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Dr. I.S. Krestinsky Napoleon und die Deutschen Ende des 18. – Anfang des 19. Jh.

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Dr. I.S. Krestinsky

Napoleon und die Deutschen

Ende des 18. – Anfang des 19. Jh.

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Die Sternstunden der Deutschen• Die Kaiserkrönung Karls des Großen (800)• Ottos Sieg auf dem Lechfeld (955)• Die Goldene Bulle – das erste Grundgesetz (1356)• Die Erfindung des Buchdrucks durch Gutenberg (1450)• Zum Wohl – das Reinheitsgebot für Bier (1516)• „Gott helfe mir“ – Luther in Worms (1521)• Sieg der Diplomatie – der Westfälische Frieden (1648)• Die Abschaffung der Folter durch Friedrich II. (1740)

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Staatliche Neugründungen auf deutschem Boden

• Zusammenbruch des Alten (1.) Reiches 1806 infolge napoleonischer Kriege

• Gründung des Rheinbundes / der Konföderation deutscher Fürsten unter dem Protektorat Napoleons (1806 – 1813)

• Gründung des Deutschen Bundes (1815 – 1866) nach dem Wiener Kongress

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Der Rheinbund (1806 – 1813)• Ein Militärbündnis der drei süddeutschen Staaten Bayern,

Württemberg und Baden + 13 (+ später noch 23) weitere deutsche Fürsten mit Frankreich. Bestand – bis Völkerschlacht

von Leipzig 1813 bedeutet auch das Ende des Rheinbundes (Erinnerungsort: Völkerschlachtdenkmal).

• Reformen im Rheinbund – wichtige Schritte zur staatlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Modernisierung in

Deutschland – nach dem Vorbild Frankreichs: Einführung einer Verfassung;

Angleichung des Rechts an den Code Civil; Einführung einer zentralistisch und bürokratisch organisierten

Verwaltung.Ziel Napoleons war eine Angleichung der staatlichen Strukturen

zur Stabilisierung der französischen Herrschaft über Europa.

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Code civil / Code Napoleon (1804)• Französisches Gesetzbuch zum Zivilrecht.• Mit Napoleons "Code Civil" erhielten die eroberten Gebiete

das erste bürgerliche Gesetzbuch und kamen damit in den Genuss von Errungenschaften der Französischen Revolution

Maximen Der Code civil garantierte allen männlichen Bürgern:

(die wesentlichen Forderungen der französischen Revolution 1879: Liberté=Freiheit, Egalité=Gleichheit,

Fraternité=Brüderlichkeit)• Abschaffung des Feudalismus und der Ständegesellschaft, • Gleichheit vor dem Gesetz; • Freiheit für jeden; • Schutz des Privateigentums;

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• Vollkommene Trennung von Staat und Kirche (Laizismus); • Abschaffung des Zunftzwangs; • Gewerbefreiheit und freie Berufswahl; • Schaffung der juristischen Basis für die Marktwirtschaft; • Freizügigkeit; • Mitbestimmungs- und Wahlrechte;• Einführung der Zivilehe; • Gleichberechtigung der Juden. • Abschaffung der Abgabe des „Zehnten“, einer großen

Belastung für die Bauern. • Straßen und Chausseen wurden gebaut. • Maßeinheiten wie Meter und Kilogramm eingeführt – viele

Regelungen, die heute selbstverständlich sind.

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Historische Bedeutung des Rheinbundes

Auch wenn man das Rheinbundsystem primär als „ein System der Ausbeutung und Unterdrückung“ bezeichnen kann,

brachte es doch für Deutschland einen deutlichen Modernisierungsschub. Die Reformen der Rheinbundstaaten

setzten Impulse zur Modernisierung frei, die weit über das Bestehen des Bundes Bestand hatten. Sie trugen stark zum

inneren Zusammenwachsen insbesondere der vergrößerten süddeutschen Staaten bei. Es wurden neue Ressourcen für

die Staaten erschlossen, gleichzeitig führten die Reformen zu neuen Kosten. Dies machte wiederum neue Reformen etwa

der Schuldenverwaltung nötig. Gewerbefreiheit und ein rationales staatliches Handeln förderten das gewerbliche Leben. Die Agrarreformen begannen, wenn auch zaghaft,

bäuerliche Abhängigkeiten aufzuweichen.

