Monetary Policy in Switzerland

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    Die Kosten der Aufgabe des Mindestkurses

    Pldoyer fr eine Beibehaltung

    Bruno Mller-Schnyder1

    10. Januar 2016

    B. Mller-Schnyder/Jan.2016 Geldpolitik Nationalbank S. 1

    1Dr. Bruno Mller-Schnyder ist unabhngiger Berater. Er arbeitete in der Forschungs- und Devisenabteilungder SNB und beriet das Direktorium vor der Einfhrung der Untergrenze. CV !https://goo.gl/4DLstb

    https://goo.gl/4DLstbhttps://goo.gl/4DLstb
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    Die Kosten der Aufgabe des Mindestkurses

    2

    War die Aufgabe des Mindestkurses richtig? 2

    Die volkswirtschaftlichen Kosten der Aufgabe des Mindestkurses 2

    Die geldpolitischen Kosten einer Beibehaltung des Mindestkurses 2Probleme eines Kostenvergleichs 3

    Weiteres Vorgehen 3

    Chronologie der geldpolitischen Ereignisse 4

    Wie gross knnen Interventionen bei einem Mindestkurs werden? 5

    Notwendige Zweckbindung der Anlagen bei einem Mindestkurs 6

    Kann ein Mindestkurs mit zweckgebundener Anlagepolitik zu hohen Verlustenfhren?

    7

    Kann der Markt die riesigen Interventionen verkraften? 9

    Behindern zweckgebundene Anlagen die Diversifikation? 10

    Wardie Aufgabe des Mindestkurs ntig? - eine Kostenabwgung 11

    Zusammenfassung 13

    Anhang: 14

    Diskussion ber die Rolle des Wechselkurses in der Geldpolitik

    14

    Geschwindigkeit und Intensitt der Aufwertung 14

    Planungssicherheit 15

    Der reale Wechselkurs 15

    Forcierter Strukturwandel 16

    Gravierende Nachteile aus Sicht der Wirtschaft und der Politik 16Die Notenbank hat eine andere Optik 17

    Wer hat Recht? 17

    Unwirksamkeit von Zinssenkungen und Interventionen 18

    Fhrt die hohe Geldmenge zu grosser Inflation? 19

    Die unfassbaren Ereignisse im Dezember/Januar 2014/15 19

    ZurBerechnung der monatlichen Interventionen 21

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    Die Kosten der Aufgabe des Mindestkurses

    War die Aufgabe des Mindestkurses richtig?

    Ob die Aufgabe des Mindestkurses von Fr. 1.20 pro Euro am 15. Januar 2015 richtig waroder nicht, lsst sich nur feststellen, wenn die volkswirtschaftlichen Kosten der Aufhebungdes Mindestkurses den geldpolitischen Kosten gegenberstellt werden, welche bei einerBeibehaltung des Mindestkurses entstanden wren.

    Kosten-AbwgungMindestkurs

    Beibehaltung Aufhebung

    Welche Kosten berwiegen?

    Unbekannt

    Diskussion findet nicht statt

    Bekannt

    Diskussion findet statt

    ?

    Die volkswirtschaftlichen Kosten der Aufgabe des Mindestkurses

    Die volkswirtschaftlichen Kosten, welche die Aufgabe verursachte, lassen sich summa-risch durch fnf Bereiche charakterisieren:

    1. Inflation

    2. Konjunktur

    3. Strukturnderungen (Deindustrialisierung)

    4. Sparen (Negativzins)

    5. Transparenz der GeldpolitikEs ist allgemein unbestritten, dass die Aufgabe des Mindestkurses (und die Einfhrungdes Negativzinses) sich nachteilig auf die Inflation, die Konjunktur, die Industrialisierung,das Sparen und die Transparenz der neuen Geldpolitik auswirkt. Kontrovers ist bei allenPunkten allein das Ausmass, die Dauer und die Relevanz.

    Die geldpolitischen Kosten einer Beibehaltung des Mindestkurses

    Auch hier lassen sich die Kosten summarisch zusammenfassen. Gemss den Verlautba-rungen der Notenbank fhre die Beibehaltung zu einer massiven Aufblhung der Bilanz,was folgenden Nachteile zur Folge haben wrde:

    1. Enorme nicht zu rechtfertigende Verluste

    2. Starke Beeintrchtigung der Handlungsfhigkeit der SNB

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    3. Langfristige Gefhrdung der Erfllung des Mandates

    Die Notenbank hat bisher nie erklrt, warum sich die Bilanz so massiv ausweiten soll undweshalb grosse Bestnde zu enormen Verlusten, zur Beeintrchtigung der Handlungsf-higkeit und zur Gefhrdung der Mandatserfllung fhren soll.

    Probleme eines Kostenvergleichs

    Ein Problem fr einen Kostenvergleich ist sicherlich, dass bezglich der volkswirtschaftli-chen Kosten der Aufgabe unterschiedliche Meinungen und Wertungen ber das genaueAusmass bestehen. Immerhin herrscht doch Einigkeit, dass betrchtliche Kosten vorhan-den sind.

    Das Hauptproblem liegt jedoch darin, dass wir ber die geldpolitischen Kosten der Beibe-haltung eines Mindestkurses nichts wissen und auch keine Diskussion bisher stattgefun-den hat. Ohne eine sorgfltige Analyse der behaupteten geldpolitischen Kosten einer Bei-behaltung, kann die Frage, ob die Aufgabe wirklich ntig war, nicht beantwortet werden.

    Weiteres Vorgehen

    Die bisher fehlende Analyse der geldpolitischen Kosten einer Beibehaltung soll im Haupt-teil dieses Papiers nachgeholt werden. Dabei wird gezeigt, dass bei einer glaubwrdig ver-tretenen Mindestkurspolitik und einer auf diese abgestimmten Anlagepolitik nicht mit denBefrchtungen der SNB zu rechnen ist, oder diese zumindest so zu relativieren sind, dasssie angesichts der heute sicht- und absehbaren volkswirtschaftlichen Kosten2 keinesfallsdie Aufgabe des Mindestkurses zu rechtfertigen vermgen.

    Der Hauptteil ist wie folgt organisiert:

    An Hand von Grafiken wird die Entwicklung des Wechselkurses, der Interventionenund der Notenbankgeldmenge dargestellt. Dies bildet die empirischen Grundlagenfr die weiteren Ausfhrungen.

    Anschliessend wird gezeigt, dass das Bilanzwachstum (bei Beibehaltung des Min-destkurses) primr von zwei Faktoren abhngt: (1) der Glaubwrdigkeit der Noten-bank und (2) nderungen in der erwarteten knftigen Geldpolitik im Ausland. Vondaher lassen sich die grossen Interventionsschbe interpretieren und Aussagen derSNB ber das Bilanzwachstum relativieren.

    Sodann wird aufgezeigt, wie die Notenbank bei einem Mindestkurs eine zweckge-bundene Anlagepolitik betreiben kann, um die riesigen spekulativen Geldbestndedereinst wieder abzuschpfen, ohne dabei ihre Eigenkapitalbasis aufbrauchen zumssen.

    In Form von Worst Case Szenarien wird alsdann ausgefhrt, dass auch bei extre-mem Bilanzwachstum keine Verluste (keine Verminderung des derzeitigen EK) aus-zumachen sind.

