National Health Service - Konrad-Adenauer-Stiftung ... · 1. Strategy Unit; 2. Chief Operating...

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Das britische Gesundheitswesen National Health Service (NHS) in England Manuela Lippek 22.10.2004

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Das britische Gesundheitswesen National Health Service (NHS) in England

Manuela Lippek 22.10.2004

Inhaltsverzeichnis I Allgemeine Strukturen des Gesundheitswesens 3 II Struktur des NHS 4 III Einzelne Institutionen 5 IV Finanzierung 8 V Ausgaben 9 VI Schlüsselrolle der PCTs 10 1. Finanzierung 10 2. Reform des Finanzflusses 10 3. Ausgaben der PCTs 11 VII Planung des Gesundheitswesens 11 VIII Wer profitiert und was sind die Leistungen? 11 IX Private Medical Insurance 12 X Herausforderungen 12 XI Reformen 13 1. Geschichtliche Entwicklung 13 2. Reformen der Thatcher-Ära 13 3. Reformen der Labour Regierung 15 XII Aktuelle Debatte 19 1. Labours Gesundheitspolitik 20 2. Tories Gesundheitspolitik 22 3. Gesundheitspolitik der Liberal Demokraten 23 Literatur

Gesundheitssystem Grossbritannien I Allgemeine Strukturen des Gesundheitswesens

Das britische System der sozialen Sicherung ist im wesentlichen dreigeteilt:

1. Die allgemeine Sozialversicherung (National Insurance seit 1948). Diese

umfasst die Renten- Arbeitslosen- und Unfallversicherung sowie Kranken- und

Mutterschaftsgeld.

2. Das Sozialhilfegesetz (National Assistance Act seit 1948) umfasst

verschiedene Formen der Mindestsicherung.

3. Den nationalen Gesundheitsdienst (National Health Service seit 1948),

der den größten Part in der medizinischen Versorgung einnimmt.

Diese drei Elemente bilden die Eckpfeiler des britischen Systems der sozialen

Sicherung und haben bis heute Bestand.

II Struktur des NHS Secretary of Health/ Department of Health ↔ Modernisation Agency - Kontrolle der Ausgaben und Lei- stungen der nachgestellten Verwal- tungseinheiten ↓ ↓ Special Health Authorities Strategic Health Authorities Local NHS performances - verwalten NHS auf lokaler Ebene - bieten Gesundheitsdienste in und sind die Schlüsselverbindung ganz England an (z.B. National zwischen dem Department of Health Blood Authority; NHS direct) und anderen NHS-Organisationen ↓ Primary Care Primary Care trusts (PCTs) → Planung von: Secondary Care/ - erhalten 75% des NHS Budgets Secondary Care Trusts - managen Ärzte/ GPs, Zahnärzte, · Care Trusts (Gesundheits- und Optiker, Aphoteker, Walk-in Sozialdienste) Centres · Mental Health Trusts

(Psychiatrische Versorgung) · NHS Trusts/ FoundationTrusts (i.d.R. Krankenhäuser) · Ambulance Trusts (Ambulanz

Service/ Patienten Transport) ↓ ↓

Bereitstellung aller lokaler Gesundheitsdienste

III Einzelne Institutionen

Department of Health (DoH)/ Secretary of State for Health

Aufgaben:

- Verwaltung des NHS zusammen mit Strategic Health Authorities >

Machtverteilung.

- arbeitet Standards des NHS und lokaler Dienste heraus, überwacht deren

Einhaltung und unternimmt Maßnahmen gegen deren Nichteinhaltung.

- Finanz- und Ressourcenverwaltung.

Organisation:

- das Department of Health ist in drei Hauptabteilungen unterteilt, die alle

gemeinsame Schnittpunkte haben: NHS, Social Care, Public Health.

- Der Secretary of State for Health hat die höchste Position im Department of

Health und ist dem Parlament verantwortlich. Er darf nicht verwechselt

warden mit dem Secretary of Department of Health, der zugleich

Geschäftsführer des NHS ist und gegenüber dem Secretary of State for Health

verantwortlich.

- Für bestimmte Aufgabenbereiche gibt es vier Minister und 12 Direktorate.

Darüber hinaus arbeitet das DoH mit fünf weiteren Agenturen zusammen, die

für bestimmte Bereich zuständig sind und auch Teil des DoH sind.

Minister: 1. Minister of State for Health:

Nr. 1 ist verantwortlich für NHS und dessen Dienstleistuingen (Personal, Wartezeiten, primary care service). Nr. 2 ist verantwortlich für social care, longterm care, disability and mental health.

2. Parliamentary Under Secretary of State 1: Verantwortlich für Ausgestaltung und Qualität des NHS (Pharmazie, Genetik, Biotechnologie, Statistik, Research, alltägliche Verwaltung des DoH.

3. Parliamentary Under Sectretary of State 2: haupsächlich für Notfallversorgung verantwortlich.

4. Parliamentary Under Secretary of State for Public Health: Verantwortlich für den Schutz der öffentlichen Gesundheit und prevention. (Krebs, Rauchen, Gesundheitsungleichheiten, Sexualgesundheit, Ernährung, Embryology, internationale Gesundheitsthemen.

12 Direktorate:

1. Strategy Unit; 2. Chief Operating Officer, 3. Children and older people and social care services, 4. Public involvement, nursing, mental health, disability, 5. policy directorate, 6. external and corporate affairs, 7. communications, 8. Modernisation Agency, 9. Finance, 10. Research, 11. Human Ressources, 12. Public Health and clinical quality. 5 weitere Agenturen, mit denen das DoH zusammenarbeitet und die auch Teile des NHS sind: - Medical Devise Agency - Mediciones Control Agency - NHS Estates - NHS Pension Agency - NHS Purchasing and Supply Agency weitere wichtige Ämter im DoH: - Chief Medical Officer (CMO) - Chief Social Services Inspector - Chief Nursing Officer - Chief Dental Officer - Chief Pharmaceutical Officer

Modernisation Agency

- soll zur Innovation und vermehrtem partnerschaftlichem Handeln innerhalb des

NHS beitragen.

