis der Mitarbeiter als auch der Ausbreitung des Logistik-Know-hows auf angrenzende Unternehmens-bereiche, Lieferanten und Abnehmer. Sie umfassen, gemessen an der zeitlichen Inan-spruchnahme, in erster Linie interne Schulungsmaßnahmen. Unternehmensexterne oder überbetriebliche Ausbildungs- und Informationsveranstaltungen werden hierzu ergänzend zur Adaption neuer Erkenntnisse und als Wissenskatalysator genutzt. Der Bedarf zur Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter resultiert aus der Qualifikations-lücke zwischen den vorhandenen Fähigkeiten und den Anforderungen aus dem Konzept der Neugestaltung. Die hieraus abgeleiteten Qualifizierungsinhalte umfas-sen die gesamten Kompetenzen der Mitarbeiter.199 Sie sollten auf die Vermittlung von Kenntnissen über

- Aufbau, Inhalt und Gestaltungskonzeptionen logistischer Systeme (Fachkom-petenz),

199 Vgl. Puhlmann (1985), S.191f.

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- Planungs-, Steuerungs- und Kontrollinstrumente zur Abwicklung logistischer Materialfluss-, Informationsfluss- und Managementprozesse (Methodenkom-petenz) sowie

- bereichs- und unternehmensübergreifende Teamarbeit, Kommunikation, Ko-operation und Konfliktlösung (soziale Kompetenz)

ausgerichtet sein. Neben dem Abbau von Wissensdefiziten bieten Qualifizierungs-maßnahmen die Möglichkeit zur Überwindung von Willens- und Akzeptanzbarrie-ren.200 Die von der Neuorganisation betroffenen Mitarbeiter können im Rahmen von Informations- und Schulungsveranstaltungen Probleme, die im Verlauf der Einfüh-rung neuer logistischer Strukturen, Prozesse und Verfahren auftreten, unmittelbar diskutieren. Dies hat den Vorteil, dass problemlösungsorientierte Diskussionspro-zesse initiiert werden, in die jeder Mitarbeiter seine Argumente oder Gegenargumen-te einbringen kann. Insofern bieten Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen ein Forum, um Konflikte zu versachlichen und Widerstände zu lösen. Die Höherqualifizierung der Mitarbeiter (53,8%) schafft des Weiteren die Voraussetzungen für die Neugestal-tung von Arbeitsinhalten und ermöglicht dadurch eine höhere Flexibilität der perso-nellen Ressourcen. So lässt sich das durch Aufgabenerweiterung, Aufgabenbereiche-rung und Job Rotation angestrebte Flexibilitätspotenzial nur realisieren, wenn die Mitarbeiter über entsprechende Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen. Maßnahmen zur Aufgabenerweiterung und Aufgabenbereicherung, die jeweils in 92,3% der ana-lysierten Unternehmen geplant wurden, zielen auf eine Verringerung arbeitsteiliger Aufgabeninhalte ab, weil sie die Handlungs- und Gestaltungsspielräume der Mitar-beiter vergrößern oder ihre Entscheidungskompetenzen erweitern. Beispiele hierfür sind

• der „disponierende Einkäufer“, der gleichzeitig planende und dispositive Aufga-ben der Primär- und Sekundärbedarfsermittlung ausübt und die gesamten Einkaufs-aktivitäten von den Vertrags- und Preisverhandlungen bis hin zur Auftragsbearbei-tung abwickelt,

• der „steuernde Arbeitsplaner“, der durch eine Integration von Aufgabeninhalten der Arbeitsvorbereitung und der Material- und Auftragssteuerung gekennzeichnet ist sowie

• der „steuernde Produktionsmitarbeiter“, der neben der eigentlichen Maschinenbe-dienung Aufgaben der Arbeitsverteilung wahrnimmt und für den Materialabruf und die Auftragsfortschrittsüberwachung verantwortlich ist.201

Job Rotation (30,8%), bei dem im Gegensatz zur oben genannten Aufgabenerweite-rung oder -bereicherung die Struktur der Arbeitsteilung nicht geändert wird, strebt die Vermeidung einer einseitig funktionalen Spezialisierung an. Durch einen be-reichsübergreifenden Mitarbeitereinsatz soll deren Kooperationsbereitschaft geför-dert und der Aufbau von Ressortegoismen verhindert werden. Gleichzeitig werden die Mitarbeiter mit der Notwendigkeit konfrontiert, in ganzheitlichen Dimensionen Denken und Handeln zu lernen.

Während Konzepte der Arbeitsbereicherung auf das qualitative Flexibilitätspotenzial ausgerichtet sind, zielen Maßnahmen zur Veränderung der Arbeitszeitmodelle 200 Vgl. Wildemann (1992), S.231f und Kirsch/Esser/Gabele (1979), S.58f. 201 Vgl. Eidenmüller (1991), S.149.

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(15,4%) auf eine Erhöhung der zeitlichen Flexibilität der Mitarbeiter ab. Im Vorder-grund steht hierbei die Umsetzung der logistischen Gestaltungsprinzipien Zeiteffi-zienz und Kundennähe. Die Anpassung an schwankende und zyklische Marktver-änderungen soll weniger durch den Auf- und Abbau von Beständen, sondern vielmehr durch einen flexiblen Mitarbeiter- und Maschineneinsatz erreicht werden. Der hieraus abgeleiteten Forderung nach einer Synchronisation von Markt- und Be-schäftigungsverhalten tragen die untersuchten Unternehmen durch die geplante Ein-führung von flexiblen Arbeitszeitmodellen Rechnung. Konzepte zur Flexibilisierung der Arbeitszeit erlauben infolge der Entkopplung von Arbeitszeit und betrieblicher Nutzungszeit nicht nur eine höhere Kapazitätsauslastung, sie schaffen außerdem die Grundlage dafür, dass nur solche Kapazitäten bereitgestellt werden, die durch einen entsprechenden Kapazitätsbedarf in Form von Kundenaufträgen abgedeckt sind.

Ein überdurchschnittliches Logistik-Know-how sowie die qualitative und zeitliche Flexibilität der Mitarbeiter sind zwar notwendige, aber noch keine hinreichenden Bedingungen für ein hohes logistisches Leistungsvermögen. Zusätzlich müssen neue Formen der Zusammenarbeit und monetäre Anreize geschaffen werden, um unge-nutzte Leistungsreserven zu erschließen und vorhandene Potenziale zu unterstützen. So haben 53,8% der analysierten Unternehmen speziell in der Produktion teilauto-nome Arbeitsgruppen und 88,5% der Unternehmen Problemlösungsgruppen, die sich aus unterschiedlichen Funktionsbereichen zusammensetzen, geplant. Ziel dieser beiden Teamarbeitskonzepte ist es, den Prozess zur Überwindung stark arbeitsteili-ger Unternehmensstrukturen zu unterstützen. Dabei werden unterschiedliche Wege beschritten. Während teilautonome Gruppenkonzepte funktionsübergreifende Zu-sammenarbeit und organisatorisches Lernen dauerhaft institutionalisieren, werden im Rahmen von Problemlösungsteams zeitlich befristete Arbeitsgremien gebildet, die sich nach Beendigung der jeweiligen Aufgabenstellung wieder auflösen. Die Weiter-qualifizierung schlägt sich mittelfristig bei über der Hälfte der Unternehmen in einer Höhergruppierung der Mitarbeiter (53,8%) nieder. Die damit verfolgte Absicht, Fle-xibilität und Qualifikation zu honorieren und zu fördern, kann als ein möglicher Grund für die geplante (46,2%) Veränderung der Entlohnungsform angesehen wer-den. Es zeigt sich, dass vor allem traditionelle Akkordlohnsysteme einer logistischen Optimierung von Wertschöpfungsprozessen entgegenstehen.202 Derartige Lohnmo-delle können zwar als geeignete Anreizsysteme für spezialisierte Arbeitsinhalte und konstante Produktionsbedingungen bezeichnet werden. Sie widersprechen jedoch den Bestrebungen nach kurzen Reaktionszeiten und niedrigen Beständen, da sie ein-seitig auf mengenorientierten Bemessungsgrundlagen basieren und eine Maximie-rung von Ausstoß oder Kapazitätsauslastung forcieren. Die Unternehmen strebten daher die Implementierung von leistungsorientierten Entlohnungsformen an, die sowohl Anreize zur Steigerung der Einsatzflexibilität und Eigeninitiative der Mitar-beiter schaffen als auch die Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung unter-stützen. Zur Anwendung kommen insbesondere Prämienlohnsysteme, deren Beur-teilungskriterien auf die spezifischen Unternehmensbedingungen abgestellt sind.203 Dabei werden bei der Festlegung von Zielvereinbarungen verstärkt logistikorientier-te Leistungsstandards (50%) wie „Einhaltung von Fertigungsterminen“, „Erreichung von Durchlaufzeitzielen“ oder „Einhaltung von Bestandsreichweiten“ herangezo-

202 Vgl. Eidenmüller (1991), S.156. 203 Vgl. Eidenmüller (1991), S.156.

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gen.204 Auf diese Weise können ebenfalls nachhaltige Verhaltensänderungen im Sin-ne einer durchgängigen, flussgerechten Gestaltung der Logistikkette erreicht wer-den.

Nach der Ableitung der Maßnahmenbündel innerhalb der identifizierten Potenzial-faktoren, soll im folgenden Abschnitt der Umsetzungsprozess erläutert werden.

4.5 Umsetzungs- und Neugestaltungsprozess

Die logistikgerechte Neugestaltung von Produktionsunternehmen verläuft weder eigendynamisch noch nach einem einheitlichen Veränderungsmuster.205 Sie ist das Ergebnis eines von Menschen getragenen Transformationsprozesses, der in Abhän-gigkeit von spezifischen Rahmenbedingungen, Zielpräferenzen und Gestaltungs-maßnahmen sehr unterschiedliche Ausprägungen annehmen kann. Der durch eine Neugestaltung ausgelöste Transformationsprozess umfasst sämtliche Aktivitäten, die mit der Planung, Einführung und Durchsetzung von Neugestaltungskonzepten in Verbindung stehen.206 Neugestaltungsprozesse lassen sich nicht allein auf Basis der Wechselbeziehungen von Zielen, Maßnahmen und Wirkungen durchleuchten. Eine derartige Vorgehensweise würde dazu führen, dass ausschließlich Anfangs- und Endzustände einer Neugestaltungsepisode miteinander verglichen werden, ohne dass die dynamischen Aspekte organisatorischer Innovationen Berücksichtigung finden. Zudem sind der Prozess und das Konzept der Neugestaltung in der Realität nicht isolierbar. Dafür bestehen zu viele Rückkopplungen zwischen den Zielen und Maßnahmen einerseits und dem hierzu erforderlichen Weg auf der anderen Seite. Am deutlichsten werden die inhaltlichen Abhängigkeiten zwischen Konzept und Prozess bei gescheiterten Neugestaltungsprojekten. Hier zeigt sich oftmals, dass Pro-jekte weniger wegen konzeptionellen Mängeln, sondern in erster Linie aufgrund von Defiziten in der Bewältigung des organisatorischen Wandels abgebrochen werden müssen.207 Im Umkehrschluss bedeutet dies für den Erfolg von Neugestaltungen in Versorgungsketten, dass selbst der Entwurf exzellenter Systemlösungen keine Ga-rantie für eine Realisierung bietet, wenn deren Umsetzung nicht von einem ebenso durchdachten Veränderungsmanagement getragen wird.

Wie aus Abbildung 47 hervorgeht, setzt sich der Neugestaltungsprozess in Versor-gungsketten aus einer sachlich-methodischen und einer sozio-kulturellen Kompo-nente zusammen. Die sachlich-methodische Komponente betrachtet den Prozess der Neugestaltung als deterministische Abfolge von Planungs-, Steuerungs- und Reali-sierungsvorgängen. Sie geht davon aus, dass die Neuausrichtung von Unternehmen nach logistischen Prinzipien auf rationalen Entscheidungskalkülen basiert und dem-zufolge gestaltbar ist. Gegenstand der sachlich-methodischen Gestaltung von Trans-formationsprozessen ist neben der Entwicklung geeigneter Analyseinstrumente und

204 Für weitere Beispiele vgl. Weber/Kummer (1994), S.119. 205 Vgl. Wildemann (1991), S.163-166. 206 Vgl. Puhlmann (1985), S.193. 207 Die von Knopf durchgeführten Explorationen über die Ursachen abgebrochener Reorganisationsprojekte un-terstreichen diese These. So kommt Knopf (1975), S.339ff bei der empirischen Analyse von insgesamt 374 Unter-nehmen zu dem Ergebnis, dass prozessbezogene Gründe für den Abbruch von Reorganisationsprozessen wie „Erklärter Widerstand der Betroffenen“, „Mangelndes Anpassungsvermögen der Betroffenen“ oder „Falsch gewählter Zeitpunkt“ eine weitaus höhere Bedeutung haben als Unzulänglichkeiten in der Konzeption des neu-en Organisationssystems.

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Problemlösungsverfahren,208 die Festlegung der inhaltlichen und zeitlichen Phasen von Neugestaltungsvorhaben sowie die Koordination arbeitsteiliger Aufgaben zur Implementierung.

Die sozio-kulturelle Komponente fokussiert die angestrebten Verhaltensänderungen struktureller Innovationen. Ausgangspunkt ist die Erkenntnis, dass die Neugestal-tung von Versorgungsketten mit tiefgreifenden Einschnitten verbunden ist, da histo-risch gewachsene, von Funktions- und Bestandsoptimierung geprägte Strukturen und Denkweisen bewusst in Frage gestellt werden.209 „Eine Neuorganisation unter logistischen Gesichtspunkten erfordert sowohl vom Management als auch von der Belegschaft ein grundlegendes Umdenken. Der Aufgabenumfang in vielen Abteilun-gen verändert sich drastisch. Manager verlieren oder gewinnen an Macht und Ein-fluss und nicht wenige Mitarbeiter erhalten veränderte Aufgabenbereiche. Das neue logistische Denken ist mit dem alten Bereichsdenken nicht mehr vereinbar.“210 Um dem hieraus resultierenden Konfliktpotenzial zu begegnen, ist ein Management des Neugestaltungsprozesses notwendig, das sowohl auf den Abbau von Fähigkeits-, Willens- und Machtbarrieren ausgerichtet ist als auch prozessbegleitende Maßnah-men zur Förderung des organisatorischen Wandels zum Inhalt hat. Als Untersu-chungsobjekte der sozio-kulturellen Komponente des Neugestaltungsprozesses sol-len die Aktoren und Promotoren der Neugestaltung und die Art der Systemverände-rung betrachtet werden.

Komponenten von Neugestaltungsprozessen

Sachlich-methodische Komponente

• Phasen der Implementierung

• Organisation des Neugestaltungs- prozesses

Sozio-kulturelle Komponente

• Aktoren und Promotoren

• Art der Systemveränderung

Abbildung 47: Komponenten von Neugestaltungsprozessen211

208 Zu Problemlösungstechniken bei der Organisationsgestaltung vgl. Bühner (1991), S.17ff. 209 Vgl. Weber/Kummer (1994), S.253. 210 Vgl. Fiedel (1991), S.4. 211 Quelle: Hadamitzky (1995), S.96.

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Der sozio-kulturelle Wandel wird vor allem als organisatorischer Lernprozess ver-standen.212 Im Vordergrund steht die These, dass ein individueller Erkenntnisfort-schritt für die Umsetzung organisatorischer Innovationen nicht ausreicht. Um unter-nehmensweit Veränderungen im Denken und Verhalten herbeizuführen, ist ein kollektiver Lernprozess erforderlich, an dem ressort- und hierarchieübergreifend alle Unternehmensfunktionen zu beteiligen sind. Dies gilt insbesondere für die Neuges-taltung logistischer Organisationsstrukturen. Gerade die Einführung bereichsüber-greifender Prozessketten setzt voraus, „dass Wissen und Erkenntnisse zwischen Or-ganisationsmitgliedern ausgetauscht werden, dass Konsensus darüber erzielt und dass ein abgestimmtes, zielgerichtetes Verhalten aller Funktionsbereiche daraus ab-geleitet wird.“213 Das Konzept des organisatorischen Lernens geht einen Schritt wei-ter als der Change Management-Ansatz214 oder die meisten traditionellen Formen der Organisationsentwicklung. Die angestrebten Verhaltensänderungen beruhen weniger auf einem an der Vergangenheit ausgerichteten politischen Konfliktlösungs-prozess zur Überwindung eingefahrener Macht- und Denkstrukturen. Sie basieren auf einem an der Zukunft orientierten Problemlösungsprozess, bei dem der Wandel von Verhaltensweisen durch einen Bewusstseinswandel in der Organisation ausge-löst wird. Dadurch soll das Chancenpotenzial von organisatorischen Innovationen herausgestellt werden. Neugestaltungsprozesse werden neben Produkt- und Pro-zessinnovationen als gleichwertiger Bestandteil der Weiterentwicklung von Unter-nehmen angesehen. Aus dieser Sichtweise resultiert der wesentliche Vorteil, dass organisatorische Erneuerungen nicht mit Negativattributen wie Einschränkung von Karrierechancen, Beschneidung von Entscheidungskompetenzen oder Prestigever-lusten,215 besetzt werden müssen und somit einen positiven Beitrag zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit leisten können.

Die sachlich-methodischen und sozio-kulturellen Komponenten spiegeln die Kom-plexität organisatorischer Transformationsprozesse wider. Sie zeigen, dass die Be-wältigung tiefgreifender Veränderungen zu einer der zentralen Aufgaben von Neu-gestaltungsprozessen zu zählen ist. Dies gilt um so mehr, als sich im Bereich der Organisationsgestaltung ähnliche Beschleunigungstendenzen abzeichnen wie bei Produkt- und Prozessinnovationen. Falls es zutrifft, dass sich Zyklen der Neugestal-tungsprozesse aufgrund der zunehmenden Umweltdynamik ständig verkürzen, dann müssen Überlegungen, die bislang nur für die Produktentwicklung oder die Einführung neuer Produktionstechnologien angestellt worden sind, auch auf die Veränderungen von Organisationen übertragen werden. In diesem Zusammenhang ist es durchaus vorstellbar, dass in Analogie zu Produktinnovationen der Nutzen der Prozessneugestaltung im Zeitverlauf abnimmt, so dass nur diejenigen Unternehmen nachhaltige Wettbewerbserfolge erzielen, die organisatorische Innovationen rechtzei-tig und schnell realisieren. Aus dieser Betrachtung heraus ergeben sich neue Anfor-derungen an die Methoden der organisatorischen Gestaltung, die zeitliche Gültigkeit von strukturellen Regelungen, das Selbstverständnis der Organisation sowie an die Lernbereitschaft und –geschwindigkeit von Organisationen, v.a. im Hinblick auf zu-künftige Wettbewerbsvorteile.

212 Vgl. Sommerlatte (1990), S.4ff. 213 Vgl. Sommerlatte (1990), S.4. 214 Zum Beitrag des Change Management bei der Einführung logistikorientierter Organisationsstrukturen vgl. Fiedel (1991), S.18ff. 215 Vgl. Fiedel (1991), S.20.