    Danach sollen noch einige potentielle Risiken gesondert betrachtet werden. Dabeigeht es um die Absorptionsfhigkeit (Tiefe) des Marktes und um die Diversifikations-fhigkeit bei den Devisenanlagen, wenn eine zweckgebundenen Anlagepolitik ver-folgt wird.

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    2Die volkswirtschaftlichen Kosten, welche durch die Aufgabe des Mindestkurses entstanden sind,werden nicht im Hauptteil, sondern im Anhang eingehender kommentiert.

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    Chronologie der geldpolitischen Ereignisse

    Die folgenden Grafiken zeigen den Verlauf des Wechselkurses (Franken zum Euro), dieEntwicklung der Notenbankgeldmenge und die monatlichen Interventionen (netto) derSNB fr die Jahre 2008 bis 20153.

    1.60

    1.40

    1.20

    1.00

    500

    400

    300

    200

    100

    0

    100

    75

    50

    25

    0

    -25

    monatliche

    Interventionen

    in Mia CHF

    Notenbank-

    Geldmenge

    in Mia CHF

    Wechselkurs

    CHF/EUR

    08 09 10 11 12 13 14 15 16

    170

    150

    70

    Mindestkurs 1.20

    Vom Januar 2008 bis zum August 2011 ist der Wechselkurs (CHF/EUR) von ber Fr. 1.60

    auf praktisch einen Franken gesunken. Im August/September 2011 intervenierte die No-tenbank fr 170 Mia CHF netto, ohne dass sich der Franken merklich abschwchte. Da-raufhin fhrte sie am 6.September 2011 ein Mindestkurs von 1.20 ein.

    In den Folgemonaten ist der Druck auf den Franken gewichen und die Devisenreservenkonnten leicht abgebaut werden. In den Sommermonaten Juni bis August 2012 nahm derDruck stark zu und und die SNBmusste mit rund 150 Mia Franken intervenieren, um denMindestkurs halten zu knnen. Die folgende Grafik zeigt die Entwicklung des Wechselkur-ses sowie die Interventionen fr die Zeit, als der Mindestkurs gltig war:

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    3Zur Berechnung der Interventionen s. Abschnitt im Anhang

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    Interventionen und Wechselkurs

    6.9.2011-14.1.2015

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    CHF/EUR

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    Interventionen

    Aus dem Grafikausschnitt wird deutlich ersichtlich, dass in der Zeitspanne vom Sommer2012 bis Dezember 2015 kaum Interventionen erforderlich waren. Im Gegenteil hat derEuro zwischenzeitlich an Wert gewonnen und der Wechselkurs erreichte im Frhjahr 2013einen Wert von 1.26 ohne dass die SNB gross intervenieren musste.

    Wie gross knnen Interventionen bei einem Mindestkurs werden?

    Ein Mindestkurs ist wirksam, sofern die Notenbank (1) die feste Absicht verkndet, diesenohne wenn und aber durchzusetzen und (2) sie ber gengend Glaubwrdigkeit verfgt.

    Wenn der Wechselkurs nahe beim Mindestkurs liegt und ein Aufwertungsdruck besteht,muss die Notenbank unlimitiert intervenieren. Die Gegenpartei (die Spekulanten) erw-gen dabei folgende Kosten und Ertrge

    1. Die Opportunittskosten von Frankenanlagen (Negativzins in Franken abzglich Ne-gativzins in Euro)

    2. Die Kosten, die entstehen wenn dereinst der Franken sich vom Mindestkurs wegbe-wegt (abschwcht) und die Notenbank die Whrungsreserven mit Gewinn verkauft.

    3. Umgekehrt kann die Spekulation Ertrge realisieren, wenn die Notenbank den Min-destkurs senkt oder freigibt und der Franken auf Grund der Marktkrfte sich entspre-chend aufwerten sollte.

    Die Notenbank setzt nur dann einen Mindestkurs fest, wenn allgemein die berzeugungherrscht, dass (1) der reale Wechselkurs (vor Einfhrung des Mindestkurses) real signifi-kant berbewertet ist und folglich (2) die Marktkrfte frher oder spter dafr sorgen, dasssich der Franken wieder abschwcht.4

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    4Lngerfristig kann sich der Franken auch abschwchen, ohne dass sich der nominelle Kurs n-

    dern muss, nmlich dann, wenn die Inflationsraten im Ausland hher ausfallen als im Inland. Indiesem Fall (siehe weiter unten im Abschnitt Szenarien) kme die Notenbank nicht umhin, dennominellen Mindestkurs anzupassen, was gemss dem obigen Punkt (3) zu einem Verlust der Na-tionalbank fhren wrde.

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    Wenn die Notenbank bis zum Ende die Sache durchzieht (und damit Punkt 3 ausge-schlossen ist), wird sich die Spekulation nicht lohnen (vorbehltlich Fussnote 4). Interven-tionen im grossen Umfang werden deshalb vor allem dann geschehen, wenn der Noten-bank nicht geglaubt wird und/oder wenn neue Informationen darauf hindeuten, dass die

    auslndische Geldpolitik in Zukunft expansiver ausfllt als bisher angenommen wurde. Diebeiden Interventionsschbe vom Sommer 2012 und im Dezember/Januar 2014/15 sindeindeutig auf je eine der Komponenten zurckzufhren. Im ersten Fall hat sich die Sorgeum den Euro bei den Anlegern verstrkt, beim zweiten Fall war es das Versagen der No-tenbank, welche die Spekulation auslste5.

    Eine Aussage ber maximale Volumina lsst sich nicht a priori vorhersagen. Da spielensowohl die Glaubwrdigkeit der Notenbank wie auch nderungen der erwarteten Geldpoli-tik im Ausland eine Rolle. Da die Interventionen Ende 2014 wegen eigenem VersagenHandeln der SNB ausgelst worden sind, muss die Aussage der Notenbank, wonach eineBeibehaltung des Mindestkurses eine Aufblhung der Bilanz um mehrere Hundert Milliar-

    den beinhalte und potentiell sogar ein Mehrfaches des Sozialproduktes betragen knnterelativiert werden: sie wrde nur dann gelten, wenn die Notenbank in der Folge weiterhinunglaubwrdig handeln wrde. Bei einer glaubwrdigen Mindestkurspolitik drften die In-terventionen beschrnkt bleiben, solange nicht sehr dramatische Verschlechterungen beider knftigen Geldpolitik der EZB erwartet wird.

    Notwendige Zweckbindung der Anlagen bei einem Mindestkurs

    Bei der Verteidigung eines Mindestkurses kann sich die Notenbankbilanz enorm aufbl-hen. Die beiden Positionen, welche sich praktisch im Gleichschritt erhhen, sind auf derAktivseite die Whrungsreserven und auf der Passivseite die Notenbankgeldmenge. Ein

    wichtiges Problem wird sein, dereinst (wenn sich der Wechselkurs normalisiert hat), dieberschssige Geldmenge wieder abzuschpfen. Dies geschieht dadurch, dass die ent-sprechenden Whrungsreserven wieder verkauft werden (wodurch sich die beiden Positi-onen wieder reduzieren). Das Problem ist nur, dass die Whrungsreserven aufgrund vonKursschwankungen dann zumal (je nach Kursentwicklung) evtl. an Wert verloren habenknnten und somit die Devisenreserven unter Umstnden nicht mehr ausreichen, dasberschssige Geld abzuschpfen.

