Mann spricht und fühlt - schulstiftung-ekbo.de · dass die finanzielle Unterstützung vom Berliner...

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Aus Stadt und Land www.die-kirche.de | Nr. 42 | 16. Oktober 2016 8 Meldungen Zentrum für Strukturwandel Berlin/epd4Die EKBO will den Strukturwandel in der Braunkohle- region Lausitz mit einer eigenen Einrichtung begleiten. Für das „Zentrum für Dialog und Wandel“ sollen rund 600 000 Euro bereit- gestellt werden, heißt es in einer Vorlage der Kirchenleitung für die Synode der EKBO, die vom 26. bis 29. Oktober in Berlin zusammen- kommt. Hintergrund ist ein Be- schluss der Landessynode vom April. Darin heißt es, die Landes- kirche werde sich aktiv in den Dis- kussionsprozess über die Gestal- tung des Strukturwandels in der Lausitz einbringen und auch ein Konzept dafür entwickeln.< Neue Turmuhr für Cöthen Cöthen/dk4Am 15. Oktober wird die neue Turmuhr der Kirche Cö- then (Kirchenkreis Barnim) in Be- trieb genommen. Die Kosten von 12 000 Euro wurden hauptsächlich von Spendern getragen. Der För- derkreis „Alte Kirchen“ unterstützte das Vorhaben mit 1 000 Euro, be- richtet die „Märkische Onlinezei- tung“. Bis vor drei Jahren wurde die Kirche aufwändig saniert. Sie war seit Mitte der 50er Jahre gesperrt. 1998 gründete sich der Förderver- ein „Cöthener Kirche“. Dieser lädt mit der Kirchengemeinde ab 14 Uhr zum Turmuhrenfest ein.< Vorbereitung für Kirchentag Berlin/dk4Als Vorbereitung zum 36. Deutschen Evangelischen Kir- chentag hat das Amt für kirchliche Dienste der EKBO eine Arbeitshilfe mit Angeboten für Kinder, Jugend- liche und Erwachsene zusammen- gestellt. Diese reichen von Anre- gungen für Andachten und Gottes- dienste, zu Kreativaktionen, Works- hops, Unterrichtseinheiten, Vor- schläge für Tagesveranstaltungen bis zu Filmtipps rund um das Kir- chentagsmotto: „Du siehst mich“.< Bestellungen über Telefon: (030) 24 34 43 50 E-Mail: [email protected] oder Download: www.akd-ekbo.de Schülerwettbewerb gestartet Frankfurt (Oder)/dk4Unter dem Motto „#Suchet, so werdet ihr fin- den – Wie geht das Leben?“ veran- staltet der Kirchenkreis Oderland- Spree im Schuljahr 2016/2017 zum 500. Reformationsjubiläum einen Wettbewerb für Schüler. Bis zum 31. Mai 2017 sind sie aufgerufen, sich mit Themen wie „Gerechtig- keit“ oder „Wer bin ich? Wer möch- te ich sein?“ zu beschäftigen und Texte aus der Bibel kreativ umzu- setzen. Schirmherr des Wettbe- werbs ist Günter Baaske, Minister für Jugend, Bildung und Sport des Landes Brandenburg.< http://bibel-wettbewerb.de 4Sie waren mal schwer in Mode im linksalternativen Spektrum, im Westteil Berlins kurz vor der Wen- de: Männergruppen. Die Idee war geklaut, oder sagen wir: geliehen. Denn auch in evangelischen Kir- chengemeinden gab es Männer- gruppen. Mit anderen Zielen, aber in der Summe weit verbreitet. In der Kirchengemeinde am Lietzen- see seit Juli 1946 beispielsweise. Ein Auslaufmodell? „Männer glauben anders, haben mehr Nachfragen, sind viel kriti- scher“, hat Bernd Beuster beobach- tet. Der heutige Pfarrer im Ruhe- stand leitet seit 46 Jahren den Män- nerkreis der Charlottenburger Kir- chengemeinde am Lietzensee. Die dürfte mit dem Gründungsdatum 1946 zu den ältesten in Deutsch- land gehören. 30 000 bis 50 000 Männerkreise soll es einmal in evangelischen Gemeinden gegeben haben. Heute wird ihre Anzahl auf 3 000 bis 5 000 geschätzt. „Aus meiner täglichen Arbeit zog ich so viele Anregungen und Ideen, über die ich mal mit anderen reden wollte, die ich besprochen oder thematisiert haben wollte. Und die Leute aus meiner Männergrup- pe waren meist interessiert“, sagt Beuster. Tiefe Gespräche entstan- den nebenbei. Angeblich män- neruntypisches Zeigen und Spre- chen über Gefühle seien zu Themen geworden. „In den Gruppen kom- men Schlosser mit Ingenieuren, Ge- werkschafter mit Lehrern und Ver- waltungsangestellten zusammen – ein breites Spektrum von Meinung bis Fachwissen.