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4.5.1 Phasen der Implementierung von Neugestaltungsprozessen

In der Literatur sind verschiedene Vorschläge zur Systematisierung von Verände-rungsprozessen anzutreffen.216 Die Varianten reichen von organisationstheoretischen Klassifizierungsansätzen bis hin zu Modellen zur Strukturierung von Fabrikpla-nungs- oder Investitionsentscheidungsprozessen. Sie unterscheiden sich im Wesent-lichen durch die Art der Fragestellung, die den jeweiligen Phasenkonzepten zu Grunde liegen. Gemeinsam ist den Modellen, dass sie gleichermaßen sachlich-logische Aktivitätenbündel und zeitlich aufeinanderfolgende Stadien von tiefgrei-fenden Veränderungen abzugrenzen versuchen.217 Sie zielen darauf ab, die Komple-xität von Problemlösungsprozessen zu reduzieren und schaffen auf diese Weise die Voraussetzungen für eine arbeitsteilige Durchführung inhaltlich unterschiedlicher Planungs-, Gestaltungs- und Realisierungsaktivitäten. Gleichzeitig werden durch die Abgrenzung in sich geschlossener Projektabschnitte Fixpunkte definiert, an denen der Entwicklungsfortschritt von Neugestaltungsprozessen überprüft und über die weitere Vorgehensweise entschieden werden kann.218 Der in Abbildung 48 aufge-zeigte Phasenplan folgt der Grundkonzeption der in der Literatur anzutreffenden Modellvorstellungen. Er besteht aus fünf Phasen, die während einer Neugestaltungs-episode mit zunehmender Präzisierung und Konkretisierung durchlaufen werden, und setzt sich aus den willensbildenden Prozessabschnitten der Projektinitiierung, der Analyse und Konzeptionierung sowie den willensdurchsetzenden Phasen der Realisierung und Konsolidierung zusammen.219

216 Stellvertretend für die zahlreichen Vorschläge siehe Übersicht bei Knopf (1975), S.68ff und die dort zitierte Literatur. 217 Vgl. Kirsch/Esser/Gabele (1979), S.36. 218 Vgl. Fey (1989), S.211. 219 Die nachfolgenden Ausführungen stützen sich auf den von Wildemann (1992), S.225ff. entwickelten Phasen-plan zur Einführung einer Just-In-Time Produktion und Logistik.

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Abbildung 48: Phasenmodell zur Implementierung von Neugestaltungsprozessen220

4.5.1.1 Projektinitiierung

In der Initiierungsphase werden alle Vorbereitungen für die Durchführung von or-ganisatorischen Transformationsprozessen getroffen. Im Vordergrund stehen Abklä-rungen über Zielsetzungen und Aufgabenstellung, die Festlegung der Projektorgani-sation, die Bereitstellung personeller und finanzieller Ressourcen, die Besetzung von Projektgruppen und die Verabschiedung der Vorgehensweise. Um hinreichende Me-thoden- und Sachkompetenzen aufzubauen, sind die in den Veränderungsprozess aktiv eingebunden Promotoren und Aktoren bereits in der Vorbereitungsphase zu qualifizieren. Entscheidend für den späteren Erfolg des Neugestaltungsprozesses ist, „dass sich die Beteiligten sehr schnell der strategischen Bedeutung einer kundenna-hen Produktion und Beschaffung bewusst werden und erkennen, dass persönliches Engagement zur Lösung bestehender Probleme und Konflikte beiträgt.“221 Des Wei-teren sind die von der Neugestaltung unmittelbar betroffenen Mitarbeiter und die mitbestimmungspflichtigen Organe über die Notwendigkeit und den Ablauf des Projektes zu informieren. Denn oftmals wird die Bedeutung einer projektunterstüt-zenden Informationspolitik für die Akzeptanz von Neugestaltungskonzepten unter-schätzt.222 Es wird verkannt, dass mit der Entscheidung, einen Wandlungsprozess zu initiieren, eine Veränderungsabsicht kommuniziert und eine generelle Richtung für die Neugestaltung vorgegeben werden sollte. Als Instrumente der zur Förderung des Prozesses der Neugestaltung sind regelmäßige Informationen über Aktivitäten und Zwischenergebnisse unerlässlich.

220 Vgl. Wildemann (1992), S.226. 221 Vgl. Wildemann (1992), S.225. 222 Vgl. Fiedel (1991), S.6 und Kirsch/Esser/Gabele (1979), S.267ff.

Phase 1 Phase 2

Zeit

Initiierung

-Projektvor-bereitung

-Zielformu-lierung

-FestlegungProjektorga-nisation

-VerabschiedungVorgehensweise

-Auswahl Projekt-mitarbeiter

-Qualifizierung-Mitarbeiter-information

Analyse

-Stärken/Schwächen-Analysen-Wettbewerbs-vergleiche-Systemanalyse-Potenzial-abschätzung

Konzeption

-Entwicklung, Bewertung undAuswahl von Gestaltungs-alternativen-Ableitung von Maßnahmen-katalogen-Durchführung von Wirtschaft-lichkeitsrech-nungen

Realisierung

-Erstellung Reali-sierungsplan

-Beschaffung vonSach- und Betriebsmitten

-Anpassung EDV-Programm, Pla-nungsparameterund Organisa-tionshilfsmittel

-Umbau und Umstellung von Arbeitsplätzen

-Mitarbeiter-qualifizierung

Konsolidierung

-Rückführung in formale Linienorganisa-tion-Stabilisierung derMaßnahmen-Erfolgs- und Wirtschaftlichkeits-kontrolle

Phase 3 Phase 4 Phase 5

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4.5.1.2 Analyse

Die Analysephase umfasst eine Bestandsaufnahme des neu zu gestaltenden Logistik-systems in quantitativer und qualitativer Hinsicht mit dem Ziel, einen realistischen Gesamteindruck sowohl über die Leistungsfähigkeit der logistischen Prozesse und Strukturen als auch über die erschließbaren Verbesserungspotenziale zu gewinnen. Die Analysefelder können sich auf die einzelnen Komponenten des logistischen Sys-tems sowie dessen interne und externe Umwelt erstrecken. Zur Ermittlung von Defi-ziten dient eine auf das neu zu gestaltende Logistiksystem bezogene Stärken- und Schwächen-Analyse zur Diagnose des eigenen Leistungsvermögens. Um im Rahmen der Neugestaltung das strategische Erfolgspotenzial der Logistik zu erschließen, ist zusätzlich ein Vergleich mit den Markt- und Wettbewerbsanforderungen erforder-lich, um zusammen mit dem eigenem logistischem Leistungspotenzial eine umfas-sende Bestandsaufnahme zu ermöglichen, aus der strategische Optionen für das zu-künftige Logistiksystem abgeleitet werden können. Als Methoden zur Analyse der Ist-Situation können Auswertungen von Primärdaten und Sekundärdokumenten, Selbstaufschreibungen, Multimomentaufnahmen, standardisierte Fragebögen und Checklisten sowie Interviewtechniken zur Anwendung kommen. Letztere unter-scheiden sich gegenüber den übrigen Verfahren durch die Möglichkeit, bestehende Schwachstellen im Dialog mit den verantwortlichen Mitarbeitern zu lokalisieren. Auf diese Weise kann der Sensibilisierungsfunktion der Analysephase Rechnung getra-gen werden. Durch eine kritische Auseinandersetzung mit bestehenden Abläufen wird das Problemverständnis der Mitarbeiter gefördert und deren Problemlösungs-kapazität in den Diagnoseprozess eingebunden, so dass erste Anregungen für die Neugestaltung logistischer Prozesse und Strukturen gewonnen werden können. In-folgedessen stellen die Ergebnisse der Ist-Analyse in zweifacher Hinsicht eine we-sentliche Grundlage für den weiteren Projektverlauf dar. Sie schaffen zum einen die Voraussetzungen für die Quantifizierung der Leistungsreserven und bilden zum an-deren die Ausgangsbasis für Ansatzpunkte zur Entwicklung von Gestaltungsalternativen. Aus diesen beiden Gründen sind an die Qualität der erhobenen Daten hohe Anforderungen zu stellen.

4.5.1.3 Konzeptionierung

Im Vordergrund der Konzeptionsphase stehen Entwurf, Bewertung und Auswahl von Gestaltungsalternativen zur Neuausrichtung logistischer Prozesse und Struktu-ren. Ausgehend von den identifizierten Schwachstellen sind Maßnahmenbündel zur Erreichung der angestrebten Neugestaltungsziele zu konkretisieren. Bei der Erarbei-tung der Konzeptalternativen besteht die Problematik, dass robuste Orientierungs-größen für die Konfiguration des zukünftigen Logistiksystems aufgrund eingefahre-ner Denk- und Verhaltensweisen meist fehlen. Zwar bieten Zielgrößen und Schwachstellen geeignete Anhaltspunkte für die Umgestaltung von Materialfluss-, Informationsfluss- und Managementprozessen, doch reichen diese für den Übergang zu völlig neuartigen Systemstrukturen oftmals nicht aus. Es besteht die Gefahr, dass durch die Umsetzung zieladäquater Einzelaktionen lediglich eine oberflächliche Kor-rektur historisch gewachsener Strukturen vorgenommen wird, aber keine Quanten-sprünge bei der Neugestaltung des logistischen Gesamtsystems erreicht werden.223

223 Vgl. Wildemann (1992), S.225.

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4.5.1.4 Realisierung

Die Realisierungsphase beinhaltet die Umsetzung der verabschiedeten Maßnahmen-bündel. Als Grundlage hierfür empfehlen sich Pläne, die einen detaillierten Katalog der notwendigen Realisierungsschritte enthalten.224 In Abhängigkeit vom Gestal-tungsumfang der ausgewählten Sollkonzeption können folgende Aktivitäten Ge-genstand der Realisierungsphase sein:

- Beschaffung von Sach- und Betriebsmitteln,

- Anpassung von EDV-Programmen,

- Um- und Neubau von Lagern, Produktions- und Bürogebäuden,

- Umstellung von Betriebsmitteln,

- Umzug und Neugestaltung von Arbeitsplätzen,

- Verlagerung oder Verkauf von Produktions- und Lagerflächen,

- Überarbeitung von Arbeitsunterlagen, Fertigungsplänen, Organisationsrichtli-nien und Organigrammen,

- Qualifizierung, Umsetzung, Beschaffung und gegebenenfalls Freisetzung von Mitarbeitern.

Bei der Neugestaltung der Material- und Informationsflüsse sind notwendige Unter-brechungen innerhalb der betroffenen Bereiche auf ein notwendiges Mindestmaß zu beschränken. Ferner ist zu berücksichtigen, dass mit einem angestrebten Bestandsab-bau immer Beschäftigungseffekte verbunden sind. Infolgedessen müssen im Rahmen der Umsetzung bestandsreduzierender Maßnahmen die Kapazitätsprofile der tech-nischen und personellen Ressourcen sorgfältig mit der Verringerung der in Bestän-den gebundenen Kapazitätspuffern abgestimmt werden.

4.5.1.5 Konsolidierung

In der Konsolidierungsphase erfolgt die formale Rückführung der Projekte in die Linienorganisation. Dort ist sicherzustellen, dass die Maßnahmen konsequent ange-wandt werden und neu gestaltete Bereiche nicht wieder in den ursprünglichen Zu-stand zurückfallen.225 Voraussetzung für eine nachhaltige Stabilisierung ist, dass die Vorteile der neu entwickelten Verhaltens- und Strukturregeln von den Mitarbeitern auch tatsächlich nachvollziehbar sind. Einen weiteren Schwerpunkt der Konsolidie-rungsphase bildet die Beurteilung der durch die Neugestaltung erzielten Wirkungen. Anhand eines Projekt-Controllings sind die Maßnahmen, die im Verlauf des Trans-formationsprozesses aufgetretenen Probleme und die erreichten Ergebnisse auszu-werten, um einmal begangene Fehler künftig zu vermeiden und positive Lerneffekte bei der Ausweitung des Konzepts auf neue Felder oder Produkte zu erzielen.

Bei der Durchführung realer Veränderungsprozesse sind die verschiedenen Phasen der Neugestaltung weder klar voneinander abgegrenzt noch ausschließlich nachein-ander durchzuführen. Vielmehr handelt es sich um fließende Übergänge mit einem Ineinandergreifen der einzelnen Stadien und zahlreichen Rückkopplungen im Pla-

224 Vgl. Wildemann (1992), S.228. 225 Vgl. Wildemann (1992), S.228.

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nungsablauf. Insofern bilden Phasenmodelle in erster Linie eine formale Vorgehens-weise. Organisatorische Transformationsprozesse verlaufen nicht nach streng se-quentiellen Gesetzmäßigkeiten, sondern eher auf der Basis von Regelkreismechanis-men. So konnten über die Dauer der einzelnen Projektabschnitte nur wenige, zudem sehr unscharfe Aussagen gewonnen werden. Die Streuung der Durchführungsdauer der einzelnen Phasen führt dazu, dass sich keine konkreten Planungsgrößen für die zeitliche Strukturierung von Neugestaltungsprozessen ableiten lassen.226 Vielmehr muss bei der Planung des Zeitprofils struktureller Veränderungen von den unter-nehmensspezifischen Besonderheiten ausgegangen werden. Als zentrale Einfluss-größen lassen sich Inhalt und Umfang der Maßnahmen, die quantitative und qualita-tive Zusammensetzung der für die Neugestaltung zur Verfügung stehenden Personalressourcen und der jeweils vorhandene Problemlösungsdruck anführen.

Die oft mehrjährige Dauer der Projekte weist auf die langfristigen Konsequenzen tiefgreifender Veränderungen hin. Offensichtlich trifft zu, dass organisatorisches Lernen in der Logistik nicht mit kurzfristigen Verbesserungsprogrammen gleichzu-setzen ist und sich historisch gewachsene Machtstrukturen und langjährig gewohnte Verhaltensweisen nur allmählich und mit intensiven Anstrengungen reformieren lassen.

4.5.2 Organisation der Transformationsprozesse

Strukturelle Neugestaltungsprozesse unterscheiden sich von weniger tiefgreifenden Veränderungen in doppelter Hinsicht: Zum einen existieren für den Prozess des or-ganisatorischen Wandels in den seltensten Fällen fest vorgegebene Verhaltensregeln, da formale Organisationssysteme in erster Linie auf die Koordination standardisier-ter Routineabläufe ausgerichtet sind. Zum Zweiten trifft nach wie vor zu, dass au-ßergewöhnliche Neugestaltungsvorhaben weder von der Linienorganisation noch als Stabsaufgabe zu bewältigen sind.227 So fehlt der Linienorganisation häufig das me-thodische Rüstzeug, um neuartige Gestaltungsansätze bereichsübergreifend umzu-setzen, während Stabsabteilungen zwar über ein entsprechendes Methodenwissen verfügen, aber mit den von ihnen entwickelten Konzepten in vielen Fällen auf wenig Akzeptanz stoßen. Die Neugestaltung logistischer Systeme zählt deshalb zu den ty-pischen Aufgaben von Projektorganisationen.228 Projektorganisationen dienen als zur formalen Organisation ergänzende, zeitlich befristete Organisationssysteme. Sie sind von operativen Sachzwängen unbelastet und schaffen dadurch den Freiraum, um neue Wege bei der Gestaltung und Durchführung logistischer Reorganisationen zu beschreiten. Neben diesem grundsätzlichen Vorteil bieten Projektorganisationen eine institutionelle Plattform zur schnittstellenüberwindenden interdisziplinären Zu-sammenarbeit. Sie ermöglichen funktionale Strukturen aufzubrechen und erlauben bereits in einer frühen Phase des Neugestaltungsprozesses, Erfahrungen im prozess-orientierten Denken und Handeln zu sammeln. Da die Eingliederung der Projektor-ganisation in das formale Organisationssystem, dessen Neugestaltung Gegenstand des Projektes ist, zu einer der anspruchsvollsten Aufgaben des Managements von

226 Vgl. Wildemann (1992), S.229. 227 Vgl. Wildemann (1991), S.163 und Kirsch/Esser/Gabele (1979), S.57. 228 Vgl. Wildemann (1991), S.163.

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Neugestaltungsprozessen gehört,229 ist bei der Auswahl einer geeigneten Projektor-ganisation besondere Sorgfalt anzubringen. Die hierfür in Frage kommenden Alter-nativen lassen sich auf folgende drei Grundformen zurückführen:230

4.5.2.1 Einflussprojektorganisation

Kennzeichnend hierfür ist die Einrichtung einer projektkoordinierenden Stabsstelle in die formale Organisationsstruktur. Die Stabsstelle besitzt weder funktionale noch disziplinarische Weisungsbefugnisse. Sie sorgt für einen geordneten Ablauf des Pro-jekts, indem sie den Informationsaustausch zwischen den einzelnen Teilprojekten sicherstellt und an der Vorbereitung von Entscheidungen mitwirkt. Die operative Bearbeitung der jeweiligen Projektaufgaben untersteht der Verantwortung der be-troffenen Bereiche der Basisorganisation. Zentrale Projektentscheidungen sind über-geordneten Linieninstanzen vorbehalten. Da die projektkoordinierende Stabsstelle lediglich über eine informale Kompetenz verfügt, wird der Einfluss dieser Stelle auf den Projektinhalt wesentlich durch die Akzeptanz und die Fachautorität des Projekt-koordinators bestimmt.

4.5.2.2 Reine Projektorganisation

Im Unterschied zur Einflussprojektorganisation zeichnet sich diese Projektform durch einen hohen Autonomiegrad aus. Hier werden eigenverantwortliche Projekt-einheiten aufgebaut, für die Mitarbeiter aus verschiedenen Fachressorts zur Lösung einer bestimmten Projektaufgabe temporär oder permanent freigestellt werden.231 Die Projektmitarbeiter sind für den Verlauf des Gestaltungsprozesses in fachlicher und disziplinarischer Hinsicht den Leitern der jeweiligen Projektteams unterstellt. Die reine Projektorganisation ermöglicht eine eindeutige Ressourcenzuordnung und gewährleistet eine klare Abgrenzung von Kompetenzen. Sie birgt jedoch die Gefahr, dass innerhalb der Projekte Konzepte entwickelt werden, die nicht mit den Vorstel-lungen des Linienmanagements übereinstimmen.

4.5.2.3 Matrix-Projektorganisation

Diese Form strebt eine gleichgewichtige Aufteilung von Kompetenzen zwischen den involvierten Fachbereichen und dem Projektsystem an. In der Regel erhält die Pro-jektgruppe für die Bearbeitung der Projektaufgabe funktionale Weisungsbefugnisse, während die disziplinarische Kompetenz in den Funktionseinheiten verbleibt. Das Leistungspotenzial der Matrix-Projektorganisation liegt in den programmierten Schnittstellen, die gleichzeitig Ressortegoismen versachlichen sowie funktionsüber-greifende Problemlösungen erzeugen sollen. Allerdings können die in der Matrix-Organisation institutionalisierten Schnittstellen auch ein negatives Konfliktpotenzial provozieren. Die Matrix-Projektorganisation erfordert deshalb eine hohe Kooperati-onsbereitschaft der an der Bearbeitung der Projekte beteiligten Mitarbeiter.

