Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes...

52
Nr. 2/2007 bewertet: Vorkommen der Helm-Azurjungfer bestätigt: Flussufer-Wolfspinne am Unteren Niederrhein vereinbart: Grundsätze zur Nutzung von Wanderwegen wiederbegründet: Bergheideflächen im NSG Kahler Asten untersucht: Rückführung von Holzaschen in den Wald Natur in NRW Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen Erhaltungszustand der FFH-Arten in Nordrhein-Westfalen

Transcript of Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes...

Page 1: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

Nr. 2/2007

bewertet:Vorkommen der Helm-Azurjungfer

bestätigt:Flussufer-Wolfspinne am Unteren Niederrhein

vereinbart:Grundsätze zur Nutzung von Wanderwegen

wiederbegründet:Bergheideflächenim NSG Kahler Asten

untersucht:Rückführung von Holzaschen in den Wald

Natur in NRW

Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen

Erhaltungszustand der FFH-Artenin Nordrhein-Westfalen

Page 2: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

Natur in NRW 2/072

Impressum Aus dem Inhalt

Herausgeber und Verlag:Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-WestfalenLeibnizstraße 10D-45659 Recklinghausen, Telefon: 0 23 61/3 05-0

Redaktion:Marlies Graner, Bernd Stracke (verantwortlich)[email protected]

Redaktionsbeirat: Dr. Jürgen Eylert, Horst Frese, Dr. Heiner Klinger, Dr. Bertram Leder, Dr. Joachim Weiss

Vertriebsleitung: Michael Bachem

Vertriebsverwaltung, Abo.-/Leserservice:BMV-Verlagsgesellschaft mbHPostfach 10 03 5245603 Recklinghausen, Telefon 0 23 61/5 82 88 [email protected]

Erscheinungsweise:vierteljährlich März, Juni, September, Dezember.Einzelheft: 1,50 € zuzügl. Porto.Jahresabonnement: 5,– € einschl.Porto.Bestellungen, Anschriftänderungen, Abonnement-fragen mit Angabe der Abonummer, Abbestellun-gen (drei Monate vor Ende des Kalenderjahres)siehe Vertriebsverwaltung.

Satz und Druck:B.o.s.s Druck und Medienvon-Monschaw-Straße 547574 Goch, Telefon 0 28 23/9 29 98-0

Für unverlangt eingesandte Manuskripte sowieBücher für Buchbesprechungen wird keine Haftung übernommen. Durch das Einsenden von Fotografien und Zeichnungen stellt der Absenderden Verlag von Ansprüchen Dritter frei. Die Redaktion behält sich die Kürzung und Bearbei-tung von Beiträgen vor. Veröffentlichungen, dienicht ausdrücklich als Stellungnahme des Landes-amtes für Natur, Umwelt und VerbraucherschutzNordrhein-Westfalen gekennzeichnet sind, stellendie persönliche Meinung des Verfassers dar.

ISSN 0947-7578

100% Umweltpapier

Der Hirschkäfer (Lucanus cervus) eineFFH-Anhang II-Art, die sich in Nordrhein-Westfalen in einem unzureichenden Erhal-tungszustand befindet. Foto: R. Langhoff

Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen

Nr. 2/2007

bewertet:Vorkommen der Helm-Azurjungfer

bestätigt:Flussufer-Wolfspinne am Unteren Niederrhein

vereinbart:Grundsätze zur Nutzung von Wanderwegen

wiederbegründet:Bergheideflächenim NSG Kahler Asten

untersucht:Rückführung von Holzaschen in den Wald

Natur in NRW

Erhaltungszustand der FFH-Artenin Nordrhein-Westfalen Arbeitskreis Waldbau und Naturschutz NRW

Gesetzliche Regelungen zur Verkehrssicherungspflicht imWald 28

Horst FreseEinführung: Waldbauern und Wanderwelt 31

Werner Wessels, Esther Stahl, Norbert AscheGehören Holzaschen in den Wald? 35

Martin Kreuels, Ernst-Friedrich KielDie Flussufer-Wolfspinne in Nordrhein-Westfalen 24

Die Etablierung der natur- / kulturhistorisch wertvollen und artenreichen Bergheide(Vaccinio-Callunetum) im Naturschutzgebiet Kahler Asten war Ziel verschiedenerMaßnahmen, wie Holzeinschlag, Stubbenfräsen und Plaggen. Foto: V. Hahn

Ernst-Friedrich KielErhaltungszustand der FFH-Arten in Nordrhein-Westfalen 12

Christian Göcking, Norbert Menke, Ernst-Friedrich Kiel, Thomas HübnerDie Helm-Azurjungfer (Coenagrion mercuriale, CHARPENTIER 1840) 18

