Mann Thomas - Das Gesetz

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    DAS GESETZ

    S. Fischer Verlag

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    Copyright by Bermann-Fischer Verlag A. B.,Stockholm

    Alle Rechte vorbehalten durchS. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main

    Fr diese Ausgabe: S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main

    Satz und Druck: Georg Wagner, NrdlingenEinband: G. Lachenmaier, Reutlingen

    Printed in Germany ---

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    I

    Seine Geburt war unordentlich, darum liebte er lei-denschalich Ordnung, das Unverbrchliche, Gebotund Verbot.Er ttete frh im Auodern, darum wute er besserals jeder Unerfahrene, da Tten zwar kstlich, abergettet zu haben hchst grlich ist, und da du nichttten sollst.Er war sinnenhei, darum verlangte es ihn nach demGeistigen, Reinen und Heiligen, dem Unsichtbaren,denn dieses schien ihm geistig, heilig und rein.

    Bei den Midianitern, einem rhrig ausgebreiteten Hir-ten- und Handelsvolk der Wste, zu dem er aus gyp-ten, dem Lande seiner Geburt, iehen mute, da ergettet hatte (das Nhere sogleich), machte er die Be-kanntscha eines Gottes, den man nicht sehen konnte,der aber dich sah; eines Bergbewohners, der zugleich

    unsichtbar auf einer tragbaren Lade sa, in einem Zelt,wo er durch Schttel-Lose Orakel erteilte. Den Kin-dern Midians war dieses Numen, Jahwe genannt, einGott unter anderen; sie dachten sich nicht viel bei sei-nem Dienst, den sie nur zur Sicherheit und fr alleFlle mitversahen. Es war ihnen eingefallen, da unter

    den Gttern ja auch vielleicht einer sein knnte, denman nicht sah, ein Gestaltloser, und sie opferten ihmnur, um nichts zu versumen, niemanden zu krnkenund sich von keiner mglichen Seite her Unannehm-lichkeiten zuzuziehen.

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    war, auf einen Esel, nahm auch seine zween Shne,Gersom und Elieser, mit und kehrte in sieben Tage-

    reisen durch viele Wsten gen Westen nach gypten-land zurck, das heit in das brachige Unterland, woder Nil sich teilt und wo, in einem Distrikte, der Kos,beziehungsweise auch Goschem, Gosem und Gosenhie, das Blut seines Vaters wohnte und fronte.Dort begann er sogleich, wo er ging und stand, in denHtten und auf den Weide- und Arbeitspltzen, die-sem Blut seine groe Erfahrung auseinanderzusetzen,wobei er eine bestimmte Art hatte, mit gestrecktenArmen seine Fuste zu beiden Seiten des Krpers be-bend zu schtteln. Er benachrichtigte sie, da der Gottder Vter wiedergefunden sei, da er sich ihm, Mo-scheh ben Amram, zu erkennen gegeben habe am

    Berge Hr in der Wste Sin, aus einem Busch, derbrannte und nicht verbrannte, da er Jahwe heie, waszu verstehen sei als: Ich bin der ich bin, von Ewigkeitzu Ewigkeit, aber auch als wehende Lu und als eingroes Tosen; da er Lust habe zu ihrem Blut undunter Umstnden einen Bund der Erwhlung aus allen

    Vlkern mit ihm zu schlieen bereit sei, vorausgesetztnmlich, da es sich ihm in vlliger Ausschlielichkeit

    verschwre und eine Eidgenossenscha aufrichte zumalleinigen, bildlosen Dienste des Unsichtbaren.Hiermit drang er bohrend in sie und bebte mit denFusten dazu an auerordentlich breiten Handgelen-

    ken. Und doch war er nicht ganz aufrichtig mit ihnen,sondern hielt hinterm Berge mit mehreren!, was ermeinte, ja mit dem Eigentlichen, aus Furcht, sie kopf-scheu zu machen. Von den Implikationen der Un-sichtbarkeit, also der Geistigkeit, Reinheit und Heilig-

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    keit, sagte er ihnen nichts und wies sie lieber nichtdarauf hin, da sie als verschworene Diener des Un-

    sichtbaren ein abgesondertes Volk des Geistes, derReinheit und Heiligkeit wrden zu sein haben. AusSorge verschwieg er es, sie zu erschrecken; denn siewaren ein so elendes, bedrcktes und in der Anbetungkonfuses Fleisch, seines Vaters Blut, und er mitrauteihnen, obgleich er sie liebte. Ja, wenn er ihnen verkn-dete, da Jahwe, der Unsichtbare, Lust zu ihnen habe,so deutete er dem Gotte zu und trug in ihn hinein, wasmglicherweise auch des Gottes war, zugleich abermindestens auch sein eigen: Er selbst hatte Lust zuseines Vaters Blut, wie der Steinmetz Lust hat zu demungestalten Block, woraus er feine und hohe Gestalt,seiner Hnde Werk, zu metzen gedenkt, daher die

    bebende Begier, die ihn, zugleich mit groer Seelen-beschwernis durch das Gehei, bei seinem Auruch

    von Midian erfllt hatte.Womit er aber ebenfalls noch zurckhielt, das war desGeheies zweite Hle; denn es war doppelt gewesen.Nicht nur dahin, da er den Sippen die Wiederentdek-

    kung des Vtergottes und seine Lust zu ihnen ver-knde, hatte es gelautet, sondern zugleich dahin, daer sie aus dem gyptischen Diensthause hinausfhrensolle ins Freie und durch viele Wsten ins Land derVerheiung, das Land der Vter. Dieser Aurag wardem der Verkndigung einhngig und unzertrennbar

    mit ihm verschrnkt. Gott und Befreiung zur Heim-kehr; der Unsichtbare und die Abschttelung desJoches der Fremde, das war ein und derselbe Gedankefr ihn. Dem Volke aber sprach er noch nicht davon,weil er wute, da sich aus dem einen das andere er-

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    geben werde, und auch, weil er hoe, das zweite aufeigene Hand bei Pharao, dem Knige gyptens, aus-

    zuwirken, dem er gar nicht so ferne stand.Sei es nun aber, da dem Volk seine Rede miel denn er sprach schlecht und stockend und fand ersdie Worte nicht , oder da es beim bebenden Scht-teln seiner Fuste die Implikationen der Unsichtbar-keit sowohl wie des Bundesangebots ahnte undmerkte, da er es zu anstrengenden und gefhrlichenDingen verlocken wollte, es verhielt sich mitrau-isch, halsstarrig und ngstlich gegen sein Bohren, sahnach den gyptischen Stockmeistern hin und sprachzwischen den Zhnen:Was stoest du Worte? Und was fr Worte sinds,die du stt? Es hat dich wohl einer zum Obersten

    oder zum Richter gesetzt ber uns? Wir wten nicht,wer.Das war ihm nicht neu. Er hatte es frher schon vonihnen gehrt, bevor er nach Midian oh.

    II

    Sein Vater war nicht sein Vater, und seine Mutter warseine Mutter nicht, so unordentlich war seine Ge-burt. Ramessus, des Pharaos, zweite Tochter, er-

    gtzte sich mit dienenden Gespielinnen und untermSchutze Bewaneter in dem kniglichen Garten amNil. Da wurde sie eines ebrischen Knechtes gewahr,der Wasser schpe, und el in Begierde um seinet-willen. Er hatte traurige Augen, ein Jugendbrtchen

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    ums Kinn und starke Arme, wie man beim Schpfensah. Er werkte im Schwei seines Angesichts und

    hatte seine Plage; fr Pharaos Tochter aber war er einBild der Schnheit und des Verlangens, und sie befahl,da man ihn zu ihr einlasse in einen Pavillon; da fuhrsie ihm mit dem kostbaren Hndchen ins schwei-nasse Haar, kte den Muskel seines Arms und neckteseine Mannheit auf, da er sich ihrer bemchtigte, derFremdsklave des Knigskindes. Als sies gehabt, liesie ihn gehen, aber er ging nicht weit, nach dreiigSchritten ward er erschlagen und rasch begraben, sowar nichts brig von dem Vergngen der Sonnen-tochter,Der Arme, sagte sie, als sies hrte. Ihr seid auchimmer so bergeschig. Er htte schon stillge-

    schwiegen. Er liebte mich. Danach aber wurde sieschwanger, und nach neun Monaten gebar sie in allerHeimlichkeit einen Knaben, den legten ihre Frauen inein verpichtes Kstlein aus Rohr und verbargen das-selbe im Schilf am Rande des Wassers. Da fanden siesdann und riefen: O Wunder, ein Findling und Schilf-

    knabe, ein ausgesetztes Kindlein! Wie in alten Mrenist es, genau wie mit Sargon, den Akki, der Wasser-schpfer, im Schilfe fand und aufzog in der Gte sei-nes Herzens. Immer wieder kommt dergleichen vor!Wohin nun mit diesem Fund? Das Allervernnigsteist, wir geben ihn einer sugenden Mutter von schlich-

    tem Stand, die brige Milch hat, da er als ihr undihres redlichen Mannes Sohn erwachse. Und sie hn-digten das Kind einem ebrischen Weibe ein, diebrachte es hinab in die Gegend Gosen zu Jochebed,dem Weibe Amrams, von den Zugelassenen, eines

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    Mannes aus Levis Samen. Sie sugte ihren Sohn Aa-ron und hatte brige Milch; darum, und weil ihrer

    Htte heimlich zuweilen Gutes zukam von obenherab, zog sie das unbestimmte Kind mit auf in derGte ihres Herzens. So wurden Amram und Jochebedsein Elternpaar vor den Menschen und Aaron seinBruder. Amram hatte Rinder und Feld, und Jochebedwar eines Steinmetzen Tochter. Sie wuten abernicht, wie sie das fragliche Knblein nennen sollten;darum gaben sie ihm einen halb gyptischen Namen,will sagen: die Hle eines gyptischen. Denn ershieen die Shne des Landes Ptach-Mose, Amen-Mose oder Ra-Mose und waren als Shne ihrer Gttergenannt. Den Gottesnamen nun lieen Amram undJochebed lieber aus und nannten den Knaben kurzweg

    Mose. So war er ein Sohn ganz einfach. Fragte sicheben nur, wessen.

    III

    Als einer der Zugelassenen wuchs er auf und drcktesich aus in ihrer Mundart. Die Vorfahren dieses Bluteswaren einst, zur Zeit einer Drre, als hungernde Be-duinen von Edom, wie Pharaos Schreiber sie nann-ten, mit Erlaubnis der Grenzbehrden ins Land ge-

    kommen, und der Distrikt Gosen, im Niederland,war ihnen zur Weidenutzung angewiesen worden.Wer da glaubt, sie htten umsonst dort weiden drfen,der kennt ihre Wirte schlecht, die Kinder gyptens.Nicht nur, da sie steuern muten von ihrem Vieh,

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    und zwar da es drckte, sondern alles, was Krehatte bei ihnen, mute auch Arbeitsdienst leisten,

    Fronwerk bei den mancherlei Bauten, die in einemsolchen Lande, wie gypten es ist, immer im Gangesind. Besonders aber seit Ramessu, seines Namens derZweite, Pharao war zu eben, wurde ausschweifendgebaut, das war seine Lust und seine Knigswonne.Verschwenderische Tempel baute er ber das ganzeLand, und drunten im Mndungsgebiet lie er nichtnur den lange vernachlssigten Kanal erneuern undsehr verbessern, der den stlichsten Nilarm mit denBitterseen und so das groe Meer mit dem Zipfeldes Roten Meeres verband, sondern er richtete auchzwei ganze Magazin-Stdte am Lauf des Kanalesauf, genannt Pitom und Ramses, und dazu wurden

    die Kinder der Zugelassenen, diese Ibrim, ausgeho-ben, da sie Ziegel bken, schleppten und rak-kerten im Schwei ihrer Leiber unterm gyptischenStock.Dieser Stock war mehr nur das Abzeichen von Pha-raos Aufsehern, sie wurden nicht unntig damit ge-

    schlagen. Auch hatten sie gut zu essen bei ihrer Fron:viel Fisch aus dem Nilarm, Brot, Bier und Rindeischrecht wohl zur Genge. Demungeachtet aber pateund schmeckte die Fron ihnen wenig, denn sie warenNomadenblut, mit der berlieferung frei schweifen-den Lebens, und stndlich geregelte Arbeit, bei der

    man schwitzte, war ihnen im Herzen fremd und krn-kend. Sich aber ber ihren Mimut zu verstndigenund eines Sinnes darber zu werden, waren dieseSippen zu locker verbunden und ihrer selbst nichthinlnglich bewut. Seit mehreren Geschlechtern in

