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MIC Minimale Invasive Chirurgie 161 Minimal Invasive Chirurgie 12 · 3 (2003) SCHWERPUNKTTHEMA © 2003 by Urban & Fischer · Volume 12·3 Einleitung Nachfolgend werden die Möglichkeiten der meniskuserhaltenden Operationstech- niken beschrieben. Nachdem die diagnostische und resektive Ar- throskopie am Kniegelenk bei fast allen Indi- kationen zum etablierten Standard gehört, sind die rekonstruktiven Techniken bei der Arthroskopie in den letzten Jahren in den Vordergrund des klinischen und wissenschaftlichen Interesses gerückt. Von jedem „Kniechirurgen“ wird heute er- wartet, dass er die arthroskopische Resektion des Meniskus beherrscht, die Refixation des Meniskus stellt dagegen eine besondere Her- ausforderung dar, der sich nicht alle Opera- teure stellen. Die Vielzahl der technischen Neuentwicklun- gen durch die Industrie mit einer Vielzahl von Implantaten bringen den interessierten Chirurgen in das Dilemma, aus den zahlrei- chen Möglichkeiten die für ihn geeignete Me- thode auswählen zu müssen. Die Basis meiner Aussagen Diese Arbeit enthält eine Analyse des derzeitigen Wissensstandes und beruht auf einer breiten Erfahrung des Autors mit über 2000 Kniegelenkarthroskopien und über 200 Meniskusrefixationen. Intensive wissenschaftliche Aktivitäten mit Beteiligung an der „meniscal repair group“ der European Society Sports Medicine and Ar- throscopy ESSKA ermöglichen die Berücksich- tigung aktueller Diskussionspunkte zur Meniskusrefixation. Die wesentlichen Literaturstellen zum Thema sind im Anhang aufgeführt. Besonderes Inter- esse verdient die Übersicht von Klimkiewicz und Shaffer (2002), die alle operativen Mög- lichkeiten am Meniskus im Vergleich bewer- tet. Die Medline-Analyse von Tingart et al. (2001) vermittelt den Stellenwert der Implan- tate zur Meniskusrefixation nach den Krite- rien der „evidence-based medicine“. Klinisches Beispiel Die Situation ist skurril. Am Freitag mittag ca. 14.00 Uhr (alle Kollegen sind schon in Gedanken im Wochenende) wird man zu ei- ner Arthroskopie dazugerufen, die „noch schnell“ vor dem Wochenende gemacht wer- den sollte. Der Patient Ein 22-jähriger Bäcker und Marathonläufer, der seit einer tiefen Hockbewegung vor einer Woche Schmerzen an der Innenseite des Kniegelenks mit Ergussbildung hatte und un- ter der klinischen Diagnose Innenmeniskuslä- sion operiert wurde. Der Befund Eingeklemmter Korb- henkelriss des Innen- meniskus (Abb. 1). Eine Entscheidung ist gefordert. Resektion oder Refixation („Weg- schneiden“ oder „Wie- derannähen“ des Meniskus; Abb. 2)? Die Konsequenzen der Entscheidung sind enorm. Resektion Das „Wegschneiden“ (Abb. 3) war Jahrzehn- te die Methode der Wahl. Anmerkung der Re- daktion: Die (partielle oder subtotale) Resek- tion geht bei Erfahrung und Geschick des Operateurs sehr schnell (15–30 min); der Pa- tient ist schnell genesen bei sofortiger Vollbe- lastung, aber langfristig, d.h. nach einer La- tenz von 20 Jahren, besteht die Gefahr eines „Wie geht es“? – Technik: Wann und wie refixiere ich einen Meniskus? Jürgen Höher Abb 1: Arthroskopisches Bild eines eingeschla- genen Innenmeniskus- Korbhenkelrisses bei ei- nem rechten Kniege- lenk. Der instabile Meniskusanteil liegt vor der Femurkondyle im In- terkondylärraum. Umbruch_12_3 neu 27.10.2003 10:48 Uhr Seite 161

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MICMinimale Invasive Chirurgie

161Minimal Invasive Chirurgie 12 · 3 (2003)

SCHWERPUNKTTHEMA© 2003 by Urban & Fischer · Volume 12·3

Einleitung

Nachfolgend werden die Möglichkeiten dermeniskuserhaltenden Operationstech-niken beschrieben.Nachdem die diagnostische und resektive Ar-throskopie am Kniegelenk bei fast allen Indi-kationen zum etablierten Standard gehört,sind die rekonstruktiven Techniken beider Arthroskopie in den letzten Jahrenin den Vordergrund des klinischen undwissenschaftlichen Interesses gerückt.Von jedem „Kniechirurgen“ wird heute er-wartet, dass er die arthroskopische Resektiondes Meniskus beherrscht, die Refixation desMeniskus stellt dagegen eine besondere Her-ausforderung dar, der sich nicht alle Opera-teure stellen.Die Vielzahl der technischen Neuentwicklun-gen durch die Industrie mit einer Vielzahlvon Implantaten bringen den interessiertenChirurgen in das Dilemma, aus den zahlrei-chen Möglichkeiten die für ihn geeignete Me-thode auswählen zu müssen.

