MARTIN KRAUS, DASA MT52, Ottobrunn … · • minimale Systemänderungen (AVS, PCS, UCS) • ohne...

16
MARTIN KRAUS, DASA - MT52, Ottobrunn Kommunalitätsaspekte bei Hochleistungsflugzeugen

Transcript of MARTIN KRAUS, DASA MT52, Ottobrunn … · • minimale Systemänderungen (AVS, PCS, UCS) • ohne...

MARTIN KRAUS, DASA - MT52, OttobrunnKommunalitätsaspekte bei Hochleistungsflugzeugen

Kommunalitätsaspekte bei Hochleistungsflugzeugen

VDaimler-Benz Aerospace

Übersicht

Zwischen der Auslegung und der Bewertung ei-nes Flugzeugs gibt es klare Zusammenhänge.Die Auslegung folgt zuvor definierten Forderun-gen, die sich von einem konkreten Bedarf(Transport von n Passagieren über eine Reich-weite x, Bekämpfung eines Luft- oder Boden-ziels in einem gegebenen Szenario) ableitenlassen. Die Bewertung erfolgt auf der Basisfestgelegter Kriterien. Diese Kriterien stehenlogisch in einem direkten Zusammenhang mitden gegebenen Forderungen an das Flugzeug.

Im zivilen Flugzeugbau werden zur Erfüllungunterschiedlicher Nutzlast-Reichweiten-Forde-rungen entsprechende Flugzeugmuster ausge-legt. Dabei wird aus einer Vielzahl von Grün-den, zu denen auch Aspekte der Kornmunalitätzählen, häufig die Vorgehensweise der Varian-ten- oder Derivatentwicklung gewählt.

Komrnunalität wird dabei als ein Auslegungskri-terium so verstanden, daß zwischen diesen un-terschiedlichen Flugzeugmustern ein möglichstgroßes Maß an Übereinstimmung (Rumpf-, Flü-gel-, Cockpitauslegung, Systeme) erzielt wer-den kann. Dies bedeutet nicht notwendigerwei-se die völlige Identität z.B. einzelner Struktur-komponenten (siehe A330- und A340-Flügel).

Im zivilen Bereich gibt es einen "homogenen"Markt, d.h. ähnliche Kunden (Fluggesellschaf-

ten) mit einem identischen Ziel (Transport vonPersonen über irgendeine Reichweite). Die Ar-ten der Forderungen sind ebenfalls "homogen":Nutzlastmenge, Reichweite, Start-, Lande-,Reiseflugleistung, niedrige DOC. Insbesonderesind Passagiere (mit ihrem Gepäck) der einzige"Nutzlast-Typ", der die Auslegung bestimmt.

Diese Eigenschaften des Marktes sind eineGrundvoraussetzung für die Ausnutzung derKommonalitätsvorteile bei Bildung einer Flug-zeug-Familie (z.B. A320, A321, A319, ...).

Die Komrnunalität steht in teilweisem Wider-spruch zur Notwendigkeit der Optimierung. Dieerforderlichen Kompromisse werden von einemKunden nur dann akzeptiert, wenn er in dieAuslegung einbezogen war, und/oder wenn dieKomrnunalität auch ihm überwiegend zumNutzen wird (Flottenpolitik!).

Demgegenüber sehen sich im militärischenFlugzeugbau z.B. die am Eurofighter beteilig-ten Industriepartner einem völlig "inhomoge-nen" Markt gegenüber: vier Nationen (Deutsch-land, England, Italien, Spanien) als "LaunchingCustomers" mit unterschiedlichen nationalenSicherheitsinteressen, Bedrohungen und Bünd-nisverpflichtungen. Weiterhin leiten sich ausden bereits existierenden Arsenalen (andereKampfflugzeuge, Bewaffnungstypen) unter-schiedliche Bedarfe (z.B. Leistungen, Einfüh-rungszeitpunkt) an ein neues Flugzeug ab.

Aus diesem "inhomogenen" Markt ergeben sichdeshalb ebenso "inhomogene" Forderungen.Die Vielfalt der Forderungsarten übersteigtdabei die der zivilen Auslegungsforderungen.Zudem sind manche der Forderungen bzw. derdaraus abgeleiteten Entwurfsaufgaben gegen-einander konträr (z.B. Aerodynamik - großeAußenlasten - Stealth - Kosten).