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    einem bergangslande zeltend zwischen der Vter-heimat und dem eigentlichen gypten, waren sie von

    gestaltloser Seele, ohne sichere Lehre und schwanken-den Geistes; hatten vieles vergessen, einiges halbwegsaufgenommen, und eines rechten Mittelpunktes er-mangelnd trauten sie ihrem eigenen Gemte nicht,auch nicht dem Ingrimm, der darin war, ber dieFron, an dem aber Fisch, Bier und Rindeisch sieirremachten.Mose nun, angeblich des Amram Sohn, htte, als erdem Knabenalter entwuchs, wohl ebenfalls fr PharaoZiegel streichen mssen. Das geschah aber nicht, son-dern der Jngling wurde von seinen Eltern genommenund nach Ober-gypten in ein Schulhaus gebracht, soein sehr feines Internat, wo die Shne syrischer Stadt-

    knige zusammen mit einheimischen Adelssprossenerzogen wurden. Da wurde er hingetan; denn seineleibliche Mutter, Pharaos Kind, die ihn ins Schilf ge-boren, ein zwar lsternes, aber nicht gemtlosesDing, hatte sein gedacht um seines verscharrten Va-ters willen, des Wasserziehers im Brtchen und mit

    den traurigen Augen, und wollte nicht, da er bei denWilden bleibe, sondern zum gypter gebildet werdeund ein Hofamt erlange, in halber, verschwiegenerAnerkennung seiner gttlichen Halbbltigkeit. Solernte denn Mose, gekleidet in weies Leinen und einePercke auf dem Kopf, Stern- und Lnderkunde,

    Schrikunst und Recht, war aber nicht glcklich unterden Gecken des vornehmen Internats, sondern einEinsamer unter ihnen, voller Abneigung gegen dieganze gyptische Feinheit, aus deren Lust er entsprun-gen war. Das Blut des Verscharrten, der dieser Lust

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    hatte dienen mssen, war strker in ihm als sein gyp-tisch Teil, und in seiner Seele hielt er es mit den armen

    Gestaltlosen daheim in Gosen, die nicht Mut hatten zuihrem Ingrimm, hielt es mit ihnen gegen den lsternenDnkel des Mutterblutes.Wie ist doch dein Name? fragten ihn wohl die Ge-nossen vom Schulhause.Mose heie ich, antwortete er.Ach-Mose oder Ptach-Mose? fragten sie.Nein, nur Mose, erwiderte er.Das ist ja drig und ausgefallen, sagten die Schn-sel, und er ergrimmte, da er sie htte erschlagen und

    verscharren mgen. Denn er verstand, da sie mit sol-chen Fragen nur in seiner Unregelmigkeit stochernwollten, die in schwankenden Umrissen allen bekannt

    war. Htte er doch selbst nicht gewut, da er nureine diskrete Frucht gyptischen Vergngens war,wenn es nicht allgemeine, ob auch meistens nur unge-naue Kenntnis gewesen wre bis zu Pharao hinauf,dem die Schkerei seines Kindes so wenig verborgengeblieben war wie dem Mose die Tatsache, da

    Ramessu, der Bauherr, sein Lsternheits-Grovaterwar, von schnden, mrderischen Vergngens we-gen. Ja, Mose wute dies und wute auch, daPharao es wisse, und hatte ein drohendes Nickenbei dem Gedanken, in der Richtung von Pharaosron.

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    IV

    Als er zwei Jahre unter den Stutzern gelebt hatte desthebanischen Schulhauses, hielt er es nicht mehr aus,entwich bei Nacht ber die Mauer und wanderte heimnach Gosen zum Vatergeblt. Unter dem strich er bit-teren Angesichtes herum und sah eines Tages, am Ka-nal, nahe den Neubauten von Ramses, wie ein gyp-tischer Aufseher einen der Fronenden, der wohl lssiggewesen war oder widerspenstig, mit seinem Stockeschlug. Erbleichend und mit lodernden Augen stellteer den gypter zur Rede, der ihm statt aller Antwortdas Nasenbein einschlug, so da Mose eine Nase mitgebrochenem, ach eingetriebenem Knochen hattesein Leben lang. Er entri aber dem Aufseher den

    Stock, holte frchterlich aus und zertrmmerte demMann den Schdel, da er tot war auf der Stelle. Nichteinmal umgeblickt hatte er sich, ob auch niemand essah. Es war aber ein einsamer Ort und kein Menschsonst in der Nhe. So verscharrte er den Erschlage-nen ganz allein, denn den er verteidigt, der hatte das

    Weite gesucht; und es war ihm, als sei ihm nach Er-schlagen und Verscharren schon immer zu Sinne ge-wesen.Seine lodernde Tat blieb verborgen, zum mindestenden gyptern, die nicht herausbekamen, wo ihr Manngeblieben war, und Jahr und Tag verging ber die

    Tat. Mose fuhr fort, zwischen seines Vaters Leutenumherzustreifen, und mischte sich auf eigentmlichherrische Art in ihre Hndel. Einst sah er zwei fro-nende Ibrim miteinander zanken, und wenig fehlte,da sie zu Ttlichkeiten schritten. Was zankt ihr und

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    wollt gar noch raufen? sprach er zu ihnen. Seid ihrnicht elend und verwahrlost genug, da lieber Blut

    sollte halten zu Blut, statt einander die Zhne zu blek-ken? Der da hat unrecht, ich habs gesehen. Er gebenach und bescheide sich, ohne da der andere sichberhebe.Wie es aber geschieht, so waren pltzlich die beidenvereint gegen ihn und sprachen: Was redest du inunsere Sachen? Besonders der, dem er unrecht gege-ben, war uerst patzig und sprach ganz laut: Das istdenn doch wohl der Gipfel! Wer bist du, da du deineZiegennase in Dinge steckst, die dich nichts angehen?Aha, Moscheh bist du, des Amram Sohn, aber damitist wenig gesagt, und wei niemand recht, wer dubist, du selber auch nicht. Neugierig sind wir, zu er-

    fahren, wer dich zum Meister und Richter gesetzt hatber uns. Willst du mich vielleicht auch erwrgen,wie du damals den gypter erwrgt und verscharrthast?Still doch! machte Mose erschrocken und dach-te: Wie ist das herumgekommen? Des Tages noch

    sah er ein, da seines Bleibens nicht war im Lande,und ging ber die Grenze, wo sie nicht fest war, beiden Bitterseen, durch die Watten. Durch viele W-sten des Landes Sinai wanderte er und kam nachMidian, zu den Minern und ihrem PriesterknigeReguel.

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    V

    Als er von dort zurckkehrte, seiner Gottesentdek-kung und seines Aurages voll, war er ein Mann aufder Hhe der Jahre, stmmig, mit gedrckter Nase,

    vortretenden Backenknochen, einem geteilten Bart,weitstehenden Augen und breiten Handgelenken, wieman besonders sah, wenn er, was o geschah, gr-belnd Mund und Bart mit der Rechten bedeckte. VonHtte zu Htte ging er und von Fronplatz zu Fron-platz, schttelte die Fuste zu seiten seiner Schenkelund sprach von dem Unsichtbaren, dem zum Bundebereiten Gotte der Vter, obgleich er im Grunde nichtsprechen konnte. Denn er war stockend gestautenWesens berhaupt und neigte in der Erregung zum

    Zungenschlag, war aber auerdem so recht in keinerSprache zu Hause und suchte in dreien herum beimReden. Das aramische Syro-Chaldisch, das sein Va-terblut sprach und das er von seinen Eltern gelernt,war berdeckt worden vom gyptischen, das er sichin dem Schulhause hatte aneignen mssen, und dazu

    kam das midianitische Arabisch, das er solange in derWste gesprochen. So brachte er alles durcheinander.Sehr behilich war ihm sein Bruder Aaron, ein hoch-gewachsener, saner Mann mit schwarzem Bart undschwarzen Ringellocken im Nacken, der seine gro-en, gewlbten Augenlider gern fromm gesenkt hielt.

    Ihn hatte er in alles eingeweiht, hatte ihn ganz fr denUnsichtbaren und smtliche Implikationen gewon-nen, und da Aaron aus seinem Barte heraus salbungs-

    voll-ieend zu reden verstand, so begleitete er Mosemeistens auf seinen Werbe-Wegen und sprach statt

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    seiner, allerdings etwas gaumig und lig und nichthinreiend genug, so da Mose durch begleitendes

    Fusteschtteln mehr Feuer hinter seine Worte zubringen suchte und ihm o auch holterdiepolter aufaramisch-gyptisch-arabisch ins Wort el.Aarons Weib hie Eliseba, die Tochter Amminadabs;sie war auch mit vom Schwre und von der Propa-ganda, sowie eine jngere Schwester Moses und Aa-rons, Mirjam, ein begeistertes Weib, das singen undpauken konnte. Besonders aber war Mose einemJngling geneigt, der seinerseits mit Leib und Seele zuihm, seiner Verkndigung und seinen Plnen standund ihm nicht von der Seite wich. Eigentlich hie erHosea, der Sohn des Nun (das ist Fisch), vomStamme Ephraim. Aber Mose hatte ihm den Jahwe-

    Namen Jehoschua, auch kurzweg Joschua, verliehen,und den trug er nun mit Stolz, ein gerade stehender,sehniger junger Mensch mit einem Krauskopf, vortre-tendem Adamsapfel und einem bestimmt eingezeich-neten Faltenpaar zwischen seinen Brauen, der bei derganzen Sache seinen eigenen Gesichtspunkt hatte:

    nicht so sehr den religisen nmlich, als den militri-schen; denn fr ihn war Jahwe, der Vtergott, vorallem der Gott der Heerscharen, und der an seinenNamen geknpe Gedanke des Entweichens aus die-sem Diensthause el fr ihn zusammen mit der Erobe-rung neuen und eigenen Siedelgrundes fr die ebri-

    schen Sippen, folgerichtigerweise, denn irgendwomuten sie wohnen, und kein Land, verheien odernicht, wrde ihnen geschenkt werden.Joschua, so jung er war, hatte alle einschlgigen Fak-ten in seinem gerade und fest blickenden Krauskopf

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    und besprach sie unaurlich mit Mose, seinem lte-ren Freunde und Herrn. Ohne ber die Mittel zu einer

    genauen Volkszhlung zu verfgen, hatte er veran-schlagt, da die Strke der in Gosen zeltenden und inden Zwing-Stdten Pitom und Ramses wohnendenSippen, einschlielich ihrer als Sklaven ber das wei-tere Land verstreuten Glieder, alles in allem ungefhrzwlf- oder dreizehntausend Kpfe betrug, was einewaenfhige Mannscha von ungefhr dreitausendausmachte. Die Zahlen sind spter ohne Ma bertrie-ben worden, aber Joschua wute sie annhernd rich-tig, und er war wenig zufrieden damit. DreitausendMann war keine sehr schreckliche Streitmacht, selbstwenn man damit rechnete, da, war man einmalunterwegs, allerlei verwandtes Blut, das im Wsten

    umherschweie, sich diesem Kerne zur Landgewin-nung anschlieen wrde. Grere Unternehmungenkonnte man, gesttzt nur auf solche Macht, nicht insAuge fassen; sich damit ins verheiene Land hineinzu-schlagen, war untunlich. Joschua sah das ein, unddarum trachtete er nach einem Ort im Freien, wo das

    Geblt sich erst einmal festsetzen und wo man es,unter leidlich gnstigen Umstnden, erst noch eineWeile seinem natrlichen Wachstum berlassenknnte, welches, wie Joschua seine Leute kannte,zweieinhalb aufs Hundert und auf jedes Jahr betrug.Nach einem solchen Hege- und Heckplatz, wo mehr

    Waenkra anwachsen knnte, schaute der Jnglingaus und beriet sich o mit Mose darber, wobei essich erwies, da er berraschend klar berblickte, wieOrt und Ort in der Welt zueinander lagen und eine Art

    von Karte der interessierenden Gebreite nach Strek-

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    ken, Tagemrschen und Wasserstellen im Kopfehatte, sowie besonders noch nach der Streitbarkeit der

    Bewohner.Mose wute, was er an seinem Joschua hatte, wutewohl, da er ihn wrde ntig haben, und liebte seinenEifer, obgleich dessen unmittelbare Gegenstnde ihnwenig beschigten. Mund und Bart mit der Rechtenbedeckend hrte er den strategischen Auslassungendes Jnglings zu, indem er dabei an anderes dachte.Fr ihn bedeutete Jahwe zwar ebenfalls den Auszug,aber nicht sowohl den Kriegszug zur Landgewin-nung, sondern den Auszug ins Freie und in die Abson-derung, da er all dies ratlose, zwischen den Gesittun-gen schwankende Fleisch, diese zeugenden Mnner,milchenden Weiber, sich versuchenden Jnglinge,

    rotznsigen Kinder, seines Vaters Blut, fr sich habeirgendwo drauen im Freien, ihnen den heilig-un-sichtbaren Gott, den reinen, geistigen, einprgen, ih-nen denselben zum sammelnden, formenden Mittel-punkt setzen knne und sie bilden mge zu seinemGebilde, zu einer von allen Vlkern verschiedenen,

    Gott gehrigen, durch das Heilige und Geistige be-stimmten Volksgestalt, ausgezeichnet vor allen ande-ren durch Scheu, Unterlassung, Gottesfurcht, daswollte sagen: Furcht vor dem Gedanken der Reinheit,zgelnde Satzung, welche, da der Unsichtbare eigent-lich der Gott aller Welt war, zuknig alle binden,

    aber fr sie zuerst erlassen und ihr strenges Vorrechtsein sollte unter den Heiden.Dies war Moses Lust zum Vaterblut, Bildnerlust, dieihm eines war mit des Gottes Gnadenwahl und Bun-desgewilltheit; und da er dafr hielt, da die Gestal-

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    tung in Gott allen Unternehmungen vorangehenmsse, die der junge Joschua im Kopfe hatte, ferner

    auch, da Zeit dafr ntig sei, freie Zeit drauen imFreien, so wars ihm nicht unlieb, da es mit Jo-schuas Plnen noch haperte, und da sie sich an derunzulnglichen Zahl von waenfhiger Mannschastieen. Joschua brauchte Zeit, da erst noch auf na-trlichem Wege das Volk sich mehre, brigens auchdazu, da er lter wrde, er selbst, um sich zum Feld-herrn aufwerfen zu drfen; und Mose brauchte Zeitfr das Bildungswerk, nach dem er in Gott begierigwar. So stimmten sie berein unter verschiedenen Ge-sichtspunkten.