    Damit das nicht geschehen kann, mssen die Whrungen gewissermassen geldpolitischzweckgebunden angelegt werden. Im Falle einer Untergrenze zu einem Korb von Wh-rungen msste die Whrungszus-Exposure der Zusammensetzung im Korb entsprechen.Wenn wieder nur eine einzelne Whrung (der Euro) als Untergrenze gewhlt wird, msstedie Whrung der zweckgebundenen Devisenreserven dieser Whrung (dem Euro) ent-sprechen. Bei einer solchen Anlagepolitik kann der zweckgebundene Teil sich im Verlaufder Zeit (in Franken ausgedrckt) nicht entwerten (die Bestnde wurden zum Mindestkursgekauft, und kann diesen in Zukunft bei erfolgreicher Verteidigung nicht unterschreiten).

    Die folgende Grafik mag diesen Zusammenhang illustrieren. In der Zeit vom Juli 2011 (alsdie Notenbankgeldmenge sich noch in normalen Gefilden bei etwa 60 Mia Franken be-wegte) bis zum August 2015 ist ein Anstieg der Notenbankgeldmenge auf rund 450 MiaFranken zu verzeichnen. Die schematischen Bilanzen an diesen beiden Stichtagen zei-gen, dass auch ein entsprechender Anstieg der Whrungsreserven zu verzeichnen war.

    B. Mller-Schnyder/Jan.2016 Die Kosten der Aufgabe des Mindestkurses S. 6

    5vgl. Ausfhrungen im Anhang: Die unfassbaren Ereignisse im Dezember/Januar 2014/15

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    Bilanz-MechanikWhrungsreserven und Notenbankgeld

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    Juli 2011 August 2015

    Aktiven Passiven Aktiven Passiven

    Freie Devisen

    EK+Rest

    Notenbankgeld (Sockel)

    Gold

    ZweckgebundeneDevisen

    berschssigesNotenbankgeld

    Zweckgebunden ist nur jener Whrungsanteil, der notwendig ist um die berschssigeGeldmenge wieder abzuschpfen. Bei den restlichen Whrungsreserven ist die Notenbankin Ihrer Anlagepolitik frei.

    Kann ein Mindestkurs mit zweckgebundener Anlagepolitik zu hohen

    Verlusten fhren?

    Ein mgliches Verlustpotential soll mit drei Worst Case Szenarien abgeschtzt werden.

    Annahmen Es wird ein neuer Mindestkurs gegenber einem Korb festgelegt. Der Korb beste-

    he aus zwei Einheiten Euro und einer Einheit Dollar6 . Die Hhe des Mindestkursessoll 10% ber dem aktuellen Kurs fr diesen Korb liegen.

    Die zweckgebundenen Anlagen sollen (optional fr die Simulation) auf fnf Jahrefest angelegt werden

    Die Rendite fr erstklassige Anleihen betragen (Januar 2016)

    Fr 5-jhrige USD Anleihen (Treasury): 1.76%

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    6Der Vorteil, den Korb in Einheiten (und nicht in prozentualen Anteilen) zu definieren, besteht u.a.darin, dass die Notenbank bei Bewegungen in den Wechselkursen nicht gezwungen wird, einRebalancing vornehmen zu mssen.

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    Fr 5 -jhrige EUR Anleihen (Bundesanleihen): 0.03%

    Die Negativzinsen werden so festgelegt, dass die bestehende Zinsdifferenz zumEuro am Geldmarkt mindestens bestehen bleibt. Fr die Simulation wird ange-nommen, dass der gegenwrtige Negativzins von -0.75% fr die gewhlte Simu-lationsperiode Bestand hat.

    Die Inflationsdifferenz zwischen dem Euroraum und der Schweiz betrage jhrlich1.5%.

    Fr die drei Szenarien wird (fr die Simulation vereinfachend) angenommen, dassnach der Einfhrung die Whrungsreserven infolge notwendiger Interventionenrasch ansteigen und danach keine weiteren Interventionen notwendig sein wr-den.

    Szenario 1: Von heute7570 Mia auf 1000 Mia FrankenSzenario 2: Von heute 570 Mia auf 1500 Mia Franken

    Szenario 3: Von heute 570 Mia auf 2000 Mia Franken

    Wenn nach Ablauf von 5 Jahren der Mindestkurs immer noch bindend ist, dann wirddie Notenbank ins Auge fassen mssen, gelegentlich (ohne Ankndigung und Ter-minangabe) diesen zu senken. Als Kriterium ber das Ausmass einer erneuten Sen-kung des Mindestkurses wird die akkumulierte Inflationsdifferenz zu Grunde gelegt(d.h. der neue ins Auge zu fassende reale Mindestkurs entsprche wieder dem Sta-tus quo ante von heute [am Tag nach der Neueinfhrung des Mindestkurses]). Miteiner Senkung des Mindestkurse resultieren Verluste, die in der Gesamtrechnungbercksichtigt werden mssen.

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    7Dezember 2015

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    Simulationen

    Die obigen Annahmen sind hinreichend fr die Simulation, welche sich wie folgt pr-sentiert.

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    Folgerungen

    In keinem der drei Szenarien resultiert langfristig ein Verlust. Die Ergebnisse sindusserst robust. Man mag durch nderung der Annahmen vielleicht einen WorstCase finden, der doch zu Verlusten fhren mag, ein vollstndiger Verzehr des Eigen-kapitals ist aber kaum vorstellbar.

    Die Behauptung der Notenbank, wonach eine Beibehaltung des Mindestkurses zuenorm hohen Verlusten gefhrt htten, lsst sich selbst in einer Worst Case Analysenicht besttigen.

    Kann der Markt die riesigen Interventionen verkraften?

    Die hohen Interventionen von Dutzenden Milliarden Franken pro Tag und die hohenDevisenbestnde in der Hhe des Sozialproduktes werfen die Frage auf, ob so gros-se Volumen nicht zu starken Marktverzerrungen fhren knnten. Das ist primr eineFrage der Markttiefe:

    Eine Sicht in die Statistik vermag Klarheit zu schaffen

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    10** Die Rendite von 1% entspricht (ungefhr) der Summe aus Negativzinsen und dem Renditebei-trag aus den USD Anlagen.

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    Die Tabelle zeigt, dass die Bestnde der Notenbank und die mglichen tglichen In-terventionen vom Markt gut absorbiert werden knnen. Insbesondere der US Treasu-ry Markt und die OTC Mrkte verfgen auch bei den in Frage kommenden Interventi-ons- und Bestandes-Volumen ber hinreichend Liquiditt.9

    Behindern zweckgebundene Anlagen die Diversifikation?Zweckgebundene Anlagen bedingen eine ganz bestimmte Whrungszusammenset-zung fr den zweckgebundenen Teil der Devisen. Beim oben erwhnten Korb mussdieser eine Euro- und Dollar Exposure aufweisen. Da Dollar und Euro die zwei wich-tigsten Weltwhrungen und gleichzeitig die USA und die EU die wichtigsten Han-delspartner sind, macht diese Fokussierung Sinn.

    Wichtiger ist jedoch die Feststellung, dass die Notenbank bezglich der Schuldnerdi-versifikation nicht notwendig gebunden ist. Wenn Sie Anleihen in andern Whrungenkauft oder in andern Whrungen im Geldmarkt anlegt, kann sie stets die gewnschteGesamt-Whrungsexposure ber den OTC Markt herstellen.

