M03 - Magazin für Destinationsmarketing in Südtirol

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GLÜCK MADE IN SÜDTIROL Das Land hat beste Voraussetzungen zum begehrtesten Lebensraum in Europa zu werden 03 Magazin für Destinationsmarketing in Südtirol JULI / AUGUST / SEPTEMBER 2013 In caso di mancato recapito restituire al CPO di Bolzano - Bei nicht erfolgter Zustellung wird das Magazin an das OZP Bozen geliefert - Poste Italiane S.P.A. – Spedizione in A.B. – 70% NE/BZ, Tassa Pagata/Taxe Perçue

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Glück made in Südtirol

Das Land hat beste Voraussetzungen zum begehrtesten Lebensraum in Europa zu werden

03Magazin für Destinationsmarketing in Südtirolj u l i / a u g u s t / s e p t e m b e r 2 0 1 3

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276.000

Das sind über 60 Prozent der Bevölkerung. Dieser Wert liegt damit deutlich über dem nationalen Wert. Nur 36 Prozent der italienischen Bevölkerung über 14 Jahren gibt an, zufrieden zu sein.(Quelle: ASTAT 2011)

Südtiroler über 14 Jahren gaben 2012 an, mit ihrem Leben zufrieden zu sein

»

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Gut lebenWenn existentielle und materielle Bedürfnisse gestillt sind, dann ist die Suche nach Antworten auf die Frage „Was erhöht meine Lebensqualität?“ der nächste logische Schritt. Damit steigt die Lebensqualität in gesättigten Märkten ganz klar zum Leit-wert des 21. Jahrhunderts auf.

Südtirol und sein Lebensgefühl punkten. Doch Qualität ist nichts Statisches, nichts, was man als gegeben hinnehmen kann. Für Südtirol gilt: Es muss vieles anders werden, damit es gleich (gut) bleibt.

Südtirol hat das Zeug, zum begehrtesten Lebensraum in Europa zu werden. Damit dies so sein kann, muss Südtirol jetzt an dem arbeiten, was in einigen Jahren Reali-tät sein soll. Südtirol versteht vom Berg, von der Kulinarik, von der Nachhaltigkeit, vom Winter, vom Leben in schwierigen Räumen und vom Umgang mit verschiede-nen Kulturen mehr als andere.

Diese Themen sind unsere Stärken und interessieren unsere Kunden. Mit ihnen können wir das Land zeitgemäß weiterentwickeln. Zeitgemäße Hotel- und Frei-zeitstrukturen, nachhaltige Energieversorgung, moderne Nahverkehrskonzepte, energieeffizientes Bauen, Erhalt bäuerlicher Kulturlandschaft, intelligente kom-munale Versorgungs- und Entsorgungssysteme sowie gezielte Förderung unserer Alltagskultur sind große Entwicklungsaufgaben. Der Boden für alles Innovative ist die Südtirol-DNA: die Menschen, die Landschaften und die regionalen Produkte.

Christoph Engl, SMG-Direktor

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Unter der Schirm-herrschaft von | Sotto il patrocinio di

www.innovationfestival.bz.it

Programm für Schulklassen

WEITBLICKBERG · GESELLSCHAFT · TECHNOLOGIE

26.-28.09.13

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BLS – Business Location Südtirol A.G., Dompassage 15, 39100 Bozen EOS – Export Organisation Südtirol, Südtiroler Straße 60, 39100 Bozen SMG – Agentur Südtirol Marketing, Pfarrplatz 11, 39100 Bozen TIS – innovation park, Siemensstraße 19, 39100 Bozen

Verantwortlicher für den Inhalt: maria Cristina De paoli | Chefredaktion: barbara prugger | Redaktion: Astrid brunetti, maria C. De paoli, bettina König, Hartwig mumelter, eva pichler, Cäcilia seehauser | Koordination: ruth torggler | Layout: succus. Kommunikation gmbH | Design-Consult: Arne Kluge | Fotografie: Comune di Ferrara, Alex Filz, Andree Kaiser, photo KuADrAt, Othmar seehauser, shine project, shutterstock, VisitDenmark, Was-serwirtschaftsamt münchen | Illustrationen: Véronique stohrer | Infografik: no.parking comunicazione | Druckvorstufe: typoplus gmbH, bozner stra-ße 57, 39057 Frangart | Druck: Karo Druck Kg, pillhof 25, 39057 Frangart | Zur Abbestellung dieses kostenlosen magazins genügt eine e-mail mit genauer Adressangabe an [email protected] | eintragung beim landesgericht bozen Nr. 7/2005 vom 9. mai 2005

Inhalt

TITEL: lebensqualität

8 Glück schlägt Wachstumimmer mehr menschen geht es um den mehrwert von Angeboten, pro-dukten und erfahrungen.

14 Alle nach obenDer Wirtschaftsforscher mirco mar-chiodi plädiert für ein konstruktives miteinander und für ein vereinigtes europa.

16 Mehr ZeitAcht südtiroler sagen, welche Zutaten sie für ein gutes leben brauchen.

18 Bühne frei für Generation YDie Jungen werden die Arbeitskultur in den südtiroler unternehmen um-krempeln.

20 Glückliche Bürger, glückliche GästeDie lebenszufriedenheit von einheimi-schen und touristen verstärkt sich in südtirol gegenseitig.

Rubriken

6 mailbox 7 made in südtirol24 blick über den tellerrand27 meinung 34 marktplatz36 menschen 40 im visier der medien42 m wie marke

MARKETING

22 Standort mit WohlfühlbonusWeiche standortfaktoren sind die trümpfe für den Wirtschaftsstandort südtirol.

28 Gesichter der MarkeDie neue schweiz-Kampagne der smg setzt auf menschen, die für das lebens-gefühl in südtirol stehen.

31 101 Unternehmen15 Jahre tis innovation park und eine bilanz, die sich sehen lassen kann. eine Übersicht.

38 Messen – aber wie?Wie man es anstellt, dass messen zu einem nützlichen marketinginstrument werden.

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Hilfe bei der Ausstellung von für den Export erforderlichen Dokumenten und Bescheinigungen. Seit Kurzem ist der Export Helpdesk der EOS zudem Mitglied bei der „Rete degli Sportelli per l’internazionalizzazione“, einem Netzwerk von 105 Internationalisie-rungsschaltern italienischer Handels-kammern, und nützt so Synergien noch besser. Infos gibt Export-Helpdesk-Spezialist Thomas Lunger, Tel. 0471 945763, [email protected]

WIRTSCHAFTSBLOGWertvolle Inputs für Unternehmer

KOMMUNIKATION. Welche wichtigen Infos gibt’s aus der Welt der Wirtschaft? Was tut sich auf diesem Gebiet Interes-santes, das auch für Südtiroler Wirt-schaftstreibende relevant sein kann? Wer darauf neugierig ist, sich aber nicht mit langen Recherchen aufhalten möch-te, dem bietet BLS nun einen neuen Ser-vice: Ein Klick auf den BLS-Blog genügt, und man erfährt ohne großen Zeitauf-wand Spannendes und Inspirierendes, Perspektiven und Chancen aus den ver-schiedensten Bereichen der Wirtschaft, von Handel und Handwerk über Green Economy bis zu Marketing und Kommu-nikation. blog.bls.info

ist es, den grenzüberschreitenden Tou-rismus und das Reisen mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fördern. Die Reise-Idee führt Besucher zu sieben Stätten des UNESCO-Welterbes, wie die Natur- und Kulturerben zusammenfassend genannt werden. Die Tour kann indivi-

duell oder per Reiseveranstalter, für Einzelpersonen oder Grup-

pen gebucht werden. Leis-tungsträger sind Tren-

italia, Deutsche Bahn, Österreichische Bun-

desbahnen, PostAuto, SAD und die Schweizer

Bundesbahnen; gefahren wird mit Bahn und PostAuto. Die

Tickets dafür können ganz einfach unter www.sbb.ch erworben werden.www.venice-stmoritz.com

EXPORT HELPDESKHilfe und Infos für Südtiroler Betriebe

EXPORT. Südtiroler Unternehmen auf Exportkurs erhalten tatkräftige Hilfe beim Export Helpdesk der EOS. Er in-formiert und berät schnell und unbüro-kratisch zu den Regeln, Pflichten und Vorschriften im Auslandsgeschäft. Ge-meinsam mit fachkundigen Experten bietet er außerdem Auskunft zu The-men wie Zoll-, Steuer- und internatio-nalem Vertragsrecht an. Der Bereich Außenhandelsdokumente der Han-delskammer vervollständigt dieses um-fassende Serviceangebot; hier gibt’s

COACH FÜR KLEINE„InnovationCoaches“ für Unternehmen

INNOVATION. Mit Innovationen können Unternehmen nachhaltig wettbewerbs-fähiger werden. Vor allem kleinen Unter-nehmen fehlt es jedoch oft an Ressour-cen, um Innovationsprojekte umsetzen zu können. Der TIS innovation park und der Unternehmerverband Südtirol haben deshalb das Programm „Innovati-onCoach“ ins Leben gerufen. Die Coachs sind über einen genau definierten Zeitraum in den einzelnen Unter-nehmen und beglei-ten diese aktiv bei ihren Innovations-vorhaben. Derzeit sind fünf Coachs am Programm beteiligt; es handelt sich um ehemalige Unternehmer und leitende Angestellte aus den verschiedensten Branchen. Gefördert wird das Programm von der Abteilung Innovation der Auto-nomen Provinz Bozen mit bis zu 75 Pro-zent über das neue Vouchersystem.www.tis.bz.it/themen/innovationcoach

REISE-IDEEInterreg-Projekt vermarktet eine Reise

MARKETING. Südtirol und Graubünden vermarkten die Reise von Venedig über Südtirol nach St. Moritz gemeinsam im Rahmen eines Interreg-Projektes. Ziel

Ein Coach hält Innovationsprojekte am Laufen

(BK)

Ein Blog, viele inspirierende Wirtschaftsfachartikel

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m a i l b ox

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aProjekt: Das Tschengls-ExperimentS T E C K B R I E F

Besonderheit .................................... Neu- und umbauten fügen sich meisterhaft in alte bausubstanz ein

Bauherren .................................................. peter steck, paul reisinger, gabriele schiefer, Josef stecher

Architekt ............................ Christa mair, Architekturbüro plAN_ArStandort ....................................................... tschengls, gemeinde laas

Es gibt Bauprojekte, die entwickeln sich so, als wären sie schon immer Teil eines großen Plans gewesen; doch von vorn: Alles fing mit dem Neubau des Wohn- und Wirtschaftshauses von peter steck in tschengls an. Dort, wo jetzt der Neubau steht (bild oben

links), stand ein stadel, der 2003 einem brand zum Opfer gefallen war. Der Neubau in KlimaHaus-gold-Qualität umfasst zwei kubi-sche bauteile, die sich gegenseitig durchdringen. Der bruch mit dem traditionellen baustil wurde von den bewohnern der 500-see-len-gemeinde nicht nur toleriert, sondern gutgeheißen. Das ist be-merkenswert, denn dicht gedrängt schart sich alte bausubstanz um den Kirchturm. Nunmehr ist der Dorfkern verändert. moderne Neu-bauten fügen sich wie selbstverständlich in die alte bausubstanz ein. Vier Wohnhäuser wurden bis 2012 vom selben Architekturbü-ro fertiggestellt, drei weitere sind in bau. mehr dazu in der publika-tion „Architektur in südtirol 2012“. www.aw-v-online.net

m a D E i N s ü Dt i Ro l

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Jagd nach höherer Produktivität und mehr Effizienz einfach abzublasen. Mittlerweile wächst die Schar der Wachs-tumsskeptiker aber auch in den westli-chen Industrieländern. Und mit ihr die Suche nach neuen Indikatoren, um den Wohlstand, den sozialen Fortschritt und die Zufriedenheit eines Volkes jen-seits des Bruttoinlandsproduktes zu messen. Hochkarätig besetzte Studien-Kommissionen haben sich in den ver-gangenen Jahren mit dem Thema be-fasst – in Frankreich ebenso wie in Groß-britannien und in den USA. Jetzt hat auch die Enquete-Kommission des deut-schen Bundestages „Wachstum, Wohl-stand, Lebensqualität“ ihren Abschluss-bericht vorgestellt. Wer nach zweijähri-ger Arbeit eine komplett neue Messzahl erwartet hat, wurde allerdings ent-täuscht. Vielmehr haben die 34 Mitglie-der der Kommission (ein bunter Mix aus Politikern und Sachverständigen) so et-was wie ein „BIPplus“ erstellt, ein um neun weitere Indikatoren ergänztes BIP, das auch Teilhabe, Ökologie und Le-benserwartung berücksichtigt.

Zentrales ThemaDie jüngsten Entwicklungen in Deutsch-land und das mediale Interesse, das sie ausgelöst haben, zeigen grundsätzlich zwei Dinge: Lebensqualität hat sich zu

So klein wie die Schweiz, so dünn besiedelt wie Neusee-land, kaum reicher als Eritrea: Und dennoch wird die Himala-

ja-Monarchie Bhutan immer dann ge-nannt, wenn es um Lebensqualität geht. Im Land des Donnerdrachens steht das Recht auf Glück sogar in der Verfassung festgeschrieben. 1974 hatte König Jig-me Singye Wangchuck in einem Inter-view mit der „Times“ erstmals den Be-griff „Gross National Happiness“, zu Deutsch „Bruttoinlandsglück“, verwen-det. 40 Jahre später ist das Glück des Volkes ganz offiziell höchstes Ziel der Regierung in Thimphu. Die Wirtschaft ist einem strikten Umweltschutz unter-geordnet. Jede öffentliche Investition, jede politische Gesetzesänderung muss sich daran messen lassen, ob sie dem Allgemeinwohl dient. Seit einigen Jah-ren wird in Bhutan sogar ein Glücks-In-dex errechnet. Dazu befragt der Staat die Untertanen, ob sie zufrieden und gesund sind, ob sie genug Geld haben, ob sie täglich beten und meditieren. Die Erhebung, mit der die Mitarbeiter des

„Center for Bhutan Studies“ regelmäßig von Haus zu Haus gehen, stellt sich aus über 290 Fragen zusammen.

Gewiss: Wer, wie Bhutan, im toten Winkel der globalen Wirtschaftsströme liegt, tut sich um einiges leichter, die

einem zentralen Thema in der politi-schen und gesellschaftlichen Diskussi-on entwickelt. Und: Es ist extrem schwie-rig, das Wohlbefinden eines Volkes in Zahlen auszudrücken oder definitorisch zu fassen. Sowohl in der wissenschaftli-chen Praxis als auch im täglichen Leben wird Lebensqualität als sehr wider-sprüchlich erfahren und beschrieben: Anrainer protestieren gegen eine neue Straße quer durch ihr Wohnviertel, ohne selbst auf das eigene Auto verzichten zu wollen; durch die Errichtung einer Ge-werbezone entstehen neue Arbeitsplät-ze, dabei verschwindet allerdings eine Naherholungszone; der Detailhandel stärkt die soziale Struktur in den Dörfern und garantiert die Nahversorgung, der Großmarkt auf der grünen Wiese ist al-lerdings um einiges billiger; und dem Wunsch nach längeren Ladenöffnungs-zeiten stehen die freien Wochenenden als Anliegen der Verkäufer gegenüber.

