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18 Test Plattenspieler Nr_5-2007 12 LPs mit dem LP12 E in Linn-Sondek-Test also. Kein anderes Produkt – außer ein paar Exoten aus dem Bereich Voodoo – im HiFi-Bereich polarisiert so sehr wie der LP12. Dabei sieht er doch aus wie ein ganz normaler Platten- spieler, irgendwie Vertrauen erweckend – so etwas haben wir schon früher beim Papa gesehen. Ein ganz normaler Plattenspieler? Weit entfernt davon: Verehrungs- oder Verdammungsobjekt, in unzähligen Dis- kussionen über alles gelobt oder gnadenlos schlecht gemacht. Wie kann man sich als Rezensent von diesem Informations- und Meinungs-Hintergrund frei machen? Nur auf eine Art und Weise: Hören. So fair und unabhängig wie möglich, alleine und ge- Der beste Linn aller Zeiten, so die offizielle Lesart des Herstellers bei der Präsen- tation des neuen LP12 SE. Der beste Plattenspieler aller Zeiten, so sagen viele, die ihn gehört haben. gen die Konkurrenz, die bei einem Kom- plettpreis von 14.000 Euro für die voll aus- gerüstete Testversion des Linn auch ruhig ziemlich stark sein darf. Zwölf meiner liebsten Hörtest-LPs hatten die Ehre, sich mit der Super-Evolution („SE“) des Linn musikalisch auseinander zu setzen. Johnny Cash – American Recordings IV – The Man comes around Beginnen wir mit einem ganz Großen. Johnny Cash und die kurz vor seinem Tod aufgenommene American-Recordings-Se- rie zeigt trotz einiger aufnahmetechnischer Schwächen eine mächtige Stimme fast am

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18 Test Plattenspieler

Nr_5-2007

12 LPsmit dem LP12

Ein Linn-Sondek-Test also. Kein anderes Produkt – außer ein paar Exoten aus

dem Bereich Voodoo – im HiFi-Bereich polarisiert so sehr wie der LP12. Dabei sieht er doch aus wie ein ganz normaler Platten-spieler, irgendwie Vertrauen erweckend – so etwas haben wir schon früher beim Papa gesehen. Ein ganz normaler Plattenspieler? Weit entfernt davon: Verehrungs- oder Verdammungsobjekt, in unzähligen Dis-kussionen über alles gelobt oder gnadenlos schlecht gemacht. Wie kann man sich als Rezensent von diesem Informations- und Meinungs-Hintergrund frei machen? Nur auf eine Art und Weise: Hören. So fair und unabhängig wie möglich, alleine und ge-

Der beste Linn aller Zeiten, so die offi zielle Lesart des Herstellers bei der Präsen-tation des neuen LP12 SE. Der beste Plattenspieler aller Zeiten, so sagen viele, die ihn gehört haben.

gen die Konkurrenz, die bei einem Kom-plettpreis von 14.000 Euro für die voll aus-gerüstete Testversion des Linn auch ruhig ziemlich stark sein darf. Zwölf meiner liebsten Hörtest-LPs hatten die Ehre, sich mit der Super-Evolution („SE“) des Linn musikalisch auseinander zu setzen.

Johnny Cash – American Recordings IV – The Man comes aroundBeginnen wir mit einem ganz Großen. Johnny Cash und die kurz vor seinem Tod aufgenommene American-Recordings-Se-rie zeigt trotz einiger aufnahmetechnischer Schwächen eine mächtige Stimme fast am

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Plattenspieler Test 19

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Mitspieler

Phonoverstärker: · Trigon Advance· MalValve Preamp Three Phono· PS-Audio GCPH

Verstärker: · Symphonic Line Klarheit 1 · Vincent SP-998· MalValve Preamp Three Line und Power Amp Three

Lautsprecher: · Lumen White Silverfl ame· Audiodata Partout· B&W 803D

Gegenspieler

Plattenspieler: · Scheu Premier III mit SME 309· Transrotor Fat Bob mit SME M2 12

Tonabnehmer: · PhaseTech P-3· Denon DL103, DL103R· Benz ACE L· Clearaudio Goldfi nger