Die Basis meiner Aussagen

Diese Arbeit enthält eine Analyse desderzeitigen Wissensstandes und beruhtauf einer breiten Erfahrung des Autors mitüber 2000 Kniegelenkarthroskopien und über200 Meniskusrefixationen.Intensive wissenschaftliche Aktivitäten mitBeteiligung an der „meniscal repair group“der European Society Sports Medicine and Ar-throscopy ESSKA ermöglichen die Berücksich-tigung aktueller Diskussionspunkte zurMeniskusrefixation.Die wesentlichen Literaturstellen zum Themasind im Anhang aufgeführt. Besonderes Inter-esse verdient die Übersicht von Klimkiewicz

und Shaffer (2002), die alle operativen Mög-lichkeiten am Meniskus im Vergleich bewer-tet. Die Medline-Analyse von Tingart et al.(2001) vermittelt den Stellenwert der Implan-tate zur Meniskusrefixation nach den Krite-rien der „evidence-based medicine“.

Klinisches Beispiel

Die Situation ist skurril. Am Freitag mittag ca. 14.00 Uhr (alle Kollegen sind schon in Gedanken im Wochenende) wird man zu ei-ner Arthroskopie dazugerufen, die „nochschnell“ vor dem Wochenende gemacht wer-den sollte.

Der PatientEin 22-jähriger Bäcker und Marathonläufer,der seit einer tiefen Hockbewegung vor einerWoche Schmerzen an der Innenseite desKniegelenks mit Ergussbildung hatte und un-ter der klinischen Diagnose Innenmeniskuslä-sion operiert wurde.

Der BefundEingeklemmter Korb-henkelriss des Innen-meniskus (Abb. 1).

Eine Entscheidung istgefordert. Resektionoder Refixation („Weg-schneiden“ oder „Wie-derannähen“ des Meniskus; Abb. 2)?

Die Konsequenzen der Entscheidung sindenorm.

Resektion

Das „Wegschneiden“ (Abb. 3) war Jahrzehn-te die Methode der Wahl. Anmerkung der Re-daktion: Die (partielle oder subtotale) Resek-tion geht bei Erfahrung und Geschick desOperateurs sehr schnell (15–30 min); der Pa-tient ist schnell genesen bei sofortiger Vollbe-lastung, aber langfristig, d.h. nach einer La-tenz von 20 Jahren, besteht die Gefahr eines

„Wie geht es“? – Technik:Wann und wie refixiere

ich einen Meniskus? Jürgen Höher

Abb 1: ArthroskopischesBild eines eingeschla-genen Innenmeniskus-Korbhenkelrisses bei ei-nem rechten Kniege-lenk. Der instabileMeniskusanteil liegt vorder Femurkondyle im In-terkondylärraum.

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vorzeitigen Gelenkverschleißes und der Ent-wicklung einer Varusgonarthrose [4, 7, 9].

Refixation – die Alternative

Der Versuch den Meniskus zu erhalten,indem der dislozierte Meniskusanteil repo-niert wird, die Rissflächen angefrischt, ggf.sparsam debridiert werden und der instabileAnteil dann mit verschiedenen arthroskopi-schen oder arthroskopisch assistierten Techni-ken wieder angenäht wird, ist jetzt die favo-risierte Methode!Die Probleme: Die Operation dauert lang (jenach Aufwand und Technik 60–90 min), zumLeidwesen aller Anwesenden, die sich jaschon aufs Wochenende freuen.Der Patient muss nach der Operation für 4–6Wochen sein Kniegelenk relativ schützen, da-mit die Heilung nicht gefährdet wird. Der Pa-tient hat dennoch ein 10–20%-iges Risiko,dass auch bei perfekter OP-Technik derMeniskus im weiteren Verlauf erneut reißtund ggf. dann doch reseziert werden muss.Das Beispiel zeigt: Auch eine banale Knie-arthroskopie kann Überraschungen bieten,auf die der Operateur gedanklich vorbereitetsein sollte.

Einteilung der Meniskus-risse und Indikation zurMeniskusrefixation

Der wissenschaftliche Hintergrund: Es gilt,dass jeder Meniskusriss, der potentiellheilbar ist, refixiert werden sollte [13].Jeder Arthroskopiker sollte deshalb die Tech-nik der Meniskusrefixation beherrschen, auchweil die Indikation zur Refixation oft erst in-traoperativ gestellt wird [12].Es wird geschätzt, dass ca. 10 % aller Menis-kusrisse refixiert werden könnten. Nach einerdeutschen Multicenterstudie mit mehr als45.000 Kniearthroskopien erfolgt eine Menis-kusrefixation aber nur in ca. 3,2 % aller Knie-gelenkarthroskopien [14].Die Gründe für eine Zurückhaltung gegenübereiner Refixation sind vielfältig:• technisch anspruchsvoll („fiddle factor“)• zeitraubend• langwierige Rehabilitation für den Patien-

ten• unsicheres Ergebnis (Risiko der Ruptur)

Abb 2: Resektion – Refixation. Behandlungsalternativen des Korbhenkelrisses: A basisnaher Längsriss, Beingeschlagener, dislozierter Meniskus (sog. Korbhenkel), C subtotale Resektion, D Refixation des Menis-kus.