    VI

    Unterdessen aber war der Beauragte nebst seinennchsten Anhngern, dem beredten Aaron, Eliseba,Mirjam, Joschua und einem gewissen Kaleb, der des

    Joschua gleichaltriger Busenfreund war, auch ein star-ker, einfacher, tapferer junger Mann, unterdessenwaren diese alle nicht einen Tag mig, die BotschaJahwes, des Unsichtbaren, und seines ehrendenBundesangebots unter den Ihren zu verbreiten undgleichzeitig deren Bitterkeit ber die Arbeit unterm

    gyptischen Stock zu schren, den Gedanken der Ab-schttelung dieses Jochs und den der Auswanderungunter ihnen aufzubringen. Jeder bte es auf seine Art:Mose selbst mit stockenden Worten und unter Fuste-schtteln, Aaron in gaumig ieender Rede, Eliseba

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    schwatzha berredend, Joschua und Kaleb komman-domig, in kurz angebundenen Losungen, und Mir-

    jam, die bald die Prophetin genannt wurde, tat es inhherem Ton, mit Paukenbegleitung. Auch el ihrePredigt nicht auf steinigen Boden; der Gedanke, sichMoses bundeslustigem Gott zu verschwren, sichdem Bildlosen zum Volke zu weihen und unter ihmund seinem Verknder ins Freie zu ziehen, schlugWurzel unter den Sippen und begann, ihren einigen-den Mittelpunkt zu bilden, dies noch besonders,weil Mose versprach, oder doch in honungsreicheAussicht stellte, da er an oberster Stelle, durch Ver-handlungen, die Erlaubnis zu ihrer aller Auszug ausgyptenland erlangen werde, so da dieser sich nichtin der Form gewagten Aufstandes werde vollziehen

    mssen, sondern nach gtlicher bereinkun von-statten gehen knnte. Sie kannten, wenn auch unge-nau, seine halb-gyptische Schilfgeburt, wuten vonder feinen Erziehung, die er zeitweise genossen, und

    von dunklen Beziehungen zum Hof, ber die er ver-fgte. Was sonst ein Grund des Mitrauens gegen ihn

    und der Ablehnung gewesen war, nmlich seine Halb-bltigkeit, und da er mit einem Fu im gyptischenstand, wandelte sich jetzt in eine Quelle des Zutrauensund verlieh ihm Autoritt. Gewi, wenn einer, so warer der Mann, vor Pharao zu stehen und ihre Sache zufhren. Und so beauragten sie ihn mit dem Versuch,

    bei Ramessu, dem Bau- und Zwingherrn, ihre Entlas-sung ins Freie zu erwirken, ihn und seinen Milch-bruder Aaron, denn diesen gedachte er mitzunehmen,erstens, weil er selbst nicht zusammenhngend zusprechen vermochte, Aaron dies aber konnte, dann

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    starkes Druckmittel in der Hand, und wenn es auchniemals ausreichte, dem Knig die Zusage zum Aus-

    zuge abzugewinnen, so machte es Mosen doch ernst-lich verhandlungsfhig und verschae ihm ein bersandere Mal Zutritt zu dem Gewaltigen, da dieser ihnfrchtete. Zwar ist die Furcht eines Knigs gefhrlich,und Mose spielte die ganze Zeit ein gewagtes Spiel. Erwar mutig wie mutig er war, und welchen Eindrucker den Seinen machte, werden wir baldigst sehen.Leicht konnte Ramessu ihn still erwrgen und ver-scharren lassen, damit endlich wirklich nichts mehrbrig sei von seines Kindes Sinnengrille. Die Prinzes-sin aber bewahrte jenem Stndchen ein ses Ange-denken und wollte nun einmal nicht, da ihremSchilnaben ein Leid geschehe, in ihrem Schtze

    stand er, wie undankbar er ihrer Frsorge, ihren Er-ziehungs- und Frderungsplnen auch begegnetwar.So duren Mose und Aaron vor Pharao stehen, aberdie Opferferien im Freien, zu denen angeblich ihr Gottdie Ihren berief, schlug er ihnen rundweg ab. Es

    ntzte nichts, da Aaron in salbungsvollem Zusam-menhang redete und Mose leidenschalich dazu dieFuste an seinen Schenkeln schttelte. Es half auchnichts, da Aaron seinen Stab in eine Schlange ver-wandelte, denn Pharaos Magier machten stehendenFues dasselbe, dadurch beweisend, da dem Un-

    sichtbaren, in dessen Namen die beiden redeten, keineberragende Macht zukomme und da Pharao dieStimme dieses Herrn nicht hren msse. Aber unse-ren Sippen wird Pestilenz oder Schwert widerfahren,wenn wir nicht drei Tagereisen hinziehen in die Wste

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    und dem Herrn ein Fest bereiten, sagten die Brder.Aber der Knig antwortete: Das geht uns nicht nahe.

    Ihr seid zahlreich genug, mehr als ZwlausendKpfe, und knnt eine Abminderung wohl vertragen,sei es durch Pestilenz oder Schwert oder harte Arbeit.Du, Mose und Aaron, ihr wollt nichts, als den LeutenMiggang gewhren und sie feiern heien von ihremschuldigen Dienst. Das kann ich nicht dulden undwills nicht gewhren. Ich habe mehrere unerhrteTempel in Arbeit und will auerdem noch eine dritteMagazin-Stadt bauen, auer Pitom und Ramses, zudiesen noch obendrein, dazu brauche ich eurer LeuteArme. Ich danke fr den gelugen Vortrag, unddich, Mose, entlasse ich wohl oder bel sogar in be-sonderen Gnaden. Aber kein Wort weiter von W-

    stenferien!Damit war diese Audienz beendet, und war nicht nurnichts Gutes dabei herausgekommen, sondern ent-schieden Bses kam nachtrglich dabei heraus. DennPharao, verletzt in seiner Baubegier und unmutig dar-ber, da er Mose nicht wohl erwrgen konnte, da

    sonst seine Tochter ihm einen Auritt gemacht htte,gab Order aus, da man die Gosen-Leute hrter mitArbeit drcke als bisher und nicht den Stock spare,wenn sie sumig wren; zu schaen solle man ihnengeben, da ihnen die Besinnung schwinde und allemigen Gedanken vergingen an Wstenfeste fr ih-

    ren Gott. Und so geschah es. Die Fron wurde hrtervon einem Tag auf den andern dadurch, da Moseund Aaron vor Pharao geredet hatten. Zum Beispielwurde den Leuten das Stroh fr die Ziegel nicht mehrgeliefert, die sie zu brennen hatten, sondern selbst

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    muten sie in die Stoppeln gehen, das ntige Stroh zusammeln, ohne da darum die Zahl der beizustellen-

    den Ziegel herabgesetzt worden wre, sondern erflltwerden mute die Zahl, sonst tanzte der Stock auf denarmen Rcken. Vergebens wurden die ebrischen Ob-mnner, die man ber das Volk gesetzt, bei den Be-hrden wegen berforderung vorstellig. Die Ant-wort war: Ihr seid mig, mig seid ihr, darumschreit ihr und sprecht: Wir wollen ausziehen und op-fern. Es bleibt dabei: Selber das Stroh bescha unddabei die gleiche Zahl Ziegel.

    VII

    Fr Mose und Aaron war es keine kleine Verlegenheit.Die Obmnner sprachen zu ihnen: Da habt ihrs, unddas haben wir vom Bunde mit eurem Gott und vonMoses Beziehungen. Nichts habt ihr erreicht, als daihr unseren Geruch stinkend gemacht habt vor Pharao

    und seinen Knechten, und habt ihnen das Schwert indie Hand gegeben, uns damit umzubringen.Darauf war schlecht antworten, und Mose hatteschwere Stunden mit dem Gott des Dornbusches un-ter vier Augen, wo er ihm vorhielt, wie er, Mose,gleich dagegen gewesen sei, da ihm dies aufgetragen

    werde, und gleich gebeten habe, wen immer sonst,nur ihn nicht zu senden, da er nicht ordentlich redenknne. Der Herr aber habe ihm geantwortet, Aaronsei ja beredt. Der habe nun freilich das Wort gefhrt,aber viel zu lig, und es habe sich gezeigt, wie ver-

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    kehrt es sei, eine solche Sache zu bernehmen, wennman selbst eine schwere Zunge habe und andre redne-

    risch fr sich eintreten lassen msse. Aber der Gotttrstete und strae ihn aus seinem Inneren und ant-wortete ihm von da, er solle sich seines Kleinmutsschmen; seine Entschuldigungen seien reine Zierereigewesen, denn im Grunde habe er selbst auf die Sen-dung gebrannt, weil er nmlich ebenso groe Lust zudem Volk und seiner Gestaltung habe wie er, derGott, ja, da seine eigene Lust von der des Gottes garnicht zu unterscheiden, sondern einerlei sei mit ihr:Gotteslust sei es, was ihn zum Werke getrieben, under solle sich schmen, an ihr beim ersten Mierfolg zu

    verzagen.Dies lie sich Mose gesagt sein, um so mehr, als man

    im Kriegsrat mit Joschua, Kaleb, Aaron und den be-geisterten Weibern zu dem Beschlu gelangte, da die

    verstrkte Bedrckung, so bses Blut sie mache, ge-nau betrachtet kein schlechter Anfangserfolg sei; dennbses Blut schae sie nicht nur gegen Mose, sondern

    vorzglich auch gegen die gypter und werde das

    Volk nur empfnglicher machen fr den Ruf des Ret-ter-Gottes und den Gedanken des Auszuges ins Freie.So war es auch; die Grung wegen des Strohs und derZiegel wuchs unter den Fronenden, und der Vorwurf,Mose habe ihren Geruch stinkend gemacht und ihnennur geschadet, trat zurck hinter dem Wunsch, Am-

    rams Sohn mchte doch wieder seine Beziehungenspielen lassen und neuerdings fr sie hineingehen zuPharao.Das tat er, jetzt nicht mehr zusammen mit Aaron,sondern allein, mochte es mit seiner Zunge gehen, wie

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    es wollte; die Fuste schttelte er vor dem Stuhl undverlangte in stockenden, strzenden Worten den Aus-

    zug der Seinen ins Freie unter dem Namen von Op-ferferien in der Wste. Nicht einmaltat er so, sondernwohl zehnmal, denn Pharao konnte ihm den Zutrittzu seinem Stuhl nicht wohl verweigern, zu gut warenMoses Beziehungen. Ein Kampf entspann sich zwi-schen dem Knig und ihm, zh und gedehnt, der zwarnie dazu fhrte, da jener in Moses Ansinnen wil-ligte, wohl aber dazu, da man eines Tages die Gosen-Leute mehr aus dem Lande stie und trieb, als daman sie daraus entlassen htte, nur froh schlielich, sielos zu sein. ber diesen Kampf und die Druckmittel,welche dabei auf den hartnckig widerstrebenden K-nig ausgebt wurden, hat es viel Gerede gegeben, das

    nicht jedes Hintergrundes entbehrt, doch aber starkden Charakter der Ausschmckung trgt. Man spricht

    von zehn Plagen, die Jahwe eine nach der anderen bergypten verhngt habe, um Pharao mrbe zu ma-chen, indem er zugleich dessen Herz absichtlich gegenMoses Anliegen verstockte, um der Gelegenheit wil-

    len, mit immer neuen Plagen seine Macht zu bewei-sen. Blut, Frsche, Ungeziefer, Gewild, Grind, Seu-che, Hagel, Heuschrecke, Finsternis und Sterben derErstgeburt, so heien diese zehn Plagen, und etwasUnmgliches ist an keiner von ihnen; nur fragt es sich,ob sie, die letzte ausgenommen, mit der es eine un-

    durchsichtige, nie wirklich aufgeklrte Bewandtnishat, zum Endergebnis wesentlich beitrugen. Der Nilnimmt unter Umstnden eine blutrote Frbung an,sein Wasser wird vorbergehend untrinkbar, und dieFische sterben. Das kommt so gut vor, wie da die

