Lungenerkrankungen im Kontext HIV - ak-aids-berlin.de · Lungenerkrankungen im Kontext HIV Meike...
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Lungenerkrankungen im
Kontext HIV
Meike Probst
Gemeinschaftspraxis Tempelhofer Damm 176/Hauptstraße 87
www.pneumologie-berlin.de
05.06.2013 ak AIDS
1. Vorbemerkungen HIV/Lunge
2. Fallvorstellungen:
Husten und Eosinophilie
rezidivierende pulmonale Infiltrate
Lungenerkrankungen im Kontext HIV
Infektionen Neoplasien Andere
Pneumocystis jirovecii Bakterien S. pneumoniae S. aureus H. influenzae B. catarrhalis P. aeruginosa Rhodococcus equi Nocardia asteroides Mykobakterien M. tuberculosis Atypische Mykobakterien Andere Cytomegalovirus Aspergillus spp. Cryptococc. neoformans Histoplasma capsulatum Toxoplasma gondii
Kaposi-Sarkom Non-Hodgkin-Lymphom Hodgkin-Lymphom Bronchialkarzinom
Lymphozytäre interstitielle Pneumonie Unspezifische interstitielle Pneumonie Cryptogen organisierende Pneumonie Pulmonale Hypertonie COPD Bronchiale Hyperreagibilität Alveolarproteinose Komplikationen unter ART Dyspnoe + Husten als Hypersensitivitätsreaktion (ABC) Dyspnoe + Tachypnoe bei Lakatatazidose Pneumonie unter T-20 Infiltrate, Lymphknoten und/oder Fieber als Immunrekonstitutionssyndrom
Lungenerkrankungen im Kontext HIV
Lungenerkrankungen im Kontext HIV
Pre-HAART HAART
Inzidenzrate
Pulm. Infektionserkrankungen: TB, PjP
Nichtinfektiöse Lungenerkrankungen
Zeit
Lungenerkrankungen im Kontext HIV: Bsp.: emphysematische Erkrankungen
• Prävalenz der emphysematischen Lungenveränderungen
bei HIV+: 15%, bei HIV+/Raucher 37%!
• COPD bei 16% der HIV+ in der Veterans Aging Cohort
Study Crothers K et al. : HIV infection and risk for incident pulmonary diseases in the combination antiretroviral therapy era.
Am J Respir Crit Care Med. 2011;183(3):388.
• HIV als unabhängiger RF für COPD (Oddsratio 1,5) Crothers K: Increased COPD among HIV-positive compared to HIV-negative veterans. Chest. 2006;130(5):1326.
• Sonderform: Pneumatozelen
Unklarer Husten und Eosinophilie
• 29-jähriger Patient, MSM
• Überweisung zur Abklärung „persistierender Husten
und Eosinophilie“
• HIV-positiv ED 2008, CDC A3
• Aktuell: CD4 >500/µl, VL <20 cop/ml
• Therapie: TDF/FTC/LPV/r
Unklarer Husten und Eosinophilie
Anamnese: • Seit 2009 nichtproduktiver Reizhusten mit wechselnder Intensität,
vermehrt Husten im Frühjahr und Sommer
• Seit 3 Jahren Nachtschweiß, ca. 4 kg Gewichtsverlust in den letzten 2
Monaten, keine Auslandsreisen
• 03/2012
• sehr starker Husten ohne Infektanhalt
• unklare Hautveränderungen, V.a. H. zoster
• Differentialblutbild mit 33% Eosinophilen
• 07/2012 Erstvorstellung
• Wenig Husten, vermehrtes Räuspern, keine Dyspnoe, keine
Belastungsdyspnoe
• Bekannte Rhinokonjunktivitis mit Beschwerdemaximum im Frühjahr
Unklarer Husten und Eosinophilie
• Externe Diagnostik:
• Differentialblutbild mit 33% Eosinophilie
• Spiral-CT-Thorax mit KM ohne wegweisenden Befund
• Stuhldiagnostik auf Parasiten ohne Befund
• Initiale Diagnostik:
• Körperliche Untersuchung opB
• Bodyplethysmographie: Normalbefund
• CO-Diffusionskapazität: normal
• Allergologie: Gesamt-IgE 164 kU/l, spez. IgE
Lieschgras 16,5 kUA/l / CAP-Klasse 3
• Auffällige Laborwerte: Eos 32%, RF 27 U/l
• Unauffällig: ANA, ANCA, CRP, BSG, Quantiferon
Unklarer Husten und Eosinophilie
• Bronchoskopie: akute nicht eitrige Bronchitis, keine
direkten oder indirekten Tumorzeichen
• BAL: Erhöhte Zellzahl (14,7x106) mit Lymphozytose (24%)
und leichtgradiger Eosinophilie (3%), kein Nachweis von. P
jirovecii = vorrangig lymphozytäre Alveolitis
• Mikrobiologie aus BALF: mäßiges Wachstum von H.
