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MARKETING 4.0

PHILIP KOTLER, HERMAWAN KARTAJAYA, IWAN SETIAWAN

MARKETING 4.0

Der Leitfaden für das Marketing

der Zukunft

Aus dem Englischen von Petra Pyka

Campus Verlag Frankfurt/New York

Die englischsprachige Originalausgabe erschien 2017 mit dem Titel Marketing 4.0. Moving from Traditional to Digital bei

John Wiley & Sons, Inc.Copyright © 2017 by Philip Kotler, Hermawan Kartajaya,

and Iwan SetiawanAll rights reserved. This translation published under license with the

original publisher John Wiley & Sons, Inc.

ISBN 978-3-593-50763-7 PrintISBN 978-3-593-43692-0 E-Book (PDF)

ISBN 978-3-593-43766-8 E-Book (EPUB)

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Campus Verlag GmbH, Frankfurt am Main.Umschlaggestaltung: Guido Klütsch, Köln

Umschlagmotiv: © Stanislav Pytel/Getty ImagesSatz: Publikations Atelier, Dreieich

Gesetzt aus Sabon, Futura und Trade GothicDruck und Bindung: Beltz Bad Langensalza

Printed in Germany

www.campus.de

Der nächsten Generation von Marketingfachleuten und Ver-haltensökonomen, die den wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und ökologischen Beitrag steigern, den das Marketing zum Wohle der Menschen und des Planeten leistet.Philip Kotler

Für Präsident Joko Widodo, Indonesiens Marketeer of the Year – Legislaturperiode 2010/2012 – und eine neue Hoff-nung (»A New Hope«, Zeitschrift Time, 27. Oktober 2014)Hermawan Kartajaya

Für meine Familie, meine Freunde und alle anderen um mich herum, die mir zum F-Faktor geworden sind und mich zu ei-nem besseren Menschen gemacht haben.Iwan Setiawan

Inhalt 7

Inhalt

Vorwort: Von Marketing 3.0 zu Marketing 4.0 . . . . . . . 11

Teil IPrägende grundlegende Trends im Marketing . . . . . 15

1 Machtverschiebung zum vernetzten Kunden . . . . . . 17

Die Umstellung von exklusiv auf inklusiv . . . . . . . . . . . . . 20Die Umstellung von vertikal auf horizontal . . . . . . . . . . . 24Die Umstellung von individuell auf sozial . . . . . . . . . . . . . 27Zusammenfassung: horizontal, inklusiv und sozial . . . . . . . 29

2 Das Paradoxe an der Vermarktung an vernetzte Verbraucher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

Schluss mit den Mythen der Konnektivität . . . . . . . . . . . . 32Erstes Paradoxon: Online- und Offline-Interaktion

im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36Zweites Paradoxon: informierte und abgelenkte Kunden . . 39

8 Marketing 4.0

Drittes Paradoxon: negative und positive Empfehlungen . . . 41Zusammenfassung: Marketing und seine Paradoxa . . . . . . 43

3 Die einflussreichen digitalen Subkulturen . . . . . . . . 45

Die Jugend: Meinungen beeinflussen . . . . . . . . . . . . . . . . 47Frauen: Marktanteile steigern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51Netizens: emotionalen Austausch fördern . . . . . . . . . . . . 54Zusammenfassung: Junge Menschen, Frauen und Netzbürger . 57

4 Marketing 4.0 in der digitalen Wirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

Vom traditionellen zum digitalen Marketing . . . . . . . . . . . 62Die Integration von traditionellem und digitalem Marketing 69Zusammenfassung: Marketing in der digitalen Wirtschaft –

neu definiert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

Teil IINeue Systeme für Marketing in der

digitalen Wirtschaft

5 Die neue Customer Journey . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

Verstehen, wie Menschen einkaufen:

von vier As zu fünf As . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76Von der Wahrnehmung zur Empfehlung: die E-Zone (E3) . . 86Zusammenfassung: aware, appeal, ask, act, advocate . . . . . 90

6 Kennzahlen für Marketingproduktivität . . . . . . . . . 91

Die Einführung von PAR und BAR . . . . . . . . . . . . . . . . . 93PAR und BAR – eine Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95Steigerung der Produktivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