„Lebensqualität ist keine allgemein verbindliche und feststehende Größe, die für alle zu jeder Zeit und in gleicher Weise gilt, sondern muss immer wieder aufs Neue definiert und erarbeitet wer-den“, schreibt Franz Plörer, Direktor der Stiftung Vital, in der Einführung zur Stu-die „Gesundheit und Lebensqualität“. Im Herbst 2011 hat das Eurac-Institut für Public Management im Rahmen »

Text: Maria Cristina De PaoliIllustration: Véronique Stohrer

t i t E l : lebeNsQuAlität | Glück schlägt Wachstum

GLÜCK SCHLäGT WACHSTUM

Sie ist in Zahlen kaum zu messen und auch definitorisch nur schlecht zu fassen. Zu subjektiv ist die Wahrnehmung von lebensqualität, zu unterschiedlich sind die Faktoren, die das Wohlbefinden ausmachen. Wenn südtirol zum begehrtesten lebensraum europas werden will, muss es sich der Diskussion stellen.

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eines Interreg-Projektes in Südtirol und Graubünden über 2000 Schlüsselperso-nen aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Ehrenamt befragt. Wobei sowohl die privaten und beruflichen Vorstellungen, als auch die notwendigen Rahmenbe-dingungen erforscht wurden. 81 Pro-zent der Befragten gaben an, mit ihrem Leben zufrieden zu sein. Sie waren aber auch der Meinung, dass jeder Mensch selbst die größte Verantwortung für sein Wohlbefinden trage. Einen entschei-denden Part würden außerdem Familie und Freunde leisten, ebenso körperli-che Gesundheit, ein guter Arbeitsplatz, Kultur und Bildung. Die Gesellschaft wurde erst an vierter und die Wirtschaft sogar an fünfter Stelle genannt, wäh-rend die Politik recht kontrovers beur-teilt wurde. Zwar seien politische Stabi-lität und Mitbestimmung eine Voraus-setzung für Lebensqualität, das Vertrauen in die Politik erwies sich aller-dings als eher gering. Lediglich der Ge-meindepolitik wurde eine aktive Rolle zugewiesen. Noch schlechter schnitten Kirche und Glaubensgemeinschaft ab.

Viele FacettenAuch die Eurac-Studie bestätigt: Die Vor-stellung von dem, was ein gutes Leben ausmacht, wird heute nicht nur von ma-teriellen Größen, sondern immer öfters auch von sogenannten „soft facts“ ge-prägt. In seinem Modell beschreibt der Schweizer Philosoph und Soziologe And-reas Giger sogar 16 verschiedene „Sphä-ren“. Zeit und Nachhaltigkeit gehören ebenso dazu wie Respekt und Echtheit.

t i t E l : lebeNsQuAlität | Glück schlägt Wachstum

Die materiellen Bedingungen seien selbstverständlich auch ein Aspekt,

„aber eben nur einer unter vielen“. Die derzeitigen Entwicklungen ließen sich am besten mit der Formel „vom Lebens-standard zur Lebensqualität“ beschrei-ben. Giger weist aber auch auf grundle-gende Veränderungen hin. „Obwohl auf der gesellschaftlichen Seite nach wie vor Wachstumsfetischismus gepflegt und wenig über Alternativen debattiert wird, nehme ich eine wachsende Zahl von In-dividuen wahr, die von sich aus umden-ken. Diese Menschen fragen sich, ob der ganze Ballast, den sie mit sich herumtra-gen, ihre Lebensqualität wirklich förde-re oder sie nur beeinträchtigt.“ Andre-as Giger ist davon überzeugt, dass sich die „Quality of life“ in ihrer „neu-en“ Komplexität zum Leitwert des 21. Jahrhunderts entwickeln wird.

„Als es noch um das Haben ging, war die Fokussierung auf ein Pro-dukt der Maßstab allen Han-delns“, beschreibt SMG-Direk-tor Christoph Engl den Werte-wandel in den letzten 60 Jahren. Kurz vor der Jahrtau-sendwende sei dann das Er-lebnis zur wichtigsten Kom-ponente avanciert. „Heute fragen immer mehr Menschen nach dem Sinn dessen, was sie kaufen, erleben, konsumieren.“ Es werde nach dem Mehrwert von Angeboten, Produkten und Erfahrungen gesucht. Fair gehandelt? Nachhaltig produziert? Langlebig? Aus

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gut leben, das möchte jeder. Aber was macht ein gutes leben aus? immer schnel-leres Wachstum, immer größerer Wohl-stand? Oder doch lieber weniger treib-hausgase und mehr soziale gerechtigkeit? „in industrieländern lässt sich die lebens-qualität durch Wachstum nicht mehr ver-bessern“, weiß Katharina Hirschbrunn vom institut für gesellschaftspolitik an der Hochschule für philosophie in mün-chen. „seit 1970 hat sich das Bruttoin-landsprodukt (BIP) in Deutschland mehr als verdoppelt. Die Deutschen sind mit ih-rem leben heute allerdings nicht zufriede-ner als noch vor 40 Jahren.“ bereits ab ei-nem jährlichen pro-Kopf-einkommen von 10.000 us-Dollar ließe sich kein Zusam-menhang mehr zwischen durchschnittli-chem einkommen und Zufriedenheit fest-stellen. Nicht das pro-Kopf-Einkommen, sondern der Grad an Ungleichheit sei

ausschlaggebend für viele soziale und ge-sundheitliche probleme und damit für die lebensqualität der menschen.

„Das bip ist als Wohlstandsindikator überholt“, erklärt die Volkswirtin. „mitt-lerweile sind vor allem immaterielle Faktoren wie sozialer Zusammenhalt, eine sinnvolle Arbeit, mehr Zeit für Fa-milie und Freunde entscheidend.“ Wirt-schaftswachstum sei heute aber auch ethisch nicht mehr vertretbar. „bis 2050 wird sich der energiebedarf weltweit ver-dreifachen – mit allen Folgen, die eine solche eskalierung mit sich bringen wird.“ Dass ein umdenken selbst von der brei-ten masse akzeptiert würde, ist sich Ka-tharina Hirschbrunn sicher. „gerade in den industrieländern ist es vielen bewusst, was sie für noch mehr Konsum, noch mehr Arbeit, noch mehr Wachstum alles in Kauf nehmen müssten.“

W E N i g E R i s t m E h RBIP als Wohlstandsindikator überholt

der Region? Notwendig? Immer mehr Konsumenten würden sich solche Fra-gen stellen. Und Südtirol müsse die Ant-worten darauf finden, wenn es, so der Anspruch, zum begehrtesten Lebens-raum Europas werden will. „Wer Südti-rol verlässt, muss es mit der Sehnsucht tun, hier nicht nur für eine Weile gewe-sen zu sein, sondern am liebsten für im-mer dazubleiben“, bringt Engl das ehr-geizige Ziel auf den Punkt. Bei der Um-setzung warnt er jedoch vor zu vielen neuen Ideen und rät vielmehr zur Kon-sequenz. Das Land müsse sich auf seine Stärken besinnen. „Von Bergen und Winter, von Kulinarik und Nachhaltig-keit, vom Leben in schwierigen Räumen und vom Umgang mit anderen Kulturen verstehen wir mehr als andere.“ Und um von diesen Kompetenzen zu profitieren, um einen Teil davon abzubekommen, werden Menschen und Unternehmen künftig nach Südtirol kommen.

Ein attraktiver Lebensraum besteht allerdings nicht nur aus touristischen Infrastrukturen und aus technischem Know-how, sondern auch aus dem All-tagsleben seiner Bevölkerung. „Was den Südtirolern passt, macht auch die Gäste glücklich“, weiß Harald Pechlaner, Pro-

fessor an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und Co-Autor eines Buches, das Lebensqualität im Zusam-menhang mit Kultur und Mobilität ana-lysiert. Und genau hier setzt Pechlaner an: „Mobilität hat in einer touristischen Destination wie Südtirol viel mit der Qualität der Erreichbarkeit zu tun.“ Für einen internationalen Tourismus mit großem Radius sei das Land bis auf Wei-teres nur schwer erreichbar. „Dafür ist das Angebot gerade des öffentlichen Per-sonennahverkehrs ein großer Gewinn für Einheimische und Gäste.“

5,8 Millionen Bahn- und 31 Millio-nen Buskilometer decken die öffentli-chen Verkehrsmittel in Südtirol heute jährlich ab. „Das Land ist kapillar er-schlossen“, so Mobilitätslandesrat Tho-mas Widmann. Mit dem „Südtirol Takt“ sei es außerdem gelungen, einen Fahr-plan mit regelmäßigen Verbindungen und abgestimmten Fahrzeiten einzu-führen, die die Wartezeiten an den Um-steigeknoten verringern. Darüber hin-aus habe die Einführung integrierter Jahresabonnements den Zugang zum Personennahverkehr wesentlich er-leichtert. Über 50 Prozent der Südtiroler besitzen ein gültiges Jahresabon- »

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nement für Bus und Bahn. „Und der Er-folg dieser Bemühungen ist messbar“, so Widmann. „Eine neue Studie belegt, dass wirtschaftlich und sozial schwä-chere Bevölkerungsschichten zwar auch hierzulande im Schnitt weniger mobil sind, ihre Mobilität allerdings nicht im selben Ausmaß abnimmt, wie anderswo.“

Standortfaktor KulturLaut Eurac-Studie werden heute in Süd-tirol auch Kultur und Bildung als wichti-

ge Indikatoren für Lebensqualität einge-stuft. Außerdem gelten sie als entschei-dende Standortfaktoren, wie Harald Pechlaner erklärt. Gerade für hoch qua-lifizierte Arbeitskräfte seien sie ein star-kes Argument, um in Südtirol zu arbei-ten und zu leben. Viel Kultur und vor al-lem viel Solidarität bringt auch das Ehrenamt hervor. Die rund 3300 Vereine und Verbände – darunter Musikkapel-len und Chöre, Theater- und Sportverei-ne, Weißes Kreuz und Bergrettung – und ihre über 200.000 Mitglieder entschei-

den maßgeblich über die Lebensquali-tät im Land. Denn ohne Ehrenamt kein Seniorenclub, ohne Ehrenamt kein Jungscharlager, ohne Ehrenamt kein Bi-bliotheksdienst im Ort, kein Platzkon-zert im Sommer und kein Löscheinsatz, wenn es brennt. Das Ehrenamt sei ein

„großer Schatz“, so Landeshauptmann Luis Durnwalder 2011 anlässlich der Feierlichkeiten zum „Europäischen Jahr der Freiwilligentätigkeit“. Es sei aber auch ein wirtschaftliche Realität. Im-merhin liegt der Anteil des Südtiroler Ehrenamtes am heimischen BIP bei 2,2 Prozent.

Das soziale Engagement wird immer wichtiger, sprachliche Kompetenzen sind schon heute ausschlaggebend. Für rund 20 Prozent der Südtiroler ist die Zweisprachigkeit im Land nur eine Not-wendigkeit, weitaus mehr Menschen empfinden sie jedoch als persönliche Bereicherung und konkreten Vorteil.

„Und das mit Recht“, kommentiert Rita Franceschini die Ergebnisse einer Um-frage des Landesstatistikinstituts AS-TAT. Denn Mehrsprachigkeit sei eine wichtige Grundlage für schulisches und berufliches Lernen, für die psychosozia-le Gesundheit und für die Lebensquali-tät eines jeden Menschen. „Wer mehr-sprachig aufwächst, ist nicht nur sprach-bewusster und sprachlich sensibler“, weiß die ehemalige Rektorin und heute Direktorin des Kompetenzzentrums Sprachen der Freien Universität Bozen.

„Diese Menschen gehen auch besser auf ihren Gesprächspartner ein, weisen eine höhere neurobiologische Plastizi-tät auf und schneiden bei jenen Tests besser ab, die ,ungewöhnliches‘ Den-

Haus und Einkommen, Beruf und Bil-dung, Gesundheit und soziale Sicher-heit: Nach diesen (und fünfzehn weite-ren) Kriterien bewertet die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und entwicklung (OeCD) die lebensqualität in ihren 34 Mitgliedstaaten. Dem OeCD-index zufolge liegt italien im mittelfeld. Das land schneidet in vielen bereichen gut ab. und die menschen sind relativ zu-frieden. immerhin können 69 prozent der bevölkerung über mehr positive als nega-tive erfahrungen in ihrem leben berich-ten. Das mag auch von der guten gesund-heitlichen Verfassung der bevölkerung abhängen. Die italiener sind im schnitt gesünder und leben auch länger als die menschen in anderen OeCD-ländern, und dies, obwohl im stiefelstaat die luft- und die Wasserqualität etwas unter dem mittelwert liegt. positiv bewertet die Or-ganisation auch den sozialen Zusammen-

halt in italien und die beteiligung der be-völkerung am öffentlichen leben. Die ita-liener liegen mit einem Jahreseinkommen von rund 18.400 euro über dem OeCD-schnitt von 17.200 euro. besorgniserre-gend sind dagegen die hohe Arbeitslosig-keit und der niedrige bildungsgrad.

Weitaus besser als italien schneiden laut OeCD-index Australien und Kanada ab – unter anderem beim einkommen, der beschäftigungssicherheit, der gesund-heit und der unterstützung durch soziale Netzwerke. Wer es sich allerdings über-legt, nach sydney oder montreal auszu-wandern, sollte auch die Kehrseite der medaille beachten: Australien und Kana-da gehören zu jenen ländern, in denen die menschen über sehr wenig Freizeit verfügen. TIPP: Unter www.oecdbetterlifeindex.org kann jeder seinen Zufriedenheits-grad berechnen.

o E C D - i N D E xItalien im Durchschnitt

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ken, Originalität und Flexibilität for-dern.“ Selbst das Krankheitsbild von Alzheimer trete bei Mehrsprachigen im Schnitt später auf.