influenzae, keine sf-Stäbchen, TB-PCR negativ
• Histopathologie aus Schleimhautbiopsien: geringgradige
chronische, abschnittsweise eosinophielenreiche
Entzündung in resp. Schleimhaut mit fokaler Fibrose. Kein
Nachweis einer Pilzinfektion, kein Anhalt für Malignität.
Unklarer Husten und Eosinophilie
Unklarer Husten und Eosinophilie
Ihre Diagnose?
Unklarer Husten und Eosinophilie
Nachweis von Strongyloides
stercoralis in der Stuhlanreicherung
nach Baermann
Therapie mit 4x3mg
Ivermectin, Wiederholung
nach 14 d
Unklarer Husten und Eosinophilie
Unklarer Husten und Eosinophilie
Ansteckungswege: -transdermal durch Fäkalien-kontaminierten Boden
-fäkal-oral
-sexuelle Kontakte
-Phänomen der Autoinfektion
Klinik: meist mild & unspezifisch
-gastrointestinal: Übelkeit, Diarrhöe,
Erbrechen, Oberbauchschmerzen
-pulmonal: trockner Husten, Giemen,
Halsschmerzen, Hämoptysen, Löffler-Syndr.
-dermal: Larva currens, Urticaria, Pruritus,
periumbilicale Purpura, Angioödem
Unklarer Husten und Eosinophilie
Hyperinfektionssyndrom:
• Eingeschränkte zelluläre Immunität mit eingeschränkter
Th2-Antwort
• Autoinfektion mit infektiösen filariformen Larven erhöht die Wurmlast
• Dissemination der Larven in alle Organe mit Organdysfunktion
• Komplikation durch Organversagen, Sepsis, gram- Infektionen
• Letalität 10-80%
Unklarer Husten und Eosinophilie
Diagnose:
• Standardstuhluntersuchungen Sensitivität <50%
• Anreicherungsverfahren nach Baermann aus frischem Stuhl
• Agarplattenmethode
• Disseminierte Erkrankung: Sputum, BAL, Pleuraflüssigkeit,
peritoneale Flüssigkeit/Aszites, Drainageflüssigkeiten
• Endoskopie mit Biopsie
• Serologie: Sensitivität 83-89%, Spezifität 97% bei
Immunkompetenz, Kreuzreaktionen möglich
Therapie:
• Ivermectin 200 µg/kg, 2 Dosen, Ansprechraten 92-100%
• (Albendazol 2x400 mg/d für 3-7 Tage, Ansprechrate ~60%)
Differentialdiagnose der Eosinophilie
Quelle uptodate
• 37-jähriger Patient, MSM
• Überweisung zur Abklärung „persistierendes unklares
Infiltrat“
• HIV-positiv ED 2010, CDC C3
• Z.n. Pneumonie vor 2 Jahren, Z.n. Kaposisarkom,
Z.n. Lues
• Aktuell: CD4 ~400-500/µl, VL <20 cop/ml
• Therapie: TDF/FTC/RPV
Unklare rezidivierende pneumonische Infiltrate
Unklare rezidivierende pneumonische Infiltrate
Anamnese: • seit 6 Wochen: Husten, Dyspnoe, Nachtschweiß, linksthorakale
atemabhängige Schmerzen, körperliche Abgeschlagenheit • Z.n. antibiotischer Therapie, Präparat? • Tendenz zur Besserung seit wenigen Tagen
Pneumologische Vorgeschichte: • Allergische Rhinokonjunktivitis (Gräser, Birke) • ED Asthma bronchiale ~2004, deutliche Reaktion auf unspezifische