“ Für Nachwuchs sorgte stets die Mundpropaganda. Glanzlichter sind die Rüstzeiten, gleichzeitig Männerausflüge einmal jährlich. Zwölf Männer machten sich meistens auf den Weg. In Hil- desheim etwa wurde ihnen spontan die Tür des schönen Rathauses ge- öffnet. Die Frau hinter der Tür er- wies sich als die Bürgermeisterin. Sie bescherte eine spontane Füh- rung. „Man wird mit einer Gruppe von zwölf Männern überall freund- lich aufgenommen“, sagt Beuster. Antwort auf die Diktatur Ob Männergruppen Zukunft haben vermag er nicht zu sagen. Das Alter der Teilnehmer bewegt sich zwi- schen 55 und 82. Den letzten Neu- zugang gab es vor einem Jahr. Wo sollen Männer heute darüber spre- chen, ob ein Christ AfD wählen kann? Oder über Stammzellen? Woher beziehen Männer heute Werteorientierung? Gegründet wurde der Männerkreis der Kir- chengemeinde am Lietzensee immerhin als Folge der Falschorien- tierung in der Nazidiktatur aus Kreisen der Bekennenden Kirche. „Unsere Männergruppe ist nicht kirchlich“, wiegelt der freikirchliche Nachbar in Berlin-Friedrichshain die Beweggründe für seinen regel- mäßigen Besuch in seiner nicht- kirchlichen Männergruppe ab. In wenigen Minuten geht sein Zug zum Wochenendtreffen seiner Gruppe im märkischen Buckow. „Mich über meine Frau ausweinen“, antwortet er auf die Frage, was er dort tut. Gefühle lernen, Gefühle zeigen, Baustellen wie gegenseitigen Groll konstruktiv nach strengen Re- geln aus der Welt schaffen. „Am Ende stehen weniger Oberflächlich- keit und tiefere Freundschaft.“ In Kleinmachnow wurde ein Männerkochkreis zum Selbstläufer. 2004 mit zwölf Interessierten ge- gründet zählt er mittlerweile 50 Mitglieder. 25 bis 25 Teilnehmer er- scheinen regelmäßig zu den monat- lichen Treffen. „Wir kochen lecker und reden über Gott und die Welt“, sagt Pfarrer Jürgen Duschka. „Pro- testantisch heißt ja nicht spaßfeind- lich – und wir spülen hinterher so- gar ab!“ Viele Freundschaften ent- standen. Im Winter schmeißt die Kochgruppe das Benefiz-Grünkohl- essen mit 110 Gästen. Welche Rolle spielt beim Kochen der Glaube? „So viel, dass einige Leute sich tau- fen ließen“, sagt Duschka.< Von Regine Schefels 4Als im August die Ferien zu Ende gingen, war bei einigen Kin- dern die Freude auf den Schul- beginn besonders groß. Mehr als 12 000 Kinder mit Fluchterfahrung starteten erwartungsvoll in das neue Schulleben. In rund 1 000 Willkommensklassen lernen sie Deutsch und werden auf den deutschen Schulalltag vorbereitet. Auch die evangelische Schulstif- tung der EKBO macht die Integra- tion von fast 100 geflüchteten Kin- dern möglich und stellt in zahlrei- chen Berliner Schulen Plätze und Personal zur Verfügung. Besonders schnell war die Evangelische Grundschule Mitte, dort wurden die ersten Schülerinnen und Schü- ler mit Fluchterfahrung schon zu Jahresbeginn aufgenommen. Das Kollegium hatte bereits im vergan- genen Jahr gemeinsam ein Konzept entwickelt, wie der Schulalltag und das Lernpensum in einer Willkom- mensklasse aussehen könnten. „Es war uns ein wichtiges Anliegen“, er- klärt Schulleiterin Kerstin Hage- dorn die große Bereitschaft, sich für die Aufnahme von geflüchteten Kindern offen zu zeigen. Mittler- weile lernen in zwei Willkommens- klassen 22 Schülerinnen und Schü- ler zwischen sieben und 15 Jahren ihre ersten Buchstaben. Und sie rechnen, singen und malen. Allerdings musste die Grund- schuldirektorin schnell feststellen, dass es kein allgemeingültiges Re- zept dafür gibt, wie Integration der Kinder in den Schulalltag am bes- ten gelingen kann. Das hat auch der Berliner Beirat für Familienfragen, ein unabhängiges familienpoliti- sches Gremium, feststellen müssen und deshalb Familien, Fachkräfte und Engagierte an einen Tisch ge- bracht, um sich über Erwartungen, Möglichkeiten und