Abb. 3: Postmeniskektomiesyndrom; IV° Knorpelschaden femoral und tibial im arthroskopischen Bild(links); radiologische IV° Arthrose im medialen Kompartment nach offener Innenmeniskusresektion, sog.Rosenberg-Aufnahme (rechts).

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Wann und wie refixiere ich einen Meniskus?

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Einige anatomische FaktenDer Meniskus besteht aus elastischem Faser-knorpel, der in Kapselnähe eine Vaskularisa-tion hat, zur Gelenkmitte aber avaskulär ist.Man kann drei Zonen unterscheiden(Abb. 4). Zone I: avaskuläre Zone zur Gelenk-mitte, Zone II: Übergangszone mit partiellerDurchblutung, Zone III: kapselnahe Zone mitVaskularisation.

Die wesentlichen VerletzungsformenGenerell werden Meniskusrisse unterschiedenin Lappen-, Horizontal-, Radiär- und Längsris-se (Abb. 5).Als nicht refixierbar gelten Meniskuslappen-risse, Horizontalrisse und Radiärrisse, da derRiss von der avaskulären Zone beginnt unddie Struktur der Kollagenfaseranordnung fastimmer zerstört ist.

Längsrisse weisen dagegen oft eine Aufsplei-ßung des Meniskus bei erhaltenen Kollagen-fasern auf, bei denen die avaskuläre Zonemeist intakt ist. Je mehr der Riss in Kap-selnähe liegt, desto größer ist dieChance für eine Heilung.

Weitere Voraus-setzungen für den Therapieerfolg Für die Chancen einer Meniskusrefixa-tion ist aber noch ein zweiter Faktorvon großer Bedeutung: die Gelenksta-bilität. Es müssen zwei Situationen unter-schieden werden:

1. Meniskuslängsrisse bei stabilemKniegelenk

Der Meniskus weist oft degenerative Verän-derungen im Zentrum auf, eine gleichzeitigehorizontale Risskomponente ist häufig. DieGenese ist die Degeneration des Meniskus.

2. Meniskuslängsrisse bei gleichzeiti-ger vorderer Kreuzbandruptur

Der Meniskuslängsriss entsteht durch die me-chanische Mehrbelastung der Hinterhörnerbei vorderer Translation der Tibia. Die Genesewird daher als traumatisch angesehen. DieStruktur des Meniskus ist bei nicht zu langebestehender Läsion oft erhalten.Die Refixation ist aber gefährdet, wenn diepathologische Gelenklaxizität erhalten bleibt.

Aus praktischer Sicht kann man da-her drei Situationen unterscheiden:1. Meniskusrefixation bei instabilem

Kniegelenk (fehlendes VKB – „vorderesKreuzband“) und gleichzeitigem VKB-Ersatz

2. Meniskusrefixation bei stabilem Knie-gelenk

3. Meniskusrefixation bei instabilemKniegelenk (fehlendes VKB) ohnegleichzeitige Gelenkstabilisierung

Meine Regel zur Indikation für ei-ne Refixation lautet:bei 1. muss der Meniskus refixiert werden,bei 2. kann der Meniskus refixiert werden,bei 3. darf der Meniskus nicht refixiertwerden.

Zone III II IAbb. 4: Vaskularisation und Zoneneinteilung eines Meniskus.

Abb. 5: Einteilung der Rissformen des Meniskus.

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Unterschiede zwischen Innen- undAußenmeniskus

Wenn ein Meniskus entfernt wird, ist dieKraftverteilung auf den Gelenkknorpel ver-mindert und der Druck erhöht (Abb. 6) [1, 4].Die Folgen der großzügigen Meniskusresek-tion bzw. Meniskektomie sind am Innen- undAußenmeniskus jedoch unterschiedlich. DerDruck auf den Gelenkknorpel steigt nachkompletter Innenmeniskus-Entfernung um etwa den Faktor 2 an, nach Außenmeniskus-Resektion aber um den Faktor 3.Die Folge: Eine Postmeniskektomie-Ar-throse bildet sich nach Außenmeniskus-entfernung rascher und ausgeprägteraus als nach Innenmeniskusentfernung.Darüber hinaus deuten aktuelle Ergebnisse ei-ner retrospektiven Studie der ESSKA Meniscusrepair group darauf hin, dass die klinischenErgebnisse nach Außenmeniskusrefixationbesser sind als nach einer Innenmeniskusre-fixation [6]. Aus den genannten Gründen gilt:Die Refixation des Außenmeniskus muss im-mer versucht werden.Die Teilresektion am Innenmeniskus hat imVergleich zum Außenmeniskus geringere ne-gative Folgen für das Kniegelenk und ist beimPatienten mit stabilem Kniegelenk und Alterüber 30 Jahren vermutlich häufiger indiziertals die Refixation.Ich habe meine häufigsten Misserfol-ge bei dem Versuch erfahren müssen,bei einem stabilen Kniegelenk einen

Innenmeniskuskorbhenkelriss bei ei-nem Patienten über 30 Jahren zunähen.