Landschaft erhalten Wer in Südtirol über Lebensqualität dis-kutiert, darf die Landschaft nicht ver-gessen. Eine aktive Rolle spielt hier be-kanntlich die Landwirtschaft. „In der Vergangenheit hat die systematische Erschließung der Bergbauernhöfe die Lebensbedingungen der Bauern und ihrer Familien grundlegend verändert“, sagt Bauernbund-Obmann Leo Tie-fenthaler. Nun gelte es, weitere Maß-nahmen zu ergreifen, um die Abwande-rung zu stoppen und die Landschaft zu erhalten. „Denn wo Bauern und Kühe gehen, wächst der Wald nach.“ Tie-fenthaler spricht von einem ganzen Pa-ket an Forderungen. „Allen voran, dass am Berg und auf dem Land dieselben Voraussetzungen geschaffen werden wie in den Orten und Städten. Damit meinen wir schnelles Internet ebenso wie soziale Dienste.“ Derzeit trägt der Bauernbund auch die Initiative „Flä-chensicherung“ mit. „Das Problem geht die Bauern an, weil das Land ihre Exis-tenzgrundlage darstellt. Es betrifft aber auch alle anderen Südtiroler.“ Primäres Ziel sei es, in der Reform des Raumord-nungsgesetzes, die noch vor den Wah-len verabschiedet werden soll, unter anderem ein regelmäßiges Monitoring zu verankern. „In den letzten Jahren

wurde in Südtirol täglich eine Fläche verbaut, die in etwa so groß war wie ein Fußballfeld.“ Genau wisse man es aber nicht, da es bisher keine entsprechen-den Kontrollmechanismen gab. „Und wenn wir schon bei Landwirtschaft und Lebensqualität sind, sollte hier auch noch ein weiterer Aspekt eingebracht werden“, sagt Tiefenthaler. Mit dem Angebot der Kinderbetreuung am Hof würden die Südtiroler Bäuerinnen ei-nen wichtigen Beitrag leisten, um das Wohlbefinden der Kleinen zu steigern. Was für die Gäste gilt, gelte auch für die einheimische Bevölkerung. „Der Um-gang mit Tieren, das Spielen in der Na-tur und das Erleben mehrerer Generati-onen am Hof prägen das Leben der Kin-der nachhaltig.“

„Der erste Fernseher ist eine wunder-bare Bereicherung für die Lebensquali-tät“, sagt Andreas Giger. „Beim fünften ärgert man sich nur noch über die Ge-brauchsanweisung oder steht vor Ent-sorgungsproblemen.“ Die Münchner Volkswirtin Katharina Hirschbrunn bringt das Beispiel eines PKW. „Am An-fang ist die Freude über das neue Auto riesig. Doch wie lange hält sie an?“ An materielle Güter gewöhne sich der Mensch schnell. „Von der Zeit, die man mit anderen Menschen verbringt, die man sich selbst oder der Familie widmet, von Emotionen und Erlebnissen, davon zehrt man viel, viel länger.“ Familie schlägt Wachstum, und Glück schlägt Wirtschaft.

Lebensqualität ist ein multidimensionales Konstrukt, das nur über seine Teilbereiche er-fassbar wird.

Ein gutes Leben wird heute nicht nur von ma-teriellen Größen, son-dern immer öfter auch von sogenannten wei-chen Faktoren geprägt.

Lebensqualität ist zum wirtschaftlichen und ge-sellschaftspolitischen Leitwert avanciert.

In Zukunft werden Un-ternehmen und Destina-tionen immer stärker daran gemessen, inwie-weit sie zur Lebensqua-lität ihrer Kunden, Mit-arbeiter und Gäste bei-tragen.

Südtirol will zum begehr-testen Lebensraum Euro-pas werden. Das gelingt, wenn das Land Konse-quenz zeigt und sich auf seine Kernkompetenzen konzentriert.

>> FAZIT

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z u r p e r s o n

mirco marchiodi (Jahrgang 1978) war nach dem studium der betriebswirtschaft an der universität bocconi in mailand zehn Jahre lang Wirtschaftsredakteur der tages-zeitung „Alto Adige“. seit 2012 leitet er das studienzentrum des unternehmerver-bandes südtirol. er ist auch südtirol-Korres-pondent der mailänder Wirtschaftszei-tung „il sole 24 Ore“.

2012 hat „Il Sole 24 Ore“ Südtirol zur le-benswertesten Provinz Italiens gekürt. Das Land konnte vor allem mit einer gu-ten Wertschöpfung, einem leergefegten Arbeitsmarkt und hohen Bankeinlagen punkten. Wie schneidet Südtirol heuer ab?Zurzeit sind es vor allem die Entwick-lungen am Arbeitsmarkt, die Sorgen be-reiten. Die Arbeitslosenrate hat im Vor-jahr erstmals die Vier-Prozent-Marke überschritten. Das ist im italienischen Vergleich immer noch niedrig, aber für Südtirol schon recht hoch. Immerhinlag der Wert seit Jahrzehnten zwischen zwei und drei Prozent. Besonders kri-tisch sehe ich auch die hohe Jugendar-beitslosigkeit. Jeder zehnte Südtiroler unter 30 Jahren hat heute keinen Job. Und dies, obwohl viele Unternehmen gerade im High-Tech-Bereich ständig nach qualifizierten Mitarbeitern su-chen, die sie auf dem Südtiroler Markt allerdings nicht finden können.

Sind die Unternehmer zu anspruchsvoll oder die Südtiroler zu schlecht ausgebildet?In Südtirol gibt es zu wenig Akademiker. Laut Schätzungen von Universität und Unternehmerverband bräuchte man jährlich zwischen 100 und 200 zusätzli-che Ingenieure. Derzeit laufen Gesprä-che über eine neue Fakultät für Elektro-nik und Automation in Bozen. Das wä-ren dann 30 Studienabgänger pro Jahr, was sicherlich gut, aber immer noch nicht genug wäre.

Welche Schwächen werden Land und Leu-te in Zukunft noch zu spüren bekommen?Der Südtiroler Export macht lediglich 20 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Das ist zu wenig. Im Veneto und der Lombardei sind es 30, in Deutsch-land sogar 50 Prozent. Ähnliches gilt für die Innovation, in die nur ein Prozent des BIP investiert wird. Damit sind wir nicht nur schlechter aufgestellt als das Trentino und das restliche Italien, son-dern liegen auch weit unter den drei Prozent, die von der EU angepeilt wer-den. Dabei ließen sich gerade in diesen beiden Bereichen attraktive Arbeitsplät-ze schaffen, die vor allem jungen Leu-ten eine höhere Lebensqualität garan-tieren könnten.

Was hat bisher eine Entwicklung in diese Richtung gebremst? Vor allem die Kleinstrukturiertheit der Unternehmen und die niedrige Produk-tivität. Das gilt aber nicht für alle Betrie-be. Wir haben in Südtirol auch einige Vorzeigeunternehmen, die in ihrer Branche oder Nische sogar Weltmarkt-führer sind.

In den verschiedenen Bewertungen wird Südtirol immer auch für seine Infrastruk-turen und Dienstleistungen gelobt. Was geschieht, wenn die öffentlichen Gelder in Zukunft nicht mehr so großzügig ausfallen? Die öffentlichen Mittel sind in Südtirol immer relativ gut verwaltet worden, das kann man durchaus sagen. Erst kürzlich war ich in der Emilia Romag-na und war überrascht, wie schlecht dort die Straßen instand gehalten wer-den, obwohl es sich bekanntlich um eine florierende Region handelt. So et-was gibt es bei uns nicht. Wenn jetzt die öffentlichen Ressourcen zurückge-hen, wird man auch in Südtirol Schwer-punkte setzen müssen. In der Sanität werden – ebenso wie im Bildungsbe-reich – Kompetenzzentren entstehen. Man wird sich nicht mehr überall alles leisten können. Durch die Spezialisie-

Alle nach oben. bleibt südtirol in sachen lebens-qualität italiens Vorzeigeregion? Der bozner betriebswirt und Journalist mirco marchiodi spricht über stärken und schwächen des landes.

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t i t E l : lebeNsQuAlität | Interview

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rung wird man aber trotzdem die Qua-lität der Dienstleistungen erhalten und diese vielleicht sogar noch verbessern können.

Es schrumpfen aber nicht nur die öffentli-chen Gelder. Auch die Kredite werden knapper, während die Not leidenden For-derungen steigen – alles Parameter, die der „Sole“ für sein Ranking berücksichtigt.Das Plus bei den Not leidenden Forde-rungen ist relativ zu sehen. Mit fünf Prozent liegt Südtirol zwar über dem in-ternationalen Durchschnitt, das Niveau ist allerdings mit jenem in Deutschland und Österreich vergleichbar. Im restli-chen Italien liegt der Anteil bei acht bis zehn Prozent. Anders sieht es bei der Kreditvergabe aus. Auch Südtirol sitzt seit mittlerweile zwei Jahren in der Kreditklemme. Die Banken verlan-gen immer höhere Garantien, die Zin-sen steigen. Wer heute eine Niederlas-sung in Österreich hat, merkt den Un-terschied.

Ist ein Ende der Krise überhaupt in Sicht?Ende 2013 wird eine Erholung erwar-tet. Es gibt aber noch zu viele Grenzfäl-le, und Italien ist ein solcher Grenzfall. Aber auch in Deutschland stehen im Herbst Neuwahlen an, und das macht Prognosen umso schwieriger.

Und wie wird Südtirol am Ende dastehen?Wir haben viele erfolgreiche Unterneh-men, wir sind als Land besser aufge-stellt als andere vergleichbare Realitä-ten und wir sind mehrsprachig. Wir ha-ben also das Rüstzeug, um den Gipfel zu erzwingen. Dabei dürfen wir aller-dings niemanden unten vergessen, sondern müssen alle mit nach oben zie-hen – die Immigranten ebenso wie die über 50-Jährigen, die jetzt ohne Job da-stehen. Und wenn wir am Gipfel sind, dürfen wir es nicht versäumen, in alle Himmelsrichtungen zu schauen. Dabei müssen sich Land und Wirtschaft vor allem an Europa orientieren. In 20 Jah-ren werden weder Deutschland noch Italien zu den G8-Ländern zählen. Um gegenüber Giganten wie China und In-dien überhaupt eine Chance zu haben, muss Europa in Zukunft als Einheit auftreten. Andere Möglichkeiten gibt es nicht.

Mirco Marchiodi, Betriebswirt und Journalist

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Mehr Zeit für Arbeit und für Muße. Jeder von uns hat eine sehr persönliche Vorstellung von dem, was lebensqualität ausmacht. Der eine braucht die ökonomische sicherheit, der andere will vor allem selbst entscheiden können, der Dritte hingegen sucht das gefühl von unbegrenzter Freiheit. „m“ hat acht südtiroler nach ihrem rezept für ein gutes leben gefragt.

Tania CagnottoEuropa- und Vizeweltmeisterin im Turmspringen

Die finanzielle Sicherheit und ein erfül-lender Beruf sind für die Lebensqualität eines jeden Menschen entscheidend. Das gilt auch für mich. Persönlich ist mir außerdem meine Gesundheit wichtig und die Möglichkeit, genügend Zeit mit meiner Familie und meinen Freunden zu verbringen. Das schafft den notwendigen Ausgleich zum Stress beim Training und bei den Wettkämpfen.

Annemarie KaserDirektorin des Südtiroler Sennerei-verbandes

Ganz spontan würde ich sagen: ein gutes Essen, ein tolles Buch, Vogelgezwitscher, Wasserplätschern, Menschen, die mir nahe stehen, eine Umgebung, in der ich mich aufgehoben fühle, und ein paar an-spruchsvolle Berggipfel, die ich besteigen kann. Lebensqualität bedeutet für mich aber auch und vor allem, genügend Zeit zu haben für die Arbeit und genügend Zeit zu haben für die Muße. Denn erst, wenn ich meine Arbeit erledigt habe, kann ich die Seele baumeln lassen.

Michi KlemeraInhaber und Geschäftsführer von

„Luis Trenker“

Jeden Tag aufstehen und jeden Tag la-chen zu können, immer Neues zu erleben und die schönen Dinge im Leben zu ge-nießen, das ist für mich Lebensqualität. Ebenso glücklich bin ich darüber, dass es

meiner Familie und mir gesundheitlich gut geht. Persönlich ist es mir auch sehr wichtig, eine Arbeit zu haben, die mir Spaß macht und bei der ich mich selbst verwirklichen kann.

Michael ThöniJungbauer auf dem Wiartshof in Langtaufers (1750 m)

Zunächst würde ich sagen: Zufrieden zu sein, mit dem was man hat. Für mich heißt Lebensqualität aber auch, das wei-terführen zu dürfen, was ich seit meiner Kindheit kenne und mir mein Vater an-vertraut hat. Die Möglichkeit, in der Na-tur und mit der Natur zu arbeiten, ist kei-ne Selbstverständlichkeit mehr, und ich schätze es sehr, auch wenn es viel Mühe kostet. Außerdem ist es heute ein Privileg, das zu produzieren, was man zum Leben braucht, und zu wissen, was man täglich auf dem Teller hat.

Luigi SpagnolliBürgermeister von Bozen

Lebensqualität bedeutet für mich die Freiheit, das zu machen, was ich gerne mache. Dazu gehört auch mein Engage-ment für andere Menschen und für unse-re Gesellschaft. Nur so geht es mir wirk-lich gut.

Letizia RagagliaDirektorin des Museion in Bozen

Ich bin privilegiert, weil ich eine wunder-bare Arbeit habe. Außerdem wohne und arbeite ich in derselben Stadt, in der auch viele meiner Freunde leben – und das ist

ein weiteres Stück Lebensqualität. Darü-ber hinaus brauche ich Theater, Musik, ein gutes kulturelles Angebot in erreichba-rer Nähe. Ich bin beruflich viel unterwegs, was nicht immer einfach ist, weil Südtirol nach wie vor schlecht erreichbar ist. Dafür kann man bei uns jederzeit hinaus in die Natur, man ist schnell in den Bergen, und das ist wiederum eine einmalige Ressour-ce gerade in der Freizeit.

Richard FranchiKaufmann in Bozen

Mein Geschäft auch in Zukunft am Sonn-tag geschlossen zu halten, das ist Lebens-qualität. Denn nur am Sonntag hat man die Gelegenheit, den eigenen Hobbys nachzugehen, Freundschaften zu pfle-gen, mit Leuten zusammen zu sein, mit ihnen zu sprechen und zu diskutieren. Wenn wir sieben Tage in der Woche im Laden stehen würden, würden wir in der totalen Isolation enden. Das gilt aber nicht nur für mich, sondern auch für mei-ne Mitarbeiter.

Jakob RamoserJuniorchef vom „Magdalenerhof“ in Rentsch/Bozen

Als Student wollte ich vor allem viel rei-sen, neue Erfahrungen sammeln, mich selbst entfalten. Seit ich vor einem Jahr im Betrieb eingestiegen bin und die Ver-antwortung übernommen habe, hat sichnicht nur mein Leben verändert, son-dern auch meine Vorstellung von Le-bensqualität. Heute vermisse ich meine frühere Unbeschwertheit und wünsche mir vor allem mehr Zeit, um alles untereinen Hut zu bringen. (MDP)

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t i t E l : lebeNsQuAlität | Umfrage

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In der Natur und mit der Natur zu arbeiten, auch wenn es Mühe kostet

Michael Thöni

Genügend Zeit, um Privates und Berufliches unter einen Hut zu bringen

Jakob Ramoser

Theater, Musik, ein kulturelles Angebot in erreichbarer Nähe

Letizia Ragaglia

Familie und Freunde als Gegenpol zum Leistungsdruck

Tania Cagnotto

Ein gutes Essen, ein tolles Buch und Menschen, die mir nahe stehen

Annemarie Kaser

Jeden Tag aufstehen und jeden Tag lachen zu können

Michi Klemera

Der Sonntag als Ruhe-tag – für mich und meine Mitarbeiter

Richard Franchi

Die Freiheit, das zu machen, was ich gerne mache

Luigi Spagnolli

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Das Klima im Büro muss passen. Darü-ber hinaus gibt es allerlei Extrawünsche wie Kinderkrippe und Elternzeit, Weiter-bildung und Sabbatjahr, helle Büros und

„gesunde“ Möbel, aber auch flexible Ar-beitszeiten, gute Teamarbeit und die Möglichkeit, abends nach dem Joggen von zu Hause arbeiten zu können. Denn warum sollte eine Generation, die stän-dig online ist, im Büro hocken bleiben, wenn sich das tägliche Pensum auch vom Wohnzimmer aus erledigen lässt?

