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1 2013 INFORMATIONEN FÜR BETROFFENE Liebe Leserinnen, liebe Leser Wenn die Blätter sich bunt färben und die Tage kürzer werden, ist es wieder Zeit für unser Bulletin. Wir freuen uns deshalb, Ihnen heute unsere achte Ausgabe überreichen zu dürfen. Unser 6. Patientensymposium vom 20. April 2013 war wieder ein gros- ser Erfolg. Viele Betroffene und Angehörige haben den Weg ins Swissôtel Zürich gefunden. Mehr darüber finden Sie im Bulletin. Neues vom Amerikanischen Häma- tologiekongress (ASH) 2012 in At- lanta. Der Bericht vermittelt Ihnen einen Überblick über neue Substan- zen, laufende Studien und Behand- lungen. Mehr unter Beiträge. Inhalt Seite Editorial 1 Veranstaltung 6. MM-Patientensymposium 2 Beiträge Neues vom ASH 2012 4 Berner Selbsthilfegruppe 11 Bericht Erfahrungsbericht eines Betroffenen 12 Kontakte Ansprechpartner 16 Wieder dürfen wir die Geschichte eines Betroffenen in unserem Bulle- tin publizieren. Es wäre schön, wenn uns auch Angehörige ihre Geschichte aufzeichnen würden. Ein paar Gedanken zur Patienten- kompetenz. Eine wichtige Grund- lage ist die Fähigkeit zur Kommuni- kation. Der Patient ist Experte in eigener Sache. Er weiss über sich in vielen Bereichen sehr gut, in man- chen am besten Bescheid, muss dies aber auch vermitteln können und wollen, gegenüber Ärzten, aber auch gegenüber seinem sozialen Umfeld. Für die meisten Menschen sind so- ziale Netze eine wichtige Basis zur Unterstützung und zum Austausch, seien es die Familie, Freunde oder eine Selbsthilfegruppe. Solche so- ziale Netze gilt es aufzubauen, zu nutzen und auch zu pflegen. In den Selbsthilfegruppen finden Sie die Unterstützung von Mitbetroffenen. Die Adressen der Ansprechpartner finden Sie im Bulletin auf der letz- ten Seite oder auf unserer Homepage unter www.multiples-myelom.ch. Fritz Maier, Begleiter der Berner Myelom-Selbsthilfegruppe ist es gelungen, Prof. Fey vom Inselspital Bern für einen Vortrag zu gewinnen. Näheres unter Beiträge. Im Jahr 2014 steht die Myelom Kontaktgruppe Schweiz bereits seit 15 Jahren im Dienste von MM-Be- troffenen und Angehörigen. Gegründet wurde der Verein von Henk Mittendorf, Franz Mosimann, Richi Meier und Ruth Bähler. Im gleichen Jahr wurde auch die Selbsthilfegruppe Zürich von Franz Mosimann und die Gruppe St. Gal- len von Henk Mittendorf ins Leben gerufen. Heute wird die Gruppe Zürich von Heini Zingg und die Gruppe St. Gallen von Arno Jäckli betreut. Damit wir auch weiterhin unsere Kosten finanzieren können, sind wir auf Ihre Spende angewiesen. Bitte unterstützen Sie unsere unentgeltli- che und ehrenamtliche Arbeit mit Ihrem Beitrag. Herzlichen Dank al- len, die unsere Arbeit auch in die- sem Jahr wieder unterstützen und unterstützt haben. Ich wünsche Ihnen, Ihren Familien und Freunden eine schöne Advents- zeit und ein neues Jahr mit Gesund- heit soweit als möglich sowie Lebensfreude und Zufriedenheit. Herzlichst, Ihre Ruth Bähler und Team Ruth Bähler Präsidentin der MKgS EDITORIAL

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2013INFORMATIONEN FÜR BETROFFENE

Liebe Leserinnen, liebe Leser

Wenn die Blätter sich bunt färbenund die Tage kürzer werden, ist eswieder Zeit für unser Bulletin. Wirfreuen uns deshalb, Ihnen heute unsere achte Ausgabe überreichenzu dürfen.

Unser 6. Patientensymposium vom20. April 2013 war wieder ein gros-ser Erfolg. Viele Betroffene und Angehörige haben den Weg insSwissôtel Zürich gefunden. Mehrdarüber finden Sie im Bulletin.

Neues vom Amerikanischen Häma-tologiekongress (ASH) 2012 in At-lanta. Der Bericht vermittelt Ihneneinen Überblick über neue Substan-zen, laufende Studien und Behand-lungen. Mehr unter Beiträge.

Inhalt Seite

Editorial 1

Veranstaltung6. MM-Patientensymposium 2

BeiträgeNeues vom ASH 2012 4Berner Selbsthilfegruppe 11

BerichtErfahrungsbericht einesBetroffenen 12

KontakteAnsprechpartner 16

Wieder dürfen wir die Geschichteeines Betroffenen in unserem Bulle-tin publizieren. Es wäre schön,wenn uns auch Angehörige ihre Geschichte aufzeichnen würden.

Ein paar Gedanken zur Patienten-kompetenz. Eine wichtige Grund -lage ist die Fähigkeit zur Kommuni-kation. Der Patient ist Experte in eigener Sache. Er weiss über sich invielen Bereichen sehr gut, in man-chen am besten Bescheid, muss diesaber auch vermitteln können undwollen, gegenüber Ärzten, aberauch gegenüber seinem sozialenUmfeld.Für die meisten Menschen sind so-ziale Netze eine wichtige Basis zurUnterstützung und zum Austausch,seien es die Familie, Freunde odereine Selbsthilfegruppe. Solche so-ziale Netze gilt es aufzubauen, zunutzen und auch zu pflegen. In denSelbsthilfegruppen finden Sie dieUnterstützung von Mitbetroffenen.Die Adressen der Ansprechpartnerfinden Sie im Bulletin auf der letz-ten Seite oder auf unsererHomepage unter www.multiples-myelom.ch.

Fritz Maier, Begleiter der BernerMyelom-Selbsthilfegruppe ist esgelungen, Prof. Fey vom InselspitalBern für einen Vortrag zu gewinnen.Näheres unter Beiträge.

Im Jahr 2014 steht die MyelomKontaktgruppe Schweiz bereits seit15 Jahren im Dienste von MM-Be-troffenen und Angehörigen. Gegründet wurde der Verein vonHenk Mittendorf, Franz Mosimann,Richi Meier und Ruth Bähler. Imgleichen Jahr wurde auch dieSelbsthilfegruppe Zürich von FranzMosimann und die Gruppe St. Gal-len von Henk Mittendorf ins Lebengerufen. Heute wird die Gruppe Zürich von Heini Zingg und dieGruppe St. Gallen von Arno Jäcklibetreut.

Damit wir auch weiterhin unsereKosten finanzieren können, sind wirauf Ihre Spende angewiesen. Bitteunterstützen Sie unsere unentgeltli-che und ehrenamtliche Arbeit mitIhrem Beitrag. Herzlichen Dank al-len, die unsere Arbeit auch in die-sem Jahr wieder unterstützen undunterstützt haben.

Ich wünsche Ihnen, Ihren Familienund Freunden eine schöne Advents-zeit und ein neues Jahr mit Gesund-heit soweit als möglich sowie Lebensfreude und Zufriedenheit.

