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N° 41 JANUAR 2016 E s begann an einem gewöhnli- chen Samstagabend, als er mit befreundeten Studenten zu ei- nem Fest ging. Unterwegs fühlte er sich gedrängt, in einer Kirche zu beten, an der er vorbeikam. Er trat ein und spürte das Bedürfnis zu beichten: „Ich weiß nicht, was geschehen ist, doch ich bin anders, verändert herausge- kommen. Ich ging mit der Gewissheit nach Hause, dass ich mich dem Herrn weihen würde.“ Diese Worte von Papst Franziskus bei einem jüngsten Interview beschrei- ben einen einfachen unerwarteten Mo- ment, der sein Leben und schließlich die Welt veränderten. „Er war barm- herzig mit mir – und erwählte mich!“ (1) Das war ein Moment, in dem er sich persönlich und grundlegend der Barm- herzigkeit Gottes – seines Mitleids – bewusst wurde, und deshalb lädt er uns ein und ermuntert uns, sie auch in unserem Leben zu leben: „Genau dar- um habe ich ein außerordentliches Ju- biläum der Barmherzigkeit ausgerufen. Es soll eine Zeit der Gnade für die Kir- Miserando atque eligendo Der Orden im Einklang mit der weltweiten Kirche Die Aktionen des Großmagisteriums DAS JUBILÄUM DER BARMHERZIGKEIT : DAS GESCHENK EINER NEUEN ZUKUNFT II EIN BEISPIELHAFTES ÜBEREINKOMMEN, DAS DEN FRIEDEN IM HEILIGEN LAND ANREGT V DIE HEILBRINGENDE MACHT DER VERGEBUNG VI DIE HERBSTVERSAMMLUNG DES GROßMAGISTERIUMS VII „MIT GOTT DARF MAN NICHT HANDELNX EINE REGIONALVERSAMMLUNG IN AUSTRALIEN: DER ERSTE SCHRITT ZU EINEM GEMEINSAMEN WEG XI DIE BESUCHE DES GROßMEISTERS BEI DEN MITGLIEDERN DES ORDENS AUF DER GANZEN WELT XIII EINE IM ORDEN SEHR ENGAGIERTE FRAU WIRD INS GROßMAGISTERIUM AUFGENOMMEN XIII WILLKOMMENSGRUSS FÜR P ATER JOHN BRUCE BATEMAN, DEM NEUEN SEKRETÄR DES GROßMEISTERS XV Der Orden und das Heilige Land Das Leben der Statthaltereien DAS JUBILÄUM DER BARMHERZIGKEIT IM HEILIGEN LAND LEBEN XVI DEN FRIEDENSFÜRST HEUTE IM HEILIGEN LAND EMPFANGEN XVII FEIER IN JERUSALEM ZUR KONZILSERKLÄRUNG NOSTRA AETATE XVIII DIE FREUDE ÜBER DIE INVESTITUREN: EIN ZEUGNIS AUS SLOWENIEN XIX GROSSMAGISTERIUM DES RITTERORDENS VOM HEILIGEN GRAB ZU JERUSALEM 00120 VATIKANSTADT E-mail: [email protected] info.oessh.va ÜBERLEGUNGEN DES GROßMEISTERS

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N° 41 JANUAR 2016

Es begann an einem gewöhnli-chen Samstagabend, als er mitbefreundeten Studenten zu ei-

nem Fest ging. Unterwegs fühlte ersich gedrängt, in einer Kirche zu beten,an der er vorbeikam. Er trat ein undspürte das Bedürfnis zu beichten: „Ichweiß nicht, was geschehen ist, dochich bin anders, verändert herausge-kommen. Ich ging mit der Gewissheitnach Hause, dass ich mich dem Herrnweihen würde.“

Diese Worte von Papst Franziskusbei einem jüngsten Interview beschrei-ben einen einfachen unerwarteten Mo-ment, der sein Leben und schließlichdie Welt veränderten. „Er war barm-herzig mit mir – und erwählte mich!“(1)

Das war ein Moment, in dem er sichpersönlich und grundlegend der Barm-herzigkeit Gottes – seines Mitleids –bewusst wurde, und deshalb lädt eruns ein und ermuntert uns, sie auch inunserem Leben zu leben: „Genau dar-um habe ich ein außerordentliches Ju-biläum der Barmherzigkeit ausgerufen.Es soll eine Zeit der Gnade für die Kir-

Miserandoatque

eligendo

Der Orden im Einklang mit der weltweiten Kirche

Die Aktionen des Großmagisteriums

DAS JUBILÄUM DER BARMHERZIGKEIT:DAS GESCHENK EINER NEUEN ZUKUNFT II

EIN BEISPIELHAFTES ÜBEREINKOMMEN, DAS DENFRIEDEN IM HEILIGEN LAND ANREGT V

DIE HEILBRINGENDE MACHT DER VERGEBUNG VI

DIE HERBSTVERSAMMLUNG DES GROßMAGISTERIUMS VII„MIT GOTT DARF MAN NICHT HANDELN“ XEINE REGIONALVERSAMMLUNG IN AUSTRALIEN: DER

ERSTE SCHRITT ZU EINEM GEMEINSAMEN WEG XIDIE BESUCHE DES GROßMEISTERS BEI DEN

MITGLIEDERN DES ORDENS AUF DER GANZEN WELT XIIIEINE IM ORDEN SEHR ENGAGIERTE FRAU WIRD INS

GROßMAGISTERIUM AUFGENOMMEN XIIIWILLKOMMENSGRUSS FÜR PATER JOHN BRUCE BATEMAN,

DEM NEUEN SEKRETÄR DES GROßMEISTERS XV

Der Orden und das Heilige Land

Das Leben der Statthaltereien

DAS JUBILÄUM DER BARMHERZIGKEIT IMHEILIGEN LAND LEBEN XVI

DEN FRIEDENSFÜRST HEUTE IM HEILIGEN LANDEMPFANGEN XVII

FEIER IN JERUSALEM ZUR KONZILSERKLÄRUNGNOSTRA AETATE XVIII

DIE FREUDE ÜBER DIE INVESTITUREN:EIN ZEUGNIS AUS SLOWENIEN XIX

GROSSMAGISTERIUM DES RITTERORDENS

VOM HEILIGEN GRABZU JERUSALEM

00120 VATIKANSTADTE-mail: [email protected]

info.oessh.va

ÜBERLEGUNGENDES GROßMEISTERS

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von uns muss Bilanz ziehen über die gutenDinge, die Gott ständig für uns unwürdigeMenschen tut, und zum Sakrament der Ver-söhnung zurückkehren, wo wir Ihn um Verge-bung dafür bitten, dass wir seine zahlreichenGaben so schlecht gebrauchen.

Dieses Jahr ist eine ausgezeichnete Gele-genheit, um zu der geistlichen Erneuerung zugelangen, die jeder von uns sowie unser Or-den erwarten!

(1) „Miserando atque eligendo“: Wahlspruchvon Papst Franziskus.

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che sein.“Auch meinerseits ermuntere ich also jede

Statthalterei und Ordensprovinz, ernsthaft aufdiesen Aufruf einzugehen und sich intensivan den Feiern zum Heiligen Jahr in ihrer Di-özese zu beteiligen. Es wäre also empfehlens-wert, in jeder Diözese ein Mitglied zu bestim-men, das die Teilnahme unserer Mitgliederals feste Gruppe spezifisch koordiniert.

Die Teilnahme muss damit beginnen, dassjedes Mitglied eine geistliche Erfahrung derBarmherzigkeit Gottes macht. Sie brauchtnicht so außergewöhnlich zu sein wie die Er-fahrung des jungen Jorge Bergolio. Doch jeder

Das Jubiläum begeht den 50. Jahrestagdes Abschlusses des II. VatikanischenKonzils, wie das Jahr des Glaubens

2012-2013 den 50. Jahrestag seiner Eröffnungbezeichnete. In Benedikt XVI. und Franzis-kus spricht die katholische Kirche also mit ei-ner Stimme, um das Evangelium in einerneuen Sprache zu verkünden, wie es die Kon-zilsväter unter der Regung des Heiligen Gei-stes vor einem halben Jahrhundert begonnenhaben.