Reize • Sporadische Therapie mit Symbicort, Salbutamol, Spiropent • Niemalsraucher, keine beruflichen Risiken • Hund als Haustier, FA: Großvater mit Asthma bronchiale
Unklare rezidivierende pneumonische Infiltrate
Externe Diagnostik:
• Labor: unauffällige Infektparameter
• Pertussisserologie negativ
• CT-Thorax: infiltrative, zT konsolidierende Veränderungen im linken
UL, diskrete Infiltrate mit Tree in Budd-Phänomen in beiden apikalen OL
Unklare rezidivierende pneumonische Infiltrate
Unklare rezidivierende pneumonische Infiltrate
Initiale Diagnostik:
• Auskultation/Perkussion ohne auffälligen Befund
• Bodyplethysmographie: leichte bis mittelschwere Restriktion, keine
relevante Obstruktion, Überblähung möglich
• Unauffällige BGA
• Labor: CRP 38 mg/l, BSG 78 mm, Quantiferon negativ
• Mikrobiologie: kein Nachweis bakterieller Erreger, kein Nachweis von
MTB/NTM
• Aber: 1 Kolonie Aspergillus nidulans (Kontamination??)
Unklare rezidivierende pneumonische Infiltrate
Verdachtsdiagnose:
chronische karnifizierende Pneumonie
= die Aktivität der Makrophagen und Granulozyten reicht zur Lösung des
Exsudates nicht aus, Übergang in eine proliferative Entzündung mit
Einsprossung von Fibroblasten/Angioblasten in das fibrinreiche Exsudat mit der
Entstehung von Granulationsgewebe
Unklare rezidivierende pneumonische Infiltrate
Verlauf: • Klinisch deutliche Besserung spontan, PCT unauffällig
• Röntgen-Thorax: allenfalls diskrete Zeichnungsvermehrung im li MF
• Abwartendes Procedere und klinisch-funktionelle Kontrolle in 4
Wochen
• 02-03/2013: gutes Befinden. Funktionelle Besserung mit Abnahme der
Restriktion, keine relevante Obstruktion
• 04/2013 WV: seit 2 Wochen Reizhusten und grünl. Auswurf, trotz einer
externen Azithromycintherapie, extern keine erh. Infektparameter, CD4
355/µl.
Labor: BB normal CRP 35 mg/l
Unklare rezidivierende pneumonische Infiltrate
Röntgen-Thorax: Neu aufgetretene
Zeichnungsvermehrung
DD beginnende
Infiltrationen rechter
ML, linker UL
Unklare rezidivierende pneumonische Infiltrate
CT-Tx: bronchopneumonische
Infiltrationen Lingula, li UL
S VIII, ML, li UL S IX, X und
gering re UL (IX, VI),
Vollständige Resorption der
alten Infiltrationen
Unklare rezidivierende pneumonische Infiltrate
Bronchoskopie:
• Akute eitrige Bronchitis, keine direkten oder indirekten
Tumorzeichen
BAL:
• Deutlich erhöhte Zellzahl, Lymphozytose 20%, erniedrigte
CD4/CD8-Ratio, Kein Nachweis von PjP
Lymphozytäre Alveolitis
Mikrobiologie:
• Wenig Rachenflora, keine Pilze, SF-Stäbchen neg,
TB/Mykobakterien-PCR negativ
• Infektlabor spontan ohne Therapie normalisiert
PCT unauffällig!!