Ende eines heftig gelebten Lebens. Der LP12 SE konzentriert sich beim Titelstück dabei vor allem auf die Gratwanderung zwischen der Cash eigenen Autorität und der Krankheit, von der er schon deutlich gezeichnet war. Die düstere apokalyptische Prophezeiung kontrastiert dabei heftig mit der durchaus schwungvollen Akustikgitar-renbegleitung, die der Linn als einerseits fein ziselierten, andererseits sehr dyna-mischen Rahmen um Cashs Gesang legt. Unser großer Transrotor Fat Bob mit lan-gem SME-Tonarm und Clearaudio Gold-fi nger legt das akustische Bild etwas breiter an, konzentriert sich auf Solist und Beglei-tung gleichermaßen und verleiht den akus-

tischen Instrumenten etwas mehr Korpus, während der Linn sein Augenmerk mehr auf das Schwingen und Sirren der Saiten legt. Dies ist übrigens keinesfalls ein reines Höhenphänomen – das Linn Akiva ist bei aller Feinaufl ösung ein am oberen Rand des Spektrums eher zurückhaltendes Sys-tem – auch die gewaltigen Bassanschläge des Konzertfl ügels wirkten über den Linn drahtig, fast sieht man die fi ngerdicken Saiten vor dem inneren Auge schwingen. Der immer mitlaufende „kleine“ LP12 mit sozusagen Standardausstattung kann da nicht mehr mithalten, ihm fehlt bei allem musikalischen Charme das Zupackende und Mitreißende der beiden Großen.

Katie Melua – Piece by PieceVom großen alten Mann zur zierlichen Frau: Katie Meluas „Piece by Piece“ hat sich im Laufe der Monate einen festen Platz in unserem Hörrepertoire erspielt. Das nicht besonders risikofreudig, aber geschickt arrangierte und produzierte Album legt sein Gewicht auf das zerbrechliche Cha-risma der jungen Stimme Katie Meluas, oft durch etwas zu viel künstlichen Nachhall aufgeblasen. Das erste Stück „Shy Boy“ be-

Mit drei Schrauben sicher geführt: Das Linn-Top-MC Akiva, hochmusikalisch und eine optimale Ergänzung (nicht nur) für den LP12

Das Edelstahl-Vertikallagergehäuse des Ekos SE – optisch eins der gelun-gensten Tonarmdesigns überhaupt

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ginnt mit einem einsamen Kontrabass – auch hier das gleiche Bild wie bei Cash: Holz und Korpus beim Mas-selaufwerk, Saiten-anschlag und -knar-zen beim LP12 SE. Der Linn verteilt seine Aufmerksamkeit subjektiv etwas ungleichmäßig: Kleine Ereignisse an den seitlichen Rändern der imaginären Bühne interessieren ihn nicht so sehr wie die Sängerin in der Mitte. Gut, wir können ihn verstehen, Frau Melua sieht entschie-den besser aus als eine Rassel ... Scherz bei-seite: Was der Linn mit der Sängerin macht, hat ganz großes Format. Die Stimme selbst scheint im Hörraum einen Körper anneh-men zu wollen, so greifbar erscheint jeder Ton und jeder Atemzug. Während ich noch über die Gesamtperformance im Vergleich zum etwas breitbandigeren Transrotor nachdenke, merke ich, dass sich die Nadel schon weiter bewegt hat und mir das etwas klebrig-süße „9 Million Bicycles in Beijing“ tatsächlich das Wasser in die Augen treibt! Der LP12 schafft es, meinen üblichen Ge-danken „Höhö, Du lernst es auch noch“, wenn eine knapp über Zwanzigjährige von der ewigen Liebe singt, über den Haufen zu werfen und mich an Zeiten zu erinnern, als ich auch noch so träumerisch war, seufz ...

Bruce Springsteen – Devils and DustSchnell etwas Männlicheres: der Boss. Obwohl, die Röhr-Attitüde hat Bruce Springsteen ja schon längere Zeit abge-legt und in letzter Zeit sehr subtile und nachdenkliche Alben abgeliefert. Der Titelsong von „Devils and Dust“ stei-gert sich von der einfachen Sänger-Gitarren-Nummer zum opulenten Arrangement mit Streichorchester und schneidender Mundharmonika. Dynamisch meistert der Linn diese Entwicklung mit links, wie schon

vorher widmet er sich mit Hingabe der Stimme und den Soloinstrumenten – die sorgfältig arrangierte Begleitung geht dabei eine organische Verbindung mit den Hauptakteuren ein – die Springsteen-Scheibe scheint etwas virtuoser abgemischt zu sein als die Katie Melua. Der große Transrotor Fat Bob, in gerin-gerem Maße auch unser alter Scheu Premi-

er scheinen hier mit ihren sehr schweren Tellern und dem Massekonzept konse-

quenter durchzuziehen – gerade bei den akzentuiert spielenden Celli fällt auf, dass der Linn eine pointierte Spielweise bevor-zugt, während die anderen Laufwerke ein bisschen mehr legato spielen – womöglich der viel zitierte „Swing“ des Linn LP12.

