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Drachme, Dirhem, Taler, Pfund Geld und Währungen in der Geschichte von den Anfängen bis zum Euro Münzen und Karten aus dem MoneyMuseum mit Texten von Ursula Kampmann Money Museum D_Drachme_Pfund korr5_1_64_Dra_Pfund 01.09.10 09:50 Seite 3

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Drachme, Dirhem,Taler, PfundGeld und Währungen in der Geschichtevon den Anfängen bis zum Euro

Münzen und Karten aus demMoneyMuseummit Texten von Ursula Kampmann

Money Museum

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A lle Rechte vorbehaltenNachdruck in jeder Form sowie die W iedergabe durchFernsehen, Rundfunk, F ilm, B ild- und Tonträger, die Speicherungund Verbreitung in elektronischen Medien oder Benutzung fürVorträge, auch auszugsweise, nur mit G enehmigung des Verlags

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Umschlag- und Münzbilder: Archiv MoneyMuseumMünzbilder S . 56 o.: Ph. G rierson, Münzen des Mittelalters (1976);S . 44 und 48 o.: M. J. Price, Monnaies du Monde Entier (1983);S . 44 u.: S taatliche Münzsammlung München, Vom Taler zum Dollar(1986); S . 56 u.: Seaby, Coins of England and the United Kingdom(1998); S . 57, Archiv Deutsche Bundesbank; S . 60 o.: H . Rittmann,Moderne Münzen (1974)Karten: Dagmar Pommerening, BerlinSatz: O esch Verlag, ZürichDruck und B indung: ?Printed in G ermany

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Inhalt

Vorwort des Herausgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

Der alte O rient . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

D ie G eburt der Münze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

D ie Drachme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

Der Denar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

Der Solidus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

D inar und D irhem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

Der Pfennig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

G roschen, Gulden, Taler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

Der spanische Peso . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

Der holländische Gulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

Der Maria-Theresien-Taler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

Der Franken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

Das Pfund S terling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

Der US-Dollar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

Der Euro . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

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Vorwort des Herausgebers«Münzen erzählen G eschichten. S ie sind Mittel zum Zweck,aber auch in Schönheit und B edeutung eigenständige Objekte.D ie griechischen Münzkleinode aus S izilien sind die P icassosdes A ltertums.» (Leo Mildenberg)

Können S ie sich vorstellen, ohne das rasselnde Kleingeld in IhrerTasche auszukommen? Werden unsere Urenkel nie mehr einG eldstück in der Hand halten? Im frühen 3. Jahrtausend nachChristi G eburt sieht es aus, als entmaterialisiere sich das G eld.Ursprünglich bestand G eld aus G rundstoffen wie Muscheln,Kupfer, S ilber und Gold, dann während 2000 Jahren aus Mün-zen und nach E inführung der Banknoten im 19. Jahrhundert auchaus Papier. Heute umfasst es Kreditkarten, Schecks, Konten,auf Chips gespeicherte Leuchtzeichen und Bonuscoupons wieF lugmeilengutschriften. In neuester Zeit kommen vermehrtwieder Währungssysteme zum Zug, die an den Tauschhandelder vormünzlichen Zeit anknüpfen. Münzen hingegen werdennur noch für kleine Beträge gebraucht. Wer heute mit Bargeldbezahlt, ist in vielen Fällen bereits ein Exot. D ie Münze, langeZeit der greif- und sichtbare Inbegriff von G eld, findet immerweniger Verwendung. Vieles deutet darauf hin, dass ihre 2500-jährige G eschichte zu Ende geht. Doch um das Heute und dasMorgen zu verstehen, ist es wichtig, das G estern zu kennen.

In «Drachme, D irhem, Taler, Pfund» verbindet das MoneyMuseumMünzen und historische Karten mit Texten, anhand deren S ie die G eschichte der Menschheit seit den Anfängen des G eldesdurchlaufen können. Dabei begegnen S ie einigen der schönstenund aussagekräftigsten S tücke aus der Münzgeschichte, Klein-oden aus der Vergangenheit, die unserer G egenwart zugrundeliegt.

Dass Münzen nicht bloss zum Erwerb von D ingen gut sind, son-dern auch beredtes Zeugnis ihrer Zeit ablegen und uns durchihre künstlerische Schönheit berühren, hat der Numismatiker,Münzhändler und Antikensammler Leo Mildenberg (1913 2001)im E ingangszitat treffend formuliert. Münzen zu sammeln, bedeu-tet auch für mich, das G edächtnis der Kultur zu bewahren.Denn auf einer Münze verbinden sich W irtschaft, Politik undKunst auf dichtestem Raum.

Jürg C onzettwww.moneymuseum.com

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Der alte Orient

Das 3. Jahrtausend v. Chr. –erste Vorformen von Geld

D ie ältesten Hochkulturen der Menschheit ent-standen, wo F lüsse die Felder fruchtbar machten,in Mesopotamien und Ägypten. Dort finden wirauch die ältesten Wurzeln dessen, was wir heuteals G eld kennen. Bereits im 3. Jahrtausendv. Chr. wurden in Mesopotamien Rechnungen mitS ilber beglichen. A llerdings bediente man sichdafür keiner «Münzen», sondern wog das Metallab. D ie dafür benutzten G ewichte wurden vonden O brigkeiten streng überwacht.Der kleine Mann rechnete in Mesopotamien übri-gens nicht in S ilber, sondern in G etreide, dasebenfalls als eine Art G eldersatz in genau abge -wogenen Mengen verwendet wurde.

Halys

Euphrat

Tigris

WanseeUrmiasee

Tyros

Katna

Konya

Tarsus

Ankara Hattusa

Kanesch

Mazaka

Ebla

Aleppo

Karkemisch

Chagar Bazar

Nisibis

Ninive

Mari

Hit Sippar

Akkad Der

BabylonKisch

NippurUruk

Ur

Eridu

Umma

Susa

Tepe Sialk

Tepe Hissar

Assur

Eschnunna

Urbilum

Rawandiz

Ugarit

Byblos

Palmyra

Klein-asien

Ägypten

Syrien

A n a t o l i e n

E l a m

Me s o p o t a m

i e n

Kilikien

H e t h i t e r

A m o r i t e n

Mittelmeer

Meer

Kaspisches

PersischerGolf

Schwarzes Meer

frühere Küstenlinie

Frühe sumerische Besiedlung

Akkadenreich (um 2360–2230 v. Chr.)

3. Reich Ur (um 2112–2004 v. Chr.)

Hammurabi-Reich (um 1700 v. Chr.)

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Mesopotamien, Tontafel mit Keilschrift,ca. 2350–2150 v. Chr.

Das griechische Wort für Schreiben bedeuteteursprünglich «einritzen». Der G rund dafür liegt inder G eschichte der Schrift. D ie älteste Schrift,die Keilschrift, wurde gegen Ende des 4. Jahrtau-sends v. Chr. in Mesopotamien (heute Irak) ent-wickelt: Man schrieb, indem man schräg gestutzteG riffel in feuchten Ton drückte, was keilförmigeZeichen hinterliess. Festgehalten wurde, was dieMenschen bewegte, und das waren natürlichauch wirtschaftliche Vorgänge: Verkäufe und Wa-renlisten, S teueraufstellungen und Kreditverträge.Apropos Kredit, durch ähnliche Täfelchen sindwir darüber informiert, dass zur Zeit Hammurabisder Tempel S ilber gegen jährliche Z insen inHöhe von 20 % auslieh.

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Persische Königsstrasse

Ägypten

Kyrene

Alexandria

Memphis

Gaza

Sardis Dina

GordionMazaka

Harran

SusaPersepolis

Kabul

Baktra

Babylon

Arbela

Ninive

Byzanz

Antiochia

SidonTyros

Kasp isches Meer

Schwarzes Meer

Arab isches Meer

Pers ischer Go l f

Ara lsee

M i t te lmeer

Syrien

Lydien

Ionien Assyrien

Babylonien

Medien

ArmenienParthien

Baktrien

Skythen

Thrakien

Makedonien

Elam

Oxus

Indus

Tigris

Euphrat

Perserreich (550–331 v. Chr.)

Grösste Ausdehnungdes Perserreiches

Die Geburt der Münze

Zwischen Persern und Griechen

In der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts v. Chr.entstanden in Kleinasien, im G renzbereichzwischen dem persischen Imperium und dergriechischen Welt, die ersten Münzen. Es han-delte sich um kleine, nach einem genormtenG ewicht ausgebrachte Klümpchen aus E lektron,einer Mischung von Gold und S ilber. S ie wurdendurch ein Motiv als Produkt einer bestimmtenQuelle gekennzeichnet. O b hinter diesen erstenMünzen Händler stehen, Handwerker, Herrscheroder Priester, wissen wir nicht.

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Sardis (Lydien), Stater, Gold (8,08 g),nach 550 v. Chr.

Traditionell bringt man die S tatere, die auf ihrerVorderseite das Vorderteil eines mit einem S tierkämpfenden Löwen zeigen, mit dem lydischenKönig Krösus in Verbindung, der etwa von 560bis 547 regierte. Sein Name ist uns heute nochals Bezeichnung für einen besonders reichenMann gegenwärtig. Tatsächlich verfügte dieserletzte lydische König über grosse Ressourcen anEdelmetall, vor allem über das Gold aus demPaktolosfluss. Doch auch die Tribute der unter-worfenen reichen Handelsstädte an der KüsteKleinasiens trugen zu seinem Reichtum bei.So ist es durchaus möglich, dass er um das Jahr560 eine Münzreform durchführte und die altenE lektronmünzen durch ein bimetallisches Nomi-nalsystem ersetzte. Darin standen zum erstenMal in der G eschichte Münzen aus Gold und S il-ber in einem festen Verhältnis zueinander. D ieneue Währung basierte auf dem Goldstater zuetwa 8 g, der 10 S ilberstateren entsprach. DerS tater wurde in unterschiedlichen Teilstückenausgeprägt, um leichter kleine Summen zahlenzu können – wobei selbst die kleineren Teil-stücke, die 1⁄48 S tatere mit einem G ewicht vonetwa 0,16 g, noch wertvoll waren. D ie neueMünze war so beliebt, dass die Perser nach derEroberung des lydischen Reichs im Jahr 547die Prägung beibehielten. Deshalb wissen wirnicht genau, ob unser S tück nicht erst nachKrösus von den Persern für den Handel mit dengriechischen S tädten geprägt wurde.

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Von Kleinasien aus trat die Münze als Tauschobjekt einenS iegeszug durch die griechischen S tädte im ganzen Mittel-meerbecken an. Innerhalb von nur zwei G enerationenbeherrschte sie alle Marktplätze, auf denen G riechen ihreWaren anboten. D ie G ründe dafür waren vielschichtig. S iedürften unter anderem in der etwa gleichzeitigen politischenUmgestaltung der griechischen S tädte zu sehen sein: Ausvom Adel geführten S tämmen entwickelten sich städtischeG emeinschaften, deren Bürger ihren sozialen S tatus nichtmehr ausschliesslich nach ihrer G eburt, sondern auch nachihrem Reichtum bemassen. G leichzeitig nahmen der inner-städtische Handel und der Fernhandel zu. N icht zuletztförderte die Versorgung des Marktes mit Kleingeld die Ent-stehung einer arbeitsteiligen G esellschaft.Das neue Medium Münze bot den aufstrebenden S tädtenviele Vorteile, und trotzdem existierten noch jahrhunderte-lang rund ums Mittelmeer G emeinschaften, die ohnejegliche eigene Münzprägung auskamen.

Sardis (Lydien), 1⁄3 Stater, Silber (3,45 g),nach 550 v. Chr.

Auch wenn die goldenen S tatere beeindruckender wirken –zu dem Münzmetall des antiken G riechenland wurde dasS ilber. G lücklich die S tädte und S tämme, die über eigeneS ilbervorkommen auf ihrem G ebiet verfügten! Der ReichtumAthens und seine militärische S tärke gehen unter anderemauf die S ilbervorkommen im benachbarten Laurion zurück.Wer selbst kein oder nicht genügend S ilber abbaute,musste das Rohmaterial für seine Münzen auf dem freienMarkt kaufen oder die Münzen anderer S tädte einschmel-zen, um sie nach dem eigenen S tandard und mit demeigenen Münzbild neu auszuprägen.

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I l l yr i e nM a k e d o n i e n

Th e s s a l i e n

Ä t o l i e n

A c h a i a

E u b ö a

L a k o n i e n

A t t i k a

Ky k l a d e n

B o ö t i e n

L o kr i s

C h a l k i d i k eTh a s s o s

E p iru s

Thra k i e n

M y s i e n

P hr y g i e n

Kar i e n

I o n i e n

Ly d i e n

L e m n o s

AthenSalamis

Marathon

Lar issa

Byzanz

Pel la

Argos

Sard is

Ephesos

Mi le t

Abydos

Abdera

R h o d o s

L e s b o s

C h i o s

N a x o s

K y t h e r a

I O N ISC H E S

M E E R

Ä G Ä ISC H E S

M E E R

M A R M A R A M E E R

Persisches Reich (497 v. Chr.)