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    raum verteilt smtlich ereignen: man hat ihre Na-men doch mehr oder weniger nur als schmuckhae

    Umschreibungen fr ein einziges Druckmittel anzuse-hen, dessen sich Mose gegen Ramessu bediente, nm-lich einfach immer nur fr die Tatsache, da Pharaosein Lsternheits-Grovater war, und da Mose es inder Hand hatte, dies an die groe Glocke zu hngen.Mehr als einmal war der Knig nahe daran, diesemDrucke zu unterliegen; zum mindesten machte ergroe Zugestndnisse. Er willigte darein, da dieMnner hinauszgen zum Opferfest, die Weiber, Kin-der und Herden aber sollten zurckbleiben. Mosenahm das nicht an: Mit jung und alt, mit Shnen undTchtern, Schafen und Rindern msse man ziehen,denn es gelte ein Fest des Herrn. Da bewilligte Pharao

    auch Weiber und Brut, und nahm nur das Vieh aus,das solle zum Pfnde bleiben. Aber Mose fragte dage-gen, woher sie denn Schlacht- und Brandopfer neh-men sollten zum Fest, wenn ihnen das Vieh fehle?Nicht eine Klaue, verlangte er, drfe dahinten bleiben,

    wodurch recht klar wurde, da es sich nicht um

    Urlaub, sondern um Auszug handelte.Wegen der Klauen kam es zwischen der gyptischenMajestt und Jahwes Beauragtem zu einer letztenstrmischen Szene. Mose hatte whrend der ganzenVerhandlungen groe Geduld bewhrt, doch ebensowie diese lag fusteschttelnder Zornmut in seiner

    Natur. Es kam dahin, da Pharao es auf alles ankom-men lie und ihn buchstblich aus dem Saale jagte.Fort, rief er, und hte dich, mir je noch einmal vordie Augen zu kommen. Wo doch, so sollst du desTodes sterben. Da wurde Mose, der eben noch hoch

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    die vielen aber auf eine Einzelerscheinung zurck-fuhren, so spricht vieles dafr, sich Jahwes Wrgen-

    gel als eine stracke Jnglingsgur mit Krauskopf,vortretendem Adamsapfel und bestimmt gefaltetenBrauen vorzustellen, als einen Engelstyp jenes Schla-ges, der jederzeit froh ist, wenn es mit nutzlosenVerhandlungen ein Ende hat und zu Taten geschrit-ten werden kann.An Vorbereitungen zu entschiedenen Taten hatte eswhrend der zhen Verhandlungen Moses mit Pharaonicht gefehlt: Fr Mose selbst hatten sie sich daraufbeschrnkt, da er, in Erwartung schwerer Ereig-nisse, Weib und Shne unter der Hand nach Midian,zu seinem Schwager Jethro zurckgeschickt hatte, umnicht bei dem Kommenden mit der Sorge um sie be-

    lastet zu sein. Joschua aber, dessen Verhltnis zu Moseunverkennbar demjenigen des Wrgengels zu Jahwehnelt, hatte nach seiner Art gehandelt und, da er nichtdie Mittel und auch noch nicht das Ansehen besa, diedreitausend waenfhigen Blutsgenossen unter sei-nem Befehl auf Kriegsfu zu bringen, wenigstens eine

    Rotte daraus erlesen, bewanet, exerziert und inZucht gebannt, so da fr den Anfang etwas damit zuleisten war.Die Vorgnge von dazumal sind in Dunkel gehllt, in das Dunkel jener Vesper-Nacht, die in den Augender Kinder gyptens eine Festnacht war fr das fro-

    nende Blut, das unter ihnen lebte. Wie es schien,wollte dies Blut sich schadlos halten fr das verwehrteOpferfest in der Wste durch ein mit Schmauserei

    verbundenes Lampen- und Gottesfest an Ort undStelle, und sogar goldene und silberne Gefe hatte es

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    sich dazu von der gyptischen Nachbarscha ausgelie-hen. Unterdessen aber, oder statt dessen, ereignet sich

    jenes Umgehen des Wrgengels, das Sterben der Erst-geburt in allen Wohnungen, die nicht der Ysopbschelmit Blut gezeichnet hat, diese Heimsuchung, die eineso groe Verwirrung, einen so pltzlichen Umsturzder Rechts- und Anspruchverhltnisse mit sich bringt,da von einer Stunde zur anderen den Moseleuten derWeg aus dem Lande nicht nur oensteht, sondern siegeradezu auf ihn gedrngt werden und ihn fr diegypter nicht schnell genug einschlagen knnen. Tat-schlich scheint es, da die Zweitgeborenen wenigereifrig waren, den Tod derer zu rchen, an deren Stellesie rckten, als die Urheber ihrer Erhhung zumVerschwinden anzuspornen. Die Einkleidung lautet:

    Diese zehnte Plage habe endlich Pharaos Stolz gebro-chen, so da er Moses Vaterblut aus der Knechtschaentlassen habe. Er schickte den Entwichenen jedochsehr bald eine verfolgende Heeresabteilung nach, dienur wunderbarerweise verunglckte.Sei dem wie ihm sei, auf jeden Fall nahm die Auswan-

    derung die Gestalt der Austreibung an, und die Hast,mit der dies geschah, ist in der Einzelheit festgehalten,da niemand Zeit hatte, sein Brot fr die Reise zusuern; mit unaufgegangenen Not-Fladen nur konnteman sich versehen, woraus dann Mose dem Volk ei-nen Fest- und Gedenkbrauch machte fr alle Zeiten.

    Im brigen war man, so gro wie klein, zum Auf-bruch vllig bereit gewesen. Die Lenden gegrtet,hatte man, whrend der Wrgengel umging, bei ge-packten Karren gesessen, die Schuhe schon an den F-en, den Wanderstab in der Hand. Die goldenen und

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    hatte, war ihm ihre Beschaenheit vertraut, die Naturdieser schilgen Watten, die die zeitweilig oene Ver-

    bindung der Bitterseen mit dem Meerbusen bildetenund durch die man unter Umstnden trockenen Fuesdas Sinailand gewinnen konnte. Ging nmlich einstarker Ostwind, so boten sie, bei zurckgetriebenemMeere, einen freien Durchgang, und in dieser Ver-fassung fanden die Flchtigen, dank Jahwes begnsti-gender Fgung, das Schilfmeer vor.Es waren Joschua und Kaleb, die in der Menge dieNachricht verbreiteten, Mose habe unter Anrufungdes Gottes seinen Stab ber die Wasser gehalten undsie dadurch bewegen, zurckzutreten und dem Volkeden Weg freizugeben. Wahrscheinlich hatte er dasauch getan und war mit feierlicher Gebrde in Jahwes

    Namen dem Ostwinde zu Hilfe gekommen. Jedenfallskonnte der Glaube des Volkes an seinen Fhrer umsomehr eine Strkung brauchen, als dieser Glaube ge-rade hier, und hier zuerst, auf eine schwere Bela-stungsprobe gestellt wurde. Denn hier war es ja, woPharaos Heeresmacht, Mann und Wagen, grimme Si-

    chelwagen, die man nur zu gut kannte, die Auswan-derer einholte und um ein Haar ihrer Wanderung zuGott ein blutiges Ende gesetzt htte.Die Kunde ihrer Annherung, von Joschuas Nachhutausgegeben, erregte uersten Schrecken und wildesVerzagen im Volke. Sofort schlug die Reue darber,

    da man diesem Mann Mose gefolgt war, in hellenFlammen auf, und jenes Massen-Murren erhob sich,das sich zu Moses Gram und Bitternis bei jederSchwierigkeit wiederholen sollte, in die man danachnoch geriet. Die Weiber zeterten, die Mnner uchten

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    und schttelten ganz hnlich die Fuste an ihrenSchenkeln, wie Mose es in der Erregung zu tun

    pegte. Waren nicht Grber in gypten, hie es,darin wir friedlich zu unserer Stunde htten eingehenknnen, wren wir zu Hause geblieben? Auf einmalwar gypten Zu Hause, da es doch sonst eine Fron-Fremde gewesen war. Es wre uns ja besser, dengyptern zu dienen, als in der Wildnis durchs Schwertzu verderben! So hrte Mose es tausendfach, und es

    verbitterte ihm sogar die Rettung, die berwltigendwar. Er war der Mann Mose, der uns aus gyptengefhrt hat, was Lobpreisung bedeutete, solangalles gut ging. Gings aber schlecht, so wechselte essofort die Frbung und meinte murrenden Vorwurf,dem der Gedanke der Steinigung niemals ferne war.

    Nun denn, es ging, nach kurzer Bengstigung, be-schmend und unglaubwrdig gut hier zur Stelle.Mose stand sehr gro da durch ein Gotteswunder undwar der Mann, der uns aus gypten gefhrt hat nun wieder anders herum gemeint. Das Geblt wlztsich durch die trockengelegten Watten, ihm nach die

    gyptische Wagenmacht. Da stirbt der Wind, die Flutkehrt zurck, und gurgelnd verderben Mann und Roin verschlingenden Wassern.Der Triumph war beispiellos. Mirjam, die Prophetin,Aarons Schwester, sang paukend den Weibern im Rei-gen vor: Singet dem Herrn eine herrliche Tat Ro

    und Mann hat er ins Meer gestrzt. Sie hatte esselbst gedichtet. Man mu es sich mit Paukenbeglei-tung denken.Das Volk war tief ergrien. Die Worte mchtig, hei-lig, schrecklich, lblich und wunderttig hrten

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    nicht auf, von seinen Lippen zu kommen, und es warunklar, ob sie der Gottheit galten, oder Mosen, dem

    Gottesmann, von dem man annahm, da sein Stab dieersufende Flut ber die Macht gyptens gebrachthabe. Die Verwechslung lag immer nahe. Wenn ge-rade das Volk nicht murrte, hatte Mose stets seineliebe Not, zu verhindern, da es ihn selber fr einenGott, fr den hielt, den er verkndete.

    X

    Das war im Grunde so lcherlich nicht, denn was erden Armseligen zuzumuten begann, ging ber allesMenschengewhnliche und konnte kaum im Kopf

    eines Sterblichen entstanden sein. Der Mund bliebeinem dabei oenstehen. Sogleich nach Mirjams Singe-tanz verbot er jeden weiteren Jubel ber den Unter-gang der gypter. Er verkndete: Jahwes obere Scha-ren selbst seien im Begrie gewesen, in das Siegesliedeinzustimmen, aber der Heilige habe sie angelassen:

    Wie, meine Geschpfe versinken im Meer, und ihrwollt singen? Diese kurze, aber erstaunliche Ge-schichte brachte er in Umlauf. Er fgte hinzu: Dusollst dich des Falles deines Feindes nicht freuen; nichtsei dein Herz froh ber sein Unglck. Es war daserste Mal, da dergestalt das ganze Gehudel, zwlf-

    tausend und einige hundert Kpfe, die dreitausendWaenfhigen eingeschlossen, mit Du angesprochenwurden, dieser Redeform, die ihre Gesamtheit um-fate und zugleich das Auge auf jeden einzelnen,Mann und Weib, Greis und Kind, richtete, einen jeden

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    wie mit dem Finger vor die Brust traf, Du sollst keinFreudengeschrei machen ber den Fall deines Fein-

    des. Das war hochgradig unnatrlich! Aber sichtlichhing diese Unnatur mit der Unsichtbarkeit des GottesMoses, der unser Gott sein wollte, zusammen. DenBewuteren unter dem braunen Gehudel ng es zudmmern an, was es meinte, und wie Unheimlich-Anspruchsvolles es damit auf sich hatte, sich einemunsichtbaren Gott verschworen zu haben.Man war im Sinailande, und zwar in der Wste Sur,einem unholden Gelnde, das man nur verlassenwrde, um in ein ebenso beweinenswertes, die WsteParan, zu gelangen. Warum diese Wsten verschie-dene Namen hatten, war unerndlich; sie stieen drraneinander und war alles dasselbe steinige, in toten