Die Ansprache des seligen Paul VI. bei derletzten Sitzung des II. Vatikanischen Konzilsam 7. Dezember 1965, bei der er den barm-herzigen Samariter als Vorbild für die Er-neuerung der Kirche vorstellte, ist ein we-sentlicher Anhaltspunkt, um den Sinn dessenrecht zu verstehen, was wir in diesem Heili-gen Jahr leben: „Seid barmherzig wie euerVater barmherzig ist“ (Lk 6,36). Wir alle müs-sen persönlich zu diesem Aufruf und GebotChristi zurückkehren und dementsprechend

Der Orden im Einklang mit der weltweiten Kirche

Das Jubiläum der Barmherzigkeit:Das Geschenk einer neuen Zukunft

Ein Jubiläum wird gewöhnlich alle fünfundzwanzig Jahre gefeiert.Das nächste war also für das Jahr 2025 vorgesehen. Doch bei derBußfeier „24 Stunden für den Herrn“ am Freitag, den 13. März

2014, hielt der Papst eine Überraschung für uns bereit: AusAnlass des zweiten Jahrestages seiner Wahl zum Bischof von Romkündigte er ein Heiliges Jahr der göttlichen Barmherzigkeit, einaußerordentliches Jubiläum an. Dieses Ereignis begann am 8.

Dezember letzten Jahres und dauert bis zum Christkönigsfest, dem20. November 2016.

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gemeinsam als missionarisches Volk der Lie-be und der Zärtlichkeit Gottes leben.

In dieser Dynamik äußerte der Papst denWunsch, dass dieses Jubiläum sich auch de-zentral in den Ortskirchen abspielt und dassdie Initiativen einander ergänzen. Jede Diöze-se konnte also eine Pforte der Barmherzigkeiteröffnen, insbesondere an einem Marienwall-fahrtsort.

Was den römischen Kalender angeht (sie-he Website www.im.va), so plant der Papst –zusätzlich zu den großen Treffen wie zumBeispiel das der Ehrenamtlichen im Dienstder Barmherzigkeit vom 2. – 4. Septemberoder dem der Häftlinge am 6. November –

sich symbolisch mehrmals an die „Randge-biete der Existenz“ zu begeben. Er möchte,dass auch die Bischöfe und Priester dies dasganze Heilige Jahr über tun und durch Ge-sten der Vergebung, der Unterstützung, derHilfe und der Liebe Zeugen der geistlichenUmkehr sind. Das soll auch eine Einladungan das Judentum und den Islam sein, denDialog auf der gemeinsamen Grundlage derBarmherzigkeit fortzusetzen.

Wenn die Bibel den barmherzigen undgnädigen Gott bezeichnet, der langmütig,reich an Huld und Treue ist (Ex 34,6), dannbenutzt sie das hebräische Wort „rahamim“,das den mütterlichen Schoß bezeichnet – den

Am 8. Dezember feierten wir den 1000.Tag des Pontifikates von Papst

Franziskus. Auf dem Petersplatznahmen die Gläubigen am Hochfest der

Unbefleckten Empfängnis zahlreich ander Eröffnung des außerordentlichen

Heiligen Jahres teil. In einerAtmosphäre tiefer innerer Sammlung

wurde die Messe insbesondere vondem Ave Maria von Lourdes begleitet.Gleich nachdem der Heilige Vater die

Heilige Pforte durchschritten hatte,folgte ihm sein Vorgänger, Benedikt

XVI.. Dieser gemeinsame Schrittmachte also ihre tiefe Einheit im Diensteiner Kirche deutlich, die fünfzig Jahre

nach Abschluss des II. VatikanischenKonzils im Gespräch mit der Welt ist.

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Ort also, in dem das Leben entsteht. Auchdas hebräische Wort „hesed“ wird in derHeiligen Schrift verwendet, um andereAspekte der barmherzigen Liebe auszudrük-ken: Treue, Wohlwollen, Güte, Solidaritätusw.

„Dem Herrn Platz machen, damitEr kommt und mich verändert“

Diese Liebe Gottes ist „unerklärlich“: „Esgibt keinen Theologen, der das erklärenkann. Man kann nur daran denken, es spü-ren und weinen. Vor Freude.“, kommentier-te der Heilige Vater bei einer morgendlichenMesse und stützte sich dabei auf das Tages-evangelium, das über die Heilung des Soh-nes des königlichen Offiziers berichtet. „Je-ner Mann glaubte, dass Jesus die Macht hat-te, die Gesundheit seines Kindes zu verän-dern und machte sich auf den Weg. Glaubeheißt: Platz machen für diese Liebe Gottes,Platz machen für die Macht“, fügte PapstFranziskus sehr einleuchtend hinzu. „Fürdie Macht von einem, der mich liebt, der inmich verliebt ist und sich mit mir freuenwill. Das ist der Glaube. Das heißt glauben:dem Herrn Platz machen, damit er kommtund mich verändert“, schloss er. Das erfah-ren wir tief in all unseren Wunden in ersterLinie im Sakrament der Versöhnung aus An-lass des Heiligen Jahres der Barmherzigkeit,so dass wir danach demütige und fröhlicheZeugen dieser Barmherzigkeit werden.

In der schweren Verfolgung, die die Kir-che Christi derzeit von Pakistan über Liby-en, Syrien, den Irak und bis Nigeria erdul-det, weidet der Nachfolger Petri seine Scha-fe durch zahlreiche Drangsale hindurch.Möge dieses Jubiläum „jedem Mann und je-der Frau unserer Zeit Trost spenden“, wiePapst Franziskus wünscht. Er erinnert unsdaran, „dass Gott alles vergibt und dassGott immer vergibt“ (Predigt vom 13. März2015).

Vertrauen wir dieses Jahr weiterhin Ma-ria, der Mutter der Barmherzigkeit an, „da-mit sie uns ihren Blick zuwende und über

GEBET VON PAPSTFRANZISKUS ZUM JUBILÄUMDER BARMHERZIGKEIT

Herr Jesus Christus,du hast uns gelehrt, barmherzig zu sein wie derhimmlische Vater,und uns gesagt, wer dich sieht, sieht ihn.Zeig uns dein Angesicht, und wir werden Heilfinden.Dein liebender Blick befreite Zachäus und Matthäusaus der Sklaverei des Geldes;erlöste die Ehebrecherin und Maria Magdalenadavon, das Glück nur in einem Geschöpf zu suchen;ließ Petrus nach seinem Verrat weinenund sicherte dem reumütigen Schächer dasParadies zu.Lass uns dein Wort an die Samariterin so hören, alssei es an uns persönlich gerichtet:„Wenn du wüsstest, worin die Gabe Gottes besteht!“Du bist das sichtbare Antlitz des unsichtbarenVatersund offenbarst uns den Gott, der seine Allmacht vorallem in der Vergebung und in der Barmherzigkeitzeigt.Mache die Kirche in der Welt zu deinem sichtbarenAntlitz, dem Angesicht ihres auferstandenen undverherrlichten Herrn.Du wolltest, dass deine Diener selbst derSchwachheit unterworfen sind,damit sie Mitleid verspüren mit denen, die inUnwissenheit und Irrtum leben.Schenke allen, die sich an sie wenden, dieErfahrung, von Gott erwartet und geliebt zu seinund bei ihm Vergebung zu finden.Sende aus deinen Geist und schenke uns allenseine Salbung,damit das Jubiläum der Barmherzigkeit einGnadenjahr des Herrn werdeund deine Kirche mit neuer Begeisterung denArmen die Frohe Botschaft bringe,den Gefangenen und Unterdrückten die Freiheitverkündeund den Blinden die Augen öffne.So bitten wir dich, auf die Fürsprache Marias, derMutter der Barmherzigkeit,der du mit dem Vater in der Einheit des HeiligenGeistes lebst und herrschst in alle Ewigkeit.Amen.