Die unterschiedlichen Formen der Projektorganisation können sowohl alternativ als auch innerhalb der einzelnen Phasen des Neugestaltungszyklusses alternierend ein-

229 Vgl. Kirsch/Esser/Gabele (1979), S.277. 230 Vgl. Bühner (1991), S.205ff. 231 In der Literatur wird auch der Begriff „Task-Force” verwendet. Vgl. Bühner (1991), S.205 und Kirsch/Esser/Gabele (1979), S. 278.

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gesetzt werden. Letzteres Vorgehen setzt jedoch eine extrem hohe organisatorische Flexibilität voraus. Bei den analysierten Unternehmen fand nur in einem Fall ein Wechsel zwischen der Einflussprojektorganisation, die in der Analysephase zur An-wendung gekommen ist, und der reinen Projektorganisation statt. Die bevorzugten Formen waren während des beobachteten Neugestaltungsprozesses jeweils mit 38,5% die reine Projektorganisation und die Einflussprojektorganisation. Sechs Un-ternehmen wählten die Matrixstruktur als institutionelles Instrument zur Abwick-lung des Neugestaltungsprojekte.

Unabhängig von der Art der strukturellen Eingliederung müssen Projekte in eine eigenständige Führungsstruktur eingebunden werden.232 Das Führungssystem legt den internen Aufbau der Projektorganisation fest. Es regelt die Aufgaben, die Ver-antwortlichkeiten und die Gliederung des Instanzengefüges. Hierbei muss den Be-sonderheiten logistischer Neugestaltungsprozesse Rechnung getragen werden. Ins-besondere gilt es, durch eine hierarchie- und ressortübergreifende Zusammen-setzung des Gesamtprojekts die Voraussetzungen für die Umsetzung ganzheitlicher Problemlösungen zu schaffen. Als mögliche Instanzen können

Auftraggeber,

Steuerungs- und Entscheidungsausschuss,

Projektleiter und

Projektmitglieder

angeführt werden. Zu den wesentlichen Aufgaben des Auftraggebers zählen die Ge-nehmigung des Projektes und dessen grundsätzliche Ausrichtung. Der Projektleiter trägt die Gesamtverantwortung für das Projekt. Der Steuerungs- und Entschei-dungsausschuss setzt sich aus Mitgliedern der Unternehmensführung zusammen und bildet gleichzeitig den institutionellen Rahmen für die Machtpromotoren. Seine Aufgabe ist die Verabschiedung von Zwischen- und Endergebnissen sowie die Durchführung von Fortschrittskontrollen. Das Steuerungsteam hat zudem gegen-über den übrigen Projektinstanzen eine Beratungs- und Unterstützungsfunktion. Zu den Aufgaben der Mitglieder des Steuerungsgremiums gehört es, den Prozess des organisatorischen Wandels zu begleiten, geeignete Mitarbeiter aus den Fachberei-chen freizustellen, Gestaltungsergebnisse im Hinblick auf ihre Realisierbarkeit zu hinterfragen und Möglichkeiten zur Übertragbarkeit des Neugestaltungskonzeptes auf die eigenen Verantwortungsbereiche aufzuzeigen.

Die Projektmitglieder sind verantwortlich für die Bearbeitung der definierten Neu-gestaltungsaufgaben. Sie führen Analysen durch, entwickeln Gestaltungsalternativen und begleiten das Projekt bis in die Konsolidierungsphase. Bei der Zusammenset-zung der Projektgruppen ist darauf zu achten, dass die Mitarbeiter zu den Leistungs-trägern gehören und im Unternehmen akzeptiert werden. Des Weiteren muss bei der Mitarbeiterauswahl sichergestellt sein, dass der im Unternehmen vorhandene Wis-sens- und Erfahrungsschatz in den jeweiligen Projektteams zusammengeführt und dem gesamten Lernprozess zugänglich gemacht wird. Die Gestaltung der Innen-struktur hängt von der Bedeutung des Projekts, der Unternehmensgröße und den Projekterfahrungen des jeweiligen Unternehmens ab. Demzufolge können in der

232 Vgl. Kirsch/Esser/Gabele (1979), S.278.

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Praxis vielfältige Ausprägungen von Projektorganisationsformen zur Anwendung kommen.

4.5.3 Art der Systemveränderung

Die durch die Neugestaltung logistischer Prozesse ausgelösten Veränderungen las-sen sich in Abhängigkeit von der Vorgehensweise, mit der die angestrebten Ziele umgesetzt werden sollen, unterscheiden in:

- kontinuierliche Veränderung,

- stufenweise Neugestaltung oder

- sprunghafte Neugestaltung.233

Eine sprunghafte Veränderung bedeutet, dass Strukturen und Prozesse in einem ein-zigen Schritt und meist unwiderruflich geändert werden. Sie entspricht der aus der Theorie des geplanten organisatorischen Wandels bekannten „Strategie des Bom-benwurfs“.234 Diese Strategie erhebt einen revolutionären Gestaltungsanspruch.235 Sie geht davon aus, dass tiefgreifende Änderungen nur durchsetzbar sind, wenn die betroffenen Mitarbeiter von der Willensbildung ausgeschlossen und von den neuen Struktur- und Verhaltensregeln überrascht werden. Die Einbindung der Mitarbeiter in den Erneuerungsprozess erfolgt deswegen erst nach der Verabschiedung des Kon-zepts. „Würde man zunächst fordern, dass das Grobkonzept unter Partizipation der Betroffenen entwickelt wird, um dann eine Serie von Detailplanungen und Einzel-schritten zu steuern, so würde damit nur zusätzliche Komplexität produziert, die ein Versanden wahrscheinlich machte.“236 Sprunghafte Veränderungen stellen extreme Anforderungen an die Qualifikation der Planer, erfordern ein hohes Maß an organi-satorischer Flexibilität und erscheinen nur sinnvoll, wenn Neuerungen zu bestehen-den Organisationskonzepten einen geringen Bezug aufweisen oder ein hoher zeitli-cher Problemlösungsdruck gegeben ist. Sprunghafte Neugestaltungsprozesse kommen demnach insbesondere im Rahmen von Ausgliederungen oder bei der Rea-lisierung von Turnaround-Strategien zur Anwendung.237

Im Gegensatz zu einer sprunghaften Veränderung basieren die stufenweise und die kontinuierliche Veränderung auf einem partizipativen Organisationsentwicklungs-prozess. Ausgangspunkt ist die These, dass tiefgreifende Veränderungen mit Erfolg realisierbar sind, wenn sie von Verhaltens- und Einstellungsänderungen getragen werden. Durch Partizipation und Mitgestaltung wird die Zielsetzung verfolgt, das Problemlösungs- und Wachstumspotenzial der Mitarbeiter in den Transformations-prozess einzubinden. Damit werden strukturelle und personelle Entwicklungspro-zesse nicht mehr voneinander getrennt, sondern als gleichgewichtige Bestandteile funktions- und hierarchieübergreifender Lernprozesse betrachtet. Die kontinuierli-che und die stufenweise Änderung unterscheiden sich in der Form des organisatori-schen Lernens. So wird die kontinuierliche Veränderung stärker von einem innovati-

233 Vgl. Wildemann (1991), S.154. 234 Vgl. Kirsch/Esser/Gabele (1979), S.180ff. 235 In diesem Anspruch ist die Strategie des Bombenwurfs vergleichbar mit dem Business Reengineering: Vgl. Hammer/Champy (1993), S.32. 236 Vgl. Kirsch/Esser/Gabele (1979), S.180. 237 Vgl. Wildemann (1991), S. 156.

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onsgetriebenen Ideenwettbewerb geprägt. Die Neugestaltung wird als Prozess der Annäherung an einen idealtypischen Endzustand angesehen, ohne diesen im eigent-lichen Sinn zu erreichen.238 Die Umsetzung erfolgt problemlösungs- oder engpass-orientiert. Auf der Grundlage von Leitlinien werden nach dem Schneeballprinzip sukzessive solche Problemfelder in den Gestaltungsprozess eingebunden, die ein hohes Verbesserungspotenzial versprechen, bei denen ein aktueller Problemlösungs-druck besteht oder ein potenzieller Lösungsbedarf vermutet wird. Zunächst werden Pilotprojekte definiert, die einen repräsentativen Charakter aufweisen.239 Die Pilot-projekte haben mehrere Funktionen. Sie beschränken das Risiko auf einzelne Ab-schnitte der Logistikkette, ermöglichen Erfahrungs- und Schulungseffekte und die-nen als Transmissionsmechanismus für einen kontinuierlichen Verbesserungspro-zess, indem sie bei erfolgreicher Umsetzung Sogwirkungen auf andere Produkte, Potenzialfaktoren oder Unternehmensbereiche erzeugen.

Der stufenweisen Veränderung liegt ein detaillierter Vorgehensplan zu Grunde, der den konzeptionellen Rahmen der organisatorischen Erneuerung umfasst. Dieser Rahmen bildet die Basis für die Aufteilung des gesamten Neugestaltungskomplexes in zeitlich und inhaltlich abgegrenzte Teilaufgaben. Die Umsetzung erfolgt durch Eröffnung paralleler Teilprojekte, die sich über die logistische Kette einzelner Pro-dukte oder Produktbereiche erstrecken.240 Der Realisierungsplan sollte wegen der Mächtigkeit der Aufgabenstellung so flexibel sein, dass gewonnene Erkenntnisse bei der Ausweitung des Konzepts berücksichtigt werden können. Die weitere Ausbrei-tung kann sowohl horizontal durch Übertragung der realisierten Gestaltungsmaß-nahmen auf andere Produkte oder Unternehmensbereiche, vertikal durch Einbezie-hung weiterer Potenzialfaktoren der Innovations-, Wertschöpfungs- und Manage-mentprozesse als auch durch eine gleichzeitige Ausbreitung des Konzepts in hori-zontaler und vertikaler Richtung erfolgen.241

Die kontinuierliche und die stufenweise Neugestaltung gehen von einem evolutionä-ren Gestaltungsanspruch aus. Der Lernprozess erfolgt schrittweise über die Lösung von Teilproblemen und unter aktiver Einbeziehung der betroffenen Mitarbeiter. Eine derartige Vorgehensweise birgt zwar die Gefahr, dass Zeitverzögerungen und Ab-stimmungsprozeduren provoziert werden, hat aber den wesentlichen Vorteil, dass das Abbruchrisiko auf ein Minimum reduziert wird, da sich die Mitarbeiter über alle Hierarchiestufen hinweg mit den Zielen der Reorganisation identifizieren und den Prozess des organisatorischen Wandels mitgestalten. Die höheren Erfolgsaussichten evolutionärer Organisationsentwicklungsprozesse werden durch die Vorgehenswei-se der an der Prozessanalyse beteiligten Unternehmen bestätigt. So hat kein Unter-nehmen eine sprunghafte Neugestaltung verfolgt, wohingegen 69,2% eine kontinu-ierliche Veränderung und 30,8% eine stufenweise Veränderung durchführen wollen. Ausgangspunkt für die kontinuierliche Veränderung sind Pilotprojekte innerhalb der Montage, der Vorfertigung oder der Beschaffung, in denen zunächst ausschließlich Maßnahmen aus den Potenzialfaktoren Materialfluss, Informationsfluss und perso-nelle Ressourcen umgesetzt werden. Die Ausbreitung soll sowohl produktorientiert durch Übertragung der Gestaltungsergebnisse auf andere Produkte oder Unterneh-

238 Vgl. Imai (1992), S.26ff. 239 Vgl. Wildemann (1991), S.154. 240 Vgl. Wildemann (1991), S.156. 241 Vgl. Wildemann (1991), S.158f.

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mensbereiche als auch gestaltungsorientiert durch Ausweitung des Konzepts auf die Potenzialfaktoren Produktionsstruktur und Aufbauorganisation vorgenommen wer-den.

4.5.4 Rollen der Beteiligten am organisatorischen Wandel

Aus der Innovationsforschung ist bekannt, dass die Mitarbeiter eine Schlüsselpositi-on bei der Bewältigung von Veränderungsprozessen einnehmen.242 Auf den Neuges-taltungsprozess übertragen, kann diese Schlüsselposition mit der Doppelrolle perso-neller Aufgabenträger, gleichzeitig als Träger und Betroffener des organisatorischen Wandels zu fungieren, begründet werden. Während sie als Träger organisatorischer Innovationen ihr Problemlösungs- und Kreativitätspotenzial in den Prozess der Neu-gestaltung einbringen sollen, verfolgen sie als Betroffene eher Bestrebungen, den Änderungsprozess durch Aufbau von Willens- und Machtbarrieren zu behindern. Derartige Eigenschaften organisatorischer Lernprozesse sind als ein Grund anzuse-hen, weshalb in der Literatur auf die zentrale Bedeutung der personellen Ressourcen bei der Einführung funktions- und hierarchieintegrierender logistischer Gesamtkon-zeptionen hingewiesen wird.243

4.5.4.1 Promotoren

Promotoren sind Personen, die den Prozess der logistischen Neugestaltung aktiv fördern. Sie sind die Impulsgeber des organisatorischen Wandels und unterstützen den Neugestaltungsprozess insoweit, als sie nicht nur Änderungswiderständen ent-gegentreten, sondern sich darüber hinaus uneingeschränkt mit dem Inhalt und dem Erfolg des Konzepts identifizieren. Promotoren fördern den Prozess einerseits durch ihr hierarchisches Potenzial. Sie setzen ihre legitimierte Macht ein, um den Verände-rungsprozess voranzutreiben, ihre Ziele und Vorstellungen zu verwirklichen und die Träger der Neugestaltung vor Eingriffen von Gegner zu schützen. Andererseits un-terstützen sie die Neugestaltung des logistischen Systems, indem sie ihre fachliche Autorität in den Veränderungsprozess einbringen. Promotoren zeichnen sich durch eine zeitlich befristete, von üblichen hierarchischen Organisationsbeziehungen losge-löste Kooperation aus. Es besteht keine Verpflichtung zur Zusammenarbeit, sondern sie wollen die Innovation und sie wissen, dass diese nur gemeinsam erreicht werden kann. Bei den betrachteten Unternehmen gingen die Impulse für die Neugestaltung mehrheitlich vom Top-Management aus (61,5%). In 15,4% der Untersuchungsfälle hat das Management gemeinsam mit der Produktions- oder Logistikleitung die Neu-gestaltung angestoßen.

Bemerkenswert ist, dass der Anteil der Unternehmen, bei denen der Anstoß zur Neugestaltung aus der Produktion kam, mit 15,4% doppelt so hoch war wie der An-teil der Unternehmen, bei denen der Impuls zur Neugestaltung des logistischen Sys-tems aus dem Logistiksektor (7,7%) gekommen war.

242 Vgl. Thom (1980), S.57ff. 243 Vgl. Wildemann (1992), S.17, Fiedel (1991), S.4 und S.18ff. und Schäfer (1988), S.659.

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4 Leitfaden zur Analyse und Neugestaltung von Versorgungsketten

125

4.5.4.2 Akteure

Als Akteure des organisatorischen Wandels sind die aktiv oder passiv an der Ent-wicklung und Realisierung des Neugestaltungskonzeptes beteiligten Mitarbeiter zu nennen. Aktive Akteure sind unmittelbar von dem Neugestaltungsprozess betroffe-ne Mitarbeiter sowie Spezialisten aus angrenzenden Fachbereichen, die gemeinsam über sämtliche Phasen einer Neugestaltung hinweg an der Neugestaltung des logisti-schen Systems arbeiten. Sie dienen als Ideengeber und Problemlöser. Demgegenüber sind passive Akteure von der Neugestaltung betroffene Mitarbeiter, die vor allem bei der Umsetzung der neuen Prozesse und Strukturen mitwirken. Ihr Beitrag in den willensbildenden Projektphasen beschränkt sich auf eine befristete Beteiligung an Schwachstellenanalysen oder auf eine punktuelle Mitarbeit an Konzeptalternativen, die eine Verbesserung der operativen Leistungsfähigkeit der logistischen Prozesse betreffen. Sowohl aktive als auch passive Aktoren der Neugestaltung müssen die Fähigkeit besitzen, bestehende Abläufe kritisch zu hinterfragen und gewohnte Ver-haltensweisen aufzugeben. Sie sollten bereit sein, sich neues Wissen anzueignen und sich mit der Konzeption des zukünftigen Logistiksystems zu identifizieren. Voraus-setzung hierfür ist, dass die Mitarbeiter mit ihren Vorschlägen und Ideen tatsächlich in den Prozess des organisatorischen Wandels eingebunden werden. Denn „Wider-stände bauen sich immer dann auf, wenn einem etwas von außen aufgezwungen wird, zu dem man keine Beziehung hat und bei dessen Erstellung man nicht beteiligt wurde.“244 Der Anteil der direkt an der Erarbeitung und Realisierung beteiligten Ak-teure beschränkt sich auf die in die Projektteams eingebundenen Mitarbeiter. Er hat bei 69,2% der Unternehmen eine Größenordnung von bis zu 10% der Gesamtbeschäf-tigten angenommen. Bei 30,8% der Unternehmen sind mehr als 10% aller Mitarbeiter aktiv in den Neugestaltungsprozess eingebunden.

Passiv in den Neugestaltungsprozess einbezogen wurden im Durchschnitt mehr als 50% der Mitarbeiter. Aus der Höhe dieser Quote wird ersichtlich, dass sich die Neu-gestaltungsprozesse weit über den eigentlichen Logistikbereich hinaus erstrecken.

4.5.4.3 Berater

Eine Doppelrolle bei der Bewältigung von Neugestaltungsprozessen nehmen externe Berater ein. Sie weisen gleichwohl Eigenschaften von Aktoren auf, weil sie aktiv an der Analyse und Weiterentwicklung bestehender Logistiksysteme mitarbeiten. Dar-über hinaus üben externe Berater Promotorenfunktionen aus, indem sie den Prozess der organisatorischen Erneuerung nicht zuletzt aufgrund finanzieller Interessen zu einem möglichst erfolgreichen Abschluss zu bringen versuchen. Dennoch müssen zur Durchführung logistischer Neugestaltungsprozesse grundsätzlich keine externen Berater oder Beratungsunternehmen hinzugezogen werden. Gegen eine Einschaltung spricht neben den Kosten die Gefahr der mangelnden Durchsetzbarkeit von entwi-ckelten Problemlösungen und das Risiko, dass Unternehmensberater aus Profilie-rungsgründen Extremvorschläge unterbreiten, für die sie selbst keine direkte Reali-sierungsverantwortung zu tragen haben. Als Vorteile des Beratereinsatzes können ebenfalls mehrere Argumente angeführt werden. Außer der Möglichkeit, für einen begrenzten Zeitraum fundiertes Expertenwissen in das Projekt einzubeziehen, kann der externe Berater ohne Rücksicht auf gewachsene Macht- oder Organisationskons-

244 Vgl. Fiedel (1991), S.22.

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4 Leitfaden zur Analyse und Neugestaltung von Versorgungsketten

126

tellationen auf Missstände hinweisen und Konzeptalternativen entwerfen, die über die Gestaltungsrestriktionen interner Planungsansätze hinausgehen. Weiterhin be-gleiten Berater den Prozess des Wandels mit Wissen im methodisch prozessualen Vorgehen und tragen zur Lösung von verhaltenswissenschaftlichen Problemen zwi-schen den Aktoren bei, indem auftretende Probleme kanalisiert werden und bei ent-sprechenden Fehlentwicklungen interveniert wird. Diese oder ähnliche Vorteile ha-ben lediglich 15,4% der Unternehmen dazu bewogen, externes Expertenwissen in den Prozess des organisatorischen Wandels einzubeziehen.