Page 3: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

Natur in NRW 2/07 3

FFH-Arten in NRWDas Hauptaugenmerk der vorliegendenAusgabe der Natur in NRW ist auf das Thema Artenschutz gerichtet. So werdenu.a. die Ergebnisse des nordrhein-west-fälischen Berichts über den Erhaltungs-zustand der FFH-Arten im Zeitraum2001 bis 2006 vorgestellt. Der NRW-Teilbericht für die Bundesrepublik beschreibt und bewertet 126 Arten und 44 Lebensraumtypen für die atlantische und die kontinentale Region. Am Beispiel der Helm-Azurjungfer werden in einem weiteren Beitrag Vorkommen, Schutz und Managementeiner FFH-Art in NRW aufgezeigt.Die Flussufer-Wolfsspinne ist zur „Spinne des Jahres 2007“ gekürt worden. Sie ist streng geschützt und giltnach der Roten Liste der WebspinnenNRW als gefährdet. 2006 wurden allebekannten sowie potentiell geeignetenStandorte auf eine Besiedlung durch dieWolfsspinne untersucht. Die Beurteilungder Untersuchungsflächen erfolgte nacheinem einheitlichen Bewertungsschema.Damit sollte eine differenzierte Gefährdungsanalyse für das zukünftigeManagement der Art ermöglicht werden.Die Ergebnisse der Untersuchung sind in diesem Heft nachzulesen.Weitere Beiträge befassen sich mit neueren Entwicklungen im Bereich der Verkehrssicherungspflicht im Wald –insbesondere im Hinblick auf die Benutzung öffentlicher Verkehrswege.Ferner informiert dieses Heft über dieNeubegründung von Bergheideflächenauf dem Kahlen Asten als Beispiel für eine Ausgleichsmaßnahme im Zusammenhang mit dem Bau einer Ortsumgehung.„Gehören Holzaschen in den Wald?“Dieser Frage geht ein Beitrag nach, dessen Grundlage aktuelle Analysen im Rahmen einer Diplomarbeit waren.Abgerundet wird dieses Heft durch einen Bericht über die „Goose 2007“,die zehnte Tagung der Goose SpecialistGroup von Wetlands International, die Anfang des Jahres in Xanten am Niederrhein stattgefunden hat.Mit dieser Ausgabe hat sich noch einmalder Titel unserer Zeitschrift geändert.Statt Naturschutz-Mitteilungen NRWlautet er nun Natur in NRW.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Harald IrmerPräsident des Landesamtes für Natur, Umweltund Verbraucherschutz NRW

Johan H. Mooij„GOOSE 2007“ in Xanten 40

Volkmar HahnNeubegründung von Bergheideflächen auf dem Kahlen Asten 42

Informationsangebote 49

Editorial 3

Buchbesprechungen 45

Journal 4

Veranstaltungshinweise 9

Die Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus) eine FFH-Anhang IV Art, deren Erhaltungszustand in Nordrhein-Westfalen als günstig eingestuft wurde.

Foto: H. Vierhaus

Editorial

Page 4: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

4 Natur in NRW 2/07

Aktion Frühlings-spaziergänge in NRWAn der zentralen Veranstaltung im Rahmender landesweiten Aktion Frühlingsspazier-gänge NRW nahm am Sonntag, den 20.Mai 2007, NRW-Umweltminister EckhardUhlenberg in Holzhausen bei Horn-BadMeinberg teil und wanderte gemeinsammit interessierten Bürgerinnen und Bür-gern rund um die Externsteine. MinisterUhlenberg begrüßte die zahlreichen Be-sucher und wies darauf hier ist, eine guteGelegenheit sei, um die Vielfalt der Land-schaften in ganz Nordrhein-Westfalen kennenzulernen und die Wunder der Naturdirekt vor der eigenen Haustür zu erleben.Veranstalter der rund 70 Frühlingsspazier-gänge ist die Natur- und Umweltschutz-Akademie NRW in Kooperation der Lan-desarbeitsgemeinschaft der Naturparke inNRW und der Landesgemeinschaft Natur-schutz und Umwelt NRW.Unter sachkundiger Führung wanderte derUmweltminister gemeinsam mit zahl-reichen Gästen durch den ehemaligen Hudewald am Bärenstein zu den Extern-steinen, die mit ihren insgesamt 13 Felsenein eindrucksvolles Natur- und Kultur-denkmal darstellen. Von der Aussichts-plattform der Externsteine bot sich eineeinzigartige Aussicht auf das 140 Hektargroße Naturschutzgebiet, zu dem auchBiotoptypen wie Erlen-Eschenwälder,kleinflächige Hangmoore und Bergheidenmit Wachholder sowie magere Grünland-bereiche gehören, die einem breiten Spektrums seltener und gefährdeter Tier-und Pflanzenarten Lebensraum bieten.Der Minister dankte dem Naturpark Egge-gebirge und südlicher Teutoburger Wald,der die Organisation dieser zentralen Ver-anstaltung übernommen hatte, zu der auchein buntes Rahmenprogramm in Holz-hausen gehörte. Hier konnte sich jederüber den Naturpark, die Biologischen Sta-tionen „Lippe“, „Senne“ und „PaderbornerLand /ALA“ sowie die rollende Wald-schule der Kreisjägerschaft und den Natur-parkbus informierte. G. Hein