Rahmenbedin- gungen auszutauschen. Ergebnisse des Familienforums zu dem Thema „Willkommen in der Schule“ und Praxisbeispiele werden in Kürze als Publikation erscheinen (unter www.familienbeirat-berlin.de). Lehrkräfte, pädagogische Mitarbei- ter, Eltern und Schulkinder müssen immer wieder überprüfen, was für den Einzelnen der richtige Weg ist, so eine wichtige Feststellung aller Beteiligten. „Die Kinder lernen sehr unterschiedlich“, hat auch Swantje Kahlert, Lehrerin in einer Willkom- mensklasse, beobachtet. Viele Kinder haben ein großes Bedürfnis zu spielen. Andere möch- ten schnell in eine Regelklasse auf- genommen werden, so die Pädago- gin. „Viel hängt davon ab, was die Kinder erlebt haben und wie sie da- mit umgehen“, sagt Kahlert. Sie hat die Erfahrung gemacht, dass es vor allem über Musik gut gelingt, die Kinder für sich, den Unterricht und eine konzentrierte Mitarbeit zu ge- winnen. „Ich wundere mich immer wieder, wie gut die Kinder mit der neuen Situation klar kommen“, meint sie anerkennend. Die erfahrene Lehrerin beob- achtet, dass die Kinder so sein wol- len wie andere und es ihnen wichtig ist, Normalität zu erfahren. Neben Lesen und Schreiben steht deshalb das Miteinander der Schulkinder im Mittelpunkt der Aktivitäten. Schul- leiterin Kerstin Hagedorn ergänzt, dass besonders der Hortbesuch von den Kindern sehr geschätzt wird. Gemeinsam zu essen, zu spielen und zu toben, mache es den Kin- dern möglich, der schwierigen Situ- ation in den Unterkünften und mit der Familie eine Zeit lang zu ent- kommen. So einig sie sich in ihrem Enga- gement für geflüchtete Kinder sind, so stark verunsichert die unklare Si- tuation. Schulleiterin Hagedorn mahnt an, dass die Genehmigung der Willkommensklassen auf ein Jahr – also bis Ende 2016 – be- schränkt sei und noch nicht verlän- gert wurde. Bis dahin werden die Willkommensklassen vom Berliner Senat finanziert. Fraglich ist für sie auch die Finanzierung der Schul- plätze, die von der evangelischen Schulstiftung bezuschusst werden müssen. Dabei wären ihrer Mei- nung nach noch deutlich mehr Mittel für eine gute Sprachförde- rung notwendig. Vor allem liegen der Schulleite- rin aber die Kinder am Herzen, die nach dem Jahr in der Willkom- mensklasse kein Recht darauf ha- ben, an der Schule bleiben zu kön- nen. Die Bereitschaft des Kolle- giums an der Evangelischen Schule in Mitte einen Beitrag zu leisten, ist groß, doch dafür muss, so Hage- dorn, dringend geklärt werden, wie die Finanzierung von Schulplätzen für geflüchtete Kinder in Regelklas- sen an Schulen in freier Träger- schaft aussehen kann.< Ungeklärte Zukunft Mann spricht und fühlt +++ Beim Fußballspiel Pfarrer gegen Imame trennten sich die beiden Teams nach zwei Mal 35 Minuten mit einem 1:1 am vergangenen Sonntag +++ Auf der zum 42. Mal ausgerichtete Mahn- und Gedenkfahrt erinnerten rund 400 Motorradfahrer an verstorbene Biker +++ Das Menschenrechtszentrum im früheren DDR-Zuchthaus Cottbus wurde am Dienstag mit dem mit 25 000 Euro dotierten Brandenburger Freiheitspreis , eine Auszeichnung des evan- gelischen Domstifts Brandenburg, geehrt +++ News-Ticker aus Stadt und Land Bernd Beuster schaut sich das Gruppenstundenbuch an, indem 39 Jahre der Männergruppe Lietzensee archiviert sind. Die älteren Dokumente, noch auf einzelnen Zetteln erfasst, gingen verloren. Foto: Henson Stehling Ein Auslaufmodell? Zum EKD- Männersonntag am 16. Okt- ober schaute sich Henson Stehling um, wie es den Män- nergruppen in und um Berlin geht. Und stellt fest: Wenn, dann läuft nur was über den Kochtopf. Schulleiterin Kerstin Hagedorn (links) und Lehrerin Swantje Kahlert hoffen, dass die finanzielle Unterstützung vom Berliner Senat verlängert wird. Foto: Regine Schefels In der Evangelischen Grundschule Berlin Mitte lernen 22 Flüchtlings- kinder. Die Finanzierung ihrer Klassen ist nur bis Ende 2016 gesichert