Inhalt 9

Zusammenfassung: Purchase Action Ratio und

Brand Advocacy Ratio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114

7 Branchen-Archetypen und bewährte Praktiken . . . . 115

Die vier großen Branchen-Archetypen . . . . . . . . . . . . . . . 117Vier bewährte Marketingpraktiken . . . . . . . . . . . . . . . . . 126Zusammenfassung: Was Sie aus verschiedenen Branchen

lernen können . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130

Teil IIITaktische Marketinganwendungen in der

digitalen Wirtschaft

8 Mehr Anziehungskraft für Marken durch menschenorientiertes Marketing . . . . . . . . . . . . . . . 133

Wie der Mensch die digitale Anthropologie einsetzt . . . . . . 135Wie die sechs Attribute menschenorientierter Marken

entstehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139Zusammenfassung: Wenn Marken menschlicher werden . . . 145

9 Content Marketing macht neugierig auf Marken . . . 147

Content ist die neue Werbung, #Hashtag der neue Slogan . . 147Content Marketing Schritt für Schritt . . . . . . . . . . . . . . . 153Zusammenfassung: Gesprächsstoff durch Inhalte . . . . . . . . 165

10 Markenbindung durch Omnichannel Marketing . . . 167

Omnichannel Marketing auf dem Vormarsch . . . . . . . . . . 167Omnichannel Marketing Schritt für Schritt . . . . . . . . . . . 175Zusammenfassung: Integration der besten Online- und

Offline-Kanäle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181

10 Marketing 4.0

11 Engagement Marketing für Markenaffinität . . . . . . 183

Die Optimierung digitaler Erfahrungen durch Handy-Apps . 184Lösungen durch Social CRM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188Erwünschtes Verhalten durch Gamification . . . . . . . . . . . 194Zusammenfassung: Handy-Apps, Social CRM und

Gamification . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200

Epilog: Der Weg zum WOW! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203

Was ist ein WOW? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204Enjoyment, Experience, Engagement: WOW! . . . . . . . . . . 205Bereit für ein WOW? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206

Dank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207

Über die Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209

Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211

Vorwort: Von Marketing 3.0 zu Marketing 4.0 11

Vorwort: Von Marketing 3.0 zu Marketing 4.0

In den vergangenen sechs Jahren haben uns Marketingfach-leute auf der ganzen Welt immer wieder auf eine Fortsetzung von Die neue Dimension des Marketings. das im Original Marketing 3.0 heißt, angesprochen. Angesichts der dyna-mischen Entwicklungen im Marketing waren offenbar viele davon ausgegangen, dass Marketing 4.0 in der Pipeline sei.

In Die neue Dimension des Marketings ging es um die grundlegende Umstellung von produktorientiertem Marketing (1.0) auf verbraucherorientiertes Marketing (2.0) und letzt-lich menschenorientiertes Marketing (3.0). Mit diesem Buch zeichneten wir die Entwicklung vom Konsumenten zum gan-zen Menschen nach – mit Kopf, Herz und Seele. Unserer Ar-gumentation zufolge lag die Zukunft des Marketings daher in der Entwicklung von Produkten, Dienstleistungen und Unter-nehmenskulturen, die menschliche Werte verinnerlichen und widerspiegeln. Da das Buch bereits 2010 erschien, wurden die Prinzipien aus Die neue Dimension des Marketings inzwischen von vielen Marketingfachkräften übernommen. Das Buch fand allgemein eine solche Akzeptanz, dass es neben Englisch weltweit noch in 24 andere Sprachen übersetzt wurde.

12 Marketing 4.0

Ein Jahr nach der Veröffentlichung gründeten wir in Ubub auf Bali das Museum of Marketing 3.0. Das Museum ent-stand mit freundlicher Unterstützung der drei Fürsten von Ubud Tjokorda Gde Putra Sukawati, Tjokorda Gde Oka Su-kawati und Tjokorda Gde Raka Sukawati.

Ubud mit seiner spirituellen Aura ist in der Tat der ideale Standort für das erste Marketingmuseum seiner Art. In dem Museum haben wir inspirierende Fallbeispiele für Marketing-fachleute, Unternehmen und Marketingkampagnen kuratiert, denen »Human Spirit« innewohnt. Die Inhalte werden in ei-nem modernen Multiscreen-Setup präsentiert. In den letzten Jahren wurde das Museum durch fortschrittliche Technik wie Augmented Reality und Virtual Reality modernisiert – erwei-terte und virtuelle Realität.