Ersatz fürden Meniskus?

Für den eigenen Meniskus gibt es keinen Er-satz.Zwei Techniken existieren zum Ersatz desMeniskus. Zum einen besteht die Möglichkeit,ein tierisches Kollagenvlies an einen nochintakten Meniskusrand anzunähen mit derHoffnung, dass körpereigene BW-Zellen ein-

wandern und eine meniskusähnliche Matrixbilden (Abb. 7).Die Methode ist klinisch erprobt mit positi-ven Ergebnissen bezüglich Schmerzen, aberRearthroskopien zeigen eine deutlich wei-chere Konsistenz im Vergleich zu einem normalen Meniskus. In welchem Grad dieEntwicklung einer Arthrose aufgehalten wer-den kann, ist derzeit noch unklar. Die Metho-de ist nur für den Innenmeniskus zugelassen,am Außenmeniskus scheint die Methodenicht zu funktionieren (Imhoff, persönlicheMitteilung).Die zweite Alternative ist die Implantationeines Leichenmeniskus. Auch hier existie-ren gute klinische Ergebnisse bezüglich der

Abb. 6: A. Schematische Darstellung der Druckverteilung bei einem intakten Meniskus. Durch die intakten Menisken werden die Kräfte auf eine größere Flächeverteilt. Dies bewirkt eine Druckentlastung des Knorpels. B. Schematische Darstellung der Druckverteilung bei einem fehlenden Meniskus. Ohne Menisken ist dieKontaktfläche zwischen Femur und Tibia vermindert. Der Druck auf den Knorpel steigt um den Faktor 2–3 an.

A B

Abb. 7: Meniskusersatz aus Kollagenvlies.

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Endpunkte Gelenkfunktion, körperliches Ak-tivitätsniveau und Schmerzen.Tierexperimentelle, kernspintomographischeund biomechanische Studien zeigen aber, dass

die Spendermenisken mit der Zeit schrumpfenund die Druckverteilung im Gelenk nur zu50% im Vergleich zum intakten Meniskuszurückkehrt [11].

Geschichtliches zurMeniskusrefixationBereits im Jahr 1889 wurde ein Meniskus ineiner „offenen“ OP-Technik refixiert. Inden 80er Jahren wurde durch den amerika-nischen Chirurgen DeHaven die offene Re-fixation des Meniskus (Wiederannähen andie Kapsel) systematisiert und propagiert[5]. In den 80er Jahren wurden arthrosko-pische Nahttechniken entwickelt, mit de-nen der Meniskus refixiert werden konnte,jedoch war eine Zusatzinzision an der medialen oder lateralen Gelenkseite erfor-derlich [8].In allen Fällen wurden mit chirurgischemNahtmaterial (resorbierbar oder nichtresor-bierbar) der gerissene Meniskus mit der Basisverbunden und die Fäden an der Gelenk-außenseite geknüpft (Abb. 8).

Aktuelle Methoden der Refixation

Seit den 90er Jahren stehen eine Vielzahlvon Implantaten zur Verfügung, mit denender Meniskus mit einer Art von Heft-zwecken getackert werden kann (Abb. 9)[3, 15].Seit einigen Jahren gibt es komplexeNahtsysteme, mit denen der Meniskuszwar mit Fäden genäht wird, aber kleine Im-plantate an der Außenseite der Gelenkkap-sel zur Fixation dienen und die Zusatz-inzision unnötig machen (Abb. 10).

Abb. 8a: Arthoskopische Naht des Meniskus, die Outside-in-Technik schematisch. A. Einbringen einerKanüle mit Fadenschlingen über dem Meniskusoberrand. B. Einbringen einer Kanüle durch den Meniskusund die Fadenschlaufe, Vorschieben des Fadens und Fassen mit der Fasszange. C. Entfernen der Kanülen.D. Zurückziehen der Fadenschlaufen und Armierung der Fadenenden.

Abb. 8b: Outside-in-Nahttechnik zur Meniskusrefixation im arthroskopischen Bild (beispielhaft). A. Einste-chen einer Kanüle mit Fadenschlingen durch die Gelenkkapsel am Meniskusoberrand. B. Einstechen einerKanüle mit freiem Fadenende durch eine Schlaufe am Meniskusrand. C. Bild einer fertigen Vertikalnaht ander Oberlippe. D. Bild einer fertigen Vertikalnaht an der Unterlippe.

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Abb. 9: Verschiedene Implantate zur Refixation desMeniskus.

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Wissenschaftliche Evidenz zum Stellenwert der Refixation

Die arthroskopischen Nahttechniken (inside-out und outside-in) wur-den in zahlreichen klinischen Studien evaluiert mit klinischen Erfolgs-raten zwischen 80 und 100% je nach Patientenklientel [15].

Zu den Implantaten zur Refixation gibt es bislang nur wenige Studien.In einer prospektiv-randomisierten Vergleichsstudie zwischen einemImplantat (meniscus arrow) und einer klassischen Inside-out-Nahtwurde eine identische Heilungsrate gefunden, allerdings bei deutlichkürzerer OP-Zeit bei Verwendung der Implantate [2].Wichtig bei dieserArbeit ist der Hinweis, dass ein möglicher Bias dieser Studie darin liegt,dass die Autoren die Enwickler des Implantates sind.