Firmen wie Siemens oder Daimler stellen sich bereits auf die neuen Mitar-beiter ein. Der deutsche Automobilkon-zern „twittert und facebookt, dass es älte-ren Semestern ganz schwummerig wird“, berichtet Spiegel Online. Die interne Kita heiße „Sternchen“, und selbst Führungs-positionen könnten mittlerweile per Job-sharing besetzt werden. Es wäre aller-dings falsch zu glauben, dass die „an-spruchsvollste und selbstbewussteste Generation seit Langem“, wie sie Anders Parment von der Stockholm Business School beschreibt, nur die großen Betrie-be vor neue Herausforderungen stellt.

„Der Bewerbermarkt trocknet langsam aus“, sagt Manfred Andergassen. „Die Zahl der Erwerbsfähigen wird bis 2060 rapide sinken – nicht nur in Deutschland, sondern auch in Südtirol.“ Die „Milleni-als“, wie die Jahrgänge ab 1979 auch ge-nannt werden, hätten die Macht der De-mografie hinter sich. „Freilich: Wer schlecht ausgebildet ist, wird sich in Zu-kunft immer schwerer tun, seinen Job zu

SIE SIND IN DEN ACHTZIGERN und Neun-zigern geboren und mit dem Internet aufgewachsen, sie sind multitaskingfä-hig, weltoffen und mobil, gehen mit Un-sicherheiten besser um als ihre Eltern, sind aber auch bereit, Verantwortung zu übernehmen und hart zu arbeiten – aller-dings nicht um jeden Preis. Freiheit, Freunde, Freizeit müssen immer drin sein: Generation Y nennen Analysten jene Jahrgänge, die heute ins Berufsle-ben einsteigen und in den Unternehmen langsam die Babyboomer ablösen. „Die-se jungen Leute wissen genau, was sie wollen und was sie nicht wollen“, sagt Manfred Andergassen von der Stiftung Vital. Routine öde sie an, ebenso wie strenge Hierarchien. „Sie haben eine hohe Meinung von sich selbst, wollen die mitgebrachten Fähigkeiten auch nut-zen und brauchen darüber hinaus kon-stantes Feedback. Das haben sie ja von den Videospielen so gelernt,“ so Ander-gassen. Der Fokus der Generation liege aber auch auf einer gesunden Work-Life-Balance. Immer mehr Nachwuchskräfte suchen ein Gleichgewicht zwischen Be-rufs- und Privatleben.

ExtrawünscheVon ihren Arbeitgebern verlangen die Yp-siloner zwar spannende Aufgaben, gute Gehälter und schnelle Aufstiegsmöglich-keiten, wofür sie aber auch bereit sind, ordentlich anzupacken. Karriere und Ar-beit allein machen sie aber nicht selig. Der Job muss vor allem Spaß machen.

Bühne frei für Generation Y. Nach babyboomern und generation strömen jetzt die Ypsiloner auf den markt. Auf der suche nach einer guten Work-life-balance werden diese anspruchsvollen und selbstbewussten Nachwuchskräfte die Arbeitskultur in den unternehmen radikal umkrempeln. Alles nur eine Frage der Zeit – auch in südtirol.

halten oder einen neuen zu finden.“ Um qualifizierte Arbeitskräfte werden sich die Betriebe allerdings streiten. „Es ist sogar denkbar, dass junge Talente künf-tig für drei bis vier verschiedene Arbeitge-ber gleichzeitig arbeiten werden.“

Unter solchen Bedingungen könnten sich die Anstrengungen um eine gute Work-Life-Balance als entscheidender Wettbewerbsfaktor erweisen. „Die Un-ternehmen werden sich ernsthaft um ihre Attraktivität als Arbeitgeber bemü-hen müssen – nicht zuletzt auch durch ein betriebliches Gesundheitsmanage-ment“, so Andergassen. „Damit kann man den Bedürfnissen der Mitarbeiter konkret entgegenkommen.“

Extra schwierigIn Südtirol könnte sich der Übergang von den Babyboomern zu den Ypsilo-nern mitunter als recht problematisch gestalten. „In vielen Betrieben geht der Generationswechsel nur schleppend vo-ran. Oft hält die Gründergeneration noch immer das Steuer fest in der Hand. Die Kinder haben irgendwann resigniert, jetzt sollen die Enkel übernehmen“, sagt Andergassen. Die Unterschiede zwi-schen Alt und Jung seien allerdings enorm. Gerade was die Einstellung zu Beruf und Freizeit betrifft und wie sie sich miteinander vereinbaren lassen, da würden Welten zwischen den Generati-onen liegen. „Und es ist nicht immer leicht, Verständnis füreinander aufzu-bringen.“ (MDP)

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t i t E l : lebeNsQuAlität | Arbeitsmarkt

Page 19: M03 - Magazin für Destinationsmarketing in Südtirol

GENERATION X stehen zwischen Baby-boomern und Ypsilonern

gelten als anpassungs-fähig

lassen sich nicht allein von Geld motivieren

wenig Durchsetzungsver-mögen und viel Nörgeln

BABYBOOMEREnde der Vierziger und in den Fünfzigerjahren geborenwerden in den Betriebenlangsam von der Genera-tion Y abgelöst

arbeiten gut im Team

gelten als desillusioniert

GENERATION Y in den Achtziger- undNeunzigerjahrengeboren

Nachfolge-Generationder Babyboomer undder Generation X

gut ausgebildet undselbstbewusst

technologieaffineLebensweise

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Glückliche Bürger, glückliche Gäste Wer in einem Land lebt, in dem andere gerne Urlaub machen, wird in seiner Lebenszufriedenheit bestärkt. Ebenso wie die

„Quality of life“ der Touristen vom Wohlbefinden der Bevölke-rung beeinflusst wird.

Die Lebenszufriedenheit der einheimischen Bevölkerung – und nicht nur jene von Ho-teliers und Gastwirten – wird

vom Tourismus positiv beeinflusst: So das Fazit einer Studie der Freien Univer-sität Bozen. „Das war ein Pilotprojekt, das sich auf die Stadt Brixen beschränkt hat“, präzisiert Professor Oswin Maurer von der Fakultät für Wirtschaftswissen-schaften. Und als solches müsse die Ar-beit auch gewertet werden (siehe Kas-ten). Dennoch scheint das Ergebnis von besonderem Interesse, da erstmals in Südtirol die „Quality of life“ von Einhei-mischen in Zusammenhang mit dem Tourismus erforscht wurde. „Wer dort lebt, wo andere gerne Urlaub machen, wird in seiner Lebenszufriedenheit be-

stärkt – das haben wir in Brixen gese-hen“, bringt Maurer die Erkenntnisse der Studie auf den Punkt. Aber auch um-gekehrt sei dies der Fall. „Die Lebenszu-friedenheit der Einheimischen beein-flusst die ,Quality of life‘ der Gäste.“

Echte ErfahrungenOswin Maurer spricht von einer Wech-selwirkung, die für den nachhaltigen Erfolg touristischer Konzepte entschei-dend sei. Wer seine Ferien in Südtirol verbringt, suche hier keine Ghettos, son-dern wolle sich auch außerhalb der Ho-tels wohlfühlen können. „Er will teilha-ben an Situationen, die für ihn neu sind und ihm den Eindruck von noch mehr Qualität im Leben vermitteln.“ Seine These untermauert der Professor mit ei-

t i t E l : lebeNsQuAlität | Tourismus

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Immer mehr Menschen suchen ein Umfeld, in dem sie sich wohlfühlen

im Jahr 2013 hat die Freie universität bo-zen im rahmen einer pilotstudie die Re-lation zwischen der „Quality of life“ der einheimischen Bevölkerung und dem Tourismus analysiert. „Die studentin bianca Cantelli hat für ihre Diplomarbeit 550 brixner befragt, wobei unterschieden wurde zwischen menschen, die in irgend-einer Form im tourismus involviert sind, und jenen, die es nicht sind“, so professor Oswin maurer zur Vorgangsweise.

bei der befragung seien vier ebenen berücksichtigt worden. „Wir haben die leute nicht gefragt, ob sie der tourismus

glücklich macht, sondern dessen Auswir-kungen auf die Lebenszufriedenheit der Brixner aus materieller, emotionaler, gesellschaftlicher und gesundheitlicher sicht untersucht. “ Der professor spricht in seiner Darstellung bewusst von „Qua-lity of life“ und nicht von lebensqualität. „lebensqualität wird oft mit lebensstan-dard gleichgestellt.“ Der begriff „Quality of life“, der mit lebenszufriedenheit über-setzt wird, sei mehr. „Darunter versteht man ein generelles Wohlfühlen, das an objektiven und subjektiven Wahrnehmun-gen gemessen wird.“

„ E s g E h t u m L E b E n s z u f r i E d E n h E i t “Die Erhebungsmethode der Pilotstudie

(MDP)

„Die Lebenszufriedenheit der Einheimischen beeinflusst die ‚Quality of life‘ der Gäste.“

nem konkreten Beispiel: Nicht die per-fekt geteerten Straßen bis hoch hinauf zu den entlegensten Höfen würden im-mer mehr Menschen zu einem Urlaub auf dem Bauernhof animieren. „Gute Infrastrukturen werden weitgehend vor-ausgesetzt. Der Erfolg solcher Angebote liegt in den authentischen Erfahrungen und Emotionen, die man anderswo in dieser Form nicht erleben kann.“

Lebenszufriedenheit zieht anMit hohen Liftkapazitäten und besten Schneeverhältnissen allein könne man heute im Tourismus kaum mehr ein Produkt verkaufen. „Das haben andere

auch.“ Was die Menschen suchen, sei ein Umfeld, „das ihnen Lebenszufrie-denheit zugänglich macht“, formuliert es Oswin Maurer. Dazu würden diverse Faktoren wie Natur und Landschaft, Klima und Küche beitragen – nicht zu-letzt aber auch die „Quality of life“ der Bevölkerung.

Denn: „Eine hohe Lebenszufrieden-heit macht jeden Südtiroler quasi zum Botschafter für die Destination. Und der Werbeeffekt ist dementsprechend.“ Auch deshalb plädiert Maurer dafür, dass die positiven Auswirkungen des Tourismus auf das Wohlgefühl der Ein-heimischen auch „intern“, sprich im Land selbst, kommuniziert werden, um das Bewusstsein zu stärken und die Ak-zeptanz zu erhöhen. Der Professor warnt jedoch davor, den Gästen eine irreale

„Quality of life“ vorzutäuschen. Die Le-bensqualität der Einheimischen könne nur dann als touristisches Erfolgsrezept dienen, wenn sie auch authentisch sei.

Im Dezember 2012 haben 80 For-scher aus der ganzen Welt im Rahmen der CBTS-Konferenz (Consumer Behavi-or in Tourism Symposium) in Bruneck bereits über Tourismus und Lebensqua-lität diskutiert. „Wir werden uns aber auch in Zukunft noch mit dem Thema befassen“, sagt Maurer. Der Input, in diese Richtung zu forschen, sei eigent-lich von der SMG ausgegangen. „Mit ih-rer Vision, Südtirol zum begehrtesten Lebensraum in Europa zu machen, hat sie uns dazu animiert.“

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Dass Südtirol der „Obstgarten“ Europas ist, leckere Qualitäts-produkte wie Speck und Wein hervorbringt und Touristen

sich sommers wie winters hier pudelwohl fühlen, ist hinlänglich bekannt. Dass die-ses Land aber auch ein attraktiver Wirt-schaftsstandort ist, ist eher weniger ge-läufig. Dabei gibt es handfeste Gründe dafür, warum Südtirols Standortagentur Business Location Südtirol (BLS) in Itali-en mit der Aussage wirbt: „Südtirol ist das ideale Habitat für Ihr Unternehmen“.

Die pure lexikalische Definition für „Wirtschaftsstandort“ mutet eher ein bisschen blutleer an; z. B. so: „Land, Re-gion, Stadt, Ort mit bedeutenden Wirt-schaftsbetrieben“ (siehe Online-Enzyk-lopädie „Enzyklo“). Dass das nicht alles sein kann, erschließt sich dem gewief-ten Leser sofort. Man fragt sich unwill-kürlich: Was macht einen Wirtschafts-standort denn nun tatsächlich aus, wie misst man ihn, und was macht ihn at-traktiv? Antwort auf diese Fragen gibt die einschlägige Literatur. Genannt

INFRASTRUKTUR

KULTUR

WIRTSCHAFTBEVÖLKERUNG

POLITIK

LANDSCHAFT

Sicherheit >>

Technologiepark

Green Mobility

Klimaplan

Klimahaus

Qualitätsprodukte

Vertrauen >>

Geborgenheit >>

Entfaltung >>

Inspiration >>

Entwicklung >>

HABITAT

RaumplanungUmweltschutzOptimale Nutzung der Ressourcen

WohnbauAusbildungsstättenKinderbetreuungsstättenSanitätMobilität

Humus für junge TalenteLeidenschaftlichZuverlässigPräziseErf inderisch

UnternehmenAusbau der SchlüsselbranchenBestmögliche RahmenbedingungenUnterstützung für UnternehmenFinanzierungsmöglichkeiten Qualif izierte Arbeitskräfte

Politische StabilitätStrategischer PlanSoziales SystemSicherheit

Bewusstsein für KulturgüterVerantwortung für Land-wirtschaftZweisprachigkeitNaturverbunden, authentischQualitätsprodukte, Genuss

WIRTSCHAFTSSTANDORT SÜDTIROL

Standort mit Wohlfühlbonus Wo menschen gerne leben, fühlen sich auch unternehmen besonders wohl. Damit hat südtirol sehr gute Karten, einer der attraktivsten Wirtschaftsstandorte europas zu werden. Abgaben

subventionenAbsatzmarktinfrastrukturArbeitskräftepotential

h a R t E s t a N D o R t-F a k t o R E N :

W E i C h E s t a N D o R t-F a k t o R E N :

umweltqualitätKulturangebotFreizeitmöglichkeitenbildungsangebot

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wird dort gerne ein Mix aus sogenann-ten harten und weichen Standortfakto-ren (siehe Kasten).