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A u s S t a d t u n d L a n d www.die-kirche.de | Nr. 42 | 16. Oktober 20168M e l d u n g e n

Zentrum für StrukturwandelBerlin/epd4Die EKBO will denStrukturwandel in der Braunkohle-region Lausitz mit einer eigenenEinrichtung begleiten. Für das„Zentrum für Dialog und Wandel“sollen rund 600 000 Euro bereit -gestellt werden, heißt es in einerVorlage der Kirchenleitung für dieSynode der EKBO, die vom 26. bis29. Oktober in Berlin zusammen-kommt. Hintergrund ist ein Be-schluss der Landessynode vomApril. Darin heißt es, die Landes-kirche werde sich aktiv in den Dis-kussionsprozess über die Gestal-tung des Strukturwandels in derLausitz einbringen und auch einKonzept dafür entwickeln.<

Neue Turmuhr für CöthenCöthen/dk4Am 15. Oktober wirddie neue Turmuhr der Kirche Cö-then (Kirchenkreis Barnim) in Be-trieb genommen. Die Kosten von12 000 Euro wurden hauptsächlichvon Spendern getragen. Der För-derkreis „Alte Kirchen“ unterstütztedas Vorhaben mit 1 000 Euro, be-richtet die „Märkische Onlinezei-tung“. Bis vor drei Jahren wurde dieKirche aufwändig saniert. Sie warseit Mitte der 50er Jahre gesperrt.1998 gründete sich der Förderver-ein „Cöthener Kirche“. Dieser lädtmit der Kirchengemeinde ab 14 Uhrzum Turmuhrenfest ein.<

Vorbereitung für KirchentagBerlin/dk4Als Vorbereitung zum 36. Deutschen Evangelischen Kir-chentag hat das Amt für kirchlicheDienste der EKBO eine Arbeitshilfemit Angeboten für Kinder, Jugend -liche und Erwachsene zusammen-gestellt. Diese reichen von Anre-gungen für Andachten und Gottes-dienste, zu Kreativaktionen, Works-hops, Unterrichtseinheiten, Vor-schläge für Tagesveranstaltungenbis zu Filmtipps rund um das Kir-chentagsmotto: „Du siehstmich“.<