Persische Eroberung (492 v. Chr.)

Neutrale und pro-persische Staaten

Griechische Verbündete

Weg des Mardonios zu Wasser und zu Lande (492 v. Chr.)

Weg des Datis und Artaphernes zu Wasser(490 v. Chr.)

Weg des Xerxes zu Wasser und zu Lande(480 v. Chr.)

Die Drachme

Athen als griechische Hegemonialmacht

D ie Perserkriege (500–448 v. Chr.) begründeten AthensS tellung als Schutzmacht der griechischen S tädtegegen die Perser. Mit seiner starken F lotte schützteAthen seine Verbündeten, erlegte ihnen aber gleichzeitigdie Pflicht auf, entweder selbst Schiffe zum Kampf zustellen oder Tribut an die Bundeskasse zu zahlen.War der erste Attische Seebund, der 477 gegründetwurde, zunächst noch ein Bündnis unter G leichen,entwickelte sich Athen bald durch seine überlegenenMachtmittel zu einer aggressiven Herrscherin, welchedie Tribute der Bundesgenossen nach eigenem Gut-dünken verwendete.

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Athen, Tetradrachmon,Silber (17,2 g), um 455 v. Chr.Zwischen 510 und 500 führten die Athener dasMünzbild ein, mit dem ihre Drachmen weltberühmtwerden sollten: die Eule, heiliges Tier der gött-lichen Schützerin der S tadt Athen, Athene. S ienannten ihre neue Münze Drachme und teiltensie in 6 O boloi ein. D ieses System scheint in dervormünzlichen Vergangenheit zu wurzeln, als inG riechenland noch Metallspiesse als Tauschmittelgalten. E in Metallspiess war ein O bolos, undsechs Metallspiesse ergaben eine «Handvoll»,also – auf G riechisch – eine Drachme.D ie frühen Eulen sind sehr selten, die im Verlaufdes 5. Jahrhunderts geprägten dagegen überaushäufig. D ies liegt daran, dass Athen das S ilberaus der Kasse des Attischen Seebundes dafürverwendete, Münzen zu prägen und damit denAusbau der Infrastruktur Athens zu bezahlen.Während des goldenen Zeitalters unter Perikleswurde nicht nur die Demokratie aus den Mittelnder Bundesgenossen finanziert, die ganze Akro -polis wurde völlig neu gestaltet! 1000 Talente,also 6 Millionen Drachmen, sollen allein derParthenon und die Propyläen gekostet haben.Für die berühmte Athenestatue des Phidias sollenzwischen 600 und 1000 Talente aufgewendetworden sein.Jeder, der im D ienst der Demokratie nicht zurArbeit gehen konnte, wurde entlohnt. So erhieltein Richter am Tag 2 O bole, er hätte also zwölfTage zu G ericht sitzen müssen, um ein Tetradrach-mon wie das unsere zu verdienen.D ie Drachme von Athen wurde zu einer der be-liebtesten Handelsmünzen der klassischen Antike– ihr G ewichtsstandard breitete sich im ganzenMittelmeerbecken aus. Zahlreiche Münzherrenahmten sie nach, ehe die Drachmen A lexandersdes G rossen die athenische Drachme ablöste.

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Syrakus (Sizilien), Dekadrachmon,Silber (43,3 g), um 405 v. Chr

Münzen waren im antiken G riechenland nichtnur Tauschobjekte. D ie S tadtväter engagiertendie besten S tempelschneider ihrer Zeit und wa-ren stolz auf die Kunstwerke, die diese schufen.E in gutes Beispiel dafür ist die Münzprägungvon Syrakus, der bedeutendsten Handelsstadtauf S izilien.Das Motiv auf den G rosssilbermünzen vonSyrakus blieb gleich – und das während mehrals 100 Jahren. Etwa von 510 an zeigten dieMünzrückseiten Arethusa, eine Quellnymphe,welche die wichtige Festung O rtygia, die vonSalzwasser umgeben auf einer Insel lag, mitSüsswasser versorgte. D ie Syrakusaner sahenin diesem G eschenk der Natur ein Zeichen dergöttlichen Gnade und dankten es der Quellnym-phe durch ihre Verehrung und dadurch, dass siesie als Münzbild wählten. S ie bildeten die jungeFrau aber nicht einfach nur ab. Arethusa verän-derte sich, wurde mit unterschiedlichen Frisurenund Physiognomien dargestellt.E in besonders schönes Beispiel ist unser Deka-drachmon, dessen S tempel von Kimon geschnit-ten wurden. Ihm wurde die Ehre zuteil, seinenNamen auf dem S tempel zu verewigen: DerDelphin unter dem Hals von Arethusa trägt dieBuchstaben KIMΩN , und auf dem Haarbandder Arethusa lesen wir direkt über ihrer S tirn denersten Buchstaben des Namens des S tempel-schneiders, K. Solche S ignaturen sind eine Aus-nahme. B is weit in die Neuzeit hinein blieben dieKünstler, welche die Münzen schufen, anonym.

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Die Eleer für Olympia (Peloponnes),Stater, Silber (12,2 g), um 350 v. Chr.

FA auf der Rückseite der Münze ist die Abkürzungvon Faleion und bedeutet «(Münze) der E leer».D ie E leer waren das Volk, dem die Aufsicht überdas Heiligtum von O lympia anvertraut war. S ieorganisierten alle vier Jahre die grossen O pfer zuEhren des Zeus, in deren Rahmen die O lympi-schen Spiele stattfanden. D iese lockten ganzeMassen von G riechen aus allen Teilen des Mittel-meerraumes an. D ie Besucher mussten natürlichmit einer einheitlichen Währung versorgt werden,um den Handel zwischen den Festbesuchern zuerleichtern. Und so prägten die E leer vom zweitenViertel des 5. Jahrhunderts an anlässlich derO lympischen Spiele Münzen. Natürlich keine G e-denkmünzen – die Idee der G edenkmünze bliebder Neuzeit vorbehalten.

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SchwarzesKasp isches

Ara lsee

MeerMeer

Arab isches Meer

Pers ischer Go l f

M i t te lmeerArbela

Persepolis

Alexandria

Alexandria

Memphis

Tyros

Gaza

Byzanz

Syrakus

Rom

Tarent

Kyrene

Karthago

Herat

Babylon

GordionSardis

Pella

Sparta

ZypernKreta

Sardinien

Sizilien

Ägypten Arabien

Numidien

Italien

Thrakien

Libyen

Iberien

Indien

Syrien

ArmenienBaktrien

Parthien

Nil

Euphrat

Tigris

Oxus

Indu

s

Grenze des Alexanderreiches(323 v. Chr.)Machtbereich Karthagos

Das Alexanderreich

A ls A lexander seinen grossen Feldzug gegendie Perser begann, standen den 70 Talenten inseiner Kriegskasse 200 Talente Schuldengegenüber. Nur wenige Jahre später hatte sichseine desolate F inanzlage völlig ins G egenteilgewandelt. D ie Eroberung Susas brachte ihm50000 Talente S ilber ein, die von Persepolis120000, die von Ekbatana 180000. Damitverfügte A lexander über mehr S ilber als je einG rieche vor ihm. Er vergrub die Schätze nicht,wie es die Perser getan hatten, in seinenSchatzkammern, sondern initiierte die grössteMünzemission, die es bis dahin gegeben hatte.

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Philipp II., König der Makedonen 359–336 v. Chr.,Stater, Gold (8,6 g)

Unter dem Vater A lexanders, Philipp II., wurdeGold in G riechenland wieder zu einem gleich-berechtigten Münzmetall, das als S tater nebenden allgegenwärtigen Tetradrachmen kursierte.D ie Eroberung der Goldbergwerke des Pan-gaiongebirges in Nordgriechenland hatte dieAusprägung von Goldmünzen im grossenS til möglich gemacht.Philipp wählte damals für seine Münzen einMotiv von propagandistischem Wert. Auf derVorderseite sehen wir Apoll, in dessen NamenPhilipp gegen die Phoker gekämpft, auf derRückseite das G espann, mit dem er in O lympiagesiegt hatte. Mit diesen Münzen zahlte dergrösste aller makedonischen Könige nicht nurseine Söldner, sondern auch die Politiker, diein G riechenland seine Interessen vertraten.Sein Sohn A lexander liess diesen Münztypweiterprägen. Und bei diesem besonderen S tückmit dem delikaten G esicht des Apollon möchteneinige Archäologen sogar an ein Porträt A lexan-ders denken.

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Alexander III., König der Makedonen336–323 v. Chr.,Tetradrachmon, Silber (17,1 g),Memphis (Ägypten)

Millionen von Tetradrachmen mit dem Kopf desHerakles auf der Vorderseite und der F igur desZeus auf der Rückseite wurden unter der Herr-schaft A lexanders geprägt. Trotzdem sind die zuLebzeiten A lexanders herausgegebenen Tetra-drachmen nur eine Randerscheinung, verglichenmit der Massenemission, die nach dem TodA lexanders entstand. Denn die Händler in derganzen damals bekannten Welt hatten sich andiese Münzen gewöhnt. So prägten also allewichtigen Handelsstädte Tetradrachmen nachdem A lexandertyp, und das bis ins 1. Jahrhun -dert v. Chr.Kleine Unterschiede der Darstellung zeigen uns,wann und wo diese Münzen entstanden sind.So weist das Münzzeichen – in diesem Fall dieRose für Memphis – auf den Prägeort hin. DasG esicht des Herakles ähnelt, je später die Münzegeprägt wurde, umso mehr dem A lexanderpor-trät. Das hat einen guten G rund. A lexander selbstliess sein Antlitz noch nicht im Münzbild darstel-len. D ies änderte sich jedoch unter seinen Nach-folgern. Das menschliche G esicht eroberte dasMünzbild so sehr, dass sich spätere S tempel-schneider nicht mehr vorstellen konnten, dassA lexander sein Porträt nicht auf Münzen hattesetzen lassen. Deshalb glichen sie die Zügedes Herakles den bekannten G esichtszügenA lexanders an.

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Der Denar

Roms Aufstieg zur Weltmacht

Von einer unbedeutenden S tadt in Mittelitalien,am Schnittpunkt der verschiedenen Kulturengelegen, entwickelte sich Rom zur mächtigenHerrscherin Italiens, um von dort aus die damalsbekannte Welt zu erobern. S izilien, Spanien,Kleinasien, G allien – bald verfügte Rom über dieE inkünfte reicher Handelsstädte und noch rei-cherer Metallvorkommen.Mit der römischen Herrschaft verbreitete sichdie römische Münze, der Denar, der mitten ineiner Zeit der höchsten Bedrohung, während derKämpfe gegen Hannibal im Zweiten PunischenKrieg, kurz vor 211 v. Chr. entstanden war undbis ins 3. Jahrhundert n. Chr. ausgeprägt wurde.

Roma

Emerita Augusta

Carthago

Alexandria

Hierosolyma

Damascus

Athenae

Byzantium

Cyrene

Numidia

Africa nova

Africa

Hispania

Aegyptus

Dacia

Thracia

Macedonia

Germania

Gallia(49 v. Chr.)

Mauretania

RegnumParthorum

Italia

Mare In ternum(M i t te lmeer)

Oceanus Atlanticus(Atlantischer Ozean)

Pon tus Eux inus(Schwarzes Meer)

Danuvius

Rhenus

ViaduaAlbis

Iberus

Liger

GalliaGalliaCisalpina

Sicilia

Narbonensis(121 v. Chr.)

Illyricum

Tagus

(146 v. Chr.)

(67 v. Chr.)(58 v. Chr.)

(64 v. Chr.)

(133 v. Chr.)(116 v. Chr.)AsiaAsia

Bithynia

(74 v. Chr.)

CretaCyprus

SyriaCilicia (102 [67] v. Chr.)

(146 v. Chr.)

(74 v. Chr.)

Das Römische Reich zu Beginn der Bürgerkriege (133 v. Chr.)

Erwerbungen bis zum Abschluss des 1. Triumvirats(60 v. Chr.)

Erwerbungen bis zum Tode Caesars (44 v. Chr.)

Von Rom abhängige Staaten

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Römische Republik, Denar,Silber (4,5 g), 211 v. Chr.

Am Höhe- und Wendepunkt des Zweiten Puni-schen Krieges gegen Hannibal, kurz nach derEroberung von Syrakus, machten die Römer inden Jahren zwischen 213 und 211 einen radika -len Währungsschnitt. S ie führten den Denar ein,eine S ilbermünze von ca. 4,5 g, die 10 bronzeneAsse galt, wie das X, also die römische Zehn,hinter dem weiblichen Kopf zu erkennen gibt.D iese Frau mit Helm wird traditionell mit Roma,der Personifikation des römischen S tadtstaates,gleichgesetzt. D ie Rückseite zeigt die D ioskuren,die den Römern als eine Art göttlicher Helfer inhöchster G efahr galten.

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C. Julius Cäsar, Denar,Silber (3,7 g), März 44 v. Chr.