Tatsächlich ist eine Menge passiert, seit wir Die neue Dimension des Marketings geschrieben haben – vor allem im Hinblick auf die technische Entwicklung. Die Techno-logien, die wir heute haben, sind nicht neu. Sie sind jedoch in den letzten Jahren zusammengelaufen, und der kollektive Effekt dieser Konvergenz hat die Marketingpraxis in aller Welt stark beeinflusst. Daraus ergeben sich neue Trends: Die »Sharing Economy«, die »Now Economy«, die Omnichan-nel-Integration, das Content Marketing, Social CRM und viele andere.

Wir gehen davon aus, dass die technische Konvergenz letzt-lich zu einer Konvergenz zwischen digitalem und klassischem Marketing führen wird. In einer High-Tech-Welt sehnt sich der Mensch nach High Touch. Je sozialer er wird, desto stär-ker der Wunsch nach personalisierten Produkten. Im Zuge der Analyse von Big Data werden Erzeugnisse immer indivi-dueller und Dienstleistungen immer persönlicher. Wer diese Paradoxa für sich zu nutzen versteht, der hält den Schlüssel zum Erfolg in der digitalen Wirtschaft in der Hand.

Vorwort: Von Marketing 3.0 zu Marketing 4.0 13

In dieser Ära des Umbruchs ist ein neuer Marketingansatz erforderlich. Deshalb präsentieren wir Marketing 4.0 – als logische Fortsetzung von Die neue Dimension des Marketings Die Hauptprämisse dieses Buchs ist, dass sich das Marketing an die veränderte Natur der Customer Journey in der digita-len Wirtschaft anpassen muss. Aufgabe des Marketings ist es, die Verbraucher zu begleiten auf diesem Weg von der Wahr-nehmung einer Marke bis hin zu ihrer Empfehlung.

Der erste Teil dieses Buches ist das Ergebnis der Beobach-tung unserer Umwelt. Wir setzen an bei den drei Machtver-schiebungen, die unsere Welt prägen. Im Weiteren loten wir aus, wie die Vernetzung das Leben der Menschen grundlegend verändert hat. Außerdem werfen wir noch einen genaueren Blick auf drei maßgebliche digitale Subkulturen: die Jugend, die Frauen und die Netzbürger – als Grundlage für eine ganz neue Verbrauchergeneration.

Der zweite und zentrale Teil des Buches erörtert, wie das Marketing die Produktivität steigern kann, indem es die Customer Journey im digitalen Zeitalter nachvollzieht. Darin führen wir ein neues Marketingkennzahlensystem ein und werfen einen frischen Blick auf unsere Marketingpraxis. Da-rüber hinaus tauchen wir noch tiefer in mehrere maßgebliche Branchen ein und erfahren, wie sich die Ideen aus Marketing 4.0 in diesen Bereichen konkret umsetzen lassen.

Der dritte Teil beschreibt schließlich detailliert die wich-tigsten Taktiken von Marketing 4.0. Angefangen beim men-schenorientierten Marketing, das auf die Humanisierung von Marken durch menschliche Attribute abzielt, befassen wir uns im Anschluss mit dem Content Marketing, um Ver-brauchergespräche anzustoßen. Darüber hinaus verraten wir, wie Omnichannel Marketing umgesetzt werden kann, um den Umsatz zu steigern. Und schließlich beleuchten wir noch das Konzept des Customer Engagement im digitalen Zeitalter.

14 Marketing 4.0

Im Grunde beschreibt Marketing 4.0 eine Vertiefung und Ausweitung des menschenorientierten Marketings – zur Ein-beziehung aller Aspekte der Customer Journey. Wir hoffen, Sie gewinnen aus diesem Buch Erkenntnisse und Anregungen und werden mit uns in den kommenden Jahren das Marke-ting neu definieren.

Teil I Prägende grundlegende

Trends im Marketing

Machtverschiebung zum vernetzten Kunden 17

Kapitel 1 Machtverschiebung zum

vernetzten KundenHorizontal statt vertikal, inklusiv statt exklusiv,

sozial statt individuell

Der Verschwörungstheoretiker Charlie Frost war fest davon überzeugt: 2012 würde die Zivilisation untergehen. 2009 be-fanden ein paar Geologen, dass Frost recht behalten könnte. Sie stellten fest, dass der Erdkern kurz vor der Explosion stand – und die Welt vor einer Katastrophe. Da setzten sich die Spitzenpolitiker aller Länder zusammen, um einen Aus-weg zu finden, und beschlossen, riesige Schiffe nach dem Vor-bild der Arche Noah zu bauen, um ausgewählte Gruppen der Weltbevölkerung zu retten. Die Überlebenden auf den Schif-fen sollten eine neue Zivilisation begründen.