Kari Bremnes – Svarta BjornDer erste Titel „Sangen om fyret ved tor-nehamn“ – ein Paradestück für den Linn. Er kann die hervorragend aufgenommene Stimme prachtvoll aus dem spärlichen musikalischen Kontext herausheben. Wie-der berührt die hohe Emotionalität des Gesangs den Hörer unmittelbar – und das ist es doch, was Musik will.Die sehr tiefen Bässe geraten dem Transro-tor klarer und besser abgegrenzt, während der LP12 sie organischer in die Musik ein-fl ießen lässt – wuchtig genug, dass man sie körperlich spürt.Spaßeshalber haben wir die beileibe nicht schlechten günstigen Dreher dieses Hefts auf das Stück angesetzt. Obwohl der Linn ihnen an Tellermasse nicht viel voraus hat, müssen sie gegen den Altmeister passen –ebenso der Standard-LP12, der zwar die „Kleinen“ auf Distanz halten kann, sich aber im Bass etwas zurückhält.

AC/DC – Back in BlackEtwas heftige Kost für einen Feingeist wie den Linn, zugegeben. Dennoch, da müs-sen alle durch, auch unser Schotte. Und er macht es gar nicht mal schlecht: Die Glocke am Anfang von Hell´s Bells dröhnt mächtig und klar durch den Hörraum, das einsetzende Riff kommt rauchig-aggressiv, die Bassdrum hat einen knackigen Punch. Dennoch: Wenn die gesamte Band einsetzt, muss der LP12 SE etwas Federn lassen, die Masselaufwerke können buchstäblich mit ihren Pfunden wuchern und ziehen die meist monoton stampfende Musik einfach

Linn Keel

Der Linn LP12 SE ist und bleibt ein Subchassis-Spieler. Dieses elemen-tare Bestandteil wurde jedoch im Modelljahr 2007 einer gründlichen Revision unterzogen und besteht nun aus einem einzigen Stück gefrästen Aluminiums mit einer aufwändigen Wabenstruktur. Um exakt das Gewicht und die Masse-verteilung des alten, mehrteiligen Subchassis zu erreichen, sind die einzelnen Waben unterschiedlich tief gefräst und auch die schmalen Seitenfl ächen tragen diverse Aus-sparungen. Da auch die nach oben ragende Tonarmbasis mit aus die-sem einen Stück herausgearbeitet wird, fallen etliche Arbeitsgänge und ein hoher Verbrauch an Roh-material an. Lohn des Aufwands: Keel ist ohne weitere Modifi kation des Plattenspielers in fast jedem LP12 einzubauen, um klanglich einen Riesenschritt nach vorne zu machen. Damit es sich für Linn lohnt, sind allerdings 3.200 Euro zu bezahlen.Die neue Bodenplatte, die nach wie vor Trampolin heißt, besteht jetzt aus Aluminium und hat vier hoch dämpfende Füße aus Sorbo-than.

Keel eingebaut und solo: Man gewinnt einen klei-nen Eindruck von der Material- und Fer-tigungsschlacht

Klassisch: Eine Zarge, Subchasis, riemengetrie-bener Innenteller – ein Dauerläufer seit 1972

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gnadenloser durch, während der eher mit dem Florett fechtende LP12 das ihm eige-ne „Rhythmusgefühl“ hier nicht gewinn-bringend einsetzen kann. Die E-Gitarren wirken bei ihm fast etwas weniger verzerrt, was kleine Figuren und Licks in der Gitar-renarbeit überschau- und nachvollzieh-barer macht – aber mal ehrlich: Wer will das bei AC/DC schon?