    Die aktuelle Diversifikation der Devisenanlagen der SNB (Zahlen von Ende 2014gem. Geschftsbericht) zeigen aber, dass diese damals recht genau der Zusammen-setzung des obigen Korbes entspricht, ohne dass eine zustzliche Absicherung amOTC Markt erforderlich gewesen wre.

    Htte man bereits Ende 2014 einen Mindestkurs gegenber dem oben definiertenKorb gehabt, htte sich folgendes Bild fr eine zweckgebundene Anlagepolitik erge-ben: Insgesamt wird die berschssige Geldmenge (Notenbankgeldmenge von 395Mia. abzglich 60 Mia Sockel) auf 335 Mia geschtzt. Bei einer zweckgebundenen

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    9Natrlich gibt es bei so grossen Volumen gewisse Gepflogenheiten, welche die Notenbank be-achten muss. Insbesondere wird die Notenbank der Tradition entsprechend eine gute Kommunika-tion mit den betroffenen auslndischen Zentralbanken und der BIZ aufrechterhalten. Die Abwick-lungs- und Gegenparteienrisiken sind auch bei grossen Volumen berschaubar.

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    Geldpolitik htte Ende 2014 (bei damaligen Wechselkursen) im Minimumg 237 Mia inEuro und 98 Mia in Dollar gehalten werden mssen. Die effektive minimale Wh-rungsexposure gem. Korb vergleicht sich mit den effektiven Bestnden, wie folgt:

    Ende 2014 wre der geforderte Mindestbestand in EUR und USD zufllig erfllt ge-wesen. Wenn dies nicht der Fall gewesen wre, dann mssten (bei einer zweckge-bundenen Anlagepolitik) entweder entsprechende Umschichtungen vorgenommen

    werden oder aber die Whrungsexposure htte durch Absicherung im OTC Marktbewerkstelligt werden mssen. Die zustzliche Flexibilitt (die gewnschte Wh-rungsexposure auch ber den OTC Markt herstellen zu knnen) fhrt dazu, dass ei-ne zweckgebundene Anlagepolitik nicht grosse Einschrnkungen bezglich Diversifi-kation nach Schuldnern mit sich bringt.

    War die Aufgabe des Mindestkurs ntig? - eine Kostenabwgung

    Die Notenbank befrchtete, dass die Beibehaltung des Mindestkurses zu enormen Verlus-ten gefhrt htte. Ihrer Ansicht nach wren diese geldpolitischen Kosten grsser gewesen,als die volkswirtschaftlichen Nachteile, welche durch die Aufgabe des Mindestkurses

    entstanden sind. Anhand der obigen Analyse und den Ausfhrungen im Anhang, kann eineKostenabwgung gemacht werden. Im folgenden sollen die Vor- und Nachteile der beidenVarianten (Beibehaltung im Vergleich zur Aufgabe) summarisch beurteilt werden:

    1. Langfristige EK Entwicklung der Notenbank

    Der neue Mindestkurs wrde langfristig der Notenbank selbst in Worst Case Szena-rien die EK-Basis erhalten und mit grsster Wahrscheinlichkeit einen Gewinn ein-bringen. Die Gewinnentwicklung ohne Mindestkurs ist kaum voraussehbar. In jedemFall gilt aber, dass dieser langfristig im Erwartungswert kleiner ausfallen muss undvolatiler sein wird, als bei einer Beibehaltung eines Mindestkurses.

    Die Behauptung der Notenbank, ein Mindestkurs wrde zu enormen, nicht zu recht-fertigenden Verlusten fhren, ist bei Beachtung einer zweckgebundenen Anlagepoli-tik nicht zutreffend.

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    2. Konjunkturverlauf

    Die Konjunktur wrde bei Beibehaltung eines Mindestkurses weniger einbrechen, alsdies ohne einen solche der Fall ist. Diese Aussage ist kaum bestritten.

    3. Deindustrialisierung

    Ein neuer Mindestkurs ist das einzige Mittel, um die aktuelle Deindustrialisierung so-fort zu reduzieren. Ohne einen solchen verliert die Schweiz langfristig Know-How,Innovationsfhigkeit und erleidet hohe Opportunittskosten indem langfristig gesundeBetriebe aufgrund eines vorbergehend starken Frankens unntig liquidiert werdenmssen.10

    4. Negativzinsen

    Bei einem Mindestkurs ist es unabdingbar, dass die Notenbank einen tieferen Geld-marktzins aufweisen muss als das Ausland. Da zur Zeit im Euro die Geldmarktzinsennegativ sind, muss die Notenbank (bei einem Mindestkurs) die Giroguthaben eben-falls mit Negativzinsen belegen. Ohne Mindestkurs entfiele dieser Zwang. Bisher hataber die SNB - aus Furcht vor weiterer Aufwertung des Frankens - verzichtet, dieNegativzinsen aufzuheben.

    Bezglich Negativzinsen unterscheiden sich die beiden Varianten somit faktischkaum voneinander.

    5. Ziel-Inflation

    Mit der Aufgabe des Mindestkurses hat sich die Notenbank bewusst in eine betrcht-liche Deflation hinein begeben und sich um Jahre von der Erreichung der von ihrvorgenommen Ziel-Inflation entfernt.

    Mit einem Mindestkurs wre dieses Problem (wie die Notenbank selbst zugibt) be-

    trchtlich entschrft.6. Transparenz der Geldpolitik

    Transparenz der Geldpolitik ist fr alle Wirtschaftsakteure (nicht nur fr die Exporteu-re) von grosser Bedeutung. Bei einem entsprechenden Mindestkurs herrschtvollstndige Transparenz und Planungssicherheit.

    Die Geldpolitik ist seit der Aufgabe des Mindestkurse nicht transparent und die Pla-nungssicherheit der Wirtschaft ist nicht mehr vorhanden. Die Notenbank behauptetzwar, sie werde aktiv eingreifen, sollte der Franken strker werden. Das kann sie nurtun, wenn sie ber wirksame Instrumente verfgt. Da aber keine solchen zur Verf-gung stehen, behauptet die Notenbank wider besseren Wissens11, Negativzinsen

    und Interventionen ohne Ziel seien eben doch wirksam. Mit diesem Vorgehen wirddie Geldpolitik vllig intransparent und unvorhersehbar. Niemand kann beispielswei-se die Frage beantworten, was die Notenbank tun soll, wenn der Kurs fr einen Euroauf Pari (oder gar darunter) fllt. In dieser Situation offenbart sich die Intransparenz,die Ohnmacht und Orientierungslosigkeit der Geldpolitik seit der Aufgabe des Min-destkurses.

    B. Mller-Schnyder/Jan.2016 Die Kosten der Aufgabe des Mindestkurses S. 12

    10Die SNB hat diesbezglich eine andere Optik, indem sie gewisse Vorteile zu erkennen glaubt

    und die Kosten der Deindustrialisierung nicht bercksichtigt. Vgl. Kommentar im Anhang: Forcier-ter Strukturwandel.