National Institute for Clinical Excellence (NICE):

- soll Standards und bestmögliche klinische Vorgehensweise herausarbieten.

- hat bisher mehr Behandlungen zugestimmt als abgelehnt, so dass für den NHS zusätzliche

Kosten von £ 600 entstanden sind.

Strategic Health Authorities (StHAs):

- ehemals health authorities.

- decken im Durchschnitt eine Bevölkerung von 1,5 Millionen Menschen ab.

- managen NHS zusammen mit Department of Health; vergewissern sich über

Vebesserungen in der Gesundheit der Bevölkerung und der Ausgestaltung der

Gesundheitsdienste durch PCTs und NHS trusts, sowie über partnerschaftliche

Zusammenarbeit der NHS Organisationen.

- Sind zusammen mit PCTs dafür verantwortlich, dass eine Überwachung der

Öffentlichen Gesundheit, Bevölkerungsscreening und Bedürfniseinschätzung

von local communities ausgeführt wird.

Special Health Authorities (SHs):

- haben betsimmte Aufgaben (Health Development Agency, Mental Health Act

Commission, National Blood Authority, National Clinical Assessment

Authority, NICE, National Patient Safety Agency etc.).

- unterstehen dem Department of Health; aber stehen über NHS Trusts und

PCTs.

Primary Care Trusts (PCTs):

- bilden Kernstück des NHS.

- die ersten wurden im April 2000 gegründet (zuvor Primary Care Groups).

- erhalten 75% des NHS-Budgets.

- Planung und Empfehlung von Gesundheitsdienstleistungen.

- regulieren Patientenüberweisungen und Versorgung durch GPs.

- Verbesserung des Gesundheitszustandes der Einwohner ihres Gebietes.

- Arbeiten innerhalb eines strategischen Rahmenwerkes, dass von Strategic

Health Authorities (StHAs) überwacht wird.

Secondary Care Trusts:

- bieten secondary care an

a) Care Trusts

- ersten entstanden im April 2002.

- bieten Gesundheitsdienstleistungen und Sozialdienstleistungen in einer Organisation

an und sollen so zu einer lückenlosen Versorgung beitragen.

- Care Trusts sind hauptsächlich auf die Bedürfnisse von älteren Menschen und

Menschen mit mentalen Gesundheitsproblemen fokussiert. Diese beiden Gruppen

sind am häufigsten von sozialen Diensten abhängig und haben oft Probleme mit

Barrieren zwischen Gesundheits- und Sozialdiensten.

- die soziale Versorgung ist eigentlich Sache der local councils. Wo Care Trusts

entstehen wird diese aber nun vom NHS verwaltet. Care Trusts entstehen

gewöhnlich dort, wo es eine Übereinstimmung auf lokaler Ebene gibt, dass die Art

und Weise der Dientstleistungsanbietung die beste ist.

c) NHS Trusts

- Begriff bezeichnet hauptsächlich Krankenhäuser.

- die ersten wurde 1991 als Selbstverwaltungsorganisationen innerhalb des NHS

gegründet. Zuvor waren health authorities für die Verwaltung aller Dienste

verantwortlich.

Verantwortlichkeiten: - Finanzen sollen ausgeglichen sein und ein vom Health Sectratry festgelegtes Finazlimit nicht

überschreiten - gemäß der Health Act von 1999 sollen sie qualitative Dienste anbieten, die mit nationalen

Bestimmungen übereinstimmen und partnerschaftlich mit anderen lokalen Akteuren zusammen arbeiten.

- Haupteinkommen wird durch Übereinkommen mit PCTs über Dienstleistungen festgelegt.

d) Foundation Trusts: NHS Krankenhäuser, die örtlich von privater Hand verwaltet

werden; sie haben mehr finanzielle und operationelle Freiheiten als andere NHS

Trusts (Krankenhäuser) und lassen Tendenzen zur Dezentralisierung der Kontrolle

des Gesundheitssystems erkennen. Die ersten 20 NHS Foundation Trusts wurden am

1. April und 1. Juli 2004 eröffnet. Besonders gut arbeitende NHS Trusts können sich

für den Status eines Foundation Trusts bewerben.

- sind zwischen öffentlichem und privatem Sektor zu verorten.

- werden nach Leistung bezahlt.

- bekommen zusätzliche Gelder, wenn sie mehr Patienten behandlen.

- können Medikament verschreiben und Behandlungen durchführen, die in anderen

NHS Hospitälern nicht angeboten werden.

NHS direct: Telefonservice, bei dem Krankenschwestern Anweisungen zur

Eigenbehandlung erteilen oder eine Weiterleitung an den entsprechenden Service

herstellen, wenn weitergehende Hilfe benötigt wird.

- Kritik von GPs: NHS direct reduziert nicht ihre Arbeit, sondern vermehrt sie.

Walk-in Centres: in ihnen werden Auskünfte erteilt und Behandlungen kleinerer

Erkrankungen und Verletzungen durch Krankenschwestern angeboten. Es existieren

43 solcher Centren in England.

Family health services:

- sind für die medizinische Grundversorgung bei GPs, Zahnärzten, Augenärzten und

Apotheken verantwortlich.

III Finanzierung - Haupteinnahmequellen

- staatliche Gelder: 82% (OECD Durchschnitt: 72%); setzen sich zusammen aus:

- progressiver Einkommenssteuer (10 - 40% des Einkommens),

- “Value added Tax“ für bestimmte Dienstleistungen (festgesetzte Rate von

17.5%).

- Zuschüsse des National Instituts for Clinical Excellence (NICE) von 12%,

- Nationalversicherungsbeiträge. Bei den Nationalversicherungsbeiträgen beträgt der Arbeitgeberanteil 11.9% eines Bruttolohnes von £87 - £575 pro Woche, und der Arbeitnehmeranteil 10% ab einem Bruttogehalt von £87 pro Woche ohne obere Grenze. Die Nationaversicherungsbeiträge kommen nicht nur dem Gesundheitssystem zu Gute, sondern auch der Renten- und Arbeitslosenversicherung. Der Einzelne Arbeitnehmer wird also mit Abgaben von 20 bis zu 50% seines Brutoeinkommens belastet. Bei genauerer Betrachtung erscheint das progressive Abgabensystem allerdings eher regressiv, da Arbeitnehmer mit einem geringeren Einkommen 40% ihres Einkommens an Steuern zahlen und besserverdienende 36% (Commission on Taxation and Citizenship).