Die wesentliche Randbedingung zur Deckungdieses nur scheinbar gemeinsamen Bedarfsbesteht darin, daß die technische Lösung miteinem einzigen Flugzeugmuster dargestelltwerden muß. Diese bedeutet Identität derStruktur, der Hardware und Software bei denSystemen sowie der Fähigkeit zur Durch-führung aller geplanter Missionen (mit den ent-sprechenden Waffen).

Der Eurofighter muß ein definiertes Wachs-tumspotential aufweisen, d.h. nicht - im Gegen-satz zur zivilen Entwurfsaufgabe! -, daß dermomentane Entwurf die Ableitung eines Folge-musters ermöglichen soll, sondern daß dasWachstum später mit den bereits ausgeliefer-ten Flugzeugen realisiert werden muß.

Von dieser "Komrnunalität in Reinform" weichtlediglich das zweisitzige Trainingsflugzeug ab.Allerdings beschränken sich die Änderungengegenüber dem Einsitzer auf Bereiche miteiner geänderten Kontur (Cockpit, Airbrake-Bereich), mit notwendigerweise geändertenoder zusätzlichen Systemen (z.B. Instrurnentie-

Seite 1

DGLR-Workshop "Bewertung von Flugzeugen", 26.727. Oktober 1998, Garching Dr. Martin Kraus, MT52

Kommunalitätsaspekte bei Hochleistungsflugzeugen ' ' V ^ ' Daimler-Benz Aerospace

rung und Klima im hinteren Cockpit, Kabelver-legungen). Alle anderen Bereiche (z.B. auchFahrwerk) sind identisch mit dem Einsitzer. AlleComputer sind ohne Änderung (z.B. Ladeneiner anderen Software) beliebig zwischen Ein-und Zweisitzer austauschbar. Ein Zweisitzer istohne Modifikation jederzeit voll operationeil ein-setzbar.

Um ein solches Konzept realisieren zu können,müssen die verschiedenen Anforderungen ineinem gemeinsamen Forderungskatalog, derWaffensystemspezikation, zusammengefaßtwerden. Hierbei handelt es sich um die lang-wierige Suche nach einem "optimalen Kompro-miß". Durch parallele, intensive Studien prüftdie Industrie zusammen mit den "LaunehingCustomers" die Realisierbarkeit. Demzufolgestellen die Bewertungskriterien an die Ausle-gung ebenfalls einen Kompromiß dar. Die spä-tere Bewertung des Waffensystems über diePrototypen- und Serienflugzeug-Erprobung er-folgt zwar ebenfalls in Zusammenarbeit Indu-strie - Kunde. Dies bedeutet jedoch nicht dieFortsetzung des Kompromisses. Hier zählt nurnoch der Nachweis der geforderten Leistungen.Nicht-Erfüllung hat -wie im zivilen Bereich-Vertragsstrafen zur Folge.

Bereits heute verhandeln die Eurofighter-Partner mit einer Vielzahl interessierter Export-kunden. Diese sind im Prinzip nicht in den zu-vor beschriebenen Prozeß eingebunden. Sie

bewerten das Flugzeug und seine Eignung zurDeckung ihres Bedarfs nach ihren eigenenKriterien und treffen dann im Vergleich mitKonkurrenzmustern eine Beschaffungsent-scheidung. Wie im zivilen Bereich kommenauch hier z.B. (industrie-)politische Aspekte zurGeltung.

Abschließend verdient ein weiterer AspektBeachtung, in dem sich die militärischen Pro-gramme - insbesondere in Europa - hinsichtlichder Kommunalität stark von den zivilen Ent-wicklungen unterscheiden. Hochleistungsflug-zeuge zeigen sehr lange Produktlebenszyklen,die inzwischen über 50 Jahre betragen können(z.B. F-4 "Phantom": EntwicklungsbeginnAnfang der 50er, Erstflug 1958, Ausphasungbei der Bundeswehr bis ca. 2005). Die Pro-gramme folgen mit großen zeitlichen Abstän-den aufeinander (z.B. Tornado - Eurofighter:ca. 20 Jahre). Hierdurch ergeben sich nurminimale Möglichkeiten, verfügbare Systemeoder Komponenten für ein neues Flugzeug zuverwenden. Die nahezu vollständige Neuent-wicklung in allen Bereichen erweist sich dabeials ein erheblicher Kostenfaktor.

Der Autor

Dr. Martin Kraus ist seit 1988 im Geschäfts-bereich Militärflugzeuge der Daimler-BenzAerospace AG. Nach den Bereichen Aerody-namik, Entwurf und Vorentwicklung war er von1995 bis 1998 im Eurofighter-Programm in derProgrammleitung Technik tätig. Seit Oktober1998 ist er Leiter der Hauptabteilung Flugtest-technik / Flugdatenanalyse in der Flugerpro-bung des Geschäftsbereichs.