Die Rückkehrder WanderfischeDas Wiederansiedlungsprogramm für denNordseeschnäpel hat erfolgreiche Früchtegetragen: Im letzten Jahr konnte eindeutigbewiesen werden, dass die Bestände dieser Wanderfischart im Niederrhein/Rheindelta-Gebiet natürlich angestiegensind.Im Rahmen des Programms wurden seit1996 jährlich mehrere 100.000 Jungfischeim Niederrhein bei Rees und in der Lippebei Wesel ausgesetzt. Vor sechs Jahrenstartete unter anderem das Zoologische Institut der Universität zu Köln mit einembegleitenden wissenschaftlichen Monito-ring, was bedeutende Erkenntnisse hervor-brachte. Bereits ein Jahr nach Programm-beginn konnte im niederländischen Ijssel-meer eine ansteigende Fangzahl vonSchnäpeln nachgewiesen werden. In denJahren 2005/06 konnten auch im Nieder-rhein und in der Lippe Erfolge verzeichnetwerden.Diese Ergebnisse sind Ausdruck eines er-folgreichen nordrhein-westfälischen Wie-deransiedlungsprogramm und einer frucht-baren, länderübergreifenden Zusammen-arbeit zwischen NRW und den Nieder-landen für eine seit Jahrzehnten im Rheinausgestorbene Fischart. Das Programmwird vom Land NRW, der Bezirksregie-rung Düsseldorf, der Rheinfischereigenos-senschaft NRW und der HIT-Umweltstif-tung finanziell unterstützt. (idw)

Ranger verteilen „Gelbe Karten“Die Eifeler Nationalpark-Ranger verteilenkünftig „Denkzettel“. Die als Gelbe Kartengestalteten Faltblätter sollen bei National-parkgästen um Verständnis für die Schutz-bestimmungen zum Erhalt der wertvollenNationalpark-Lebensräume werben. Ver-teilt werden die Gelben Karten an Besucher

des Großschutzgebietes, die sich nicht an die „Spielregeln“ des Nationalparkshalten. Hierzu zählen das Wegegebot,Rauchverbot oder auch die Leinenpflichtfür Hunde.Bereits der erste Satz dürfte bei den meis-ten Besuchern zur Einsicht führen: „Nurwenn sich alle Besucherinnen und Besucheran die Spielregeln des Nationalparks halten,werden auch künftig noch faszinierende Er-lebnisse in und mit der Natur, spannendeTierbeobachtungen und erholsame Wande-rungen durch die entstehende Waldwildnismöglich sein.“ Denn jede Störung der Ruheräume, so heißt es weiter, könne dazuführen, dass sich Wildtiere wie das Rot-wild nur noch nachts aus ihren Versteckentrauen. Und dann eben auch nicht vonWanderern zu beobachten sind. Wem die-ses Argument nicht ausreicht, den dürfteder Hinweis überzeugen, dass vorsätzlicheoder fahrlässige Verstöße gegen die Ver-bote oder Gebote der Verordnung mit Ver-warnungsgeldern oder Geldbußen von biszu 50.000 Euro geahndet werden können.Die Ausrede „Ich wollte doch nur das neueFaltblatt lesen“ hilft dann auch nicht mehrweiter. Unter www.nationalpark-eifel.desteht es für alle zum Download bereit.

Clearingstelle DialogWirtschaft und UmweltDie nordrhein-westfälische Landesregie-rung geht mit dem „Dialog Wirtschaft undUmwelt NRW“ (DWU) den Weg des kooperativen Umweltschutzes. In diesemRahmen wurde jetzt eine Clearingstelleeingerichtet, um Konflikte bei Genehmi-gungs- und Überwachungsverfahren zwi-schen Verwaltung und Wirtschaft schnellund unbürokratisch zu lösen.„Mit der Clearingstelle schaffen wir eineweitere Kommunikations- und Handlungs-plattform zwischen der NRW-Landes-regierung und der Wirtschaft“, so Umwelt-minister Eckhard Uhlenberg. „Jedes Unter-nehmen und jede Behörde kann sich kostenlos an die Clearingstelle wenden.Sie dient als Vermittler, um Streitfälle zwischen Unternehmen und Behördenganz unbürokratisch und unabhängig vongerichtlichen Verfahren zu lösen.“ DieClearingstelle wird jeden Streitfall an-nehmen. Ein erster Schwerpunkt sindStreitigkeiten in den Bereichen Wasserent-nahme-Entgelt, Abwasserabgabe, Altlasten,Bodenschutz und Immissionsschutz.Die Clearingstelle besteht aus drei ehren-amtlichen Mitgliedern: Einem neutralenVorsitzenden sowie jeweils einem Mit-glied aus der Wirtschaft und der Verwal-tung.Streitfälle können bei der Geschäftsstelledes Altlastensanierungs- und Altlastenauf-

Journal

Im Rahmen der zentralen Veranstaltungder landesweiten Aktion Frühlingsspazier-gänge NRW wanderte NRW-Umweltminis-ter Eckhard Uhlenberg gemeinsam mit interessierten Bürgerinnen und Bürgernrund um die Externsteine. Foto: G. Hein

Als Gelbe Karten gestalteten Faltblättersollen bei Nationalparkgästen um Verständ-nis für die Schutzbestimmungen werben.