Alle weiteren Arbeiten sind entweder klinische Anwenderbeobachtun-gen ohne Vergleichsgruppe oder case reports über so genannte neueKomplikationen (z.B. Knorpelschaden durch prominente Implantate,Fremdkörperreaktionen, Schäden durch dislozierte Implantate) [15].Das neue Fast-fix-Implantat ist erst seit ca. 1,5–2 Jahren auf demMarkt. Bislang gibt es nur Laborstudien, aber noch keine klinischenStudien zur Erfolgsrate.

Unsere aktuelle Konzeption (kombiniertes Vorgehen mit einer Outside-in-Nahttechnik im Vorder- und Seitenhorn und Fast-fix im Hinterhorn)hat daher bislang keine wissenschaftliche Evidenz und validen Datenzur Erfolgsrate. Eine eigene klinische Studie erfasst derzeit neben klini-schen Parametern (Schmerz, Funktion, Ruptur) auch ein Kontrast-MRTmit intraartikulärer Gadolineumgabe zum Zeitpunkt der Nachuntersu-chung. Auf diese Weise lassen sich verbliebene Strukturstörungen imMeniskus exakt darstellen. Da der klinische Erfolg nicht mit den Ergeb-nissen im MRT korreliert, wird für die Zukunft eine Diskussion über denrelevanten Endpunkt bei Studien notwendig sein.

Aus klinischer Sicht sind wir spätestens seit den 90er Jahren mit einemgedanklichen Wandel konfrontiert. Während in den 80er Jahren inDeutschland der Meniskus als überflüssig galt und die offene subtota-le Meniskusresektion Standard war, zweifelt heute niemand mehran der Bedeutung des Meniskus zum Schutz des Gelenkknor-pels. Man ist bestrebt nach Möglichkeit eine Refixation des Meniskusdurchzuführen oder zumindest eine arthroskopische, sparsame Resek-tion [10].

Meniskusrefixation – „How I do it“!Präoperative PlanungAls Wichtigstes muss man für eine Meniskusrefixation sensibilisiertsein, um nicht von dem intraoperativen Befund eines refixationswürdi-gen Meniskus überrascht zu werden. Es gilt, Hinweise aus der Ana-mnese (Blockierung, akutes Ereignis) und dem klinischen Befund(Subluxation bei Kreuzbandinsuffizienz, Druckschmerz am Gelenk-spalt, federndes Streckdefizit) sorgfältig zu erfassen.

Abb. 10: All-inside-Nahtsystem zum Einmalgebrauch (Fast-fix, Fa. Smith &Nephew). Bestandteile des Nahtsystems: A. geschlitzte Kanüle mit Rinne, zweiMiniplättchen (T1 und T2, Polyacetat, nicht resorbierbar) mit Fadenösen, fort-laufende nicht resorbierbare Naht durch beide Miniplättchen, vorgelegterRutschknoten. B. Zusammengesetztes Nahtsystem in Nahansicht. C. Arthro-skopisches Bild des Nathsystems während der Anwendung.

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Weiterhin müssen einige anamnestischeDaten des Patienten bekannt sein, um die In-dikation zur Meniskusrefixation zu stellen.Schwerwiegende Begleiterkrankungen (Dia-betes, Übergewicht, Tumorerkrankung) stellenabsolute Kontraindikationen dar.

Eine Kernspintomographie kann fast im-mer einen instabilen oder dislozierten Menis-kus darstellen, allerdings wird der Befundnicht immer korrekt gedeutet. Daher mussman sich immer selbst die Kernspinbilder an-schauen und nach den Kriterien (kleinerMeniskus in koronaren Schichten, Dreifach-struktur und double PCL sign in sagittalenSchichten) suchen (Abb. 11).

Ein präoperatives Labor ist nicht zwin-gend erforderlich, allerdings müssenanamnestisch ein erhöhtes Thromboserisikound Gerinnungsstörungen ausgeschlossensein.Wesentlich ist die Einschätzung derCompliance des Patienten, die postope-rative Rehabilitationsphase mit einemnotwendigen Schutz des Kniegelenksfür mehrere Wochen durchzuhalten.

„Schlechte Kandidaten“für eine RefixationWeiterhin sind das Alter und das sportlicheAnspruchsniveau zu prüfen. Ein Profifuß-baller, der primär eine schnelle Genesungnach der Operation anstrebt und eine extre-me Belastbarkeit des Kniegelenks benötigt,ist ein schlechter Kandidat für eineMeniskusrefixation.Auch bei einem jugendlichen Weitsprin-ger, der regelmäßig bei einem Sprung in dieSandgrube in maximaler Flexion des Kniege-lenks landet, ist die Chance auf eine überdau-ernde Heilung vermutlich klein.Jenseits des 40. Lebensjahres ist die Indi-kation bei grenzwertigen Befunden (z.B. sta-biles Kniegelenk) ebenfalls mit großer Zurück-haltung zu stellen, da die Misserfolgsratehoch ist.Der ideale Patient für eine Meniskusre-fixation ist ein junger Patient mit einemmäßigen sportlichen Aktivitätsniveau[10].