- Patientenzuzahlungen, die 4% der Gesamtausgaben abdecken. Zuzahlungen werden für Medikamente (6.40 GBP in England und 6.00 GBP in Wales pro Medikament), Sehtests (10 - 20 GBP) und zahnärztliche Behandlungen (80% der Kosten bis zu einem Maximum von 378 GBP) erhoben. Ausgenommen von solchen Zuzahlungen sind insbesondere Kinder unter 16 Jahren und Jugendliche, die sich in einer Vollzeitausbildung befinden und nicht älter als 19 Jahre in England, bzw. 25 Jahre in Wales sind. Des Weiteren sind ältere Menschen ab 60 Jahren und Schwangere von den Zuzahlungen befreit.

Die Finanzierung des Gesundheitssystems wird im Haushaltsplan von der Regierung

für drei Jahre festgelegt. Die Minister der verschiedenen Ministerien verhandeln

dabei mit dem Treasury (Schatzamt) über die Höhe ihres Budgets.

Neben dem public funding sector, welcher vom NHS finanziell abgedeckt wird, gibt es in

Großbritannien auch einen privat funding sector. Dieser unterhält zusätzlich zum NHS Krankenhäuser

und andere Gesundheitseinrichtungen, die jedem Bürger offen stehen, sofern er die privaten

Dienstleistungen im Gesundheitsbereich bezahlen kan und will. Aufgrund der permanenten

Überbelastung des NHS nutzen viele Briten die Angebote des privat funding sectors und schliessen

dazu eine private Krankenversicherung ab.

Zum Vergleich des Anteil staatlicher und privater Finanzierung des

Gesundheitssystems, kann für das Jahr 2001 festghestellt werden, dass der staatliche

Anteil 82, 2% betrug und der private 17,8 %. Dieses Verhältnnis entspricht etwa dem

Durchschnittswert der Mitgliedsländer der Europäischen Union.

Einen Höchststand mit 90% erreichte der Anteil öffentlicher Finanzierungn für den Gesundheitssektor

Mitte der 70er Jahre. Dieser Anteil sank jedoch bis Ende der 90er Jahre auf knapp 80%, was mit einem

stetigen Anstieg der Patientenzuzahlungen und vermehrten Abschlüssen privater

Krankenversicherungen zu erklären ist. In den letzten Jahren ist der Anteil der öffentlicher

Finanzierung aufgrund des Regierungsvorhabens, die Leistungen des Gesundheitssystems zu

verbessern, wieder gestiegen.

V Ausgaben 2001

- 7.6% des BIP wird für Gesundheitssektor ausgegeben (OECD Durchschnitt 8.4%);

pro Kopf Ausgaben betragen 1 992 US$ (OECD-Durchschnitt 2 117 US$). Ausgaben

für den NHS und personenbezogene soziale Dienste haben einen Anteil von 5,6% an

allen öfentlichen Ausgaben und stellen somit das größte Ausgabenfeld nach sozialer

Sicherheit dar (Merry, Peter 2003: The NHS in England 2003/04).

Ausgaben des NHS für:

- Krankenhäuser, community health services und nicht gesetzlich festgeschriebene

family health services (81%).

- family health services (10%), zu deren Bereitstellung der NHS verpflichtet ist.

Hierzu zählen beispielsweise Vergütungen ärztlicher und pharmazeutischer

Leistungen

- Kapitalausgaben (3%)

- 1% der Gesamtausgaben entfallen auf zentrale Gesundheitsdienste

- und nochmals 1% auf die Verwaltung (Dixon, Anna und Ray Robinson 1999:

Health Care Systems in Transition- United Kingdom).

Ein erhöhter Anstieg der Gesundheitsausgaben konnte in den 90er Jahren festgestellt werden, wobei

die durchschnittliche Wachstumsrate pro Jahr 3.8% betrug und somit über der durchschnittlichen

Wachstumsrate der EU-Länder von 3.2% lag. Wie in vielen anderen Ländern auch, lässt sich die

Wachstumsrate der Gesundheitsausgaben des letzten Jahrzehnts in drei verschiedene Perioden

einteilen: In den frühen 90ern konnte zunächst eine relativ hohe Wachstumsrate von 4.9% pro Jahr

festgestellt werden. Dieses Wachstum fiel mit der Einführung des internal market und der GP fund-

holding zusammen. Nach einer relativ gleich bleibenden Wachstumsrate Mitte der 90er Jahre, sind in

den letzten Jahren die Ausgaben für den Gesundheitssektor drastisch angestiegen, was mit dem

Vorhaben der Regierung, die Leistungen im Gesundheitssektor zu verbessern zu erklären ist. In

Prozentzahlen veranschaulicht betrug die jährliche Wachstumsrate 4.9% von 1998 – 2001. Nur Irland

wies unter den EU-Ländern eine noch höhere Wachstumsrate auf. Finanziert wurden die erhöhten

Ausgaben durch einen Anstieg des Anteils öffentlicher Ausgaben von 5.6% in den Jahren 1998 - 2001.

Im OECD-Durchschnitt betrug die jährliche Wachstumsrate öffentlicher Ausgaben 4.4%.

VI Schlüsselrolle der der PCTs

Aufgrund der zentralen Stellung der PCTs im britischen Gesundheitssystem solle hier

kurz deren finanzielle Situation dargestellt werden.

1.Finanzierung

Bei der Aufstellung des Budgets der PCTs werden folgende Komponenten

berücksichtigt:

- Ausgaben des vorangegangenen Jahres

- Inflationsrate

- reale Zunahme der Ausgaben

2. Reform des Finanzflusses (Okt. 2002)

Auf Vorschlag des Departments of Health wurde im Oktober 2002 eine Finanzreform

durchgeführt. Seit dem gibt es national einheitliche Preise für

Gesundheitsdienstleistungen und die Vergütung dieser Leistungen orientiert sich an

deren Resultaten. Ziel dieser Reform ist es, dass nicht mehr Preisverhandlungen im

Mittelpunkt stehen sollen, sondern ein Mix an Dienstleistungen, der den Bedürfnissen

der Bevölkerung am besten gerecht wird.