Herzlichst, Ihre

Ruth Bähler und Team

Ruth BählerPräsidentin der MKgS

EDITORIAL

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Unser 6. Patientensymposium vom 20. April 2013 mit namhaften Refe-renten war einmal mehr sehr gut be-sucht. Fast 200 Besucher aus allenRegionen der Schweiz fanden den Wegzum Swissôtel in Zürich-Oerlikon. Das ehrenamtlich und unentgeltlichtätige Team unserer Selbsthilfeorga-nisation hatte alle Hände voll zu tun,dem Besucherandrang gerecht zu

Rückblick auf das 6. Patientensymposium vom 20. April 2013 im Swissôtel Zürich-Oerlikon

Ruth Bähler, Präsidentin der Myelom Kontaktgruppe Schweiz und Begleiterin der Gruppe Basel, informierte über denSinn der Selbsthilfe und stellte anschliessend die Gruppen leiter der Selbsthilfegruppen der MKgS vor.

werden. Herr Thomas Lyssy führte dieAnwesenden einmal mehr fachkundigdurch die Veranstaltung. Wir sind sehrzufrieden mit dem reibungslosen Ab-lauf der Veranstaltung.Im Rahmen des Symposiums wurdeden Patienten und ihren AngehörigenGelegenheit geboten, sich umfassendüber die Krankheit zu informieren undFragen zu stellen.

Das Informationsangebot reichte vonden Mechanismen der Krankheitsent-stehung über die Erstlinienbehand-lung beim Multiplen Myelom undTherapieoptionen für vorbehandelteMyelom-Patienten bis zu den Risikenund Chancen der allogenen Stamm-zelltransplantation und – wichtig –die Behandlung des Myeloms im Rah-men von klinischen Studien.

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Dr. Christian Taverna, leitender ArztOnkologie, Spital Münsterlingen, gabeine sehr gut verständliche Übersichtüber die allgemeinen Grundlagen desMultiplen Myeloms.

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Dr. Jörg Halter, Oberarzt Zellersatz-ambulatorium am UniversitätsspitalBasel, informierte umfassend über die Erstlinienbehandlung beim Multiplen Myelom.

Dr. Ulrich Mey, Kantonsspital Graubünden, sprach über die Therapieoptionen für vorbehandelteMyelom-Patienten.

Dr. Urs Schanz vom UniversitätsspitalZürich gab einen Einblick über die Risiken und Chancen einer allogenenStammzelltransplantation.

Dr. Thilo Zander, Luzerner Kantons -spital, informierte über die Behand-lung des Myeloms im Rahmen vonklinischen Studien.

Die gebotenen Informationen warenhilfreich, sowohl bei künftigen Ent-scheidungen und darüber hinausauch, um Ängste abzubauen. Die Ge-spräche mit den Referenten und Dis-kussionen mit anderen Betroffenenmachten Mut zur optimalen Krank-heitsbewältigung.

Wir danken Ihnen für Ihr grosses In-teresse und die zahlreichen Spenden.

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Biologie des Multiplen MyelomsBeim Multiplen Myelom treten – wieauch bei anderen Krebserkrankungendes Blutes oder des Knochenmarks –viele verschiedene genetische Verän-derungen in den bösartig verändertenZellen auf. Diese genetischen Verän-derungen haben Auswirkungen aufSignalwege, die in der Steuerung derZellvermehrung eine wichtige Rollespielen. Letzten Endes kommt es da-durch zu einer unkontrollierten Ver-mehrung bösartiger Zellen. Aber an-ders als z. B. bei der Chronischen Mye-loischen Leukämie, bei der durch dieBlockade eines einzigen überaktivier-ten Signalweges eine langfristige undnebenwirkungsarme Krankheitskon-trolle erreicht werden kann, müssenin der Behandlung des MultiplenMyeloms nach Möglichkeit verschie-dene Signalwege parallel abgeschal-tet werden, um eine Vermehrung vonMyelomzellen zu verhindern. Man hat nun erkannt, dass beim Mul-tiplen Myelom bereits bei Diagnose-

stellung unterschiedliche sog. „Sub-klone“ vorliegen. D. h. nicht jede Tu-morzelle ist gleich. Es gibt ein Neben-einander verschiedener Tumorzellen,die unterschiedlich auf die eingelei-tete Behandlung ansprechen können.Während bestimmte Tumorzellen re-duziert werden können, vermehrensich andere weiter. Die Behandlung istdadurch weniger effektiv. Dieses un-terschiedliche Ansprechen macht esaber möglich, bei einem Patienten,der bereits einmal auf eine Therapieangesprochen hat, nach einer Pauseoder nach einer anderen Behandlungwieder auf das zuerst eingesetzte Medikament zurückzugreifen – mitähnlich gutem Erfolg. Ein Patient, deranfangs z. B. auf Bortezomib ange-sprochen hat, kann nach einer zwi-schengeschalteten Behandlung mit z. B. Lenalidomid oder Thalidomid(oder anderen Substanzen) erneut er-folgreich und nebenwirkungsarm mitBortezomib behandelt werden.

PrognosemarkerIn einer internationalen Analyse wur-de gezeigt, dass die Prognose abhän-gig vom Vorliegen bestimmter Risiko-faktoren ist. Folgende Faktoren wur-den in der Analyse untersucht: • erhöhte Serum-LDH • ISS-Stadium III• Vorliegen einer Translokation

t (4;14)• Vorliegen einer Deletion 17pWenn keiner dieser Risikofaktorenvorlag, war die Prognose besondersgünstig. Die beiden genetischen Ver-änderungen – Translokation t (4;14)und Deletion 17p – waren hingegenin Kombination mit einem der ande-ren Faktoren mit einer besonders un-günstigen Prognose behaftet. Manspricht daher bei Vorliegen dieser Ver-änderungen auch von einer sog.„Hochrisikozytogenetik“.

Multiples Myelom: Neuigkeiten vomAmerikanischen Hämatologen-Kongress (ASH) 2012

Ein Beitrag von Professor Dr. Hermann Einsele und PD Dr. Stefan Knop, Deutsche Studiengruppe Multiples Myelom (DSMM), Medizinische Klinik und Poliklinik II, Zentrum Innere Medizin, Universitätsklinikum Würzburg, Oberdürrbacher Straße 6, 97080 Würzburg, [email protected]; [email protected] Quellennachweis: DLH info 50

Induktionstherapie Therapie, mit der ein erstes Ansprechen der Erkrankung erreicht werden soll

Reinduktionstherapie Therapie, mit der ein erstes Ansprechen der Erkrankung nach einem Rückfall erreicht werden soll

Autologe Stammzelltransplantation Rückübertragung eigener blutbildender Stammzellen

Allogene Stammzelltransplantation Übertragung blutbildender Stammzellen eines Familien- oder Fremdspenders

Deletion Genetische Veränderung, bei der ein Teil eines Chromosoms verloren geht

Translokation Genetische Veränderung, bei der ein Teil eines Chromosoms auf ein anderes übertragen wird

Serum-LDH LDH = Laktatdehydrogenase; Marker im Blut, der auf einen Zellschaden hinweist

Tabelle1: Erklärung von Fachwörtern, die in diesem Artikel eine Rolle spielen.