Nach der Darstellung und Auswertung der Komponenten von und Neugestaltungs-prozessen, soll sich das folgende Kapitel den Wirkungen und der Wirksamkeit der Umsetzung der definierten logistischen Maßnahmenbündel widmen.

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5 Wirksamkeitsprüfung des Analyse- und Neugestaltungsprozesses

127

5 Wirksamkeitsprüfung des Analyse- und Neugestaltungs-prozesses

Nach einer Einführung über die Wirkungen von Analyse- und Neugestaltungspro-zessen in Versorgungsketten, wird die Wirksamkeit des angewandten Leitfadens und der durchgeführten Maßnahmen überprüft. Der zu Grunde liegende Umset-zungszeitraum beträgt bis zur Abfrage zwischen 12 und 18 Monaten. Die realisierten Ergebnisse des angewandten Leitfadens werden mit den ursprünglich formulierten Soll-Vorstellungen verglichen und auf eine angemessene Zielkonformität überprüft. Dies dient als Nachweis der Effektivität der Vorgehensweise zur Initiierung gezielter logistischer Neugestaltungsprozesse zur Erhöhung der Logistikqualität in industriel-len Produktionsunternehmen. Die Ergebnisse dieser Analyse liefern empirisch abge-sicherte Erkenntnisse über erfolgreiche Analyse- und Neugestaltungsprozesse in Rahmen des entwickelten Leitfadens. Dieser kann daher als Basismethode des Quali-tätsmanagements zur Analyse und Gestaltung von Versorgungsketten nach logisti-schen Prinzipien herangezogen werden.

5.1 Wirkungen logistischer Neugestaltungsprozesse

Wirkungen bilden die erreichten respektive erzielbaren betriebswirtschaftlichen Er-gebnisse logistischer Analysen und Neugestaltungen ab. Sie bringen zum Ausdruck, dass organisatorische Gestaltung keinen Selbstzweck darstellt, sondern auf eine nachhaltige Verbesserung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit von Unterneh-men ausgerichtet ist. Um ein fundiertes Gesamturteil über die Wirksamkeit der Maßnahmen zur Neugestaltung von Versorgungsketten zu gewinnen, werden ver-schiedenartige Wirkungsdimensionen logistischer Neugestaltungsprozesse betrach-tet:

- Leistungswirkungen,

- Kostenwirkungen,

- Bestandswirkungen,

- personelle und organisatorische Wirkungen und

- Wettbewerbs- und Rentabilitätswirkungen.

Diese Ergebnisdimensionen sollen im Folgenden konkretisiert werden. Dabei wer-den insbesondere solche Messgrößen ausgewählt, von denen zu vermuten ist, dass sie im Rahmen einer Befragung erfassbar sind und sich ihre Veränderungen durch eine ex-post Betrachtung beurteilen lassen. Der Ansatz, eine umfangreiche Anzahl von Wirkungsindikatoren zu untersuchen, erscheint insofern angebracht, als da-durch positive wie negative Effekte logistischer Neugestaltungskonzepte herausge-arbeitet werden können.

5.1.1 Leistungswirkungen

Die durchgeführten Neugestaltungsprozesse führten bei den an der Analyse beteilig-ten Unternehmen zur Verbesserung der internen und externen Leistungen. Die Lie-

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5 Wirksamkeitsprüfung des Analyse- und Neugestaltungsprozesses

128

ferbereitschaft der Fertigprodukte konnte ebenso erhöht werden wie die Verfügbar-keit von Materialien und Informationen (vgl. Abbildung 49).

Abbildung 49: Leistungswirkungen

Als eine Ursache hierfür kann der konsequente Abbau von Sicherheitspuffern im Material- und Informationsfluss genannt werden. Die verringerten Sicherheiten er-zeugen einen Zwang, auftretende Störungen entweder durch Übertragung präventi-ver Qualitätssicherungskonzepte auf logistische Prozesse zu vermeiden oder durch extrem kurze Entstörmechanismen auf ein Mindestmaß zu begrenzen. Die Reduzie-rung von Fehlerquellen erlaubt ferner, dass mit der Optimierung der logistischen Prozesskette eine Erhöhung des Nutzungsgrads von Produktionssystemen verbun-den ist. Dabei gewährleistet die verbesserte Verfügbarkeit von Materialien und In-formationen nicht nur eine höhere Auslastung der Betriebsmittel, sondern stellt auch sicher, dass die Belegung der eingesetzten Maschinenkapazitäten vom tatsächlichen Kundenbedarf bestimmt wird.

1 5432

TermintreueMontage

Materialverfügbarkeit

Lieferflexibilität

TermintreueHalbfabrikate

Liefertreue

Lieferbereitschaft

Verfügbarkeit vonInformationen

Anlieferzustand

VerfügbarkeitProduktionsmittel

Zeitpunkt der letzten Pro-duktänderung vor Auslieferung

DurchlaufzeitHalbfabrikate

DurchlaufzeitInformationsfluss

Wiederbeschaffungszeit

Lieferzeit Standarderzeugnisse

Lieferzeit gängige Varianten

Durchlaufzeit Montage

StarkeReduzierung

StarkeSteigerung

KeineVeränderung

4,2

4,1

4,0

3,9

(Mittelwerte)

3,9

3,8

3,7

3,1

3,0

2,9

2,9

2,4

2,3

2,0

2,0

1,9

Logistische LeistungsgrößeWirkungsrichtung

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5 Wirksamkeitsprüfung des Analyse- und Neugestaltungsprozesses

129

Bei den Kriterien, welche die Leistungsfähigkeit logistischer Systeme ausdrücken, nimmt die Optimierung des Zeitfaktors eine herausragende Position ein. Konkreter Ausdruck ist neben der Verkürzung der Lieferzeiten, die Verringerung von Material- und Informationsflussdurchlaufzeiten und die Reduzierung der Wiederbeschaf-fungszeiten. Die Verbesserung der Zeiteffizienz ist auf die konsequente Umsetzung prozessorientierter Zeitstrategien zurückzuführen. Die Wirkungsmechanismen der aus der Zeitstrategie abgeleiteten Ansatzpunkte der Beschleunigung, Substitution, Zusammenfassung, Parallelisierung und Verlagerung von Logistik- und Wertschöp-fungsaktivitäten und die Vermeidung von Schleifen lassen sich auf unterschiedliche Maßnahmenbündel zurückführen. Die Ansätze konzentrieren sich auf die Prozess-dimensionen der Wertschöpfungskette und beeinflussen ausschließlich die Dauer und die zeitliche Struktur des Zeitkonsums. Sie werden unterstützt durch aufbauor-ganisatorische Maßnahmen, wenn quer zum Auftragsfluss bestehende Schnittstellen vermieden oder durch eindeutige Verantwortungsübergänge neugestaltet werden.

Die Auswirkungen verkürzter Durchlaufzeiten auf die Flexibilitätskomponente lo-gistischer Leistungen sind vielfältiger Art. So kann durch eine größere Zeiteffizienz die Lieferflexibilität gesteigert werden, da Informations- und Materialflussprozesse enger an Kundenbedarfe angebunden sind. Die Reaktionsgeschwindigkeit auf Marktimpulse in Form von Veränderungen des Auftragsvolumens oder neuer Kun-denanforderungen nimmt ebenfalls zu. Daher können neue Produktkonzepte ohne große Verzögerungen in erfolgswirksamen Output umgesetzt werden. Schließlich führen kurze Durchlaufzeiten zu einer höheren Flexibilität in der Auftragsbearbei-tung. Je länger die Informations- und Materialdurchlaufzeiten sind, desto früher müssen sich die Kunden auf eine spezifische Produktkonfiguration festlegen und desto höher ist das Risiko, dass Bestellungen und bereits aktivierte Produktionsauf-träge aufgrund von veränderten Kundenwünschen oder bedingt durch technische Modifikationen nochmals zu überarbeiten sind. Durch kurze Durchlaufzeiten ergibt sich demgegenüber die Möglichkeit, erst zu einem späten Zeitpunkt mit den Produk-tions- und Logistikaktivitäten zu beginnen.245 Damit sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass technische oder dispositive Änderungen überhaupt wirksam werden und den Ablauf bereits eingesteuerter Aufträge stören. Umgekehrt ausgedrückt bedeutet dies, dass schnelle Durchlaufzeiten das akquisitorische Potenzial erhöhen, da sich die Kunden bei Auftragserteilung nicht in allen Produktdetails festlegen müssen und noch zu einem späteren Zeitpunkt Änderungswünsche einbringen können.

Die Veränderung der Qualitätsdimensionen der logistischen Leistungsprofile äußert sich bei den untersuchten Unternehmen einerseits in einer besseren Anlieferzustand der ausgeführten Kundenaufträge. Zum anderen bewirken die Maßnahmen eine hö-here externe Liefer- und interne Termintreue. Definiert man als Kriterium zur Mes-sung der Termin- und Liefertreue die Zuverlässigkeit der Ein- oder Nichteinhaltung von geplanten Zielwerten, dann kann der Einfluss des Zeitfaktors auf die Verbesse-rung dieser Leistungsindikatoren ebenfalls veranschaulicht werden. Denn kurze und beherrschte Durchlaufzeiten erhöhen die Prognosesicherheit.246 Sie verringern die mit der Länge des Vorhersagezeitraums zunehmenden Fehler, indem sie die Zeit-strecken zwischen Soll- und Ist-Werten verkürzen und die Streubreite der Zielwert-abweichungen reduzieren. Damit trägt eine Verbesserung der Zeiteffizienz auch zu 245 Vgl. Wildemann (1990), S.71. 246 Vgl. Wildemann (1992), S.22f.

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5 Wirksamkeitsprüfung des Analyse- und Neugestaltungsprozesses

130

einer erheblichen Erhöhung der Liefer- und Termintreue bei. Parallel zu der Verbes-serung des logistischen Leistungsprofils und der Prozesssicherheit ist ein Wandel im Leistungsbewusstsein in den beteiligten Unternehmen zu beobachten. In vielen Fäl-len ist festzustellen, dass der Leistungskomponente eine höhere Aufmerksamkeit beigemessen wird. Während in der Vergangenheit logistische Leistungen ver-gleichsweise unsystematisch erfasst worden sind,247 haben die Unternehmen im Ver-lauf der Transformation den outputorientierten Komponenten des logistischen Sys-tems einen höheren Stellenwert beigemessen.

5.1.2 Kostenwirkungen

Um den Gesamtumfang der Kostenwirkungen erfassen zu können, ist eine Kosten-analyse der logistischen Prozesse und eine Untersuchung der Interdependenzen zwi-schen den Logistikkosten und den Kosten angrenzender Wertschöpfungsbereiche erforderlich. Die Analyse der Kostenentwicklung innerhalb der logistischen Prozesse zeigt, dass durch logistische Neugestaltungsprozesse Kostensenkungspotenziale er-schlossen werden (vgl. Abbildung 50).

247 Vgl. Wildemann (1992), S.319.

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5 Wirksamkeitsprüfung des Analyse- und Neugestaltungsprozesses

131

Abbildung 50: Kostenwirkungen

Im Folgenden sind Wirkungszusammenhänge unterschiedlicher Arten von Logistik-kosten aufgeführt.

Die Reduzierung der physischen Materialflusskosten kommt in einer Verringerung der Handlingkosten, der internen Transportkosten sowie der Kosten für Verpackung und Versand zum Ausdruck. Die erreichten Reduzierungen resultieren im Wesentli-chen aus den Änderungen der Layout- und Produktionsstrukturen, der Differenzie-rung der Materialversorgung hinsichtlich Anliefermengen und -frequenzen, der Di-rektanbindung aufeinanderfolgender Produktionsstufen sowie der stärkeren Kun-denauftragsorientierung in der logistischen Prozesskette. Im Gegensatz zu den internen Transportkosten sind die externen Transportkosten im Mittel in sehr gerin-gem Umfang angestiegen.

Die rückläufige Entwicklung der Kostenkategorie der Logistik-Administration zeigt, dass die abgeleiteten Maßnahmenbündel auch beim Management der logistischen Prozesskette kostenwirksam sind. Die wesentlichen Gründe hierfür sind sowohl im Abbau von Doppel- und Parallelaktivitäten als auch in der Vermeidung funktions-übergreifender Abstimmungsprobleme und Reibungsverluste zu sehen. Als eher in-

Direkte Fertigungslohnkosten

Kapitalbindungskosten

Lagerkosten

EDV-Kosten

Handlingkosten

Interne Transportkosten

Externe Transportkosten

Verpackung/Versand

Logistik-Administration

Kosten mangelnderProzesssicherheit

Rüstkosten

Qualitätssicherungskosten

Instandhaltungskosten

Vertriebskosten

1 5432

StarkeReduzierung

StarkeSteigerung

KeineVeränderung

3,0

1,9

2,7

3,3

(Mittelwerte)

2,3

2,7

3,2

2,9

2,9

2,0

2,9

2,8

3,2

3,0

KostengrößeWirkungsrichtung

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5 Wirksamkeitsprüfung des Analyse- und Neugestaltungsprozesses

132

direkt kostenwirksam sind aufbauorganisatorische Maßnahmen zu verstehen, die erst die Voraussetzungen schaffen, um Ineffizienzen der logistischen Basis- und Ma-nagementprozesse aufzudecken. Beispiele hierfür sind die Einführung eines Logistik-Controlling oder die Einrichtung gesonderter Logistikkostenstellen.

Aufgrund der realisierten Bestandseffekte verringern sich die Kapitalbindungskosten innerhalb der logistischen Prozesskette. Gleiches kann für die Kosten der Abwick-lung von Ein- und Auslagerungsaktivitäten sowie für die zurechenbaren Kosten für Lagerflächen festgestellt werden.

Die Verringerung der Kosten mangelnder Prozesssicherheit lässt sich auf die Steige-rung der logistischen Leistungsfähigkeit der beteiligten Unternehmen zurückführen. Sie kann sich in niedrigeren Kosten für Nacharbeit und Produktionsstillstände, in einer Verringerung von Abschreibungen auf unveräußerbare Lagerbestände und in der Vermeidung von Konventionalstrafen äußern.

Aus dem Totalkostenansatz der Logistikkonzeption ergibt sich die Notwendigkeit zur Einbeziehung von Kosteninterdependenzen. Dazu ist es erforderlich – um nega-tive Ergebnisse durch bloße Kostenverlagerungen innerhalb der Wertschöpfungsket-te auszuschließen – dass Logistikkosten nicht isoliert, sondern stets im Gesamtzu-sammenhang mit Kostenwirkungen anderer Funktionsbereiche zu betrachten sind. Grundsätzlich lassen sich drei Fälle unterscheiden:

a) Logistische Neugestaltungsmaßnahmen führen zu Kostensteigerungen in anderen Funktionsbereichen. Dieser Fall ist bei den EDV-Kosten und den Instandhaltungs-kosten zu beobachten. Eine mögliche Erklärung hierfür ist, dass bei der Neugestal-tung nicht nur einmalige Initialkosten in diesen Bereichen, sondern auch Zusatzkos-ten für die Steuerung und Pflege des neuen Systems anfallen. Allerdings weisen die negativen Kosteninterdependenzen auch auf notwendige Maßnahmen zur Auswei-tung der Neugestaltungskonzepte hin. Es zeigt sich, dass Unternehmen, die mit der Übertragung logistischer Prinzipien auf die Instandhaltung begonnen haben, auch hier Kosteneinsparungen erzielen konnten. So haben z.B. die beteiligten Unterneh-men durch Maßnahmen zur Reintegration von Instandhaltungsaktivitäten durchweg positive Ergebnisse angegeben.

b) Logistische Neugestaltungsmaßnahmen führen in anderen Funktionsbereichen zu Kostenreduzierungen. Derartige Wirkungskonstellationen haben die beteiligten Un-ternehmen bei den Rüstkosten und den Qualitätssicherungskosten festgestellt.

c) Logistische Neugestaltungsmaßnahmen haben keinen Einfluss auf die Kosten an-derer Funktionsbereiche. Ein derartiges Kostenverhalten ergab sich bei den in die Analyse einbezogenen Unternehmen im Durchschnitt für die Vertriebskosten und die direkten Fertigungslohnkosten.

Die Analyse der Kosteneffekte zeigt die ermittelten Wirkungsrichtungen logistischer Neugestaltungsprozesse auf. Sie gibt keine Auskunft über die absolute oder relative Höhe der erzielten Kostenreduzierungen. Um diese ermitteln zu können, sind in der Regel Sonderrechnungen erforderlich, in die sowohl die Entwicklung der Mengen- und Wertgerüste als auch die von logistischen Neugestaltungsmaßnahmen betroffe-nen Kostentreiber einbezogen werden müssen. Da eine derart umfangreiche Detail-studie im Rahmen dieser Arbeit keinen Schwerpunkt bildet, soll zur empirischen Un-

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5 Wirksamkeitsprüfung des Analyse- und Neugestaltungsprozesses

133

termauerung der Kostensenkungspotenziale auf fallspezifische Auswertungen und veröffentlichte Anwenderbeispiele verwiesen werden.248 Diese bringen zum Aus-druck, dass durch logistische Neugestaltungskonzepte die gesamten Logistikkosten um 30%, die Logistikkostenanteile am Umsatz auf unter 8%, die Fixkosten in der Lo-gistik um 10 bis 15%, die Herstellungskosten von Teilen, Baugruppen und Fertiger-zeugnissen um bis zu 15% und die Kosten einzelner Logistikprozesse um bis zu 50% reduziert werden können.