Caesar dictator perpetuo – Caesar, A lleinherrscher aufLebenszeit, das war neu für die Römer. D ie städtische Ver-fassung kannte das Amt des D ictators, der in Krisenzeitengewählt wurde, um während eines genau festgelegten Zeit-raums die alleinige Befehlsgewalt auszuüben. Aber dassso ein Amt ohne Begrenzung verliehen wurde, das erschienden Römern als ein grosser Skandal. Ähnlich sahen sie dieTatsache, dass Caesar sein Porträt auf dieser Münze darstel-len liess. So etwas hatten bisher nur die griechischen Herr-scher getan, die man in Rom als Tyrannen betrachtete. DasG esicht eines lebenden Römers auf einer Münze muss da-mals in den Kreisen der O berschicht als Fanal gewirkt haben.Nur wenige Tage nach der Prägung unserer Münze wurdeCaesar ermordet.Das römische Volk freilich hatte anders auf diesen Mannreagiert, der nach der schrecklichen Zeit des Bürgerkriegswieder O rdnung in das Leben brachte. S ie verehrten Caesarund unterstützten seinen Erben O ctavian, der als Augustusdie Herrschaft der römischen Kaiser begründen sollte.

Der Denar löste ein höchst komplexes G efüge an römischenPrägungen ab: D ie S tadtväter hatten seit Ende des 4. Jahr-hunderts v. Chr. für unterschiedliche Zwecke unterschiedlicheMünzen ausgegeben. Da gab es S ilbermünzen nach griechi-schem S tandard für die griechischen S tädte im SüdenItaliens und Bronzebarren für die italischen G emeinden inMittelitalien. Um 280/275 begann man in Rom selbst,schwere Bronzemünzen herzustellen, das Aes grave. A ll die-se Münzformen kursierten mit mehr oder minder grossenSchwierigkeiten nebeneinander, ehe durch die Münzreformdes Zweiten Punischen Krieges das römische Münzsystemfür Jahrhunderte vereinheitlicht wurde.Der Denar wurde zur erfolgreichsten Währung aller Zeiten.Sein Name wurde zum Inbegriff der Münze und lebt in vielenmodernen Bezeichnungen fort.

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Caracalla, römischer Kaiser 198–217,Antoninian (= doppelter Denar), Silber (5,1 g)

D ie Verteidigung der römischen G renzen gegendie beginnende Völkerwanderung überforderte dieMittel des Imperiums. Solange neue G ebiete demReich hinzugefügt wurden und damit ständig neueG esellschaften monetarisiert werden mussten, hattees noch keine Rolle gespielt, dass der Nominalwertdes Denars weit über seinem Metallwert lag. D iesänderte sich jedoch in der Zeit der Soldatenkaiser.S ie brachten die immensen Mittel zur Bezahlungdes Heeres auf, indem sie den S ilbergehalt desDenars radikal reduzierten. Caracalla beteiligte sichan dieser Entwicklung, indem er einen doppeltenDenar herausbrachte, der nur das 11⁄2-fache G e-wicht eines Denars hatte. D ieses neue Nominalheizte die Inflation weiter an – erst D iocletian, dergrosse Reformator des Römischen Reichs, sollteversuchen, durch eine Währungsreform wiedergesicherte G eldverhältnisse herzustellen. Er schei-terte kläglich.

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Der Solidus

Die Erben Roms – das Byzantinische Reich

Während das Weströmische Reich in den S türmender Völkerwanderung unterging, überlebte dierömische Verwaltung, das römische W irtschafts-und Heerwesen im Ostteil des Römischen Reiches,der nach dem alten Namen seiner HauptstadtByzanz von modernen H istorikern als das Byzanti-nische Reich bezeichnet wird. Trotz erheblicherG ebietseinbussen auf dem Balkan, im VorderenO rient und in Afrika existierte das ByzantinischeReich nach dem Fall Westroms 476 noch knappe1000 Jahre, bis zu einer Eroberung durch dieTürken im Jahr 1453.

A t l a n t i s c h e rO z e a n

S c h w a r z e s M e e r

R o t e s Me e r

M i t t e l m e e r

Byzantinisches Reich zu Beginn der Herrschaft Justinians (527 n. Chr.)

Rückeroberungen durch Justinian(565 n. Chr.)

Westgotenreich

Maurusier

Fränkisches

ReichLangobarden

Gepiden

SlawenAwaren

Alanen

Sassanidenreich

Araber

Sweb

enre

ich

Konstantinopel

Donau

Tigris

Euphrat

Nil

Cherson

Petra

Antiochia

Ankyra

Damaskus

Alexandria

AthenSyrakusKarthago

Tripolis

Rom

RavennaMarseille

Córdoba

ZYPERNKRETA

SIZILIEN

KORSIKA

SARDINIENBALEAREN

RHODOS

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Constantin I., römischer Kaiser 307–337,Solidus, Gold (4,45 g), Trier, 314

Im Jahr 324 gründete der römische KaiserConstantin eine neue S tadt, die seinen Namentrug, Constantinopolis. D iese am Schnittpunktzwischen West- und Ostreich gelegene Metro-pole sollte das alte Rom als Hauptstadt desRömischen Reichs ablösen.D ie G ründung der neuen S tadt fällt zeitlich etwazusammen mit der E inführung des Solidus, derneuen Goldmünze des Römischen Reiches, diezunächst 309 in Trier geprägt wurde, von 324 anim gesamten Römischen Reich. Der Soliduswurde – wie schon sein Name versprach – eineüberaus stabile Münze, die mehr als 1000 Jahrelang fast unverändert blieb und damit die umlie-genden Währungssysteme nachhaltig prägte. Soimitierten die S tämme der Völkerwanderungszeitden Solidus zunächst, ehe die Merowinger ihreMünzprägung auf der Basis der Drittelstücke,der Tremisses, aufbauten.Ehe die ersten westlichen Handelsgoldmünzenin Italien geprägt wurden, war der Solidus dieGoldmünze, die auch im Abendland kursierte.

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Justinian II., byzantinischer Kaiser685–695 und 705–711, Solidus, Gold (4,4 g),Constantinopel, nach 705

Vom Jahr 44 v. Chr. an hatten die Köpfe der römi-schen und byzantinischen Herrscher die Vorder-seiten der Münzen eingenommen. Erst Justinian II.sollte mit dieser Konvention brechen. Er bemühtesich, den inneren Zusammenhalt seines Reichesgegenüber den äusseren Feinden zu stärken,indem er sein Kaisertum als göttliche Institutionfeierte. In seinen Münzen spiegelt sich diesePolitik wider: D ie Büste des Kaisers wurde vonder Vorderseite der Münzen auf die Rückseiteversetzt. D ie Vorderseite wurde Christus überlas-sen.Doch dies blieb nicht lange so. 726 beganndie Epoche des B ilderstreits. Darin versuchtenvom Islam beeinflusste Kleriker die byzantinischeB ilderverehrung zu beenden. Mehr als 100 Jahrelang war das B ild Christi umstritten. Erst im Jahr843 bekamen die Ikonodulen, also die B ilder-verehrer, das politische Übergewicht. S ie aner-kannten auf einem Konzil die Ikonen und ihre Ver-ehrung als rechtmässigen Ausdruck des christli-chen G laubens.

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Dinar und Dirhem

Der Islam erobert den Orient

Der Prophet Mohammed erlebte seine O ffenbarung imfrühen 7. Jahrhundert n. Chr. in Mekka, einem wichtigenHandelszentrum Arabiens. D ie islamische Ära beginnt mitseiner F lucht von Mekka nach Medina, auf die sich dieZeitangaben auf islamischen Münzen auch heute nochbeziehen.In Medina gründete Mohammed den ersten muslimischenS taat, der sowohl das religiöse als auch das weltlicheLeben seiner Untertanen regelte. D ie religiöse E inheit gabden islamischen S taaten die Schlagkraft, ihre Macht undihre Religion in der gesamten östlichen Hälfte des Mittel-meeres zu verbreiten. Innerhalb kürzester Zeit unterstan-den die ehemaligen G ebiete der Sassaniden und eingrosser Teil der alten Provinzen von Byzanz islamischerKontrolle.

Poitiers

M I T T E L M E E R

A R A B I S C H E S M E E R

A R A L S E EKASP ISCHES MEER

ROTES MEER

PER S ISCHER GOLF

S C H W A R Z E S M E E R

Frankreich

Spanien

Maghreb

Libyen Ägypten

Hadramaut

Reich der Chasaren

Krim

SyrienMesopotamien

Fars

Gorgan

Khorasan

Makran

Pandschab

Sind

Fergana

Transoxanien

Oman

Bahrain

Armenien

Hidjas

Jemen

Byzantinisches Reich

Toulouse

Bordeaux

Amaya

Granada

Tanger Tahudan

Subaytila

Karthago

Tripolis

Alexandria Heliopolis

Jerusalem

Damaskus

Konstantinopel

Tarsus

Aila

Medina

Mokka

Mekka

Amida

Derbent

ErzurumArdebil

Ahwas

Istakhr

Susa

Merw

Buchara

Taschkent Kaschgar

Samarkand

Kabul

Nischapur Herat

Balch

CórdobaToledo

Saragossa

Muslimisches Gebiet 632 n. Chr. Ausbreitung des Islam bis 656 n. Chr. Ausbreitung des Islam bis 750 n. Chr.

Sardinien

Korsika

Sizi l ien

Kreta Zypern

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Abd al-Malik, Kalif und Herrscher desOmaijadenreichs 685–705, Dinar,Gold (4,23 g), Damaskus, 83 AH (= 702)

Abd al-Malik führte im Jahr 696 – oder 77 nachder Hedschra, der F lucht aus Mekka – eineMünzreform durch. B is dahin hatten die Omaija-den die S ilbermünzen der Sassaniden und dieGoldmünzen der Byzantiner nachgeahmt, abervor allem deren Darstellungen schienen für einmuslimisches Reich nicht passend zu sein. DasB ilderverbot, das zunächst sehr lässig gehand-habt worden war, fand immer grössere Beach-tung. So schuf Abd al-Malik eine neue Gold-währung, den D inar im G ewicht von 20 arabi-schen Karat oder 4,25 g. D ie Darstellung fasstedas Wesentliche der islamischen Botschaft zu-sammen: Auf der Vorderseite konnte man lesen:«Es gibt keinen Gott ausser A llah; er hat keinenneben sich.» D ie Rückseite zeigte folgende Auf-schrift: «Gott ist einzig, Gott ist ewig, er zeugtnicht und wurde nicht gezeugt.»

Al-Walid, Kalif und Herrscher desOmaijadenreichs 705–715, Dirhem,Silber (2,77 g), Abarshahr, 92 AH (= 711)

Zusammen mit dem goldenen D inar wurde einsilberner D irhem eingeführt, dessen G ewicht sichnach den lokalen G ewohnheiten der Prägendenrichtete.Heute werden zahlreiche D irhems nicht auf ara-bischem G ebiet gefunden, sondern vor allem inSkandinavien. D ies liegt daran, dass vom 9. Jahr-hundert an Handel treibende W ikinger aus demNorden über die F lüsse von Russland in denNahen Osten fuhren, um dort Sklaven, Felle,Honig und Wachs gegen S ilber einzutauschen.D ie W ikinger sollen so viel S ilber exportierthaben, dass die natürlichen S ilbervorkommen un-ter islamischer Kontrolle nicht mehr ausreichten,um den Nachschub an S ilbermünzen zu decken.Gold wurde das bevorzugte Münzmaterial.

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Marokko

West-sahara

Algerien

Mauretanien

Senegal

LiberiaElfen-beinküste Ghana

TogoBenin

Ruanda

KeniaUgandaKamerun

Zentral-afrikan. Rep.

Guinea

Tunesien

Libyen

NigerMali

Nigeria

Ägypten

Sudan

Dem. Rep.Kongo

Tschad

SierraLeone

Somalia

Äthiopien

Tansania

Namibia Sambia

Eritrea

Komoren

Malediven

Atlantischer OzeanIndischer Ozean

Jemen

OmanIndien

Iran

Russland

China

Philippinen

BruneiMalaysia

Kirgisien

Indonesien

Syrien

Turk- menistanTürkei

Kasachstan

IrakAfgha-nistan

Paki-stan

Saudi-Arabien

Vorwiegend muslimisches Gebiet

Gebiet mit starkermuslimischer Minderheit

Mekka

Die islamische Welt heute

1,4 Milliarden Menschen, etwa 28 % der Weltbe-völkerung, bekennen sich heute zum Islam. SeinHauptverbreitungsgebiet ist der Trockengürtel,der sich von der Sahara über den Nahen Ostenund den Kaukasus bis nach Zentralasien zieht.Doch auch in vielen anderen S taaten ist der Islamweitverbreitet. Indonesien zum Beispiel istweltweit der S taat mit der grössten Anzahl anmuslimischen S taatsangehörigen.D ie islamischen Länder sind heute in der O rga-nisation der Islamischen Konferenz, der O I C ,organisiert; ihr gehören auch einige Länder mitgrösseren muslimischen Minderheiten an.