3. Ausgaben der PCTs/ 2003:

- für Krankenhäuser, mental health und learning disability services (75%).

- Rezeptverschreibungen von GPs und community nurses (15%).

- Bereitstellung von community services: health visitors und community nurses (5%)

- Primary Care Infrastruktur: GP-Gehälter, Computer, Gebäude (4%).

- laufende Verwaltungskosten (1%). (Merry, Peter 2003: NHS Handbook 2003/04).

VII Planung des Gesundheitswesen

Neben dem Department of Health, das einen NHS Plan für drei Jahre aufstellt, sind

auch PCTs an der Planung des NHS beteiligt. Gemäß des Planing Priorities

Framework (PPF) vom 2. Oktber 2002 sollen PCTs einen Local Delivery Plan (LDP)

und andere lokale PCT-Pläne entwerfen.

LDPs sind auf besonders dringliche Gesundheits- und Sozialdienste, deren Priorität

im PPF festgelegt ist, fokussiert. Sie übersetzen nationale Politik in lokale

Handlungen und sind auf drei Jahre ausgerichtet.

PCTs haben aber auch die Freiheit andere lokal abgestimmte Pläne zu entwickeln, die

nicht vom PPF vorgesehen sind. Neben der zentralen Planung des Department of

Health gibt es also eine Menge von Übereinkommen, die auf lokaler Ebene

entschieden werden und sich auch auf diese beziehen, woran das Prinzip der

Dezentralisierung der Macht deutlich wird. Eine lokale Planung der

Gesundheitsdienste ist nicht nur bedeutend, weil eine nationale Planung praktisch

unmöglich ist, sonder auch aufgrund der Schlüsselposition, die die PCTs in der

strategischen Planung der Gesundheitsverbesserung, Reduzierung von Ungleichheiten

und Etablierung von Partnerschaften mit anderen bedeutenden lokalen Organisationen

einnehmen.

VIII Wer profitiert und was sind die Leistungen?

- alle Bürger des UK und der Europäischen Wirtschaftsunion.

- die Leistungen sind nicht explizit definiert, abgesehen von Entscheidungen des

National Instituts for Clinical Excellence (NICE), das bestimmte Leistungen und

Medikamente von den Diensten des NHS ausschliesst und generell rationierenden

Entscheidungen der “health authorities“. Durch die jüngsten Reformen des NHS,

die eine Dezentralisierung im NHS vorsehen, wird für solche Entscheidungen nun

eine Zusständigkeit lokaler Leistungsanbieter wie der “Primary Care Trusts“

wahrscheinlich.

IX Private Medical Insurance (PMI)

Die Zahl der Einwohner des UK, die eine private Zusatzversicherung haben, bzw.

vollständig privat versichert sind, beträgt 11,5%. Steuererleichterungen haben sie

nicht. Dies ist auch der Fall, wenn sie vollständig privat versichert sind und die

Leistungen des NHS nicht in Anspruch nehmen. 1991 wurde eine

Einkommensteuererleichterung für über 60 Jährige eingeführt, 1997 aber wieder abgeschafft. Derzeit

diskutieren die Tories einen Anreiz zu schaffen, sich privat versichern zu lassen. Wie weiter unten

angeführt, sollen nach ihren Plänen private Behandlungen bis zu einer Höhe von 50% der Kosten einer

gleichwertigen NHS-Behandlung staatlich subventioniert werden.

Private Krankenversicherungen werden sowohl von Profit-Unternehmen als auch von

Non-Profit Unternehmen angeboten. Die größten Anbieter sind BUPA, PPP, Norwich

Union und Standard Life Healthcare. Sie haben einen Marktanteil von 47%, 27%, 8%

und 5%, wobei BUPA der einzige nicht komerzielle Anbieter ist (Dixon, Anna und

Ray Robinson 1999: Health Care Systems in Transition- United Kingdom).

X Herausforderungen

- Unterfinanzierung in den letzten 20 Jahren,

- langen Wartelisten für Krankenhauseinweisungen

- oft schlechte Qualität in der Versorgung.

- Ärztemangel. Trotz der Bemühungen, mehr Ärzte zu rekrutieren, verfügt

Großbritannien über zwei praktizierende Ärzte pro 1000 Einwohner, was weit unter

dem EU-Durchschnitt von 3,3 Ärzten pro 1000 Einwohner liegt. Die Zahl an

Krankenhausbetten liegt mit 2,8 Betten pro 1000 Einwohner ebenfalls unter dem

Durchschnitt der meisten Länder.

- fehlende nationale Standards

- fehlende Anreize die Ausgestaltung der NHS-Dienstleistungen zu verbessern

- Überdezentralisierung

- Barrieren für die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Dienstleistungsanbietern

-“Entmündigung der Patienten“

All diese systematischen Probleme resultieren daraus, dass die Ausgestaltung des NHS auf das Jahr

1948 zurückzuführen ist, einer Zeit, in der die äußeren Umstände nicht mit den heutigen zu

vergleichen sind. Um den NHS dem Wandel der Zeit anzupassen, hat es seit dessen Entstehung

immerwieder Veränderungen und Reformen innerhalb des Systems gegeben.

XI Health Policy

Die oben genanten Herausforderungen machen Reformen in der Gesundheitspolitik

unerlässlich. Dabei ist Ziel der Gesundheitspolitik, die öffentliche Gesundheit zu

verbessern, d.h., Krankheiten vorzubeugen, die Lebenserwartung zu steigern und

Gesundheit zu verbreiten durch organisierte Zusammenarbeit der Gesellschaft,

bestimmter öffentlicher und privater Organisationen, Gemeinschaften und Individuen.

Kurzgefasst soll Gesundheitspolitik die Lebenserwartung erhöhen und zugleich auch

die Lebensqualität (Adding years to life and adding life to years).