    Hgeln hinlaufende, wasser- und fruchtlose Fluch-gebreite, drei Tage lang und vier und fnf. Mose hattegut getan, das ihm beim Schilfmeer erwachsene Anse-hen ungesumt zu jener bernatrlichen Einschrfungzu benutzen: alsbald schon wieder war er dieserMann Mose, der uns aus gypten gefhrt das hie:

    ins Unglck gebracht hat, und lautes Murren schlugan sein Ohr. Nach dreien Tagen wurde das mitge-nommene Wasser schmal. Tausende drsteten, dieunerbittliche Sonne zu Hupten und unter den Fendie bare Trostlosigkeit, ob es nun diejenige noch derWste Sur oder schon die der Wste Paran war. Was

    sollen wir trinken? Sie riefen es laut, ohne Zartgefhlfr das Leiden des Fhrers an seiner Verantwortlich-keit. Er wnschte, ganz allein nichts zu trinken niewieder etwas zu trinken zu haben, wenn nur sie etwasgehabt htten, damit er nicht hren mte: Warum

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    hast du uns lassen aus gypten ziehen? Allein zu lei-den ist leichte Qual im Vergleiche mit der, fr solches

    Gehudel auommen zu mssen, und Mose war einsehr geplagter Mensch, blieb es auch alle Zeit ge-plagt ber alle Menschen auf Erden.Sehr bald denn auch gab es nichts mehr zu essen, dennwie lange hatten die eilig mitgenommenen Flachbrotewohl reichen knnen? Was sollen wir essen? Auchdieser Ruf erscholl nun, weinend und schimpfend,und Mose hatte schwere Stunden mit Gott unter vierAugen, wo er ihm vorhielt, wie hart es von ihm ge-wesen sei, die Last dieses ganzen Volkes auf ihn, sei-nen Knecht, zu legen. Hab ich denn all das Volkempfangen und geboren, fragte er, da du zu mirsagen magst: Trag es in deinen Armen! Woher soll

    ich Speise nehmen, da ich all diesem Volk gebe? Sieweinen vor mir und sprechen: Gib uns Fleisch, dawir essen! Ich kann allein soviel Volks nicht tragen, esist mir zu schwer. Und willst du so mit mir tun, soerwrge mich lieber, da ich mein Unglck und ihresnicht sehen msse!

    Und Jahwe lie ihn nicht ganz im Stich. Die Trn-kung angehend, so machten sie den fnen Tag, aufeiner Hochebene, ber die sie zogen, eine Quelle aus,mit Bumen daran, die brigens auch unter dem Na-men Quelle Mara auf der Karte verzeichnet war, dieJoschua im Kopfe trug. Zwar schmeckte ihr Wasser

    widerlich, dank unzutrglicher Beistze, was bittereEnttuschung und weit hinrollendes Murren hervor-rief. Aber Mose, ernderisch gemacht durch die Not,setzte eine Art von Filter-Vorrichtung ein, die die b-len Beimengungen, wenn nicht ganz, so doch zum

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    guten Teile zurckhielt, und verrichtete so ein Quell-Wunder, das das Gezeter in Beifallsjauchzen verwan-

    delte und seinem Ansehen sehr auf die Fe half. DasWort der uns aus gypten gefhrt hat nahm gleichwieder eine rosigere Frbung an.Was aber die Speisung betraf, so geschah gleichfallsein Wunder, ber das zunchst freudiges Staunenherrschte. Denn es erwies sich, da groe Strecken derWste Paran mit einer Flechte bedeckt waren, die manessen konnte, der Manna-Flechte, einem zuckrigenGelz, rund und klein, wie Koriandersamen zu sehenund wie Bedellion, das sehr verderblich war und belzu riechen begann, wenn man es nicht gleich a, sonstaber, zerrieben, zerstoen und als Aschenkuchen be-reitet, eine recht leidliche Notspeise gab, beinahe wie

    Semmel mit Honig schmeckend, so fanden einige,und andere fanden: wie lkuchen.So war das erste, gnstige Urteil, das aber nicht vor-hielt. Denn bald, schon nach einigen Tagen, waren dieLeute des Mannas satt und mde, sich damit zu stti-gen; als einzige Nahrung widerstand es sehr rasch und

    stie ihnen auf zum Ekel, so da sie klagten: Wirgedenken der Fische, die wir in gypten umsonstaen, der Krbisse, Pheben, Lauchs, Zwiebeln undKnoblauchs. Nun aber ist unsere Seele matt, denn un-sere Augen sehen nichts denn Man.So hrte es Mose mit Schmerzen, nebst der Frage na-

    trlich: Warum hast du uns lassen aus gypten zie-hen? Was er Gott fragte, war: Wie soll ich tun mitdem Volk? Sie mgen kein Manna mehr. Du sollstsehen, es fehlt nicht weit, so werden sie mich nochsteinigen.

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    Davor war er allerdings so ziemlich geschtzt durchJehoschua, seinen Jngling, und die reisige Mann-scha, die dieser sich schon zu Gosen herangezogenhatte und die den Befreier umringte, sobald bedrohli-ches Murren auam im Pbelvolk. Es war eine kleineMannscha von Jugendlichen vorderhand, mit Kalebals Leutnant, aber Joschua wartete nur auf eine Gele-genheit, sich als Feldherr und Vorkmpfer auszuwei-sen, um alle Waenfhigen, die ganzen dreitausend,seinem Befehl zu verpichten. Er wute auch, dadiese Gelegenheit bevorstand.Mose hatte viel an dem Jngling, den er auf GottesNamen getau; er wre ohne ihn manchmal ganz ver-

    loren gewesen. Er war ein geistlicher Mann, und seineMnnlichkeit, stmmig und stark wie sie war, mitHandgelenken, breit wie die eines Steinmetzen, wareine geistliche, in sich gewandte, von Gott gehemmteund heig befeuerte Mnnlichkeit, den ueren Din-gen fremd, ums Heilige nur besorgt. Mit einer Art

    von Leichtsinn, der in eigentmlichem Gegensatzstand zu der grbelnden Nachdenklichkeit, in der erMund und Bart mit der Hand zu bedecken pegte,war all sein Denken und Trachten darauf beschrnktgewesen, seines Vaters Geblt in der Absonderung frsich allein zu haben, um es zu bilden und ungestrt aus

    der heillosen Masse, die er liebte, eine heilige Gottes-gestalt zu metzen. Um die Gefahren der Freiheit, dieSchwierigkeiten der Wste und um die Frage, wie so-

    viel Pbelvolk heil durch sie hindurchzubringen sei,ja, auch nur, wohin er rumlich mit jenen wollte,

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    hatte er sich wenig oder gar nicht bekmmert und sichmitnichten auf praktische Fhrerscha vorbereitet.

    Nur froh konnte er darum sein, Joschua an seiner Seitezu haben, der nun gerade wieder die geistliche Mnn-lichkeit in Mosen verehrte und ihm seine stracke ganzaufs uere gerichtete Jung-Mnnlichkeit unbedingtzur Verfgung stellte.Ihm war es zu danken, da man berhaupt in derWildnis zielgerecht von der Stelle kam und nicht ver-derblich darin herumirrte. Er bestimmte die Marsch-richtung nach den Gestirnen, berechnete die Tages-mrsche und sorge dafr, da man in ertrglichen,manchmal freilich nur eben noch ertrglichen Abstn-den zu Wasserstellen gelangte. Da man die rundlicheBodenechte essen knne, hatte er ausgemacht. Mit

    einem Wort: er sorgte fr das Fhreransehen des Mei-sters und dafr, da das Wort der uns aus gyptengefhrt hat, wenn es zum Murren geworden war,wieder lblichen Sinn annahm. Das Ziel hatte er klarim Kopfe und steuerte ihm an der Hand der Sterne, imEinverstndnis mit Mose, auf krzestem Wege zu.

    Denn beide waren ja darin einig, da man ein erstesZiel, eine feste, wenn auch vorluge Unterkunbrauche, einen Aufenthalt, wo sich leben liee und woman Zeit gewnne, sogar viel Zeit: teils (nach Jo-schuas Gedanken) damit das Volk sich hecke undihm, dem Heranreifenden, eine strkere Anzahl Waf-

    fenfhiger stelle, teils (nach Moses Gedanken) damiter vor allem einmal das Gehudel zu Gott bilde undetwas Heilig-Anstndiges, ein reines Werk, dem Un-sichtbaren geweiht, daraus haue, wonach ihm Geistund Handgelenke verlangten.

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    Das Ziel nun war die Oase Kadesch. Wie nmlich andie Wste Sur die Wste Paran stie, so stie an diese

    sdlich die Wste Sin, aber nicht berall und nichtunmittelbar. Denn irgendwo dazwischen lag die OaseKadesch, vergleichsweise eine kstliche Ebene, eingrnes Labsal im Wasserlosen, mit drei starken Quel-len und einer Anzahl kleinerer noch obendrein, langeine Tagereise und eine halbe breit, mit frischer Weidebedeckt und Ackerboden, ein lockender Landstrich,tierreich und fruchtreich und gro genug, eine Kopf-zahl wie diese zu beherbergen und zu ernhren.Jehoschua wute von dem anziehenden Lndchen, eswar bestens verzeichnet auf der Karte, die er im Kopfehatte. Auch Mose wute davon, aber da man darauflossteuerte und sich Kadesch zum Ziel nahm, war Jo-

    schuas Veranstaltung. Seine Gelegenheit hier warsie. Eine solche Perle wie Kadesch lag selbstverstnd-lich nicht ohne Besitzer da. Sie war in festen Hnden,

    in nicht allzu festen, hoe Joschua. Wollte man siehaben, so mute man darum kmpfen mit dem, dersie hatte, und das war Amalek.

    Ein Teil des Stammes der Amalekiter hielt Kadesch inBesitz und wrde es verteidigen. Joschua machte Mo-sen klar, da Krieg sein, da eine Schlacht sein mssezwischen Jahwe und Amalek, und wenn ewige Feind-scha zwischen ihnen daraus erwachsen sollte von Ge-schlecht zu Geschlecht. Die Oase msse man haben;

    sie sei der gegebene Raum des Wachstums sowohl wieder Heiligung.Mose war sehr bedenklich. Fr ihn war es eine derImplikationen der Unsichtbarkeit Gottes, da manseines Nchsten Haus nicht begehren solle, und er

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    hielt es seinem Jngling vor. Aber dieser antwortete:Kadesch sei nicht Amaleks Haus. Er wisse nicht nur

    im Rume Bescheid, sondern auch in den Vergangen-heiten, und er wisse, da Kadesch ehemals schon erkonnte freilich nicht sagen, wann von ebrischenLeuten, nahverwandtem Blut, Nachkommen der V-ter, bewohnt gewesen sei, die von den Amalekitern

    versprengt worden seien. Kadesch sei ein Raub, undeinen Raub drfe man rauben.Mose bezweifelte das, aber er hatte seine eigenenGrnde dafr, da Kadesch eigentlich Jahwe-Gebiet seiund denen zukomme, die mit Jahwe im Bunde waren.Nicht nur seiner natrlichen Reize wegen hie Ka-desch, wie es hie, nmlich Heiligtum. Gewisserma-en war es ein Heiligtum des midianitischen Jahwe,

    den Mose als den Gott der Vter erkannt hatte. Nichtweit davon, gegen Osten und gegen Edom, lag, in ei-ner Zeile mit anderen Bergen, der Berg Horeb, denMose von Midian aus besucht und an dessen Hang derGott sich ihm im brennenden Busch oenbart hatte.Horeb, der Berg, war der Sitz Jahwes, einer zum

    mindesten. Sein ursprnglicher Sitz, wute Mose, warder Berg Sinai, im Gebirge des tiefen Mittags. Aberzwischen Sinai und Horeb, der Sttte von Moses Be-auragung, bestand eine enge Beziehung, eben da-durch, da Jahwe auf beiden sa: man konnte siegleichsetzen, man konnte den Horeb auch Sinai nen-

    nen, und Kadesch hie, wie es hie, weil es, mit einigerFreiheit gesprochen, zu Fen des heiligen Berges lag.Darum willigte Mose in Joschuas Vorhaben und lieihn seine Vorbereitungen treen fr den WaengangJahwes mit Amalek.