5.1.3 Bestandswirkungen

Bestände haben wegen ihres unmittelbaren Einflusses auf den finanzwirtschaftlichen Sektor industrieller Produktionsunternehmen eine wichtige Funktion bei der Durch-führung logistischer Neugestaltungsprozesse.249 Sie stellen das physische Äquivalent für finanzielle Vorleistungen dar, die erst zu einem späteren Zeitpunkt durch Erlöse aus dem Absatz verkaufsfähiger Erzeugnisse gedeckt werden. Aufgrund der zeitli-chen Diskrepanz zwischen Einzahlungen und Auszahlungen resultiert ein Kapital-bedarf, dessen Umfang durch die Höhe und die Bindungsdauer der Vorräte be-stimmt wird. Dieser Kapitalbedarf führt zu Zinsbelastungen. Er entzieht dem Finanzkreislauf Ressourcen, die entweder zur Liquiditätsvorsorge eingesetzt oder einer alternativen Mittelverwendung zugeführt werden könnten. Aus diesen Grün-den und wegen des Risikos der technischen und wirtschaftlichen Entwertung von Vorräten sind Unternehmen bestrebt, die in Lager- und Forderungsbeständen ge-bundenen finanziellen Mittel auf ein betriebsnotwendiges Minimum zu beschränken. Logistische Neugestaltungsprozesse beeinflussen die in Vorräten gebundenen Fi-nanzmittel in zweifacher Hinsicht: Zum einen bewirkt die Neugestaltung eine Ver-kürzung der Kapitalbindungsdauer von Vorräten. Die aufgezeigte Verbesserung der Zeiteffizienz im Material- und Informationsfluss schafft die Voraussetzung dafür, dass das in Roh- und Einkaufsmaterialien sowie in die betriebliche Wertschöpfung investierte Kapital schneller durch den Verkauf von Fertigerzeugnissen in den mone-tären Kreislauf zurückfließt. Die hiermit verbundene Erhöhung der Prozessge-schwindigkeit ermöglicht bei gleichbleibendem Geschäftsvolumen eine Verringerung des Kapitalbedarfs. Zum Zweiten wird im Rahmen logistischer Neugestaltungskon-zepte durch Verringerung geplanten und ungeplanten Sicherheitsbeständen die ab-solute Höhe der Kapitalbindung verringert. Eine Verringerung oder Abschaffung dieser Bestände ist möglich, wenn die Ursachen für die Ausgleichs- und Sicherungs-funktion im Idealfall beseitigt oder zumindest auf ein technologisch und betriebs-wirtschaftlich vertretbares Mindestmaß begrenzt werden. So gewährleisten Maß-nahmen wie die kapazitive Entflechtung und Harmonisierung von Kapazitäten einen reibungslosen Materialfluss. Die Reduzierung und Synchronisierung von Losgrößen und Bestellmengen verringern die Ausgleichspuffer zwischen den jeweiligen Verbrauchern und den internen respektive externen Lieferanten. Eine Straffung des Informationsflusses verbessert die Qualität der Planung,250 und die Einführung de-zentraler, auf dem Holprinzip basierender Steuerungsmechanismen sorgt dafür, dass kurze Entstörregelkreise wirksam werden. Darüber hinaus tragen aufbauorganisato-

248 Vgl. Wildemann (1992), S.321 und Wildemann (1993c), S.497. 249 Vgl. Wildemann (1992), 299ff. 250 Vgl. Eidenmüller (1991), S.44ff.

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134

rische Maßnahmen zur Reduzierung von Überbeständen bei, indem sie eindeutige Bestandsverantwortlichkeiten schaffen und notwendige Sicherheitsbestände auf we-nige Verantwortungsbereiche konzentrieren.

Der Abbau von Ausgleichs- und Sicherheitsbeständen setzt finanzielle Ressourcen frei. Es werden Verkaufserlöse aus dem Absatz von Lagerbeständen erzielt, denen ein wesentlich geringerer Abfluss an finanziellen Mitteln für Beschaffung und Wert-schöpfung gegenübersteht. Der Umfang des hiermit verbundenen Kapitalfreiset-zungseffekts wird erkennbar, wenn man die in der Literatur anzutreffenden Anga-ben über die durch logistische Neugestaltungsprozesse realisierten Bestandseffekte heranzieht. Diese reichen von 10% für Fertigprodukte bis zu 100% für Zwischenla-gerbestände.251 Die in die Befragung einbezogenen Unternehmen haben als Be-standsreduzierung im Durchschnitt für

- Rohwaren und Einkaufsmaterialien 24,7%

- Zwischenerzeugnisse 27,4%

- Fertigerzeugnisse 32,8%

angegeben. Derartige Größenordnungen machen deutlich, dass die hier definierten Maßnahmenbündel logistischer Neugestaltungsprozesse nicht mit einmaligen Be-standssenkungskampagnen vergleichbar sind. Vielmehr wird hierdurch ein nachhal-tiger Einfluss auf den im Umlaufbestand gebundenen Kapitalstock ausgeübt. Dies geschieht vorwiegend durch den Abbau von Überbeständen, die auf Fehldispositio-nen, Willkür oder Bequemlichkeit zurückzuführen sind.

Logistische Neugestaltungsprozesse können auch die Bestandsstruktur industrieller Produktionsunternehmen beeinflussen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn eine marktorientierte Vorratsfertigung in eine kundenorientierte Auftragsfertigung trans-formiert wird.

5.1.4 Personelle und organisatorische Wirkungen

Personelle und organisatorische Auswirkungen haben im Vergleich zu den rein öko-nomischen Kosten-, Leistungs- und Bestandswirkungen eine besonders kritische Be-deutung. Sie machen deutlich, ob und inwieweit es den Unternehmen gelungen ist, Verhaltens- und Systembarrieren zu überwinden. Denn selbst durchdachte Struk-turmodelle und leistungsfähige Konzepte zur Prozessoptimierung können in der o-perativen Umsetzung scheitern. Abbildung 51 zeigt auf, dass die in die Untersu-chung einbezogenen Unternehmen sowohl in personeller als auch in organisatori-scher Hinsicht durchweg positive Effekte erzielen konnten.

251 Vgl. Wildemann (1992), S.301 und Voegele (1988), S.194.

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5 Wirksamkeitsprüfung des Analyse- und Neugestaltungsprozesses

135

Abbildung 51: Personelle und organisatorische Wirkungen

Bei den personellen Wirkungen sticht die Verbesserung des Logistik-Know-how der Mitarbeiter heraus. Es wird deutlich, dass sich die logistischen Fähigkeiten indus-trieller Unternehmen erst dann zu einer Kernkompetenz ausbauen lassen, wenn die Neuausrichtung der Unternehmenslogistik von einer entsprechenden Vertiefung und Verbreiterung der Wissensbasis getragen wird. Die mit der Höherqualifizierung verbundene Aufwertung des Humankapitals findet ihre Entsprechung in einer Stär-kung der Mitarbeiterposition. Insofern erscheint es konsequent, wenn die betroffe-nen Unternehmen der Auffassung sind, dass die Neugestaltung des Logistiksystems zu einer Verbesserung der Entwicklungsmöglichkeiten der Mitarbeiter geführt hat. Als weitere im Vergleich zu den übrigen Größen herausragende personelle Wir-kungsdimension ist die Verbesserung der Mitarbeitermotivation zu nennen. Hierfür können drei Gründe verantwortlich gemacht werden: Zum einen hatten die Mitar-beiter durch die Neugestaltung die Chance, unmittelbar wahrgenommene Schwach-stellen sowie bestehende Probleme und Konflikte zu beseitigen. Zum Zweiten ist da-von auszugehen, dass der von den Unternehmen gewählte Weg, direkt und indirekt betroffene Mitarbeiter im Rahmen einer evolutionären Veränderungsstrategie am Neugestaltungsprozess zu beteiligen, zur Erhöhung der Mitarbeitermotivation beige-tragen hat. Drittens können aus der Überwindung funktionsorientierter Strukturen motivationsfördernde Effekte abgeleitet werden, die auf der Erweiterung und Berei-cherung von Aufgabeninhalten beruht. Eng verbunden mit einer höheren Motivation ist die Verbesserung der Mitarbeiterzufriedenheit. Auch hier lässt sich die Schluss-folgerung ziehen, dass die Aufgabe funktionsoptimierender Strukturen in der Ar-

1 5432

StarkeReduzierung

StarkeSteigerung

KeineVeränderung

4,6

4,3

4,2

4,2

(Mittelwerte)

4,1

2,2

2,3

2,4

2,7

WirkungsgrößeWirkungsrichtung

Logistik-Know-How der Mitarbeiter

Mitarbeitermotivation

Mitarbeiterzufriedenheit

Entwicklungsmöglichkeiten für Mitarbeiter

Transparenz

Koordinationsaufwand

Kommunikationsbarrieren

Schnittstellenintensität

Interessenskollisionen

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5 Wirksamkeitsprüfung des Analyse- und Neugestaltungsprozesses

136

beits- und Unternehmensorganisation einen wesentlichen Beitrag zur Steigerung der Zufriedenheit geleistet hat. Durch Schaffung ganzheitlicher, prozessorientierter Tä-tigkeitsstrukturen werden die Mitarbeiter in die Lage versetzt, Gesamtzusammen-hänge zu erkennen und diese bei der Durchführung von Material- und Informations-flussaktivitäten zu berücksichtigen. Typische Mängel einseitig funktionaler Organisationsstrukturen in Form von Abschottungsformalismen, Mehrfachkontrol-len und Doppelarbeiten lassen sich ebenso vermeiden wie das gleichzeitige Auftreten von Leerkapazitäten und Kapazitätsengpässen.252 Es wird eine höhere Identifikation der Mitarbeiter mit den Arbeitsinhalten erreicht und die Selbstkontrolle der Qualität des Arbeitsergebnisses wird gefördert.

Die organisatorischen Auswirkungen der Neugestaltung logistischer Systeme schla-gen sich ebenfalls in einer Reihe von positiven Effekten nieder. So ist neben der Re-duzierung des Koordinationsaufwands ein Abbau von Kommunikationsbarrieren und Interessenkollisionen sowie eine Verringerung der Schnittstellenintensität zu beobachten. Zusätzliche positive Impulse ergeben sich für die Transparenz innerhalb der betrieblichen Abläufe.

Für die Interpretation der strukturellen Auswirkungen ist wesentlich, dass zwischen der Höhe der ausgewiesenen Ergebnissen und den von den Unternehmen gewählten aufbauorganisatorischen Maßnahmen kein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Hieraus kann die Schlussfolgerung gezogen werden, dass zwar die institutionelle Verankerung logistischer Prozesse und die Neugestaltung der Aufbauorganisation als Ganzes, nicht aber einzelne Gestaltungsmaßnahmen der internen und externen Organisationsstruktur zu einer Verbesserung der organisatorischen Leistungsfähig-keit geführt haben. Demzufolge wird die Unternehmenslogistik von keinen struktu-rellen Idealkonzepten oder idealtypischen Maßnahmenbündeln bestimmt, was im übrigen durch die großen Unterschiede der von den Unternehmen gewählten Struk-turmaßnahmen der Innen- und Außenorganisation bestätigt wird. Die Optimierung der Material- und Informationsflussprozesse ermöglicht, dass Schnittstellenreduzie-rungs-, Steuerungs- und Überwachungsfunktionen zentraler Einheiten auf ein Mini-mum eingeschränkt werden können. Die hierdurch ausgelöste Dezentralisierung von Kompetenzen und Verantwortlichkeiten weist darauf hin, dass sich im Rahmen der logistischen Organisationsgestaltung ein ähnlicher Entwicklungspfad abzeichnet wie im Bereich der Qualitätssicherung oder des Controlling. Hier ist nach einem „Zentra-lisationsboom“ ein Trend zur dezentralen Abwicklung operativer Aufgaben bei gleichzeitiger Zentralisierung strategischer und koordinierender Aufgaben zu beo-bachten.253 Voraussetzung für eine derartige Entwicklung ist jedoch eine konsequen-te Umsetzung logistischer Prinzipien in sämtlichen an der Innovations- und Wert-schöpfungskette beteiligten Unternehmensbereichen.

5.1.5 Wettbewerbs- und Rentabilitätswirkungen

Wettbewerbs- und Rentabilitätseffekte sind nicht nur als Quintessenz aus den in den vorangegangenen Abschnitten behandelten Wirkungsdimensionen zu verstehen. Sie unterstreichen vielmehr die eingangs aufgestellte These, dass sich die Logistik zu

252 Vgl. Sommerlatte/Wedekind (1990), S.36. 253 Vgl. Weber/Kummer (1990), S.783.

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5 Wirksamkeitsprüfung des Analyse- und Neugestaltungsprozesses

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einem managementorientierten Unternehmenskonzept entwickelt hat, das weit über ein auf die Effizienzsteigerung begrenztes Rationalisierungsinstrument hinausgeht. Die strategische Reichweite der Neugestaltung von Unternehmensprozessen nach logistischen Prinzipien wird deutlich, wenn man berücksichtigt, dass organisatori-sche Veränderungen den Wettbewerb in zweifacher Weise beeinflussen: Sie können zum einen die Branchenstruktur und damit die Regeln des Wettbewerbs innerhalb der Wertschöpfungskette von den Vorlieferanten über die Produzenten bis hin zu den Kunden verändern. Da dabei der logistische Anteil an der Wertschöpfung zu-nimmt, entwickelt sich die Logistik von einer Sekundäraufgabe zu einer unterneh-merischen Kernkompetenz. Sie stellt nicht mehr eine wettbewerbsneutrale Zusatz-leistung bereit, die technische Produkteigenschaften ergänzt, sondern übernimmt Schrittmacherfunktionen, indem sie den Kundennutzen und den Wettbewerb be-stimmt. Im Extremfall bedeutet dies, dass das logistische Leistungsvermögen als Markteintrittsbedingung verstanden werden muss und die Neugestaltung logisti-scher Strukturen und Prozesse zur Überlebensfrage werden kann. Denn ausschließ-lich diejenigen Unternehmen, die über entsprechende logistische Fähigkeiten und Ressourcen verfügen, sind in der Lage, sich am Wettbewerb zu beteiligen. Unter-nehmen, die diese Entwicklung nicht nachvollziehen können, scheiden aus dem Wettbewerb aus oder müssen sich anderen, weniger logistikintensiven Geschäftsfel-dern zuwenden.

Zum Zweiten bieten Neugestaltungsprozesse Optionen, um innerhalb einer Branche nachhaltige Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Sie schaffen die Voraussetzungen zur Umsetzung von Kostenführerschafts- oder Differenzierungsstrategien.254 Außerdem unterstützen logistische organisatorische Veränderungen gemischte Strategietypen, die gleichzeitig auf eine Verbesserung von Kundennutzen und Kostenposition abzie-len,255 indem sie Möglichkeiten aufzeigen, strategisch wichtige Aktivitäten kosten-günstiger und besser als die Konkurrenz zu erledigen. Für die Realisierung von Kos-tenvorsprüngen ist entscheidend, dass Restrukturierungen nicht nur den logistischen Anteil an den Gesamtkosten, sondern die Kostenstrukturen innerhalb unterneh-mensübergreifender Wertschöpfungsketten verändern können. Im Gegensatz zu funktionalen Kostensenkungsprogrammen, bei denen im Wesentlichen die Kosten operativer Schwächen abgebaut werden, fokussieren logistische Neugestaltungskon-zepte die zentralen Kostentreiber der Innovations- und Wertschöpfungskette. Ziel-kostenkonflikte zu anderen betrieblichen Funktionsbereichen werden transparent und auf der Grundlage eines angestrebten Gesamtoptimums gelöst. Damit erfahren die Kosten eine strategische Neuausrichtung, die vom Wettbewerb kaum oder erst mit zeitlichen Verzögerungen nachvollzogen werden kann. Die Differenzierungsvor-teile logistischer Neugestaltungsprozesse sind das Ergebnis der erreichten Leistungs-effekte. Diese schaffen die Basis für eine Wettbewerbsposition, die branchenweit als einmalig angesehen werden kann. Die in die Untersuchung einbezogenen Unter-nehmen wurden nach ihrer Einschätzung hinsichtlich der Wettbewerbswirksamkeit eines verbesserten logistischen Leistungsprofils befragt. Wie aus Abbildung 52 her-vorgeht, werden die Kundentreue und das Unternehmensimage im Durchschnitt am stärksten von der Neugestaltung beeinflusst. Weniger stark, aber dennoch von Rele-vanz, sind die Auswirkungen einer höheren Leistungsfähigkeit auf den Gewinn, die

254 Vgl. Porter (1988), S.62ff. 255 Zu den Merkmalen einer gemischten Wettbewerbsstrategie vgl. Albach (1990).

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5 Wirksamkeitsprüfung des Analyse- und Neugestaltungsprozesses

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Absatzmenge, den Marktanteil und den Preis. Insgesamt zwei Unternehmen haben angegeben, dass eine Verbesserung der logistischen Leistung zu einer Verringerung der Anzahl der Wettbewerber führen kann.

Abbildung 52: Wettbewerbswirkungen

Als operationale Konsequenz aus den Wettbewerbswirkungen können die durch lo-gistische Neugestaltungsprozesse erzielten Rentabilitätseffekte bezeichnet werden. Rentabilitätswirkungen resultieren aus der Arithmetik der die Rentabilität bestimmenden Bestands- und Stromgrößen. Betrachtet man die Bestimmungsfakto-ren, dann haben logistische Neuorganisationen positive Einflüsse auf die Rentabilität von Unternehmen, weil sie

• aufgrund der Bestandswirkungen eine Erhöhung der Umschlagshäufigkeit des eingesetzten Kapitals ermöglichen.

• als Folge der Kosten- und Leistungseffekte zu einer Erhöhung des Gewinns und damit der Umsatzrendite führen. Allerdings erfordert die Einbeziehung der Leis-tungskomponente, dass Vorstellungen über die Umsatzwirksamkeit logistischer Leistungen zu entwickeln sind. In diesem Zusammenhang sind nicht nur Fragen nach der Preisprämie oder nach dem Zusatzumsatz eines verbesserten Leistungspro-fils zu beantworten. Vielmehr muss auch das Opportunitätskalkül in die Rentabili-tätsbetrachtung eingeschlossen werden. Dabei gilt es zu fragen, welcher Umsatz ei-nem Unternehmen entgeht, wenn es ein im Vergleich zum Wettbewerb mangelhaftes logistisches Leistungsvermögen aufweist.

1 5432

StarkeReduzierung

StarkeSteigerung

KeineVeränderung

4,5

4,6

3,5

3,5

(Mittelwerte)

3,3

3,2

2,9

WettbewerbswirkungWirkungsrichtung

Kundentreue

Unternehmensimage

Gewinn

Absatzmenge

Marktanteil

Produktpreis

Anzahl Konkurrenten

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KostenUmsatzGewinn

Umsatz

GewinnUR

Bestände

UmsatzKU

KUKUKUKU

KUURROI

Bestände

ögenAnlagevermögenUmlaufvermrestlichesBestände

−=

=

=

++=

×=

ROI = Rentabilität256

UR = Umsatzrendite

KU = Kapitalumschlagsfaktor

Die beiden Hebeleffekte spiegeln sich in den empirischen Ergebnissen in unter-schiedlichem Umfang wider. So konnten alle Unternehmen im Verlauf der Neuges-taltung den Kapitalumschlag der Vorräte erhöhen. Bei der Umsatzrendite lassen sich unter Einbeziehung sonstiger die Rentabilität bestimmender Faktoren ebenfalls posi-tive Entwicklungen feststellen. Hier weisen die Unternehmen mit Ausnahme von vier Fällen Steigerungsquoten von bis zu über 50% aus. Die Ergebnisse deuten dar-auf hin, dass die beabsichtigten Hebeleffekte auf stagnierenden und schrumpfenden Märkten ebenso zum Tragen kommen können wie auf Wachstumsmärkten. Bei stag-nierenden oder schrumpfenden Mengenvolumen stellt die Verbesserung der Logis-tikeffizienz eine wesentliche Stellgröße dar, um trotz Preisverfall und Kostendruck Marktanteile zu gewinnen und bei rückläufiger Entwicklung der Umsatzrenditen eine angemessene Rentabilität des investierten Kapitals zu erzielen. In wachsenden Märkten ermöglicht die Verbesserung der logistischen Leistungsfähigkeit, dass die Finanzierung des Wachstums durch Vermeidung einer Fehlallokation von Finanz-mitteln in Beständen unterstützt wird und eine Unternehmensrendite erzielt werden kann, die über dem Branchendurchschnitt liegt.