Zur existenziellen Frage aller von Muslimen be-wohnten S taaten wurde inzwischen der S treit-punkt, ob ein säkularer muslimischer S taat über-haupt möglich sei. Seit der Kairoer Deklarationvon 1990 dringen fundamentalistisch gesonnenePolitiker darauf, die Scharia zur Basis derG esetzgebung in allen muslimischen S taatenzu machen. D ie unterschiedlichen Wertvorstellun-gen zwischen den von islamischen Fundamen-talisten regierten S taaten und den christlich ge-prägten, kapitalistisch organisierten Demokratienführ(t)en zu einer Reihe von Angriffen von Ex-tremisten beider Seiten.

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Abdülhamid II.,Sultan des Osmanischen Reiches 1876–1909,100 Piaster, Gold (7,2 g), 1896

Das Osmanische Reich modernisierte seine Münz-prägung im Jahre 1844, als unter E influss desWestens nicht nur Papiergeld eingeführt wurde,sondern auch die maschinelle Prägung. D ieMünzdarstellungen wurden stark säkularisiert, soteilten die Aufschriften nicht mehr religiöse Bot-schaften mit, sondern lediglich den Namen desSultans sowie Prägeort und -jahr.G eplant war bei der E inführung des Piasters,dass 100 goldene Piaster auf ein Goldpfund ge-hen sollten, das gleichzeitig 2000 silberneMedschidije galt. Doch spätestens ab 1873 sankder S ilber- im Verhältnis zum Goldpreis, sodassGoldmünzen nur noch mit einem 5 %igen Auf-schlag erworben werden konnten. Wer seinenRechnungsbetrag korrekt eintreiben wollte,musste unterscheiden, ob von einem Goldpiaster,einem S ilberpiaster oder gar einem Regierungs-piaster die Rede war. Erst unter der neuen türki-schen Regierung der Jungtürken wurde eineS taatsbank gegründet, mit der es zwar gelang,das Münzwesen, aber nicht die Inflation in denG riff zu bekommen.

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Der Pfennig

Das Reich der Karolinger um 800 n. Chr.

Karl der G rosse begründete das neue, westeuropäischeKaisertum, als ihm Papst Leo III. am 25. Dezember 800 n. Chr. in Rom die Kaiserkrone aufs Haupt setzte.Zu diesem Zeitpunkt vereinte Karl in seiner Person mehrMacht, als je ein Herrscher des Mittelalters vor ihm ge-habt hatte. Er beherrschte ein gewaltiges G ebiet von denPyrenäen bis nach Sachsen, von Friesland bis Kärnten, von Norditalien über Bayern, A lemannien, das Burgund bis Aquitanien.Karl versuchte in Nachahmung des Römischen Reichs, eine einheitliche O rganisation seiner Länder durchzusetzen.Dazu gehörten – neben einem einheitlichen Münzsystem –zum Beispiel die Königsboten, die im Namen Karls die Verwaltung des Landes durch Adel und Klerus kontrollier-ten. Sowohl Franzosen als auch Deutsche sind stolz auf«ihren» Herrscher «Charlemagne» bzw. Karl den G rossen,der seit 1165 zu den Heiligen der katholischen Kirchezählt.

Limoges Clermont

Ponthion

Aachen

Herstal

Ingelheim

Frankfurt

Strassburg

Salzburg

Mailand

Rom

Hamburg

Haithabu

Magdeburg

Regensburg

Würzburg

Nimwegen

TrierQuierzy Attigny

DiedenhofenParis

Barcelona

Arles

Lyon

Wien

Tortosa

BRETAGNE

KÖNIGREICHASTURIEN

OMAIJADEN-KALIFAT

NEUSTRIEN

SCHWABEN

AUSTRASIEN

BAYERN

BURGUND

PROVENCEKÖNIGREICH DER LANGOBARDEN (bis 774 n. Chr.)

AQUITANIEN

SACHSEN

FRIESLAND

BRETONISCHEMARK

SPANISCHE MARK

OSTMARK

MARK THÜRINGEN

BÖHMEN

MARK SACHSENWILZEN

ABODRITEN

SORBEN

KÄRNTEN

FRIAUL

ISTRIEN

VENEDIG

PANNONIEN

KÖNIGREICH DERAWAREN

Fränkisches Gebiet (um 714 n. Chr.)

Ausdehnung des Reichs (bis 814 n. Chr.)

Mark (Grenzland)

Fränkischer Königssitz

Reichsgrenze (814 n. Chr.)

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Karl der Grosse, Beherrscher deskarolingischen Imperiums 768–814,Pfennig, Silber (1,72 g), Mailand, nach 793/4

Bereits Karls Vater Pippin (König der Franken 751–768)hatte im Jahre 755 das Recht, Münzen zu prägen, fürsich als König reserviert. Karl der G rosse schuf um 781ein neues, einheitliches Münzsystem, das sich in einigenG ebieten bis ins 20. Jahrhundert halten sollte: DasPfund (lat. librum) wurde in 20 Schillinge (lat. solidi)bzw. 240 Pfennige (lat. denarii) geteilt. Ausgeprägt wur-de bis ins 13. Jahrhundert nur der Pfennig; Schillingund Pfund waren eine reine Recheneinheit.Dargestellt auf unserer Münze ist ein Kreuz mit derUmschrift «CAR(o)LVS REX FR(ancorum)», also «Karl,König der Franken». D ie Rückseite zeigt in der Mitte einMonogramm, das die Buchstaben C R O LS für Caroluszusammenzieht, darum herum ist der Name der Münz-stätte zu lesen: «ME D I O L» für Mediolanum bzw. Mailand.

Handel im frühen Mittelalter

W ir dürfen die Rolle, welche die Pfennige in der karolin-gischen W irtschaft spielten, nicht überschätzen. Nebendem uns heute vertrauten Kauf und Verkauf auf G eldba-sis gab es noch weitere Möglichkeiten, wie Luxuswarenund A lltagsgüter den Besitzer wechseln konnten. Vorallem Luxusartikel wurden auf höchster Ebene durchdiplomatische G eschenke verbreitet. Berühmt gewordenist der weisse E lefant, den Karl der G rosse von Harunar-Raschid zusammen mit kostbaren Textilien erhielt. A lsG egengeschenk gab Karl den arabischen Botschafternbei ihnen hochgeschätzte karolingische Schwerter mit.Der grösste Teil der alltäglichen W irtschaft aber basiertevon der Spätantike an auf dem sich selbst versorgen-den, autarken landwirtschaftlichen Betrieb, in dem alleserzeugt wurde, was seine Bewohner zum Lebenbrauchten. D ie wenigen Ausnahmen wurden durchTauschhandel erworben, indem der Gutsbesitzer seineüberschüssigen Produkte gegen fremde Ware ein-tauschte.

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Ludwig der Fromme, Beherrscher deskarolingischen Imperiums 814–840,Pfennig, Silber (1,66 g), Italien (?), nach 814

D ieser Denar zeigt auf der Vorderseite den Na-men Ludwigs mit Kaisertitel. Auf der Rückseite isteine christliche Kirche im antiken S til abgebildet,die Umschrift lautet: «XR ISTIANA RELI G I O»(lat. für christliche Frömmigkeit; das griechische Xsteht für Ch).Ludwig der Fromme trägt seinen Namen nicht zuUnrecht. Er kümmerte sich um eine Reform desKirchenrechts. Für das einheitliche Münzsystemwar seine politische Vorliebe schädlich: Im Jahr833 verlieh der Herrscher dem Kloster Corveydas Privileg, Münzen zu prägen, vermutlich, umseinen Beitrag zu den Baukosten der neuenKlosterkirche zu leisten. Denn das Münzprivilegwar mit hohen E inkünften verbunden: Dem Inha-ber des Münzrechts fiel die D ifferenz zwischenNominalwert und Herstellungskosten als Schlag-schatz zu.

Halberstadt, Pfennig, Silber (0,89 g), um 1200

Im Verlauf des Hochmittelalters verlor der deutscheKaiser an E influss, die S tädte gewannen an Macht –auch in der Münzprägung. Zahlreiche Handels-zentren okkupierten das Münzrecht und prägten fürihren eigenen Markt Pfennige. D iese wurden, umden Schlagschatz der Münzherren zu erhöhen, immerschlechter. S ie verloren an G ewicht und Feinheit.D ie Erscheinung gipfelte in den sogenannten Brak-teaten, dünnen, einseitig geprägten Pfennigen,die ihren (modernen) Namen von Bractea (lat. fürdünnes B lech) haben.E in grosser Teil der Brakteaten gehört zu den feins-ten Zeugnissen für die Kunstfertigkeit der hochmittel-alterlichen Handwerker. Unser S tück mit der ausge-zeichneten Abbildung des thronenden S tephanus,S tadtheiliger von Halberstadt, wurde von B ischofG ero von Schermke für sein B istum geprägt.

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London

Paris

Valladolid

Lissabon

Lyon VENEDIG

Neapel

Palermo

Toulouse

Barcelona

Valencia

Granada

Brüssel Nürnberg

Wien

Damaskus

Konstantinopel

Alexandria

Augsburg

27 Tage16 Tage

12 Tage

80 Tage

37 Tage

65 Tage

10 Tage

12 Tage

9 Tage

22 Tage

29 Tage

46 Tage

M i t t e l m e e r

S c h w a r z e s M e e r

Italiens Vorreiterrolle als Handelsmacht

Um das Jahr 1000 hatte es Europa geschafft:D ie äusseren Feinde waren an die G renzen zurück-gedrängt. D ie Araber hatten sich in den SüdenSpaniens zurückgezogen, die Normannen waren in die europäische Feudalwelt integriert und die Kirche hatte durch die Christianisierung die «heidnischen» S tämme der S lawen unter ihre Bot-mässigkeit gebracht. Damit hatte Westeuropa die Musse, sich auf sich selbst zu konzentrieren.D ie Jahrhunderte nach der Jahrtausendwendebrachten nicht nur politische Neuerungen, sondernauch eine Fülle von wirtschaftlichen Veränderun-gen. S tarke Klöster wie die der Z isterzienser rode-ten das Land und führten neue Methoden in derLandwirtschaft ein. S tädte etablierten sich alsZentren von Handel und G ewerbe. D ie Wegewurden sicherer. Durch die Kreuzzüge entstandenenge Verbindungen mit dem Osten. Bald durch-zogen viele aktive und mutige Kaufleute Europa,Afrika und Asien.

Groschen, Gulden,Taler

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Jacopo Contarini,Doge von Venedig 1275–1280,Matapan, Silber (2,18 g), o. J. (1275)

Unter der Regierung des Dogen Enrico Dandolo(1192–1205) wurde der erste venezianischeG rosso geprägt. Er war 24 Pfennige wert undsollte als Matapan bis in die Mitte des 14. Jahr-hunderts geprägt werden.D ie Idee, einen «G rosso», einen Fetten, also einegrössere S ilbermünze zu prägen, war nicht neu.G enua hatte bereits 1172 G rossi geprägt, andereS tädte waren gefolgt. Der Erfolg des venezia-nischen Matapan hing zusammen mit dem Macht-gewinn der Lagunenstadt. D ie ersten Matapanegab der Doge nämlich aus, um die Rechnungenfür den Bau der Schiffe zu begleichen, welche dieKreuzritter für ihre Überfahrt ins Heilige Land be-stellt hatten. D ie Kämpfer mussten sich zahlungs-unfähig erklären, sodass die Venezianer das Heerkurzerhand für ihre eigenen Zwecke missbrauch-ten: Der 4. Kreuzzug endete mit der EroberungKonstantinopels 1204. D ies war der Beginn desvenezianischen Handelsimperiums.

Das Warenangebot auf den Märkten verviel-fachte sich. N icht nur Luxusartikel, auch Nah-rungsmittel wurden nun über grössere Entfernun-gen gehandelt. Mit dem beschleunigten Waren-umschlag entstand das Bedürfnis nach grösserenMünznominalen. W irtschaftlich aktive S tadtkom-munen begannen, ihr G eld neu zu gestalten.Vorreiterrolle spielte dabei Italien, das auf dereinen Seite eine Brückenfunktion zwischen Westund Ost übernahm und in dem auf der anderenSeite durch das Fehlen einer effektiven Zentral-gewalt der Kaufmannstand die Initiative ergreifenkonnte.