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unseren Weg wache: unseren Weg der Buße,unseren Weg mit offenem Herzen, ein Jahrhindurch, um die Indulgenz Gottes zu erlan-gen, um die Barmherzigkeit Gottes zu emp-fangen.“ In einem weiteren Sinn bekommenwir alle Gelegenheit, die Gewissheit aufzuge-ben, uns für „gerecht“ zu halten und die an-deren unablässig zu richten, auf den Hoch-

mut zu verzichten, der uns drängt, immerRecht haben zu wollen, sowie ungeschuldetzu lieben und großzügig zu vergeben. WieFranziskus in der Ankündigungsbulle Miseri-cordiae Vultus des Jubiläums im Hinblick aufPsalm 51 sagte: „Die Gerechtigkeit Gottes istseine Vergebung.“

Zu Beginn des Jubiläumsjahres erfuhren wir, dass am 2. Januar dieses Jahres ein globalesÜbereinkommen zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Palästinensischen Staat in Kraft

trat. Papst Franziskus begrüßte dieses Übereinkommen in der Einleitung seiner Neujahrs-wünsche an das Diplomatische Korps am 11. Januar und betonte, dass es insbesondere zeige,„wie das friedliche Zusammenleben von Menschen verschiedener Religionen möglich ist, wodie Religionsfreiheit anerkannt und die tatsächliche Möglichkeit garantiert wird, in gegensei-tiger Achtung der kulturellen Identität eines jeden am Aufbau des Gemeinwohls mitzuwir-ken.“ Er betonte am Ende seiner Ansprach seinen Wunsch, „dass dieses neue Jahr die tiefenVerletzungen heilen möge, die Israelis und Palästinenser trennen, und so das friedliche Zu-sammenleben der beiden Völ-ker erlaubt, die – dessen binich mir sicher – aus tiefstemHerzen nichts anderes als denFrieden wünschen!“ Mit Mutund Beharrlichkeit beflügeltder Heilige Vater den Friedendurch dieses nachahmens-werte Übereinkommen, umdem israelisch-palästinensi-schen Konflikt ein Ende zusetzen: So packt er das Übelweiterhin an der Wurzel, daszum Teil den internationalenTerrorismus fördert, da er festentschlossen ist, die Ursa-chen, und nicht die Auswir-kungen zu bekämpfen. Vorvierzig Jahren sagte der seligePaul VI. als erster Papst, dassdie Palästinenser nicht eineeinfache Gruppe von Flücht-lingen, sondern ein Volk sind.

Ein beispielhaftes Übereinkommen, dasden Frieden im Heiligen Land anregt

Begegnung von Papst Franziskus mit dem diplomatischen Korpsam 11. Januar dieses Jahres.

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VI N° 41 - JANUAR 2016

Maria Goretti starb 1902 im Altervon 11 Jahren, als sie sich gegen ei-ne versuchte Vergewaltigung wehr-

te. Mit ihren letzten Worten vergab sie ih-rem Angreifer und Mörder. Später erschiensie ihm mehrmals im Gefängnis und schenk-te ihm so die Freude der Umkehrund der Annäherung an Christusdurch den Weg der Heiligkeit.Maria Goretti wurde 1950 vonPapst Pius XII. heiliggespro-chen; sie erlangt Wunder fürviele Menschen, die sich an siewenden.

Zwischen September undNovember 2015 besuchten dieReliquien der Heiligen zum er-sten Mal die USA aus Anlassder sogenannten „Wallfahrtder Barmherzigkeit“. Diese Er-fahrung stellte zweifellos einebedeutende Gelegenheit dar,

um sich auf das Jubiläumsjahr vorzuberei-ten, das am 8. Dezember eröffnet wurde.

Kardinal Edwin O’Brien, der aus Anlassder Überführung der Reliquien der Heiligenam 24. November 2014 eine Messe in derBasilika Unsere Liebe Frau von der Gnade

und St. Maria Goretti in Nettunofeierte, sagte damals: „Ich freue

mich, dass die Kirche in denUSA Gelegenheit hat, das Hei-lige Jahr der Barmherzigkeitmit der wunderbaren Ge-schichte der heiligen MariaGoretti zu feiern! Die Möglich-keit, ihre Reliquien zu vereh-ren, soll die Macht der göttli-chen Barmherzigkeit und derVergebung zeigen, die alle er-wartet, die sich die BotschaftJesu ernsthaft zu Herzen neh-men.“

Die heilbringende Macht der VergebungDie heilige Maria Goretti bereitete das Jubiläum der Barmherzigkeit in den USA vor

Das Logo, das diehistorische Wallfahrt derReliquien der heiligen

Maria Goretti in den USAillustrierte.

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VII N° 41 - JANUAR 2016

Am 10. und 11. November versammeltensich die Mitglieder des Großmagisteri-ums in Rom um den Großmeister des

Ordens vom Heiligen Grab, Kardinal EdwinO’Brien und den Großprior, Seine SeligkeitMsgr. Fouad Twal, Patriarch von Jerusalem. Siebeteten gemeinsam und vertrauten die Bewoh-ner des Heiligen Landes Unserer Lieben Frauvon Palästina an, deren Bildnis in einem derSäle des Palazzo della Rovere zu sehen ist, wojeden Morgen vor den Arbeitssitzungen dieMesse gefeiert wurde.

Am ersten Tag sprach Kardinal O‘Brienüber seine jüngsten Besuche in den Statthalte-reien der verschiedenen Länder wie Däne-mark, Slowenien, Frankreich, Großbritannienoder Australien und teilte seinen Wunsch mit,demnächst nach Guam, nach Taiwan und indie Philippinen zu reisen. Der Großmeister be-tonte die Notwendigkeit, weiterhin Kapital für

die Aufnahme der Flüchtlinge aus Nahost zumobilisieren, die nach Jordanien, einen Teilder Gebiete des Lateinischen Patriarchatesströmen. Er betonte auch, wie wichtig es ist,dass die Statthaltereien Initiativen ergreifen,um die Teilnahme des Ordens am Jubiläumder Barmherzigkeit in den Diözesen zu fördernund empfahl die örtlichen Wallfahrten, ent-sprechend der Anweisungen des Heiligen Va-ters in seiner Verkündigungsbulle des HeiligenJahres, Misericordiae Vultus.

Anschließend ergriff Gouverneur AgostinoBorromeo das Wort und hieß insbesondere dieAmerikanerin Mary O’Brien willkommen, dieeinzige Frau, die derzeit Mitglied des Großma-gisteriums ist. Im Lauf seiner Mitteilungenkam Agostino Borromeo auf die erste Ver-sammlung der Statthalter und Magistraldele-gierten von Asien und Ozeanien in Australienzurück und hob die Fähigkeit des Ordens her-

Die Herbstversammlungdes Großmagisteriums

Die Aktionen des Großmagisteriums

Die Mitglieder des Großmagisteriums versammelten sich zur morgendlichen Messe, die ihreArbeitsversammlung in Rom im November letzten Jahres eröffnete.

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vor, sich weiter zu verbreiten, wie sein unab-lässiges Wachstum seit einigen Jahren zeigt.Auf der Ebene des Großmagisteriums gab erbekannt, dass eine Entscheidung des italieni-schen Kassationsgerichtshofes bald erlaubensollte, die Verwaltung des Hotels zu erneuern,die bisher das Unternehmen Colombus inne-hatte, so dass sie den Aktivitäten für das Heili-ge Land zugutekommt.

Die vorrangige Unterstützung derPersonen: „Lebendige Steine“

Patriarch Twal dagegen zog Bilanz über dieaktuellen Geschehnisse in den Ländern, fürderen Seelsorge er verantwortlich ist (Palästi-na, Jordanien, Zypern und Israel), und bedau-erte dabei bestimmte Gegebenheiten, die demWillen zum Dialog im Weg stehen, wie denBau der Trennungsmauer im Cremisan-Tal. Erbegrüßte jedoch die schulischen und sozialenAktivitäten des Patriarchates, die dank der Un-terstützung des Ordens möglich sind, um „ei-ner Krise die Stirn zu bieten, die nie mehr auf-zuhören scheint“. Derzeit beläuft sich die Zahlder Migranten aus Nahost auf insgesamt 20Millionen – 42.000 pro Tag – und die, die nachJordanien kommen, können ihre Kinder ein-schulen, und zwar oft in den katholischenSchulen des Patriarchates, wo Christen undMuslime „die Kultur der Begegnung“ im Alltagleben.