Pink Floyd – Dark Side of the MoonEiner DER Rock-Meilensteine schlechthin. Ausgetüftelt und teilweise verschroben bis zum Geht-Nicht-Mehr im Arrangement und dennoch mit extrem eingängigen Me-

Ivor, wir freuen uns alle, Sie wieder aktiv im Geschäft zu sehen.Ich bin kürzlich an die Spitze des opera-tiven Geschäfts zurückgekehrt, nachdem ich krankheitsbedingt fast fünf Jahre kaum involviert war. Dank neuartiger Medika-mente bin ich praktisch wieder komplett hergestellt, wahnsinnig glücklich und blicke voll Zuversicht in eine erfolgreiche Zukunft für Linn.

In letzter Zeit gab es einige Gerüchte um Linn. Was hat es damit auf sich?Fakt ist, dass wir vor einiger Zeit den Loe-we-Vertrieb in Großbritannien aufgegeben haben, um die Basis für weiteres Wachstum zu schaffen. Unsere ganze Leidenschaft gilt dem Kerngeschäft, die besten HiFi-, Heim-kino- und Multiroomsysteme zu bauen. Ich freue mich, Ihnen versichern zu können, dass diese Sparte nach wie vor sehr stark und profi tabel ist und kontinuierlich wächst. Ihren Lesern würde ich raten, die Gerüchte schlicht und einfach zu ignorieren.

Wohin geht es in den nächsten Jahren?Unsere Produkte genießen weltweit höchstes Ansehen für überragende Klangqualität und ein ausgezeichnetes Preis-Leistungs-verhältnis. Wir wollen, diese Marktführung weiter ausbauen, und zwar an unserem eu-ropäischen Standort Glasgow. Linn-Inno-vationen wie Downloads in Studio-Master-Qualität von www.linnrecords.com unter-streichen unsere Engagement bei neuen Technologien und Medien. Und wir werden auch künftig alles dafür tun, Erwartungen der anspruchsvollsten Kunden rund um den Globus zu erfüllen, die sich im Leben nicht mit weniger als dem Besten zufrie-

Ivor Tiefenbrun

lodien haben die vier Briten hier ihr frühes und nicht mehr eingeholtes Meisterwerk geschaffen – kongenial in Szene gesetzt von Toningenieur Alan Parsons. Bei dieser Plat-te kommt in leisen Momenten dem Linn seine phänomenale Aufl ösung zugute, er erlaubt jedem vermeintlich noch so unbe-deutenden Detail, um die Aufmerksamkeit des Hörers zu buhlen. Am Beginn der Plat-te entsteigt dem Crescendo einer Klangcol-lage das sehr einfach gehaltene „Breathe“ –eines der eindrucksvollsten Intros über-haupt. Der Moment des Übergangs zwi-schen Chaos und Ordnung erzeugt immer wieder Gänsehaut – für den LP12 SE dyna-

misch ebenso leicht umsetzbar wie die durch Auslassungen einzelner Instrumente geprägte Rhythmik. Vor allem den vertrackten 7/4-Takt von Money scheint der Linn richtig-gehend zu genießen – die mitlau-fenden Dickschiffe von Transrotor und Scheu achten mehr auf Gleich-mäßigkeit, ebnen den Ausdruck aber subjektiv etwas ein.

Eagles – Hell freezes over„Hotel California“ – was sonst spie-len wir auf dieser Reunion-Live-Platte an. Das in sehr konstantem

den geben. Wir haben in den vergangenen Jahren enorme Summen in Forschung und Entwicklung investiert, die Kunden sind von den jüngsten Produkten total begeistert. Und glauben Sie mir, wir haben noch viel mehr in der Pipeline ...

Was bedeutet der LP12 noch für Linn? Der LP12 war für uns immer ein sehr spe-zielles Produkt, schließlich schenkte er un-serem Unternehmen das Leben. Seit seiner Einführung bildet er die Messlatte für alle anderen Plattenspieler, denn er ist das Sinn-bild für die Linn Philosopie, jedes Produkt permanent weiterzuentwickeln und zu verbessern. Vinylfans sind genauso leiden-schaftliche Musikliebhaber wie wir, und es freut uns riesig, dass der LP12 nach 35 Jah-ren diese extrem kritische Kundschaft noch immer vom Hocker reißt.