Einige der Aussagen der Veröffentlichung sindbewußt provozierend formuliert, um eine Dis-kussion während des Workshops anzuregen.Der Autor ist interessiert und gerne bereit,diese Diskussionen auch später fortzusetzen.

Daimler-Benz Aerospace AGMilitärflugzeugeMT52Rechliner Straße85077 ManchingTel: 08458-81-64321Fax: 08459-81-65101

Seite 2

DGLR-Workshop "Bewertung von Flugzeugen", 26J27. Oktober 1998, Garching Dr. Martin Kraus, MT52

Daimler-Benz Aerospace

Kommunalitätsaspekte bei Hochleistungsflugzeugen

H Einleitung

H Kommunalität bei Verkehrsflugzeugen

Auslegungsforderungen an ein Hochleistungsflugzeug

Auslegung und Kommunalitäten

Einfluß auf die Bewertung

Zusammenfassung

Seite 3

DGLR-Workshop "Bewertung von Flugzeugen", 26./27. Oktober 1998, Garching Dr. Martin Kraus, MT52

Kommunalitätsaspekte bei Hochleistungsflugzeugen JLT

Daimler-Benz Aerospace

Einleitung

Bedarf

Forderungen

^^ \Auslegung

Bewertungs-kriterien

^J»* -^Bewertung

+Produkt

Seile 4

Komrnunalitätsaspekte bei HochleistungsflugzeugenT

Daimler-Benz Aerospace

Kommunalität bei Verkehrsflugzeugen (1)

Homogener Markt

Homogene Forderungsarten

DOC

Fluggesellschaften

Nutzlastmenge (und -typ ?)ReichweiteTransportleistungFlugleistung (Start, Landung, Reise)Kosten (DOC)FÄR

10-20 % günstiger als abzulösendes MusterFlottenbetrachtung zulässig (Kommunalität!)

Seite 5

DGLR-Workshop "Bewertung von Flugzeugen", 26.127. Oktober 1998, Garching Dr. Martin Kraus, MT52

Kommunalitätsaspekte bei Hochleistungsflugzeugen J_l Daimler-Benz Aerospace

Kommunalität bei Verkehrsflugzeugen (2)

Genügend ähnlicheForderungen

1 Flugzeugauslegung als Basis (z.B. A320)

Kompromiß: • ursprünglich unterschiedliche Forderungen• Berücksichtigung künftiger Varianten• bedingte Optimierung

±Genügend ähnlicheForderungen

Weitere Auslegungen als Varianten (z.B. A321, A319,...)

Kompromiß: • ursprünglich unterschiedliche Forderungen• Optimierung ?

Kommunalität • zwischen verschiedenen Mustern• (möglichst) gleiche Baugruppen• (möglichst) gleiche Systeme (Cockpit, Triebwerk, Geräte, FCS,• Cross Crew Qualification (einschl. Cabin Crew, Ground Crew)

Seite e

Kornmunalitätsaspekte bei Hochleistungsflugzeugen Daimler-Benz Aerospace

Kornmunalität bei Verkehrsflugzeugen (3)

Wer bewertet?

Was wird bewertet?

Wie wird bewertet?

Hersteller: Entwicklung, Fertigung, Wirtschaft

Kunde: Technik, Wirtschaft, Piloten (?)

Erfüllungsgrad der eigenen Forderungen

Kompromiß bei der Auslegung interessiert die Kundennur bei eigenem Nutzen (z.B. Flottenkomrnunalität).

Seile 7

DGLR-Workshop "Bewertung von Flugzeugen", 26.727. Oktober 1998, Garching Dr. Martin Kraus, MT52

Kommunalitätsaspekte bei Hochleistungsflugzeugen Daimler-Benz Aerospace

Auslegungsforderungen an ein Hochleistungsflugzeug (1)

Inhomogener Markt

Inhomogene Forderungen

• zwischen den Nutzern konträr• untereinander konträr

4 Nationen ("Launching Customers")+ potentielle Exportkunden

• nationale Sicherheitsinteressen• Bündnisverpflichtungen• bestehende Arsenale (Flugzeuge, Waffen)

Missionen (Reichweite, Szenarien, Training)Konfigurationen (Nutzlasten)Flugleistung (Start, Landung, Punktleistung)AgilitätStealthSafetyInterchangeability (ICY)Wachstumspotential (Flugzeug, H W/SW)• • •