Was diese etwa fünfzig christlichen Schulenangeht, die über das Heilige Land verteilt sind,stellte der Generalverwalter des Patriarchates,Pater Imad Twal die Bilanz 2015 und die Vor-

ausplanung für 2016 vor und erklärte, dass dieisraelische Regierung – die die Schulen ver-staatlichen wollte – nunmehr nicht mehr regel-mäßig, sondern nur noch ausnahmsweise Sub-ventionen zahlt, was das gesamte Systemschwächt. Nach einer Diskussion war dasGroßmagisterium bereit, dem Patriarchat zu-sätzlich 35.000 Dollar pro Monat für die Schu-len zu schicken sowie für die Institutionen wiedie Gemeinden und die beiden Seminare – dievon Geistlichen geleitete Internatsschule fürJungen und das Priesterseminar. „Die Ausbil-dung des örtlichen Klerus ist entscheidend“;bemerkte der Patriarch und erinnerte daran,dass die Besonderheit der Schulen des Patriar-chates in den Städten und Dörfern im HeiligenLand darin besteht, dass sie direkt von denGemeinden abhängen. Im Namen der Kom-mission für das Heilige Land, die sich um dieProjekte kümmert, fügte Heinrich Dickmannhinzu, dass die Unterstützung der Menschen,der „lebendigen Steine“ immer vorrangigerwerde, sowie eine bessere Koordinierung derHilfe, die besser rationalisiert werden müsse,wenn möglich durch einen Fünf-Jahres-Plan.

Der Bericht der Kommission für das HeiligeLand, der von ihrem Präsidenten ThomasMcKiernan vorgestellt wurde, hob drei Projek-te hervor: einen Kindergarten in Jaffa von Na-zareth, die Kirche von Marj el Hamam in Jor-danien und das multikulturelle Seelsorgezen-trum Unsere Liebe Frau vom Frieden in derNähe von Amman, das für humanitäre Hilfs-werke bestimmt ist. Er berichtete über den Be-such der Kommission vor Ort im Oktober letz-ten Jahres, bei dem ein zukunftsweisender

Zu Ehren UnsererLieben Frau von

Palästina empfing derKardinal-GroßmeisterEdwin O’Brien am 11.

November letztenJahres seine Gäste,

Mitglieder oder Freundedes Ordens vomHeiligen Grab im

Palazzo della Rovere,darunter an erster

Stelle Kardinal PietroParolin, Staatssekretär

Seiner Heiligkeit.

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Austausch stattfinden konnte, insbesonderemit den Verantwortlichen der Schul- und Ge-sundheitszentren. Bartholomew Mc Gettrick,eines der drei Mitglieder der Kommission, leg-te den Akzent auf die Herausforderung, dieAusbildung der sehr geschwächten christli-chen Gemeinschaft zu unterstützen, damit sieweiterhin ihre Mittlerrolle bei der Bekämp-fung der Ungerechtigkeiten spielen kann.

Am Ende der Versammlung am 10. Novem-ber stellte Ingenieur Pier CarloVisconti eine vorläufige Bilanzder Abrechnung des Großmagi-steriums vor, aus der hervor-geht, dass seit Januar 2015 be-reits fast 10 Millionen Dollaran das Patriarchat von Jerusa-lem geschickt wurden, wobeidieses Jahr auf eine außerge-wöhnliche Spende von einerMillion Dollar aus den USA hingewiesen wer-den muss.

Das Projekt einer Versammlung auf demasiatischen Festland

Der zweite Arbeitstag, der mit dem traditio-nellen, freundschaftlichen und geschwisterli-chen Empfang zu Ehren Unserer Lieben Frauvon Palästina endete, drehte sich zunächst umden Bericht der Schulen des Patriarchates, diemit einem Defizit konfrontiert sind.

Pater Imad Twal zeigte ganz deutlich auf,wie wichtig dieses Netzwerk der Gemeinde-schulen für die christliche Minderheit ist:Muslimische Kinder, die dort aufwachsen,bauen Freundschaften auf, die für die ganzezukünftige Gesellschaft fruchtbar sein werden.Der Gazastreifen zum Beispiel zählt drei Schu-len des Patriarchates, während es dort bei et-wa 2 Millionen Einwohnern nur noch 130 Ka-tholiken gibt. „Wir sind da mitten in unsererSeelsorgemission im Dienst am Dialog durchdie Erziehung“, betonte Patriarch Twal, demKardinal O’Brien öffentlich seine Unterstüt-zung bezeigt hatte, gerade was die gesellschaft-lichen Auswirkungen der Anwesenheit derChristen im Heiligen Land angeht. Die Gehäl-

ter und Renten der Lehrer müssen weiterhingezahlt werden, was eine nicht unbedeutendeHerausforderung darstellt.

Darauf folgte der Bericht über die Arbeitenin Gaza, der zeigte, dass es vor allem darumgeht, dringende Fälle notdürftig zu beheben,denn der Wiederaufbau ist an einen Friedens-vertrag zwischen den beiden Kriegsparteiengebunden.

Im Lauf der Tagesordnung berichtete PaulBartley über die erste Ver-sammlung der Statthalter fürAsien und Ozeanien in Au-stralien und sprach über dasVorhaben, die nächste Ver-sammlung in Singapur zu or-ganisieren, um sich speziellden Statthaltern für die Phil-ippinen und für Taiwan an-zunähern. Er betonte, wie

wichtig es ist, die Verbindung zwischen demGroßmagisterium und den geografisch am wei-testen von Rom entfernten Statthaltereien zuunterhalten, um einen besseren Umlauf derInformationen zu gewährleisten.

Msgr. Antonio Franco, Assessor des Ordens,machte anschließend den Mitgliedern desGroßmagisteriums den Stand der Situation derVatikanischen Stiftung St. Johannes der Täuferfür Schulung und Bildung im Nahen Osten be-kannt. Dieser Vatikanischen Stiftung, die imMai 2015 geschaffen wurde und von KardinalO’Brien geleitet wird, ist es bereits gelungen,das Defizit der Universität Madaba zu reduzie-ren. Sie setzt ihre Tätigkeit in diesem Sinn fort,indem sie mit den Banken verhandelt, auchwenn noch viel zu tun bleibt.

Schließlich gab der Kanzler Ivan Rebernikdie Statistiken des Ordens im Detail bekannt:2014 wurden 1164 neue Ritter und Damenaufgenommen. Er beschrieb die Arbeit desKommunikationsdienstes, der eine neue Web-site für das Großmagisteriums einrichtet, undsprach auch über die Arbeiten, die unternom-men wurden, um den Raum zu vergrößern, indem sich die Papierarchive des Ordens befin-den. Er schlug auch die Schaffung eines Doku-mentationsdienstes des Ordens vor.

‘‘Im Mittelpunktunseres pastoralenAuftrags: durchErziehung demDialog dienen’’

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Die Versammlungstage desGroßmagisteriums beginnenunfehlbar mit der gemeinsa-

men Eucharistiefeier. Es handelt sichnicht um einen zusätzlichen Momentin der langen Reihe von Treffen derMitglieder des Großmagisteriums beidieser Versammlung, zu der sie zweiMal pro Jahr zusammenkommen,sondern um die conditio sine qua non,die allem Sinn gibt, was der Ordenim Heiligen Land und aufder Welt tut. Es ist also einSchlüsselmoment, um ge-meinsam zur Quelle zurück-zukehren und alles denHänden Gottes anzuvertrau-en.