Bestellungen über Telefon: (030) 24 34 43 50E-Mail: [email protected] oderDownload: www.akd-ekbo.de

Schülerwettbewerb gestartetFrankfurt (Oder)/dk4Unter demMotto „#Suchet, so werdet ihr fin-den – Wie geht das Leben?“ veran-staltet der Kirchenkreis Oderland-Spree im Schuljahr 2016/2017 zum500. Reformationsjubiläum einenWettbewerb für Schüler. Bis zum 31. Mai 2017 sind sie aufgerufen,sich mit Themen wie „Gerechtig-keit“ oder „Wer bin ich? Wer möch-te ich sein?“ zu beschäftigen undTexte aus der Bibel kreativ umzu-setzen. Schirmherr des Wettbe-werbs ist Günter Baaske, Ministerfür Jugend, Bildung und Sport desLandes Brandenburg.<

http://bibel-wettbewerb.de

4Sie waren mal schwer in Modeim linksalternativen Spektrum, imWestteil Berlins kurz vor der Wen-de: Männergruppen. Die Idee wargeklaut, oder sagen wir: geliehen.Denn auch in evangelischen Kir-chengemeinden gab es Männer-gruppen. Mit anderen Zielen, aberin der Summe weit verbreitet. Inder Kirchengemeinde am Lietzen-see seit Juli 1946 beispielsweise. EinAuslaufmodell?

„Männer glauben anders, habenmehr Nachfragen, sind viel kriti-scher“, hat Bernd Beuster beobach-tet. Der heutige Pfarrer im Ruhe-stand leitet seit 46 Jahren den Män-nerkreis der Charlottenburger Kir-chengemeinde am Lietzensee. Diedürfte mit dem Gründungsdatum1946 zu den ältesten in Deutsch-land gehören. 30 000 bis 50 000Männerkreise soll es einmal inevangelischen Gemeinden gegebenhaben. Heute wird ihre Anzahl auf3 000 bis 5 000 geschätzt.

„Aus meiner täglichen Arbeitzog ich so viele Anregungen undIdeen, über die ich mal mit anderenreden wollte, die ich besprochen

oder thematisiert haben wollte. Unddie Leute aus meiner Männergrup-pe waren meist interessiert“, sagtBeuster. Tiefe Gespräche entstan-den nebenbei. Angeblich män-neruntypisches Zeigen und Spre-chen über Gefühle seien zu Themengeworden. „In den Gruppen kom-men Schlosser mit Ingenieuren, Ge-werkschafter mit Lehrern und Ver-waltungsangestellten zusammen –ein breites Spektrum von Meinungbis Fachwissen.“ Für Nachwuchssorgte stets die Mundpropaganda.

Glanzlichter sind die Rüstzeiten,gleichzeitig Männerausflüge einmaljährlich. Zwölf Männer machtensich meistens auf den Weg. In Hil-

desheim etwa wurde ihnen spontandie Tür des schönen Rathauses ge-öffnet. Die Frau hinter der Tür er-wies sich als die Bürgermeisterin.Sie bescherte eine spontane Füh-rung. „Man wird mit einer Gruppevon zwölf Männern überall freund-lich aufgenommen“, sagt Beuster.

Antwort auf die DiktaturOb Männergruppen Zukunft habenvermag er nicht zu sagen. Das Alterder Teilnehmer bewegt sich zwi-schen 55 und 82. Den letzten Neu-zugang gab es vor einem Jahr. Wosollen Männer heute darüber spre-chen, ob ein Christ AfD wählenkann? Oder über Stammzellen?

Woher beziehen Männer heuteWerteorientierung? Gegründetwurde der Männerkreis der Kir-chengemeinde am Lietzenseeimmerhin als Folge der Falschorien-tierung in der Nazidiktatur ausKreisen der Bekennenden Kirche.