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Ludwig IX.,König von Frankreich 1226–1270,Gros tournois, Silber (4,22 g)

Von Italien aus verbreitete sich die Idee, grössereS ilbermünzen zu prägen, in den Norden. Derfranzösische König Ludwig IX., besser bekanntals «der Heilige», schuf im Jahr 1266 eine neueS ilbermünze im Wert von 12 Pfennigen. D ieseMünze nannte man in Anlehnung an die italieni-schen G rossi den G ros tournois.Er zeigt auf der Vorderseite in der Mitte ein Kreuzmit der Umschrift «G epriesen sei der Name unse-res Herrn Jesus Christus». D ie Rückseite trug dasS tadtsymbol von Tours. D ie durch einen S trichverbundenen Kreise wurden als die Fesseln desheiligen Ludwig gedeutet, der während des6. Kreuzzugs in G efangenschaft geriet und nurgegen Zahlung eines hohen Lösegelds nachFrankreich zurückkehren durfte. Sein Wappen,ein Kranz von Lilien, ist ebenfalls auf der Rück-seite zu sehen.Der französische Fernhandel hatte nach einerMünze wie dieser geradezu gedürstet. Der G rostournois verbreitete sich innerhalb weniger Jahrean allen wichtigen Messeorten und Handelsplät-zen Frankreichs. Er war so beliebt, dass er vieleNachahmer fand. Sowohl in den N iederlanden alsauch im wirtschaftlich aktiven Rheinland prägteman «Turnosen».

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Florenz, Fiorino d’oro, Gold (3,5 g), 1252–1307

E in halbes Jahrhundert, nachdem sich die grös-seren S ilbermünzen in Italien eingebürgert hatten,begannen die bedeutenden HandelsstädteF lorenz und G enua um das Jahr 1252 beinahegleichzeitig, Goldmünzen zu prägen. S ie kompen-sierten damit den Wegfall der byzantinischenSolidi, die bis dahin zur Zahlung grosser Summenbenutzt worden waren. Doch nicht nur dereuropäische Sortenmarkt entwickelte sich weiter.In der Bankierstadt G enua entstanden in diesemJahrhundert die erforderlichen Mittel für einenbargeldlosen Zahlungsverkehr wie Konto, Über-weisung und Wechsel.D ie Goldmünzen von F lorenz waren Ausdruckeines erstarkten Selbstgefühls der Kaufmanns-schicht. D iese hatte sich im Jahr 1250 einenAnteil an der S tadtregierung erkämpft. Das neueRegiment setzte das S tadtwappen, die Lilie, aufden F iorino d’oro, der als F loren oder Gulden(von der Güldene) die europäischen Währungenin den nächsten Jahrhunderten prägen sollte.

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Andrea Dandolo,Doge von Venedig 1343–1354,Ducato d’oro (= Zecchino), Gold (3,49 g)

Am 31. O ktober 1284 nahm der Rat der Vierzigden Vorschlag des Dogen an, eine neue Gold-münze zu prägen, die – so wurde es ausdrücklichim Beschluss festgehalten – dem florentinischenF iorino d’oro an Wert gleichkommen sollte.Das B ild der venezianischen Goldmünzen wurdein Anlehnung an die Matapane gestaltet: DerEvangelist Markus, Schutzpatron Venedigs, über-gibt dem knienden Dogen als Zeichen seinerHerrschaft über das Herzogtum Venedig eineFahne, neben der das Wort «DVX» (Herzog) ge-schrieben steht. D ieses Münzbild blieb unverän-dert, bis die S tadt 1797 ihre Unabhängigkeit anÖsterreich und damit auch ihr Prägerecht verlor.Man kennt diese Münze bei uns unter dem Na-men «Dukat» – von Ducatus (lat. für Herzogtum)– bzw. «Zechine» – von Zecca (it. für Münzstätte).

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Sigismund der Münzreiche,Erzherzog von Österreich 1477–1490,Guldiner, Silber (31,6 g), Hall, 1486

Während S ilber in Europa ausreichend vor-handen war, mangelte es an Gold, das teuer aus dem islamischen Osten eingeführt werdenmusste. Es lag also nahe, über eine grosse S ilbermünze nachzudenken, welche die Gold-münzen im Handel zumindest teilweise ersetzenkonnte. Doch dies war mit technischen Schwie-rigkeiten verbunden: E ine S ilbermünze, die anWert einer Goldmünze gleichkam, musste um ein Vielfaches grösser und schwerer sein.In Hall in Tirol gelang es im Jahr 1486, denGuldiner zu prägen, eine S ilbermünze, die vomWert her dem Gulden entsprach. Hall war da-mals eine der wichtigsten MünzprägestättenEuropas. H ier wurde das S ilber der reichen G ru-ben von Schwaz in solchem Umfang verprägt,dass der Herr der Münze als S igismund derMünzreiche in die G eschichte eingegangen ist.

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Zürich, Guldiner, Silber (29,6 g), 1512

Auch wenn der erste Guldiner aus Hall mehr derRepräsentation als dem Handel diente, verbreite-te sich die Idee einer grossen S ilbermünze inganz Europa. Das neue Nominal wurde bereitsvor 1500 in den Herrschaften von Tirol, Lothrin-gen, Hessen, Sachsen, S itten, Bern, Savoyen,Ungarn, Spanien und Böhmen regelmässig aus-geprägt.Unser Beispiel stammt aus Zürich, aus dem Jahr1512. Es ist eine repräsentative Prägung, aufder alles zu sehen ist, worauf die Zürcher Bürgerkurz vor der Reformation stolz waren: D ie Vor -derseite präsentiert zwei Wappenschilde mit demWappen von Zürich, gehalten von zwei Löwen.Darüber zeigt ein Schild mit dem kaiserlichenDoppeladler den S tatus der Reichsunmittelbar-keit an. Um diese zentrale Abbildung sind16 Wappenschilde angeordnet, die man denverschiedenen O rten zuweisen kann, in denendie S tadt Zürich den Vogt stellte.D ie Rückseite präsentiert die drei S tadtheiligenvon Zürich: Felix, Regula und Exuperantius mitden abgeschlagenen Köpfen in den Händen. S iesollen während der Christenverfolgung unterD iocletianus dort enthauptet worden sein, woheute die Wasserkirche steht.

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Grafschaft Schlick,Stefan und seine Brüder,Herren von Joachimsthal 1510–1528,Taler, Silber (28,8 g), o. J. (nach 1520),Joachimsthal

N icht nur der Herr von Tirol verfügte über grosseS ilberquellen. D ie G rafen von Schlick hatten vomböhmischen König die Bergbaurechte im TalKonradsreuth erhalten, wo man ebenfalls überausreiche S ilberfunde machte. In ihrer neu gegrün-deten S tadt Joachimsthal errichteten sie 1520 mitder Bewilligung des böhmischen Landtags eineMünzstätte. Dort wurden so viele Taler mit demB ild Joachims auf der Vorder- und dem böhmi-schen Löwen auf der Rückseite geprägt, dass der(Joachims-)Thaler zum Inbegriff der G rosssilber-münze wurde. Sein Name verdrängte den Begriff«Guldiner» und lebt heute noch im Dollar weiter.

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Der spanische Peso

Die spanische Ausbeutung Amerikasim 16. Jahrhundert

In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts machte eineReihe von glücklichen Zufällen aus der MittelmachtSpanien das reichste und mächtigste Land der Welt.1519 eroberte Hernán Cortés mit einem Heer vonnur 600 Mann das mächtige Aztekenreich und 1531gelang es Francisco Pizarro mit 180 Soldaten, dasReich der Inka zu vernichten.Den wahren Reichtum Spaniens begründete abernicht die Beute, sondern die S ilbervorkommen vonPotosí und Zacatecas. H ier wurden mittels neuesterTechniken unglaubliche Mengen von S ilber gewon-nen. Erreichten in den 30er Jahren des 16. Jahrhun-derts «nur» 86 Tonnen S ilber Spanien, steigerte sichdie S ilberlieferung in den 70er Jahren auf 1119 Ton-nen, um während des ersten Drittels des 17. Jahrhun-derts bei 2200 Tonnen pro Jahrzehnt zu stagnieren.

Ungefährer Verlauf der im Vertrag von

Tordesillas (1494) festgelegten Demarkationslinie

Amazonas

Rio Grande

Orinoco

Peru

Mexiko

Kgr.Spanien

Neu-granada

Neu-galizien

Kuba

CharcasGolf von Mexico

Floridastrasse

Acapulco

Veracruz

Lissabon

Tenochtitlán(Mexiko)

Quito

Santiago

Rio de Janeiro

Entdeckung Brasiliensdurch Cabral (1500)

Lima

Santo Domingo

Havanna

KanarischeInseln

Chile

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Zwei grosse G efahren bedrohten diesen Reich-tum. Das waren auf der einen Seite die Naturge-walten, die mit ihren S türmen und Unwettern im-mer wieder Tribut forderten: 402 Schiffe fielenihnen in den 100 Jahren zwischen 1546 und1650 zum O pfer. Wenn man daran denkt, dassso ein Schiff durchaus 300 000 Reales de aocho an Bord haben konnte, begreift man, warumheute privat finanzierte Expeditionen durchgeführtwerden, um diese Wracks zu bergen. Auf deranderen Seite organisierten die gegen SpanienKrieg führenden Nationen England, Frankreichund Holland regelmässig Kaperfahrten, um spani-sche Schiffe aufzubringen. B is zu 15 % desfür Sevilla bestimmten S ilbers konnten englischePiraten – darunter der bekannte Francis Drake –zeitweise abfangen.Natürlich erreichte trotzdem der Hauptteil desS ilbers seinen Bestimmungsort, und das bedeu-tete einen gewaltigen Machtzuwachs für denKönig von Spanien, der sich über S teuern undAbgaben den Löwenanteil des S ilberstromssicherte. Doch weder Philipp II. (1556–1598)noch seine Nachfolger schafften es, dieses Kapi-tal sinnvoll in einen Aufbau der Infrastruktur zuinvestieren. S tattdessen bezahlten sie mit demS ilber aus der Neuen Welt die G laubenskriegeim A lten Europa, was sogar die schier uner-schöpflich scheinenden Edelmetallvorräte Ame-rikas überforderte: Philipp II. musste gleichmehrmals den S taatsbankrott erklären.

D ie spanische Mentalität, die alle Handelsge-schäfte und handwerklichen Tätigkeiten für einesEdelmanns nicht würdig erachtete, sorgte dafür,dass das S ilber nicht in Spanien blieb, sondernins europäische Ausland abfloss, sodass dervenezianische Botschafter bereits im Jahr 1595hellsichtig schreiben konnte: «Über den Schatz,der aus Westindien nach Spanien gelangt, sagendie Spanier anscheinend nicht zu Unrecht, dasser für sie die gleiche W irkung hat wie Regen aufHausdächern. Wenn es heftig regnet, strömt dasWasser herab, ohne dass die ersten, auf die estrifft, davon profitieren können.»So kam das S ilber also ganz Europa zugute –und das gerade zur rechten Zeit. Durch die B lüteder Renaissance war der Handel stark angestie-gen. Doch der ständige Mangel an S ilber hatteden Warenaustausch erschwert. Nun verfügteEuropa endlich über genug Edelmetall, um so vielMünzen zu prägen, wie gebraucht wurden. D ieReales de a ocho, die gegen Waffenlieferungenund Soldgelder in die verschiedenen LänderEuropas flossen, wurden eingeschmolzen undin die eigene Landeswährung verwandelt. Sofinanzierte das spanische S ilber das deutsche,italienische, englische und holländische W irt-schaftswachstum.

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Karl II., König von Spanien 1665–1700,Real de a ocho, Silber (26,82 g)Potosí, 1677

Schiffspesos, so nannte man die Münzen, die ausder Neuen Welt nach Spanien kamen. Pesos, weiles sich um S tücke im G ewicht (peso) von 8Reales handelte, und Schiff, da man annahm, diegroben S tücke seien während der Überfahrt ge-prägt worden, um die S teuer, die auf S ilberbarren zuentrichten war, zu umgehen – Münzen durftenin Spanien zollfrei eingeführt werden.D ie Rückseite zeigt die Säulen des Herakles, dievon der Antike an als die G renze der bewohnbarenWelt galten, mit dem Spruchband «PLVS VLTRA»(lat. für darüber hinaus). S ie wurden zu einem Sym-bol der Neuen Welt – das Symbol des Dollarzei-chens $ soll aus den beiden Säulen und dem darumgewunden Spruchband entstanden sein.

Philipp II., König von Spanien 1556–1598,Real de a ocho, Silber, Segovia, 1590

D ie S ilbermünze von Spanien, der Real de a ocho,erlebte ihren Durchbruch nicht in ihrem Heimatland,sondern in der Neuen Welt. In einem Schreiben von1537 ermächtigte der Gouverneur von Neuspaniendie Münzstätte von Mexiko-S tadt, S tücke zu 8, 4, 2, 1und Real zu prägen. Zunächst wurde das neueNominal wegen technischer Schwierigkeiten kaumausgeprägt, aber schon um 1560 verbreitete essich im ganzen spanischen Reich.Unser S tück wurde im Jahr 1590 in Segovia herge-stellt, deutlich erkennbar an dem Münzzeichen, einemAquädukt. Dort hatte Philipp II. mithilfe seiner öster-reichischen Verwandten die modernste Prägestätteder damaligen Zeit einrichten lassen. S ie war mit dengerade erst in Hall erfundenen Walzenprägewerkenausgestattet, mit denen eine wesentlich saubererePrägung als mit der Hammerprägung möglich war.