Foto: Nationalparkforstamt Eifel

Page 5: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

5Natur in NRW 2/07

bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen(AAV) unter folgender Adresse eingereichtwerden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,Telefon: 0 23 24/50 94-0, Telefax: 0 23 24/50 94-10. Oder per E-Mail an den Ge-schäftsführer Gerhard Kmoch: [email protected]. (MUNLV)

LIFE-Projekt erfolg-reich abgeschlossenIm Naturschutzgebiet Düsterdieker Nie-derung, einem der größten zusammen-hängenden Feuchtwiesengebiete in Nord-rhein-Westfalen, ist Ende April ein sechs-jähriges Naturschutzprojekt der EU unddes Landes mit Erfolg abgeschlossen wor-den. Mit einem Gesamtbudget von rund4,5 Millionen Euro wurden insbesonderedie Lebensraumbedingungen für durch-ziehende, rastende und brütende Vogel-arten in dem europaweit bedeutsamenSchutzgebiet verbessert. Hierzu wurdenseit August 2001 unter der Trägerschaft derBiologischen Station Kreis Steinfurt imNaturschutzgebiet Düsterdieker Niede-rung vor allem Maßnahmen wie Land-Ankäufe, Wiedervernässung und Grün-land-Extensivierung vorgenommen. Nachanfänglichen Schwierigkeiten sind unterBeteiligung der Landwirtschaft gute Kon-senslösungen gefunden worden.Im Recker Moor, einem der am besten er-haltenen Moorgebiete in Nordrhein-West-falen, konnten weitere Maßnahmen reali-siert werden Zur Verbesserung der Wasser-verhältnisse im Hochmoor wurden Torf-dämme angelegt oder verstärkt. Zudemwurden Gehölze aus dem Moor entferntund ein neuer Aussichtsturm gebaut. Sowohl im Recker Moor als auch in derDüsterdieker Niederung wurden Informa-tionstafeln aufgestellt, die den Besuchern

Erläuterungen zu den Gebieten, den dortvorkommenden schützenswerten Pflanzenund Tieren und den vorgenommenen Maß-nahmen geben.Die Biologische Station Kreis Steinfurtwird die Schutzgebietsbetreuung weiterhinin enger Kooperation und im Einverneh-men mit den Landwirten durchführen. Aufdiesem Weg sind damit gute Voraussetzun-gen für ein Miteinander geschaffen, die derBedeutung des EU-Vogelschutzgebietes ge-recht werden.

Förderung von Agrar-umweltmaßnahmen undVertragsnaturschutzIn NRW können wieder Anträge zur För-derung von Agrarumwelt- und Vertrags-naturschutzmaßnahmen gestellt werden.Mit den Agrarumweltmaßnahmen und demVertragsnaturschutz werden freiwilligeUmwelt- und Naturschutzleistungen vonLandwirten honoriert. Sie sind neben anderen Fördermaßnahmen für die Land-wirtschaft und den Ländlichen Raumwichtiger Bestandteil des NRW-Pro-gramms „Ländlicher Raum“ 2007 bis2013, dessen Genehmigung durch die Europäische Kommission bis Mitte desJahres erwartet wird.Gefördert werden folgende Maßnahmen:

Ökologischer LandbauFür die Umstellung auf den ökologischenLandbau erhalten die Landwirte in den ersten beiden Jahren für Acker- und Dauer-grünland 262 Euro je Hektar/Jahr und abdem dritten Jahr 137 Euro je Hektar/Jahr.Für Gemüse, Dauer- und sonstige Spezial-kulturen sind differenzierte Prämien vor-gesehen. Grundlage ist vor allem die Ein-haltung der EG-Öko-Verordnung und dieTeilnahme an einem entsprechenden Kon-trollverfahren. Bisher werden rund 50.000Hektar in NRW gefördert.

Anbau einer vielfältigen FruchtfolgeWesentliches Kriterium ist der Anbau vonfünf Hauptfruchtarten und der Anbau vonwenigstens sieben Prozent Leguminosenauf der Ackerfläche. Die Prämie beträgt 40 Euro je Hektar/Jahr bzw. im Falle einergleichzeitig ökologischen Bewirtschaftung25 Euro je Hektar/Jahr. Zurzeit wird dieMaßnahme auf etwa 68.000 Hektar um-gesetzt.

GrünlandextensivierungDie Betriebe verpflichten sich, ihr ge-samtes Dauergrünland extensiv zu bewirt-schaften. Dies bedeutet unter anderem dieEinhaltung eines Viehbesatzes zwischen0,6 und 1,4 raufutterfressende Großvieh-einheiten (RGV) je Hektar und der Ver-zicht auf den Einsatz von stickstoffhaltigen

Mineraldüngern. Die Prämie beträgt 90Euro je Hektar/Jahr. Die Maßnahme wirdmomentan auf rund 90.000 Hektar durch-geführt.

Anlage von UferrandstreifenZiel ist die Verringerung von schädlichenEinträgen aus der Landwirtschaft in dieFließgewässer, zum Beispiel durch Ver-zicht auf jegliche Düngung, Pflanzen-schutzmittel und Beweidung auf einemdrei bis 15 Meter breiten Uferrandstreifenauf Grünland bzw. drei bis 30 Meter brei-ten, mit Gras eingesätem Uferrandstreifenauf Acker. Die Prämie beträgt 480 Euro je Hektar/Jahr. Insgesamt werden derzeitschon rund 2.300 Kilometer Uferrand-streifen gefördert.

Zucht vom Aussterben bedrohterlokaler HaustierrassenMit diesem Förderbaustein wird ein Bei-trag zum Erhalt der genetischen Vielfaltvon Nutztieren in der Landwirtschaft geleistet. Fördervoraussetzung ist die Teilnahme an einem anerkannten Zucht-programm. Förderfähig sind verschiedeneRassen von Rindern, Pferden und Schwei-nen und die Moorschnucke. Die jeweiligenPrämien liegen zwischen 17 und 120 Euroje Tier.