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    XII

    Die Schlacht fand statt, sie ist eine historische Tatsa-che. Es war eine sehr schwere, hin und her wogendeSchlacht, aber Israel ging siegreich daraus hervor.Diesen Namen nmlich, Israel, das heit: Gott fhrtKrieg, hatte Mose vor der Schlacht dem Geblt zurStrkung verliehen, mit der Erluterung, es sei einsehr alter Name, der nur in Vergessenheit geraten sei;schon Jakob, der Erzvater, habe ihn sich errungen undauch die Seinen damit genannt. Es tat dem Geblt sehrwohl; so lose seine Sippen zusammengehangen hat-ten, sie hieen nun alle Israel und kmpen vereintunter diesem geharnischten Namen, in Schlachtreihegebracht und angefhrt von Joschua, dem feldherrli-

    chen Jngling, und Kaleb, seinem Leutnant.Die Amalekiter waren nicht im Zweifel gewesen berden Sinn der Annherung des Wandervolkes; solcheAnnherungen haben immer nureinenSinn. Ohne denAngri auf die Oase abzuwarten, waren sie in hellenHaufen daraus hervorgekommen in die Wste, grer

    an Zahl als Israel, auch besser bewanet, und in hoch-aufwirbelndem Staub, Getmmel und Feldgeschreientspann sich der Kampf, ungleich auch deshalb, weilJoschuas Leute vom Durst geplagt waren und seit vie-len Tagen nichts anderes als Man zu essen gehabt hat-ten. Dafr hatten sie Joschua, den gerade blickenden

    Jngling, der ihre Bewegungen leitete, und hattenMose, den Gottesmann.Dieser hatte sich zu Beginn des Gemenges, zusammenmit Aaron, seinem Halbbruder, und mit Mirjam, derProphetin, auf einen Hgel zurckgezogen, von dem

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    aus man die Walstatt berblickte. Seine Mnnlichkeitwar nicht die des Kriegers. Vielmehr war es seine prie-

    sterliche Sache und alle stimmten ohne Bedenkenmit ihm berein, da nur dies seine Sache seinknne , mit erhobenen Armen den Gott anzurufen inbefeuernden Worten, wie etwa: Steh auf, Jahwe derMyriaden, der Tausende Israels, da deine Feinde zer-stieben, da deine Hasser iehen vor deinem Ange-sicht!Sie ohen nicht und sie zerstoben nicht, oder tatenbeides vorderhand doch nur rtlich und ganz vorber-gehend; denn wohl war Israel wtig vor Durst undberdru am Manna, aber der Myriaden Amalekswaren mehr, und sie drangen nach kurzer Entmuti-gung immer wieder vor, zuweilen bis in gefhrliche

    Nhe des Aussichtshgels. Es stellte sich aber unzwei-deutig heraus, da immer, solange Mose die Armebetend zum Himmel erhoben hielt, Israel siegte, lieer aber die Arme sinken, so siegte Amalek. Darum,weil er aus eigener Kra nicht unausgesetzt die Armehochhalten konnte, untersttzten ihn Aaron und Mir-

    jam beiderseits in den Achselhhlen und faten auchseine Arme an, da sie oben blieben. Was das aberheien will, mag man daran ermessen, da dieSchlacht vom Morgen bis an den Abend whrte, inallwelcher Zeit Mose seine schmerzhae Stellung ein-halten mute. Da sieht man, wie schwer die geistliche

    Mnnlichkeit es hat auf ihrem Gebetshgel, wohlwahrlich schwerer als die, die drunten dreinhauen darfim Getmmel.Auch war es den ganzen Tag lang nicht durchzufh-ren; die Beistehenden muten zuweilen fr einen Au-

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    genblick des Meisters Arme herunterlassen, was aberimmer sogleich die Jahwe-Streiter viel Blut und Be-

    drngnis kostete. Da hiten jene die Arme wieder,und aus dem Anblick schpen die drunten frischenMut. Hinzu kam die Feldherrngabe Jehoschuas, umeinen gnstigen Ausgang der Schlacht herbeizufh-ren. Er war ein planender Kriegsjngling, mit Einfal-len und Absichten, der Manver erdachte, die vlligneu waren, bis dato ganz unerhrt, wenigstens in derWste; dazu ein Befehlshaber, der den Nerv hatte,eine zeitweilige Preisgabe von Gelnde ruhig mitanzu-sehen. Er versammelte seine beste Kra, eine Aus-wahl, die Wrgengel, am rechten Flgel des Feindes,drckte entschieden auf diesen, drngte ihn ab undwar siegreich an dieser Stelle, whrend freilich indes-

    sen die Hauptmacht Amaleks gegen Israels Reihen ingroem Vorteil war und ihnen in strmischem Vor-drang viel Raum abgewann. Vermittelst des Durch-bruchs jedoch an der Flanke gelangte Jehoschua inAmaleks Rcken, so da dieser sich gegen ihn wen-den, zugleich aber die fast schon geschlagene, doch

    wieder ermutigt vorgehende Hauptmacht Israels be-kmpfen mute, so da Koposigkeit bei ihm dieOberhand gewann und er an seiner Sache verzagte.Verrat! rief er. Es ist alles verloren! Ho nichtmehr zu siegen! Jahwe ist ber uns, ein Gott von un-ergrndlicher Tcke! Und unter dieser verzweifelten

    Losung lie Amalek sich das Schwert entsinken undwurde niedergemacht.Nur wenigen der Seinen gelang die Flucht nach Nor-den, wo sie sich mit dem Hauptstamm vereinigten.Israel aber bezog die Oase Kadesch, die sich als durch-

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    zogen von einem breiten, rauschenden Bach, bestan-den mit Nutzstruchern und Fruchtbumen und von

    Bienen, Singvgeln, Wachteln und Hasen erfllt er-wies. Die in den Doragern zurckgelassenen KinderAmaleks vermehrten die Zahl seines eigenen Nach-wuchses. Die Weiber Amaleks wurden Israels Weiberund Mgde.

    XIII

    Mose, obgleich ihn noch lange die Arme schmerzten,war ein glcklicher Mann. Da er ein sehr geplagterblieb, ber alle Menschen auf Erden, wird sich erwei-

    sen. Vorderhand aber war er sehr glcklich ber dengnstigen Gang der Dinge. Die Auswanderung wargelungen, Pharaos rchende Macht im Schilfmeer

    versunken, die Wstenfahrt gndig vonstatten gegan-gen und die Schlacht um Kadesch mit Jahwes Hilfegewonnen worden. Gro stand er da vor seines Vaters

    Geblt, im Ansehen des Erfolges, als der MannMose, der uns aus gypten gefhrt hat, und das wares, was er brauchte, um sein Werk beginnen zu kn-nen, das Werk der Reinigung und Gestaltung im Zei-chen des Unsichtbaren, des Bohrens, Wegsprengensund Formens in Fleisch und Blut, wonach er begehrte.

    Glcklich war er, dies Fleisch nun abgesondert imFreien fr sich zu haben in der Oase mit Namen Hei-ligtum. Sie war seine Werkstatt.Er zeigte dem Volke den Berg, der unter anderen Ber-gen im Osten von Kadesch hinter der Wste zu sehen

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    war: Horeb, den man auch Sinai nennen mochte, bu-schig bewachsen zu zwei Dritteln hinauf und oben

    kahl, den Sitz Jahwes. Da er es war, schien glaub-ha, denn es war ein eigentmlicher Berg, ausge-zeichnet vor seinen Geschwistern durch eine Wolke,die, niemals weichend, dachfrmig ber seinem Gip-fel lag und tags grau erschien, nachts aber leuchtete.Dort, hrte das Volk, an dem buschigen Hange desBerges, unterhalb des felsigen Gipfels, hatte Jahwe zuMose aus dem brennenden Dornstrauch geredet undihn beauragt, sie aus gypten zu fhren. Sie hrtenes mit Furcht und Zittern, die bei ihnen noch die Stelle

    von Ehrfurcht und Andacht einnahmen. Wirklichpegten sie alle, auch die brtigen Mnner, mit denKnien zu schlottern wie wilde Memmen, wenn Mose

    ihnen den Berg mit der Dauerwolke zeigte und siebedeutete, da der Gott dort sa, der Lust zu ihnenhatte und ihr alleiniger Gott sein wollte, und Moseschalt sie, die Fuste schttelnd, ob dieses ordinrenGebarens und lie es sich angelegen sein, sie mit Jahwemutig-vertrauter zu machen, indem er ihm auch mit-

    ten unter ihnen, zu Kadesch selbst, eine Sttte errich-tete.Denn Jahwe hatte eine bewegliche Gegenwart, dashing, wie so manches andere, mit seiner Unsichtbar-keit zusammen. Er sa auf dem Sinai, er sa auf demHoreb, nun schuf ihm Mose, kaum da man sich zu

    Kadesch in den Doragern der Amalekiter ein wenigeingerichtet, ein Heim daselbst, ein Zelt in der Nhedes eigenen, das er das Begegnungs- oder Versamm-lungszelt, auch wohl die Stishtte nannte, und woriner heilige Gegenstnde unterbrachte, die eine Hand-

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    habe zur Verehrung des Bildlosen boten. Vorwiegendwaren es Dinge, die Mose nach der Erinnerung dem

    Kult des midianitischen Jahwe entnahm: eine Art vonKasten vor allem, mit Tragestangen, auf welchemnach Moses Aussage und er mute es wissen dieGottheit unsichtbar thronte, und die man wrde mitins Feld hinausnehmen und vor sich hertragen knnenzum Kampf, wenn etwa Amalek anrcken und Rachezu nehmen versuchen sollte. Ein eherner Stab mitSchlangenkopf, auch die Eherne Schlange genannt,war bei der Lade verwahrt, zum Andenken an Aaronsgutgemeintes Kunststck vor Pharao, doch mit demNebensinn, da es zugleich auch der Stab sein sollte,den Mose ausgereckt hatte ber das Schilfmeer, da essich teile. Besonders noch aber barg das Jahwe-Zelt

    auch das sogenannte Ephod, die Schttel-Tasche, ausder, als Ja oder Nein, Recht oder Unrecht, Gut oderBse, die Orakel-Lose Urim und Tummim spran-gen, wenn man gezwungen war, in einer schwerenStreitfrage, den Menschen unlsbar, unmittelbarJahwes Schiedsgericht anzurufen.

    Meist nmlich richtete Mose selbst, an Jahwes Statt,in allerlei Streit- und Rechtsfragen, die sich unter denLeuten aufwarfen. Es war sogar das erste, was er zuKadesch tat, da er eine Gerichtsstelle einrichtete, woer an bestimmten Tagen Streitfragen schlichtete undRecht sprach: dort wo die strkste Quelle entsprang,

    die immer schon Me-Meriba, das ist: Prozewasser,geheien hatte, dort sprach er Recht und lie es heiligerieen, wie das Wasser der Erde entquoll. Bedenktman aber, da es insgesamt zwlausendfnundertSeelen waren, die seiner alleinigen Gerechtsame unter-

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    Weib zu Tode gestoen hatte, so war der Ochse zusteinigen, und sein Fleisch sollte nicht gegessen wer-

    den, der Herr des Ochsen aber war unschuldig, aus-genommen der Ochse wre bekanntermaen schonimmer stig gewesen und der Herr habe ihn schlecht

    verwahrt: dann sei auch dessen Leben verwirkt, auer,er knne es ablsen mit dreiig Silberschekeln, Oder,wenn jemand eine Grube ernete und deckte sienicht ordentlich zu, so da ein Ochs oder Esel hinein-el, so sollte der Herr der Grube den Mann des Scha-dens mit Geld vershnen, das Aas aber sollte ihmgehren. Oder was sonst noch vorkam an Krperver-letzung, Sklavenmihandlung, Diebstahl und Ein-bruch, Flurschdigung, Brandlegung und Mibrauch

    von Anvertrautem. In allen diesen Fllen und hundert

    anderen fand Mose das Urteil, in Anlehnung an Ham-murapi, gab recht und unrecht. Aber es waren freinen Richter der Flle zu viele, der Quellsitz war ber-laufen, untersuchte der Meister das einzelne Vor-kommnis nur einigermaen treulich, so ward er nichtfertig, mute vieles zurckstellen, Neues kam immer

    hinzu, und er war geplagt ber alle Menschen.

    XIV

    Darum war es ein groes Glck, da sein SchwagerJethro, von Midian, ihn zu Kadesch besuchte und ihmeinen guten Rat erteilte, auf den er von selbst, seinergewissenhaen Eigenmchtigkeit wegen, nicht ge-kommen wre. Mose hatte nmlich bald nach der An-

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    kun in der Oase nach Midian hinabgeschickt zu sei-nem Schwher, da dieser ihm sein Weib Zipora und

    seine beiden Shne zurcksende, die er ihm wahrendder gyptischen Tribulationen ins Zelt gegeben hatte.Jethro aber kam freundlicherweise selbst, ihm Weibund Shne persnlich zu berhndigen, ihn zu umar-men, sich bei ihm umzusehen und von ihm zu hren,wie alles gegangen sei.Er war ein beleibter Scheich, heiter blickend, mit ebe-nen, gewandten Gebrden, ein Weltmann, eines ent-wickelten, gesellschalich wohl gebten VolkesFrst. Sehr festlich empfangen, kehrte er ein beiMose, in dessen Htte, und vernahm nicht ohne Er-staunen, wie einer seiner Gtter, und gerade der Bild-lose unter ihnen, sich an Mose und den Seinen so au-

    erordentlich bewhrt und wie er gewut habe, sievon der gypter Hand zu erretten.Wer htte es gedacht! sagte er. Er ist oenbar gr-er, als wir vermuteten, und was du mir erzhlst, legtmir die Befrchtung nahe, da wir seiner bisher zulssig gepegt haben. Ich will dafr sorgen, da er

    auch bei uns zu hheren Ehren kommt.Auf den nchsten Tag wurden entliche Brandopferanberaumt, wie Mose sie selten veranstaltete. Nichtbertrieben viel hielt er von Opfern; sie seien nichtwesentlich, sagte er, vor dem Unsichtbaren, und op-fern tten die anderen auch, die Vlker der Welt.