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Philipp V., Vizekönig von Neuspanien1724–1746, Real de a ocho,Silber (26,92 g), Mexiko City, 1738

D ie spanischen Reales waren die wichtigsteHandelsmünze des Fernen Ostens. G anzeSchiffsladungen von S ilber wurden nach Indienund China gebracht, um dort Luxusgüter wieSeide, Tee oder G ewürze zu kaufen. Währendin Indien alles spanische S ilber sofort in Rupienumgeprägt wurde, verwendeten die Chinesendie fremden Münzen gerne für den eigenenZahlungsverkehr.D ie negative west-östliche Handelsbilanzkehrte sich erst um, als die Engländer dasO pium entdeckten. Damit wurde ein lukrativerDreieckshandel zwischen England, Indien undChina möglich, der die Benutzung des Pesoüberflüssig machte: B illige Baumwollware wurdevon England nach Indien verbracht, dort gegenO pium getauscht, das man nach China lieferte,um dafür Luxuswaren für England einzuhandeln.

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Der Kampf um die neuen Welten

Mit der Entdeckung der neuen Handelsroutenrichtete sich die Begehrlichkeit auch der anderenwestlichen Nationen auf die Bodenschätze undErzeugnisse aus Übersee. Während Südamerikafest in spanischer Hand blieb, kämpften Hollän-der, Engländer und Franzosen in Afrika, Norda-merika und dem Fernen Osten um Absatzgebieteund Handelsprivilegien.Während Gold, E lfenbein und Sklaven aus Afrikakamen, lieferte Nordamerika vor allem Felle. DerFerne Osten war wegen seiner hoch entwickel-ten Produkte des Kunsthandwerks, seiner Seide,des Tees und vor allem wegen seiner G ewürze«das Sehnsuchtsziel» der Kaufleute des 16. und17. Jahrhunderts. H ier konnten die grösstenRenditen erzielt werden. Nehmen wir nur dasBeispiel der Muskatnüsse, die ausschliesslich aufden kleinen Bandainseln erzeugt wurden. Koste-ten dort zehn Pfund Muskatnüsse weniger alseinen englischen Penny, zahlte man für dasselbeG ewürz in London mehr als 2 Pfund und10 Shilling – eine G ewinnspanne von sagenhaf-ten 60000 – in Worten sechzigtausend –Prozent.Kein Wunder, dass in Europa zahlreiche privateHandelsgesellschaften entstanden, die daraufhofften, in Übersee, vor allem in Ostindien, guteG eschäfte zu machen. S ie investierten das

Kapital ihrer Anleger in Schiffsexpeditionen inden Fernen Osten. Nach der Rückkehr der Han-delsflotten wurde der G ewinn unter den Investo-ren aufgeteilt. N icht nur England besass seineOstindienkompanie, auch in den N iederlanden,Dänemark, Schweden, Portugal, Frankreich,Österreich und Preussen war so ein G ewinn ver-sprechendes Unternehmen gegründet worden.Der Handel mit Amerika und Afrika wurde eben-falls über private Handelsunternehmen abge-wickelt. Ihre G ründungen und überseeischenHandelsimperien entwickelten sich zu einerTauschmasse, die während des 18. Jahrhundertsimmer wieder bei Vertragsschlüssen in den ver-schiedenen europäischen Kriegen zur D ispositionstand. So brachte zum Beispiel 1713 der Friedenvon Utrecht, der den spanischen Erbfolgekriegbeendete, für G rossbritannien Nordamerika,Neufundland und das G ebiet um die HudsonBay – neben dem Monopol für den Sklavenhan-del in den spanischen Kolonien Amerikas.W ie die E ingeborenen damit umgingen, dassman ihre Welt in Europa verteilte, davon zeugennur wenige Quellen. Asiaten und Afrikaner, «Indi-aner » und Inder, sie alle hatten keine Wahl, alssich der überlegenen militärischen Macht derEuropäer zu fügen, die dank ihrer mit feuerkräfti-gen Kanonen ausgestatteten Schiffe und ihrerleicht transportablen G ewehre trotz einer zahlen-mässigen Unterlegenheit auf die Dauer in jedemKampf S ieger blieben.G enauso siegte auch das westliche G eldsystemzusammen mit dem auf G ewinn ausgerichtetenKapitalismus über die einheimischen Zahlungs-mittel und G esellschaftsformen. Wenn unsereWelt heute so ist, wie sie ist, beherrscht vonwestlichen Vorstellungen und W irtschaftssyste-men, dann ist die Wurzel dazu im 16. Jahrhundertzu suchen.

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Der holländische Gulden

Das Handelsnetz der HolländerIhre Nähe zur rauen Nordsee hatte die N iederlän-der zu hervorragenden Seeleuten gemacht, die mitihren Schiffen die Weltmeere befuhren. Das be-deutendste holländische Fernhandelsunternehmenwar die Vereinigte Ostindische Kompanie, über die der G ewürzhandel mit Indien und Indonesienabgewickelt wurde. S ie besass das niederländi-sche Handelsmonopol für alle G ebiete östlich desKaps der Guten Hoffnung und versorgte halb Europa mit G ewürzen wie Nelken, Muskat und Z imt. D ie niederländische Westindienkom-panie organisierte den Handel mit Westafrika und Amerika. Ihre bekannteste Kolonie war Neu-Amsterdam, heute bekannt als New York.

Neu-Amsterdam(Georgetown)

Neu-Amsterdam (New York)

Boston

Rio de Janeiro

Bombay

Macao

Gold

Silber

Gewürze

Diamanten

Pelze

Häute

Kaffee

Kakao

Tee

Tabak

Reis

Fisch

Bauholz

Baumwolle

Baumwollstoffe

Seidenerzeugung

Seidenstoffe

Farbstoffe

Zucker

Amsterdam

P A Z I F I S C H E R

I N D I S C H E R

M I T T E L M E E R

O Z E A N

O Z E A NKapstadt

Sklavenküste

Osmanisches

Indien

China

Russland

Mexiko

Peru

Brasilien

Kanada Borneo

Philippinen

Japan

Sumatra

MalayaJava

Kuba

Reich

Palembang

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Spanische Niederlande – Flandern, Karl V.,Kaiser des deutschen Reichs 1520–1556,König von Spanien 1516–1556,Florin Karolus d’argent, Silber, 1540–1548

Karl V. war nicht nur Kaiser des deutschenReichs, er übte auch das Amt des Königs vonSpanien aus und kontrollierte so die beidenS izilien, die überseeischen Besitzungen und –vielleicht am wichtigsten – die reichen N iederlan-de, die wegen ihrer regen Handelstätigkeit undihrer bedeutenden Tuchproduktion den grösstenTeil des S teueraufkommens im spanischen Reichbestritten.Schuf Karl im deutschen Reich mit seinenReichsmünzverordnungen von 1524 und 1551im Reichstaler ein einheitliches Nominal, soliess er in den N iederlanden eine etwas leichtereS ilbermünze ausprägen, den Karolus, zu demes auch ein Äquivalent in Gold gab.

Vereinigte Niederlande, Utrecht,Gouden Rijder zu 14 Gulden,Gold (9,94 g), 1751

D ie N iederlande, die sich im 16. Jahrhundert imsogenannten Achtzigjährigen Krieg ihre Unabhän-gigkeit von Spanien erkämpft hatten, bestanden,wie der Name schon sagt, aus mehreren, vonein-ander innenpolitisch unabhängigen Provinzen.Jede einzelne von ihnen hatte das Recht auf eineeigene Münzprägung, solange sie sich nach dengemeinschaftlichen Vorgaben richtete. Anfangdes 17. Jahrhunderts hatte man den GoudenRijder eingeführt, eine G rossgoldmünze im Wertvon 14 Gulden, deren Name den der S ilbermün-ze Rijder aufnahm, die ihrerseits ihre Bezeich-nung nach dem Reiter auf der Vorderseite trug.

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Der Maria-Theresien-Taler

Das Reich der Habsburger

W ie sagte man früher? Mögen andere Kriegeführen, du, glückliches Österreich, heirate!G emeint ist damit die Tatsache, dass durch eineerfolgreiche dynastische Politik innerhalb wenigerG enerationen ein Reich entstand, das nichtseinesgleichen hatte: Maximilian I. brachte durchseine Heirat mit der Erbin von Burgund diereichen N iederlande und Teile des heutigenFrankreichs an sich. Sein Enkel, Karl V., erbtedazu von seiner Mutter Spanien und das König-reich Neapel. Doch schon nach ihm wurdedieses gewaltige Reich wieder geteilt. D iedeutschen Habsburger übten das Amt des römi-schen Kaisers aus und beherrschten Österreichund weite Teile Osteuropas. Von dort aus reistenKaufleute vor allem in die Levante und nachAfrika. Ihre Münze, der Maria-Theresien-Taler,sollte im 19. Jahrhundert die östliche Hemisphäreerobern.

PO RTU G A L

S P A N I E N

F R A N K R E I C H

M i t t e l m e e r

E N G L A N D

O S M A N I S C H E S

L I T A U E N

S I Z I L I E N

N E A P E L

S A R D I N I E N

T U N I S

I S L A N D

D Ä N E M A R K

H E I L I G E SR Ö M I S C H E S

R E I C H

B Ô N E

O R A NM E L I L L A

S A V O Y E N

G E N U A

S C H W E D E NN O R W E G E N

R E I C H

V E N E D I G

E I D G E N O S S E N -S C H A F T

B A Y E R N

N I E D E R -L A N D E

I R L A N D

S C H O T T L A N D N O W G O R O D

S A C H S E N

T I R O LS A L Z B G .

K I R C H E N -S T A A T

S T E I E R -M A R K

Ö S T E R R E I C H

B Ö H M E N M Ä H R E N

U N G A R N

T R A N S - S I LV A N I E N

B R A N D E N B U R G

E S T L A N DL I T A U E N

F I N N L A N D

F L O R E N Z

Un ter habsburg ischen Ka isern

Habsburger Geb iete

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Maria Theresia,Erzherzogin von Österreich 1740–1780,Taler, Silber (27,98 g), postume Prägung,Günzburg

Schon kurz nach ihrer Thronbesteigung begannMaria Theresia, Taler zu prägen, doch der berühm-te Maria-Theresien-Taler mit seinem immer gleichbleibenden G ewicht und Feingehalt entstand erstim Jahr 1753, als sich Österreich und Bayern aufeine gemeinsame Handelsmünze einigten, denKonventionstaler, von dem genau zehn S tück auseiner feinen Kölner Mark S ilber (= 233,856 g)geprägt werden sollten. D ie Randschrift «IVSTITIAET C LEME NTIA» (lat. für G erechtigkeit und Milde)machte es unmöglich, vom Rand unmerklich S ilberabzufeilen und damit den Wert der Münze zumindern. Das G ewicht und der S ilbergehalt desTalers waren also garantiert, wenn Inschrift undUmschrift intakt waren. Das konnte jeder schnellüberprüfen – so wurde der Maria-Theresien-Talerdie beliebteste Handelsmünze ihrer Zeit.Maria Theresia ist auf unserer Münze nicht mehrjung. S ie trägt den W itwenschleier – ihr Mannstarb 1765. Ihr Titel lautet: «Maria Theresia, römi-sche Kaiserin, Königin von Ungarn und Böhmen».Weitere Titel wie der der Erzherzogin von Öster-reich werden auf der Rückseite erwähnt. D ieS ignatur unter dem Halsabschnitt bezieht sichauf zwei Münzbeamte der Münzstätte Günzburg,damals eine der wichtigsten der HabsburgerMonarchie. S . steht für Tobias Schöbl, F. fürJoseph Faby.