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Derzeit arbeiten verschiedene Mye-lom-Studiengruppen weltweit mitsog. Genexpressionsprofilen (GEP), d. h. sie untersuchen Tumorzellen da-raufhin, ob bestimmte Gene hoch-oder herunterreguliert werden. Diesesog. GEP-Signaturen können zuneh-mend für die Vorhersage eines mög -licherweise frühzeitigen Rückfalls herangezogen werden. Weitere neudefinierte Risikofaktoren für einenungünstigen Verlauf eines MultiplenMyeloms unter einer Induktionsthe-rapie und Hochdosistherapie mit au-tologer Stammzelltransplantationsind die Deletionen 1p22 und 1p32.Diese Veränderungen können zusam-men mit einer Translokation t (4;14)oder einer Deletion 17p auftreten.

Mithilfe einer Analyse des ProteinsCereblon scheint es möglich zu sein,das Ansprechen auf eine Therapie mitThalidomid, Lenalidomid oder Poma-lidomid besser vorhersagen zu kön-nen. Fehlt das Protein, ist ein nur ge-ringes Ansprechen auf diese Medika-mente zu erwarten.

Smoldering MyelomaNeue Erkenntnisse gab es auch fürPatienten mit einem noch nicht be-handlungspflichtigen Myelom, demsog. „Smoldering Myeloma“ [to smol-der (engl.) = schwelen, glimmen, glü-hen]. Die Arbeitsgruppe um Kai Ne-ben, Heidelberg, konnte zeigen, dass

das Smoldering Myeloma bei Patien-ten mit bestimmten genetischen Ver-änderungen (z. B. Deletion 17p, Trans-lokation t (4;14)) deutlich schneller inein behandlungspflichtiges Myelomübergeht als bei Patienten, bei denenentsprechende Veränderungen nichtvorliegen.

Induktionstherapie vor StammzelltransplantationDie Hinzunahme von Bortezomib zurInduktionstherapie vor einer autolo-gen Stammzelltransplantation führtin allen Risikogruppen zu einer Ver-längerung der Zeit ohne Fortschreitender Erkrankung. In der Gesamtgruppebetrug der Unterschied 41,5 Monateim Vergleich zu 33 Monaten bei Pa-tienten, die keine BortezomibhaltigeInduktionstherapie bekommen hat-ten. Trotz der Verbesserung der Prog-nose von Patienten mit Translokation t (4;14) und Deletion 17p kann dieBortezomibhaltige Induktionstherapieden negativen Einfluss dieser geneti-

schen Veränderungen jedoch nichtganz aufheben.

In der DSMM XIII-Studie der Deut-schen Studiengruppe Multiples Mye-lom (DSMM) wird bei Patienten imAlter von über 65 Jahren die Rolle derautologen Stammzelltransplantationnach einer Induktionstherapie mit Le-nalidomid und Dexamethason undanschliessender Lenalidomid-Erhal-tungstherapie geprüft. Es konnte zu-nächst an 149 Patienten gezeigt wer-den, dass nach Lenalidomid und De-xamethason eine erfolgreiche Stamm -zellmobilisierung möglich ist (bei 97 % der Patienten). Die Verträglich-keit der Induktionstherapie und derMobilisierungstherapie mit G-CSF[Granulozyten-Kolonie-stimulieren-der Faktor] mit oder ohne CE [Cyclo-phosphamid/Etoposid] war bei denPatienten ebenfalls sehr gut. WeitereDaten zur DSMM XIII-Studie werdenbei den nächsten ASH-Jahrestagun-gen vorgestellt.

Verlängerung der Zeit ohne Fortschreiten der Erkrankung durch Hinzunahme von Bortezomib zur Induktionstherapie vor Stammzelltransplantation

Deletion 17p vorhanden 27 Monate im Vergleich zu 19 Monaten

Translokation t (4;14) vorhanden 36 Monate im Vergleich zu 24 Monaten

Keine Hochrisikozytogenetik 47 Monate im Vergleich zu 38 Monaten

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Qualität des AnsprechensNeuerdings wird das Verhältnis derLeichtketten, also Lambda- zu Kappa-Ketten, in die Analyse der Qualität desAnsprechens mit einbezogen. Neu istauch, dass jetzt zusätzlich Immun-phänotypisierungen durchgeführtwerden. Bei dieser Untersuchungsme-thode werden mithilfe von Oberflä-chenmolekülen bösartige Plasmazel-len im Knochenmark (d. h. die Mye-lomzellen) von normalen Plasmazel-len unterschieden. Es handelt sich umeine sehr empfindliche Methode zumNachweis von Resttumorzellen imKnochenmark, z. B. nach einer Hoch-dosistherapie mit autologer Stamm-zelltransplantation. Neue Untersuchungen zeigen, dassein negativer PET-CT-Befund [PET-CT= Positronenemmissionstomografie inKombination mit einer Computer -tomografie] nach einer autologenStammzelltransplantation eine sehrgute Krankheitskontrolle anzeigenkann. Mithilfe einer PET-CT könnenzudem Myelomherde ausserhalb desKnochenmarks, sog. extramedulläreManifestationen, aufgespürt werden.

KonsolidierungstherapieBei Patienten, die noch eine deutlichmessbare Tumorlast nach autologerStammzelltransplantation aufweisen,kann sich eine anschliessende konso-lidierende Therapie mit dem Ziel einerweiteren Reduktion der Tumorlast aufdie Zeit ohne Fortschreiten der Er-krankung positiv auswirken. Hierzugibt es neue Daten von Studiengrup-pen aus Holland und Frankreich. Sokonnte z. B. in einer französischenStudie die Rate an kompletten Remis-sionen durch eine VTD-Konsolidierungmit Bortezomib, Thalidomid und De-xamethason deutlich erhöht werden(V steht für Velcade®, dem Handels-namen von Bortezomib). Die Rückfall-rate sank von 55 % auf 21 %. Der Vor-teil der VTD-Konsolidierungstherapienach Stammzelltransplantation konn-te auch von Michele Cavo von der ita-lienischen Myelom-StudiengruppeGIMEMA gezeigt werden.

TandemtransplantationDerzeit wird wieder verstärkt in Rich-tung Tandemtransplantation [= Durch -führung von zwei autologen Stamm-zelltransplantationen innerhalb vonsechs Monaten] argumentiert. So wa-ren sowohl in einer italienischen Stu-die als auch in der deutsch-holländi-schen Studie GMMG-HD4/Hovon 65vor allem bei den Hochrisikopatientendie Zeit ohne Fortschreiten der Er-krankung und das Gesamtüberlebennach der Tandemtransplantation imVergleich zur Einfachtransplantationverlängert.

Allogene TransplantationBei Hochrisikopatienten kommt aus-serdem vermehrt die allogene Stamm-zelltransplantation von einem Famili-en- oder Fremdspender zum Einsatz.Dieses Verfahren gilt nach wie vor alseinzige Behandlungsmöglichkeit, mitder beim Multiplen Myelom eine Hei-lung erreicht werden kann. Wegen derhohen Risiken, mit denen dieses Ver-fahren behaftet ist, kommen allerdingsnur bestimmte Patienten dafür infrage.Erfolgreich angewendet wurde dieTherapie u. a. in der DSMM V-Studiebei Patienten mit Deletion 17p.