Die neuen Upgrades kosten eine Menge Geld. Würden Sie mir zustimmen, dass richtiger Vi-nylgenuss eine Geldfrage ist? Die jüngsten LP12-Upgrades sind in der Tat nicht billig und können es auch nicht sein. Aber wenn Performance der Maßstab ist, bieten sie einen herausragenden Gegenwert, und niemand bereut es jemals, sich für das Beste zu entscheiden. Vinylliebhaber, die über Jahre hinweg viel in ihre Sammlung investiert haben, geraten immer wieder aus dem Häuschen, wenn sie mit dem LP12 auf tausendfach gespielten Scheiben plötzlich völlig neue musikalische Informationen entdecken. Das Keel, das neue Trampolin und der Ekos SE bewirken eine unglaub-liche Klangverbesserung. Wir fühlen uns der Analogtechnik nach wie vor sehr ver-bunden. Ich rate jedem, seine Plattensamm-

lung wie einen Augapfel zu hüten, denn es steckt noch viel mehr an Informationen in den Rillen, als wir heute herausholen, selbst wenn ich heute noch nicht weiß, wie wir das herausholen sollen. Aber neue Tech-nologien und unser ständig wach-sendes Know-how werden die Wege aufzeigen, davon bin ich überzeugt. Was würden Sie jemandem raten, der seine analoge Abhörkette ganz neu aufbaut?Ich predige seit jeher die Wichtig-keit der Systemhierachie. Man sollte den Löwenanteil des Budgets in die Signalquelle investieren, denn selbst die besten Verstärker und Lautspre-cher können nicht zurückholen, was am Anfang der Kette verloren gegan-gen ist. In all den langen Jahren: Was ist Ihre einschneidenste Erfahrung mit dem LP12?Dass ich die Nadel meines neuen Aki-va wenige Stunden nach dem Einbau abgebrochen habe! Glücklicherweise gibt es für derlei Unglücksfälle gute Hausratsversicherungen.

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Linn Ekos SE

Der Nachfolger des Ekos kann nur Ekos heißen. SE steht für Super Evolution – nun ja, warum an der falschen Stelle bescheiden sein? Was hat sich getan – der neue Ekos kostet immerhin knapp 2.000 Euro mehr als sein Vorgänger? Nun, die Lagertoleranzen wurden noch einmal verringert, die Lager-aufnahmen sind aus Edelstahl, um auch hier unerwünschtes Spiel zu vermeiden. Das Tonarmrohr besteht aus extrem hartem Titan, während das Headshell weiterhin aus Aluminium gefertigt wird, um unangenehme Resonanzen zu vermeiden. Für konstante Einstel-lungen von Aufl agekraft und An-tiskating kommen temperatursta-bile Federn zum Einsatz.Obwohl der Ekos natürlich jeden Tonabnehmer führen kann, so kann er mit hauseigenen Syste-men wie dem vorzüglichen Akiva zusätzlich die Linn-Dreipunkt-befestigung verwenden, bei der ein Linn-Tonabnehmer durch die zusätzliche Schraube hinten am Korpus noch etwas rigoroser ge-führt wird.

In dieser Pespektive schön zu erkennen: Dreipunktbefestigung des vorzüglichen Akiva

Der Ekos SE wird selbstverständlich mit Komplettausstattung geliefert

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Linn LP12 SE mit Netzteil LINGO, Subchassis KEEL, Tonarm EKOS SE und Tonabnehmer AKIVA

· Preis ca. 14.800 Euro· Vertrieb Linn, Hamburg· Telefon 0 40 / 89 06 60 0· Internet www.linn.de· Garantie 5 Jahre · Abmessungen (B x H x T)

440 x 160 x 345 mm· Gewicht 10,3 kg

Unterm Strich …» ... Der beste Plattenspieler aller Zeiten? Ich würde sagen: Nein, es gibt bessere Allrounder als den Linn LP12. Allerdings hat der Linn mir in dem kurzen Testzeitraum einzigartige emo-

tionale Momente geschenkt, die ich so noch nicht erlebt habe – ein tiefer empfundenes Kompliment kann ich einem Gerät nicht machen.

Tempo vorgetragene Stück und die breit aufgestellten Instrumentalisten kommen dem Masselaufwerk mehr entgegen, da nützt dem Linn auch die etwas kehligere und authentischere Stimmenwiedergabe nichts – Punktsieg für den Transrotor.