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Über Triest, den Hafen der Donaumonarchie,flossen die Taler nach Ägypten, damals ein Zen-trum des Kaffeehandels. D ie arabische Weltlieferte das S ilber nach China und Indien, wodamit G ewürze und andere exotische Waren be-zahlt wurden. Gold und E lfenbein, S traussenfe-dern und Sklaven kamen gegen österreichischesS ilber aus Afrika nach Europa.Doch 1780 starb die Kaiserin. Ihr Nachfolgerstand vor der Wahl, eine neue, eigene Handels-münze zu schaffen oder den Maria-Theresien-Taler beizubehalten.Augsburger Kaufleute baten Joseph II., den Talermit dem Porträt seiner Mutter weiterzuprägen.Der stimmte zu und entschied sich, das Porträtder Günzburger Taler, das ihm am besten gefiel,auf alle Nachprägungen zu setzen, die bald nichtnur dort, sondern auch in W ien, Karlsburg (S ie-benbürgen), Prag, Kremnitz, Mailand und Venedighergestellt wurden.A ls man Mitte des 19. Jahrhunderts in Österreichdarüber nachdachte, die Umlauffähigkeit desnicht mehr ins Währungssystem passenden Ma-ria-Theresien-Talers einzustellen, sicherte KaiserFranz Joseph II. mit dem Artikel 19 des kaiser-lichen Patents vom 19. September 1857, dassder Taler weiterhin für den Fernhandel ausge-prägt werden sollte. B is heute produziert dieMünze Österreich den Maria-Theresien-Taler.Praktisch in jedem Reisebericht des 19. Jahrhun-derts, der seinen Protagonisten ins OsmanischeReich oder nach Nordafrika führte, kommt derMaria-Theresien-Taler vor. Er wurde von den E in-heimischen Abu Teir (= Vater des Vogels, nachdem doppelköpfigen Adler auf der Rückseite),Abu gnuchtu (= Vater der Zufriedenheit) oder

einfach Rial bzw. Rial namsawi (= österreichi-scher Taler) genannt. Sein Wert schwankte vonO rt zu O rt – nur als Anhaltspunkt: Captain R. A .Mignan, der um 1820 Oman bereiste, berichtete,dass eine Dattelpalme damals mit 10 Maria-Theresien-Talern bezahlt wurde und dass so einBaum im Jahr Früchte im Wert von ein bis andert-halb Talern brachte. Im G ebiet des Tschadseesrechnete man eine dieser S ilbermünzen zu 4000Kaurimuscheln und in Dschedda bezahlte manum 1810 eine Unze Feingold mit 22 Talern.A ls Mussolini seine Invasion von Abessinien plan-te, brauchte er Maria-Theresien-Taler, weil siedort das gängige Zahlungsmittel darstellten.Schuschnigg, der sich von Mussolini dafür poli-tische Unterstützung erwartete, lieferte die Münz-stempel nach Rom, wo grosse Mengen dieserMünzen geprägt wurden.Überhaupt finanzierte der Maria-Theresien-Talerdie Unternehmungen aller Kriegsparteien desZweitenWeltkriegs in der Levante und in Afrika.Zwischen 1936 und 1939 wurden die öster-reichischen Münzen in London, Bombay, Parisund Brüssel geprägt, nach dem Krieg übernahmdie Münzstätte von B irmingham die Produktion.Zu diesem Zeitpunkt war die Nachfrage nachdem Maria-Theresien-Taler allerdings bereits rück-läufig. Saudi-Arabien hatte ihn offiziell schon1928 abgeschafft. Abessinien folgte nach demZweitenWeltkrieg. Jemen setzte ihn 1960 ausserKurs, Oman 1972. Doch selbst heute nochfindet man in den Basaren im Nahen OstenMaria-Theresien-Taler, die von den Juwelierenangekauft werden, um sie zu Schmuck zumachen.

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Der Franken

Napoleon erobert Europa

A ls am 3. September 1791 die neue französischeVerfassung verkündet wurde, hatte nicht nur die Ver-nunft bzw. die Philosophie der Aufklärung einen S ieg errungen. D ie Franzosen hatten sich gleichzei-tig alle absolutistisch regierten S taaten Europas zum Feind gemacht. Um gegen die überlegenenG egner zu bestehen, schuf das revolutionäre Frank-reich ein neues militärisches Konzept: das Volks-heer, in dem Soldaten aus Überzeugung kämpftenund Fähige zu höchsten Ämtern aufstiegen. Der Besiegte wurde nicht unterjocht, sondern als Mit-kämpfer für die Errungenschaften der FranzösischenRevolution vereinnahmt. Napoleon sollte diesesHeer benutzen, um halb Europa unter FranzösischenE influss zu bringen.

Kgr.Spanien

Kgr.Portugal

KaiserreichFrankreich

Illyrische Provinzen

Kgr. Neapel

Kgr. Italien

Frst.Piombino

Schweiz

Grossherzogtum

Kgr.Preussen

Warschau

KaisertumÖsterreich

KaiserreichRussland

Osmanisches

Reich

Kgr.Schweden

Kgr. Norwegen

Kgr.Dänemark

Kgr.Westfalen

Rheinbund

Kgr. Sizilien(span.)

M i t t e l m e e r

A t l a n t i s c h e r

O z e a n

N o r d s e e

O s t s e e

S c h w a r z e s

M e e r

Kgr.Sardinien(savoy.)

Korsika

VereinigtesKgr. Grossbritannien

und Irland

Direkt von Paris aus regiertes französisches Territorium (um 1810)

Von Angehörigen der Familie Napoleons regierte Staaten (um 1810)

Sonstige von Napoleon abhängige Staaten (um 1810)

Prag

Wien

Brüssel

Frankfurt

München

Marseille

Paris

London

Gibraltar

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D ie Völker Europas erfuhren durch die FeldzügeNapoleons nicht nur N iederlage und tiefes Leid.D ie S iege Frankreichs brachten gleichzeitig neuenW ind und neue Ideen. Dazu gehörte auch diefranzösische Währung, der Franc.Mit diesen Münzen hatte Frankreich seine monetäreE inheit verwirklicht. Im ganzen Land konnte manmit französischen Francs bezahlen. Dabei galt dasDezimalsystem, also der Franc zu 100 C entimes.Erfunden hatte nicht Frankreich dieses rationaleRechensystem; Peter der G rosse (russischer Zar1682–1725) hatte seine Währung bereits nachdiesem Prinzip gestaltet. A llerdings verbreitetenerst die französischen Eroberungen das einfachzu benutzende Nominalsystem in ganz Europa.Der Name «Franc» ist übrigens uralt. Erstmalswurde eine Münze dieses Namens im Jahr 1360geprägt, um das Lösegeld für den in G efangen-schaft geratenen französischen König an dieEngländer zu bezahlen. D ie Aufschrift der Münz-vorderseite beinhaltete dabei den Titel «REXFRAN C O RUM» (lat. für König der Franken), wo-raus der Name für die Münze entstand.

Napoleon, Erster Konsul derfranzösischen Regierung 1799–1804, 5 Franc,Silber (24,83 g), Paris, Jahr 11 (= 1802–1803)

D ie französischen Abgeordneten reorganisiertennicht nur das Münzwesen. Auch der als kirchlichempfundene Kalender wurde erneuert. So lesen wirauf unserer Münze «Jahr 11». D ieses Datum beziehtsich auf den Beginn der revolutionären Zeitrech-nung am 14. Juli 1789, also auf den Tag, an demdie Bastille gestürmt wurde.S tatt in Wochen teilte man das Jahr in Dekaden,ging also nach demselben als vernünftig empfun-denen System vor wie in der Münzprägung.Dort prägte man nicht nur Francs und C entimes,sondern auch das ein- und mehrfache desDécime, des 10-C entimes-S tücks.

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Napoleon, Erster Konsul derfranzösischen Regierung 1799–1804, 5 Franc,Silber (24,83 g), Paris, Jahr 11 (= 1802–1803)

Im Jahr 11 liess Napoleon zum letzten Mal diesenMünztyp der Französischen Revolution prägen,der im Jahr 1795 als erstes 5-Franc-S tück derFranzösischen Revolution geschaffen worden war.Er feiert auf seiner Vorderseite die Ideale derRevolution. Links steht die Personifikation derFreiheit, die auf einem langen S tab den Freiheits-hut trägt, rechts die Vernunft, gekennzeichnetdurch W inkel und Lot. Zwischen ihnen finden wirHercules, dessen mythische Entscheidung fürden anstrengenden, aber tugendhaften Lebens-weg in der Malerei immer wieder als beispielhaftaufgenommen wurde.Der von der Revolution geschaffene Franc ver-breitete sich durch die immense Bedeutung derfranzösischen W irtschaft in der ersten Hälfte des19. Jahrhunderts. Er wurde zur Basis der Latei-nischen Münzunion, die am 23. Dezember 1865zwischen Frankreich, Belgien, Italien und derSchweiz geschlossen wurde. G riechenland trat1868 bei. Der Vertrag schrieb verbindlich fest,nach welchem S tandard die Münzen geprägtwerden sollten, um in allen beteiligten Ländernkursieren zu können. D ie Lateinische Münzunionwar derart erfolgreich, dass Politiker der verschie-denen europäischen S taaten, der USA , Russ-lands und des Osmanischen Reiches sich in derWeltwährungskonferenz von 1867 überlegten,den Franc zur universalen Weltwährung zu ma-chen. D ies scheiterte am W iderstand Englandsund Preussens. N ichtsdestotrotz blieb derFranc eine der wichtigsten Handelswährungen,bis der Dollar ihm nach dem Ersten Weltkriegden Rang ablief.

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Das Pfund Sterling

Das britische Weltreich vor 1900

1769 erfand Watt die Dampfmaschine, 1785folgte die von Cartwright entwickelte Webma-schine. S ie schuf die Voraussetzung für eineenorme S teigerung der Produktion an billigenG eweben. England stellte mehr S toffe her, als imIn- und nahen Ausland verkauft werden konnten.Es brauchte neue Absatzmärkte, und so kam eszu einer staatlich geförderten Intensivierung be-reits bestehender Handelsverbindungen. Baldwaren private Handelsgesellschaften die wirkli-chen Herren der fremden Märkte. Erst nach derKrönung der englischen Königin zur Kaiserin vonIndien kam es zu einem systematischen Ausbaudes Empire als Teil des britischen S taates. ImJahre 1909 herrschte die englische Königin überrund 23 % der Weltbevölkerung.

Ve r e i n i g t e S t a a t e nv o n A m e r i k a

A l a s k a

M e x i k o

B r a s i l i e n

I r l a n d

S a h a r a

S i e r r a L e o n e

Fa l k l a n d -i n s e l n

K a p k o l o n i e

S ü d w e s t -a f r i k a

Tr a n s v a a l

N i g e r i aB r i t i s c h -O s t a f r i k a

N j a s s a -l a n d

S o m a l i a

A d e n

G i b r a l t a r

Ga m b i aH o n g k o n g

C h i n a

B r i t i s c h -Gu a y a n a

J a p a n

N e u s e e -l a n d

N e u g u i n e a

Nordborneo Brune i

Sarawak

Br i t isch-Ma laya

Maur i t ius

S i n g a p u r

C e y l o n

Ober-burma

Be lu tsch istan

Kaschm irPa läst inaZypernMa l ta

Ta s m a n i e n

B r i t i s c h -I n d i e n

Pa p u a

S u d a n

Go l d -k ü s t e

G r o s s b r i t a n i e n

A u s t r a l i e n

A rge

n tin

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Chi leMutterland

Erwerbungen bis 1783Erwerbungen bis 1837Erwerbungen bis 1901Erwerbungen bis 1923

K a n a d aR u s s l a n d

Ä g y p t e n

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Heinrich III., König von England 1216–1272,Penny (= Sterling), Silber (1,44 g),Cambridge, nach 1251

Schon im 8. Jahrhundert schloss sich O ffa vonMercia († 796), einem Königreich auf englischemBoden, der karolingischen Münzreform an. D ieseteilte das Pfund S ilber – natürlich nicht das moder-ne, sondern das sogenannte Tower Pound mit349,9 g – in 240 Pennys, wobei nur letztere ausge-prägt wurden. D ie heutige Bezeichnung «PfundS terling» geht fast so weit zurück, denn Heinrich II.(König von England 1154–1189) schuf in der zwei-ten Hälfte des 12. Jahrhunderts eine Münze, diespätere Benutzer S terling nennen sollten. E in PfundS terling meint damit nichts anderes als das Pfundzu 240 Pennys, auch wenn das aktuelle Pfund seitder Währungsumstellung im Jahr 1971 nur nochaus 100 Pennys besteht.Unser S tück stammt von Heinrich III., Sohn desglücklosen Johann Ohneland, der das kurze Kreuzseiner Vorgänger auf der Münzrückseite durch einlanges ersetzte, um die damals übliche Praxis zu erschweren, Münzen zu beschneiden.

Heinrich VII., König von England 1485–1509,Shilling, Silber (9,13 g), 1502 (?)–1504

Hatte man während dem Früh- und Hochmittelaltergrössere Summen meist in ungemünztem S ilberabgewogen, setzten sich im Spätmittelalter grös-sere S ilbermünzen durch (siehe S . 35 und 36).In England führte Heinrich VII., erster König ausdem Hause Tudor, nach dem Ende der Rosenkrie-ge die Rechnungseinheit Shilling, die 12 Pennysentsprach, als reale Münze ein. Er hielt sich an diedamals übliche Vorgehensweise, wie auf den italie-nischen Vorbildern den eigenen Kopf auf die Vor-derseite zu setzen.

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Elisabeth I., Königin von England 1558–1603,Sovereign zu 30 Shilling, Gold (15,44 g),1583–1600

Heinrich VII. hatte nicht nur den Shilling ein-geführt, sondern auch den G egenwert von 20Shilling in Gold, also das Pfund, das mit dem B ilddes thronenden Herrschers auf der Vorderseiteversehen wurde. Kein Wunder, dass dieserrepräsentative Münztyp als Sovereign in die G e-schichte einging.Seine Enkelin, E lisabeth I., gab gleich zwei Sortendieser grossen Goldmünze heraus: den Sovereignzu 20 Shilling, der auf der Vorderseite ihre Büstein der Seitenansicht zeigte, und den «feinen»Sovereign zu 30 Shilling, der hier zu sehen ist.D iese prachtvolle Goldmünze ist das Zeugniseiner ersten B lüte Englands, als mutige Seefahrerwie Francis Drake die Weltmeere befuhren, neueLänder entdeckten und die englische F lotte dieberühmte spanische Armada besiegte.E lisabeth I. führte zusammen mit ihrem BeraterS ir Thomas G resham eine umfassende Münzre-form durch. S ie liess systematisch alte, nur wenigsilberhaltige Münzen einziehen, um sie durchneue Münzen mit einem höheren S ilbergehalt zuersetzen.