Hard Facts & Soft FactsUnd wie steht nun Südtirol da in diesem Spannungsfeld zwischen Hard und Soft Facts? Sehr gut, meint Wirtschaftslandes-rat Thomas Widmann: „Südtirol ist der Standort Nummer 1 in Italien. Wir wissen das aufgrund zahlreicher Studien und Untersuchungen, die das immer wieder bestätigen.“ Und er verweist auf die größ-te je gemachte Standort-Analyse des nati-onalen Verbandes der Handwerker

„Confartigianato“, bei der Südtirol gleich zwei Mal hintereinander unangefochten auf den ersten Platz gereiht wurde. Bewer-tet wurde die Fähigkeit jeder italieni-schen Provinz, für Unternehmen das bestmögliche Umfeld für ihre Tätigkeit zu schaffen. Untersucht wurden alle rele-vanten Standortfaktoren für Unterneh-men. Insgesamt 42 Indikatoren wurden in elf Themenfeldern zusammengefasst, darunter Unternehmensdichte, Bürokra-tie, Gerichtswesen und Sozialdienste. Eine ähnliche Studie von „Fondazione Impresa“ kommt zum gleichen Ergebnis.

Steuervorteile„Südtirol weist sehr wichtige Hard Facts auf, die es in Italien eindeutig zum Spit-zenreiter machen, ich denke nur an das höchste Bruttoinlandsprodukt pro Kopf, an Südtirols Steuervorteile im Vergleich zu Rest-Italien gerade bei der IRAP, die für Unternehmensgründer auf Null ge-setzt wurde, an das hohe Förderniveau hierzulande oder an die extrem hohe Dichte an Spitzenunternehmen, die für

alle Wirtschaftstreibenden sehr be-fruchtend wirkt“, erklärt BLS-Direktor Ulrich Stofner. Dazu kämen noch eine gut funktionierende Infrastruktur, eine effiziente Verwaltung und die Nähe zu potenziellen Absatzmärkten – alles Ele-mente, die starke Pluspunkte bei der Vermarktung des Wirtschaftsstandorts Südtirol darstellen, eine der Hauptauf-gaben der Standortagentur BLS.

Top-LebensqualitätDoch um wirklich ein Top-Wirtschafts-standort zu sein, sei das noch nicht ge-nug, sagt Stofner. „Im Wettbewerb tat-sächlich punkten kann man nur, wenn auch die weichen Faktoren stimmen.“ Und nun wird die Sache komplex, um-fasst dieser Bereich doch mehr oder we-niger alle Bereiche des öffentlichen Le-bens, von der Politik über den Umwelt-schutz und die Bildung bis zur Kultur.

„Hier geht es um ein übergeordnetes Konzept, das sich am besten mit ‚Le-bensqualität‘ oder ‚idealer Lebensraum‘ umschreiben lässt. Wenn diese ‚wei-chen‘ Parameter passen, dann lebt es sich gut – und das gilt nicht nur für Men-schen, sondern auch für Unternehmen, denn hohe Lebensqualität wirkt sich positiv auf die gesamte Wirtschaftsland-schaft aus“, ist Stofner überzeugt.

Tatsächlich habe Südtirol auch in die-sem Bereich schon lange seine Hausauf-gaben gemacht, meint der BLS-Direktor, und er hat sofort nicht nur eine Studie zur Hand, die das belegt, sondern gleich mehrere. So landet Bozen bei der jährli-chen Studie der Wirtschaftszeitung „Il Sole 24 Ore“ zur Lebensqualität von 107 italienischen Provinzen regelmäßig auf

dem Stockerlplatz und schwankt von Jahr zu Jahr lediglich zwischen dem ersten und zweiten Platz. Von den Testern ge-nau angesehen wurden dabei Themen wie Beschäftigung, Fürsorge und Ge-sundheitssystem, intakte Umwelt oder öffentliche Sicherheit. Die Tageszeitung

„Italia Oggi“ kam 2012 zu einem ganz ähn-lichen Ergebnis: Vor allem das hervorra-gende Abschneiden in den Kategorien Arbeit, Dienstleistungen und wiederum Umwelt sicherte Bozen unter 103 Mit-streitern dort den zweiten Platz in der Gesamtbewertung der Lebensqualität. Studien belegen zudem, dass Südtirols Zweisprachigkeit und die interkulturelle Kompetenz seiner Bevölkerung das wirt-schaftliche Handeln zusätzlich positiv beeinflussen und Südtirols Arbeitneh-mer besonders motiviert und fleißig sind.

Ideales HabitatDie Voraussetzungen sind also gegeben, damit sich ein Unternehmen in Südtirol wirklich wohlfühlen kann. Diese Tatsa-che hat sich auch das Marketing der BLS zunutze gemacht und bewirbt den Wirt-schaftsstandort Südtirol in Italien als

„ideales Habitat für Unternehmen“, vor allem für jene des grünen Sektors, in dem Südtirol ganz besonders punkten kann. „Der Begriff ‚Habitat‘, wie wir ihn verstehen, geht weit über den bloßen Un-ternehmensstandort hinaus. Zu einem Habitat wird ein Wirtschaftsstandort erst, wenn ein Unternehmen für das eige-ne Wachstum in seinem Sektor bessere Bedingungen vorfindet als anderswo. Wir haben die Chance, ein solches Habi-tat für Unternehmen in unseren Schlüs-selbranchen Green Energy und Alpine Technologien zu schaffen; hier sind wir Vorreiter, hier sind wir stark“, sagt der BLS-Direktor. Hier gehe es vor allem dar-um, alle Leistungen, Angebote und Bene-fits für die entsprechende Branche zu-sammenzufassen – von der Fachmesse über die Ausbildung bis hin zur gezielten Forschung – und so ein Netzwerk für die Unternehmen zu kreieren. „Dieses Habi-tat muss durch zielgerichtete Maßnah-men kontinuierlich strategisch weiter-entwickelt werden, z. B. durch die Errich-tung des Technologieparks, gezielte Förderungen, die Annullierung der IRAP für Unternehmensgründer und vieles mehr“, so Stofner abschließend.

Die BLS positioniert Südtirol als ideales Habitat für Unternehmen, vor allem für jene des grünen Sektors, in dem Südtirol als Primus Italiens glänzt (BK)

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LEARNING USA Lasst uns Englisch reden!

Für ältere menschen ist es oft besonders traumatisch, wenn sie aufgrund schwieriger lebensumstände ihre Heimat verlassen und in ein fremdes land ziehen müssen. Der ers-te schritt zur integration ist das erlernen der sprache. genau dieser gedanke steckt auch hinter dem 1985 in den usA, dem land mit der weltweit höchsten Zahl von einwan-derern, initiierten projekt sHiNe (students Helping in the Naturalization of elders). Da-bei unterstützen junge studentinnen und studenten ältere einwanderer und Flüchtlin-ge ehrenamtlich beim erlernen der engli-schen sprache und bei verschiedenen büro-kratischen Erledigungen. Gleichzeitig profi-tieren auch die studenten von diesem Aus-tausch: sie lernen andere Kulturen und vor allem sich selbst besser kennen, und sie ha-ben das gefühl, etwas sinnvolles zu tun. ganz nach dem motto: Nur wenn sich jeder Einzelne für Wachstum und Wohlbefinden der anderen einsetzt, kann eine gesellschaft stark, gesund und nachhaltig sein. >> FAZIT: Lebensqualität setzt Integration vor-aus, und Integration gelingt nur über Sprache.

WO DAS GLÜCK ZUHAUSE IST Lebensqualität made in Dänemark

Wer in Dänemark lebt, kann sich glücklich schätzen. Drei renommierte Quellen – die

„How’s life“-studie der OeCD, die umfragen des gallup-instituts und die „glückskarte“ der universität michigan – haben erst jüngst wieder bestätigt, dass Dänemark trotz der wenigen sonnenstunden im Jahr das glück-lichste land der Welt ist. Der grund dafür liegt nicht so sehr im wirtschaftlichen Wohl-stand, sondern vor allem in Faktoren wie umwelt, Arbeitsgestaltung und bürgerbetei-ligung. so schätzen die Dänen z. b. ihr Ar-beitsmarktmodell der „Flexicurity“: Wer Ar-beit sucht, findet leicht eine Anstellung, und

die relativ große Flexibilität bei Kündigun-gen wird mit hoher Arbeitslosenunterstüt-zung (und damit sozialer sicherheit) kombi-niert. Außerdem scheinen die Dänen ihren institutionen zu vertrauen, Korruption gibt es praktisch nicht und im bezug auf gerech-te einkommensverteilung liegt Dänemark weltweit an zweiter stelle. Auch bei erneuer-baren energien ist dieses land spitzenreiter: immerhin 50 prozent aller Windgeneratoren stammen aus Dänemark.>> FAZIT: Geld macht nicht glücklich; wirklich entscheidend sind die Lebensumstände.

ISS DICH GESUND Es lebe die mediterrane Küche!

Obst und gemüse, getreide, milchprodukte, Olivenöl und Fisch: inzwischen kennt sie je-der, die Hauptbestandteile der viel gerühm-ten mediterranen Küche. es war der ameri-kanische ernährungswissenschaftler Ancel Keys, der in den 50er-Jahren des 20. Jahr-hunderts als einer der ersten auf die Vortei-le dieser ernährungsform hingewiesen hatte. seit damals wurden seine Aussagen in ver-schiedenen, auch aktuellen studien spani-scher, italienischer, israelischer und ameri-kanischer universitäten bestätigt. Abgese-hen von der geringeren inzidenz von Herz-kreislauferkrankungen, einem rückgang von Alzheimer und parkinson um 13 prozent und einer um 6 prozent verringerten sterb-lichkeitsrate durch tumoren ist diese ernäh-rungsform ein garant für ein insgesamt längeres und gesünderes leben. >> FAZIT: Gutes Essen ist aus einem guten Le-ben nicht wegzudenken, und die mediterra-nen Völker wissen das seit jeher!

MÜNCHNER WASSER Ein Fluss erwacht zu neuem Leben

Wer hat nicht schon davon geträumt? eine Bootsfahrt auf einem Holzfloß, vor sich ein kühles bier und im Hintergrund live-musik,

ein erfrischender sprung ins Wasser oder ein picknick mit Freunden am Flussufer: Für die bewohner münchens – immerhin fast 1,4 millionen menschen – wurde dieser traum wahr, seit die isar durch ein projekt der stadtverwaltung wiederbelebt wurde. Dabei wurden 35 millionen euro, verteilt über 11 Jahre, in die schaffung eines 8 km langen na-türlichen lebensraumes investiert, in dem sich münchnerinnen und münchner heute in einem der vielen biergärten zum plausch treffen, Fahrradfahren, auf booten den Fluss entdecken oder bei einem spaziergang Fi-sche und schmetterlinge beobachten, die sich in diesen Jahren wieder im Fluss und an seinen ufern angesiedelt haben: ein wahres paradies für groß und Klein!>> FAZIT: Natur bedeutet Lebensfreude, auch und gerade in einer Stadt.

DAS GLÜCK BEIM RADFAHREN Radfahren zahlt sich aus!

Weniger Herzerkrankungen, Verkehrsun-fälle und stressbedingte belastungen sind nur einige der Vorteile des Fahrradfahrens. Der bürgermeister von bogotà, gustavo peròn, trifft den Nagel auf den Kopf: „ein land ist nicht dann hoch entwickelt, wenn Arme Autos besitzen, sondern dann, wenn auch reiche mit öffentlichen Verkehrsmit-teln und mit dem Fahrrad fahren“. in jenen New Yorker stadtvierteln, in denen Fahr-radwege ausgewiesen wurden, sind die umsätze der kleinen geschäfte gestiegen und auch öffentliche busse viel beliebter und effizienter geworden. Für viele Städte ist das nichts Neues: in Ferrara z.b., der Fahrradstadt par excellence, besitzen fast alle Familien zwei Fahrräder, in zahlreichen straßen wurden strenge geschwindigkeits-begrenzungen eingeführt und es wurde ein eigenes Amt für nachhaltige mobilität ein-gerichtet.>> FAZIT: Fahrradfahren tut Körper, Geist und Seele von Bürgern und Städten gut.

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Wie andere Lebens-qualität sehen oder bewusst fördern

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t i t E l : lebeNsQuAlitätBlick über den Tellerrand

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Südtirol und sein angenehmes Klima

Ein Blick auf die Karte genügt und schnell wird klar, dass südti-rol abgeschirmt durch hohe berge weniger regen hat als tirol, die schweiz, bayern, das salzburger land oder das trentino. Vor allem: südtirol leidet – bis auf das heurige Frühjahr – selten unter längeren regenperioden. Der Niederschlag entlädt sich eher durch kurze ge-witter. Von der einordnung her hat südtirol ein kontinentales Klima.

Das heißt im Winter ist es kalt, im sommer heiß. und: südtirol hat ein sehr uneinheitliches Klima. Durch die lage in den bergen gibt es unterschiedlichste Meereshöhen. Der positive Effekt: Man findet immer ein plätzchen, wo es kühler oder wärmer ist als anderswo. und auch was die Niederschläge betrifft, so macht das trockene Vinschgau seinem ruf mit 500 mm jährlichen Niederschlag alle ehre, während es am brenner 1.000 mm und am Karerpass 1.200 mm regnet.

Niederschlagsmengen im Alpenraum

t i t E l : lebeNsQuAlität | Infografik

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La 23esima edizione dell’inchiesta nazionale del Sole 24 Ore sulla qualità della vita nelle province della penisola, ha visto quella di Bolzano al primo posto anche nel 2012, anno della crisi conclamata. Non

che prima la crisi non ci fosse ma l’Ominocoitacchi, un anzia-no signore milanese con la passione per le “cene eleganti” e l’hobby di governarci, ci aveva spiegato, che lui trovava semp-re i ristoranti pieni e che quindi si trattava ovviamente di un’invenzione della stampa internazionale in mano a un nipote di Stalin. La crisi c’era e c’è anche qui. Se si esaminano molte voci dell’indagine 2012, si scopre veloce-mente che il nostro primo posto, questa volta è dato dal fatto che a Bolzano è stata solo meno grave che altrove, nulla di cui stare troppo allegri ma analisi e stati-stiche si basano sui confronti, che, a differenza dei sondaggi, mentono poco e quindi è in-dubbio che in Alto Adige si stia comunque meglio rispetto al resto del Paese. Peccato però che per saperlo dobbiamo aspettare che ce lo dica il Sole24Ore, perché anche per la qualità della vita avviene lo stesso bizzarro processo che viviamo con le temperature: massima gradi 27, massima “percepita” gradi 34. È chiaro che ci vestiremo o svestiremo in relazione a quella “perce-pita” ed è altrettanto chiaro, che la qualità della vita “percepi-ta” da chi vive qui non è la stessa che ci mostra l’inchiesta na-zionale, altrimenti non si spiegherebbero i costanti e diffusi lamenti, che abbiamo, sentiamo e leggiamo più o meno tutti i giorni. Ma se la temperatura “percepita” si basa su dati sci-entifici, per la qualità della vita non succede altrettanto. Sen-sazioni di disagio e conseguenti lamentazioni nascono da ca-renze di partecipazione e di conoscenza, da legittima incapa-cità di confronto con altre realtà ma soprattutto dalle carenze di chi ci amministra. Se siamo in testa alla classifica naziona-

le, è indubbio che i nostri amministratori abbiano fatto ten-denzialmente un buon lavoro ma se non ce ne rendiamo con-to, è altrettanto chiaro che non hanno saputo comunicarlo e che le loro scelte, soprattutto quelle giuste, non hanno avuto processi di partecipazione e condivisione adeguati. Ecco quin-di che si arriva al disagio “percepito” nonostante un’alta qua-lità della vita. La conseguenza paradossale sta nel fatto che tutto quanto funziona venga quindi dato per scontato, per ov-

vio, per dovuto, lasciando spazio al lamento, in-giustificato per chi ci guarda dall’esterno ma

ormai ritenuto legittimo da chi vive in questa amena e, nonostante tutto, ricca

terra di confine. L’immagine dell’Alto Adige Südtirol a livello internazio-

nale è ormai forte e vincente ma non lo è altrettanto per chi ci vive, prescindendo ormai dall’apparte-nenza linguistica. Il disagio “per-cepito” ha superato le divisioni

“etniche” prima della nostra Scuo-la e la cosa è indubbiamente

preoccupante. Per capirlo non servono indagini e inchieste, bas-

ta dare un’occhiata alle rubriche delle lettere sui giornali locali, si leg-

gono cose straordinarie. Dalla signora che si lamenta col sindaco perché dopo

una nevicata di 70 centimetri ha dovuto usare le pedule, a quella che è arrabbiata con gli

autobus di Bolzano, non perché non arrivano a casa sua ma perché arrivano troppo presto la mattina e il rumore la disturba. Piccole cose, che altrove non troverebbero spazio e finirebbero nel cassetto del ridicolo ma che qui sono signifi-cative di una realtà malata nonostante il nostro primo posto per qualità della vita o forse proprio per questo.