    11Vgl. Kommentar im Anhang: Unwirksamkeit von Zinssenkungen und Interventionen

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    Zusammenfassung

    Das Mandat der SNB ist dann in der langen Frist erfllt, wenn jene Geldpolitik gewhltwird, welche dem Landesinteresse am besten dient. Bei einer Wahl zwischen Beibehal-

    tung eines Mindestkurses und Fortfhrung der Geldpolitik ohne Mindestkurse zeigt dienachstehende Tabelle, folgendes Bild:

    Unabhngig von der Gewichtung der einzelnen Kriterien ist klar, dass die Variante mitMindestkurs dominant besser abschneidet als eine solche ohne Mindestkurs. Wenn es in

    der geforderten Diskussion nicht gelingt, die hier vorgebrachten Argumente zu entkrften,dann wre die Politik gefordert: Es steht sehr viel auf dem Spiel.

    Die Kostenabwgung deutet klar darauf hin, dass ein Mindestkurs dasgeldpolitische Mandat in der langen Frist besser erfllt als die Fortfh-rung einer Geldpolitik ohne Mindestkurs.

    B. Mller-Schnyder/Jan.2016 Die Kosten der Aufgabe des Mindestkurses S. 13

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    Anhang:

    Diskussion ber die Rolle des Wechselkurses in der Geldpolitik

    Die Diskussion ber die richtige Rolle des Wechselkurses in der Geldpolitik ist in derTheorie nicht einhellig entschieden. Tatsache ist aber, dass es (offenbar mit Ausnahme derSchweiz) keine kleine offene Volkswirtschaft (mit sehr hohem Exportanteil) sich leistenkann, auch in Extremsituationen ein reines Floating zu betreiben12. Fr die Schweiz istbesonders bezeichnend, dass sie vom reinen Floating in der Vergangheit nur dann abge-wichen ist, wenn der (1) der Wechselkurs extrem stark berbewertet ist und (2) davonausgegangen werden kann, dass dies ein vorbergehendes Phnomen sei. EinMindestkurs war die in der Vergangenheit erfolgreiche Lsung, um das vorbergehendeberschiessen des Wechselkurses abzufedern.

    Die folgende Grafik zeigt die Entwicklung des Frankenkurses gegenber dem Euro und

    zuvor gegenber der D-Mark sowie die langfristige Entwicklung des realen Aussenwertdes Frankens.

    1973 1979 1985 1991 1997 2003 2009 2015

    125

    120

    115

    110

    105

    100

    95

    90

    85

    Realer handelsgewichteter Aussenwert des Frankens

    1978

    20112015

    Die Grafik des realen Aussenwert des Frankens zeigt, dass in den Jahren 1978 und 2011und erneut seit Aufgabe des Mindestkurses im 2015 der Franken sehr stark berbewertetwar bzw. ist.

    Bei der Aufwertung des Frankens gibt es drei Hauptprobleme, welche der Wirtschaft be-sonders zu schaffen machen.

    Geschwindigkeit und Intensitt der Aufwertung

    Im Mai 2008 betrug der Wechselkurs 1.63 (Franken pro Euro). Rund drei Jahre spter (am5.9.2011) lag er um 62 Rappen tiefer auf Fr. 1.11. Ein solch rapide und starke Aufwertung

    des Frankens kann von einem stark Export-abhngigen Land nur mit extrem hohen volks-wirtschaftlichen Verlusten verkraftet werden. Aus diesem Grund hatte die SNB am6.9.2011 einen Mindestkurs von 1.20 eingefhrt. Dieser war zwar fr zahlreiche Betriebeimmer noch zu hoch, aber teilweise - angesichts der wieder vorhandenen Planbarkeit -immerhin dazu angetan, Luft zu schaffen, um eine gewisse Durststrecke zu berwinden.

    B. Mller-Schnyder/Jan.2016 Die Kosten der Aufgabe des Mindestkurses S. 14

    12 Kenneth S. Rogoff weist nach, dass reines Floating fr offene Volskwirtschaft usserst selten

    waren (Evolution and Performance of Exchange Rate Regimes K. Rogoff et al., IMF, 2004). DerAnnual Report on Exchange Arrangements and Exchange Restrictions, IMF, 2014 besttigt dieseFeststellung.

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    16/22

    Planungssicherheit

    Am 15. Januar 2015 hob die SNB den Mindestkurs auf. In der Folge sank der Kurs bis De-zember 2015 auf ein Niveau wie vor der Einfhrung des Mindestkurses (er pendelt bei1.08). Viele Unternehmen hatten sich damals bei Einfhrung der Untergrenze einzig we-gen der (vermeintlich) gegebenen Planungssicherheit unter Eingehen von laufenden Ver-lusten am Leben gehalten. Mit der Aufgabe ist die Planungssicherheit verflogen und dasRisiko, dass der Franken noch strker werde knnte ist real. Unter diesen Umstndenmussten viele Unternehmen ber die Bcher gehen und konnten den Betrieb in der beste-henden Form nicht mehr aufrecht erhalten (Schliessung, Auslagerung, Des-Investitionenetc.). Die fehlende Planungssicherheit ist dabei mit ein entscheidender Faktor.

    Der reale Wechselkurs

    Aus der Theorie wissen wir, dass sich der langfristig gleichgewichtige realen Wechselkursnicht so einfach ermitteln lsst. Die bekannten Theoreme zeigen, dass eine Vielzahl von

    Faktoren diesen bestimmen, so z.B. Produktivittsunterschiede, Faktormobilitt, Handels-hemmnisse, Marktformen und -regulationen, Gterstruktur (Traded, Non-Traded, monopo-listische Mrkte) etc.

    Dennoch wissen wir (dies wird auch kaum bestritten), dass der Franken zur Zeit deutlichberbewertet ist und die Ursachen monetrer Natur sind und somit die Frankenstrke sichfrher oder spter wieder abbauen wird.

    Ein fr jedermann plausibles Indiz dafr, dass der Franken sehr stark berbewertet ist,kann der Brger selbst beurteilen, wenn er die Konsumgterpreise im In- und Auslandvergleicht. Die Eurostat von der OECD erhebt jhrlich eine solche und bereinigt diese lau-fend. Die folgenden Tabellen zeigen, das die Konsumgterpreise (Wechselkurs-bereinigt)um 40%-50% hher liegen, als im umliegenden Ausland. Eine objektive Tatsache, die derKonsument tglich beobachten kann, wenn er ber die Grenze einkaufen geht bzw. Kon-sumgter importiert.

    Auch wenn Konsumgterpreise fr die Wirtschaft insgesamt nicht allein massgebend sind,so ist doch einleuchtend, dass im Preisgefge etwas vllig aus den Fugen geraten ist undauf lange Frist in dieser Form nicht bestehen bleiben kann.

    Konsumgterpreise Vergleich In- und Ausland

    13

    B. Mller-Schnyder/Jan.2016 Die Kosten der Aufgabe des Mindestkurses S. 15

    13 http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/Comparative_price_levels_of_consumer_goods_and_services

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    Forcierter Strukturwandel

    Gravierende Nachteile aus Sicht der Wirtschaft und der Politik

    Der anhaltend hohe Franken fhrt in einzelnen Bereichen und Branchen der Wirtschaft zuSchliessungen und Verlagerungen, die nach Auffassung von liberal denkenden Wirt-schaftskapitnen (z.B. Hans-Ulrich Mller, Michael Girsberger, Nick Hayek) so gut alsmglich verhindert werden sollten, da sie irreversibel sind und die Schweiz sich damitgrossen Schaden zuzuziehen droht. Stellvertretend seien hier die Antworten von Hans-Ul-rich Mllerauf Fragen der Bilanz (10.12.2015) wiedergegeben.

    Droht eine Deindustrialisierung?