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Georg III., König von England 1760–1820,Sovereign, Gold (7,89 g), 1817

D ie finanziellen Belastungen des Kriegs gegenNapoleon hatten eine Reform des englischenWährungssystems überfällig gemacht. Im Jahr1816 wurde sie durchgeführt. Goldumlaufmünzeund wichtigstes Nominal wurde der Sovereign imWert der früheren Rechnungseinheit, des Pfunds.Durch die immense Ausdehnung des britischenWeltreichs wurde er im 19. und beginnenden20. Jahrhundert zu einer der bedeutendsten Han-delsmünzen der Welt. D ie wichtigste S ilbermün-ze, das 5-C rown-S tück, wurde in S terlingsilber,also mit einer Feinheit von 925⁄1000, ausgeprägt. A ls Motiv wählte man eine Darstellung desSchutzheiligen von England: Der heilige G eorgals Drachentöter. Der italienische Medailleur derLondoner Münzstätte, Benedetto Pistrucci, hattediesen beliebten Typ entworfen. Münzen mitdem heiligen G eorg werden noch heute von derRoyal Mint als Anlagemünzen geprägt.

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Der US-Dollar

Abspaltung oder Einigung?Der Sezessionskrieg

Der Sezessionskrieg (1861–1865), der Krieg zwi-schen Nord- und Südstaaten um die Aufhebungoder Beibehaltung der Sklaverei, kostete mehrAmerikaner das Leben als jeder andere Krieg inder G eschichte der USA . Er ist noch heute im G e-dächtnis der Amerikaner präsent.Der Bürgerkrieg leitete grosse wirtschaftlicheVeränderungen ein, welche die W irtschaftsge-schichte des Landes für viele Jahre prägten: Derindustrialisierte Norden hatte über den agrarischorientierten Süden gesiegt und zwang seine W irt-schaftsform den unterlegenen Südstaaten auf.G leichzeitig wurde die Verwaltung zentralisiertund damit zahlreiche Vorrechte der Bundesstaatenaufgehoben; so schrieb der Kongress zum Bei-spiel die erste nationale E inkommenssteuer aus.

W a s h i n g t o n - Te r r i t o r i u m

N e b r a s k a - Te r r i t o r i u m

U t a h - Te r r i t o r i u m

N e w - M e x i c o - Te r r i t o r i u m

N e v a d a

K a l i f o r n i e n

Te x a s

A r k a n s a s

L o u i s i a n a

M i s s i s -s i p p i

Ge o r g i a

A l abama

O h i o

M i c h i g a n

I o w a

M i n n e s o t a

W i s c o n s i n

I l l i n o i s

K e n t u c k yM i s s o u r i

W e s tV i r g .

V i r g i n i a

M a r y l .D e l a w a r e

N e w J e r s e y

C o n n e c t i c u t

V e r m o n tN e w H a m p .

M a s s .R h o d e I s l .

Ind iana

F l o r i d a

N o r t h C a r o l i n a

S o u t h C a r o l i n a

T e n n e s s e

M a i n e

N e w Y o r k

P e n n -s y l v a n i a

K a n s a s

I n d i a n e r - t e r r i t o r i u m

O r e g o n

Unionsstaaten

Sklavenstaaten in der Union

Konföderierte StaatenNicht beteiligte Staaten

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USA, Dollar, Silber (26,96 g),Philadelphia, 1795

1792 verabschiedete der Kongress den Mint Act,der die Prägung von Münzen regelte. Dabei wur-de der Dollar zur offiziellen Währung der USA er-klärt. Er richtete sich hinsichtlich seines G ewichtsund S ilbergehalts nach den spanischen Realesde a ocho, die in grossen Mengen in den USAzirkulierten und als Dollars bezeichnet wurden.In der ersten Münzstätte der Vereinigten S taaten,in Philadelphia, begann man im Jahr 1794 zu prä-gen. A ls Vorderseitenmotiv hatte der Kongressprogrammatisch nicht das B ildnis des Präsiden-ten, sondern die Personifikation der Freiheit,Liberty, festgelegt. S ie ist von S ternen umgeben,deren Zahl den damaligen Mitgliedsstaaten derUSA entspricht. Auf der Rückseite musste derAdler als Wappentier der Vereinigten S taaten zufinden sein, sowie die Aufschrift «U N ITE DSTATE S O F AMER I CA».

USA, Trade Dollar, Silber (27,2 g),San Francisco, 1877

Der Trade Dollar war die amerikanische Antwortauf die europäischen Münzen, die im Fernen Ostenzirkulierten. Er wurde ausschliesslich für den Han-del mit China, Japan und Korea geprägt und hatteeinen leicht höheren S ilbergehalt als die ameri-kanischen Umlaufmünzen.Seine Vorderseite zeigt Liberty, die als Zeichendes Friedens mit einem Ö lzweig nach links, alsonach Westen, in die Richtung von China weist.

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Der Dollar wird zur Weltwährung

Ende des 19. Jahrhunderts wurde das amerikani-sche W irtschaftssystem von Krisen und Kursein-brüchen auf dem Aktienmarkt gebeutelt. Um allzugrosse wirtschaftliche Schwankungen abzufedern,gründete der Kongress im Federal Reserve Actvom 23. Dezember 1913 ein System von privatgeführten und lokal orientierten Zentralbanken,die in der staatlich kontrollierten Federal ReserveBank zusammengeschlossen sind. A lle Banken,die ihren S tammsitz in den Vereinigten S taatenvon Amerika haben, müssen Mitglied im FederalReserve System sein und der für sie zuständigenlokalen Zentralbank zinslos eine bestimmte Menge G eldes zur Verfügung stellen.D ie Federal Reserve Bank zeichnet verantwort-lich für die Kontrolle der umlaufenden G eldmen-ge. S ie ist zuständig dafür, wie viele Dollarscheinejedes Jahr gedruckt, wie viele Münzen geprägtwerden. Ausserdem hält sie ständig eine G eld-reserve bereit, die bei Bedarf verkleinert oder ver-grössert werden kann, um so schnell auf dieBedürfnisse des Marktes reagieren zu können.Zusammen mit der Federal Reserve Bank wurdedie neue Währung der Vereinigten S taateneingeführt, die Federal Reserve Note, im Volks-mund G reenback genannt. D iese Banknotenwaren durch den Gold S tandard Act von 1900an eine Golddeckung gebunden. Banknoten,Gold- und S ilbermünzen wurden völlig gleichbe-rechtigt nebeneinander ausgegeben und liefennebeneinander um.

Erst die Weltwirtschaftskrise von 1929 forderteeinen Kurswechsel. Präsident Theodore Roose-velt entschied sich angesichts der gewaltigenMassen von Arbeitslosen dafür, durch eine be-grenzte Inflation die Mittel freizusetzen, um dieKrise zu überwinden. Zu diesem Zweck werteteer den Dollar um 40,34 % ab und verbot gleich-zeitig den Umlauf von Goldmünzen. Er erliessausserdem ein G esetz, das den Besitz von Goldund Goldmünzen für Privatpersonen unterS trafe stellte – es wurde erst im Jahre 1971aufgehoben. Nur im zwischenstaatlichen Bereichbehielt der Dollar seine Golddeckung.D ies war die Voraussetzung dafür, dass derDollar im Abkommen von Bretton Woods zurinternationalen Leitwährung werden konnte.G egen Ende des Krieges waren die europäi-schen Verbündeten der Vereinigten S taaten aufgrosszügige Dollarkredite für den W iederauf-bau angewiesen. So erklärten sich die 32 Unter-zeichnerstaaten von Bretton Woods bereit, jeden bei der jeweiligen Zentralbank vorgelegtenDollar zum Wert von 35 Dollar auf eine UnzeGold anzunehmen. G leichzeitig ersetzten vieleBanken ihre Goldreserven durch Dollarreserven.Damit war der Dollarkurs auf Jahre hinausfestgeschrieben. Erst die Aufgabe der Goldbin-dung im Jahr 1971 machte aus dem US-Dollareine frei konvertierbare Währung, die mit anderennationalen Währungen in Konkurrenz tretenkann und muss.

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USA, 20 Dollar, Gold (33,4 g), 1924

Es geschah bei einem informellen Mittagessenim Jahr 1905, dass der Präsident der VereinigtenS taaten von Amerika, Theodore Roosevelt, mitdem berühmten Künstler Augustus Saint- G au-dens über die «atrocious hideousness», also diegrässliche Scheusslichkeit, der amerikanischenMünzen diskutierte. D ieses unverbindliche Tisch-gespräch wurde zur Initialzündung für denEntwurf der Münze, die als die schönste ameri-kanische Prägung bekannt werden sollte.Mit dem Rückhalt von höchster S telle konnteSaint- G audens trotz grosser W iderstände derstaatlichen Münzstätte sein künstlerisches Kon-zept verwirklichen: eine Liberty, also eine Personi-fikation der Freiheit, in Frontalansicht und hohemRelief. Nur 12 000 S tücke vom O riginalentwurfwurden im August des Jahres 1907 geprägt.Dann musste selbst der Präsident einsehen, dassder Entwurf des Künstlers für eine Massenprä-gung nicht geeignet war: B is zu elf Prägevorgän-ge waren notwendig, um das gewünschteRelief zu erhalten.Saint- G audens war inzwischen verstorben, undso erhielt sein G egenspieler, der amtlich bestallteS tempelschneider Charles Barber, die Chance,den künstlerischen Entwurf den Anforderungender Technik anzupassen. Er schuf ein Münzbild,das zwar nicht «das schönste», aber immerhin einsehr brauchbares werden sollte. Der DoubleEagle wurde bis zum Jahr 1933 geprägt.

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Der Euro

Europa in der Welt

Europa hat unzählige Kriege erlebt und seineBürger haben daraus gelernt: Im modernen Euro-pa gilt es, nicht die Unterschiede zwischen deneinzelnen Nationen herauszustellen, sondern einegemeinsame Identität als Europäer zu finden.Der europäische B innenmarkt, der aus Franzosenund Engländern, aus Spaniern und Italienern, ausPolen und Deutschen Mitglieder einer wirtschaft-lichen G emeinschaft macht, ist ein erster Anfangfür ein friedliches, vereinigtes Europa. Nur ge-meinsam kann das an Bodenschätzen und natür-lichen Ressourcen arme Europa gegen G igantenwie die USA oder China bestehen.E ine gemeinsame europäische Zentralbank so-wie die E inführung des Euro 1999 als Buch-währung, 2002 als reale Umlaufwährung sind dieBasis für einen starken europäischen W irt-schaftsraum.

304 Mio. Einw. BNE in USD: 13,8 Mio.

Quelle Einwohnerzahlen: The World Factbook 2008, CIA Library

Quelle BNE: Weltbank-Statistik 2007, überarbeitet im September 2008

491 Mio. Einw. BNE in USD: 13,5 Mio.

196 Mio. Einw. BNE in USD: 1,1 Mio.

1148 Mio. Einw. BNE in USD: 1,1 Mio.

1330 Mio. Einw. BNE in USD: 3,1 Mio.

127 Mio. Einw. BNE in USD: 4,8 Mio.

USA EU Brasilien Indien China Japan

USA

EU

China Japan

Indien

Brasilien

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A ls die Vertreter von Belgien, Deutschland,Frankreich, Italien, Luxemburg und den N iederlan-den am 25. März 1957 einen der RömischenVerträge zur G ründung der Europäischen W irt-schaftsgemeinschaft (E W G) unterschrieben, wardas Fernziel die Schaffung eines gemeinsamenMarktes der beteiligten Nationen. Heute, rund50 Jahre später, ist dieses Z iel bei weitem über-troffen. Den sechs Unterzeichnern der Römi-schen Verträge haben sich inzwischen über 20Nationen in Ost und West angeschlossen, ver-schiedene weitere S taaten verhandeln derzeitüber einen möglichen Beitritt.

Wer Mitglied der E U ist, hat Zutritt zum gemein-samen, durch keine Zollschranken gehindertenB innenmarkt und zum ebenso freien Arbeits-markt. Inländer und E U-Bürger besitzen auf-grund des allgemein gültigen Benachteiligungs-verbots ein Anrecht auf gleiche Behandlung.S taaten, die sich durch eine niedrige Inflations-rate und einen ausgeglichenen S taatshaushaltqualifizieren, haben die Möglichkeit, auch imeigenen Land den Euro einzuführen. Schon heutekann man in mehr als 20 europäischen Ländernmit dem Euro zahlen. Durch seine E inführunghat sich die europäische Währung neben demUS-Dollar als eine starke, weltweite Leitwährungetabliert.

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