Primärbehandlung bei älteren PatientenEs wurden aktualisierte Daten zurVISTA-Studie gezeigt, in der bei älte-ren Patienten, die nicht für eineStammzelltransplantation infragekommen, Melphalan plus Prednisolon(MP) mit der neuen Therapie Melpha-lan/Prednisolon plus Bortezomib(VMP) verglichen wurde. Auch in derlangfristigen Analyse zeigt sich eineindeutiger Vorteil für VMP im Ver-gleich zu MP mit einem Überlebens-vorteil von über 13 Monaten. Der Vor-teil der Kombination Melphalan/Pred-nisolon plus Thalidomid im Vergleichzu Melphalan/Prednisolon allein be-trägt hingegen nur etwa 6 Monate.

Bei älteren Patienten wird derzeit ver-sucht, mit neueren Medikamenten inder Primärtherapie die Behandlungs-erfolge zu verbessern (vgl. Abschnitt„Neue Substanzen“).

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ErhaltungstherapieZunehmend wird gerade bei älterenPatienten darüber diskutiert, nach ei-ner Induktionstherapie mit zum Bei-spiel neun Zyklen Melphalan/Predni-solon/Thalidomid oder Melphalan/Pred nisolon/Bortezomib anschlies-send eine Erhaltungstherapie zumBeispiel mit Thalidomid oder Lenali-domid durchzuführen. Für die Erhal-tungstherapie mit Thalidomid gab esbisher nur in einer von fünf Studieneinen Anhalt für eine Verbesserungdes Überlebens. Für eine Lenalido-mid-Erhaltungstherapie nach er-folgter Induktionstherapie mit Melp-halan/Prednisolon plus Lenalidomidkonnte in einer grossen, inzwischenveröffentlichten Studie (New EnglandJournal of Medicine; Palumbo et al.)eine deutliche Verlängerung der Zeitbis zum Fortschreiten der Erkrankung,aber noch keine Verbesserung des Gesamtüberlebens dokumentiert wer-den.

Auch für eine Bortezomib/Thalido-mid-Erhaltungstherapie gibt es po-sitive Daten. So konnte für die Kom-bination VMPT, also Bortezomib/Melphalan/Prednisolon/Thalidomidgefolgt von einer Bortezomib/Thalido-mid-Erhaltung eine Verlängerung derZeit ohne Fortschreiten der Erkran-kung im Vergleich zu einer VMP-The-rapie ohne Erhaltungstherapie gezeigtwerden. Auch im 5-Jahres-Gesamt-überleben zeigt sich inzwischen eindeutlicher, statistisch signifikanterVorteil der Erhaltungstherapie mitBortezomib/Thalidomid.

Von der spanischen StudiengruppePETHEMA wurde eine Erhaltungsthe-rapie mit Interferon im Vergleich zuThalidomid und zu Bortezomib/Thali-domid geprüft. Die Zeit ohne Fort-schreiten der Erkrankung war nachBortezomib/Thalidomid deutlich bes-ser als in den beiden anderen Grup-pen. Bisher konnte allerdings nochkein Überlebensvorteil gezeigt wer-den.

Behandlung im RückfallEine wichtige und immer wieder vonden Patienten gestellte Frage ist die,ob man nach Vorbehandlung mit z. B.Bortezomib, Thalidomid oder Lenali-domid bei einem Rückfall erneut mitder entsprechenden Substanz behan-delt werden kann (vgl. Abschnitt „Bio-logie des Multiplen Myeloms“, S. 4).Eine grosse Analyse, die auf dem ASH2012 vorgestellt wurde, zeigte, dassvon den Patienten, die innerhalb vonneun Monaten nach einer ersten Bor-tezomib-Behandlung ein Fortschrei-ten der Erkrankung hatten, 43 % wie-der auf eine bortezomibhaltige The-rapie ansprachen. Die Zeit bis zumnächsten Rückfall betrug sieben Mo-nate. Bei Patienten, die mehr als neunMonate nach einer ersten Bortezo-mib-Behandlung ein Fortschreiten derErkrankung hatten, sind diese Wertesogar noch etwas besser. Dies belegtklar, dass bei Patienten, die zunächstauf eine Therapie mit Bortezomib an-gesprochen haben, nach einer Thera-piepause und einem Rückfall eine er-neute Bortezomib-Therapie sicherund wirksam sein kann. Dies konnteauch für Patienten, die über 65 Jahrealt sind, bestätigt werden.

Eine weitere Analyse wurde für Lena-lidomid durchgeführt. Dabei wurdenPatienten untersucht, die im Rahmender MM015-Studie behandelt wur-den. Patienten die Melphalan/Predni-solon erhielten, sprachen zu 72 % aufeine Lenalidomid-basierte Rückfall-therapie an. Patienten, die Melpha-lan/Prednisolon und Lenalidomid er-hielten, sprachen immerhin noch zu58 % auf eine Lenalidomid-basierteRückfalltherapie an. Sogar Patienten,die unter einer Erhaltungstherapie mitLenalidomid (10 mg/Tag) ein Fort-schreiten der Erkrankung entwickel-ten, sprachen zu 30 % auf diese The-rapie an, nachdem die Dosis von Le-nalidomid erhöht worden war.

Vielversprechend ist im Rückfall auchdie Kombination Bortezomib, Lena-lidomid und Dexamethason gefolgtvon einer Lenalidomid-Erhaltungsthe-rapie. In der holländischen Hovon 86-

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Studie konnte mit dieser Kombinationbei 30 % der Patienten ein komplettesoder annähernd komplettes Anspre-chen dokumentiert werden. Gut dieHälfte der Patienten war nach 18 Mo-naten noch ohne Fortschreiten der Er-krankung. Hauptnebenwirkung wareine höhergradige Polyneuropathiebei 19 % der Patienten.

Ebenfalls vielversprechend bei einemRückfall ist das Protokoll Bendamus-tin/Bortezomib/Dexamethason. Die-se Kombination wurde von Heinz Lud-wig aus Wien vorgestellt. Von insge-samt 74 Patienten sprachen 48 aufdie Therapie an, davon 16 komplettoder annähernd komplett.

Erneute StammzelltransplantationEine weitere wichtige Frage, die im-mer wieder diskutiert wird, ist die ei-ner erneuten autologen Stammzell-transplantation bei Patienten mit ei-nem Rückfall nach dieser Behandlung.In einer Analyse wurden 200 Patien-ten untersucht, die eine autologeStammzelltransplantation nach ei-nem Rückfall nach einer ersten auto-logen Stammzelltransplantation bzw.einer Tandem-Transplantation erhiel-ten. Die Ansprechrate (komplett undteilweise) betrug 80 %, die Zeit ohneFortschreiten der Erkrankung 15,2Monate. Bei Patienten mit einer Re-missionsdauer von mindestens 18 Mo -naten nach Ersttransplantation, einerBortezomib- oder Lenalidomid-halti-gen Induktionstherapie sowie einemAnsprechen auf die Reinduktionsthe-rapie waren diese Werte noch besser.