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Innerhalb der neuen Länder begann sich ein Staatsbewusstsein zu bilden. Allerdings unterwarfen die Reformen die Staatsbürger auch unmittelbar der staatlichen Macht. Gegen mögliche Proteste wurde

in den Staaten eine geheime Polizei zur Überwachung aufgebaut. Diese konnte während der

Restaurationsära zur Bekämpfung der politischen Opposition eingesetzt werden. Auf der anderen Seite

gab es insbesondere in Süddeutschland eine Kontinuität zwischen den rheinbündischen

Verfassungsansätzen und der Entstehung des süddeutschen Konstitutionalismus nach 1815.

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Was geschieht derzeit in Preußen?• In der Doppelschlacht bei Jena und Auerstedt am 14.

Oktober 1806 erlitt Preußen eine schwere Niederlage.

• Ende Preußens als Großmacht, Friedrich Wilhelm III. flieht nach Ostpreußen, Napoleon zieht in Berlin ein.

• Der Frieden von Tilsit am 9. Juli 1807 beendet den Krieg von Preußen, dem Kfst. Sachsen und Russland gegen Napoleon (Preußen wird halbiert und muss eine enorme Kriegsentschädigung zahlen).

• Was ist zu tun? – das Volk ist zum Kampf gegen Napoleon zu mobilisieren.

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Preußische / Stein-Hardenbergsche Reformen• Heinrich Friedrich Reichsfreiherr von und zum Stein aus

Nassau (1757 – 1831) /„Nassauer Denkschrift“ von 1807 • Der Staatskanzler Freiherr Karl August von Hardenberg (1750

– 1822) • Reaktion auf die Niederlage Preußens • Als das zentrale Reformziel formulierte vom Stein in seiner

Nassauer Denkschrift: „Belebung des Gemeingeistes und des Bürgersinns, die Benutzung der schlafenden und falsch

geleiteten Kräfte und zerstreut liegenden Kenntnisse, der Einklang zwischen dem Geist der Nation, ihren Ansichten und

Bedürfnissen und denen der Staatsbehörden, die Wiederbelebung der Gefühle für Vaterland, Selbständigkeit

und Nationalehre.“

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die Stein-Hardenbergschen Reformen sollten bewirken:

• Entfaltung der Kräfte einer freien Nation;• Überzeugung und Mitwirkung der Bürger, politische

Anteilnahme und Beteiligung der Bürger; • Unterstützung durch Intellektuelle; • Schaffung des Durchbruchs für das deutsche

Nationalbewusstsein. (auch in dieser Zeit) Entstehung der philosophischen

Richtung des Deutschen Idealismus, der Epoche des Sturm und Drang, der (Weimarer) Klassik und der

Romantik.

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Nach der Niederlage gegen Napoleon schien das Königreich Preußen am Ende. Doch es begann seine

wohl glorreichste Ära. Eine Gruppe von Staatsdienern wie Stein, Hardenberg oder Humboldt

krempelte das Land um, modernisierte die Verwaltung, befreite Millionen Bauern und

katapultierte es an die Spitze des zivilen Fortschritts. Preußen wurde ein Hort von Kunst und Kultur, seine Universitäten erlangten Weltruf, und der Weg in das

Industriezeitalter wurde geebnet.

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Erhebung gegen Napoleon

• Stiftung des „Eisernen Kreuzes“ 1813, des wohl bedeutendsten aller deutschen Orden, war ständeübergreifend.

• Lützower Jäger in den Befreiungskriegen von 1813-1815 gegen das napoleonische Frankreich / Freiwilligenverbände.

Die "Lützower" trugen schwarze Uniformen mit roten Aufschlägen und goldenen Knöpfen. Ihre Farben sollten später

die des freiheitlichen Deutschland werden (Schwarz – Rot – Gold).

• Bedeutung der Farbzusammenstellung: Aus der Schwärze (schwarz) der Knechtschaft durch blutige (rot) Schlachten ans

goldene (gold) Licht der Freiheit. • Die gleichen Farben wie die der Reichsfahne im Hl. Röm. Reich.

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• Angehörige des Korps – Handwerker, Arbeiter, Studenten. • Das wichtigste Vorbild, Carl Ludwig Jahn, "Turnvater“ (zu Leibesübungen versammelt, zur Vorbereitung auf den Krieg gegen Napoleon und zur Vermittlung deutscher Gesinnung). • Die Lützower Jäger waren populär, doch die Einheit wurde

noch vor der entscheidenden Schlacht bei Leipzig aufgerieben. Theodor Körner fiel, wurde zum Märtyrer

stilisiert ebenso wie Eleonore Prochaska, die sich als Mann verkleidet hatte und nach ihrer tödlichen Verwundung als

"Jeanne d’Arc von Potsdam" gefeiert wurde. Doch entgegen mancher Legende waren es am Ende nicht die patriotischen Freiwilligenverbände, die Napoleon besiegten, sondern vor

allem reguläre Truppen.