VertragsnaturschutzIm Focus des Vertragsnaturschutzes stehtdie naturschutzgerechte Bewirtschaftungund Pflege von Einzelflächen mit hohemNaturwert. Ziel ist unter anderem den Er-haltungszustand von FFH-Lebensräumenzu sichern und wo nötig zu verbessern. ImRahmen des Vertragsnaturschutzes werdenfolgende Hauptvertragspakete gefördert:

naturschutzgerechte Bewirtschaftungvon Äckern/Ackerstreifen zum Schutzvon speziellen Ackerlebensgemein-schaften,naturschutzgerechte Bewirtschaftungvon Grünland inklusive spezieller Zu-satzmaßnahmen,Streuobstwiesenbewirtschaftung (Er-haltungsmaßnahmen mit ggf. exten-siver Unternutzung),

Journal

Zahlreiche Wiesenvögel, wie der GroßeBrachvogel finden nun bessere Brutbe-dingungen. Foto: P. Schütz

Im Focus des Vertragsnaturschutzes stehtdie naturschutzgerechte Bewirtschaftungund Pflege von Einzelflächen mit hohemNaturwert. Im Bild: Pferdeweide in Klei-nenberg Kreis Paderborn.

Foto: C. Michels

Page 6: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

6 Natur in NRW 2/07

Bewirtschaftung von Hecken (Hecken-schnitt, Mahd der Säume).

Die Prämien für die verschiedenen Maß-nahmen variieren. Sie erreichen zum Bei-spiel bei Maßnahmen auf Äckern/Acker-randstreifen bis 1.157 Euro je Hektar/Jahrund liegen bei Grünland zwischen 200 Euro und 750 Euro je Hektar/Jahr. Für die Bewirtschaftung von Streuobstwiesenwerden bis zu 890 Euro je Hektar/Jahr unddie Bewirtschaftung von Hecken bis zuvier Euro je Meter/Jahr gezahlt.Über weitere Einzelheiten bei den Agrar-umweltmaßnahmen informiert der Direk-tor der Landwirtschaftskammer als Lan-desbeauftragter (www.lwk.nrw.de). Dortsind ab dem 16. Mai auch die Richtlinienund Antragsunterlagen erhältlich. Bewilli-gungsbehörde für die Maßnahmen des Ver-tragsnaturschutzes sind die Kreise undkreisfreien Städte sowie die Bezirksregie-rungen Arnsberg, Detmold, Düsseldorf,Köln und Münster. Dort sind weitere Informationen zu den Zuwendungsvoraus-setzungen und den Prämien der verschie-denen Maßnahmen erhältlich. Abgabefristfür die Anträge sämtlicher Agrarumwelt-und Vertragsnaturschutzmaßnahmen istder 30. Juni 2007.

LänderübergreifendesInformationssystemDie Entwicklungen des europäischen Forschungs- und EntwicklungsprojektsSIMDAT werden zunehmend von euro-päischen und interkontinentalen Wetter-diensten erprobt und haben gute Aussich-ten, sich weltweit durchzusetzen. Basie-rend auf Grid-Technologie entwickeln dieSIMDAT Meteo-Partner ein virtuelles glo-bales Informationssystem (VGISC) für dienationalen Wetterdienste in Frankreich,Deutschland und Großbritannien, das imWorld Meteorological Information System(WIS) genutzt wird und für höhere Kosteneffizienz und Benutzerfreundlich-keit sorgen soll. Den operativen Dienstenund Wissenschaftlern in den BereichenMeteorologie, Klima und Hydrologie wirddamit dann eine Datenbasis zur Verfügunggestellt, die in ihrer Breite einzigartig istund auf die sicher und komfortabel überdas Internet zugegriffen werden kann.Das SIMDAT-Projekt ist Europas Beitragfür die Infrastruktur-Technologie des imAufbau befindlichen WIS. Hintergrund ist, dass die World Meteorological Organi-sation (WMO) ihr langjähriges Global Telecommunication System (GTS) moder-nisieren und weiter entwickeln will. BeiGTS handelt es sich um ein internationalesNetzwerk, das hauptsächlich dem Aus-tausch meteorologischer Daten und Ka-tastrophenwarnungen in Echtzeit dient.

Zusätzlich werden anders als beim GTS alle Umweltorganisationen auf das künf-tige System Zugriff haben.Insgesamt umfasst das SIMDAT-Konsor-tium 25 europäische Unternehmen undForschungseinrichtungen aus verschiede-nen Branchen. Die Projektkoordinationliegt beim Fraunhofer-Institut SCAI inSankt Augustin.