Immer wieder wird in diesem Zusam-menhang auch die Frage gestellt, obeine autologe Stammzelltransplanta-tion bei Patienten durchgeführt wer-den kann, die nicht auf eine Reinduk-tionstherapie angesprochen haben.Hier wurde von der spanischen Studi-engruppe PETHEMA um Laura Rosiñoleine Analyse vorgestellt, die zeigte,dass bei Patienten, die unter einerReinduktionstherapie zumindest einestabile Erkrankung haben, eine auto-loge Stammzelltransplantation durch - geführt werden sollte. Die Zeit ohne

Fortschreiten der Erkrankung und dasGesamtüberleben waren annäherndso gut wie bei Patienten, die ein bes-seres Ansprechen hatten. Nicht sinn-voll ist die autologe Stammzelltrans-plantation hingegen bei Patienten, beidenen die Erkrankung unter einerReinduktionstherapie fortschreitet.

Neue SubstanzenIn den nächsten Monaten werden inEuropa einige neue Substanzen zuge-lassen, andere werden zumindest inStudien zur Verfügung stehen.

Pomalidomid stammt – wie Thalido-mid und Lenalidomid – aus der Grup-pe der sog. IMiDs® (Immunomodula-tory Drugs). Die Substanz ist abernoch aktiver. Bei Patienten, die bereitsmindestens zwei Therapien erhaltenhaben, davon u. a. Lenalidomid undBor tezomib, war ein Ansprechen(komplett und teilweise) bei fast 40 %der Patienten festzustellen. Die An-sprechdauer betrug mehr als achtMo nate. Erfreulicherweise ist die Sub-stanz ingesamt relativ nebenwir-kungsarm.

Interessant ist auch die KombinationPomalidomid/Cyclophosphamid undDexamethason. Hiermit konnte einAnsprechen (komplett und teilweise)bei über 50 % der Patienten – trotzintensiver Vorbehandlung bzw. Thera-pieresistenz auf Lenalidomid – ge-zeigt werden. Die Hauptnebenwir-kung war hier die Verminderung derBlutzellwerte.

In einer weiteren Studie wurde dieKombination von Pomalidomid/Bor-tezomib und Dexamethason geprüft.Die Patienten mussten hier ebenfallsschon mit Lenalidomid behandeltworden sein.Die Ansprechrate (komplett und teil-weise) betrug mehr als 70 %. Kein Pa-tient musste die Therapie aufgrundvon Nebenwirkungen abbrechen. [Anmerkung: Pomalidomid ist zwi-schenzeitlich in den USA und Europafür Patienten mit nach Bortezomibund Lenalidomid rezidiviertem Multi-plen Myelom zugelassen.]

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Eine weitere neue Substanz, Carfilzo-mib, gehört – wie auch Bortezomib –zur Gruppe der Proteasominhibitoren.Berenson und Mitarbeiter stellten Da-ten von Patienten vor, die unter Bor-tezomib ein Fortschreiten der Erkran-kung hatten und dann mit Carfilzo-mib behandelt wurden. Bei 32 Patien-ten trat als Nebenwirkung vor allemeine Verminderung der Blutplättchen(Thrombozyten) auf. Nur zwei Patien-ten entwickelten Fieber. 8 % der Pa-tienten sprachen komplett an. Auchdieser neue Proteasominhibitor zeich-net sich durch gute Verträglichkeitaus, insbesondere hat er im Vergleichzu Bortezomib weniger nervenschädi-gende Nebenwirkungen.

In einer Studie von Antonio Palumbowurde die Kombination Carfilzo -mib/Cyclophosphamid und Dexame-thason als Primärtherapie vorgestellt.Dabei wurden neun Zyklen der Induk-tionstherapie verabreicht und an-schliessend eine Carfilzomib-Erhal-tungstherapie bis zum Fortschreitender Erkrankung durchgeführt. DieStudie, die an 58 älteren Patienten imAlter zwischen 55 und 86 Jahrendurchgeführt wurde, zeigte mit einerRate von 53 % ein erstaunlich guteskomplettes Ansprechen. Alle anderenPatienten hatten mindestens ein teil-weises Ansprechen. Auch Patientenmit Hochrisikozytogenetik und Stadi-um ISS III sprachen gut auf die The-rapie an.

Von Pieter Sonnefeld wurde eine neueInduktionstherapie mit Carfilzomib/Thalidomid und Dexamethason alsPrimärtherapie vorgestellt, die zu einem kompletten Ansprechen bei 18 % der Patienten führte. Etwa 90 %hatten zumindest ein teilweises An-sprechen.[Anmerkung: Carfilzomib ist in denUSA bereits zugelassen. Nach Zustim-mung durch die Krankenkassen undGenehmigung durch den pharmazeu-tischen Unternehmer kann an einigenZentren Carfilzomib auch in Deutsch-land eingesetzt werden. Carfilzomibwird darüber hinaus in Deutschland inKombination mit Bendamustin/Dexa-

methason im Rahmen einer von Martin Gramatzki, Kiel, geleitetenDSMM-Studie verfügbar sein.]

Ein ganz neues Medikament ist Ixa-zomib (MLN9708), der erste in Tablet-tenform verfügbare Proteasominhi -bitor. Dieses Medikament wird dem-nächst an mehreren deutschen Zentren,u. a. in einer von Monika Engel hardt,Freiburg, geleiteten DSMM-Studie, ver-fügbar sein. Ixazomib wurde bei Pa-tienten mit neu diagnostiziertemMyelom eingesetzt und führte bei et-wa 30 % zu einem kompletten An-sprechen. Erfreulicherweise ist auchdieser neue in Tablettenform zur Ver-fügung stehende Proteasominhibitornur in geringem Masse nervenschädi-gend. Von 65 behandelten Patientenhatten nur zwei eine höhergradigeNervenschädigung. Ixazomib kannausserdem zu Hautveränderungenführen, die sich aber nach Absetzendes Medikaments zurückbilden.

Eine ganz neue Behandlungsformbeim Multiplen Myelom stellen mo-noklonale Antikörper dar. Hierbeihandelt es sich um Medikamente, diean der Oberfläche von Tumorzellenweitgehend spezifische Moleküle er-kennen und dann entweder direktoder durch Vermittlung von Immun-mechanismen die Tumorzellen abtö-ten. Der Vorteil der Therapie mit Antikörpern besteht darin, dass siefast nie zu ausgeprägten Blutbildver-änderungen führen, keine Nieren-,Lungen- und Nervenschädigungenauslösen und überwiegend relativ gutverträglich sind. Bisher standen fürdas Multiple Myelom praktisch keineAntikörper zur Verfügung. Dies ändertsich derzeit deutlich. Die AntikörperDaratumumab und Elotuzumab wer-den im Rahmen von klinischen Studi-en an verschiedenen deutschen Zen-tren angeboten.