Sergio Camin, 62, kommunikativer Freigeist und publizist. seit 1988 Verfasser der beliebten satire-rubrik „Visti dal basso“ der südtiroler tageszeitung „Alto Adige“, die in italienischer sprache erscheint.

Le | bens | qua | li | tät, die Faktoren, die die lebensbedingungen in einer gesellschaft beziehungsweise für deren individuen ausmachen. Vorwiegend wird mit Lebensqualität der Grad des Wohlbefindens eines Menschen oder einer Gruppe von Menschen beschrieben. Ein Faktor ist der materielle Wohlstand, daneben gibt es aber eine reihe weiterer Faktoren wie bildung, berufschancen, sozialer status, gesundheit, Natur und andere.

Es lebe die LebensqualitätWen kümmert es, was studien sagen, wenn es gefühlt anders ist? sergio Camin über die hohe lebensqualität in südtirol und das weit verbreitete Jammern auf hohem Niveau. Als gründe dafür nennt er mangelnde Aufklärung und zu wenig teilhabe.

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t i t E l : regiONAlität | Meinung

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Gesichter der Marke. südtirol ist landschaft und sonne, ist Dolomiten und Wein. südtirol ist aber ebenso lebensgefühl und menschen – mit ihren geschichten und gesichtern. einblicke in die entstehung der neuen schweiz-Kampagne mit südtiroler Charakterköpfen.

DIE EIDGENOSSEN, UNSERE NACHBARN, wissen mittlerweile, dass Südtirol in Ita-lien ist. Sie fahren also über den Ofen-pass oder Reschen oder Brenner und re-alisieren währenddessen, dass sie dabei nicht bei den österreichischen Nach-barn landen, sondern irgendwo im Stie-felstaat. Irgendwo? Nein, sie wissen ziemlich genau, wohin die Reise geht, und wissen ebenso genau, was sie hier tun wollen. Denn sie kennen DAS Südti-rol und sind dabei, es richtig lieben zu lernen. Marktstudien haben gezeigt, dass die Schweizer ein deutlich detail-lierteres Bild der einzelnen Alpenregio-nen haben als Deutsche und Italiener und somit genaue Erwartungen an Süd-tirol (Quelle: Markentracking – Destina-tionsimages im Vergleich, Sturm und Drang, Hamburg 2011). Neben den posi-tiven Nächtigungszahlen sind es auch die Reaktionen jener Schweizer, die

schon mal hier waren, die diesen Schluss zulassen. Erst gestern hat mir ein Schweizer Bekannter auf die Frage, wie es IM Südtirol war, geschrieben: „Was soll ich sagen, es war wunderbar. Ich werde deshalb nicht nur ab sofort die adäquate Präposition verwenden und konsequent NACH Südtirol reisen, wir werden dies auch baldmöglichst wieder tun.“ Die Schweizer Gäste mögen zwar etwas zurückhaltend wirken, aber insge-heim schwärmen sie über das Erlebte. Und zum Erlebnis zählen auch die Men-schen und ihre Geschichten.

Schnapsbrennende FrauenSeit März 2013 läuft die neue Schweiz-Kampagne. Herzstück sind fünf Südtiro-ler Charakterköpfe. Keine Reinhold Messners und Matteo Thuns, sondern, man muss es so sagen: „Typen wie du und ich“. Und doch besondere Men-

schen. Südtiroler, die deshalb so gewor-den sind, wie sie sind, weil sie in diesem Land leben oder aufgewachsen sind. Wenn jemand in Mailand Modestyling studiert und anschließend am Hof in Partschins Schnaps brennt, dann ist das in einer globalmobilisierten Welt zwar nicht außergewöhnlich, aber doch für eine Südtirolerin naheliegender als eine Zürcherin oder Wienerin. Weil, wir sa-gen es von uns selber auch gerne: Wir sind in zwei Mentalitäten daheim.

Die fünf Charakterköpfe sind typi-sche, zeitgemäße und authentische Süd-tiroler. Sie stehen für Inhalte, die den Südtirolern wichtig sind. Ob es Vorzeige-Südtiroler sind? Das wollen wir nicht beurteilen, aber es sind Typen mit unter-schiedlichem Alltag und unterschiedli-chen Werten, die in der Gesamtheit so etwas wie den Lebensraum Südtirol wi-derspiegeln. So steht ein Charakterkopf

CHRISTINE SCHöNWEGER

landwirtin, schnapsbrennerin

ANDREAS MARRI

umwelttechniker

m a R k E t i N g

ANNA QUINZ

Journalistin

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CHRISTINE SCHöNWEGER

landwirtin, schnapsbrennerin

für das Thema Berg und Familie, einer für das urbane Bozen und die Kunst und Kultur, ein anderer für die Landwirt-schaft, das Arbeiten unter freiem Him-mel und für die Produkte, die aus dieser Arbeit entstehen. Es gibt Südtiroler, die ihren Weg im Ausland suchen und doch eng verwurzelt bleiben, und solche, die in der Natur den wahren Lehrmeister er-kennen und an ihr wachsen.

Castingaufruf in Südtirol Mit der Zürcher Agentur HESSKISSSUL-ZERSUTTER wurde die Idee der Charak-terköpfe ausgearbeitet. Zur Ermittlung der fünf Protagonisten wurden Herr und Frau Südtiroler eingeladen, sich on-line mit Text und Foto zu bewerben. Fast 200 Südtiroler folgten vergangenen Sommer dem Aufruf von Südtirol Mar-keting (SMG) und bewarben sich. Einzi-ge Bedingung für eine Bewerbung: die

DIE CHARAKTERKöPFE: Fünf Menschen, die für die unter-schiedlichen Facetten Südtirols stehen und trotzdem alle charak-teristisch für Südtirol sind

Leidenschaft für Südtirol und den Beruf oder das Hobby. Fünf Kandidaten wur-den ausgewählt: die Journalistin Anna Quinz, die Landwirtin und Schnaps-brennerin Christine Schönweger, der Umwelttechniker Andreas Marri, der Naturlehrer Stefan Maria Braito und der Musiker Max von Milland. Das Konzept, das dahintersteht, auf den Punkt ge-bracht: „Südtirol ist ein Lebensraum. Wir zeigen Menschen, die für diesen Le-bensraum stehen“.

Crossmedial: Print und Internet Die Sujets mit den Charakterköpfen lie-fen im März und April in der Schweiz und – mit etwas weniger Werbedruck – in Österreich. Filmportraits im Internet ergänzten die Printkampagne und ga-ben Einblicke in den Alltag der fünf Süd-tiroler, darin was sie tun und sie an-treibt. Ein begleitendes Gewinnspiel

STEFAN MARIA BRAITO

Naturlehrer

MAX VON MILLAND

musiker

regte zum Mitmachen an. Entdeckte man einen der fünf Locals in einer An-zeige, konnte man sich anmelden und einen Südtirol-Urlaub inklusive Treffen mit dem Charakterkopf seiner Wahl ge-winnen: die Brände von Christine Schönweger verkosten, einen Berg mit Andreas Marri besteigen, mit Max von Milland die Hotspots in seinem Hei-matort Brixen besuchen, das alpin-me-diterrane Bozen mit Anna Quinz erle-ben oder die Kraftorte von Stefan Maria Braito entdecken. Durch das Gewinn-spiel werden die Empfänger der Werbe-botschaften eingebunden und wir er-

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fahren, mit welchem unserer Südtiroler sie sich identifizieren. Denn künftig wird es immer mehr darauf ankommen, Kampagnen zu entwerfen, bei denen die Menschen involviert werden. Das heißt, dass sie etwas weiterleiten, be-werten oder tatsächlich erfahren kön-nen. Dies tun sie nur dann, wenn der Empfänger überzeugt ist, dass es ihm etwas bringt – und er sich mit den Pro-tagonisten identifiziert.

Apropos Identifikation: Die Charak-terköpfe halten sich bei den Usern in puncto Klicks die Waage – mit je einem knappen Spitzenreiter in beiden Län-dern. Die Schweizer Internetklicker mö-gen Stefan Maria Braito besonders, die österreichischen Südtirol-Interessier-ten sind am meisten von Christine Schönweger angetan.

Martin Bertagnolli, 41 Marketingleiter bei Südtirol Marketing (SMG) – war federführend bei der Konzeption der neuen „Local-Kampagne“ beteiligt, die in der Schweiz und in Österreich eingesetzt wird.

kampagNENsujEts 5 ChaRaktERköpFE

sie sind menschen wie du und ich und ste-hen für das lebensgefühl südtirol. sie sind die gesichter der marke.

1. Anna Quinz Journalistin

2. Andreas Marri umwelttechniker

3. Christine Schönweger landwirtin und schnapsbrennerin

4. Stefan Maria Braito Naturlehrer

5. Max von Milland musiker

in der schweiz wurden die Charakter-köpfe in der „sonntagsZeitung“ (inkl. Verlinkung in der ipad-Ausgabe), im stil-magazin der „NZZ am sonntag“, in der „schweizer illustrierten“, in „Das magazin“ sowie in „NZZ Folio“ ge-schaltet. Allesamt Zeitungen und ma-gazine, die eine für südtirol interes-sante leserschaft haben. in Österreich: in den Qualitätstageszei-tungen „Der standard“, „Die presse“, in deren magazinen „rondo“, „Feinkost“ und „schaufenster“ sowie in der tages-zeitung „Kurier“. Flankiert wurde die Kampagne durch eine starke Online-präsenz auf standard.at, bei der es nicht nur möglich war, die rubriken zu be-stimmen, sondern auch die user – nach einkommen, Alter und interessen. Die Klickraten: etwas über dem Durch-schnitt, mit 0,23 prozent, bei 1.650.000 sichtkontakten (Adimpressions, das sind einblendungen auf der Website).

W o d i E s ü d t i r o L E r C h a r a k t E r k ö p f E

z u s E h E n W a r E n

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m a R k E t i N g

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Das TIS-Gründerzentrum hilft Gründern und solchen, die es werden wollen, auf dem Weg nach oben

Die Bilanz des Gründerzent-rums der zurückliegenden 15 Jahre kann sich durchaus sehen lassen: 101 Aufnah-

men, eine Überlebensrate der Unter-nehmen von 89 Prozent, 369 geschaffe-ne Arbeitsplätze und 44 Millionen Euro Umsatz allein im Jahr 2012. Dabei hat alles einmal ganz klein angefangen: Als

„Plattform für innovative Vorhaben“ wur-de das Gründerzentrum 1998 konzipiert. Beschäftigt waren in der Anfangszeit zwei Mitarbeiter im damaligen Business Innovation Center (BIC) – Direktor Hu-bert Hofer und eine Verwaltungsmitar-beiterin. Aufgabe des BIC war es, zusätz-lich zu den Südtiroler Wirtschaftssäulen Tourismus, Handel, Kleinindustrie und

Handwerk auch dafür zu sorgen, dass Technologie-Unternehmen und Unter-nehmen mit innovativen Produkten und Dienstleistungen den Standort Süd-tirol bereichern und Arbeitsplätze schaf-fen, die auch für hoch qualifizierte Mit-arbeiter von Interesse sind. „Damit soll-te verhindert werden, dass kluge Köpfe aus Südtirol abwandern“, erklärt TIS-Direktor Hubert Hofer. In dieser Zeit wurden auch die heute international erfolgreichen Unternehmen ROPATEC und TTControl aufgenommen. ROPA-TEC produziert Windturbinen, soge-nannte Vertikalachsenanlagen, bis zu einer Größe von 20 Kilowattstunden, und verkauft diese mittlerweile in über 30 Länder. TTControl stattet Baumaschi-

nen, Kräne, Pistenfahrzeuge und ähnli-che Maschinen mit elektronischen Kon-trollsystemen aus. „Wir sind 2003 ins Gründerzentrum gekommen und fünf Jahre lang geblieben“, erzählt Roberto Ferrari, Managing Director von TTCon-trol in Brixen. „Profitieren konnten wir vor allem von den strategischen Bera-tungen in Sachen Unternehmensfüh-rung, den angebotenen Kursen sowie vom gesamten Gründerzentrum- und TIS-Netzwerk“. Zwar stehe das Unter-nehmen heute auf eigenen Beinen, sei aber immer noch im TIS-Netzwerk aktiv.

„Dadurch können wir uns mit lokalen Un-ternehmen austauschen und wichtige Kooperationspartner finden“, sagt Fer-rari. Für die Zukunft hofft Ferrari, durch dieses Netzwerk auch internationale Ko-operationen anzubahnen.

Aus BIC mach TISIm Jahr 2006 wurde das BIC in den TIS innovation park, das „Dienstleistungs-zentrum für innovative Unternehmen“, umgewandelt. Die Mitarbeiter des TIS beraten und betreuen seitdem nicht mehr nur Jungunternehmer bei der Gründung des eigenen Unternehmens, sondern sie unterstützen Südtiroler Un-ternehmen, sich untereinander zu ver-netzen, in der Entwicklung von Produk-ten und sie schlagen Brücken zwischen Wissenschaft und Wirtschaftswelt. Kurz: Der TIS innovation park kümmert sich neben der Unternehmensgründung nun auch noch um die Vernetzung kleiner und mittlerer Unternehmen zu soge-nannten Clustern und fördert den Wis-sens- und Technologietransfer, damit frisches Know-how aus den Universitä-ten in die Unternehmen gelangt und dort für einen Wettbewerbsvorsprung sorgt.