Ökosysteme undKlimawandelDer Klimawandel führt zu deutlichen Konsequenzen in der Landnutzung. So seidie Ertragssicherheit bei vielen Kultur-pflanzen nicht mehr gegeben. Waldränderund Nadelholzmonokulturen sind durch eine Zunahme an Stürmen besonders gefährdet. Das erfordere eine schnelle Anpassung der Forstwirtschaft an die ver-änderten Bedingungen.Auch der Fortbestand vieler Moore undkleiner Gewässer ist durch die tendenziellabnehmenden Niederschläge im Nord-osten Deutschlands akut bedroht. Das gehtaus aktuellen Forschungsergebnissen her-vor, die das Deutsche Netzwerk für öko-logische Langzeitforschung (LTER-D) aufseiner Jahrestagung in bayerischen SanktOswald vorgestellt hat. Die Experten be-schäftigen sich vor allem mit den Lang-zeitfolgen von klimabedingten Verände-rungen in den Ökosystemen.Deutliche Veränderungen sind auch in derdeutschen Flora zu erwarten, wobei heuteschon Einwanderer aus wärmeren Regio-nen vielfach anzutreffen sind. Hierzu

zählen sowohl sommergrüne Gehölze wieder aus China stammende Götterbaum als auch immergrüne Sträucher wie dieLorbeerkirsche.Mit den veränderten Klimabedingungenverlängert sich die Vegetationsperiode.Viele Arten blühen früher oder bleiben imHerbst länger grün.Der Einfluss auf Prozesse in den Öko-systemen ist aber bis jetzt nur unbefrie-digend abzuschätzen. Wie wird sich bei-spielsweise die Produktivität der Öko-systeme verändern, welchen Einfluss werden die wachsenden Populationen anSchädlingen, wie beispielsweise der Borkenkäfer auf unsere Wälder haben?Wie steht es um das Wasserhaltevermögender Vegetation? Um die Probleme besserverstehen und Gegenmaßnahmen ent-wickeln zu können, müssen Monitoring-arbeiten verstärkt und die Kreisläufe derÖkosysteme intensiver untersucht werden.

„GreenKeys“ schafftwichtige GrünflächenDas europaweite Projekt „GreenKeys –Stadtgrün als Schlüssel für nachhaltigeStädte“ schafft neue Grünflächen in zwölfStädten Europas. Untersucht werden dabeiGestaltung, Nutzung, Pflege und Finanzie-rung. Erkenntnisse, die weiter genutzt wer-den sollen, um Stadtraum grüner und damitlebenswerter zu machen. Dresden ist mit62 Prozent Wald- und Grünfläche bereitseine der grünsten Städte Europas. EinGrund für die Stadt, federführend das gesamte EU-Projekt zu leiten und sich alsstädtischer Partner mit zwei Pilotprojektenan „GreenKeys“ zu beteiligen. Das Leib-niz-Institut für ökologische Raumentwick-lung (IÖR) erarbeitet die fachlichenGrundlagen und übernimmt die wissen-schaftliche Koordination der 20 Projekt-partner aus Bulgarien, Deutschland, Griechenland, Italien, Österreich, Polen,Slowenien und Ungarn.Aus den praktischen Erfahrungen der teil-nehmenden Städte wird ein „Pool vonGrünstrategien“ aufgestellt. Dazu gehörenInstrumente, Methoden, eine Übersicht anFallbeispielen sowie Kriterien zur Identifi-kation und Analyse von Erfolgsfaktorenund Engpässen bei der Entwicklung städ-tischen Grüns. Die Ergebnisse werden ineinem Planungshandbuch zusammenge-stellt. Damit soll möglichst vielen Städteneine Handlungsgrundlage für ein effek-tives Grünflächenmanagement an die Handgegeben werden. Darüber hinaus geht esaber auch um eine Erhöhung der politi-schen Aufmerksamkeit, damit Stadtgrünzukünftig als wichtiger Beitrag für einenachhaltige Stadtentwicklung anerkanntwird. (idw)

Journal

Das Schmalblättriges Greiskraut (Senecioinaequidens), ursprünglich aus Südafrika,erobert seit den 70er Jahren erfolgreichweite Gebiete Mitteleuropas und wird sichim Zuge des Klimawandels weiter aus-breiten können. Foto: A. Künzelmann/UFZ

Page 7: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

7Natur in NRW 2/07

Netzwerk „Fließgewässerim urbanen Raum“Immer mehr Städte, Gemeinden und Bürger entdecken ihre Gewässer neu – alsNaturraum im städtischen Umfeld, als Ortder Erholung und Ästhetik, als gestalten-des Element in der urbanen Bebauung, alsTreffpunkt für kulturelle Aktivitäten undnicht zuletzt auch als Möglichkeit der Um-weltbildung für Kinder und Jugendliche.Diese Aktivitäten sind in Anbetracht desoftmals sehr schlechten Zustands unsererGewässer im städtischen Bereich sehr zubegrüßen. Die Ziele, mit denen sich Men-schen in immer stärkerem Umfang ihrenGewässern wieder zuwenden, sind vielfäl-tig, aber die zu klärenden Fragen wieder-holen sich.Darum wird jetzt bei der KommunalenUmwelt-Aktion U.A.N. mit Unterstützungder Deutschen Bundesstiftung Umwelt einNetzwerk „Fließgewässer im urbanenRaum“ konzipiert und aufgebaut. Begleitetwird der Aufbau des Netzwerks durch eineGruppe ehrenamtlich wirkender Expertensowie Vertretern aus der kommunalen Praxis und Wissenschaft. Kooperations-partner in diesem DBU-Projekt ist dieStadt Osnabrück, die mit ihrer ersten Netz-werktagung im Oktober 2006 den Anstoßzu diesem Projekt gab.Das Netzwerk will Projekten und Initiati-ven vor Ort praktische Hilfestellungen bei der Umsetzung von Revitalisierungs-projekten von Fließgewässern im urbanenRaum geben. Es möchte Wege der Umset-zung aufzeigen, bestehende Erfahrungenfür Interessierte nutzbar machen und einNetzwerk mit engen Querverbindungen zuFachverbänden, kommunalen Spitzenver-bänden und anderen Kooperationspartnernknüpfen. Insgesamt soll damit ein ent-scheidender Beitrag geleistet werden, dieErkenntnisse und Aktivitäten bei der Revitalisierung von Fließgewässern im urbanen Raum zu voranzubringen und somit deren Qualität entscheidend zu ver-bessern.