Diese Geschichte ist frei erfunden und stammt aus dem Film 2012. Doch viele der Szenen aus diesem Film symbolisie-ren genau den Wandel, den wir heute erleben. Der Film zeigt, wie die alten Grundsätze der Zivilisation – ob politischer, wirtschaftlicher, soziokultureller oder religiöser Natur – aus-gelöscht und von einem eher horizontalen, inklusiven Katalog sozialer Normen abgelöst werden. Er demonstriert, wie die führenden Vertreter der westlichen Supermächte gezwungen werden, ihre Egos hintanzustellen und an einem Strang zu zie-hen. Für den Bau der riesigen Schiffe muss man sich sogar an

18 Marketing 4.0

China wenden. Die Schiffe fungieren gleichzeitig als Symbole einer neuen Welt, in der die unterschiedlichsten Menschen zu-sammengespannt werden – ohne jede Rücksicht auf geogra-fische oder demografische Grenzen.

Wir leben heute in einer ganz neuen Welt. Vertraute Macht-strukturen verändern sich drastisch. Für diese veränderten Machtverhältnisse ist in erster Linie das Internet verantwort-lich, das Vernetzung und Transparenz in unser Leben ge-bracht hat.

Wir erleben, wie sich exklusive Mächte der Macht der Inklusivität unterwerfen. Die G7, eine exklusive Gruppe mächtiger Nationen, konnten die globale Finanzkrise nicht alleine stemmen. Sie musste die G20-Gruppe einbeziehen, zu der auch China, Indien und Indonesien gehören. Die Wirtschaftskraft ist inzwischen inklusiver verteilt. Groß-unternehmen fanden es ebenfalls schwierig, innerhalb ihrer exklusiven Organisationen innovativ zu sein. Unternehmen wie Microsoft und Amazon mussten am Ende kleinere, doch innovativere Unternehmen wie Skype oder Zappos aufkau-fen. Selbst Millionären wie Bill Gates oder Mark Zucker-berg wurde die Notwendigkeit wirtschaftlicher Inklusivität bewusst. Sie spendeten ihre Vermögen, um Bedürftigen zu helfen – jeweils über die Bill and Melinda Gates Foundation und das Startup:Education (das inzwischen zur Chan Zu-ckerberg Initiative gehört).

Wir beobachten ferner, wie vertikale Machtstrukturen von einer eher horizontalen Kraft aufgeweicht werden. Nehmen Sie beispielsweise das bevölkerungsreichste Land der Erde: die »United States of Facebook« mit ihrer Bevölkerung von 1,65 Milliarden Menschen. Wir erleben, wie sich die Men-schen heute auf Twitter von Bürgerjournalisten über aktuelle Geschehnisse informieren lassen statt wie früher von großen Fernsehsendern wie CNN. Selbst Hollywood wurde von You-

Machtverschiebung zum vernetzten Kunden 19

Tube im Sturm erobert: Laut einer von der Zeitschrift Variety in Auftrag gegebenen Umfrage sind YouTube-Stars bei 13- bis 18-Jährigen populärer als die Promis aus Hollywood. Der Unterhaltungsriese Sony arbeitete mit YouTube zusammen, um zu beweisen, dass sich horizontale Kräfte von vertikalen nicht aufhalten lassen. Sonys Komödie über Nordkorea, The Interview, wurde als Reaktion auf einen angeblichen Cyber-angriff aus Nordkorea zunächst über YouTube auf den Markt gebracht.

Die Machtverschiebungen wirken sich auf die Menschen aus. Inzwischen konzentriert sich die Macht nicht mehr auf Einzelne, sondern auf soziale Gruppen. Diktatoren wurden von Menschen gestürzt, deren Anführer unbekannt blie-ben. Die Protestbewegung Occupy Wall Street brachte die Wall-Street-Finanziers aus der Ruhe. Zur »Person of the Year 2014« der Zeitschrift Time wurden nicht US-Präsident Barack Obama oder der indische Premierminister Naren-dra Modi gewählt, sondern die Menschen, die gegen Ebola kämpften.

Solche Umgewichtungen haben unsere Welt drastisch ver-ändert. In einer Welt, in der die horizontalen, inklusiven und sozialen Kräfte die vertikalen, exklusiven und individuellen verdrängen, gewinnen Verbrauchergemeinschaften immer stärker an Einfluss. Sie haben heute mehr Stimme. Sie fürch-ten sich nicht vor großen Konzernen und bekannten Marken. Sie erzählen gerne Geschichten über Marken weiter – positive wie negative.