    Jahwe aber spreche: Auf meine Stimme hrt vor allenDingen, das ist: auf die meines Knechtes Mose, dannwerd ich euer Gott sein und ihr mein Volk. Diesmalaber gab es Schlacht- und Brandopfer, fr JahwesNase sowohl als auch zur Feier von Jethros Ankun.

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    Und wieder am nchsten Tag, schon frh am Mor-gen, nahm Mose seinen Schwher mit zum Proze-

    wasser, damit er einer Gerichtssitzung beiwohne undshe, wie Mose sa, das Volk zu richten. Das standum ihn herum von Morgen bis Abend, und war keineRede von Fertig werden.Nun bitte ich dich um alles, Herr Schwager, sagteder Gast, als er mit Mose von der Sttte hinwegging,was machst du Mann dir fr Plage! Sitzest allein, undalles Volk steht um dich herum von Morgen bisAbend! Warum tust du denn das?Ich mu doch, antwortete Mose. Das Volkkommt zu mir, da ich richte zwischen einem jegli-chen und seinem Nchsten und zeige ihnen GottesRecht und seine Gesetze.

    Aber Bester, wie kann man so ungeschickt sein!sagte Jethro wieder. Regiert man denn so, und musich ein Herrscher so schinden, da er alles alleinmacht? Du mdest dich ab, da es ein Jammer ist, undkannst kaum aus den Augen sehen, bist auch deinerStimme verlustig vom Richten. Dazu ist das Volk

    nicht weniger mde. So fngt man doch das nicht an,du kannst auf die Lnge nicht alle Gesche allein aus-richten. Es ist ja das gar nicht ntig, hre auf meineStimme! Wenn du das Volk vor Gott vertrittst und

    vor ihn bringst die groen Gesche, die alle angehen,so ist das vllig genug. Sieh dich aber um, sagte er

    mit bequemen Bewegungen, unter deinem Gehudelnach rechtlichen Leuten, ein bichen angesehenen,und setze sie ber das Volk: ber tausend, ber hun-dert, ja ber fnfzig und zehn, da sie sie richten nachdem Recht und nach den Gesetzen, die du dem Volk

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    gestellt. Und nur wo eine groe Sache ist, die sollensie an dich bringen, alle geringen aber erledigen sie,

    du brauchst davon gar nichts zu wissen. Ich htte auchmein Buchlein nicht und wre gar nicht abkmmlichgewesen, dich zu besuchen, wenn ich dchte, von al-lem wissen zu mssen, und es treiben wollte wiedu.Aber die Richter werden Geschenke nehmen, ant-wortete Mose schwermtig, und die Gottlosen rechthaben lassen. Denn Geschenke machen die Sehendenblind und verkehren die Sache des Gerechten.Wei ich auch, erwiderte Jethro. Wei ich ganzgut. Aber etwas davon mu man in den Kauf nehmen,wenn nur Recht gesprochen wird berhaupt und eineOrdnung ist, werde sie auch etwas verwickelter durch

    Geschenke, das macht nicht soviel. Siehe, die da Ge-schenke nehmen, das sind gewhnliche Leut, aber dasVolk besteht auch aus gewhnlichen Leuten, darumhat es Sinn frs Gewhnliche, und wird ihm das Ge-whnliche gemtlich sein in der Gemeinde. Dazuaber, ist einem seine Sache verkehrt worden vom

    Richter ber zehn, weil der vom Gottlosen genom-men hat, so soll er den Dienstweg einschlagen und denRechtszug verfolgen; er soll den Richter aufrufen berfnfzig und den ber hundert und schlielich den bertausend, der bekommt am allermeisten Geschenkeund hat darum einen freieren Blick, bei dem wird er

    schon Recht nden, wenns ihm nicht vorher zu lang-weilig geworden ist.So uerte Jethro sich, mit ebenen Gebrden, die ei-nem das Leben erleichterten, wenn man sie nur sah,und zeigte, da er eines entwickelten Wstenvolkes

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    Das Geblt merkte bald, was es heien wollte, einemzornig-geduldigen, dem Unsichtbaren verantwortli-chen Werkmann gleich Mosen in die Hnde gefallenzu sein, und merkte, da jene unnatrliche Weisung,es sei jedes Freudengeschrei zu unterlassen ber desFeindes Ersaufen, nur ein Anfang gewesen war undzwar ein vorwegnehmender Anfang, der schon weitim Gebiet der Reinheit und Heiligkeit lag und vieleVoraussetzungen hatte, die zu erfllen waren, eheman dahin gelangte, eine solche Forderung nicht als

    vllig unnatrlich zu empnden. Wie es aussah in demGehudel, und wie sehr es ein bloer Rohsto war ausFleisch und Blut, dem die Grundbegrie der Reinheit

    und Heiligkeit abgingen; wie sehr Mose von vorn an-fangen und ihnen das Frheste beibringen mute, dasmerkt man den notdrigen Vorschrien an, mit de-nen er daran herumzuwerken, zu meieln und zusprengen begann nicht zu ihrem Behagen; der Klotzist nicht auf des Meisters Seite, sondern gegen ihn,

    und gleich das Frheste, was zu seiner Formung ge-schieht, kommt ihm am allerunnatrlichsten vor.Immer war Mose unter ihnen, bald hier, bald da, baldin diesem und bald in jenem. Dorager, gedrungen,mit seinen weitstehenden Augen und seiner plattge-triebenen Nase, schttelte die Fuste an breiten Hand-

    gelenken und rttelte, mkelte, krittelte und regelte anihrem Dasein, rgte, richtete und suberte daranherum, indem er die Unsichtbarkeit Gottes dabei zumPrfstein nahm, Jahwes, der sie aus gypten gefhrthatte, um sie sich zum Volk zu nehmen, und der hei-

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    sondern hinausgetan sein drauen davor, abgesondertin Unreinheit, wie der Herr euch abgesondert hat, da

    ihr rein wret. Und was ein solcher angerhrt hat, undworauf er gelegen, und der Sattel, worauf er geritten,das soll verbrannt werden. Ist er aber rein worden inder Absonderung, so soll er sieben Tage zhlen, ob erauch wirklich rein ist, und sich grndlich mit Wasserbaden, dann mag er wiederkommen.Unterscheide! sage ich dir, und sei heilig vor Gott,sonst kannst du nicht heilig sein, wie ich dich habenwill. Du it ja alles durcheinander, ohne Wahl undHeikligkeit, wie ich sehen mu, das ist mir ein Greuel.Du sollst aber das eine essen und das andere nicht, undsollst deinen Stolz haben und deinen Ekel. Was da dieKlauen spaltet und wiederkut unter den Tieren, das

    magst du essen. Was aber wiederkut und hat Klauen,spaltet sie aber nicht, wie das Kamel, das sei euch un-rein, und sollts nicht essen. Wohlgemerkt, das guteKamel ist nicht unrein als Gottes lebendig Geschpf,aber als Speise schickt es sich nicht, sowenig als wiedas Schwein, das sollt ihr auch nicht essen, denn es

    spaltet die Klauen wohl, wiederkut aber nicht.Darum unterscheidet! Alles, was Flossen und Schup-pen hat in den Wassern, das mgt ihr essen, aber wasohne solche darin herumschlp, das Molchgezcht,das ist zwar auch von Gott, aber als Speise soll es eucheine Scheu sein. Unter den Vgeln sollt ihr verschm-

    hen den Adler, den Habicht, den Fischaar, den Geierund ihresgleichen. Dazu alle Raben, den Strau, dieNachteule, den Kuckuck, das Kuzlein, den Schwan,den Uhu, die Fledermaus, die Rohrdommel, denStorch, den Reiher und Hher sowie die Schwalbe. Ich

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    habe den Wiedehopf vergessen, den sollt ihr auch ver-meiden. Wer wird das Wiesel essen, die Maus, die

    Krte oder den Igel? Wer ist so pbelha, die Ei-dechse, den Maulwurf und die Blindschleiche zu ver-zehren oder sonst irgend etwas, was da auf Erdenschleicht und auf seinem Bauche kreucht? Ihr tut esaber und macht eure Seele zum Scheusal! Wen ichnoch einmal eine Blindschleiche essen sehe, mit demwill ich abfahren, da ers nicht wieder tut. Denn erstirbt zwar nicht dran, und es ist nicht schdlich, istaber schimpich, und euch soll vieles schimpichsein. Darum sollt ihr kein Aas essen, das ist auch nochschdlich.So machte er ihnen Speisevorschrien und schrnktesie ein in Dingen der Nahrung, aber nicht nur in die-

    sen. Ebenso tat er es in Dingen der Lust und Liebe,denn auch darin ging es bei ihnen drunter und drbernach rechter Pbelart. Du sollst die Ehe nicht brechen,sagte er ihnen, denn sie ist eine heilige Schranke.Weit du aber auch, was das sagen will, die Ehe nichtbrechen? Hundert Einschrnkungen bedeutet es mit

    Rcksicht auf Gottes Heiligkeit und nicht nur, da dudeines Nchsten Weib nicht begehren sollst, das ist daswenigste. Denn du lebst im Fleisch, bist aber demUnsichtbaren verschworen, und die Ehe ist der Inbe-gri aller Reinheit im Fleisch vor Gottes Angesicht.Darum sollst du nicht ein Weib nehmen und die Mut-

    ter dazu, nur um ein Beispiel zu nennen. Das schicktsich nicht. Und sollst nie und nimmer bei deinerSchwester liegen, da du ihre Scham siehst und siedeine, denn es ist eine Blutschande. Nicht einmal beideiner Tante sollst du liegen, das ist weder ihrer wr-

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    dig noch deiner, und sollst davor zurckschrecken.Wenn ein Weib ihre Krankheit hat, sollst du sie

    scheuen und nicht herantreten an den Brunnen ihresBlutes. Wenn aber einem Mann was Schamhaes zu-stt im Schlaf, der soll unrein sein bis zum nchstenAbend und sich eiig mit Wasser baden.Ich hre, du hltst deine Tochter zur Hurerei an undnimmst Hurengeld von ihr? Tu das nicht mehr, dennbeharrst du darauf, will ich dich steinigen lassen. Wasfllt dir ein, beim Knaben zu schlafen wie beimWeibe? Das ist ein Unding und Vlkergreuel, und sol-len beide des Todes sterben. Treibt aber einer es mitdem Vieh, sei es Mann oder Weib, die sollen nun voll-ends ausgerottet sein und erwrgt werden mitsamtdem Vieh.