Unklare rezidivierende pneumonische Infiltrate
Schlussfolgerung:
Unklare rezidivierende bronchopulmonale Infiltrate ohne
Erregernachweis mit begleitender lymphozytärer Alveolitis
DD: COP/BOOP/EAA
Gibt es Differentialdiagnosen?
Umfeldanamnese/Hobby- und Freizeitanamnese:
Haustier: Hund
Kein Zusammenhang der Symptome mit bestimmten Orten
1x/Woche Nandroloneinnahme ca. 1 ml
Inhalativer Kokaingebrauch regelmäßig ca 1x/Woche
Unklare rezidivierende pneumonische Infiltrate
Weiterer Verlauf:
14. Tage nach Bronchoskopie WV:
Vor 6 Tagen erneuter Kokaingebrauch
am Folgetag Krankheitsgefühl, subfebr. Temperaturen, Husten
Hausärztliche Praxis verschrieb Levofloxacin
0,5 mg/kg Prednisolon in absteigenden Dosen über 4 Wochen
Die vereinbarte Kontrolle nahm der Patient nicht wahr
Auf telefonische Nachfrage: es gehe gut, er habe keine Zeit
Pulmonale Komplikationen bei Kokaingebrauch
Erythroxylum coca
Pulmonale Komplikationen bei Kokaingebrauch
1886: John Pemberton
Kokainhydrochlorid Kokainhydrogen
carbonat
Chronische pulmonale Kokaintoxizität
• Chronische pulmonale Hämorrhagie, Hämosiderose • Fremdkörpergranulomatose
• organisierende Pneumonie
• Infarktpneumonie
• Emphysem/Bronchiektasie
• Pulmonale Hypertonie
Akute pulmonale Kokaintoxizität
• „Cracklunge“ • Akute eosinophile Pneumonie • Pneumothorax/Pneumomediastinum
• Asthma (-exacerbation), akute Bronchokonstriktion
• www.uptodate.com
• Restrepo CS et al. July 2007 RadioGraphics, 27, 941-956.
Pulmonary Complications from Cocaine and Cocaine-based Substances: Imaging Manifestations
Pulmonale Komplikationen bei Kokaingebrauch
Crack-Lunge:
• Innerhalb von 48 h: Husten, Dyspnoe, Hypoxämie, Fieber,
Thoraxschmerzen, ggf. rascher Übergang in resp. Versagen/ALI
mit nichtkardiogenem Lungenödem
• Diffuser Alveolarschaden, alveoläre Hämorrhagie, Eosinophilie
• radiologisch Zeichen des capillary Leak, Milchglastrübung
• Diagnostik: Ausschluss andere Ursachen mittels Bildgebung,
Bronchoskopie/BAL
• Therapie supportiv: O2, mech. Ventilation, ggf. Steroide,
Antibiotika
Pulmonale Komplikationen bei Kokaingebrauch
Asthma/akuter Status asthmaticus: -nasal inhaliertes Kokain, Crack: Auslöser eines starken Bronchospasmus
-Beginn 3 min nach Inhalation, Dauer mindestens 15 min
-starke Reaktion bei bereits bekanntem Asthma möglich
-auch gesunde Individuen ohne suspekte Anamnese betroffen
-akutes resp. Versagen mit Todesfolge
-radiologisch: Zeichen der akuten Überblähung, ggf. fleckige
Verschattungen
-akute antiobstruktive Therapie
Pulmonale Komplikationen bei Kokaingebrauch
Organisierende Pneumonie OP/BOOP: • Pathophysiologischer Mechanismus unbekannt
• Auslöser: CTD, Aspiration, Mycoplasmen, P. jirovecii, Amiodaron, Kokain
• BAL häufig mit „buntem Bild“, prädominat lymphozytär
• Biopsie: intraluminal Ansammlung von inflammatorischem Debris, umgeben
von milder interstitieller Entzündung
• Therapie: Steroide, ggf. Makrolide, Immunsuppression
Pulmonale Komplikationen bei Kokaingebrauch
Pulmonale Komplikationen bei Kokaingebrauch
Asthma/Exacrbation?
Cracklunge?
Organisierende Pneumonie?
Vielen Dank!