5.2 Effektivität des Neugestaltungsprozesses

Die Effektivität betrachtet den Erfolg des Neugestaltungsprozesses in Abhängigkeit vom Umfang der Zielerfüllung (Vgl. Kapitel 4.1). Sie gibt an, ob und inwieweit die realisierten Ergebnisse mit den ursprünglich formulierten Soll-Vorstellungen über-einstimmen und eine angemessene Zielkonformität erbringen. Erfolgreich sind dem-zufolge die Neugestaltungsprozesse, welche die Ziele vollständig erreicht oder über-schritten haben, wohingegen solche Neugestaltungen als nicht erfolgreich gelten, 256 Englisch: „Return on investment“

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5 Wirksamkeitsprüfung des Analyse- und Neugestaltungsprozesses

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welche die gesteckten Zielwerte nicht umsetzen konnten. Betrachtet man das in Abbildung 53 dargestellte Zielerreichungsprofil, welches die Effektivität auf der Ba-sis einer globalen Erfolgseinschätzung misst, dann wird ersichtlich, dass ein Unter-nehmen mit den Ergebnissen der Neugestaltung unzufrieden gewesen ist. In 77% der Untersuchungsfälle wurde das angestrebte Ergebnis sogar übertroffen.

Abbildung 53: Gesamtzielerreichungsprofil des durchgeführten logistischen Neugestaltungsprozes-ses

In die gleiche Richtung weist die Analyse der Erfüllungsgrade der wichtigsten Ziele zur Neugestaltung von Versorgungsprozessen. Auch hier zeigt sich, dass die Unter-nehmen im Mittel ihre ursprünglich formulierten Zielgrößen übertroffen haben (vgl. Abbildung 54). Der höchste mittlere Erfüllungsgrad wurde für die Zielkriterien Durchlaufzeitreduzierung, Erhöhung der Transparenz, Verbesserung der Koordina-tion und Bestandsabbau realisiert.

3,8%

19,2%

69,3%

7,7%

0% 20% 40% 60% 80%

Zielsetzungen starkunterschritten

Zielsetzungenunterschritten

Zielsetzungen erfüllt

Zielsetzungenüberschritten

Zielsetzungen starküberschritten

1

2

3

4

5

Mittelwert = 3,8(N = 26)

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5 Wirksamkeitsprüfung des Analyse- und Neugestaltungsprozesses

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Abbildung 54: Wirksamkeitsprüfung der wichtigsten Ziele des durchgeführten logistischen Neuges-taltungsprozesses

Bemerkenswert ist der große Anteil an Unternehmen, die weitere Potenziale zur Verbesserung der angeführten Zielparameter ausgewiesen haben. Die Bandbreite der zusätzlichen Ergebnispotenziale reicht von 84,6% bei den Zielkriterien Durchlauf-zeitreduzierung und Kostenreduzierung bis hin zu 15,4% bei der Zielgröße Verbes-serung der Koordination. Für ein derartiges Zielerreichungsparadoxon können zwei Gründe verantwortlich gemacht werden: Zum einen lässt sich das zusätzliche Ergeb-nispotenzial auf fehlende oder falsche Zielabschätzungen zurückführen. Derartige Fälle treten ein, wenn entweder Ergebnisreserven eingeplant oder bewusst Prestige-ziele angestrebt werden, die aufgrund offensichtlicher Leistungsdefizite problemlos erreichbar sind. Gegen eine unrealistische Zieleinschätzung ist jedoch einzuwenden, dass die ausgewiesenen Potenziale vor allem bei solchen Zielkategorien auftreten, die von den befragten Unternehmen als überdurchschnittlich wichtig angesehen worden sind,257 was eher darauf hindeutet, dass die Zielparameter sehr sorgfältig ausgewählt und mit Hilfe von Wettbewerbs- oder Branchenanalysen abgesichert wurden. Insofern sind die Ursachen für das Zielerreichungsparadoxon weniger in

257 Stark ausgeprägt ist dieses Zielparadoxon bei der Zielgröße Durchlaufzeitreduzierung, das von der Mehrzahl der Unternehmen als überdurchschnittlich wichtiges Ziel angesehen wurde, den höchsten Zielerreichungsgrad ausweist und dennoch das höchste Verbesserungspotenzial ausweist.

1 5432

Ziel starkunterschritten

Ziel starküberschritten

Zielerreicht

(N=26)

Ausprägung

19,2%3,7Steigerung der Mitarbeiter-motivation

15,4%4,0Verbesserung der Koordination

80,8%3,8Produktivitäts-steigerung

84,6%3,7Kosten-reduzierung

26,9%4,1Erhöhung der Transparenz

50,0%3,9Flexibilitäts-erhöhung

69,2%4,0Bestandsabbau

84,6%4,2Durchlaufzeit-reduzierung

Weiteres Potenzial

Mittel-wert

Merkmal

19,2%3,7Steigerung der Mitarbeiter-motivation

15,4%4,0Verbesserung der Koordination

80,8%3,8Produktivitäts-steigerung

84,6%3,7Kosten-reduzierung

26,9%4,1Erhöhung der Transparenz

50,0%3,9Flexibilitäts-erhöhung

69,2%4,0Bestandsabbau

84,6%4,2Durchlaufzeit-reduzierung

Weiteres Potenzial

Mittel-wert

Merkmal

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einer zu geringen oder unsystematischen Auseinandersetzung mit den Zielen der Neugestaltung von Versorgungsprozessen als vielmehr in der Art der Systemverän-derung zu suchen. Der zweite Ansatz versucht deshalb die Diskrepanz zwischen Zielerfüllung und Zusatzpotenzialen mit der von den Unternehmen gewählten evo-lutionären Neugestaltungsstrategie zu erklären. Ausgangspunkt ist dabei die Vermu-tung, dass zwischen Problemlösungsmaßnahmen, ergebnisbezogener Zielerreichung und dem hierauf aufbauenden Zielanspruch wechselseitige Beziehungen bestehen. Denn mit der Umsetzung von Gestaltungsmaßnahmen werden nicht nur einmalig sachliche und formale Ziele realisiert. Es werden auch neue Kosten- und Leistungs-standards gesetzt, die dann die Grundlage für weitere Problemlösungen sowie zu-sätzliche Verbesserungspotenziale darstellen. Entscheidend für dem hierdurch aus-gelösten kontinuierlichen Verbesserungsprozess ist, dass der Lernfortschritt nur möglich ist, wenn erreichte Ziele in Frage gestellt und ständig neu angepasst werden. Die hiermit verbundene Flexibilität ist die Schlussfolgerung aus einem evolutionären Unternehmensentwicklungsansatz und die Voraussetzung für einen permanenten organisatorischen Lernprozess.

Unabhängig von den Ursachen des identifizierten Effektivitätsparadoxons wird aus der Interpretation der empirisch ermittelten Ergebnisse des Neugestaltungsprozesses deutlich, dass die Zielerreichung bei organisatorischen Transformationen im Ver-gleich zu rein technischen Produktionsprozessen eine zusätzliche Bedeutung erfährt. Für die unterschiedlichen Effektivitätskriterien gelten keine deterministischen Ge-setzmäßigkeiten zwischen Zielvorgaben und Zielerreichung, sondern darüber hinaus verhaltensbedingte Beziehungen, die dazu beitragen können, dass Zielwerte über- oder unterschritten werden. Infolgedessen bieten die hier zu Grunde liegenden Ziele des Neugestaltungsprozesses wesentlich größere Freiheitsgrade bei der Festlegung von Zielinhalten, da sie positive, aber auch negative Einflüsse auf die Motivation der direkt oder indirekt betroffenen Mitarbeiter und damit auch auf die Zielerreichung ausüben können. Für die Ermittlung von Effektivitätsmaßstäben ergeben sich hieraus zwei zentrale Anforderungen. Zum einen müssen die Ziele nachvollziehbar sein und gemessen werden. Denn nach wie vor gilt der Grundsatz, dass nur das verändert wird, was auch tatsächlich gemessen wird. Zum Zweiten sind bei der Zielformulie-rung Verhaltensaspekte zu berücksichtigen. Die Effektivitätskriterien dürfen nicht nur die Ergebnisse struktureller und prozessualer Veränderungen aufzeigen. Sie soll-ten außerdem den Prozess des organisatorischen Wandels unterstützen, indem sie Verhaltensänderungen herbeiführen helfen, eine hohe Motivation der beteiligten Mitarbeiter sicherstellen und für einen reibungslosen Lernprozess sorgen. Voraus-setzung hierfür ist neben einer präzisen Abgrenzung der Beurteilungsmaßstäbe ein Konsens über Inhalt, Umfang und zeitlichen Bezug der angestrebten Ziele. Andern-falls besteht die Gefahr, dass Ergebnisse angezweifelt werden, mit der Konsequenz, dass keine ausreichende Effektivität im Sinne einer kontinuierlichen Zielerreichung erreicht wird und die Effizienz bei der Durchführung des Neugestaltungsprozesses verloren geht.

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6 Zusammenfassung und Ausblick

In der vorliegenden Arbeit wurde die Zielsetzung verfolgt, eine Effizienzsteigerung in Versorgungsketten bei gleichzeitiger Erfüllung der Anforderungen der letzten produzierenden Einheit dieser Kette zu erreichen. Durch einen logistikorientierten Neugestaltungsprozess mittels einer systematischen Analyse realer Abläufe konnte eine Erhöhung der Logistikqualität erzielt werden. Dazu wurde ausgehend von den Anforderungen der Automobilindustrie ein empirisch fundierter Leitfaden entwi-ckelt.

Der gewählte Forschungsansatz ist durch eine mehrstufige Vorgehensweise gekenn-zeichnet. Ausgangsbasis waren 26 repräsentative Unternehmen in der Automobilzu-lieferindustrie, die als Untersuchungsobjekte zur Verfügung standen. Nach einer Ist-Analyse der Logistik dieser Unternehmen zur Ermittlung des aktuellen Zustandes, wurde eine Typologisierung der Ausgangssituation des Neugestaltungsprozesses bezüglich der Logistikkomplexität und –kompetenz vorgenommen.

Nach der inhaltlichen Konkretisierung des Logistikqualitätsbegriffs folgte die litera-turgestützte Feststellung, dass Unternehmenslogistik durch eine begriffliche Vielfalt geprägt ist, die Spielräume für mehrdeutige Interpretationen offen lässt. Ausgehend von der Darstellung der verschiedenen Logistikkonzeptionen wurde das Modell des Logistik-Pentagon entworfen, um die unterschiedlichen Dimensionen der Logistik zusammenzuführen. Dieses Modell spiegelt die Weiterentwicklung der Logistik hin zu einer managementorientierten Gestaltungs- und Führungskonzeption wider. Da es ein problemadäquates Ordnungssystem für die Analyse und Gestaltung von Ver-sorgungsketten darstellt, wurde es als Grundmodell für ein Gesamtsystem der Un-ternehmenslogistik in dieser Arbeit herangezogen. Unter Einbeziehung der Kompo-nenten der Unternehmenslogistik erfolgte zusammen mit den gewonnenen Erkenntnissen aus der vorangegangenen Ist-Analyse die Ableitung von Potenzial-faktoren. Die Faktoren Produkt- und Produktionsstruktur, Material- und Informati-onsfluss, personelle Ressourcen und Logistikorganisation wurden identifiziert. Diese dienen als Grundlage für eine detaillierte Prozessanalyse und verkörpern den kreati-ven Kern der logistischen Neugestaltung von Versorgungsprozessen. Sie spezifizie-ren den Handlungsbedarf, konkretisieren die Neugestaltungsaufgaben und umfas-sen sämtliche Maßnahmen, die zur Erreichung der angestrebten Ziele des Neugestaltungsprozesses führen sollen.

Im nächsten Schritt erfolgte die Darstellung, inwieweit logistische Leistungen in be-stehenden Qualitätsmanagementansätzen – im Sinne der dieser Arbeit zu Grunde liegenden Logistikkonzeption – bereits berücksichtigt werden bzw. berücksichtigt werden können, um mit den vorhandenen Methoden die identifizierten Potenzial-faktoren im Logistiksystem von Produktionsunternehmen zu erschließen. Einige Me-thoden zielten vorwiegend auf die Gestaltung und Zertifizierung von Qualitätsma-nagementsystemen nach DIN ISO 9000ff oder EQA ab. Andere Methoden wie die Statistische Prozesskontrolle (SPC) basierten auf der prozess- und ergebnisorientier-ten Kontrolle logistischer Prozesse und waren somit zwar geeignet, besonders rele-vante Qualitätsmerkmale der Logistik zu überwachen, jedoch mussten Fehler erst auftreten, um Ursachen analysieren zu können. Der Blick für Gesamtzusammenhän-ge ging bei dieser Methode verloren. Am geeignetsten zur Erschließung der Potenzi-

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alfaktoren waren die Fehlermöglichkeits- und –Einflussanalyse (FMEA) und das Quality Function Deployment (QFD). Die FMEA konnte sinnvoll bei Logistikprozes-sen Anwendung finden, bei denen im Störfall mit schwerwiegenden Folgen zu rech-nen war. Allerdings waren mit der FMEA Effizienzsteigerungen nur schwer reali-sierbar, da zum einen Fehlermenge und Auftretungswahrscheinlichkeit bekannt sein mussten, zum anderen fehlerfreie Suboptima aber nicht aufgedeckt wurden. Das QFD zeigt Differenzierungsmöglichkeiten zum Wettbewerb auf und unterstützt wichtige Attribute von weniger wichtigen zu unterscheiden. Die Konzentration der Ressourcen erfolgt gezielt auf die vom Kunden gewünschten Qualitätsmerkmale. Besonders geeignet ist QFD bei konkurrierenden logistiktechnischen Spezifikationen mit einem auf ein akzeptables Maß eingrenzbaren Lösungsraum. Allerdings mussten Qualitätsmerkmale bei dieser Methode soweit abstrahiert werden, dass keine ausrei-chenden Kenntnisse im Sinne der Zielsetzung dieser Arbeit erzielt werden konnten. Analoges galt für die Prozesse bei denen die Aussagekraft über subsystemübergrei-fende Wechselwirkungen verloren gingen, wenn zur Reduktion der Komplexität nur einzelne Subsysteme betrachtet wurden. Bei beiden Methoden müssen die Kunden-anforderungen in Form von Qualitätsmerkmalen jedoch noch ermittelt werden. Kei-ne der untersuchten Methoden lies sich ohne massive Einschränkungen auf die Lo-gistik übertragen, sie können auch in der auf die Logistik angepassten Form lediglich unterstützend eingesetzt werden.

Um der Zielsetzung dieser Arbeit gerecht zu werden, ist es notwendig in Produkti-onsunternehmen eine Struktur- und Verhaltensänderung hervorzurufen, die es er-möglicht, Kundenanforderungen in Form von Qualitätsmerkmalen effektiv zu erfül-len und die zu Grunde liegenden Prozesse so effizient zu gestalten, dass neben einem hohen Erfüllungsgrad der Anforderungen auch die (Gesamt-)Wirtschaftlichkeit er-höht wird. Dazu war es erforderlich, einen Leitfaden zu entwickeln, der die darge-stellten Defizite in der Konzeption des logistischen Qualitätsmanagements behebt.

Im folgenden Schritt wurde der Leitfaden vollständig hergeleitet und die Prozessanalyse bei den beteiligten Unternehmen durchgeführt. Zur Durchführung einer abschließenden Erfolgskontrolle und Wirksamkeitsprüfung war es notwendig, vorab die Initiierungsgründe und Ziele der Untersuchungsobjekte zu ermitteln. Insbesondere wurde ein Formalzielsystem der Neugestaltung von Versorgungs-prozessen erarbeitet. Bei der strategischen Neuorientierung der Wertschöpfungskette standen eindeutig die formalen Zielkategorien Verkürzung der Durchlaufzeiten, Verringerung der Kapitalbindung in den Beständen und die Erhöhung der Lieferflexibilität im Vordergrund. Aufgrund der Häufigkeit ihrer Nennung bleibt festzuhalten, dass sich ein Trend zur stärkeren Logistikorientierung des unternehme-rischen Zielsystems der beteiligten Unternehmen abzeichnet.

Um die vorgegebenen Sachziele der Automobilhersteller zu ermitteln, werden die Spezifikationen in Form von Qualitätsmerkmalen erarbeitet. Diese besitzen den Cha-rakter einer inhaltlichen Leitlinie für Zulieferunternehmen. Sie können als Rahmen-bedingungen oder Anforderungen aus Kundensicht – also aus Sicht der Montage des Automobilherstellers – verstanden werden, die den inhaltlichen Auftrag kenn-zeichnen, der bei der Neugestaltung des Logistiksystems erfüllt werden soll. Zur sys-tematisierten Erfassung der logistikspezifischen Qualitätsmerkmale wurden zu-nächst die Dimensionen logistischer Leistungen nach Potenzial-, Prozess- und Ergebnisdimension charakterisiert. Zusammen mit der Unterscheidung der Quali-

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tätsdimensionen nach „Materielles“, „Zuverlässigkeit“, „Entgegenkommen“, „Sou-veränität“ und „Einfühlungsvermögen“, wurde eine Matrix erstellt. Mittels dieser Matrix konnten in einem iterativen Prozess – von einem Team bestehend aus Mitar-beitern und Führungskräften von fünf Automobilherstellern und dem Verfasser – die logistikspezifischen Qualitätsmerkmale je Dimension erarbeitet werden.

Um den Erfüllungsgrad der Qualitätsmerkmale in den jeweiligen Versorgungsketten in Form einer Prozessanalyse zu beurteilen, wurde im nächsten Schritt ein standardi-sierter Fragebogen entwickelt. Es wurden offene Fragestellungen gebildet, welche die Erfüllung eines oder mehrerer Qualitätsmerkmale prüfen. Der Fragebogen ist neben allgemeinen prozessübergreifenden Themen nach den phasenspezifischen Subsysteme der Logistik gegliedert und orientiert sich am tatsächlichen Material- und Informationsfluss, beginnend mit dem Eingang des Lieferabrufs beim Lieferan-ten über die Schnittstelle zum Sublieferanten bis hin zum Wareneingang beim Kun-den. Dabei werden die erarbeiteten Qualitätsmerkmale vollständig abgedeckt. Jede Frage enthält eine Referenz zu dem entsprechenden Qualitätsmerkmal und umge-kehrt, so dass auch gezielt einzelne Anforderungen abgefragt werden können.