    Man stelle sich ihre Bestrzung vor ber all die Ein-schrnkungen! Sie hatten zunchst das Gefhl, daberhaupt vom lieben Leben beinahe nichts brig-bleibe, wenn man all dies befolgte. Er sprengte mitdem Meiel an ihnen herum, da die Stcke ogen,und das war sehr wrtlich zu nehmen, denn mit den

    Ahndungen, die er auf die schlimmsten berschrei-tungen der Schranken setzte, war es kein Spa, undhinter seinen Verboten standen der junge Joschua undseine Wrgengel.Ich bin der Herr, euer Gott, sagte er, auf die Gefahrhin, da sie ihn wirklich selbst dafr hielten, der euch

    aus gyptenland gefhrt und abgesondert hat von denVlkern. Darum sollt ihr auch absondern das Reinevom Unreinen und nicht den Vlkern nachhuren,sondern mir heilig sein. Denn ich, der Herr, bin heiligund habe euch abgesondert, da ihr mein wret. Das

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    Allerunreinste ist, sich um irgendeinen Gott zu km-mern, auer um mich, denn ich heie ein Eiferer. Das

    Allerunreinste ist, sich ein Bild zu machen, sehe es nunaus wie ein Mann oder Weib, ein Ochs oder Sperber,ein Fisch oder Wurm, denn damit ist man schon ab-trnnig von mir, auch wenn das Bild mich vorstellensoll, und knnte ebensogut mit seiner Schwesterschlafen oder mit einem Vieh, das liegt ganz nahe da-bei und ergibt sich gar bald daraus. Htet euch! Ich binunter euch und sehe alles. Hurt einer den Tier- undTotengttern gyptens nach, dem will ichs eintrn-ken. Ich will ihn in die Wste jagen und ihn absondernwie einen Auswurf. Insgleichen wer da dem Molochopfert, an den ihr, wie ich wohl wei, auch noch eineErinnerung habt, da er ihm seine Kra verbrennt,

    der ist ein bel, und bel will ich mit ihm verfahren.Darum sollst du deinen Sohn oder deine Tochter nichtdurchs Feuer gehen lassen nach blder Vlkerart,noch achten auf Vogelug und -schrei, noch munkelnmit Wahrsagern, Tagewhlern und Zeichendeutern,noch die Toten befragen und nicht Zauber treiben mit

    meinem Namen. Ist einer ein Schurke und fhrt dabeimeinen Namen im Munde zur Zeugenscha, derfhrt ihn am allerunntzlichsten, ich will ihn fressen.Aber Zauber und Vlkergreuel ist es bereits, sich Malezu stechen, sich kahl zu scheren ber den Augen undsich das Gesicht zu zerschneiden aus Trauer um einen

    Toten, ich wills nicht dulden.Wie gro war ihre Bestrzung! Nicht einmal Trauer-schnitte sollten sie sich machen und sich nicht ein bi-chen ttowieren. Sie merkten, was es auf sich hattemit der Unsichtbarkeit Gottes. Es bedeutete groe

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    Einschrnkung, mit Jahwe im Bunde zu sein; da aberhinter Moses Verboten der Wrgengel stand und sie

    nicht gern in die Wste gejagt werden wollten, so kamihnen das, was er verbot, bald frchterlich vor, an-fangs nur im Zusammenhang mit der Strafe; dieseaber verfehlte nicht, die Sache selbst zu einem bel zustempeln, bei dessen Begehung einem bel zumutewar, der Strafe nicht einmal mehr zu gedenken.Halte dein Herz im Zaum, sagte er ihnen, und wirfnicht dein Auge auf eines anderen Habe, da du siehaben mchtest, denn leicht bringt dich das dazu, sieihm zu nehmen, sei es durch heimliche Entwendung,was eine Feigheit ist, oder indem du ihn totschlgst,was eine Roheit ist. Jahwe und ich wollen euch wederfeig noch roh, sondern die Mitte davon sollt ihr sein,

    nmlich anstndig. Habt ihr soviel begrien? Stehlenist schleichendes Elend, aber zu morden, sei es ausWut oder Gier, oder gieriger Wut, oder wtenderGier, das ist eine lodernde Untat, und wer sie begeht,gegen den will ich mein Antlitz setzen, da er nichtwei, wo er sich bergen soll. Denn er hat Blut vergos-

    sen, da doch das Blut eine heilige Scheu und ein groesGeheimnis ist, mir eine Altargabe und eine Versh-nung. Blut sollt ihr nicht essen und kein Fleisch, wennes im Blute ist, denn es ist mein. Wer nun aber garbeschmiert ist mit eines Menschen Blut, dessen Herzsoll an kaltem Entsetzen kranken, und ich will ihn

    jagen, da er vor sich selber davonlu bis ans Endeder Welt. Sagt Amen dazu!Und sie sagten Amen, in der Honung noch, da mitdem Mord eben nur Ttung gemeint sei, zu dem nichtgar viele Lust hatten, oder doch nur gelegentlich.

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    Aber es stellte sich heraus, da Jahwe dem Wort einenso weiten Sinn gab wie dem Ehebruch, und alles mg-

    liche darunter verstand, so da Mord und Totschlagsehr frh begannen: bei jeder Verletzung des anderendurch Falschheit und bervorteilung, wozu doch fastalle Lust hatten, o schon sein Blut. Sie sollten nichtflschlich handeln untereinander, nicht gegen jeman-den aussagen als Lgenzeuge, rechtes Ma brauchen,rechte Pfunde und rechten Scheel. Es war hchst un-natrlich, und vorderhand war es nur die natrlicheFurcht vor Strafe, die einen Schein von Natrlichkeitwarf auf Gebot und Verbot.Da man seinen Vater und seine Mutter ehren solle,wie Mose verlangte, hatte ebenfalls einen weiterenSinn, als man im ersten Augenblick gleich vermutete.

    Wer die Hand erhob gegen seine Erzeuger und ihnenuchte, nun ja, mit dem wollte er abfahren. Aber dieEhrerbietung sollte sich auf die erstrecken, die seineErzeuger auch nur htten sein knnen. Vor einemgrauen Haupte sollst du aufstehen, die Arme kreuzenund dein dummes Haupt neigen, verstehst du mich?

    So will es der Gottesanstand. Der einzige Trost war,da, da der Nchste einen nicht erschlagen dure,man Aussichten hatte, ebenfalls alt und grau zu wer-den, so da dann die anderen vor einem aufstehenmuten.Zuletzt aber zeigte sich, da Alter ein Gleichnis war

    fr das Alte im allgemeinen, fr alles, was nicht vonheute und gestern war, sondern von weither kam, dasfromm berlieferte, den Vterbrauch. Dem sollteman Ehre erweisen und Gottesfurcht. So sollst dumeine Feiertage heiligen, den Tag, da ich dich aus

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    gypten fhrte, den Tag der ungesuerten Brote, undimmer den Tag, da ich von der Schpfung ruhte. Mei-

    nen Tag, den Sabbat, sollst du nicht mit Arbeits-schwei verunreinigen, ich verbiete es dir! Denn ichhabe dich aus dem gyptischen Diensthause gefhrt,mit mchtiger Hand und mit ausgestrecktem Arm,wo du ein Knecht warst und ein Arbeitstier, und meinTag soll der Tag deiner Freiheit sein, die sollst du fei-ern. Sechs Tage lang sollst du ein Ackerer sein, oderein Pugmacher, oder ein Topfdreher, oder ein Kup-ferschmied, oder ein Schreiner, aber an meinem Tagsollst du ein rein Gewand anlegen und gar nichts sein,auer ein Mensch, und deine Augen aufschlagen zumUnsichtbaren.Du warst ein geschundener Knecht in gyptenland

    gedenke dessen bei deinem Gehaben gegen die, diefremd sind unter dir, die Kinder Amaleks zum Bei-spiel, die dir Gott in die Hnde gab, und schinde sienicht! Sieh sie an wie dich selbst und gib ihnen gleichesRecht, oder ich will dreinfahren, denn sie stehen inJahwes Schutz. Mache berhaupt nicht einen so

    dummdreisten Unterschied zwischen dir und den an-deren, da du denkst, du allein bist wirklich und aufdich kommts an, der andere aber ist nur ein Schein.Ihr habt das Leben gemeinsam, und es ist nur ein Zu-fall, da du nicht er bist. Darum liebe nicht dich allein,sondern liebe ihn gleicherweise und tue mit ihm, wie

    du wnschen wrdest, da er mit dir tte, wenn er duwre! Seid lieblich miteinander und kt die Finger-spitzen, wenn ihr einander vorbergeht, und neigteuch mit Lebensart und sprecht den Gru: Sei heilund gesund! Denn es ist ebenso wichtig, da jener

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    gesund ist, wie da du es bist. Und ists auch nuruere Lebensart, da ihr so tut und kt die Finger-

    spitzen, so gibt euch die Gebrde doch etwas ins Herzvon dem, was darin sein soll gegen euren Nchsten. Sagt Amen zu alledem!Und sie sagten Amen.

    XVI

    Mit dem Amen aber war wenig getan, sie sagten esnur, weil er der Mann war, der sie mit Glck ausgypten gefhrt, Pharaos Wagen versenkt und dieSchlacht um Kadesch gewonnen hatte, und bis ihnen

    leidlich, oder auch scheinbar nur, in Fleisch und Blutbergegangen war, was er sie lehrte und ihnen aufer-legte, die Schranken, Gebot und Verbot, das dauertelange, und ein gewaltiges Stck Arbeit war es, dessener sich da unterwunden: aus dem Gehudel dem Herrnein heiliges Volk aufzurichten, eine reine Gestalt, die

    da bestnde vorm Unsichtbaren. Im Schwei seinesAngesichtes werkte er daran zu Kadesch, seiner Werk-statt, indem er seine weitstehenden Augen berallhatte, metzte, sprengte, formte und ebnete an demunwilligen Klotz mit zher Geduld, mit wiederholterNachsicht und erem Verzeihen, mit loderndem

    Zorn und strafender Unerbittlichkeit, und wolltedoch o verzagen, wenn sich das Fleisch, in dem erarbeitete, so widerspenstig und vergelich-rckflligerwies, wenn wieder die Leute mit dem Schuein zugraben versumten, Blindschleichen aen, mit ihrer

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    Schwester schliefen oder auch mit dem Vieh, sichMale stachen, mit Wahrsagern hockten, auf Diebstahl

    schlichen und einander totschlugen. O Pbelvolk!sagte er dann zu ihnen. Ihr werdet sehen, der Herrwird einmal pltzlich ber euch kommen und euch

    vertilgen. Zum Herrn selbst aber sagte er: Was sollich machen mit diesem Fleisch, und warum hast dudeine Gnade von mir genommen, da du mir aualst,was ich nicht tragen kann? Lieber will ich einen Stallausmisten, der sieben Jahre nicht Wasser und Spatengesehen, und ein Dschungel lichten mit bloen Hn-den zum Fruchtfeld, als da ich dir hieraus eine reineGestalt errichte. Wie komme auch ich dazu, das Volkin den Armen zu tragen, als ob ichs geboren htte? Ichbin ihm nur halb verwandt, von Vaters Seite. Darum,

    so bitte ich dich, la mich meines Lebens froh werdenund schenk mir die Aufgabe, sonst aber erwrge michHeber!Aber Gott antwortete ihm aus seinem Inneren mit sodeutlicher Stimme, da ers mit Ohren hrte und aufsAngesicht el:

    Gerade weil du ihnen nur halb verwandt bist, vonseiten des Verscharrten, bist du der Mann, sie mir zubearbeiten und sie mir aufzurichten zum heiligenVolk. Denn stecktest du mitten darin und wrst rechteiner von ihnen, so shst du sie nicht und knntestnicht Hand an sie legen. Auerdem ist das alles nur

    Ziererei, da du wehklagst vor mir und willst dichlosbitten vom Werke. Denn du siehst wohl, da esschon anschlgt bei ihnen, und hast ihnen schon einGewissen gemacht, da ihnen bel zumute ist, wennsie bles tun. Darum stelle dich nicht vor mir, als

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    httest du nicht die grte Lust zu deiner Plage! Es istmeine Lust, die du hast, Gotteslust ist es, und ohne

    sie wrde dir das Leben zum Ekel, wie Manna demVolk, schon nach wenigen Tagen. Nur wenn ichdich erwrgte, freilich, dann knntest du ihrer ent-raten.Das sah der Geplagte ein, nickte mit dem Kopf zuJahwes Worten, whrend er auf dem Angesicht lag,und stand wieder auf zu seiner Plage. Er war aber eingeplagter Mann nicht nur als Bildner des Volks, son-dern Plage und Kummer reichten in sein Familienle-ben hinein: Da gab es rger, Scheelsucht und Zankum seinetwillen, und war kein Friede in seiner Htte,

    durch seine Schuld, wenn man wollte; denn seineSinne waren Ursach des Ungemachs, die waren er-

    regt vom Werk und hingen an einer Mohrin, an derbekannten Mohrin.Man wei, da er damals mit einer Mohrin lebte, au-er mit seinem ersten Weibe Zipora, der Mutter seinerShne, mit einer Person vorn Lande Kusch, dieschon als Kind nach gypten gelangt war, unter dem

    Geblte in Gosen gelebt und sich dem Auszuge ange-schlossen hatte. Zweifellos hatte sie schon manchenMann erkannt, und dennoch nahm Mose sie an sich alsBettgenossin. In ihrer Art war sie ein prachtvollesStck, mit Bergesbrsten, rollendem Augenwei,Wulstlippen, in die sich im Ku zu versenken ein

    Abenteuer sein mochte, und einer Haut voller Wrze.Mose hing gewaltig an ihr um seiner Entspannungwillen und konnte nicht von ihr lassen, obgleich erdabei die Gegnerscha seines ganzen Hauses zu tragenhatte: nicht nur seines midianitischen Weibes und ihrer

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    Sohne, sondern besonders auch die seiner Halbge-schwister Mirjam und Aaron. Zipora nmlich, die viel

    von dem ebenen Weltsinn ihres Bruders Jethro hatte,fand sich noch leidlich mit der Rivalin ab, besondersda diese ihren weiblichen Triumph