„Unsere Männergruppe ist nichtkirchlich“, wiegelt der freikirchlicheNachbar in Berlin-Friedrichshaindie Beweggründe für seinen regel-mäßigen Besuch in seiner nicht-kirchlichen Männergruppe ab. Inwenigen Minuten geht sein Zugzum Wochenendtreffen seinerGruppe im märkischen Buckow.„Mich über meine Frau ausweinen“,antwortet er auf die Frage, was erdort tut. Gefühle lernen, Gefühlezeigen, Baustellen wie gegenseitigenGroll konstruktiv nach strengen Re-geln aus der Welt schaffen. „AmEnde stehen weniger Oberflächlich-keit und tiefere Freundschaft.“

In Kleinmachnow wurde einMännerkochkreis zum Selbstläufer.2004 mit zwölf Interessierten ge-gründet zählt er mittlerweile 50Mitglieder. 25 bis 25 Teilnehmer er-scheinen regelmäßig zu den monat-lichen Treffen. „Wir kochen leckerund reden über Gott und die Welt“,sagt Pfarrer Jürgen Duschka. „Pro-testantisch heißt ja nicht spaßfeind-lich – und wir spülen hinterher so-gar ab!“ Viele Freundschaften ent-standen. Im Winter schmeißt dieKochgruppe das Benefiz-Grünkohl-essen mit 110 Gästen. Welche Rollespielt beim Kochen der Glaube?„So viel, dass einige Leute sich tau-fen ließen“, sagt Duschka.<

Von Regine Schefels

4Als im August die Ferien zuEnde gingen, war bei einigen Kin-dern die Freude auf den Schul -beginn besonders groß. Mehr als12 000 Kinder mit Fluchterfahrungstarteten erwartungsvoll in dasneue Schulleben. In rund 1 000Willkommensklassen lernen sieDeutsch und werden auf den deutschen Schulalltag vorbereitet.

Auch die evangelische Schulstif-tung der EKBO macht die Integra-tion von fast 100 geflüchteten Kin-dern möglich und stellt in zahlrei-chen Berliner Schulen Plätze undPersonal zur Verfügung. Besondersschnell war die EvangelischeGrundschule Mitte, dort wurdendie ersten Schülerinnen und Schü-ler mit Fluchterfahrung schon zuJahresbeginn aufgenommen. DasKollegium hatte bereits im vergan-genen Jahr gemeinsam ein Konzept

entwickelt, wie der Schulalltag unddas Lernpensum in einer Willkom-mensklasse aussehen könnten. „Eswar uns ein wichtiges Anliegen“, er-klärt Schulleiterin Kerstin Hage-dorn die große Bereitschaft, sich fürdie Aufnahme von geflüchtetenKindern offen zu zeigen. Mittler-weile lernen in zwei Willkommens-klassen 22 Schülerinnen und Schü-ler zwischen sieben und 15 Jahrenihre ersten Buchstaben. Und sierechnen, singen und malen.

Allerdings musste die Grund-schuldirektorin schnell feststellen,dass es kein allgemeingültiges Re-zept dafür gibt, wie Integration derKinder in den Schulalltag am bes -ten gelingen kann. Das hat auch derBerliner Beirat für Familienfragen,ein unabhängiges familienpoliti-sches Gremium, feststellen müssenund deshalb Familien, Fachkräfteund Engagierte an einen Tisch ge-

bracht, um sich über Erwartungen,Möglichkeiten und Rahmenbedin-gungen auszutauschen. Ergebnissedes Familienforums zu dem Thema„Willkommen in der Schule“ undPraxisbeispiele werden in Kürze alsPublikation erscheinen (unterwww.familienbeirat-berlin.de).Lehrkräfte, pädagogische Mitarbei-ter, Eltern und Schulkinder müssenimmer wieder überprüfen, was fürden Einzelnen der richtige Weg ist,so eine wichtige Feststellung allerBeteiligten. „Die Kinder lernen sehrunterschiedlich“, hat auch SwantjeKahlert, Lehrerin in einer Willkom-mensklasse, beobachtet.