Bei der Eröffnung derHerbstversammlung desGroßmagisteriums am 10.November feierte der Kardi-nal-Großmeister EdwinO’Brien die Heilige Messe.In seinem Kommentar zudem nicht einfachen Ab-schnitt aus dem Lukas-Evangelium über die „unnützen Sklaven“ sagteder Großmeister: „In diesem Abschnitt ist derHerr nicht verständnisvoll und anziehend, son-dern versucht eine vorherrschenden Tendenzin der Spiritualität jener Zeit ins Wanken zubringen, die auch heute noch aktuell ist: Wirglauben, dass Gott uns etwas schuldet, dass Eruns belohnen muss, wenn wir uns gut verhal-ten. Doch Gott schuldet uns nichts. Er hat unsdas Leben geschenkt und wir sind berufen, oh-ne unmittelbare Belohnungen für unser Tun zuleben. Mit Gott darf man nicht handeln.“„Dienst“ war eines der Schlüsselworte der Pre-digt. Jede gute Tat, die wir tun, ist ein Ge-schenk der Gnade Gottes und wir solltendankbar sein, dass er uns die Möglichkeit gibt,

anderen zu dienen. Am folgenden Tag feierte der lateini-

sche Patriarch von Jerusalem und Groß-prior des Ordens, Msgr. Fouad Twal dieMesse. Ausgehend von Lukas 17,11-19,dem Evangelium der zehn geheiltenAussätzigen, von denen nur einer zu-rückkam, um Jesus zu danken, hob derPatriarch die Berufung des Ordens her-

vor: „Wenn Jesus dem Aussätzigen die Handhingestreckt hat, müssen auch wir als Ordenund als Kirche den Leidenden helfen. Könnenwir diese Leute mit unserer Liebe, unsererFreundschaft und unserer Solidarität heilen?Das Beispiel, das uns als Anhaltspunkt für un-sere eigene Haltung dient, ist die Heilige Fami-lie von Nazareth: ein Beispiel von Demut,Schweigen, Stille und Vertrauen.“ Msgr. Twalschloss mit einem Gedanken an die seligeJungfrau Maria, die Königin von Palästina, de-ren Ikone sich hinter dem Altar in einem derSäle des Palazzo della Rovere befindet: „DieseMaria trägt nicht Jesus in ihrem Armen, son-dern die Stadt Jerusalem mit allen ihren Freu-den und Leiden und allen ihren Einwohnern.“

X N° 41 - JANUAR 2016

„Mit Gott darf man nicht handeln“Die Freude, vor den Versammlungen des Großmagisteriums gemeinsam das Wort Gottes zu teilen

Der lateinischePatriarch von

Jerusalem, Msgr FouadTwal, Großprior des

Ordens vom HeiligenGrab, bei einer Messe,

die während derHerbstversammlung

des Großmagisteriumsgefeiert wurde. Hier

sieht man ihn vor derIkone Unserer Lieben

Frau von Palästina, dieseit kurzem im Palazzo

della Rovere verehrtwerden kann.

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Am 17. und 18. Oktober kam in Adelai-de die erste Versammlung der Statthal-tereien von Asien und Ozeanien zu-

sammen, an der auch Großmeister EdwinO’Brien und Generalgouverneur AgostinoBorromeo teilnahmen. Das letzte Treffen derStatthaltereien des Ordens auf dem australi-schen Staatsgebiet – das allein schon fünfStatthaltereien zählt – fand 2004 statt. PaulBartley, das australische Mitglied des Groß-magisteriums, kommentierte dieses Ereigniswährend der Versammlung des Großmagiste-riums im November in Rom sowie bei einemGespräch, das er uns gewährte.

Im Gegensatz zu anderen Regionalver-sammlungen, wie derzeit die der Statthalte-reien für Europa und Amerika, nahmen ander der Versammlung im Oktober nicht nurdie Statthalter, sondern auch andere Mitglie-der des Ordens teil, die verschiedene Funk-tionen in den Räten vor Ort wahrnehmen

(Kanzler, Schatzmeister, Sekretär, Zeremoni-ar). „Dies hat dem Großmeister und dem Ge-neralgouverneur sicher ermöglicht, andereStandpunkte kennenzulernen als bei den üb-lichen Treffen dieser Art“, erklärte Paul Bart-ley.

Die Sitzung über die Spiritualität des Or-dens war ein sehr geschätzter Moment dieserbeiden Tage in Australien. François Kunc,Richter am Obersten Gerichtshof, bereiteteeinen Beitrag vor, der alle Teilnehmer einbe-zog. Das Treffen zwischen den Statthaltern,Paul Bartley als Mitglied des Großmagisteri-ums, dem Generalgouverneur und dem Groß-meister spielte ebenfalls eine bedeutendeRolle.

Paul Bartley wollte besonders die Arbeithervorheben, die noch vor ihnen liegt, sowiedie Dinge, die verbessert werden müssen.Denn die verschiedenen Statthaltereien ver-folgen noch keine gemeinsame Linie, und

Eine Regionalversammlungin Australien: Der erste Schritt

zu einem gemeinsamen Weg

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Gruppenfoto bei der ersten Regionalversammlung der Statthaltereien für Asien und Ozeanien, die imOktober 2015 vom Orden des Heiligen Grabes in Adelaide in Australien organisiert wurde.

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nicht alle kennen die Dokumente, die derZentralsitz des Ordens herausgibt. Diesbezüg-lich sagte das Mitglied des Großmagisteriums:„Ich glaube keineswegs, dass die Statthalterei-en willentlich unsachgemäß handelt. Ich glau-be vielmehr, dass sie sich schrittweise vonden Regeln entfernt haben, ohne es zu mer-ken. Doch abgesehen davon sind die Regelnfür einen Ritterorden wichtig, und wir solltendaran arbeiten, eine gewisse Übereinstim-mung zu erlangen.“ Wie berichtet wurde, istjede Statthalterei an mehreren Fronten sehraktiv, in erster Linie im Ehrenamt und im spi-rituellen Engagement, was eine Quelle großerFreude und Inspiration für den Orden überallauf der Welt ist. Wenn es in Zukunft mehrZusammenarbeit und Austausch zwischenden Statthaltereien der Region gibt, wird diessicher zu großartigen Ergebnissen führen.

Ein weiterer Punkt, der betont wurde, be-trifft die Ausbildung der Statthalter. In derTat ist viel von der Ausbildung der neuen Rit-ter und Damen die Rede, daher wird dieMöglichkeit ins Auge gefasst, eine Ausbil-dungslaufbahn auch für die neuen Statthalterzu einzurichten.

Die Oktober-Versammlung brachte mehre-re Ideen und Initiativen hervor, insbesondereden Wunsch, sich relativ regelmäßig zu tref-fen. Zunächst wurde für den 6. Dezember eintelefonisches Treffen zwischen den australi-schen Statthaltern geplant, und zwar in derAbsicht, dies alle sechs Monate zu wiederho-len. Zudem bemerkt Paul Bartley weiter, „ha-ben wir begriffen, wie wichtig es ist, sichpersönlich zu treffen, und was für eine aus-gesprochen günstige Gelegenheit es ist, wennder Großmeister und der Generalgouverneuranwesend sind.“ Mit etwas Humor führte eraus, Australien sei ja derart isoliert, dass esstets vor jeder Ansteckung sicher ist, die denRest der Welt angreift, dass es deshalb aberauch nicht ganz einfach sei, dorthin zu reisen– weder für die Statthalter Asiens noch fürdie Europas. Der beste Vorschlag war also dieOrganisation eines Begegnungswochenendesin Singapur im Jahr 2016.