Faktoren, die den Gesundheitsstatus der Bevölkerung beeinflussen:

- Alter, Geschlecht und genetische Faktoren

- Individueller Lebensstil

- Soziale Einflüsse

- Lebens- und Arbeitsbedingungen

- generelle sozioökonomische, kulturelle und Umweltbedingungen

Die sozioökonomischen, kulturellen und Umwelteinflüsse auf das individuelle Gesundheitsverhalten

wurden erst mit dem Übergang zum 20. Jahrhundert von der Gesundheitspolitik berücksichtigt, deren

Ziel nicht mehr nur die Heilung von Krankheiten, sondern auch deren Prävention ist. In diesem

Zusammenhang stellen die hohe Lebenserwartung, die Industrialisierung, Ungleichheiten im

Gesundheitsstatus der verschiedenen Bevölkerungsschichten und schädliche Umwelteinflüsse die

größten Herausforderungen der Gesundheitspolitik dar .

XI Reformen

1. Geschichtliche Entwicklung

Folgende fünf Phasen der Nachkriegsentwicklung lassen sich unterscheiden:

1948-1959 Status-quo-Politik auf der Basis wachsender Budgets.

1960-1969 gezielter Ausbau des Krankenhaussektors und der

Gemeindedienste.

1970-1975 Verstrickung in Einkommenskonflikte mit dem

Gesundheitspersonal und Bemühen um eine organisatorische

Reform.

1976-1979 Kampf um Kostenkontrolle und Zurückdrängen der

Privatmedizin

1979-1991 Kostenkontrolle gepaart mit tiefgreifenden Strukturreformen

und Privatisierungsbestrebungen.

2. Reformen der Thatcher Ära (198 -199 )

- Situation des NHS: finanziellen Schwierigkeiten, Betten- und Personalmangel

> umfassenden Prüfung und Reform des nationalen Gesundheitsdienstes, die mit dem

“National Health Service and Community Care Act 1990“ begann und bis 1993

stufenweise umgesetzt wurde.

- Ziel: NHS auf dem bestehenden Kostenniveau durch Veränderung der internen

Organisation effektiver zu gestalten.

Einführung des Internal Market durch den “NHS and Community Care Act“:

unabhängig gewordene Anbieter– z.B. Krankenhaustrusts– sollen sich um

Aufträge zweierlei Kunden bewerben (Gesundheitsbehörden der Districts-

District Health Authority, DHA- und niedergelassene Allgemeinmediziner- GPs).

- Durch den Wettbewerb zwischen den Anbietern sollte die Effizienz des

Gesundheitssystems gesteigert werden und die Wahlmöglichkeit der Patienten

sowie die Qualität der Leistungen verbessert werden.

- Tatsächlich: zwar gewisse Effizienzsteigerung, jedoch kam es durch die

Abschaffung staatlicher Planung und der Einführung des

wettbewerbsorientierten Gesundheitssystems zu einer Kostenexpansion, die

auf eine Doppelung von Behandlungsangeboten zurückzuführen ist und hohe

Verwaltungskosten; Versorgungslücken und Ungleichbehandlung der

Patienten.

- Von einem Großteil der Beschäftigten im Gesundheitssystem und der

allgemeinen Öffentlichkeit wurde die Einführung des Internal Market daher

stark kritisiert. Diese Kritik trug mit dazu bei, dass später die starke

Wettbewerbsorientierung etwas abgeschwächt wurde und ein System des

kontrollierten Wettbewerbs eingeführt wurde (purchasing > commissioning).

Gründe für den Kostenanstieg:

- demografischer Faktor

- technologischer Fortschritt

- Internal Market/Wettbewerb zwischen Krankenhaustrusts um medizinische

Spezialisten könnte Gehälter in die Höhe treiben; zuvor hatte NHS

Monopolstellung als Arbeitgeber, die dazu beitrug, dass NHS im

internationalen Vergleich realtiv kostengünstig wirtschaften konnte.

Mögliche Gegenmaßnahmen:

- mehr Zuzahlungen

- Anreize zum Abschluss einer privaten Versicherung (Tories)

- Kosten des NHS dem Steurzahler vor Augen führen, z.B. durch kenntlich

machen des Teils der Einkommenssteuer, die in den NHS fließt oder durch

Einführung einer speziellen “NHS-Steuer“. Menschen sind möglicherweise

eher dazu bereit mehr Steuern zu zahlen, wenn sie Sicherheit haben, dass

zusätzliche Steuern der medizinischen Versorgung zu gute kämen!

Einführung des GP fundholding: Ärzte betreuen ihre Patienten im Rahmen eines

ihnen zugewiesenen Jahresbudgets.

Stark kritisiert wurde das System des GP fundholding von der British Medical

Association (BMA), die jedoch ihre Kritik zurück nahm, als eine wachsende Zahl

ihrer Mitglieder diesem Schema beitrat. Innerhalb von sieben Jahren stieg die Zahl

der teilnehmenden Arztpraxen von 303 auf 3 500.

Gründe für die unerwartete Zunahme der teilnehmenden GPs:

- die teilnehmenden GPs konnten ihre Dienstleistungen verbessern.

- wachsende Unterstützung des Fundholdingsystems durch die Regierung führte

dazu, dass Fundholding GPs bestimmte Anreize geboten wurden, von denen

nichtteilnehmenden GPs ausgeschlossen waren; z.B.Unterstützung bei der

Anschaffung neuer Computersysteme.

- Einige GPs befürchteten, als rückständig betrachtet zu werden, wenn sie dem

neuen System nicht beitreten, und schliesslich Patienten zu verlieren.

Viele GPs hatten jedoch auch starke Einwände gegen das Fundholdingsystem,

in dem sie eine ungerechte Rationierung der Leistungen sahen, und bildeten

non-fundholding commissioning groups. Diese spielten eine wichtige Rolle in

Überlegungen, die später zu Vorschlägen zur Gründung von Primary Care

Groups (PCG) führten.

Unter Premierminister John Major wurden die Reformen der Thatcher-Ära fortgesetzt. Die

oppositionelle Labour Partei kritisierte besonders die ungleiche Behandlung von Patienten eines

fundholding GPs und eines non-fundholding GPs sowie die Menge an Transaktionskosten des

Marktsystems. Sie traten für die Abschaffung des internal Market ein, unterstützten aber die primary

care orientierte Politik.