Passende Projekte können an Dr.-Ing. KatrinFlasche (Tel. 05 11/3 02 85-58, [email protected]) oder Dipl.-Ing. Britta Apelt (Tel.0511/3 02 85-70, [email protected]) bei derKommunalen Umwelt-AktioN zur Ver-öffentlichung mitgeteilt werden. Weiter-führende Informationen im Internet unterhttp://www.uan.de/ —> Projekte.

(U.A.N.)

Schmetterlinge Indika-toren für KlimawandelWanderungsbewegungen bei Schmetter-lingen sind Indikatoren für den Klima-wandel. Darauf haben Experten am Randeeiner Tagung am Helmholtz-Zentrum fürUmweltforschung – UFZ hingewiesen. Sogäbe es Anzeichen dafür, dass sich die Artenzusammensetzung in den kommen-den Jahren deutlich verändern könne. Kälte liebende Arten seien bedroht.Wärme liebende Arten würden dagegenimmer weiter nach Norden vordringen.Darauf deuten erste Tendenzen der Beob-achtungen von 500 ehrenamtlichen Mit-arbeitern hin, die regelmäßig und nach einer standardisierten Methode Schmetter-linge zählen. Seit 2005 gibt es das Tagfalter-Monitoring Deutschland, das Bestandteileines europäischen Netzwerkes ist. Daslangfristig angelegte Beobachtungspro-gramm ist eine vom UFZ koordinierte Aktion, die zur Umsetzung der UN-Bio-diversitätskonvention beiträgt.Derzeit verzeichnen Experten in Europa so etwas wie eine Völkerwanderung derSchmetterlinge. Die warmen Winter er-möglichen es zahlreichen, vor allem Wärmeliebenden Arten, ihr Areal nach Nordenauszudehnen. Der Grosse Fuchs, vor 10Jahren noch auf einige Reststandortezurückgedrängt, ist wieder in vielen TeilenSüddeutschlands zu finden. Ähnliche Be-obachtungen kommen aus anderen euro-päischen Regionen wie Schottland. Dorttauchen jetzt der so genannte Braunkolbige

Braun-Dickkopffalter und das RotbrauneOchsenauge auf, denen es in diesen Brei-ten bisher zu kühl war.Was für eine Reihe von Arten gut zu seinscheint, ist schlecht für andere. Vor allemArten, die kühlere klimatische Ansprücheaufweisen und beispielsweise in Moorensowie Gebirgen vorkommen, geraten inSchwierigkeiten. In Großbritannien wirdder Graubindige Mohrenfalter allmählichRichtung Norden verdrängt. Außerhalb derAlpen ist in Deutschland mit einem Ver-schwinden bisher bereits seltener Arten zurechnen. Dazu sind zu zählen: der Hoch-moorgelbling, der Randring-Perlmutterfal-ter, der Hochmoorbläuling und der Natter-wurz-Perlmutterfalter.Bei weiteren Arten sind die Angaben widersprüchlich: Der Trauermantel z.B.scheint in einigen Teilen Europas Winterwie den letzten kaum überleben, währendz.B. in Norddeutschland und den Nieder-landen im letzten Jahr ein starkes Auftretenvermutlich aus dem Osten zugewanderterTiere registriert werden konnte.Doch nicht nur die Verbreitungsgebiete derSchmetterlinge sind in Bewegung, auch derZeitpunkt, wann im Jahr sie erscheinen,ändert sich. Beim Tagpfauenauge führt dasveränderte Klima dazu, dass inzwischen invielen Regionen Deutschlands eine zweiteGeneration auftritt, was bislang nur inwärmsten Lagen Südwestdeutschlands derFall war. Der Admiral gilt als klassischerWanderfalter, der jedes Jahr aus dem Mittelmeerraum neu bei uns einwandert.Inzwischen sind die Winter so mild, dassder Falter seit 10 bis 20 Jahren auch bei unsüberwintert und zudem überwinterndeRaupen und Puppen auftreten. So ver-mischen sich im Frühjahr die Nachkom-men der Falter, die sich bei uns fortge-pflanzt haben mit den Neuzugängen ausdem Süden.Die beobachteten Trends bestätigen, wiesehr Schmetterlinge sich als Indikatorenfür die Auswirkungen von Umweltverän-derungen eignen. Sie reagieren schnell undempfindlich und lassen so Entwicklungenerkennen, die ganze Lebensgemeinschaf-ten betreffen, die aber in ihrer Gesamtheitnicht abgebildet werden können und zum Teil erst mit starker Verzögerung reagieren. (UFZ)

Weltweit größter Ver-bund naturkundlicherForschungssammlungenDeutschlands große naturkundliche For-schungsmuseen haben sich zum Kon-sortium „Deutsche NaturwissenschaftlicheForschungssammlungen“ (DNFS) zusam-mengeschlossen. Der entstandene Verbundist die größte entsprechende Forschungs-

Journal

Das Netzwerk U.A.N. will vor Ort prak-tische Tipps bei der Umsetzung von Revi-talisierungsprojekten von Fließgewässernim urbanen Raum geben.