Paul Bartley schloss unser Gespräch mitfolgenden Worten: „Wenn man vom Ordenspricht, geht es weder um Ehren noch um Ti-tel. Wir sind nicht zum Ruhm irgendeinesunserer Mitglieder da!“

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Nachdem der Großmeister dieFreude gehabt hatte, am 17.

und 18. Oktober an der ersten Ver-sammlung der Statthaltereien fürAsien und Ozeanien in Adelaideteilzunehmen und die Investiturfei-er für Südaustralien zu leiten, ver-brachte er den November inEuropa. Nach der Versammlungdes Großmagisteriums am 10. und11. November, reiste KardinalO’Brien nach Bari (15. November),nach Belgien (17. November), umdem König und der Königin dasEhrenzeichen Kollarritter und Kol-lardame des Ordens zu übergeben,nach Cagliari (21. November) undnach Acquapendente (6. Dezember)zur Weihe der Delegation von Vi-terbe an die Unbefleckte Jungfrauin der Basilika und Konkathedraledes Heiligen Grabes. In den kom-menden Monaten ist eine Reise desGroßmeisters nach Asien vorgese-hen, ein Kontinent, auf dem derOrden sich derzeit ausbreitet.

Die Besuche des Großmeisters bei denMitgliedern des Ordens auf der ganzen Welt

Eine im Orden sehr engagierteFrau wird ins Großmagisterium

aufgenommen

Kardinal Edwin O’Brien, Großmeister des Ordens vomHeiligen Grab, wurde am 17. November 2015 in Begleitungvon Generalgouvernuer Graf Agostino Borromeo imKöniglichen Palast in Laeken empfangen, um den Majestäten,dem König und der Königin, das Ehrenzeichen Kollarritter undKollardame, der höchsten Auszeichnung unseres Ordens zuübergeben, deren Mitglieder sie seit vielen Jahren sind.Außerdem waren an der Zeremonie der Apostolische NuntiusMsgr. Giacinto Berloco, unser Großprior Msgr. Jean Kockerolssowie François t’Kint de Roodenbeke, Mitglied desGroßmagisteriums, der Statthalter für Belgien und derKanzler anwesend. (Copyright: Koninklijk Paleis-Palais Royal)

Mary Currivan O’Brien, die 1987Dame im Orden wurde, war vonOktober 2008 bis September

2015 Statthalterin für den Nordwestender USA. Sie stammt aus San Francisco,ist verheiratet, Mutter von vier Kindernund Großmutter von fünf Enkelkindern(das sechste wird im März 2016 erwartet).In diesem Zeugnis berichtet sie über den

Weg, der sie dazu brachte sich mehr inden Dienst des Ordens zu stellen, bis sievor kurzem ins Großmagisterium berufenwurde.

„Meine jüngste Ernennung als Mitglied desGroßmagisteriums war für manche Mitgliederdes Ordens keine Überraschung, für michselbst aber schon! Mein Engagement im Rit-terorden vom Heiligen Grab war ein Weg über

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viele Jahre hinweg. Im Lauf meines Lebenshabe ich in zahlreichen anderen gemeinnützi-gen Wohltätigkeitswerken gearbeitet. Es warbegeisternd, 25 Jahre lang die katholischenWohltätigkeitsverbände von San Francisco undSanta Rosa zu unterstützen. Ich gehörte denverschiedenen Komitees zur Mittelbeschaf-fung an. Neben meiner ehrenamtlichen Ar-beit, zog ich mit meinem Mann Terry unserevier Kinder auf. Mein Wahlspruch, den ichvon meinem Vater gelernt habe, lautet:„Nimm das „nicht“ aus „ich kann nicht“ weg,dann kannst du!“

Ab 1987 warich eines der„jüngsten Mitglie-der“ des Ordensund die Jahresver-sammlungen wa-ren unsere „Feri-en“ für meinenMann und mich.Jedes Jahr ver-brachten wir dreiTage mit Liturgie-feiern und demKennenlernen desHeiligen Landesund knüpften da-bei Freundschaf-ten mit anderenMitgliedern unserer Statthalterei. Ich enga-gierte mich schrittweise, zunächst in der Lei-tung der Themenabende am Samstag undbeim Festessen am Sonntag für über 900 Mit-glieder unserer aufstrebenden Statthalterei.

1993 wurde ich zur Vertreterin in der Di-özese Santa Rosa ernannt und füllte diesen Po-sten zehn Jahre lang aus, bis ich 2003 zurKanzlerin der Statthalterei ernannt wurde.Das Jahr 2008 war für alle Mitglieder unsererStatthalterei schwierig. Unser Statthalter Johnlitt an Krebs im Endstadium. Drei Wochen vorunserer Jahresversammlung, die in Oakland,Kalifornien vorgesehen war, wurde ich gebe-ten, das gesamte Treffen zu leiten. Im Oktober2008 kaum zur Statthalterin ernannt (als einzi-ge Frau unter 58 Männern), erfuhr ich, dass

ich Ende November an der Consulta in Romteilnehmen musste.

Unsere Statthalterei für den Nordwestender USA ist von der Mitgliederzahl die klein-ste Statthalterei der USA, aber auf geographi-scher Ebene eine der größten, denn sie er-streckt sich von Alaska bis Kalifornien (8 Staa-ten des Westens und 21 Diözesen). In den sie-ben Jahren, in den ich Statthalterin war, habeich viele Kilometer zurückgelegt, um unsereMitglieder in ihren Diözesen zu besuchen undan Versammlungen in Rom und in Bethlehem

teilzunehmen. Inden vier letztenJahren kümmerteich mich um deninternat ionalenVerwal tungsra tder UniversitätBethlehem.

Die Zugehörig-keit zum Ritteror-den vom HeiligenGrab lässt sich ambesten folgender-maßen beschrei-ben: Gebet, Enga-gement und Groß-zügigkeit. Dasganze Jahr überversammeln sich

unsere Mitglieder mehrmals bei Exerzitien,bei liturgischen Jahresversammlungen undinsbesondere am Karfreitag, an dem die Ritterund Damen in ihren Gemeinden auch eineSpendenaktion speziell für das Heilige Landdurchführen und für die leidenden Familienim Heiligen Land beten.

Unser Beitritt bedeutet ein großzügiges En-gagement für die Christen im Heiligen Land.Wir haben neun Stipendien für Studenten, diean der Universität Bethlehem studieren. Wirunterstützen auch eine Gemeindeschule inMafraq, wo wir Beihilfen zum Schulgeld zah-len, zwei Programme für Sommerkurse in Ma-fraq und Ader, das Zentrum Our Lady of Peacein Amman, Jordanien, für Kinder, die beson-dere Aufmerksamkeit brauchen, und wir zah-

XIV N° 41 - JANUAR 2016

Mary O’Brien in Begleitung des Großpriors des Ordens,Msgr. Fouad Twal bei der Versammlung des

Großmagisteriums in Rom.

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len Beihilfen zum Schulgeld für einen Semina-risten in Beit Jala. Eines meiner Lieblingsenga-gements ist ein Programm, das unsere Statt-halterei vor fünf Jahren zu Ehren meines Vor-gängers begann und das unter dem Namen„Mentoratsprogramm McGuckin“ an der Uni-versität Bethlehem bekannt ist. In den fünfletzten Jahren konnten über 50 Studenten imSommer sechs Wochen lang in die USA undnach Australien kommen, wo sie von verschie-denen Angestellten betreut wurden. Dies ist

dem Engagement und der Großzügigkeit unse-rer Mitglieder zu verdanken. Nach der Rück-kehr der Studenten nach Bethlehem, könnensie es kaum erwarten, ihrer Universität undihrer Heimat ihre neuen betriebswirtschaftli-chen Kenntnisse zukommen zu lassen.

Es war ein Abenteuer, den Auftrag des Or-dens zu unterstützen, und ich kann es kaumerwarten, mich an der Arbeit des Großmagi-steriums zu beteiligen, auch wenn ich derzeitdie einzige Frau bin!“

Anfang Januar wurde Pater John Bruce Bateman im Großmagisterium als neuer Sekretärvon Kardinal O’Brien vorgestellt. Er wurde 1996 in der Diözese Harrisburg in Pennsylva-

nia zum Priester geweiht und diente der Kirche zwölf Jahre lang als Pfarrer, zusätzlich zu sei-nem Dienst als Militärseelsorger. Bei seiner Ankunft in Rom erzählte er: „Dieses Amt war einegroße Überraschung für mich. In den letzten Jahren begann ich eine geistliche Nähe mit denverfolgten Christen zu spüren und freue mich, für die Christen im Heiligen Land arbeiten zukönnen. Ohne dass ich es wusste, bereitete mich Gott auf diesen Auftrag vor.“ Der Orden be-glückwünschte Pater Bateman, der sein Amt in diesem Frühjahr endgültig antritt.