3. Reformen der Labour Regierung (ab Dez.1997)

- Situation: immer noch Betten- und Personalmangel und lange Wartezeiten.

> “The New NHS: modern, dependable“ (1997) > Abschaffung des Internal

Markets

- Ziel: Wettbewerbsorientierung des Marktsystems durch ein auf Partnerschaft und

Zusammenarbeit basierendes System zu ersetzten. Konkret bedeutet dies, dass health

authorities, trusts und andere Akteure partnerschaftlich agieren und beispielsweise in

Zusammenarbeit Programme zur Gesundheitsverbesserung erstellen.

- Bis 2000 wurde diese Reform stufenweise mit einem von der Regierung erstellten

Programm (White Paper) umgesetzt. Dieses umfasst unter anderem nachstehende

Punkte:

- klare Trennung zwischen dem stationären und ambulanten Bereich.

- flachere Hierarchien innerhalb des NHS und Dezentralisierung der

Verantwortlichlkeit im Managementbereich.

- Verantwortlichkeit der Kommunen für die Bereitstellung von

Gesundheitsleistungen.

- Verbesserung der Qualität durch die Festlegung von Standards.

> Abschaffung des GP-fundholding Systems: durch Primary Care Groups ersetzt

(PCGs) >(später PCTs). Seit April 1999 wurden 400 bis 500 PCGs gegründet, die im

Durchschnitt die Bedürfnisse von 100 000 Patienten abdecken. Im Gegensatz zum

Fundholding, bei dem der Beitritt optional war, sind nun alle GPs verpflichet, einer

PCG beizutreten, so dass allen Patienten die gleichen Behandlungsmöglichkeiten

offenstehen. Die PCGs werden von GPs und anderen Repräsentanten der primary

care und health authorities verwaltet.

stärkere Fokussierung auf die Qualität der Leistungen,

- Einrichtung von NICE (National Institut for Clinical Excellene): soll

bestmögliche klinische Vorgehensweisen auszuarbeiten und diese innerhalb

des NHS zu verbreiten.

- Einrichtung der Commission for Health Improvement: prüft, ob die

Ausgestaltung der Dienstleistungen auf lokaler Ebene die Erwartungen erfüllt

werden.

Anhand dieser beiden Akteure wird die >Rückkehr zu einer stärkeren staatlichen

Kontrolle deutlich, die mit der Abschaffung des Internal Markets einhergeht.

stärkere Betonung von Gesundheitsunterschieden aufgrund sozialer

Benachteiligung.

- Um diese Ungleichheiten zu beseitigen, wurden 26 health action zones (HAZs)

benannt, in denen besonders benachteiligte Personen leben. Die health action

zones erhalten von der Regierung finanzielle Unterstützung, besondere

Freiheiten und mehr Flexibilität; sollen dadurch zur Zusammenarbeit mit dem

NHS, lokalen Regierungen, örtlichen Industrie und freiwilligen Organisationen

ermutigt werden, um den Gesundheitszustand benachteiligter

Bevölkerungsschichten zu verbessern.

NHS Plan 2000 (diese bisher wohl umfangreichste Reform des

Gesundheitssystems soll bis ins Jahr 2010 umgesetzt werden).

- Hauptgedanke dieser Reform ist es, den NHS stärker am Patienten

auszurichten und daher die zentrale Macht der Regierung auf lokale

Gesundheitsanbieter/PCTs, die besser die Bedürfnisses der Patienten

einschätzen können, zu verteilen. Insgesamt betrachtet betont der NHS Plan

eher die Verbesserung der Leistungen der Gesundheitsdienste, als die

Verbesserung des Gesundheitsstatus der Bevölkerung an sich.

folgende Änderungen:

- Ausarbeitung von Standards und Überwachung der konkreten Ausgestaltung

des Gesundheitssystems von der Commission on Health Improvement.

- Festlegung von Prioritäten auf der gesundheitspolitischen Agenda (hierfür

wurde das NICE und die Modernisation Agency gegründet).

- Verbindung von Gesundheits- und Sozialdiensten.

> insbesondere alte Menschen sollen davor bewahrt werden in die Lücken zwischen diesen

beiden Diensten zu fallen und ein möglichst unabhängiges Leben führen zu können,

beispielsweise durch Reduzierung nicht notwendiger Krankenhausaufenthalte.

> Barrieren für die Zusammenlegung der Gesundheits- und Sozialdienste:

- unterschiedliche Finanzströme.

- unterschiedliche Verwaltungsstrukturen.

- unterschiedliche Definitionen.

- soziale Dienstleistungsanbieter wählen Mitglieder der local authorities, der NHS nicht.

> bereits der Health Act von 1999 enthält Neuerungen, die eine Zusammenarbeit der beiden

Dienste erleichtern sollen:

- pooled Budgets: ermöglichen Gesundheits- und Sozialdiensten Ressourcen zu einem

einzelnen Budget zu kombinieren.

- lead commission: entweder local authority oder health authority/PCG soll führende

Rolle habe; klare Veratnwortlichkeiten.

- integriertes Angebot der Dienstleistungen: local authorities und health authorities sollen

ihre Dienstleistungen zusammenlegen, um ein lückenloses Versorgungsangebot zu

gewährleisten.

- als Anreiz zur Verbesserung der Dienste des NHS sollen lokale NHS

Organisationen, die guten Service für Patienten anbieten, mehr Freiheiten

bekommen, um eigene Angelegenheiten selbst zu verwalten.

- Qualitätsbasierte Verträge zwischen GPs und Krankenhäusern.

- Bedeutendere Rolle von Krankenschwestern.

> bis 2004 soll die Hälfte aller Kranenschwestern Medikamente verabreichen können, zudem

soll mehr Geld in die Ausbildung investiert werden.

- gegen die Überdenzentralisierung des NHS sollen mehr Verantwortlichkeiten

von der Regierung auf lokale Gesundheitsdienste, insbesondere der Primary

Care Trusts übergehen.