    ....Bei anhaltend starkem Franken wird der Produktionsstandort schlicht und einfach zu teuer.ABB, Rieter oder Sia Abrasives haben bereits grssere Abbauplne angekndigt, andereFirmen berlegen es sich. Und das wiederum hat negative Folgen fr die Zulieferer. Je ln-

    ger die gegenwrtige Situation andauert, desto grsser die Gefahr, dass sich der Prozess mitStellenabbau und Verlagerungen noch beschleunigt.

    Wrde die Schweiz zu einem Dienstleistungsland, wre das so schlimm?

    Wollen wir wirklich nur noch Anwlte, Bankiers, Beamte und Hoteliers sein? Sicher nicht. DieSchweiz hat in der Industrie weltweit fhrende Positionen erlangt namentlich bei den Uh-ren, in der Feinmechanik, der Medizinaltechnik, der Pharma und der Biotechnologie. Undauch in der Nahrungsmittelindustrie. Diese Trmpfe sollten wir nicht unberlegt hergeben.Unser Wirtschaftsstandort ist auch deshalb so gut durch die Finanzkrise gekommen, weil ereine hohe Diversitt ausweist. Mit einer Reduktion auf den Dienstleistungssektor wrde dieSchweiz diese Diversitt kaputt machen. Das wre nicht nur schlimm, das wre fatal. Kommthinzu, dass eine starke Wirtschaft in hohem Ausmass von Innovation abhngig ist.

    Die Innovation wrde ja bleiben?

    Nein. Die Innovation, wie wir sie uns heute leisten, kann es ohne eine starke Industrie nichtgeben. Am Ende des Tages braucht es ein Produkt, irgendwo muss etwas hergestellt wer-den. Die Deindustrialisierung htte also lngerfristig zur Folge, dass die ganze Wertschp-fungskette verlagert wrde also nicht nur die Produktion, sondern auch die Forschung undEntwicklung. Zudem hngt eine enorme Anzahl von Dienstleistungsarbeitspltzen direkt vomWerkplatz ab.

    Experten sagen, dass dieses Stahlbad der Industrie guttue. Der Druck mache dieUnternehmen noch besser, noch wettbewerbsfhiger?

    Das ist zynisch. Aber ich will ganz ohne Zynismus antworten: Die internationale Dynamiksorgt auch so fr ein permanentes Stahlbad. Die Industrie- und Exportunternehmen sindheute permanent durch den internationalen Preis- und Innovationsdruck herausgefordert,wollen sie auch knftig weiter bestehen. Aber bei der Frankenaufwertung nach dem 15. Ja-nuar kann man nicht mehr von Stahlbad reden. Vor der Finanzkrise kostete ein Euro rund1.60, heute sind es keine 1.10 mehr. Hier besteht die Gefahr, dass der Produktionsstandortim Bad ertrinkt.

    Auch Bundesrat Schneider-Amman will keine Deindustrialisierung wegen des starkenFrankens. Allerdings sieht er die Lsung nicht bei der Geld- sondern bei der Wirtschaftspo-litik. In der NZZ vom 18.12.2015 gab er Antworten auf folgende Feststellungen und Fra-

    gen:Vor knapp einem Jahr hat die Nationalbank entschieden, den Euro- Franken-Min-destkurs aufzugeben. Wir fragten Sie damals, ob das ein Tsunami oder ein Gewitter

    B. Mller-Schnyder/Jan.2016 Die Kosten der Aufgabe des Mindestkurses S. 16

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    sei. Fr Sie war es der erste Donnerschlag eines heftigen Gewitters mit ungewisserDauer. Unserer Wirtschaft geht es heute aber erstaunlich gut, oder?

    Wir haben im ersten Moment heftigere direkte Konsequenzen befrchtet, das stimmt. Und inder Wirtschaft reagierten vielleicht einige zu besorgt. Aber viele Unternehmen und Branchen

    sind tatschlich enorm unter Druck. In der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie, in derich ttig war, schreibt beispielsweise ein Drittel der Unternehmen rote Zahlen. Wegen deshohen Frankens mssen sie Margen opfern, um im Markt bestehen zu knnen. Dieses Geldfehlt ihnen, um in die Innovation zu investieren. Diese Entwicklung ist hochgefhrlich undmacht mir Sorgen. Wir mssen also wachsam sein. Der schleichende Niedergang wird hu-fig zu spt als Problem erkannt.

    Die ordoliberalen konomen sagen, einem Strukturwandel msse man sich stellen.Es handle sich um eine normale Marktbereinigung.

    Ich bin ja kein konom . . . Die Englnder liessen sich von solchen Theorien leiten, die Fran-zosen von ganz anderen. Die Folgen waren fr beide Staaten die gleichen: Sie haben ihre

    Industrie verloren - mit entsprechenden Konsequenzen bei der Arbeitslosigkeit. Eine fataleEntwicklung. Strukturwandel ist notwendig. Aber es darf keine Deindustrialisierung geben,weil zu hohe Kosten und zu viel Brokratie die Firmen in die Knie zwingen. Also brauchen wirmehr Liberalismus und unternehmerische Freiheit. Und weniger staatliche Hrden.

    Die Notenbank hat eine andere Optik

    Am 1. Oktober 2015 hat Fritz Zurbrgg(Mitglied des Direktoriums der SNB) in einem Re-ferat mit dem Titel Geldpolitik der SNB unter neuen Vorzeichen? Stellung genommen unddamit eine vllig andere These vertreten, sowohl was die aktuelle Lage betrifft, wie auchwas die Wnschbarkeit hinsichtlich der Zukunft anbelangt. Auszugsweise sei der folgendeAbschnitt ungekrzt zitiert:

    Die im internationalen Vergleich gute Position unserer Volkswirtschaft zeigt, dass sich einestarke Whrung in der langen Frist insgesamt vorteilhaft auswirken kann. Die Unternehmenstehen dadurch unter kontinuierlichem Kosten- und Innovationsdruck. Anpassungsfhigkeit,Flexibilitt und Produktivitt der Wirtschaft werden gestrkt. Qualittssteigerungen und Spe-zialisierungen sorgen dafr, dass es fr auslndische Kunden zu vielen Schweizer Export-produkten nur wenige valable Alternativen gibt. Damit weisen die Unternehmen eine gewissePreissetzungsmacht auf. Gleichzeitig fhrt der starke Franken auch zu einer strkeren Integ-ration der Schweizer Wirtschaft in die globale Wertschpfungskette. Den negativen Auswir-kungen fr Schweizer Zulieferer stehen auch hier positive langfristige Wirkungen gegenber:Eine Studie des SECO zeigt, dass eine strkere Integration in die globale Wertschpfungs-kette dank der damit verbundenen natrlichen Absicherung (Natural Hedging) den negativenEffekt einer Aufwertung auf Gewinnmargen lindert. Viele Unternehmen knnen die Schwie-rigkeiten einer Aufwertung somit nicht nur durch interne Kostenmassnahmen, sondern auchber tiefere Importpreise abfedern. Insgesamt lsst sich also sagen, dass die Spezialisierungauf nur schwer substituierbare, hochwertige Produkte und Dienstleistungen mit hoher Wert-schpfung einerseits und das Natural Hedging andererseits die Schweizer Wirtschaft wider-standsfhiger gegenber Aufwertungsschocks machen.

    Wer hat Recht?