Obwohl konkrete Zahlen nicht vorliegen kannunabhängig von der Patientenklientel einerPraxis/Klinik die Indikation zur Refixation ei-

nes Meniskus vermutlich nur in weniger als10 % aller Fälle gestellt werden.

Ausstattung und Instrumente

Es wird ein üblicher Arthroskopieturm mitBildschirm, Kamera, Lichtquelle, Motoreinheitfür einen Shaver und ein Dokumentationssys-tem (Bilddokumentation oder digital) verwen-det (Abb. 12).

Wir benutzen die Standard-30°-Winkel-Optikmit 4,5 mm Durchmesser. Eine Arthroskopie-pumpe ist für die Refixation nicht erforderlich,ich verzichte daher immer darauf.Eine Blutsperre verwenden wir dagegenroutinemäßig bei so genannten kleinen Ar-throskopien.Wenn ein Ersatz des vorderen Kreuzbandes inderselben OP-Sitzung geplant ist, beginnenwir die Arthroskopie bei einem ausgedehntenKorbhenkelriss ohne Blutsperre, da diesefür die Meniskusrefixation gewöhnlich nichterforderlich ist.

Abb. 11: MRT-Kriterien des dislozierten Korbhenkelrisses. A. Kleiner Meniskus, nach zentral disloziertesFragment im koronaren Bild. B. „Double PCL sign“: Doppelkontur im Interkondylärspalt durch hinteresKreuzband und dislozierten Meniskusanteil im sagittalen Bild.

A B

Abb. 12: A. Arthroskopieturm mit Monitor, Lichtquelle, Kamera, Digitales Speichersystem, Motorkonsole,Arthroskopiepumpe und Printer. B. Grundinstrumentarium Arthroskopie mit Skalpell, Arthroskopieschaftmit stumpfem Trokar, Optik, Tasthaken, Shaveransatz und Motoreinheit.

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Das notwendige InstrumentariumFolgende Instrumente werden für die Refixa-tion eines ausgedehnten Korbhenkelrissesbenötigt:Tasthaken, kleiner Shaver (3,5mm fullresector), Meniskusraspel, kleine Fasszan-ge, zwei 1er Kanülen lang, 1 Transportfaden(Fadenschlaufe), mehrere Nahtfäden (PDS-2-0), ggf. All-inside-Nahtsysteme (Fast-fix),mehrere Klemmchen, 11er Skalpell für Arthro-skopiezugang und 15er Skalpell für Zusatzin-zision, Hautnaht (Abb. 13).

Der „Erstzugang“Als „Erstzugang“ verwenden wir den hohenanterolateralen Zugang unmittelbar nebender Patellarsehne mit senkrechter Schnitt-führung durch die Haut. Über diesen Zugangkönnen alle Gelenkanteile dargestellt wer-den.Der mediale Instrumentenzugang wirdimmer erst in Abhängigkeit von der Hauptpa-thologie angelegt.Dieser europäische Standard steht imGegensatz zur „amerikanischen Schu-le“, in der das anteromediale Portalhäufig primär angelegt wird.Grundsätzlich wird zunächst eine lange 1erKanüle eingestochen, um die Erreichbarkeitder Hauptpathologie mit einem geraden In-strument auszuloten. Beim Innenmeniskus-

korbhenkel ist das Portal meist knapp überdem Oberrand des Meniskusvorderrandes ammedialen Rand des Hoffaschen Fettkörpers.Bei Außenmeniskuskorbhenkelrissen wird dasmediale Portal etwas proximaler („höher“)angelegt, um den Interkondylenhöcker besserzu überqueren. Für weit nach ventral reichen-de Läsionen muss das Portal ggf. weit proxi-mal und auch medial angelegt werden.

Die AssistenzGewöhnlich führen wir die Arthroskopien miteinem Beinhalter am Oberschenkel am „freihängenden“ Knie lediglich mit einer (!) In-strumentierschwester durch. Das Bein desPatienten wird bei Innenmeniskusrefixationauf der Hüfte des Operateurs gelagert, umden notwendigen Valgusstress auszuüben.

Wenn das Gelenk nicht weit genug aufklappt,werden die dorsalen Fasern des Innnenban-des knapp distal des Gelenkspaltes mit einer1er Kanüle transkutan so lange perforiert bises zu einer sukzessiven Zerreißung der Fasernkommt und der Gelenkspalt sich dann etwasweiter aufklappen lässt. Die Innenbandläsionheilt in allen Fällen postoperativ problemlosaus und erfordert keinerlei Änderung im post-operativen Rehabilitationsschema.Für die Außenmeniskusrefixation kann dieHilfe einer weiteren OP-Schwester oder ei-nes Assistenten hilfreich sein, da die extre-me 4er Position mit Aufklappen des lateralen

Gelenkspaltes mit der Hüfte des Operateurs aufdie Dauer nur schwer zu stabilisieren ist. Alter-nativ kann der Fuß auf dem Oberschenkel desgesunden Beins abgelegt werden.