> Bisher war der Gesundheitsminister gegenüber dem Parlament für die Ausgaben und

Ausgestaltung des NHS zentral verantwortlich. Nun soll aber das Subsidaritätsprinzip

eingeführt werden, so dass Entscheidungen auf der kleinst möglichen Ebene getroffen werden

können.

- insgesammt soll mehr Gesundheitspersonal (besonders Ärzte und Pflegekräfte)

eingestellt werden.

- Verbessserung der Infrastruktur von Krankenhäusern (mehr Betten, besseres

Essen, bessere Sanitäre Anlagen, mehr Sauberkeit etc.).

- kürzere Wartezeiten in Krankenäusern und bei Ärzten.

- Verbesserte Pflege für ältere Menschen.

- Reduzierung der Todesrate bei den drei Haupttodesursachen bis 2010;

Herzkrankheiten sollen bis 40% und Krebs bis zu 20% bei unter 75 jährigen

gesenkt werden, die Selbstmordrate um 20%. Um die Selbstmordrate zu senken

soll insbesondere mehr Parsonal im mental health service eingestellt werden

und bis 2004 eine frühzeitige und intensive Unterstützung für alle junge

Menschen, die Psychosen erleben, gewährleistet werden.

- mehr Mitsptacherechte für Patienten und bessere Informiertheit. (z.B. sollen

Patientenanwälte in jedem Krankenhaus vertreten sein; bei einer verschobenen

Operation, sollen Patienten einen neuen Termin innerhalb der nächsten 28 Tage

auswählen können, sollte dies nicht im behandelnden Krankenhaus möglich

sein, muss dieses die Kosten eines anderen Krankenhauses nach der Wahl des

Patienten übernehmen; Patientenumfragen und Foren sollen dazu beitragen,

dass Dienstleistungen stärker patientenorientiert sind.)

- stärkere Rolle des privaten und freiwilligen Sektors. (NHS soll ermöglicht

werden stärkeren Gebrauch von Möglichkeiten privater Krankenhäuser zu

machen.)

- nationale Maßnahmen gegen Ungleichheiten. (Verbesserung der primary care

in benachteiligten Gebieten, Untersuchungsprogramme für Frauen und Kinder,

Verbesserung der Ernährung von Kindern, z.B. durch kostenloses Angebot von

Früchten in Schulen für 4-6 jährige).

Um all dieses Ziele zu erreichen, wurden eine Menge zusätzlicher Gelder für den

NHS bereitgestellt.

XII Aktuelle Debatte

Labour Tories Lib Dem

Fokus Wahlfreiheit

(eingeschränkte) und

Qualität

Wahlfreiheit (totale) Qualität

Wahlfreiheit Patienten sollen bis 2006

zwischen vier oder fünf

Krankenhäusern wählen

können.

Patienten sollen Krankenhäuser

uneingeschränkt auswählen

können, einschließlich der

privaten, deren Kosten denen der

NHS Krankenhäuser angeglichen

sind.

Privater

Sektor

NHS Managern soll

ermöglicht werden, einen

Teil der Operationen von

privaten spezialisierten

Behandlungszentren

einzukaufen.

Patienten, die sich privat

behandeln lassen wollen, sollen

staatliche finanzielle

Unterstützung erhalten, die bis zur

Hälfte der NHS

Behandlungskosten betragen kann.

Maßnahmen zentrale Maßnahmen Aufhebung zentraler Maßnahmen;

Insbesondere Krankenhäuser

sollen die Möglichkeit erhalten,

eigene Entscheidungen bezüglich

Wartezeiten, Personal und

Kapazitätserweiterung zu treffen.

Foundation

Hospitals

Nur top-rated trusts können

Foundation trusts werden.

Beschränkungen bezüglich

der Menge der Anleihen auf

dem offenen Markt. Bis

2008 sollen alle

Mehr Krankenhäuser sollen

Foundation trusts werden mit mehr

Freiheiten. Insbesondere sollen sie

mehr Freiheiten hinsichtlich

Anleihen auf dem offenen Markt

erhalten sowie hinsichtlich

Krankenhäuser Foundation

trusts werden.

Personalgehälter.

Ausgaben NHS-Ausgaben sollen pro

Jahr um 7.4% gesteigert

werden, bis im Jahr 2007/08

eine Ausgabenhöhe von

£109bn erreicht ist.

Bis 2009/10 sollen die Ausgaben

um £34bn pro Jahr gesteigert

werden; Vergleichbar mit Labours

Vorhaben.

1. Labours Gesundheitspolitik

- größere Wahlfreiheit der Patienten hinsichtlich der Dienstleistungsanbieter im

Gesundheitssektor.

- Verbesserung der Qualität der angebotenen Leistungen.

- Schlagwörter, mit denen die Labourregierung in den Wahlkampf geht sind

“equity“ (Gleichheit) und “excellence“ (Qualität).

- Eine größere Gleichheit hinsichtlich der gesundheitlichen Versorgung der

Bevölkerung soll durch stärkere Wahlfreiheit und Erweiterung der

Dienstleistungsangebote gesichert werden.

- Die angestrebte hohe Qualität: Patienten sollen nicht die Notwendigkeit

verspüren, sich privat behandeln zu lassen. Die Labour Partei ist der Ansicht,

dass eine Abwanderung einzelner Patienten in den privaten Sektor zu

ungleichen Chancen hinsichtlich der ärmeren Bevölkerung führen würde, die

sich private Behandlungen nicht leisten könnten und letztendlich die

wohlhabenderen subventionieren würden, wenn private Behandlungen wie

von den Tories vorgesehen teilweise vom NHS mitfinanziert würden.

Weitere gesundheitspolitische Ziele der Labourregierung sind:

- Reduzierung der Wartezeiten auf ein Maximum von 18 Wochen bis 2008 (Die

aktuelle Wartezeit beträgt neun Monate).

- Bessere Behandlung für Patienten mit chronischen Krankheiten, z.B.: mit

Diabetis und Asthma.

- Stärkere Einbeziehung des privaten Sektors in die Gesundheitsleistungen des

NHS; Bis 2008 sollen bis zu 15% der Operationen und Diagnosen vom privaten

Sektor durchgeführt werden. Dies bedeutet, dass von nicht öffentlichen

Krankenhäusern etwa eine Million Operationen pro Jahr durchgeführt werden

würden, was eine Zunahme von 250 000 Operationen bedeutete.