Kosten (Beschaffung, LCC)Seite 8

Dr Mariin Krouo. MTS2

Kommunalitätsaspekte bei Hochleistungsflugzeugen Daimler-Benz Aerospace

Auslegungsforderungen an ein Hochleistungsflugzeug (2)

Luft-Luft

Kurzstrecken-FKMitte!strecken-FKUnter-/ÜberschallBeschleunigungAgilität

Luft-Boden

große Außenlastenschneller TiefflugUnterschall

Wachstumspotential

30 Jahre !Kein neues Flugzeug l

Training

Zweisitzeroperationelles FlugzeugEinsitzer-Eigenschaften

Randbedingung:

Die technische Lösung muß mit einem Flugzeugmuster dargestellt werden !

Seite 9

DGLR-Workshop "Bewertung von Flugzeugen", 26.127. Oktober 1998, Garching Dr. Martin Kraus, MT52

Kommunalitätsaspekte bei Hochleistungsflugzeugenl

Daimler-Benz Aerospace

Auslegung und Kommunalität (1)

Ein Basisflugzeug

• identische Struktur• identische HW und SW• Ausrüstung zu 95 % identisch, sog. "National Fits"• alle Nutzlasten gemäß Auslegung• austauschbare Komponenten (ICY)

Rolle

Luftkampf + Luftüberlegenheit

dominant

Zweisitziges Trainingsflugzeug

• Strukturänderungen nur, wo geometrisch bedingt• minimale Systemänderungen (AVS, PCS, UCS)• ohne Modifikation operationeil einsetzbar

Kommunalitätsaspekte bei Hochleistungsflugzeugen " " v " " Daimler"Benz AerosPace

Auslegung und Kommunalität (2)

Tornado L «• Ranger 2000 t.

EurofighterAT2000 (?)

Lange Entwicklungszeiten Nutzungsdauer > 25 Jahre

Produktlebenszyklen bis zu 50 Jahre !

Kommunalität zwischen den Programmen vernachlässigbar!99 % Neuentwicklung !

Ansätze, z.B.: Nutzung des Eurofighter-Triebwerks EJ200für Tornado (Nachrüstung), AT2000, JAS-39 "Gripen"

in DiskusssionSeiten

DGLR-Workshop "Bewertung von Flugzeugen", 26.127. Oktober 1998, Garching Dr. Martin Kraus, MT52

Kommunalitätsaspekte bei Hochleistungsflugzeugen JLl Daimler-Benz Aerospace

Einfluß auf die Bewertung (1)

WaffensystemSpezifikation

Enge Abstimmungzwischen Industrieund "Launching Customers"

Kriterien =Spezifikations-

werte

Exportkunden

Industrie und"Launching Customers"

• theoretische Nachweise• Bodenerprobung• Flugerprobung

Kommunalitätsaspekte bei Hochleistungsflugzeugen Daimler-Benz Aerospace

Einfluß auf die Bewertung (2)

Flugleistungs-Forderungen, z.B.:

• Start und Landung• Steigleistung• Beschleunigungsfähigkeit• Stationäre und instationäre Punktleistungen

o •*• c n ocnSpecific Excess Power SEP =V dV dh

v = — -jr + 379 dt dt

m = mK(t) + mN(t)

Betriebsleermasse m, wird zum direkten Bewertungskriterium !

Seite 13

D6LR-Workshop "Bewertung von Flugzeugen". 26.127. Oktober 1998, Garching Dr. Martin Kraus, MT52

Kommunalitätsaspekte bei Hochleistungsflugzeugen JLl

Daimler-Benz Aerospace

Zusammenfassung

Hochleistungsflugzeuge

Auslegungsforderungen

• umfangreicher

» meist konträr

Auslegung komplexer

Auslegung

Bewertungskriterien

Kommunalität in Reinform

kompromiß-orientiert

Seite 14

Kommunalitätsaspekte bei Hochleistungsflugzeugen \ Daimler"Benz Aerospace

Abkürzungen

AVS Avionics System (Eurofighter)

DOC Direct Operating Cost

FAR Federal Airworthiness Regulations

FCS Flight Control System

FK Flugkörper

HW Hardware

ICY Interchangeability (Forderung nach Austauschbarkeit von Komponenten)

LCC Life Cycle Cost

SW Software

UCS Utility Control System (Eurofighter)

Seite 15

DGLR-Workshop "Bewertung von Flugzeugen", 26.127. Oktober 1998, Garching Dr. Martin Kraus, MT52