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Völkerschlacht bei Leipzig • Die Völkerschlacht bei Leipzig vom 16.-19. Oktober

1813 – die Entscheidungsschlacht der Befreiungskriege gegen Napoleon, aus der die

Verbündeten Preußen, Österreicher, Russen und Schweden siegreich hervorgingen. Napoleon musste sich zurückziehen und konnte nur mit Mühe und Not den Straßenkämpfen in Leipzig entkommen. Hundert Jahre später wurde zum Gedenken an diese Schlacht ein Denkmal (Völkerschlachtdenkmal) an der Stelle errichtet, wo die meisten Soldaten gefallen waren.

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Das Völkerschlachtdenkmal

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Wiener Kongress (1814 – 1815)• Er legte in Europa die Grenzen neu fest und definierte neue

Staaten. • Anlass - Niederlage von Napoleon. • Leitung - der gewiefte österreichische Kanzler Clemens Wenzel

Fürst von Metternich (1773-1859).• Hauptziele (Reformierung Europas im konservativen Sinne): 1. Legitimität – die Liquidierung des napoleonischen

Staatensystems und die Wiedereinsetzung der alten Dynastien. 2. Restauration – Wiederherstellung der vorrevolutionären

politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse. 3. Solidarität – gegenseitiger Schutz fürsterlicher Interessen vor

revolutionären, freiheitlichen und nationalen Ideen und Bestrebungen, Eindämmung nationaler Gefühle der Völker.

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Deutscher Bund (1815 – 1866)• Der Deutsche Bund - Ergebnis des Wiener Kongresses 1815. • Nachfolgeinstitution des Hl. Röm. Reiches Deutscher

Nation. • ein Staatenverein überwiegend deutschsprachiger Länder

mit Österreich als Führungsmacht. • 35 Königreiche, Fürsten- und Herzogtümer, vier Freie

Städte, es entsteht kein einheitlicher Nationalstaat.• Von Preußen und Österreich gehörten nur die Teile zum

Deutschen Bund, die bereits zuvor Teil des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation gewesen waren.

• Mit dem Sieg Preußens gegen Österreich im Deutschen Krieg von 1866 war auch das Ende des Deutschen Bundes besiegelt.

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Leistungen Napoleons für die deutsche Nationalgeschichte

1. Zerschlagung der alten politischen Ordnung (Ende des Hl. Röm. Reichs, 1806)

2. Beschleunigung des Aufbruchs Deutschlands in die Moderne:

• Einführung des „Code civil“ im Rheinbund, Stein-Hardenbergsche Reformen als Gegenreaktion in

Preußen, Vergrößerung von Kleinstaaten / Beseitigung des Flickenteppichs, Verstärkung der

Staatsbildung haben den Prozess der Nationsbildung vorangetrieben.

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• Im Kampf gegen Napoleon verstärkt sich und manifestiert sich das deutsche nationale

Bewusstsein, die Bildung der Nation fördernde neue kulturelle Richtungen entstehen, Philosophen und

Künstler appellieren an Deutsche und den deutschen Geist (Beispiele!!!), um ihn für den Kampf

gegen Napoleon, gegen das ausländische Joch zu mobilisieren. Und das Volk erhebt sich. So wird

Napoleon gegen seinen Willen zum Geburtshelfer deutscher Nation.

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Zusammenfassung • Friedrich Wilhelm III., Königin Luise, Kaiser Franz II., Napoleon

I. Bonaparte, der Freiherr vom Stein aus Nassau, W. von Humboldt, Staatskanzler Freiherr Hardenberg, T. Körner, J.G.

Fichte, E. M. Arndt, Fürst Clemens von Metternich, Zar Alexander I.

• die Doppelschlacht von Jena und Auerstedt 1806, der Frieden von Tilsit 1807, die Völkerschlacht bei Leipzig 1813, der

Wiener Kongress 1815, das Völkerschlachtdenkmal • das „Eiserne Kreuz“, die „Lützower Jäger“ (dazu: die Farben

der Bundesflagge), die Stein-Hardenbergschen Reformen• der Rheinbund, Deutscher Bund

• Königsberg, Tilsit, Memel, Berlin, Wien, Breslau, Walhalla bei Regensburg