Daratumumab ist gegen das Oberflä-chenmolekül CD38 auf Myelomzellengerichtet. In einer Phase I/II-Studiewurde der Antikörper in Skandinavienund Holland bei Patienten mit weitfortgeschrittenem Myelom unter-

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sucht. Erfreulicherweise traten unterdieser Behandlung keinerlei Blutbild-veränderungen auf. Ein Teil der Pa-tienten hatte leichte, aber gut be-herrschbare allergische Reaktionenauf die Antikörperbehandlung. Trotzmassiver Vorbehandlungen und teil-weise fehlendem Ansprechen auf Le-nalidomid und Bortezomib sprachenimmerhin acht von zwölf Patienten,die in der bisher höchsten Dosisstufebehandelt wurden, teilweise oderkomplett auf diesen Antikörper an. Ein weiterer sehr interessanter Anti-körper ist Elotuzumab, der gegen dasOberflächenmolekül CS-1 auf Mye-lomzellen gerichtet ist. Dieser Anti-körper wurde in Kombination mit Lenalidomid und niedrig dosiertemDexamethason im Rückfall nach Pri-märtherapie und in einer weiteren

Studie in der Primärtherapie bei Pa-tienten, welche für eine Transplanta-tion nicht infrage kommen, einge-setzt. Die Ansprechrate (komplett undteilweise) betrug 84 %. Vor allem warbeeindruckend, dass die Zeit ohneFortschreiten der Erkrankung 26,9Monate betrug. Auch bei diesem An-tikörper sind die Nebenwirkungensehr gering. Die unter der Kombinati-onstherapie aufgetretenen Blutbild-veränderungen sind wohl in erster Li-nie auf Lenalidomid zurückzuführen. Ein spezieller neuer Antikörper, der inWürzburg entwickelt wurde und (nurhier) im Rahmen einer klinischen Stu-die angeboten wird, ist der PAT-SM6-Antikörper. Dieser Antikörpererkennt ein Tumorprotein, das aus-schliesslich auf bösartigen Plasmazel-len, d. h. auf den Myelomzellen, vor-

kommt. Es ist somit der erste Antikör-per, der zwischen bösartigen und ge-sunden Plasmazellen unterscheidenkann.

Um eine ganz neue Substanz handeltes sich bei ARRY 520, einem sog. Ki-nesin-Spindelprotein-Inhibitor. Dieseneue Substanz zeigte bei Patienten,die auf Bortezomib und Lenalidomidnicht mehr angesprochen haben, beiimmerhin über 20 % der Fälle nochein mindestens teilweises Anspre-chen. Die Hauptnebenwirkung dieserneuen Substanz sind Blutbildverände-rungen. Eine Studie mit dieser Substanz wirdzeitnah in Deutschland, u. a. auch inWürzburg, initiiert werden.

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Vortrag von Prof. Martin Fey vom 14. November 2012

An der Zusammenkunft unsererSelbsthilfegruppe vom 14. Novemberdurften wir Prof. Martin Fey von derKlinik und Poliklinik für MedizinischeOnkologie am Inselspital Bern bei unsbegrüssen. Einigen von uns, die eineHochdosistherapie am Inselspital ge-macht haben, war Prof. Fey bereits alsbehandelnder Arzt bekannt und eswar eine besondere Erfahrung, ihnnun nicht im weissen Kittel, sondernals ausgewiesene Kapazität auf demGebiet unserer Krankheit in unsererMitte zu erleben.Im ersten Teil seines Vortrags zeigteuns Prof. Fey den langen Weg, der vonder Forschung im Labor bis zum neuzugelassenen Medikament zu über-winden ist. Nach Studien im Labor,Prüfungen, aufwendigen Protokollenund klinischen Tests, teils mit grossenPatientenzahlen, kann sich letztlichherausstellen, dass ein neues Medika-ment kaum besser wirkt als bisherigeTherapien und somit gar nie auf denMarkt kommt. Dieser enorme Auf-wand, nicht zuletzt auch wegen be-hördlicher und ethischer Auflagen,verursacht derart gewaltige Kosten,dass diese praktisch nur internationa-le Pharmakonzerne zu tragen vermö-gen.Im zweiten Teil des Vortrags stelltProf. Fey uns in einer auch für Laienverständlichen Sprache Geschichteund Wirkungsweise von HochdosisChemotherapien (HD) mit Stammzell-Rücktransplantation vor. Er erklärt

Verfahren, Vor- und Nachteile sowiedie Möglichkeit des Wiederholens ei-ner HD. Auch die Unterschiede zwi-schen eigenen Stammzellen (autolog)und fremden Stammzellen (allogen)werden besprochen. Schliesslich be-antwortet Prof. Fey unsere Fragenüber Risiken, über die Notwendigkeitvon Rehabilitation und zum Erfolgvon HD. Dazu erklärt er uns, dass we-der die HD noch die neuen Medika-mente eine Heilung vom MultiplenMyelom bewirken, dass aber eine sub-stantielle Lebensverlängerung erzieltwerden kann.Im letzten Teil der Ausführungenkommt Prof. Fey auf die heute haupt-sächlich eingesetzten sogenanntenneuen Medikamente zu sprechen.Viele von uns haben bereits HD hintersich und fast alle haben Erfahrung mitBortezomib (Velcade®) oder Lenalido-mid (Revlimid®). Dazu werden unse-rem Referenten natürlich viele Fragengestellt; z. B. über die Anwendungneuer Medikamente anstelle von HD,

über Nebenwirkungen, Dosierung, Be-handlungsdauer bzw. Erhaltungsthe-rapie usw. Leicht zu verstehen, dassProf. Fey nicht auf einzelne Patienteneingehen konnte, unterscheidet sichdoch jede Krankengeschichte von deranderen. Immerhin durften wir aus ei-nigen Antworten ableiten, dass eswenig Sinn macht, untereinander La-borwerte zu vergleichen, da doch je-der Patient verschieden ist und diepersönliche Befindlichkeit oft wichti-ger als Laborwerte sind.Wir folgten den interessanten, oft mitHumor dargebrachten Ausführungenmit grossem Interesse. Seltenherrschte in unserer Runde währendüber einer Stunde so konzentrierteAufmerksamkeit. Wir danken Prof. Feyherzlich für das packende Referat unddie fachkundig beantworteten Fragen.Als Dank für den spannenden Nach-mittag überreichte unser Gruppenlei-ter Fritz Maier Prof. Martin Fey einPräsent.

Urs P. Zumbrunnen

Aus der aktiven Myelom Selbsthilfegruppe Bern

Fritz Maier bedankt sich bei Prof. Fey für seine Ausführungen

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Diagnose und Verlauf der Krankheit

Im November 2007 verspürte ich star-ke Schmerzen im Brustbereich mitdem Gefühl, im Zusammenhang miteiner Erkältung und Husten eine Rip-pe gebrochen zu haben. Wir befandenuns damals auf dem Boot und warenoft einem starken, eisigen Mistralausgesetzt. Da zu der Zeit eine Be-standesaufnahme meines Gesund-heitszustands erfolgte im Zentrumder Sozialversicherung in Nimes unddabei keine Auffälligkeiten sichtbarwurden, mass ich dem keine Bedeu-tung bei.