Im nun folgenden empirischen Teil der Arbeit wurden die Ausprägungen der Quali-tätsmerkmale anhand der teilnehmenden Unternehmen festgestellt. Dazu wurde bei den Zulieferunternehmen mittels des standardisierten Fragebogens eine logistische Prozessanalyse in Form einer Expertenbefragung durchgeführt. Dies geschah jeweils in Kombination mit einer Vorort-Begehung an den betreffenden Prozessen für alle 26 beteiligten Unternehmen in einem Team von drei Personen des Automobilherstellers zusammen mit den jeweils betroffenen Mitarbeitern und Führungskräften der Logis-tik, Produktion, Informationsverarbeitung und des Einkaufs des Zulieferunterneh-mens. Je nach Erfüllungsgrad der relevanten Qualitätsmerkmale wurden gemeinsam Verbesserungspotenziale identifiziert. Nach einer Ursachenanalyse wurden Maß-nahmen abgeleitet und in geeigneter Weise gebündelt. Die definierten Maßnahmen-bündel konnten vollständig zu den in dieser Arbeit ermittelten Potenzialfaktoren zugeordnet werden. Dies bestätigt den hinreichenden Deckungsgrad der Potenzial-faktoren im Hinblick auf mögliche Maßnahmen in realen Logistiksystemen. Die Pro-zessanalyse schloss mit einer Diskussion der einzelnen Maßnahmenbündel im Rah-men der zugeordneten Potenzialfaktoren. Durch die Anwendung der im Leitfaden dargestellten Referenzen konnten die Potenzialfaktoren und die daraus abgeleiteten Maßnahmen stets den zu Grunde liegenden Qualitätsmerkmalen zugeordnet und somit gezielt nach den Prioritäten des jeweiligen Unternehmens gegliedert werden. Die Umsetzung der erarbeiteten Lösungsalternativen zur Neugestaltung des Versor-gungsprozesses erfolgte in Form von Projektarbeit. Verschiedene Möglichkeiten der Projektorganisation wurden diskutiert. Der in dieser Arbeit erarbeitete und ange-wandte Leitfaden wird dem Anspruch an Qualitätsmanagementmethoden zur Be-rücksichtigung von logistischen Leistungen gerecht. Er wurde empirisch fundiert und ermöglicht die Erschließung der identifizierten Potenzialfaktoren im Logistik-system von Produktionsunternehmen im Sinne der dargestellten Logistikkonzeption.

Der letzte Untersuchungsabschnitt hatte die Beurteilung der Wirksamkeit der umge-setzten Analyse- und Neugestaltungsprozesse zum Inhalt. Neben einer allgemeinen Einführung in die Wirkungen logistischer Neugestaltungsprozesse, wurden die Er-gebnisse bei den untersuchten Unternehmen diskutiert. Auch wurde die Effektivität des angewandten Leitfadens anhand des Umfangs der Formalzielerfüllung der Un-

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ternehmen dargestellt. Analysegegenstand waren die Wirkungen und die Effektivität der Neugestaltungsprozesse, die anhand der durchgeführten Analysen empirisch fundiert wurden. Die Ergebnisse lieferten empirisch abgesicherte Erkenntnisse über erfolgreich gelebte Analyse- und Neugestaltungsprozesse im Rahmen des entwickel-ten Leitfadens. Dieser kann als Basismethode des Qualitätsmanagements zur Analyse und Gestaltung von Versorgungsketten nach logistischen Prinzipien herangezogen werden. Erfolgreiche Analyse- und Neugestaltungsprozesse von Versorgungsketten führten zu einer Neuausrichtung der gesamten Wertschöpfungskette nach logisti-schen Prinzipien. Sie basierten auf einer simultanen Neugestaltung von Ablauf- und Aufbauorganisation und haben wettbewerbsrelevante Auswirkungen auf die Leistungs- und Kostenposition von Produktionsunternehmen.

Für weitere Forschungsarbeiten können die Ergebnisse dieser Arbeit und der ange-wandte Leitfaden als Basis für zukünftige Neugestaltungsprojekte in Versorgungs-ketten anderer Branchen und als empirisch fundierte Grundlage für die weitere Aus-einandersetzung mit Qualitätsmanagement in der Logistik herangezogen werden. Sie können einen Beitrag zur Entwicklung einer betriebswirtschaftlichen Theorie zur Rationalisierung von Logistiksystemen oder auch gesamte Unternehmenseinheiten liefern. Um die Effekte des Leitfadens auch branchenübergreifend zu nutzen, ist eine breitere Anwendung und damit verbunden eine weitere Standardisierung erforder-lich. Weiterhin kann die in der vorliegenden Arbeit idealtypisch erfolgte Ableitung von Qualitätsmerkmalen keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Weiterfüh-rende Arbeiten könnten konkrete Aussagen zu den Qualitätsmerkmalen bezüglich Vollständigkeit und Gewichtung treffen.

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8 Anhang

157

8 Anhang

8.1 Fragebogen Ist-Analyse

Kreuzen Sie bitte die zutreffenden Antworten an. Ihre Angaben werden streng ver-traulich behandelt und ausschließlich in anonymer Form ausgewertet. Wenn Ihr Un-ternehmen Teil eines Konzerns ist bzw. über mehrere Standorte oder Betriebe ver-fügt, antworten Sie bitte genau für Ihren Standort bzw. Betrieb.

Teil A: Allgemeine Angaben zum Unternehmen

1. Welcher Branche ordnen Sie Ihr Unternehmen überwiegend zu?

� Chemische Industrie � Textilmaschinen � Maschinenbau � EBM-Industrie (Eisen, Blech und Stahl verarbeitende Ind.) � Elektrik/Elektronik � Fahrzeugbau � Feinmechanik � sonstige: Welche? ______________________

2. Wie viele Mitarbeiter (einschließlich Auszubildende) hat Ihr Unternehmen in den letzten drei Geschäftsjahren (1995-1997) beschäftigt?

___________________________________________________________________________

3. Wie hoch ist der Jahresumsatz (in Mio. DM), den Ihr Unternehmen in den letzten drei Geschäftsjahren (1995-1997) ausgewiesen hat?

___________________________________________________________________________

4. Wie hoch ist die Umsatzrendite, die Ihr Unternehmen im letzten Geschäftsjahr er-zielt hat?

___________________________________________________________________________

5. Wie hoch (in %) war die Umsatzentwicklung Ihres Unternehmens in den letzten fünf Geschäftsjahren (1993-1997)?

___________________________________________________________________________

6. Welche Wettbewerbstrategie verfolgt Ihr Unternehmen überwiegend (Mehrfach-nennungen sind möglich)?

� Kostenführerschaft � Differenzierung � Spezialisierung

7. Welche Organisationsform trifft auf Ihr Unternehmen überwiegend zu?

� Funktional � Divisional � Matrix � Management-Holding

8. Ist Ihr Unternehmen ausschließlich in der KfZ-Industrie tätig?

� ja � nein

9. Ist Ihr Unternehmen eine rechtlich selbständige Einheit?

� ja � nein

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8 Anhang

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Teil B: Angaben zur Logistikkomplexität

1. Welcher Produktionstyp trifft auf Ihr Unternehmen zu?

� Fließfertigung � Gruppenfertigung � Werkstattfertigung � Mischtyp

2. Welche Art der Fertigung trifft für Ihr Unternehmen zu (Mehrfachnennungen möglich)?

� Einzelfertigung � Kleinserien � Mittelserien � Großserien

3. Wie viele Kunden hat Ihr Unternehmen?

� < 50 � 100-500 � 50-100 � > 500

4. Wie hoch ist der Anteil an kundenorientierter Produktion (in %)?

� < 30% � 50-70% � 30-50% � > 70%

5. Klassifizieren Sie die Erzeugnisstruktur!

� Einstufige Produkte � Mehrstufige Produkte, einfache Struktur � Mehrstufige Produkte, heterogene Struktur

6. Klassifizieren Sie das Produktspektrum Ihres Unternehmens!

� Standardprodukte � Standardprodukte mit Varianten � Produkte mit kundenspezifischen Varianten

7. Wie viele unterschiedliche Produktgruppen fertigt Ihr Unternehmen?

� < 5 � 10-20 � 5-10 � > 20

8. Wie viele Varianten pro Produkt gibt es durchschnittlich?

� < 10 � 50-100 � 10-50 � > 100

9. Wie viele Standorte hat Ihr Unternehmen?

� 1 � 3 � 2 � > 4

10. Wie viele Produktionsstufen durchlaufen Ihre Produkte durchschnittlich?

� < 10 � 20-30 � 10-20 � > 30

11. Wie viele Lagerstufen gibt es im Herstellprozess?

� bis zu 3 � 7-9 � 4-6 � > 9

12. Wie hoch ist der Anteil an fremdbezogenem Material (wertmäßig in %)?

� < 40% � 50-60% � 40-50% � > 60%

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8 Anhang

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13. Wie hoch ist die Anzahl der Kaufteile?

� < 300 � 1.000-2000 � 300-1.000 � > 2.000

14. Wie viele Lieferanten hat Ihr Unternehmen?

� < 500 � 1.500-2.000 � 500-1.500 � > 2.000

15. Wie viele Lieferanten (in %) sind mehr als 1.000 km entfernt?

� < 25% � 50-75% � 25-50% � > 75%

16. Wie lange ist der durchschnittliche Produktlebenszyklus (in Jahre)?

� >10 Jahre � 1-5 Jahre � 5-10 Jahre � < 1 Jahr

17. Klassifizieren Sie den Auftragseingang!

� Regelmäßig, ohne Saisoneinfluss � Schwankend � Regelmäßig, mit Saisoneinfluss � Sporadisch

18. Wie häufig unterliegen Ihre Produkte technischen Änderungen?

� keine Bedeutung � Wöchentlich � Monatlich � Täglich

19. Wie häufig unterliegen Ihre Produkte dispositiven Änderungen?

� keine Bedeutung � Täglich � Wöchentlich � Stündlich

20. Wie hat sich die Anzahl der Varianten in den letzten 5 Jahren entwickelt (Wachstum in %)?

� < 30% � 50-100% � 30-50% � > 100%

21. Wie haben sich die Lieferzeiten für Ihre Produkte in den letzten 5 Jahren entwickelt?

� keine Veränderung � Verkürzungen im Wochenbereich � Verkürzungen um Tageseinheiten � Verkürzungen im Monatsbereich

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8 Anhang

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Teil C: Angaben zur Logistikkompetenz

1. Welches Logistikverständnis herrscht in Ihrem Unternehmen vor?

� Instrumentell � Institutional � Funktional � Managementorientiert

2. Wie ist die Unternehmenslogistik strategisch ausgerichtet?

� neutral � Unterstützung der Wettbewerbsstrategie � Gleichstand mit dem Wettbewerber � Logistik als Wettbewerbsinstrument

3. Welche Erfahrungen mit Logistiktechnologien gibt es in Ihrem Unternehmen?

� Keine Erfahrung � Erfahrungen mit Informations- und Material- flusstechnologien � Erfahrungen mit Informations- � Erfahrungen mit Computer Integrated technologien Logistics (CIL)

4. Worauf fokussieren Sie in Ihrem Unternehmen die angewandten Methoden in der Logistik?

� Keine Anwendung von Methoden � Fokus auf vertikale Informationsprozesse � Fokus auf horizontale Informations- � Koordination von vertikalen und horizontalen prozesse Informationsprozessen

5. Wie sind Unternehmenseinheiten zur Wahrnehmung logistischer Aufgaben organisiert?

� Unkoordinierte Aufsplitterung � Integrierte Zentrallogistik � Funktionale Einzellogistiken � Koordinationsinstanz mit dezentraler Logistik- organisation

6. Wie ist die Unternehmenslogistik hierarchisch positioniert?

� Abteilungsebene � Bereichsebene � Hauptabteilungsebene � Geschäftsführungsebene

7. Wie stark ist in Ihrem Unternehmen Logistik-Controlling ausgeprägt?

� kein gesondertes Logistik-Controlling � Problemorientierte Controllinginstrumente � Abgeleitete Sonderrechnungen � Umfassendes Logistik-Controlling

8. Wie stark ist in Ihrem Unternehmen logistisches Know-how verbreitet?

� Konzentriert auf logistische Leitungs- � Konzentriert auf Logistik und Produktion ebene � Konzentriert auf Logistik � Unternehmensweit

Vielen Dank für Ihre Bemühungen!

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8.2 Fragebogen Logistische Prozessanalyse

8.2.1 Allgemeine prozessübergreifende Themen

A1) Kennt der Kunde Ihre Aufbau- und Ablauforganisation und kennen Sie die Auf-bau- und Ablauforganisation des Kunden? (Po3, Po6, Po12, Po25)

A2) Existiert eine eigenständige Logistik-Organisation im Unternehmen und wie ist sichergestellt, dass sie ein ausreichendes Gewicht hat? (Po3, Po4, Po5)

A3) Sind die Verantwortlichkeiten für die logistischen Funktionen in Ihrem Organi-gramm ersichtlich? (Po3, Po4, Po5, Po6)

A4) Bestehen für die Mitarbeiter einsehbare Organisationsrichtlinien bzw. Arbeitsab-laufbeschreibungen, die zur Funktionserfüllung relevant sind? (Po3, Po6)

A5) Ist für ein aktuell anstehendes Produktprojekt eine klare Projektstruktur erkenn-bar, dokumentiert und wie wird sie gelebt? (Po11)

A6) Sind alle für die Logistik relevanten Ansprechpartner mit je einem Vertreter festgelegt und dem Kunden bekannt? (Po12)

A7) Wie ist sichergestellt, dass die entsprechenden Stellen des Kunden stets auf die aktuelle Version der Ansprechpartnerliste mit Vertreterregelung Zugriff haben? (Po10)

A8) Wie stellen Sie sicher, dass kompetente Ansprechpartner zu allen Produktions-zeiten des Kunden erreichbar sind? (Po12, Po25, Pr28)

A9) Gibt es stellenbezogene Einarbeitungspläne für neue Mitarbeiter? (Po15)

A10) Mit welchen Maßnahmen verhindern Sie negative Fluktuation? (Po14, Po15)

A11) Wie werden die fachlichen Bedürfnisse der Mitarbeiter regelmäßig ermittelt, analysiert und umgesetzt? (Po14, Po15)

A12) Wie wird die Leistung der einzelnen Logistikabteilungen regelmäßig durch sich selbst und die internen Kunden bewertet? (Po16)

A13) Gibt es (dokumentierte) Vereinbarungen, welche die Zusammenarbeit mit tan-gierenden Abteilungen regeln? (Po5)

A14) Wie ermitteln Sie Ihren Personalbedarf? (Po7)

A15) Über welche Kommunikationsmittel verfügt Ihr Unternehmen? (Po26, Pr26)

A16) Entsprechen die Informationsverarbeitungsfähigkeiten den Anforderungen des Kunden? (Po1, Pr1)

A17) Ist eine elektronische Umsetzung aller ankommenden Kundendaten in Ihr IV-System ohne manuelle Eingriffe realisiert und wie lange dauert es, bis Sie Zugriff auf die aktuellen Daten haben? (Pr1, Pr2, Pr16, Pr28)

A18) Wie realisieren Sie in Ihrem IV-System eine Stücklistenverwaltung für unter-schiedliche Änderungsindizes? (Po17, Pr7)

A19) Ist ein Prozess festgelegt, um kurzfristige Auftragsänderungen durchzuführen? (Pr12, Pr28)

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A20) Ist ein durchgängiges Informationssystem vom Lieferabruf bis zum Versand vorhanden? (Pr1, Pr28)

A21) Wie viele manuelle Eingriffe bzw. Medienbrüche gibt es vom Empfang der Lie-ferabrufe bis zum Versand der fertigen Ware? (Pr16)

A22) Wie lange dauert es vom Eingang der Lieferabrufe bis zur Erstellung des Ferti-gungsauftrags minimal und maximal? (Pr2)

A23) Wie lange dauert es vom Erstellen des Fertigungsauftrags bis zur Fertigmel-dung aus der Produktion einerseits und bis zum Versand andererseits jeweils mini-mal und maximal? (Pr6)

A24) Wie lange dauert es vom Eingang der Lieferabrufe bis zum Ausgang der Abru-fe für die Lieferanten? (Pr3)

A25) Ist der Entwicklungstand und Stand der technischen Änderungen in den IV-Systemen über alle Bereiche erkennbar? (Po28, Pr7)

A26) Wie wird in Ihrem Unternehmen sichergestellt, dass dem physisch an den Kunden gelieferten Entwicklungstand und Stand der technischen Änderungen die richtige Bestellnummer zugeordnet wird? (Pr7)

A27) Wie ist eine Differenzierung der Umlauf- und Fertigwarenbestände nach unter-schiedlichen Entwicklungsständen und Stand der technischen Änderungen möglich? (Pr7)

A28) Wie wird sichergestellt, dass bei Teileänderung sowohl im Vormaterial- bzw. Kaufteilelager als auch im Fertigwarenlager die jeweils ältesten Materialien ausgela-gert werden? (Pr19)

A29) Wie sieht Ihre IV-Notstrategie aus? (Pr13)

A30) Welche Wartungsverträge für Hardware und Software existieren in Ihrem Un-ternehmen und welche Reaktionszeiten sind vereinbart? (Po9)

A31) Wie werden notwendige Softwareanforderungen priorisiert? Werden System-veränderungen vor deren Einführung ausreichend getestet? (Po8)

A32) Falls keine externen Wartungsverträge vorliegen: Wer im Unternehmen ist ver-antwortlich für die Lösung von Hardware- bzw. Softwareproblemen? (Po10)

A33) Wie sichern Sie Ihre Daten? Was ist Ihre Backup Strategie? (Po18)

A34) Was ist Ihre Strategie bei Stromausfällen bzw. gefährlichen Spannungsschwan-kungen? (Po19)

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8.2.2 Beschaffungslogistik

B1) Welches System ist für die Materialbedarfsrechnung installiert? (Pr1)

B2) Wie ist sichergestellt, dass die Materialbedarfsermittlung/-disposition stets auf den aktuellen Stand der Abrufe bzw. Bedarfsvorschauen des Kunden zugreift? (Pr3, Pr4)

B3) Wird die Materialbedarfsermittlung/-disposition deterministisch, d.h. gekoppelt an die Programmplanung oder stochastisch durchgeführt? (Pr18)

B4) Wie ist sichergestellt, dass die Bedarfsermittlung im selben Rhythmus der einge-henden Lieferabrufe erfolgt? Nach welcher Zeit nach Auftrags- bzw. Abrufeingang sind die aktualisierten Bedarfe verfügbar? (Pr1, Pr2, Pr3, Pr4)

B5) Mit welchem Vorausschau-Horizont erfolgt Ihre Materialbedarfsrechnung? (Pr4)

B6) Wie ist sichergestellt, dass durchschnittliche Lieferzeiten, eventuelle Mindestab-rufmengen und die Stückzahlen pro kleinster Verpackungseinheit (Auf- oder Ab-rundung) bei jeder Bestellung beachtet werden? (Pr11)

B7) Wie ist sichergestellt, dass bei der Ermittlung des Nettobedarfs von den richtigen Stücklisten, realistischen Lieferzeiten bzw. Vorlaufzeiten, den aktuellen Beständen und von realistischen Zusatzbedarfen ausgegangen wird? (Po17)

B8) Wie wird in Ihrem Unternehmen sichergestellt, dass die Basisdaten bei allen Än-derungen unverzüglich aktualisiert werden und wie ist die Verantwortlichkeit gere-gelt? (Po10, Pr11)

B9) Wie ist in Ihrem Unternehmen die Verantwortlichkeit für die Stücklistenverwal-tung geregelt? (Po10)

B10) Wie klassifizieren Sie Lieferanten nach ihrem logistischen Entwicklungsbedarf nach erfolgter Lieferantenauswahl? (Po21, Po22)