Rundum-ServiceDas Gründerzentrum ist aber nach wie vor eine der tragenden Säulen des TIS innovation park. In ihm werden die so-genannten Gründerunternehmen bis zu fünf Jahren betreut und begleitet. Ein besonderer Vorteil ist dabei, dass die Un-

101 Unternehmen Das Gründerzentrum im TIS innovation park feiert sein 15-jäh-riges Jubiläum. Über 100 innovative Unternehmen konnte das TIS in die Selbstständigkeit begleiten und damit neue hochqua-lifizierte Produkte und entsprechende Arbeitsplätze schaffen.

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ternehmer mit einem Rundum-Service unterstützt werden und ihnen bei allen strategischen Entscheidungen Fachper-sonen mit Rat und Tat zur Seite stehen. Spezifische Dienstleistungen helfen ih-nen, Know-how aufzubauen und sich das nötige Wissen anzueignen, um das Unternehmen mit Erfolg führen zu kön-nen. Zu diesen Dienstleistungen gehö-ren unter anderem Coachings, Work-shops, Finanzierungs- und Kommuni-kationsservices. Darüber hinaus können die Unternehmen im TIS-Turm Büros mieten, die mit den notwenigen Infra-strukturservices ausgestattet sind, um sofort zu starten. „Die größte Stärke des Gründerzentrums besteht darin, dass das Gründerzentrum keine losgelöste Struktur ist, sondern innerhalb des TIS Teil eines Netzwerkes ist, in dem Exper-ten, Berater, Forscher und andere Unter-nehmer in greifbarer Nähe sind. In die-sem Netzwerk sind Jungunternehmer sehr gut aufgehoben und nie auf sich alleine gestellt“, sagt Christian Höller, Manager des Gründerzentrums.

Um ins Gründerzentrum aufgenom-men zu werden, sind eine potentialt-

rächtige Geschäftsidee und ein ausge-reifter Businessplan notwendig. In der Vorbereitungsphase können die zukünf-tigen Gründer Expertengespräche, die Unterstützung in der Erarbeitung eines Businessplans sowie eine individuelle Potentialanalyse in Anspruch nehmen. Die Entscheidung über die Aufnahme trifft schließlich der Verwaltungsrat des TIS. Folgende Kriterien sind ausschlag-gebend: Innovationsgrad und Einzigar-tigkeit der Geschäftsidee, Verkaufbar-keit des Produkts oder der Dienstleis-tung, eine realistische Finanzstrategie, ein großes Marktpotential sowie das unternehmerische Denken und die Kompetenzen des Teams.

Von Websites bis Generatoren Das Gründerzentrum des TIS begleitet derzeit 24 Unternehmen. Vertreten sind die unterschiedlichsten Branchen: vom IT- und Elektroniksektor über die Be-kleidungsbranche bis hin zu Tourismus-dienstleistungen und erneuerbaren Energien (siehe Infokasten). Natürlich gibt es keine Garantie, dass alle Unter-nehmen auch aus den Startlöchern kom-men, laut Höller sei so etwas aber bei Inkubatoren durchaus üblich.

Seit August 2012 ist das Unterneh-men DATIC im TIS. DATIC ist im Web-Bereich tätig und bietet Kunden die Möglichkeit, Websites online und im Baukastensystem zusammenzustellen. Die beiden jungen Programmierer Aa-ron Andreis und David Buchschwenter haben sich im Dezember 2011 mit ihrer Idee ans TIS Gründerzentrum gewandt.

„Ich glaube, meine Mutter hatte mir da-mals den Hinweis gegeben, ins TIS zu kommen“, erinnert sich der 28-jährige Andreis. Nun sind er und sein gleichalt-riger Geschäftspartner bereits seit knapp einem Jahr im Gründerzentrum, wo sie auch ihr erstes eigenes Büro bezie-hen konnten. „Das TIS ist sehr gut gele-gen,“ sagt Buchschwenter, der ergänzt:

„Auch haben wir hier die Möglichkeit, uns mit den anderen hier angesiedelten Gründern auszutauschen, und wir sind einfach näher am Geschehen, also näher am gesamten TIS-Netzwerk.“ Am Grün-

derzentrum schätzen die beiden, dass das Gesamtpaket vergleichsweise güns-tig ist: die günstige Miete, man wird kon-tinuierlich über relevante Informations-veranstaltungen und Kurse informiert, bekommt Kontakte vermittelt und Hilfe bei den verschiedensten Anliegen.

Frauen im Kommen Ganz frisch im Gründerzentrum ist das Unternehmen Veil Energy, das noch mit-ten in der Gründungsphase steckt. Veil Energy ist im Bereich erneuerbare Ener-gien und Energieeffizienz tätig. „Wir kümmern uns um die Entwicklung ther-moelektrischer Generatoren“, erklärt die Maschinenbauingenieurin Marian-na Benetti. „Auf das TIS-Gründerzent-rum sind mein Partner und ich durch ein bereits im TIS angesiedeltes Unterneh-men gekommen.“ Die konkrete Idee zur Unternehmensgründung bestand näm-lich bereits, es haperte jedoch an der konkreten Umsetzung. Genau hier setz-te das TIS an: Nach dem Erstkontakt im November 2012 ist das Unternehmen heute gegründet. „Zu den Gründerunter-nehmen zu zählen, bedeutet für uns Mit-glied des TIS-Netzwerks zu sein und da-mit nicht nur in engen Kontakt zu den übrigen Gründern treten zu können, sondern auch zu allen anderen TIS-Part-nern.“ Vom Gründerzentrum erwartet sich Benetti konkrete Hilfestellung beim Marktaufbau und in der Personal-beschaffung. „Wir haben nämlich vor, bald zu wachsen“, sagt Benetti stolz.

Benetti ist eine der wenigen Frauen im Netzwerk der Gründerunternehmen. Heute zählt das Gründerzentrum in sei-nen 24 Unternehmen nur drei Frauen.

„Beim Business-Plan-Wettbewerb, den wir zu Beginn dieses Jahres gemeinsam mit den Jungunternehmern im Unter-nehmerverband Südtirol gestartet ha-ben, waren von den 78 Teilnehmern 14 Frauen“, freut sich Höller. „Und, wer weiß, vielleicht erhöht sich dadurch auch die Frauenquote im Gründerzent-rum“, schließt Höller.

Rechts: Gründerunternehmen im TIS innovation park (Stand: April 2013)

Die beiden jungen Unternehmer von DATIC

(EP)

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Software & Dienstleistun-gen für Prozessoptimierung, v. a. für den Transport- und Energiesektor

Verbesserung von Werk-zeug- und Messmaschinen

Entwicklung von Leistungs-elektronik für die Automoti-ve- und Aerospace-Branche

Businesslösungen zur Stei-gerung der Effizienz von Meetings und Veranstal-tungen

IT-Produkte und -Lösungen

Baukastensysteme zur Homepage-Erstellung

Automatisiertes Gebäude-management

Aufbau und Betrieb eines Netzwerks von Energiever-brauchern und -erzeugern

Softwarelösungen für Pro-dukte des Energie-, Indu-strie- und Finanzsektors

Digitaler Kinderbuchverlag

Alpine Erlebnisse für die Tourismusbranche

Bekleidung aus umwelt-freundlichen Materialien (z. B. Bambus, Eukalyptus)

Verwaltungssoftware für kleine Fluggesellschaften

Automatisierter Bücher-verleih

3D-Konstruktionen von Füßen für Schuhhersteller und -verkäufer

Werbekampagnen-Platzie-rung und „seeding“

Innovative Tragen zur Ber-gung von Verletzten

Beratungen und Dienstleis-tungen im Umweltbereich

Entwicklung, Produktion und Vertrieb eines thermo-elektrischen Generators

Entwicklung innovativer Bekleidung („smart fabrics“) für den Rad- und Laufsport

Ökologische Garnelenzucht

ACEIT AnyTIME AFM

TEChnoLogy ITALIA

ALpITRonIC

DATIC

EhTICAL SoFTwARE

SpIn TRyA

wIInnS Z.Z.IZEuS – ZEnTRuM

FüR EnERgIE- unD uMwELT-

SChuTZ

EIb ExpERTS hoME

SoLuTIonS

gREEnShIFTIng ILoS LARIxpRESS MADEInThEALpS

RE-bELLo

RES AEREA

VEIL EnERgy

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ECo-FARMIng

Sport-, Abenteuer- und Naturerlebnisse im alpinen Raum für die Tourismus-branche

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EASyMAILER

IT-Lösungen für das Gast-gewerbe

Aufbau und Betrieb von Biogasanlagen

boTRES gLobAL

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besonders die rezeptideen kamen gut an.

Was koch ich heute?

Die mit dem Apfelteiler ge-schnittenen äpfel (s. großes bild) fanden vor allem bei den Kindern guten Absatz.

Darf ich auch?

Die promotoren üben eine schlüssel-funktion bei Verkostungen aus.

Herzlich, sympathisch, kompetent

im schnitt probierten 600 Kunden pro tag südtiroler äpfel oder speck.

Möchten Sie probieren?

5% salzgehalt im speck und 22 Wochen reifezeit – für die produktinformationen inter-essierten sich viele Kunden.

Hätt ich nicht gedacht...

m a R k t p l at Z

Südtirol kosten. im Februar und märz tourten an insgesamt 400 Verkostungstagen promotoren durch verschiedene Handelsketten in Deutschland und italien mit dem Ziel, den südtiroler Apfel und den südtiroler speck bekannter und beliebter zu machen. mit erfolg, wie die Zahlen belegen.

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gemeinsam verkosten und dabei Neu-es entdecken – die Abverkäufe konnten mitunter um 500% gesteigert werden.

Macht gute Laune

speck schmeckt auch in Verbindung mit einem etwas süßeren Apfel – ähnlich wie der ital. rohschinken mit melone – der junge besucher war begeistert.

Tolle Kombination

Knackig, saftig und gesund – davon konnten sich insgesamt 132.000 Ver-braucher selbst überzeugen.

An apple a day

golden, Fuji, gala, braeburn und gran-ny smith wurden zur Verkostung ange-boten – insgesamt wurden über 1,5t äpfel für die Verkostungen verwendet.

Den mag ich besonders

Wie: gerne nahmen viele Deutsche und italiener im heurigen Frühjahr die Verkostungsaktionen von Apfel und speck zum Anlass, um geschmack-lich einen kurzen Abstecher nach südtirol zu machen. An knapp 170 Ver-kaufspunkten von fünf Handelsketten wurden jeweils an den umsatz-stärksten tagen Freitag und samstag die produkte von geschultem per-sonal zum probieren angeboten, über die Nachverfolgbarkeit aufgeklärt und rezeptideen weitergegeben.

Was: Verkostungen in supermärkten Wo: in Deutschland und NorditalienWann: Februar und märz 2013

(CS)

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Julia Lindner in der Wahlheimat Meran, in der nicht nur Südtiroler zu den engsten Freunden zählen

m E N s C h E N

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Julia lindner wurde 1977 in Köln ge-boren. sie studierte bWl mit Fach-richtung tourismus und Hotelma-nagement. Über umwege kam sie nach meran, wo sie seit 2004 mit ih-ren beiden Kindern lebt. Heute be-treibt Julia lindner ein pr- und mar-keting-büro.

ES WAR WOHL eines der grauesten Aller-heiligen. Als Julia Lindner über den Brenner fuhr, schlug ihr ein unwirsches Wetter entgegen. Kalter Wind peitschte unrhythmisch Regentropfen gegen die Windschutzscheibe. Südtirol kannte die damals 27-jährige Kölnerin nur vom Hö-rensagen, und den Werbeslogan von den 300 Sonnentagen erfuhr sie zum Glück erst viel später. Ihr Ziel war Meran, das Julias damaliger Lebensgefährte, ein bayerischer Unternehmer, zu seinem Domizil erkoren hatte. Ausgerechnet sie musste in die Provinz ziehen. Sie, die agi-le, smarte Weltenbürgerin, die ihr BWL-Studium mit Fachrichtung Tourismus und Hotelmanagement abgeschlossen und ein Semester in Buenos Aires und eines in Madrid absolviert hatte. Ausge-rechnet nach Meran musste es sie ver-schlagen, das sie als Kind gerade einmal von Neckermann-Katalogen her kannte.

„Als überzeugte Flachländerin kamen dann auch noch die Berge dazu! Wohin ich mich auch wandte, stieß mein Blick an eine Felswand“, lacht Julia Lindner heute, beinahe lakonisch.

Inzwischen sind neun Jahre vergan-gen und die polyglotte Rheinländerin ist zur überzeugten Wahlsüdtirolerin mu-tiert. Ihre beiden Kinder Greta und Theo sind in diesen neun Jahren geboren und als Mutter hat Julia Lindner schnell die Vorzüge der einst so geschmähten Pro-vinz kennengelernt. „Meine besten Mit-bringsel waren die Kenntnisse im Ski-fahren und im Spanischen!“ Das eine erweiterte den Horizont im Gebirge, das andere erleichterte das Italienisch-Stu-dium um ein Vielfaches. „Südtirol hat sich in diesen neun Jahren aber auch sehr gewandelt. Ich habe hier mein Nest gefunden. Man braucht die Großstadt nicht.“ Als die Kinder noch klein waren,

suchte, meldete sich eine Dame aus Al-gund. Auf deren Bauernhof erleben Gre-ta und Theo heute noch wunderbare Momente. „Wir sind zu einer großen Familie zusammengewachsen.“ Manch-mal hegt Julia die Befürchtung, dass der intakte Lebensraum Südtirol die Kin-der zu sehr von der eigentlichen Reali-

tät fernhält. Dann steigt sie in das nächste Flug-zeug. „Man steht in der Pflicht, den Kindern auch eine weniger heile Welt zu zeigen.“ In dem vermeintlichen Provinz-

städtchen Meran konnte sich Julia Lind-ner über Jahre einen interessanten Freundeskreis aufbauen. „Hier leben viele Menschen unterschiedlichster Pro-venienzen. Manchmal werden vier oder fünf verschiedene Sprachen bei unseren Treffen gesprochen.“ Da schlägt das mul-tikulturelle Herz der Kölnerin höher.Nicht einmal nach ihrer Trennung im letzten Jahr hat Julia ans Wegziehen ge-dacht. Ihr PR-und Marketing-Büro befin-det sich noch im Aufbau, aber die ersten Kunden wurden bereits akquiriert. „Ich bin angekommen und bleibe hier!“

ging Julia Lindner bewusst zu Ärzten in Bozen. „Damit ich wenigstens einen Grund hatte, nach Bozen zu fahren“. Die Landeshauptstadt mit dem italieni-schen Flair fungierte oft als Kompensa-tion, immer dann, wenn die Kurstadt zu provinziell und zu „deutsch“ wurde. So beschloss die viersprachige Mutter, ihre

Kinder in den italienischen Kindergar-ten einzuschreiben. Dass es hierzulande keine mehrsprachigen Kindergärten und Schulen gibt, ist Julia auch heute noch völlig unverständlich“. Im Ober-maiser Kindergarten erlebt man die eth-nische Trennung hautnah.“ Beide Grup-pen sind in einem Gebäude unterge-bracht. Der Garten wird gemeinsam genutzt, aber durch einen „unsichtba-ren“ Zaun getrennt. Spätestens als Greta und Theo sich einmal bei ihrer Mutter beklagten, dass die „blöden tedeschi“ sie vom Baum gestoßen hätten, wurde Julia Lindner klar, wie absurd dieses Sys-tem ist.