XV N° 41 - JANUAR 2016

Willkommensgruß fürPater John Bruce Bateman,

den neuen Sekretär des Großmeisters

Pater John BruceBateman wurde am 12.Januar dieses Jahresim Großmagisteriumempfangen (aufunserem Foto siehtman ihn zusammen mitKardinal O’Brien,Assessor Msgr. Franco,GeneralgouverneurBorromeo und KanzlerRebernik). Dasorangene Band, das eram Revers seinerJacke trägt, ist einZeichen der Solidaritätmit den Christen inNahost, eine originelleInitiative, die in einerGemeinde in den USAentstand.

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XVI N° 41 - JANUAR 2016

Das Jubiläum der Barmherzigkeitim Heiligen Land leben

In der Todesangstbasilika im Garten Get-semani eröffnete der lateinische Patriarchvon Jerusalem, Msgr. Fouad Twal am

Sonntag, den 13. Dezember als erstes dasHeilige Jahr der Barmherzigkeit. Zwei weite-re Heilige Pforten erlauben den Pilgern, dasJubiläum zu leben: Die eine wurde am 24.Dezember in der lateinischen Katharinenkir-che eröffnet – ganz in der Nähe der Basilika,die dort erbaut wurde, wo Jesus geboren ist –und die andere am 27. Dezember, dem Festder Heiligen Familie in der Verkündigungsba-silika in Nazareth. Weitere Pforten sind spe-ziell für die Gemeinschaften vor Ort gedacht,insbesondere für die Katholiken des lateini-schen Ritus, und zwar in der Kirche der Hei-ligen Familie in Gaza, wo Msgr. Twal die Hei-lige Pforte am 20. Dezember eröffnete, sowie

Der Orden und das Heilige Land

Auf unserer Website (info.oessh.va) steht unseren Lesern ein geistlichesHeft zur Verfügung, das vom Kommunikationsdienst des Ordens in Romin Koordinierung mit Msgr. Fortunato Frezza – Bibelwissenschaftler undZeremoniar des Ordens – zusammengestellt wurde und den Vollzug des

Jubiläumsjahres im Heiligen Land, insbesonderein Bethlehem und in Jerusalem

begleiten soll. Dieses Dokumentkann das Gebet zu Hause und in

Gemeinschaft mit unserenGeschwistern stärken, die in den

biblischen Regionen leben. Werdas Glück hat, ins Heilige Land

reisen zu können, findet dieverschiedenen „Heiligen Pforten“

vor, die das Lateinische Patriarchatvon Jerusalem ausersehen hat, und

die wir Ihnen hier vorstellen.

in Jordanien in Amman, wo sie seit dem 12.Dezember in der Kirche Johannes Baptist deLa Salle offen steht.

By the Communication Office of the Grand Magisterium

in coordination with Msgr. Fortunato Frezza,

biblical scholar and Master of Ceremonies of the Order

PILGRIMS

of MERCY

in the HOLY LAND

ORDO EQUESTRIS

SANCTI SEPULCHRI HIEROSOLYMITANI

Einband des geistlichenHeftes, das den Mitgliedern des Ordens vomHeiligen Grab angeboten wird, um dasJubiläum der Barmherzigkeit zu leben. (Es stehtzunächst auf Englisch und Italienisch auf derWebsite des Großmagisteriums in der Rubrik„Annales“ zu Verfügung: info.oessh.va)

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Weihnachten wird stets mitFreude, mit Licht, mit derWärme der Familie in Verbin-

dung gebracht, die sich aus der FrohenBotschaft der Menschwerdung einesGottes ableiten, der uns gleich wird, umuns zu erlösen. Und im Heiligen Land,wo dies konkret geschah, sind die Festta-ge von einer ganz besonderen Dichteund von großem Verantwortungsbe-wusstsein geprägt.

In seiner Weihnachtsbotschaft appel-lierte der lateinische Patriarch von Jeru-salem und Großprior des Ordens, MsgrFouad Twal an die Öffentlichkeit, dassdie internationalen Beschlüsse im Heili-gen Land respektiert werden und die Po-litiker beider Parteien auf die Stimmeder Völker hören, die den Frieden wünschen.Er versäumte es auch nicht, klar auf die trauri-ge Situation Bezug zu nehmen, die den ganzenNahen Osten trifft, und verlangte ohne zu zö-gern mit Bestimmtheit die Umkehr jener, diedurch den Waffenhandel die Instabilität för-dern. Die Antwort der Kirche in dieser schwie-rigen Zeit ist gerade das Jubiläum der Barmher-zigkeit, so Msgr. Twal. Er richtete eine beson-dere Einladung an seine Diözese: Jede Gemein-de solle „fünf Minuten lang die Lichter desWeihnachtsbaumes ausschalten als Zeichen derSolidarität mit allen Opfern der Gewalt unddes Terrorismus.“ Und er fügte hinzu: „Genau-so wird die Weihnachtsmesse für die Opferund ihre Familien gefeiert, damit sie wiederMut fassen und an der Freude und dem Frie-den des Weihnachtsfestes teilhaben können.“

Die Stimme der ersten weiblichen Bürger-meisterin von Bethlehem, der Katholikin VeraBaboun, ist ein Echo auf die des Patriarchen.Sie hatte uns kurz vor Weihnachten zu einem

langen Interview empfangen, das Sie ungekürztauf unserer Partner-Website Vatican Insidernachlesen können und in dem sie über die At-mosphäre berichtet, die heute in der Stadtherrscht, in der der Erlöser geboren ist. Im Fol-genden geben wir einen kurzen Auszug wieder.

Frau Bürgermeisterin, wie sieht heutedie Situation in Bethlehem aus, was denAlltag der Bürger und insbesondere derkatholischen Gemeinden betrifft? Die katholische Gemeinschaft ist Teil der ge-

samten Gemeinschaft. Was in Bethlehem ge-schieht, betrifft die katholische Bevölkerunggenauso wie den Rest der Bevölkerung. DieseStadt ist im Augenblick von Jerusalem abge-schnitten und die Gläubigen in Bethlehem kön-nen nur schwer am Heiligen Grab beten. Weraus Europa oder Amerika kommt, hat es einfa-cher, zum Heiligen Grab zu gehen als ein jun-ger, 21-jähriger Mann aus Bethlehem.

Da es keinen Frieden gibt, muss ich als Bür-germeisterin vielen komplizierten Situationen

XVII N° 41 - JANUAR 2016

Den Friedensfürst heuteim Heiligen Land empfangen

Gespräch mit Vera Baboun,Bürgermeisterin von Bethlehem

Vera Baboun, Bürgermeisterin von Bethlehem und Msgr.Shomali, Weihbischof von Jerusalem, senden Taubenzum Zeichen der Hoffnung aus, dass im Heiligen LandFrieden werde.

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die Stirn bieten. Insoweit als sich 82% des Re-gierungsbezirks von Bethlehem in der Zone Cbefindet, unterstehen wir also der israelischenVerwaltung und werden vom israelischen Si-cherheitssystem kontrolliert. Das Ausüben mei-ner Autorität ist eine unglaubliche Herausfor-derung.

Sie sind die erste weibliche Bürgermei-sterin von Bethlehem. Was können Sieuns über die Rolle sagen, die die Frauenin der palästinensischen Gesellschaftspielen, sowie über die Beziehung zwi-schen den muslimischen und den christ-lichen Frauen im Dienst des Friedens indiesem Land?Die christlichen wie die muslimischen Frau-

en in Palästina stehen denselben Herausforde-rungen, denselben Einschränkungen und der-selben Arbeitslosenquote gegenüber. Die christ-

lichen wie die muslimischen Frauen sind Müt-ter von Opfern, Mütter von arbeitslosen Ju-gendlichen, Frauen von arbeitslosen Männernund von Opfern. Sie sind selbst arbeitslos undOpfer. Sie leiden also doppelt.