- Einführung von “community matrons“, die die Pflege von Patienten mit

chronischen Krankheiten koordinieren.

Kritik:

Tories:

- Menge an zentral kontrollierter Maßnahmen

- großer bürokratischer Aufwand, der das klinische Personal von ihren

eigentlichen Aufgaben abhielte. Die Ausgaben für Verwaltungspersonal unter

der Labourregierung seien von £3bn auf £5bn angestiegen und die Zahl des

Verwaltungspersonals sein im Vergleich zu Ärzten und Krankenschwestern um

das dreifache gestiegen.

- Das aktuelle System trage darüber hinaus Patienten, die die Dienste des NHS

nicht in Anspruch nehmen und sich privat behandeln lassen, keine Rechnung, da

diese durch ihre Steuerzahlungen den NHS mitfinanzieren, ohne dessen

Leistungen in Anspruch zu nehmen.

Liberal Demokraten:

- kritisieren ebenfalls Menge an zentralen Maßnahmen, da sie Ärzte und

Krankenschwestern in ihrer Arbeit zu sehr einschränken würden.

- In der Fokussierung der Labourregierung auf die Wahlfreiheit sehen sie ein

Eingeständnis derer verfehlten Gesundheitspolitik. Die Schwächen sollten durch

die freien Kräfte des Marktes verdeckt werden. Dies lenke die Wähler von den

eigentlichen Problemen ab.

2. Tories Gesunheitspolitik

- umfassenden Wahlfreiheit der Patienten, auch hinsichtlich privater

Dienstleistungsanbieter. Durch Konkurrenz zwischen den einzelnen Anbietern,

und nicht durch zentrale Maßnahmen, werde die Qualität der

Gesundheitsdienste verbessert.

- private Behandlungen sollen bis zu einer Höhe von 50% der Kosten einer

gleichwertigen NHS-Behandlung staatlich zu subventionieren werden. Dieses

Vorhaben steht im Einklang mit ihrer Forderung nach stärkerer Zusammenarbeit

des privaten und öffentlichen Sektors.

Kritik:

Labour:

- richtet sich auf die Anreize, die Patienten geboten werden sollen, sich privat

behandeln zu lassen. Sie fürchten eine Ausschaltung des öffentlichen Sektors,

bzw. des NHS-Systems auf Kosten einer staatlichen Subventionierung des

privaten Sektors. Dies führe zu einer ungerechten Verteilung zwischen der

ärmeren und der wohlhabenderen Bevölkerung, da sich trotz der staatlichen

Anreize nicht alle Bevölkerungsschichten eine private Behandlung leisten

können, diese aber dennoch indirekt durch Steuerzahlungen subventionieren

würden.

Liberal Demokraten:

- kritisieren auch hier die Betonung der Wahlfreiheit als Eingeständnis, keine

wirklichen Lösungsalternativen zu haben, sondern die Probleme lediglich auf

den freien Markt zu verschieben.

3. Gesundheitspolitik der Liberal Demokraten

- Verbesserung der Qualität der Leistungen des NHS. Insbesondere wollen sie die

Qualität der lokalen Dienstleistungen verbessern. Konkret wollen sie die

Entwicklung von Primary Care Services vorantreiben und die Position von

Krankenschwestern, Therapeuten und anderen im Primary Care Sektor

Beschäftigten stärken.

- Die eigentliche Herausforderung sehen sie darin, Krankheitsursachen in Angriff

zu nehmen und der wachsenden Zahl an Patienten mit chronischen Krankheiten

die Möglichkeit einer eigenständigen Kontrolle ihrer Gesundheitsvorsorge und

Behandlung zu geben.

- Die Nationale Versicherung soll durch einen festgesetzten Nationalen

Gesundheitsbeitrag (National Health Contributions) ersetzt werden und das

Micromanagement “by Whithall of hospitals and GP surgeries“ soll beendet

werden.

Kritik:

Tories Schatten-Gesundheitsministers Andrew Landsley: Missachtung der

Wahlfreiheit. Standards würden nur verbessert werden, wenn Patienten eine wirkliche

Alternative zur Wahl eines Krankenhauses geboten würde.

Literatur:

- Appleby, John u. Anthony Harrison 2001: “Health Care UK- Winter 2001. The King´s Found review of health policy”.

- BBC News 2004: “At-a-glance: Labour vs Tories on NHS”. - BBC News 2004: “Lib Dems slam NHS false choices”.

- BBC News 2004: “Tories plan big changes for NHS”.

- BBC News 2004: “Government plan for NHS revealed”. - Department of Health 2000: “The NHS Plan. Summary”,

http://www.dh.gov.uk/assetRoot/04/05/58/63/04055863.pdf., (20.10.2004). - Dixon, Anna u. Ray Robinson 1999: “Health Care Systems in Transition-

United Kingdom”. European Observatory on health care systems, http://www.who.dk/dokument/e68283.pdf., (20.09.2004).

- Hills, John 1998: “Die Zukunft des Wohlfahrtsstaates”, in: Hans Kastendiek,

Karl Rohe, Angelika Volle: “Länderbericht Grossbritannien“, S. 493-523. - Lilley, Roy 2003: “The Insider´s Guide to the NHS. How it works and why it

sometimes doesn´t”, Oxon.

- Lilley, Roy 2001: “A Tool Kit for the NHS Plan”, Oxon. - Mark Easton 2004: “Analysis: Battle over NHS”, in: BBC News 2004.

- Merry, Peter 2003: “NHS Handbook 2003/04”, East Sussex.

- Merry, Peter 2003: “The NHS in England 2003/04”, London. - OECD 2003: “Health at a Glance – OECD Indicators 2003”.

- Slevin, Maurice: “Resuscitating the NHS. A consultant s view”, London 2003.

- Wanless, Derek 2004: “Securing good Health for the whole Population”.

Weitere interessante Literatur:

- DoH Report 2003-04: www.doh.gov.uk/dohreport/index.html.

- Dokumente zur Modernisierungsagenda: NHS-Plan, Modernising Social Services,

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