    Die potentiellen Auswirkungen eines nachhaltig starken Frankens sind ausserordentlichhoch. Dabei lsst sich die SNB in Ihrer Politik von einer Vision leiten, die nicht jener der

    Wirtschaft und der Politik entspricht. Fr die SNB fhrt der starke Franken zu Strukturn-derungen und damit einer Verlagerungen hin zu hherer Wertschpfung und besserer In-tegration in die globale Wertschpfungskette mit wnschbarer monopolistischer Differen-

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    zierung. Diese einseitige Ausrichtung auf die vertikale Integration ist aber nicht nur vonVorteil. So zeigten gerade die letzten Jahre, dass Wertschpfungsketten, die ber Jahr-zehnte relativ stabil waren oder einhellig als Zukunfts-trchtig angesehen wurden, in kur-zer Zeit auseinander fielen oder an Bedeutung verloren und andern Ketten Platz machen

    mussten (Mobil-Telefone, Computer-Betriebssysteme und -Plattformen, Solarzellen Indust-rie etc.). All jene die sich damals durch Spezialisierung eine schwer substituierbare Nischein der Wertschpfungskette ergattert hatten, sahen in kurzer Frist den Boden unter denFssen entschwinden. Viele Schweizer Betriebe, die jetzt in Folge des starken FrankensSchwierigkeiten haben, hatten bereits eine spezialisierte Nische, die nicht leicht zu substi-tuieren war. Der extrem starken Franken hat aber den monopolistischen Vorteil vollstndigerodiert.

    Im Gegensatz zu dieser vertikalen Integration in die Wertschpfungskette fordert Wirt-schaft und Politik eine horizontale Diversitt der Produktion und Dienstleistung vor allemdort, wo viel Know How, Fachwissen und Innovation zu Hause ist. Diese sind sehr stark in

    der Industrie verankert. Durch den starken Franken findet zur Zeit eine Deindustrialisie-rung statt. Mit einem Einhalt der Deindustrialisierung bleibt die horizontale Diversitt erhal-ten, was dem Landesinteresse vermutlich besser dient als eine forcierte vertikalen Integra-tion in Wertschpfungsketten.

    Unwirksamkeit von Zinssenkungen und Interventionen

    Bei freien Wechselkursen (ohne Mindestkurs) sind Zinssenkungen und Interventionen we-nig wirkungsvoll. Kurt Schiltknecht, ehemaliger Chefkonom der SNB, hat aufgrund frhe-rer Erfahrungen der Notenbank diesen Zusammenhang im Schweizer Monat (AusgabeNovember 2015) eindrcklich geschildert: Sptere Untersuchungen zeigten, dass Devi-

    senmarktinterventionen keine lngerfristige Wirkung haben, wenn der Devisenmarkt nichtdavon berzeugt ist, dass die Interventionen von einer dauerhaften nderung in der Geld-politik begleitet sind.

    Tatschlich sind fr die Wirksamkeit auf die Wechselkurse alleine die Erwartungen berdie zuknftige Geldpolitik (im In- und Ausland) relevant. Solange keine Absicht fr ein ver-bindliches Kursziel besteht, geht der Markt fast immer davon aus, dass Zinssenkungenund Interventionen vorbergehender Natur sind. Damit lsst sich der Wechselkurs nichtbeeinflussen.

    Die folgende Grafik zeigt noch einmal (vergrssert) die Interventionen unmittelbar vor derEinfhrung des Mindestkurses im September 2011:

    "#$$

    "#$%

    "#"$

    "#"%

    "#&$

    1.8. 31.8. 5.9.

    Interventionen im August 2011

    Netto ca170 Mia CHF

    1.12701.1111

    10.8.

    1.0451

    B. Mller-Schnyder/Jan.2016 Die Kosten der Aufgabe des Mindestkurses S. 18

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    Obwohl die Devisenmarktinterventionen im August 2011 netto ca 170 Mia CHF betrugenund dieser Betrag auch nicht wieder abgeschpft wurde, resultierte keine nachhaltige Wir-kung auf den Wechselkurs. Dieser wich am 5.9. 2011 (einen Tag vor der Einfhrung desMindestkurse) nur wenige Rappen vom Kurs vor der Intervention im Monat August ab 14.

    Die Grafik verdeutlicht die Tatsache, dass ohne ein Kursziel oder einer Untergrenze Inter-ventionen unwirksam sind.

    Obgleich sich die Notenbank dieser Tatsache bewusst ist, wird sie nicht mde zu erwh-nen, sie wrde im Bedarfsfalle auf die zwei bewhrten Pfeiler (Zinssenkungen und Inter-ventionen) zurckgreifen, um den Wechselkurs zu beeinflussen. Sie suggeriert damit eineHandlungsfhigkeit, die ihr nicht zukommt. Darber hinaus versteigt sie sich sogar zur Be-hauptung, dass sie noch ber weitere wirksame Optionen verfge, falls es ntig sein soll-te. Solche gibt es aber beim besten Willen nicht.

    Tatsache ist, dass seit der Aufgabe des Mindestkurses die Notenbank der Wechselkur-sentwicklung nichts entgegensetzen kann. Falls der Markt einen Kurs von einem Franken

    (oder sogar drunter) anvisiert, kann die Notenbank nicht wirklich Gegensteuer geben.

    Fhrt die hohe Geldmenge zu grosser Inflation?

    Die Prognosen der Nationalbank sehen in der geldpolitischen Beurteilung fr Ende 2016eine Inflation bei Konsumgterpreisen von 0% und Ende 2017 eine solche von im Mittel0.75% voraus. Solange die Inflation im Ausland niedrig bleibt, scheint auch keine grosseInflationsgefahr fr die Schweiz gegeben zu sein, da dies zu einer weiteren Strkung desFrankens fhren wrde. Eine solche Entwicklung ist kaum denkbar. Im Euroraum wird dieInflation von der EZB erfassten professionellen Analysten als niedrig prognostiziert. Frdas Jahr 2016 erwarten sie einen Anstieg der Verbraucherpreise um 1% und fr das Jahr

    2017 um 1.5% .

    Die unfassbaren Ereignisse im Dezember/Januar 2014/15

    Im Dezember/Januar 2014/15 hat sich Unfassbares ereignet.

    Am 18. Dezember 2014 hat die Notenbank einen Negativzins von 0.25% eingefhrt. Die-ser Schritt hat (voraussehbar) den Markt verunsichert und die Spekulation angeheizt. Inder Folge haben Vermgensverwalter und Anlageberater ffentlich Kunden dazu angehal-ten, ihre Europositionen abzusichern. Der Fehler war, dass sie mit diesem kosmetischenSchritt ein falsches Signal gab und danach es versumt hat, mit dezidierten Massnahmenund Informationen Strke und Entschlossenheit zu zeigen. Die Glaubwrdigkeit hat da-durch gelitten, und die Interventionen nahmen betrchtlich zu.

    Erst mit Versptung, nmlich am 5. Januar 2015, hat Thomas Jordan am Schweizer Fern-sehen dezidiert Stellung genommen, mit den Worten

    Der Mindestkurs ist absolut zentral, um eben adquate, richtige monetreBedingungen fr die Schweiz aufrechtzuerhalten. Die Deflationsrisikenhaben deutlich zugenommen. Eine Aufwertung des Frankens wrdezwangslufig zu mehr negativer Inflation fhren oder eben sogar zu Defla-tion.