Für uns gilt folgender intraoperativer Algorith-mus bei einer Meniskusrefixation:

■ Evaluation mit Tasthaken und Prüfungder Indikation

■ Débridement und Anfrischen der Riss-flächen

■ Systematische Refixation mit anato-miegerechtem Verschluss des Rissspal-tes

■ Ggf. Zusatzinzision und Knüpfen derFäden auf der Außenseite der Gelenk-kapsel.

Evaluationmit System

Im Rahmen des diagnostischen Rundgangesgilt es zu Beginn des Eingriffs, den intraopera-tiven Befund zu evaluieren. Folgende Kriterienmüssen erfasst werden:• Art, Länge und Lokalisation des Risses• Gewebequalität des instabilen Meniskus-

anteils und der Meniskusbasis (Grad derDegeneration oder Zerfaserung)

• Instabilität des Risses (Tasthakenprobe)• Verifizierung bzw. Ausschluss einer Insuffi-

zienz des vorderen Kreuzbandes

Abb. 13: Instrumente zur Meniskusrefixation: 2 x 1er Kanülen, PDS-Faden, Fa-denfasszange, Fast-fix-Nahtsystem mit Einführhülse (Einmalgebrauch).

Abb. 14: OP-Team (1 Operateur, 1 Schwester), Fuß auf der Hüfte des Opera-teurs für Varus-/Valgusstress.

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Débridement und Anfrischen

Anschließend erfolgen das Débridement undAnfrischen der Rissränder. Hierzu kann es hilf-reich sein, bei einem dislozierten Korbhenkelden Meniskus zunächst nicht zu reponieren umeine bessere Sicht auf die Meniskusbasis zu ha-ben. Zum Débridement eignet sich ein kleinerShaver (3,5 mm oder kleiner), zum Anfrischeneine sog. Meniskusraspel oder eine 1er Kanüle,mit der von außen die Meniskusbasis mehrfachperforiert werden kann (Abb. 15).

Das Débridement und Anfrischensind ein essentieller OP-Schritt,der die Heilungschance wesentlich mit-bestimmt.

Systematische Refixation Bei instabilen Längsrissen im Hinterhorn (oftbei gleichzeitiger vorderer Kreuzbandruptur)kann der Meniskus zeitsparend mit einemoder mehreren Implantaten refixiert werden.Nachdem ich in den 90er Jahren verschiedenepfeilähnliche Implantate (Biostinger, Linvatecund dart,Arthrex) benutzt habe, verwende ichnun zur Refixation das neue Fast-fix-System(Smith & Nephew), das den Vorteil bietet, eineNahttechnik mit einem extraartikulär liegen-den Implantat zu verbinden und eine Zusatz-inzision vermeidet. Mit dem System könnenHorizontal- und Vertikalnähte angelegt wer-den. Ich bevorzuge Vertikalnähte, da sie me-chanisch stabiler sind und die Gefahr desDurchschneidens des Meniskusgewebes ge-ringer ist (Abb. 16).

Bei ausgedehnten dislozierten Korbhenkelris-sen, die sich in das Seiten- und Vorderhorn er-strecken, verwende ich immer die Outside-in-Nahttechnik mit 2-0er Fäden (entweder PDSoder Prolene). Ich beginne im Vorderhornbe-reich und platziere zunächst eine Vertikalnahtan der Oberlippe. Die Fäden werden alleaußerhalb des Kniegelenks mit einem Klemm-chen armiert, und zwar pro Fadenpaar einKlemmchen. Ich versuche wechselweise eineNaht an der Oberfläche und eine Naht an derUnterfläche zu platzieren, um eine anatomi-sche Reposition des Meniskus zu erzielen. BeiNähten an der Unterfläche kann mit demTasthaken der Meniskus angehoben werden,

um die Unterfläche gut zu visualisieren. DerTasthaken ist generell hilfreich, um den insta-bilen Meniskusrand beim Durchstechen mitder Kanüle zu stabilisieren.Am Übergang vom Seiten- zum Hinterhornkann die Kanüle etwas gebogen werden, umeinen orthogonalen Durchtritt durch denMeniskus zu gewährleisten. Im Hinterhorn

(egal ob AM oder IM) kann man zwar theore-tisch auch mit der Outside-in-Technik eineNaht platzieren, jedoch ist dies technisch sehrschwierig (fiddle factor) und die Naht hat im-mer einen mehr tangentialen Verlauf durchden Rissrand.Aus diesem Grund verwende ichauch bei Korbhenkelrissen im Hinterhornbe-reich den Fast-fix, um die Refixation zu kom-

Abb. 15: Débridement und Anfrischen der Rissfläche bei der Meniskusrefixation. A Spezialraspel, B Sha-ver, C 1er Kanüle (transkutane Perforation von außen), D „Steadman-Picks“ (Perforation der Kapsel vonder Gelenkseite).

Abb. 16: Nahttechniken beim Meniskus (schematisch). A Horizontalnaht, B1 Vertikalnaht, B2 selektiveNaht von Ober- und Unterlippe.

A B1

B2

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J. Höher

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plettieren. Bei einem ausgedehnten Korbhen-kelriss verwende ich gewöhnlich 4–7 Nähteim Vorder- und Seitenhorn und 1–2 Fast-fix imHinterhornbereich (Abb. 17).