Während des ganzen folgenden Win-ters auf der Fiescheralp, unseremRückzugsquartier, hatte ich oft ähnli-che Schmerzen in Brust, Rücken undspäter besonders im Hüftbereich.Nach Rückkehr auf das Boot im Früh-jahr fühlte ich beim Anheben eineseingeklemmten Fenders einen schar-fen „Stich“ im Rücken … ergo ein Ver-dacht auf Diskushernie. Untersuchun-gen inkl. Röntgen brachten keine Er-kenntnisse: also wurden Antibiotikaund Schmerzmittel in Familienpa-ckungsgrösse verschrieben.Anfangs Mai machten wir unsere Lei-nen los und bewegten uns gemütlich

zum und auf dem Canal du Midi inRichtung Bordeaux. Infolge meiner„mäandernden“ Schmerzen, div. Besu-chen bei immer wechselnden Ärztenund dauernder Einnahme vonSchmerzmitteln und Antibiotika, zu-dem Sitzungen bei Kinesitherapeuten,wurde die Reise immer beschwerli-cher und durch ungeplante Liegetageverzögert. Sämtliche Arbeiten inSchleusen etc. mussten von meinerFrau erledigt werden, denn ich warnicht mehr in der Lage, z. B. eine Be-festigungsleine zu werfen, geschwei-ge denn daran zu ziehen. Schliesslichsuchte ich die Notaufnahme des Spi-tals von Agen auf, und ein aufmerk-samer Arzt veranlasste einen umge-henden Scan meines Skeletts. Das Bildzeigte diverse Knochendefekte in ver-schiedenen Körperregionen, und ichwurde zehn Tage lang im Spital be-halten und untersucht.Mit dem Befund „Multiples Myelom,Kappa, im Stadium IIIA“ und einemTermin im Spital meiner Wahl zurTherapie wurde ich Ende Juli entlas-sen. Auf die Frage nach der Lebenser-wartung meinte der mich betreuendeArzt lakonisch: vier bis sechs Monate,wenn man nichts macht, drei bis vierJahre bei sofortiger Aufnahme derTherapie.

Meine erste Konsultation im CHU(Centre Hospitalier Universitaire) vonNimes war am 13. August 2008. Esfolgten Abklärungen zur Therapie-tauglichkeit wie Scans von Oberkör-per und Kiefer, MRI, Herzklappenleis-tung, Zahnzustand etc., und mit derChemotherapie wurde am 19. August2008 begonnen. Stammzellen-Trans-plantation kam nicht infrage wegenmeines Alters. Geplant waren sechsZyklen mit folgendem Ablauf: Thera-pie an den Tagen 1 – 4 – 8 – 11 unddann zehn Tage Pause. Nach jedemZyklus wurden meine Blut-und Urin-werte umfassend untersucht.

Als Medikamente wurde Zophren,Bortezomib (Velcade®), Dexametha-son und Aredia eingesetzt:

Ab 10. Oktober 2008 wurde das De-xamethason abgesetzt infolge desAusbruchs einer schweren und langeanhaltenden Gürtelrose an Schulterund Rücken rechts. Dagegen wurdenZelitrex und Di-Antalvic eingenom-men. Die letzte Chemotherapie er-folgte am 19. Dezember 2008. Ausser der Gürtelrose hatte ich in derganzen Zeit nur wenige Probleme. Et-was Schlaflosigkeit, heissen Kopf,„Ameisen“ in den Beinen, verstärkte

Mit der Diagnose leben – „mein“ Multiples Myelom

VitaDas Licht der Welt erblickte ich 1935 in Schaffhausen, wo ich in der ländlichen Peripherie der Stadt aufwuchs.Nach Schule, Schlosserlehre und Rekrutenschule zog es mich 1956 für ein paar Jahre ins Ausland um selbst festzu-stellen, ob die Schweiz wirklich das einzig lebenswerte Land der Welt sei, wie das mein damaliger Schweizer Be-kanntenkreis behauptete. Zu der Zeit war es problemlos, in Australien und Neuseeland gutbezahlte Jobs zu finden.

1961 kam ich zurück in die Schweiz, mit Frau und dem ersten von schliesslich zwei Kindern im Gepäck. Dies nichtwegen einer bereits erwähnten chauvinistischen Einstellung, sondern weil ich die kulturelle Vielfalt und die de-mokratischen Werte der Schweiz vermisste.

Es folgte Weiterbildung in technischen und kaufmännischen Belangen, was zu langjähriger beruflicher Tätigkeitin Projekterarbeitung und Verkauf technischer Anlagen weltweit führte.

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Gelenk- und Rückenschmerzen, diesich aber mit der Zeit verringerten.

Im Frühjahr/Sommer 2009 verstärktensich die Rückenschmerzen. Plötzlichauftretende Lähmungen im rechtenBein waren nicht nur äusserstschmerzhaft, sie verunmöglichtenauch normales Gehen (Radfahren vomBoot zur Dusche und zum Einkaufenwaren ok). Ein MRI der Wirbelsäulewurde durchgeführt und festgestellt,dass zwei Lendenwirbel am Einbre-chen waren. Im CHU wurden dieseWirbel alsdann mit Acrylzement auf-gefüllt und damit verstärkt. Eineschmerzhafte Prozedur bei nur lokalerBetäubung, dafür aber erfolgreich inBezug auf den Bewegungsapparat undVerminderung der Schmerzen.Mit der Erkenntnis, dass ein weiteresLeben auf dem Boot weder sinnvollnoch zu verkraften war, hatte ich mei-nen Arzt in Nimes bereits vor dem Ein-griff darüber informiert, dass eineRückkehr in die Schweiz bevorstand.Also brachen wir unsere Zelte inFrankreich ab.

Die Art und Weise, wie meine Situa-tion und das Myelom in Frankreichbehandelt wurden, war beeindru-ckend. Mit der Analyse erhielt ich ei-

nen Sonderstatus, wie er Krebspatien-ten zusteht (auch Menschen die ananderen, lebensbedrohenden und un-heilbaren Krankheiten leiden) und diedamit ohne Selbstbehalt betreut wer-den. Ein entsprechender Eintrag aufder Mitgliedskarte weist einen aus,und man bezahlt damit alle Bezüge inApotheken, Labors etc., die in direkterVerbindung mit der Krankheit sind.Auch Eisenbahn- und Taxifahrtenwurden gegen Beleg vergütet. Dieswar in meinem Fall vorteilhaft, dennbekanntlich erfolgte die Diagnose inAgen, und in den therapiefreien Tagenverschoben wir uns – so weit es meinZustand erlaubte –mit dem Boot etap-penweise zurück zuunserem Liegeplatznahe Rhône undSpital. Für die Be-handlung fuhr ichjeweils vom nächst-liegenden Bahn hofnach Nimes undzurück. Etwa beiHalbzeit erreichtenwir unser Ziel, wasdann die Reisen insSpital erleichterte.Speziell war auchFolgendes: Ich war

verpflichtet, jeden Montag eine Blut-analyse machen zu lassen. Dafür er-hielt ich ein Rezept, worauf vermerktwar, dass die Blutentnahme durch La-borpersonal „à domicil“, also zuhause,erfolgen musste. Nun war das bei mirdas Boot, und die jeweiligen wech-selnden Labors sahen sich verpflich-tet, jemanden dahin zu entsenden.Wie erheiternd das gelegentlich seinkonnte, dokumentiert das Bild. EineDame hatte Angst davor, auf das Bootzu steigen, da wir an einer Böschunglagen. Also stellten wir Stühle auf denWeg daneben, und die Arbeit wurdedort erledigt.

Labordienstam Ufer desCanal du Midi in SüdfrankreichZum Ende der achtziger Jahre fühlte ich mich beruflich ausgebrannt (burn-out auf „modern“). So setzte sich im

Anschluss an eine Reise nach Norwegen mit Besuch auf dem Segelboot eines Freundes in meinem Kopf die Ideefest, ein Segelboot zu kaufen und in aller Freiheit die Welt zu bereisen.Seit zehn Jahren geschieden und erst am Anfang einer neuen Partnerschaft, war ich relativ frei, solches zu tun.Was ohne grosse Pläne und zeitlich unverbindlich anfing, entwickelte sich zu zwölf erlebnisreichen, unvergessli-chen Jahren zu zweit auf dem eigenen Boot in den Amerikas und im Südpazifik.