B11) Welches Verfahren zur Lieferantenauswahl gibt es in Ihrem Unternehmen und wie werden logistische Aspekte darin mitberücksichtigt? Wurden alle aktuellen Lie-feranten nach diesem Schema ausgewählt? (Po21, Po22)

B12) Ist die vorgelagerte Lieferkette bzw. Liefertiefe bis zum Ausgangsmaterial transparent? (Po21)

B13) Kennen Ihre Lieferanten Ihre Aufbau- und Ablauforganisation und kennen Sie die Aufbau- und Ablauforganisation Ihrer Lieferanten? (Po22)

B14) Wurde die elektronische Übermittlung der Bedarfszahlen und des Lieferscheins vereinbart? (Pr26)

B15) Welche DFÜ-Anbindungen sind zu Ihren Lieferanten realisiert und welche Schnittstellen zu Ihrem Lieferabruf-System gibt es für Ihre Lieferanten? (Pr3)

B16) Wie kann sichergestellt werden, dass die Lieferanten die gleiche Bedarfsvor-schau erhalten, die Ihr Unternehmen vom Kunden erhält und dass diese im selben Rhythmus weitergegeben werden? (Pr3, Pr4)

B17) Ist die Art des Lieferabrufs und der Lieferung (Losgröße, JIT- oder produktions-synchrone Anlieferung) für alle Lieferanten abgestimmt und festgelegt? (Pr26)

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B18) Sind die Bedarfszahlen und maximale Kapazität (inklusive Ersatzteile) über alle Phasen des Projektes festgelegt bzw. aktualisiert? (Pr3, Pr4)

B19) Welche Zulieferteile sind bzgl. der Verfügbarkeit kritisch und wie wurden sie ermittelt? (Po21)

B20) Welche Notstrategien sind in Ihrem Unternehmen im Falle von Lieferausfällen bei kritischen Zulieferteilen definiert und wie erfolgt dabei die Kommunikation mit dem Einkauf? (Pr13)

B21) Welche Vorgehensweise für den Ablauf von Sondertransporten ist in Ihrem Un-ternehmen vorgesehen und wer löst sie aus? (Pr13)

B22) Ist ein Sicherheitsbestand für kritische Teile vorgesehen? (Po29)

B23) Wie wird das Einhalten von First-In-First-Out Prinzips (FIFO) sichergestellt? (Po23, Pr19)

B24) Wie lange dauert es durchschnittlich, bis nach erfolgtem physischen Warenein-gang die Materialien im internen IV-System gebucht sind? (Pr20)

B25) Wie ist sichergestellt, dass Mengenabweichungen nicht nur nach Verpackungs-einheiten, sondern auch nach Einheiten pro Verpackung spätestens im Warenein-gang festgestellt werden? (Pr23)

B26) Welche Vereinbarungen wurden mit den Lieferanten bei Mengenabweichun-gen, Transportschäden, Qualitätsmängel sowie allen weiteren Vorgängen, die zu Folgekosten führen, vereinbart? (Pr21)

B27) Wie ist die Identifikation der Produkte während der Lagerung und dem inter-nen Transport sichergestellt? (Pr7)

B28) Mit welcher Reichweite in Produktionstagen disponieren Sie Vormaterialien und Kaufteile auf Lager? (Pr6, Pr10)

B29) Wie wird bei jeder Materialentnahme aus dem Wareneingangslager sofort der Bestand auf eventuelle Reichweitenunterdeckungen geprüft und gegebenenfalls un-verzüglich der Beschaffung gemeldet? (Pr6)

B30) Wie können Sie Ihre geplante bzw. dispositive (theoretische) Reichweite ermit-teln? (Pr6)

B31) Welche logistischen Kennzahlen sind definiert (z.B. Umschlagsfaktor, Reichwei-te)? (Po16, Pr10)

B32) Welches Verfahren zur operativen Lieferantenbewertung/Leistungsmessung sowohl in qualitativer als auch in logistischer Hinsicht gibt es in Ihrem Unterneh-men? Wird dieses flächendeckend eingesetzt und wie sieht Ihr entsprechender KVP aus? (Po22, Pr23, Pr24)

B33) Wie werden Lieferunstimmigkeiten erfasst, analysiert und deren Vermeidung konsequent verfolgt? (Pr23)

B34) Sind die Bedarfszahlen und maximale Kapazität (inklusive Ersatzteile) über alle Phasen des Projektes mit Ihren Lieferanten vereinbart und kommuniziert? (Pr4)

B35) Sind die Kapazitätsobergrenzen und der Auslastungsgrad der Lieferanten be-kannt? (Po13, Pr17)

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B36) Ist die Verpackung inklusive der Ausweich- und Ersatzteilverpackung Ihrer Lieferanten geplant und abgestimmt? (Po11, Pr22)

B37) Mit welcher Vorgehensweise wird in Ihrem Unternehmen sichergestellt, dass für jedes Teil die Verpackung rechtzeitig geplant, abgestimmt und freigegeben wird? (Po11)

B38) Ist die Kennzeichnung der Behälter und Teile und die Gestaltung der Warenbe-gleitpapiere mit den Lieferanten vereinbart? (Po11, Pr22)

B39) Gibt es mit den Lieferanten vereinbarte Standards über die Form und den Inhalt der Liefer- und Versandpapiere? (Po11, Pr22)

B40) Ist die Transportart abgestimmt und festgelegt? (Pr22, Pr24)

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8.2.3 Produktionslogistik

P1) Welches PPS-System bzw. welche Logistik-EDV hat Ihr Unternehmen im Ein-satz? Ist Ihr PPS-System bzw. Logistik-EDV vom Auftragseingang bis zum Versand und zum Zulieferer durchgängig? (Pr1)

P2) Welche Aufzeichnungen und Anweisungen über den Materialfluss und den Um-gang mit Produkten sind vorhanden? (Po23)

P3) Wurde der Einsatz einer Logistiksimulation geprüft? (Po24)

P4) Können Sie, zum Beispiel durch Anwendungen entsprechender Simulationstech-niken, eine Aussage zu terminlichen bzw. kapazitiven Engpässen machen? (Po24)

P5) Welches System verwenden Sie zur Produktionsplanung und Kapazitätsbedarfs-planung (kurzfristig/langfristig)? (Po1, Pr1)

P6) In welchen Abständen wird eine Produktionsbesprechung mit allen Verantwort-lichen der logistischen Prozesskette durchgeführt und wer nimmt teil? (Pr25)

P7) Nach welchem System bzw. Algorithmus wird in Ihrem Unternehmen die Pro-duktionsplanung durchgeführt? Welche Kriterien werden dabei berücksichtigt? (Pr2, Pr3)

P8) Wie ist sichergestellt, dass eine rollierende Produktionsplanung und Kapazitäts-bedarfsplanung durchgeführt wird? In welchem Rhythmus werden diese durchge-führt? (Pr2, Pr3, Pr4)

P9) Wie ist sichergestellt, dass die Produktionsplanung mit mindestens dem Hori-zont des Lieferabrufs erfolgt? (Pr2, Pr3, Pr4)

P10) Was ist die Kapazitätsobergrenze für die Produktion kundenspezifischer Teile ohne spezielle kapazitive Anpassungen? (Po13)

P11) Welche Möglichkeiten und welches Ausmaß des Kapazitätsabgleichs speziell für Kundenaufträge sind in Ihrem Unternehmen vorgesehen und welche Reaktions-zeiten benötigen Sie dafür jeweils? (Po13)

P12) Welches System wird zur Fertigungssteuerung eingesetzt? (Po1, Pr1)

P13) Wie ist die Schnittstelle zu den Planungsschritten informatorisch gelöst? (Pr2)

P14) Welche transparente Systematik existiert in der Fertigungssteuerung bzw. nach welchen Prinzipien und Abläufen wird die Fertigung gesteuert? (Pr2)

P15) Welche Informationen stehen aus der Fertigung ständig zur Verfügung und wie ist die Aktualität der Informationen gesichert? (Pr4)

P16) Wie groß ist die minimale Fertigungsdurchlaufzeit bis zur Fertigmeldung der Teile und welchen Anteil daran haben die Rüstzeiten? (Pr12)

P17) Speziell für sicherheitsrelevante Teile: Wie wird die Chargenverfolgung sicher-gestellt? (Pr7, E6)

P18) Welche Aktivitäten zur Verkürzung ablaufbedingter Liegezeiten sind in Ihrem Unternehmen in letzter Zeit unternommen worden und welche sind geplant? (Po24)

P19) Wie ist der Material- und Teilefluss gegen Vermischung bzw. Verwechslung abgesichert? (Pr7)

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P20) Wie ist die Vorgehensweise zur Lenkung fehlerhafter Teile? (Pr8)

P21) Wie werden Ausschuss-, Nacharbeits- und Einrichtteile sowie innerbetriebliche Restmengen konsequent separiert und gekennzeichnet und wie ist sichergestellt, dass eine Ausschussmenge wieder eingesteuert wird? (Pr5, Pr8)

P22) Ist ein Anlauf- oder Sperrlager installiert? Sind die Zuständigkeiten und Abläu-fe definiert? (Pr8)

P23) Bestehen Wartungsverträge für einzelne Anlagen und welche Reaktionszeiten sind vereinbart? (Po2, Po9)

P24) Wie hoch ist Ihre durchschnittliche Anlagenverfügbarkeit? (Po9)

P25) Gibt es eine Dokumentation der Ersatzteilbevorratung für die Fertigungsanla-gen? Nach welchen Kriterien/Analysen wird die Bevorratung vorgenommen? (Po9)

P26) Was sind Ihre Strategien für eine „vorbeugende Instandhaltung“ im Sinne des Total-Productive-Maintenance Konzepts (TPM)? (Po9)

P27) Welche Notstrategie existiert in der Fertigung und wer löst sie aus? (Pr13)

P28) Wie ist sichergestellt, dass der Kunde unverzüglich von zu erwartenden oder bereits eingetretenen Problemen in der Fertigung informiert wird? (Po25, Pr15, Pr25)

P29) Wie ist sichergestellt, dass die Fertigungsmitarbeiter darüber permanent infor-miert sind bzw. unterwiesen werden? (Po6, Po14)

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8.2.4 Distributionslogistik

D1) Wie ist sichergestellt, dass jede Änderung des Produktionsstandortes oder des Versandwerks bzw. der vereinbarten Versandstelle dem Kunden unverzüglich an den erforderlichen Stellen, z.B. Einkauf, Qualitätssicherung und Materialplanung, mitgeteilt wird? (Po10, Po27, E7)

D2) Wurde die elektronische Übermittlung der Bedarfszahlen und des Lieferscheins vereinbart? (Po26, Pr26)

D3) Werden alle notwendigen Nachrichtenstrukturen und Formvorschriften entspre-chend den Anforderungen des Kunden sicher beherrscht? (Po26, Pr26)

D4) Wenn Lieferschein-DFÜ vorhanden: Wie ist gewährleistet, dass die DFÜ-Datenaufbereitung und Übertragung mit Abschluss des Versandvorgangs automa-tisch und verzögerungsfrei erfolgen? (Pr20)

D5) Ist die Art des Lieferabrufs und der Lieferung (Losgröße, JIT- oder produktions-synchrone Anlieferung) abgestimmt? (Po26, Pr26)

D6) Wie ist gewährleitstet, dass die Steuerung des Versandes nach den Abrufdaten des Kunden erfolgt? (Pr1, Pr2, E3, E4)

D7) Mit wie viel Stunden Zeitversatz vor dem Versandzeitpunkt erhalten Sie die Fer-tigmeldung aus der Produktion? (Pr10)

D8) Wie ist über den gesamten Versandablauf gewährleistet, dass Ladung und Daten bzw. Versandpapiere übereinstimmen und mit der Kommissionierung fertig wer-den? (Pr1)

D9) Wie können Sie sicherstellen, dass die Datenaufbereitung und der Belegdruck exakt nach den Anforderungen des Kunden erfolgt? (Po28, E5)

D10) Werden die Kundenaufträge systematisch und transparent hinsichtlich Liefer-termin, Liefermenge und Änderungsindex verwaltet? (Pr5, E2, E3)

D11) Kann der aktuelle Lieferstatus jederzeit transparent dargestellt werden und wie werden Abweichungen sofort erkannt? (Pr5, Pr6, E2, E3)

D12) Kann der aktuelle Status eines Auftrags pro Lieferant und Sachnummer jeder-zeit und auch in die Zukunft über den gesamten logistischen Prozess hinweg visua-lisiert werden? (Pr5, Pr6)

D13) Ist die Verpackung inklusive der Ausweich- und Ersatzteilverpackung geplant und abgestimmt? (Po30, E9)

D14) Wer ist in Ihrem Unternehmen für die Verpackungsplanung verantwortlich und wie ist die Kommunikation mit den Verpackungsstellen des Kunden sicherge-stellt? (Po10)

D15) Mit welcher Vorgehensweise wird in Ihrem Unternehmen sichergestellt, dass für jedes neue Teil die Verpackung rechtzeitig geplant, mit den entsprechenden Fachabteilungen des Kunden abgestimmt und von diesen freigegeben wird? (Po11)

D16) Wie ist sichergestellt, dass die entsprechenden Verpackungsmittel (auch Aus-weichverpackung) zum richtigen Zeitpunkt in der richtigen Menge zur Verfügung stehen? (Pr14)

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D17) Wie ist sichergestellt, dass Änderungen von Verpackungsvorschriften des Kun-den rechtzeitig umgesetzt werden? (Po30, Pr27)

D18) Entspricht die Kennzeichnung der Behälter und Teile und die Gestaltung der Warenbegleitpapiere den Vorgaben und den Vereinbarungen mit dem Kunden? (Po28, E5)

D19) Welche Schulungen bezüglich warenbegleitender Informationen erhalten Ihre Mitarbeiter? (Po14, Po20, Pr28)

D20) Ist die Transportart abgestimmt und festgelegt? (Po29)

D21) Wie ist gewährleistet, dass alle für den Kunden bestimmten Behälter dem Spe-diteur bzw. dem eigenen Transportwesen in einwandfreiem Zustand übergeben wer-den? (Pr27, E1)

D22) Wie wird sichergestellt, dass außer die vom Kunden vorgesehenen bzw. ver-einbarten Behälter- und Verpackungsbezettelung keine weiteren Dokumente, Prüf-zettel, etc. äußerlich angebracht sind? (Pr27, E5)

D23) Welche Be- und Entladeeinrichtungen sind vorhanden? Sind die Be- und Entla-deeinrichtungen vor Witterungseinflüssen geschützt? Ist eine ausreichende Ran-giermöglichkeit in diesem Bereich sichergestellt? (Pr9)

D24) Existiert eine zentrale Versand- bzw. Be- und Entladestelle ? (Po23)

D25) Welche Transportmittel bzw. Verkehrsträger sind vorhanden oder im Notfall verfügbar? (Pr13)

D26) Wie ist sichergestellt, dass die Verkehrsträger mit genügendem Zeitvorlauf über die exakte Versandmengeninformation unterrichtet werden? (Pr4)

D27) Besteht flexible Zeitvorgabe für die Verladung und frühzeitige Warenbereitstel-lung? (Pr22, Pr24, E8)

D28) Wie werden Übertragungsfehler vom Lieferschein zum Speditionsauftrag aus-geschlossen? (Pr1)

D29) Welche Anweisungen für den Umgang mit Fertigprodukten existieren bei Ih-rem Transportwesen bzw. bei Ihrem Spediteur und wie ist sichergestellt, dass diese befolgt werden? (Po20, Pr27, Pr28, E1)

D30) Werden die Logistikdienstleister/Spediteure nach qualitativen und logistischen Kriterien beurteilt? (Po22)

D31) Wie ist gewährleistet, dass der Spediteur ausreichend Transportkapazitäten regelmäßig bereitstellen kann? (Pr4)

D32) Wie ist sichergestellt, dass die Spediteure nur zu den vorgegebenen Zeitfens-tern beim Kunden anliefern? (Po29, E2)

D33) Wie haben Sie den Spediteur über die Problematik der exakten Anlieferung speziell bei Jit-Belieferung informiert? (Po29, Pr28, E2)

D34) Wie ist sichergestellt, dass der Spediteur alle notwendigen Informationen zur reibungslosen Abwicklung der Bordero-DFÜ erhält? (Po29)

D35) Wie ist sichergestellt, dass das Bordero exakt mit der Ladung übereinstimmt? (Pr1)

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D36) Ist ein Leergutverfolgungssystem vorhanden und wie ist die Abstimmung der Leergutkonten geregelt? (Po10, Pr1)

D37) Wie ist sichergestellt, dass alle eingehenden und ausgehenden Mehrwegverpa-ckungen mengenmäßig richtig erfasst, auf Qualität und Einhalten von Normvor-schriften geprüft werden? Welche Vorgehensweise gibt es bei Abweichungen? (Pr20)

D38) Wie ist gewährleistet, dass die Behälter, die Ihnen vom Kunden gestellt wur-den, nur für solche Zwecke wie in den Kundenspezifikationen beschrieben, verwen-det werden? (Po20, Pr27, Pr28)

D39) Wie wird die Einhaltung des First-In-First-Out Prinzips (FIFO) für Fertigpro-dukte sichergestellt? (Po23, Pr19)

D40) Wie hoch ist die Lagerreichweite in Produktionstagen? (Pr10)

D41) Existieren Anweisungen für den Umgang mit Fertigprodukten und wie ist si-chergestellt, dass diese befolgt werden? (Po6, Po14, Po20, Pr28)

D42) Wie ist sichergestellt, dass alle Teile richtig gekennzeichnet und von jedermann identifizierbar sind? Sind gesperrte Waren eindeutig gekennzeichnet? Wie wird ins-besondere eine Verwechslungsgefahr von kongruenten Teilen (z.B. links/rechts) aus-geschlossen? (Pr7)

D43) Wie überwachen Sie in Ihrem Unternehmen die Bestandsqualität? (Po17)

D44) Erfolgt die Kommissionierung in Ihrem Unternehmen EDV-gestützt und ist der Kommissionierbereich voll in die Unternehmens-EDV integriert? (Pr1)

D45) Sind Arbeitspläne für die Vorbereitung des Versands vorhanden (d.h. richtige Verpackung für jedes Teil inklusive Innenverpackung) und erfolgt diesbezüglich ei-ne regelmäßige Schulung Ihrer Mitarbeiter? (Po14, Pr28)

D46) Wie ist sichergestellt, dass kurzfristige Änderungen der Feinabrufe dem Kom-missionierbereich vorliegen und dort noch entsprechend verarbeitet werden können? (Pr12)

D47) Wie wird sichergestellt, dass die Waren nach Abschluss der Kommissionierung in Ihrer EDV verbucht werden? (Pr20)

D48) Sofern ein eigenes Kommissionierlager vorhanden: Ist gewährleistet, dass bei absehbaren Unterdeckungen eine Nachschubauslösung aus dem allgemeinen Teile-lager durchgeführt wird? (Pr20)

D49) Welche Möglichkeiten für einen außerordentlichen Schnelltransport sind bei Ihnen vorgesehen? (Pr24, E7)