Chet Baker – Chet „Alone Together“ – ein sehr getragenes Stück als Opener, sparsam instrumen-tiert, mit einzelnen hingetupften Begleit-elementen, den übrigen Raum ganz den Solisten überlassend. Der große Transro-tor ist hier gewohnt unbestechlich, öffnet eine breite Bühne und gibt das musika-lische Geschehen absolut wahrheitsgetreu wieder. Der Linn besinnt sich dagegen auf seine besonderen Fähigkeiten, verleiht der Aufnahme mehr Intimität, den Blasinstru-menten etwas mehr Atem und Körper und rückt die gesamte Band etwas näher zu-sammen – nicht gerade streng neutral, aber in diesem Fall passt es einfach so gut, dass man sich unwillkürlich in den Aufnahme-raum hinein versetzt fühlt. Halten Sie mich für etwas seltsam – ich hatte tatsächlich das Gefühl, die unzähligen Zigaretten, die bei dieser Recording Session sicher geraucht wurden, zu riechen.

Gerry Mulligan – Live at the Village VanguardEine große Jazzbesetzung in bester Spiel-laune – ein Heimspiel für den Linn, der in den Solopassagen zu ganz großer Form aufl äuft und den improvisierenden Musi-ker ganz ins Rampenlicht stellt. Bei Tutti behalten die Masselaufwerke die größere Übersicht und Neutralität und machen es dem Zuhörer leichter, sich ein Instrument aus dem Gesamtkontext heraus zu hören. Wie gehabt: Die insgesamt neutralere Ab-

bildung schaffen die schweren Lauf-werke, die intimere Atmosphäre bleibt Domäne des Linn.

Harry Belafonte/Miriam Makeba –An Evening with ...Zwei ganz große Stimmen und eine Aufnahme, der man (bis auf das Rauschen) ihre 50 Jahre nicht anhört. Vom Mikrofon bis zum Masterband garantiert analog – die Wärme und Spiel(Sing)freude dieser sehr afrikanischen Platte

bringen alle unsere Testplattenspieler in den Hörraum, so soll es auch sein. Der

Linn freut sich über die starke vokale Prä-gung dieser Platte, staffelt die Stimmen sehr schön und lässt auch dem wuchtigen Kontrabass freien Lauf. Die anderen Lauf-werke nehmen die Musiker etwas stärker an die Leine, was der heiteren Atmosphäre eher abträglich ist.

Claude Debussy – Préludes, Gerhard Oppitz Nicht ganz leichte Klavierkost, sehr kon-trolliert und zurückhaltend eingespielt. Hier ist der Klang des Flügels beim Trans-rotor etwas drahtiger, direkter, während er beim LP12 – man meint es fast zu sehen –etwas tiefer im Raum steht und dadurch verhallter und weicher klingt.

Edvard Grieg – Peer Gynt Suiten, Berliner Philharmoniker, Herbert von KarajanSicher keine Referenzaufnahme und auch nicht vom Anspruchsvollsten, aber sehr

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Ohne den Haupt-teller wird das Antriebs-konzept noch deutlicher. Das Tellerlager wird auf eine Toleranz von wenigen Mikrometern gefertigt

Das neue Trampolin besteht jetzt aus Aluminium und wurde in der MItte nochmals verstärkt. Allein die Umrüstung bringt schon einern deutlichen Zugewinn an Kontrolle und Punch

gut geeignet, um die verschiedensten Klangfarben eines großen Orchesters in subtilen wie auch lauten Passagen herauszuhören. Auch hier rückt beim Linn das Orchester mehr in die Akustik des Aufnahmeraums hinein – es ergibt sich eher als beim Fat Bob der Eindruck eines Abends im Konzertsaal; dieser rückt wiederum das Orchester näher an den Zuhörer und gibt es auch etwas präziser wieder. Welche der beiden „Interpretationen“ mehr der Aufnahme-Wahr-heit entspricht, können wir nicht sagen. Welche wir bevor-zugen? Geschmackssache.

Nach diesem Hörmarathon können wir sagen, dass uns der Linn ausgezeichnet gefällt. Das Prädikat „Bester LP12 aller Zeiten“ unterschreiben wir gerne – zu deutlich distanziert der SE den Sondek in Standardausstattung, auch wenn dieser teilweise mit den neuen Komponenten ausgestattet wird. Die schweren Laufwerke der Konkurrenz wirkten auf uns etwas neutraler und unbestechlicher, sie bildeten mini-mal genauer ab. Technisch gesehen war der Linn verdammt nahe an den Boliden dran, sogar im Bass. Vor allem aber zeigte er uns immer die emotionale Seite des Gehörten - was zugegebenermaßen nicht bei allen Aufnahmen gleich gut klappte – im Idealfall waren wir so nah an der Musik wie noch nie zuvor.

Thomas Schmidt