Zufällige Gespräche über Marken sind inzwischen glaub-würdiger als gezielte Werbekampagnen. Das soziale Um-feld ist mittlerweile die wichtigste Einflussquelle, sogar noch wichtiger als externe Marketingkommunikation und selbst als persönliche Präferenzen. Konsumenten richten sich bei der Markenauswahl in aller Regel nach ihresgleichen. Es hat

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fast den Anschein, als wollten sich die Kunden vor falschen Markenversprechen und Werbetricks schützen, indem sie ihre sozialen Kreise zur Festung umbauen.

Die Umstellung von exklusiv auf inklusiv

Vorbei ist die Zeit, als Exklusivität noch das erklärte Ziel war. Das neue Spiel heißt Inklusivität. Auf Makroebene stellt sich die Welt von einer Hegemonie auf multilaterale Macht-strukturen um. Die Supermächte, allen voran die Europäische Union und die Vereinigten Staaten, merken, wie sich die Wirt-schaftskraft allmählich auf den Rest der Welt verlagert – ins-besondere auf Asien, das seit Jahren stetiges Wachstum ver-zeichnet. Das soll keinesfalls heißen, dass die westlichen Supermächte nicht weiterhin mächtig bleiben. Es ist nur so, dass auch andere Länder mit der Zeit an Einfluss gewinnen. Die Wirtschaftskraft ist nicht mehr so stark konzentriert, son-dern verteilt sich gleichmäßiger.

Die wirtschaftlichen Veränderungen werden oft dem demo-grafischen Profil der Schwellenländer zugeschrieben: Deren Bevölkerung ist jünger, produktiver und erzielt steigende Ein-kommen. Das hat für rege Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen gesorgt, was wiederum das Wirtschafts-wachstum ankurbelt. Neueste Daten lassen jedoch vermuten, dass der Grund dafür nicht ausschließlich demografischer Natur sein könnte.

Auch aus Innovationsperspektive sind in Schwellenländern positive Trends festzustellen. Den von Robert Litan erfass-ten aktuellen Daten zufolge geht die Innovation in den Ver-einigten Staaten zurück. Dort entfielen nur mehr 8 Prozent der Gesamtzahl von Unternehmen auf Start-ups, während

Machtverschiebung zum vernetzten Kunden 21

es 30 Jahre zuvor noch knapp 15 Prozent waren. Aus Litans Daten geht hervor, dass die Zahl der Konkurse die Zahl der Start-ups übersteigt.

Die Entwicklung in Asien verläuft entgegengesetzt. Nach Angaben der Organisation für wirtschaftliche Zusammen-arbeit und Entwicklung wird China die Europäische Union und die Vereinigten Staaten bei innovationsbezogenen In-vestitionen spätestens 2019 überholen. 2012 lag Südkorea in puncto Innovation international an der Spitze: Es investierte über 4 Prozent seines BIP in Forschung und Entwicklung.

Auch der politische Einfluss der westlichen Welt nimmt im Nachgang zur rückläufigen wirtschaftlichen Bedeutung ab. Militärische Kräfte, die früher effektiv Macht ausübten, wer-den heute nach und nach dem von dem weichen Ansatz der Wirtschaftshilfe und der Diplomatie verdrängt. So hat China beispielsweise großen Einfluss in Afrika, weil es bessere Re-gierungsführung und nachhaltigere Entwicklung fördert.

Auch die Wirtschaft tendiert zu mehr Inklusivität. Die Technik ermöglicht Automatisierung und Miniaturisierung, was die Produktkosten senkt und Unternehmen erlaubt, die neuen Schwellenmärkte zu beliefern. Disruptive Innovationen in allen Wirtschaftssektoren haben billigere und einfachere Produkte für Arme hervorgebracht, die zuvor nicht als Markt galten. Produkte und Dienstleistungen, die einst als exklusiv erachtet wurden, stehen jetzt in aller Welt auf Massenmärk-ten zur Verfügung. Beispiele dafür sind unter anderem das 2 000-Dollar-Auto Nano von Tata und das Aravind Eye Care System, das für 16 Dollar Operationen des grauen Stars er-möglicht.

Das funktioniert auch anders herum. Durch umgekehrte Innovation lassen sich auf Schwellenmärkten neue Produkte entwickeln und einführen, noch bevor sie woanders angebo-ten werden. Genügsamkeit und Kostenbewusstsein in der