Doch dies war eine der wenigen nega-tiven Erfahrungen, die die Wahl-Merane-rin bis dato in ihrer neuen Heimat ge-macht hat. „Die Nahversorgung ist hier sehr gut strukturiert!“ Es gebe viele klei-ne Läden mit hochwertigen Produkten. Das kulturelle Angebot sei vielschichtig, die Schulen funktionierten besser als in Deutschland. Das Freizeitangebot – gera-de für Kinder – sei sensationell. Wenn Julia Lindner über Südtirol ins Schwär-men gerät, funkeln ihre blauen Augen. Als sie eine Tagesmutter für ihre Kinder

j u l i a l i N D N E R

Die Angekommene. sonnenschein und heile bergwelt sind nicht genug. lebensqualität hat mehrere parameter. Julia lindner hat in südtirol nicht nur gutes erfahren. ihre ent-scheidung, hier zu leben, ist dennoch leichtgefallen.

Text: Hartwig MumelterFoto: Alex Filz

„Meine besten Mitbringsel waren die Kenntnisse im Skifahren und im Spanischen!“

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Christian Kuen, 37, drechselt schon, seit er bei seinem Nachbarn gesehen hat, wie das geht. Bei kleinen Märk-

ten rund um Schenna stellte er seine Stü-cke aus. Beflügelt durch den Erfolg von

„PenArt“ richtete er eine Homepage ein und suchte nach weiteren Absatzkanä-len, die zu ihm und seinem Produkt passten. Ein erster Schritt war die Teil-nahme an der Messe „Kreativ“ in Bozen. Den Kontakt zur Export Organisation Südtirol (EOS) stellte ein Freund her, der die Messe „L’Artigiano in Fiera“ kannte. Die beliebte Mailänder Handwerksmes-se passte aber nicht in den Zeitplan von Kuen, der hauptberuflich Patissier ist. Als Alternative bot ihm Florian Reisin-ger, Mitarbeiter im Bereich Messen der EOS, an, seine Produkte auf dem Südti-roler Gemeinschaftsstand auf der Inter-nationalen Handwerksmesse München (IHM) auszustellen – eine gute Entschei-dung, wie sich im Nachhinein heraus-stellte: Kuen wurde neben anderen für seine Kunstwerke der mit 5.000 Euro dotierte Bayerische Staatspreis verlie-

Messen – aber wie?Messen sind ein nützliches Instrument, um die eigene Firma zu präsentieren, Geschäftspartner und Kunden zu suchen oder ein-fach, um das Neueste einer Branche zu erfahren.

hen; daneben fanden seine Produkte, die mitunter 350 Euro kosten können, guten Absatz.

Neben den Besuchermessen, die vor allem für Künstler wie Kuen und kleine Handwerksbetriebe interessant sind, weil vor Ort verkauft werden kann, ent-hält das Messeprogramm der EOS viele fachspezifische Messen, die Fachbesu-chern vorbehalten sind und meist Kür-zel tragen wie BAUMA, IBF, PROWEIN oder SÜDTEC. Die Branchen sind dabei verschieden, von Bau über Lebensmittel bis Handwerk, Hotelzulieferung und Druck. Auch einige institutionelle Auf-tritte, wie etwa der auf der Grünen Wo-che in Berlin, finden sich im Programm.

Vor- und Nachbereitung ist alles2012 hat die EOS 45 Messen und Events in 11 Ländern organisiert. Insgesamt ha-ben sich dabei 388 Südtiroler Unterneh-men auf 14.234 m² Messefläche, das sind umgerechnet 2 Fußballfelder, präsen-tiert. Alle Messen zusammen haben 186 Tage gedauert, für Auf- und Abbau waren weitere 185 Tage notwendig. Allein die

20 EOS-Projektleiter haben dafür ge-schätzte 9.278 Stunden gearbeitet, was 1.160 Tagen entspricht. Das Messebud-get im Jahr 2012 betrug 4,92 Millionen Euro. Einer, der viel Erfahrung auf Mes-sen gesammelt hat, ist Josef Fuchs, der im Vinschgau Frühstückszerealien her-stellt. Sein Unternehmen hat sich früh mit Export beschäftigt und exportiert heute in 30 Länder. „Ich kann mich noch gut an unseren ersten Messeauftritt erin-nern, wir hatten große Erwartungen und auch viel in die Vorbereitung investiert – wir hatten aber absolut keine Ahnung, was wir erwarten konnten!“, erzählt der Unternehmer. „Das Ergebnis war trotz-dem überraschend positiv, einige Kon-takte entwickelten sich zu guten Aufträ-gen. Und so meldeten wir uns im Jahr darauf erneut bei der Messe ANUGA an. Wenn wir heute einen neuen Markt ange-hen, gehören Messeauftritte dazu. Dafür werden aber bereits im Voraus viele Vor-bereitungen getroffen – über die EOS haben wir für die Messen Food Hospita-lity World in Mumbai und FHC in Shang-hai gezielt Studien und Recherchen

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m a R k E t i N g

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Entscheidend für den Erfolg einer Messe sind die richtige Auswahl und intensive Vorbereitung

messen sind ein wichtiger baustein im exportgeschäft. Nicht immer muss man als Aussteller präsent sein, oft ist ein besuch allein schon gewinnbringend, denn messeauftritte sind allgemein teu-er. Wer noch nicht weiß, welche messen es in seiner branche gibt, kann sich an die eOs wenden, die dies kostenlos re-cherchiert. ist die messe außerdem nicht im Jahresprogramm für einen ge-meinschaftsauftritt, kann für diese mes-se im Vorfeld beim land für eine einzel-förderung angesucht werden. Für 2013/2014 wurden alle messeförderungen auf 70 prozent erhöht, ausgenommen sind Kosten für Reise und Verpflegung. Kon-takt eOs: Florian reisinger, tel. 0471 945 778 oder www.eos-export.org, mes-sen und Veranstaltungen; Kontakt für einzelförderung: Autonome provinz bo-zen, Abteilung 35, raiffeisenstraße 5,bozen, tel. 0471 413610.

g u t Z u W i s s E NMesse-1x1

durchgeführt und Termine mit mögli-chen Partnern vereinbart.“

Valérie Spenlé, die als Mitarbeiterin der EOS viele Südtirol-Auftritte auf Mes-sen organisiert hat, berichtet: „Im Vor-feld einer Messe ist es immer wichtig, sich intensiv darauf vorzubereiten und Ziele zu definieren, egal ob man ein Handwerker oder Künstler wie Kuen ist oder ein Produzent auf der Suche nach Kunden und Vertriebspartnern. Die Messe selbst ist nur die Spitze des Eis-berges, davor und danach muss viel Ar-beit geleistet werden, damit sich der Erfolg einstellt. Die EOS bietet Unter-stützung bei der Organisation des Mes-sestandes und allem Drumherum – falls gewünscht, führt sie aber auch spezifi-sche Recherchen im Vorfeld durch. Meist braucht es zudem mehrere Prä-senzen auf einer Messe – und die sind leider oft sehr teuer. Durch das Export-Sonderprogramm 2013/2014 des Lan-des ist immerhin eine Förderung inner-halb der De-minimis-Bestimmungen von 70 Prozent möglich.“ Die De-mini-mis-Bestimmungen besagen, dass die

Gesamtsumme der gewährten Beihilfen in einem Zeitraum von drei Steuerjahren 200.000 Euro nicht übersteigen darf.

Derzeit befindet sich auf der Home-page der EOS ein Entwurf des Messepro-gramms von 2014, für das man noch Vorschläge einbringen kann. Vorausset-zung dafür, dass ein Südtirol-Auftritt überhaupt zustande kommt, ist immer, dass sich zumindest drei Südtiroler Fir-men finden, die an einer bestimmten Messe teilnehmen wollen. Dementspre-chend gibt es immer wieder „Exoten“ im Messeprogramm, da sie nur für einen bestimmten Nischensektor gedacht sind oder aber sehr weit entfernte Märk-te bedienen, die nur für wenige wirklich relevant sind. Ein Beispiel dafür ist die FHC in China, auf der auch heuer ein Südtirol-Stand im Italian Pavillion auf-gebaut wird. Auch Josef Fuchs mit sei-nen Zerealien und zwei weitere Firmen werden dabei sein und erhoffen sich nach den beiden vergangenen Auftritten für heuer, erneut ein Stück weiter in den chinesischen Markt vorzudringen.

Und auch Christian Kuen steckt mit-tendrin in den Vorbereitungen: im De-zember nimmt er an der Heim + Hand-werk teil, auch das Anmeldeformular für die IHM 2014 ist bereits ausgefüllt. „Ich habe erst an zwei Messen teilgenommen und sehr viele positive Erfahrungen ge-sammelt! Neben dem Verkauf waren es vor allem die vielen interessanten Men-schen und Gespräche, die mich zu neu-en Ideen inspiriert haben, die schwer zu beschreibende Stimmung der Offenheit und die vielen Eindrücke insgesamt. Jetzt muss ich aber weitermachen“, sagt der Künstler und zeigt auf die Hobel-späne. „Es gibt noch viel zu tun!“ (CS)

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Schweiz: Basler ZeitungTageszeitung – Die Westschweizer tages-zeitung widmet dem eggental eine gan-ze seite und macht gleich mit dem Kom-pliment „familiär und unkompliziert“ auf. Der titel „mozzarella unterm rosengar-ten“ bringt das gefühl von „urigkeit und italianità“ auf den punkt. Ausgabe: 4. März 2013

Deutschland: PetraFrauen-Zeitschrift für Trends, Mode und Beauty – Die monatszeitschrift für die generation 30+ huldigt auf fünf seiten dem pop-trio ganes. iris soltau beginnt ihre geschichte in Hamburg und vergisst nach dem Kühekraulen auch das shoppen, essen und die grandio-se landschaft südtirols nicht. Ausgabe: April 2013

Über Südtirol berichtet. geschichten über das land in Zeitungen, maga-zinen, Online-portalen und blogs: Zwischen ladinisch als sprache des pop, der rehabilitation des Vernatsch in Österreich, mehl in mailand und Aussteigerbetrieben in den Dolomiten.

United Kingdom: Condé Nast TravellerLuxury Travel Magazine – laura Griffith-Jones found a place away from the famous michelin star awarded restaurants and exceptional hotels in the Dolo-mites. the san lorenzo moun-tain lodge: a family-run retreat with a low-key brilliance all of its own. Release: January 2013

Polen: skionline.pl Wichtigstes Online-Skimagazin in Polen – unter dem titel „garnelen unterm ski-lift“ beschreibt das magazin die skige-biete gröden und seiser Alm. Neben

den Facts um pisten und bahnen steht hier vor allem der ge-nuss im Vordergrund.

Die Comici-Hütte stand für den titel pate.

Online seit: März 2013

Italien: La StampaUno dei maggiori quotidiani nazionali – l’articolo parla della fiera Prowinter di bolzano e del padiglione di neve mobile. Edizione del 13 aprile 2013

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i m v i s i E R D E R m E D i E N

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Netherlands: Wintersport Magazine#19

Das größte Wintersportmagazin in den Niederlanden – Hans Avontu-

ur schwärmt auf sechs Seiten von der Seiser Alm und der Zallinger

Hütte. Einer der profiliertesten Reisejournalisten entdeckt die langsamen Seiten des Winters.

Ausgabe: Februar 2013

Österreich: RondoLifestyle-Beilage des Standard im Plakatformat – Die Rehabilitation für den früher viel-geschmähten Vernatsch und ein Lob auf die Pergl entstanden beim Weinwandern. Ein Blick auf den Kalterer See, ein architektonischer Streifzug und Drei-Gläser-Weine sind sich ausgegangen. Ausgabe: 8. März 2013

Belgien: GrintaRadmagazin – Sechs Seiten sind dem Dolomiti Super-bike gewidmet. Thijs Ameye begab sich mit Skepsis zum

„härtesten Radrennen der Dolomiten“, wechselte vom Rennrad aufs Mountainbike und traf auch noch Tim und Struppi. Eine Geschichte über Steilheit und Staunen. Ausgabe: April 2013

Italia: streghettaincucinaBlog su cibo, fotografia ed eventi con estensio-ne su Facebook, Pinterest, Twitter, Google+ e Instagram che parla di una serata a Milano in Casa Alto Adige dedicata alla farina. “Eh sì,

per una sera sono stata cata-pultata in Alto Adige senza spostarmi da Milano. Una sorta di teletrasporto!”Online dal 15 febbraio 2013

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3 ausbilDuNgssChiENEN voN mov(i)E it!:

1. Kamera (berufsbild: 1. bzw. 2. Kameraassistent)2. Tonaufnahme (berufsbild: tonassistent/boom- operator)

3. Szenenbild/Ausstattung (berufsbild: szenenbildnerassistent/ Ausstatter)

…wie MOV(I)E IT!

Zum Kameraassistenten ausbilden lassen kann man sich beim Kurzlehrgang MOV(I)E IT!

Kurzlehrgang für Film-Assistenz. Klappe – Film läuft: bls und Film-schule Zelig bieten eine Ausbildung in puncto Kamera, ton und szene. Assistenzberufe bei Filmproduk-tionen werden zunehmend gebraucht, seit immer mehr Filme in südtirol gedreht werden.

IM ÜBERSCHAUBAREN ZEITRAHMEN auf die Arbeit am Film-Set vorbereiten soll der Kurzlehrgang MOV(I)E IT! für Assis-tenzberufe bei Filmproduktionen. Der Kurs findet einmal jährlich statt und ver-mittelt professionelles Know-how in drei verschiedenen Bereichen des Film-business (siehe Kasten). Fixer Bestand-teil der Ausbildung ist ein Praktikum am Filmset, das jeder Teilnehmer im An-schluss an den Kurs leisten muss. Orga-nisiert und abgehalten wird die Ausbil-

dung von der Filmschule ZeLIG in Zu-sammenarbeit mit der Standortagentur BLS. Ziel des Kurses ist es, für die Film-branche in Südtirol Fachpersonal auszu-bilden, das den immer zahlreicheren Produktionen für Dreharbeiten im Lan-de zur Verfügung steht. Tatsächlich ar-beiten zahlreiche Kursabsolventen in-zwischen regelmäßig bei Filmprodukti-onen mit. Nähere Informationen zum Kurs gibt’s unter www.movie-it.com.

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„Ziele, die nicht der Steigerung

der Lebensqualität dienen, sind nicht

der Rede wert.“Alfred Selacher

*1945, schweizer lebenskünstler

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harpf Getränkeladen Stadtgasse 53 a, Bruneck T. +39 0474 53 71 31 E. [email protected]

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