    B. Mller-Schnyder/Jan.2016 Die Kosten der Aufgabe des Mindestkurses S. 19

    14Da die Notenbank die tglichen Interventionen nicht publiziert, wohl aber die monatlichen Inter-ventionen aus den Statistik hinreichend genau berechnet werden knnen, sind nur aggregierteAussagen mglich. Hypothesen ber Intra-Monatsbewegungen lassen sich fr Aussenstehendenicht berprfen.

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    Im Hinblick auf die kurz danach verkndetete Aufgabe der Untergrenze, war diesesStatement der dritte grosse Fehler, welcher sich im Nachhinein als grosser Vertrauens-bruch herausstellte, was die Glaubwrdigkeit der Notenbank nachhaltig schdigte.

    Zehn Tage spter, am 15.10.2015, hob die SNB den Mindestkurs auf, ohne aber zu erkl-ren, wieso die kurz zuvor gemachten Beteuerungen nicht mehr gltig sein sollen. Mit derAufgabe des Mindestkurses ist die Schweiz (genau wie von Thomas Jordan vorausgesagtworden ist) in eine veritable Deflation hineingeraten und der Franken ist Ende 2015 mitrund 1.08 real strker als er nach Einfhrung (bei Fr. 1.20 pro Euro) war. Die Verunsiche-rung der Unternehmer ist infolge fehlender Planungssicherheit massiv gestiegen und dieakute Bedrohung der Wirtschaft erscheint heute hher als damals. Bei der offiziellen Be-grndung der Aufgabe wird die Deflationsgefahr nicht mehr erwhnt und die erhhte Be-drohung der Wirtschaft wird in Abrede gestellt (die Wirtschaft htte gengend Zeit gehabt,sich auf die neue Situation einzustellen).

    Als Hauptgrund fr die Aufgabe wurde in der Medienmitteilung folgendes angegeben:

    Die Unterschiede in der geldpolitischen Ausrichtung der bedeutenden Wa"-hrungsra"ume haben sich in letzter Zeit markant versta"rkt und du"rften sichnoch weiter akzentuieren. Der Euro hat sich gegenu"ber dem US-Dollardeutlich abgewertet, wodurch sich auch der Franken zum US- Dollar ab-geschwa"cht hat. Vor diesem Hintergrund ist die Nationalbank zum Schlussgekommen, dass die Durchsetzung und die Aufrechterhaltung des Euro-Franken- Mindestkurses nicht mehr gerechtfertigt sind.

    Wie die Nationalbank vor diesem Hintergrund zum Schluss gekommen ist, dass dieDurchsetzung und die Aufrechterhaltung des Euro-Franken- Mindestkurses nicht mehr ge-rechtfertigt sei, kann nicht nachvollzogen werden. Im brigen lsst sich seit der Aufgabedes Mindestkurses in der Euro/Dollar Entwicklung beim besten Willen keinen Trend aus-machen: von der vermuteten weiteren Akzentuierung der Aufwertung des Dollars gegen-ber dem Euro kann keine Rede sein. Dies ist umso erstaunlicher, als im Sptherbst 2015die EZB erneut die Schleusen ffnete und im Gegensatz dazu das Fed in einem histori-schen Akt die Geldmarktzinsen anhob: Die folgende Grafik zeigt den Verlauf des Wechsel-kurses des Dollars zum Euro in der Zeit nach der Aufgabe des Mindestkurse im Januar2015.

    30. 1 2 8.2 31.3 30.4 31 .5 30.6 3 1.7. 31 .8 30.9 . 3 1.10 30.1 1 23 .12

    1.16

    1.14

    1.12

    1.1

    1.08

    1.06

    1.04

    USD/EUR Februar - Dezember 2015

    Thomas Jordan hat mit zwei Monaten Verzgerung an der Medienkonferenz am 19.3.2015weitere Grnde fr die Aufgabe des Mindestkurses angefhrt:

    Zustzliche Interventionen wren zwecklos und die daraus entstehenden

    enormen Verluste nicht zu rechtfertigen gewesen.Ein Hinauszgern desAufhebens des Mindestkurses wre nur auf Kosten einer unkontrollierba-ren Ausdehnung der Bilanz um mehrere 100 Milliarden potenziell um ein

    B. Mller-Schnyder/Jan.2016 Die Kosten der Aufgabe des Mindestkurses S. 20

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    Mehrfaches des schweizerischen Bruttoinlandproduktes mglich gewe-sen.

    Ein Hinauszgern des Mindestkurs-Endes htte Milliarden verschlungen.Diese unkontrollierbare Bilanzausdehnung htte die zuknftige geldpoliti-sche Handlungsfhigkeit der SNB stark beeintrchtigt und die Erfllungdes Mandat in der langen Frist gefhrdet

    Bei einer glaubwrdigen Verteidigung des Mindestkurses ist eine so hohe Ausdehnung derBilanz usserst unwahrscheinlich, wohingegen bei fehlender Glaubwrdigkeit durchaussehr grosse Interventionen notwendig oder sogar zwecklos sind. Die Alternative zur Auf-gabe wre die Beibehaltung des Mindestkurses unter Wiederherstellung der Glaubwrdig-keit gewesen.

    Zur Berechnung der monatlichen Interventionen

    Die SNB publiziert keine Statistiken ber die Interventionen. Diese lassen sich fr die imPapier verfolgten Zwecke jedoch hinreichend genau aus den Monatsstatistiken der Natio-nalbankbilanz sowie aus den von der SNB aufbereiteten Tabellen zur Notenbankgeld-menge ermitteln. Die nderungen der Whrungsreserven sind aber kein taugliches Mittel,da diese neben den Interventionen auch Wertnderungen (Market Actions) und Ertrgebeinhalten. Ein guter Proxi fr die Interventionen sind aber die monatlichen nderungender Notenbankgeldmenge, zumal die Inlandkomponenten der Entstehung fr die wichtigs-ten Interventionsperioden praktisch vernachlssigbar waren (sie sind meist Null oder aberin diesen Perioden relativ konstant und vergleichsweise gering). Einen Strich durch dieRechnung knnten Ausserbilanzgeschfte machen, wenn sie einen grossen Leverage be-inhalten wrden. Dies ist aber offensichtlich nicht der Fall, wie die sorgfltige Analyse des

    Jahresberichtes von 2014 sowie der quartalsweisen Gewinn- und Verlustrechnungen beiden geldpolitischen Beurteilungen zeigen. Die beiden Statistiken (Monatsbilanz und Tabel-le ber Notenbankgeldmenge) stimmen bei den beiden Bestnden Notenumlauf und Gi-roguthaben inlndischer Banken in der Regel sehr gut berein. In einzelnen wenigen Mo-naten kann es jedoch signifikante Abweichungen geben. Fr die Berechnungen wurdedeshalb stets auf die Monatsbilanzen abgestellt. Die Integration der Post in die Geldmen-genstatistik (Juni 2013) stellt ein einmaliger Strukturbruch dar, der bercksichtigt wordenist. Fazit: Die monatliche Notenbankgeldmengennderung stellt ein guter Proxi fr dasAusmass der Interventionen dar (Ausnahme der Monat Juni 2013, welcher eine Korrekturvon 41.3. Mia Fr. bedingt).

    B. Mller-Schnyder/Jan.2016 Die Kosten der Aufgabe des Mindestkurses S. 21