Das Segelboot wurde 2004 in Neukaledonien verkauft, und es folgten ein paar Jahre auf den BinnenkanälenEuropas mit einer Motorjacht. Zuletzt wollten wir länger in Südfrankreich bleiben, und so nahmen wir Wohnsitz(auf dem Boot) in Bellegarde, am Canal du Rhône à Sète, und traten in die obligatorische Krankenversicherung ein.Dann kam das Jahr 2008 und wir wurden gezwungen, unser Leben neu auszurichten.

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Im CHU war ich einem Spezialistenzugeteilt, der über alle Vorgänge in-formiert wurde, und der für alle Be-lange, die meine Therapie, Begleitum-stände und Lebensqualität betrafen,zuständig und Ansprechpartner war.Er blieb die vertraute Schlüsselfigur indiesem riesigen Spital.Die Behandlung selbst erfolgte im Ta-gesspital der Onkologie. Bei Wartezei-ten bekam man Einblick in die Viel-zahl von Patienten aller Art. Bedrü-ckend war es zu sehen, wie viele Kin-der bis Jugendliche betroffen sind. Dawar man mit sich „altem Knochen“zufrieden bzw. schämte sich, wennschlechte Gedanken aufkamen.

In der Schweiz angekommen wählteich ab Dezember 2009 die Fiescheralpzu meinem Wohnsitz, und das Onko-logie-Zentrum des Wallis in Brig fürdie weitere Beobachtung und Be-handlung des Myelom.

Der erste Kontakt mit dem ChefarztOnkologie/Hämatologie erfolgte imJanuar 2010, und ich war positivüberrascht vom sofortigen menschli-chen Kontakt und Verständnis. Nochim gleichen Monat wurden erste Un-tersuchungen und Messungen durch-geführt, die dann im Rhythmus vondrei Monaten wiederholt wurden.Im Oktober waren die Kappa Leicht-ketten auf 1220 mg/l angestiegen.Knochenschmerzen und Behinderun-gen waren zurück. Es wurde eine wei-

tere Chemotherapie eingeleitet mitVelcade® und Kortison, dazu peri-odisch Zometa.Von da an reduzierten sich die Wertekonstant, bis im Januar 2011 eineTrend umkehr eintrat – die jetzigeTherapieform hatte ihre positive Wir-kung verloren.Es wurde auf Revlimid® umgestellt,was allerdings bei Dosen von >15mgzu Nervenkrämpfen in Händen, Un-terschenkeln und Füssen führte undZwangspausen erforderte (Akupunk-tur bei SINUMED brachte keine Ent-lastung). Schliesslich verlor auch die-ses Produkt seine positive Wirkung,und als nächstes kam eine Kombina-tion von Velcade, Endoxan und Korti-son zum Einsatz. Bei relativ geringerDosis, einmal pro Woche während vierWochen eingenommen mit anschlies-send einer Woche Pause, war das Re-sultat erfreulich und die Werte kamennach unten, selbst mit gelegentlichenPausen von zwei Wochen.Ab August 2011 wechselten wir aufeine Chemotherapie alle zwei Wo-chen, und da sich die Werte immernoch verbesserten ab November aufalle drei Wochen.Zwischendurch musste mein Rückeneinmalig mittels Kortisonspritze beru-higt werden.

Letzte Analysen ergaben einen mas-siven Wiederanstieg der Menge anKappa Leichtketten, und die Therapiewurde umgestellt auf wöchentlich14

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einmal 1.9 mg Velcade® (subcutan) und20 mg Dexamethason sowie 20 mgDexamethason am Folgetag.Um gleichzeitig die durch Osteolysenstark angestiegenen Schmerzen imBereich des rechten Oberschenkelsund des anschliessenden Hüftkno-chens zu lindern, läuft jetzt ebenfallseine Serie von zehn Bestrahlungen imentsprechenden Bereich. Dies in derRadio-Onkologie in Sion.Die Resultate bleiben abzuwarten.

Zusammenfassung

Die eingangs geschriebene Kurzfas-sung meines Lebenslaufes soll imKontext mit der Krankengeschichtedas Verständnis für meinen psy-chischen Zustand vermitteln. Interes-santerweise findet im Unispital Baselein Informationstag statt zum Thema„Sich etwas Gutes tun“. Da dies an Pa-tienten gerichtet ist, nehme ich an,dass man Aktivitäten während undnach Therapien anspricht. Bestimmtrichtig und interessant. Darüber hi-naus bin ich aber der Meinung, dassman ein Leben lang versuchen muss,wann immer möglich, auch sich et-was Gutes zu tun. Wem das gelingt,für den wird vieles besser erträglichund verständlich. Und er braucht we-niger Anleitung für die Zeit danach.Nach meinem intensiven und ereig-nisreichen Leben, in Anbetracht mei-nes Alters sowie im Bewusstsein, dassich mir die wichtigen meiner Wün-

sche erfüllt hatte, war die DiagnoseMyelom eher eine unliebsame Über-raschung als ein Schock. Dies im Ge-gensatz zum Empfinden meiner Frau. Auf die verschiedenen Therapien kannich mich zeitlich einrichten und ver-trage sie recht gut. Eher lästig sindverschiedene Begleiterscheinungenwie Fatigue, Neuropathie, Krämpfe,Erkältungen mangels Resistenz, Kno-chenschmerzen – all das nie voraus-sehbar und jeweils plötzlich auftre-tend. Das stört eine vernünftige Pla-nung besonders im Bezug auf sozialeKontakte oder Reisen. Allgemein habeich aber eine akzeptable Lebensqua-lität, kann in den guten Phasen wan-dern, Velo fahren und – besonderswichtig – Ski fahren in der herrlichenweitläufigen Aletscharena vor meinerHaustür.Ich habe „mein“ Multiples Myelomakzeptiert.Das Vertrauen in den Arzt und seinTeam in Brig ist intakt, notwendigeAnalysen und Therapiemassnahmeninkl. Schmerzbehandlung werden un-bürokratisch, sofort und kompetent inAngriff genommen, allfällige Fremd-betreuung wie Orthopädie, Bestrah-lung etc. desgleichen. Diesen Men-schen gebührt Respekt und Dank.

Ein Betroffener

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Myelom Kontaktgruppe SchweizAnsprechpartner der regionalenSelbsthilfegruppen

Basel

Ruth BählerObesunneweg 94144 ArlesheimTel. 061/ 7015719

Bern

Fritz MaierAlpenstrasse 463073 GumligenTel. 0 31/ 9 5110 55

St. Gallen

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Zentralschweiz / Luzern

Helene SigristAllmendstrasse 166062 WilenTel. 0 41/ 6 60 52 11

Selbsthilfegruppe fürAngehörige von MM Betroffenen

Markus DieboldSchöneggrain 96285 HitzkirchTel. 0 41/ 9172716

Zürich

Heini ZinggLöwenstrasse 158400 WinterthurTel. 0 52 / 2 22 4731

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[email protected]: 90-754194-6

Unterstützt durchJanssen-Cilag AG, Celgene GmbH und Novartis Pharma Schweiz AG

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