Wollen Sie uns zum Schluss noch etwassagen?Das Leben besteht aus Stimmen, und um zu

einer Veränderung zu gelangen, braucht es mu-tige und treue Stimmen, die die Wahrheit sa-gen. Ich weiß, dass der Herr Jesus uns als Chri-sten gelehrt hat zu schweigen, wenn man dieWahrheit nicht sagen kann. Da wir in Bethle-hem mit der Wirklichkeit konfrontiert sind undsehen, was hier in Palästina geschieht, bitte ichdarum, dass alle aufrichtigen Stimmen furcht-los die Wahrheit sagen: Bethlehem, die Stadtdes Friedens, hat keinen Frieden, und das istein unermessliches Unglück!

Am 28. Oktober 2015 feierten die katholi-sche Kirche und alle ihre Freunde aus an-

deren religiösen Traditionen den 50. Jahrestagder Konzilserklärung Nostra Aetate des II. Va-tikanischen Konzils über die Beziehungen mitden nicht-christlichen Religionen, die eineVeränderung in der Beziehung mit anderenGläubigen, insbesondere mit Juden und Mus-limen herbeiführte. Diese Erklärung des seli-gen Papstes Paul VI, der mit dem Aposel Jo-hannes sagt: „Wer nicht liebt, hat Gott nichterkannt“ (1 Joh 4,8), eröffnete tatsächlich ei-nen neuen interreligiösen Austausch, der vonAchtung, Freundschaft und Dialog geprägt ist.Gerade deshalb durfte eine Gelegenheit, die-ses Ereignis zu feiern, in Jerusalem nicht feh-len – dieser Stadt, die dem Herzen der Juden,der Muslime und der Christen lieb und teuerist und in der die verschiedenen Religionsgemeinschaften Seite an Seite leben. Am 12. Novemberfand im Institut Unsere Liebe Frau also „Jerusalem Expo 2015“ statt, eine Gelegenheit, bei der manDarbietungen von Künstlern vor Ort beiwohnen und ergreifende Zeugnisse von Menschen undGruppen anhören konnte, die für das Verständnis, den Dialog und den Frieden arbeiten.

XVIII N° 41 - JANUAR 2016

Feier in Jerusalem zurKonzilserklärung Nostra Aetate

Ein prophetisches Treffen, bei dem die Gläubigender drei monotheistischen Religionen ihren Willenzum Ausdruck brachten, in den biblischen Gebietenin Freundschaft zusammenzuleben.

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Am 12. September 2015 fand in der slo-wenischen Statthalterei die vierte In-vestitur neuer Ritter und Damen statt.

Im Gegensatz zu den meisten europäischenLändern gibt es den Orden auf slowenischem

Die Freude über die Investituren:Ein Zeugnis aus Slowenien

XIX N° 41 - JANUAR 2016

Das Leben der Statthaltereien

Wir erhielten und veröffentlichenhier den Bericht über die

Investituren, die vom Großmeisterim September letzten Jahres in

Slowenien geleitet wurden. Die Vigilsowie die Feier, die die Aufnahme in

den Orden kennzeichnen, sindbesonders eindrückliche Ereignisse,

an die jeder sich erinnert.

Überfahrt desGroßmeisters zurKirche MariäHimmelfahrt auf derInsel Bled, wo die Vigilstattfand. Er benutztedas traditionelleHolzboot, diesogenannte „Pletna“, inBegleitung derslowenischenStatthalterin MarjanaKos, des apostolischenNuntius in SlowenienMsgr. Juliusz Janush,des Kanzlers desOrdens Ivan Rebernikund seiner Frau, sowiedesZeremonienmeistersMsgr. Andrej Saje.

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XX N° 41 - JANUAR 2016

Boden erst seit etwa einem Jahrzehnt. Die er-sten slowenischen Ritter wurden 2001 inve-stiert und bildeten eine Magistraldelegation.Bei der folgenden Investitur im Jahr 2004waren sie zahlreich genug und bekamen dieErlaubnis, eine unabhängige Statthalterei zugründen. Die Investiturfeierlichkeiten fandenin Bled statt. Die Insel mitten im Gletscher-see und die steile Felswand mit der Burg ausdem 11. Jahrhundert auf ihrem Gipfel schaf-fen das mystische Bild der Stadt. Dieser Ein-druck des Geheimnisses wird von der Mari-enkirche auf der Insel und von dem Blickauf die verschneiten Julischen Alpen am Ho-rizont noch verstärkt. Der Großmeister desOrdens, Kardinal Edwin O’Brien kam am 11.September in Bled an. Nach einem Arbeitses-sen setzte er in einem traditionellen offenenHolzboot, der sogenannten „Pletna“ zur Ma-rienkirche auf der Insel über, in Begleitungder Statthalterin Marjana Kos, des Nuntius inSlowenien Msgr. Juliusz Janush, des Kanzlersder Ordens Ivan Rebernik und seiner Frau,des Zeremonienmeisters dieser Feier Msgr.Andrej Saje sowie des Gemeindepfarrers vonBled, Pater Janez Ferkolj.

Bereits in heidnischer Zeit war die InselBled eine heilige Stätte, wie archäologischeFunde bezeugen. Die heutige Marienkirchewurde auf dem Fundament des Tempels derslawischen Liebesgöttin Îiva (lat. Vita) errich-tet. Die 99 Steinstufen, die zum Eingang derKirche führen, beinhalten eine besonderegeistliche Botschaft, die zur schrittweisen Er-hebung der Seele anregen soll. Ein besonde-rer Anziehungspunkt dieser Kirche ist eine„Wunschglocke“. Eine Legende berichtet,dass jeder Pilger eingeladen wird, sie zu läu-

ten, was Kardinal O’Brien auch tat… Auf dieBitte des Gemeindepfarrers hin unterzeich-nete der Kardinal auch das Große Buch derEhrengäste. Am selben Abend machten dievier slowenischen Anwärter die Gebetsvigilin der Kirche auf der Insel. Dieser feierlicheAkt, die historische und religiöse Bedeutungder Insel, die reiche Botschaft der Natur so-wie der Architektur gotischer und barockerKünstler bereiteten sie auf eine Investiturfei-er vor, die ein neuer Weg in ihrem Leben alsChristen ist.

Der Investiturritus fand am nächsten Tagin der Pfarrkirche St. Martin statt und wurdevom Großmeister des Ordens geleitet. Beidieser großartigen Feier konzelebrierte derApostolische Nuntius in Slowenien, Msgr. Ju-liusz Janusz. Prof. Ivan Rebernik, Mitglieddes Großmagisteriums und Kanzler des Or-dens, nahm ebenfalls an der Messe teil. Über30 Ritter und Damen aus den Statthaltereienfür Österreich, Norditalien, Ungarn, Polen,Ostspanien sowie ein Vertreter des Souverä-nen Malteserordens bezeigten den neuenBrüdern und der neuen Schwester ihre Un-terstützung und ihre Freude. Aus Anlass die-ser Investitur erwies der Kardinal-Großmei-ster uns die Ehre, vier Mitgliedern eineRangerhöhung zu gewähren. Wegen seineroffiziellen Verpflichtungen in Rom konnteErzbischof Stanislav Zore von Ljubljana nichtan der Investitur teilnehmen. Deshalb hatteKardinal O’Brien ihn einige Tage zuvor inRom investiert, und die Mitglieder der Statt-halterei sind ihm dafür sehr dankbar. Beidieser Gelegenheit ernannte der Kardinal-Großmeister Erzbischof Zore zum neuenGroßprior der Statthalterei für Slowenien.

Die Statthaltereien werden eingeladen, in der nächsten Ausgabeunseres vierteljährlichen Newsletter im Frühjahr 2016 von der Art

Zeugnis zu geben, wie die Mitglieder des Ordens das Jahr derBarmherzigkeit leben. Kontaktieren Sie uns, um uns Ihre Erfahrungen

auf diesem Gebiet mitzuteilen: [email protected]