Knüpfen der Fädenüber Zusatzinzision

Falls eine Kreuzbandruptur vorliegt,wird nun das vordere Kreuzband ersetzt. Ab-schließend wird die mediale oder laterale Zu-satzinzision angelegt, und die Fäden werdensorgfältig bis hinunter zur Kapsel freipräpa-riert (Verwendung von Klemmchen zum Sprei-zen des Gewebes und Tasthaken zum Fadenfi-schen).

Vorsicht vorNervenläsionen

Lediglich der Ramus infrapatellaris desN. saphenus ist bei der beschriebenenTechnik in Gefahr. Daher sollte medial die-ser Ast entweder dargestellt werden oder essollten die Fäden wirklich nur unter ausrei-chender Sicht über der Kapsel geknüpft wer-den.Weder der N. saphenus auf der Medialsei-te noch der N. peronaeus communis auf derLateralseite sind bei der Outside-in-Technik inGefahr. Der N. saphenus liegt weiter dorsal,der N. peronaeus weiter distal als die Fäden.

Bei monofilen Fäden müssen 5 Knoten ge-knüpft werden. Zum Wundverschluss erfolgtlediglich eine Hautnaht mit Rückstichnähten(Abb. 18).

Das Hineinlegen eines Fibrinclots in einen Risszur Unterstützung der Heilung führe ich routi-nemäßig nicht durch.

NachbehandlungEine postoperative Schmerztherapie mit ora-len Schmerzmitteln (z.B. Ibuprofen, Novamin-sulfon) ggf. mit Ergänzung von Opiaten(z.B.Tramadol, Tilidin) zur Nacht ist in fast al-len Fällen ausreichend. Die Operation kannbei alleiniger Meniskusrefixation als ambu-lanter Eingriff durchgeführt werden.Die postoperative Rehabilitation nach Menis-kusrefixation beinhaltete früher die Bewe-

gungslimitierung auf 10 und 90 Grad und dieEntlastung des Beins für 6 Wochen.Da wir wissen (!) , dass bei GelenkstreckungRotationsbewegungen zwischen Tibia und Fe-mur praktisch nicht stattfinden und die reinaxiale Belastung des Gelenks die Rissflächenicht stresst sondern eher zur Kompressionführt, sieht unser Rehaschema derzeit soaus, dass der Patient mit einer 10-Grad-Im-mobilisationsschiene ab sofort eine schmerz-adaptierte Vollbelastung durchgeführt wird.

Zur Vermeidung einer Einsteifung darf der Pa-tient mehrmals täglich die Schiene abnehmenund im Sitzen unter Entlastung des Beins eineBeugung bis 90 Grad durchführen (Abb. 19).

Dieses Konzept ist deutlich patientenfreundli-cher, da es die strikte Fortbewegung mit Geh-stützen für 6 Wochen unnötig macht. Obwohlbislang in keiner Studie geprüft, scheint esnach klinischen Erfahrungen die Erfolgsrateder Refixation nicht zu beeinflussen.

Abb. 17: Operationstechnik bei Anwendung des All-inside-Nahtsystems Fast-fix im arthroskopischen Bild.A Einbringen von T1, B Rückzug der Schlitzkanüle und Vorschieben von T2, C Einbringen von T2 durchden Meniskus, D Anspannen der vorgelegten Naht durch Zug am freien Fadenende.

A

A B

B

C D

Abb. 18: Zusatzinzisionen zum Knoten der Fäden über der Gelenkkapsel. A. mediale Zusatzinzision, B. la-terale Zusatzinzision.

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Wann und wie refixiere ich einen Meniskus?

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Fazit zur Menis-kusrefixation – „2003“!

• Für den eigenen Meniskus gibt es keinenErsatz, daher ist eine erfolgversprechendeMeniskusrefixation immer indiziert.

• Der Außenmeniskus ist wichtiger als der In-nenmeniskus und sollte unbedingt erhal-ten bleiben.

• Die Meniskusrefixation bei gleichzeitigemErsatz des vorderen Kreuzbandes hat diebeste Prognose.

• Die Nahttechniken gelten als „golden stan-dard“ der Refixation.

• Neuere Entwicklungen (arrows, All-inside-Nahtsysteme) bieten die Möglichkeit, be-sonders im Hinterhornbereich des Menis-kus zeitsparend zu refixieren, allerdingssind die Methoden noch nicht ausreichendevaluiert.

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Korrespondenzadresse:PD Dr. med. Jürgen HöherLeitender ArztBelegabteilung Orthopädie/SporttraumatologieKlinik am RingHohenstaufenring 28D-50674 KölnFax: 0221-92424-270e-mail: [email protected]

Abb. 19: Rehabilitation nach Meniskusrefixation. A Wundkontrolle am 1. Tag p. op.: arthroskopische Zu-gänge und mediale Zusatzinzision, B Beugung bis 90° ohne Belastung an der Tischkante, C Vollbelastungnahe Kniestreckung unter Schutz mit einer 10-Grad-Immobilisationsschiene (Fa. Medi, Bayreuth).

A

B

C

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