Viele Kinder haben ein großesBedürfnis zu spielen. Andere möch-ten schnell in eine Regelklasse auf-genommen werden, so die Pädago-gin. „Viel hängt davon ab, was dieKinder erlebt haben und wie sie da-mit umgehen“, sagt Kahlert. Sie hatdie Erfahrung gemacht, dass es vorallem über Musik gut gelingt, dieKinder für sich, den Unterricht undeine konzentrierte Mitarbeit zu ge-winnen. „Ich wundere mich immerwieder, wie gut die Kinder mit derneuen Situation klar kommen“,meint sie anerkennend.

Die erfahrene Lehrerin beob-achtet, dass die Kinder so sein wol-len wie andere und es ihnen wichtigist, Normalität zu erfahren. NebenLesen und Schreiben steht deshalbdas Miteinander der Schulkinder imMittelpunkt der Aktivitäten. Schul-leiterin Kerstin Hagedorn ergänzt,dass besonders der Hortbesuch vonden Kindern sehr geschätzt wird.Gemeinsam zu essen, zu spielenund zu toben, mache es den Kin-dern möglich, der schwierigen Situ-

ation in den Unterkünften und mitder Familie eine Zeit lang zu ent-kommen.

So einig sie sich in ihrem Enga-gement für geflüchtete Kinder sind,so stark verunsichert die unklare Si-tuation. Schulleiterin Hagedornmahnt an, dass die Genehmigungder Willkommensklassen auf einJahr – also bis Ende 2016 – be-schränkt sei und noch nicht verlän-gert wurde. Bis dahin werden dieWillkommensklassen vom BerlinerSenat finanziert. Fraglich ist für sieauch die Finanzierung der Schul-plätze, die von der evangelischenSchulstiftung bezuschusst werdenmüssen. Dabei wären ihrer Mei-nung nach noch deutlich mehrMittel für eine gute Sprachförde-rung notwendig.

Vor allem liegen der Schulleite-rin aber die Kinder am Herzen, dienach dem Jahr in der Willkom-mensklasse kein Recht darauf ha-ben, an der Schule bleiben zu kön-nen. Die Bereitschaft des Kolle -giums an der Evangelischen Schulein Mitte einen Beitrag zu leisten, istgroß, doch dafür muss, so Hage-dorn, dringend geklärt werden, wiedie Finanzierung von Schulplätzenfür geflüchtete Kinder in Regelklas-sen an Schulen in freier Träger-schaft aussehen kann.<

Ungeklärte Zukunft

Mann spricht und fühlt

+++ Beim Fußballspiel Pfarrer gegen Imame trennten sich die beiden Teamsnach zwei Mal 35 Minuten mit einem 1:1 am vergangenen Sonntag +++ Aufder zum 42. Mal ausgerichtete Mahn- und Gedenkfahrt erinnerten rund 400 Motorradfahrer an verstorbene Biker +++ Das Menschenrechtszentrum imfrüheren DDR-Zuchthaus Cottbus wurde am Dienstag mit dem mit 25 000Euro dotierten Brandenburger Freiheitspreis, eine Auszeichnung des evan-gelischen Domstifts Brandenburg, geehrt +++

N e w s - T i c k e r a u s S t a d t u n d L a n d

Bernd Beuster schaut sich das Gruppenstundenbuch an, indem 39 Jahre derMännergruppe Lietzensee archiviert sind. Die älteren Dokumente, noch aufeinzelnen Zetteln erfasst, gingen verloren. Foto: Henson Stehling

Ein Auslaufmodell? Zum EKD-Männersonntag am 16. Okt-ober schaute sich HensonStehling um, wie es den Män-nergruppen in und um Berlingeht. Und stellt fest: Wenn,dann läuft nur was über denKochtopf.

Schulleiterin Kerstin Hagedorn (links) und Lehrerin Swantje Kahlert hoffen,dass die finanzielle Unterstützung vom Berliner Senat verlängert wird. Foto: Regine Schefels

In der Evangelischen Grundschule Berlin Mitte lernen 22 Flüchtlings-kinder. Die Finanzierung ihrer Klassen ist nur bis Ende 2016 gesichert