Foto: M. Enderle

Der Admiral (Vanessa atalanta) wandertefrüher jedes Jahr aufs Neue in Deutsch-land ein. Seit 10–20 Jahren zählt er zu denÜberwinterern in Mitteleuropa.

Foto: M. Hund

Page 8: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

8 Natur in NRW 2/07

infrastruktur weltweit und umfasst mehrals 100 Millionen zoologischer, botani-scher, paläontologischer, anthropologi-scher und geologisch-mineralogischerSammlungsobjekte. Das DNFS-Konsor-tium bündelt die wissenschaftliche Kom-petenz ihrer Mitglieder zu hochaktuellenFragestellungen wie Veränderungen desKlimas und der Umwelt und deren Aus-wirkungen auf Evolution, Artenvielfaltund Ökosysteme. Eine besonders wichtigeAufgabe wird auch sein, der Politik alszentraler Ansprechpartner zur Verfügungzu stehen. Ferner will das Konsortiumauch forschungspolitisch auf nationalerund europäischer Ebene aktiv werden.Sitz des in Vereinsform gegründeten Kon-sortiums ist Berlin. Die Mitglieder sind

Botanischer Garten und BotanischesMuseum Berlin-DahlemDeutsches Entomologisches Institut,MünchebergForschungsinstitut und NaturmuseumSenckenberg, Frankfurt am MainMuseum für Naturkunde BerlinStaatliche Naturhistorische Sammlungen DresdenStaatliche NaturwissenschaftlicheSammlungen BayernsStaatliches Museum für NaturkundeGörlitzStaatliches Museum für NaturkundeKarlsruheStaatliches Museum für NaturkundeStuttgartZoologisches ForschungsmuseumAlexander Koenig, BonnZoologisches Museum der Universität Hamburg

Mit ihrem Zusammenschluss streben dieelf großen deutschen Kompetenzzentrenfür Forschung auf dem Gebiet der Natur-kunde eine qualitativ bessere Kooperationan. Die weiter verstärkte Zusammenarbeitwird zum einen die fachliche Kompetenzdurch Profilschärfung weiter steigern undzum anderen ermöglichen, die knappenpersonellen und finanziellen Ressourcennoch effizienter einzusetzen.Als Vorsitzender des Konsortiums wurdeProf. Dr. Reinhold Leinfelder, Museum fürNaturkunde Berlin, gewählt.

Vogelfang in luftigen HöhenDas Institut für Tierökologie der Justus-Liebig-Universität Gießen errichtet im Vogelsberg die erste stationäre Hochnetz-anlage Deutschlands Damit können erst-mals in Deutschland zur Erforschung vonSingvogelpopulationen Vögel systematischin einer Höhe von bis zu zehn Metern ein-gefangen werden. Die Anlage ermöglichtden Fang von Arten, die eher in der Baum-

krone leben und daher selten am Boden gefangen werden. Dazu gehören zum Beispiel Spechte, Baumläufer, Kleiber,Meisen, Goldhähnchen, Laubsänger oderKernbeißer.Der erste Probelauf der Anfang Mai aufdem Hoherodskopf im Vogelsberg errich-teten Anlage zeigte bereits den Wert dieserInitiative, denn ein Großteil der Vögel gingim oberen Bereich der Anlage ins Netz.Die Anlage wird alle zehn Tage für jeweilsacht Stunden aufgestellt. An einem Tagwerden dabei etwa 35 Vögel eingefangen,gewogen, ausgemessen und beringt.Mit Hilfe der Hochnetzanlage sollen im Rahmen des bundesweiten IMS-Pro-gramms (Integriertes Monitoring vonSingvogelpopulationen) über viele Jahrehinweg Veränderungen von Vogelpopula-tionen nachgewiesen werden. Die neueAnlage steht in der Nähe der Universitäts-Forschungsstation Künanzhaus und hatdeutschlandweit große Bedeutung, da bis-her auf keiner IMS-Fläche eine Hochnetz-anlage betrieben wird. (idw)

Böden könnte etwa ein Zehntel der jähr-lichen CO2-Reduktion aufnehmen. Dasentspricht genau der CO2-Menge, die sichBaden-Württemberg in seinem Umwelt-plan bis zum Jahr 2010 als Reduktionszielgesetzt hat. Für Landwirte entstehen fürdiese Maßnahme unterm Strich kaum zu-sätzliche Kosten.Im Land könnte durch Pflugverzicht einHektar Ackerland der Atmosphäre jährlichrund 1,2 Tonnen CO2 entziehen. Dies ent-spricht dem mittleren CO2-Ausstoß einesNeuwagens auf rund 7300 km. Gleich-zeitig müsse kein Bäcker darum bangen,kein Korn mehr für Brot zu bekommen:„Der Pflug lässt sich inzwischen problem-los durch Direktsämaschinen ersetzen, diedie Samen ohne Ackerfurchen in die Pflanzenreste aus dem Vorjahr einsäen“,sagt Prof. Dr. Karl Stahr vom Institut für Bodenkunde und Standortslehre der Universität HohenheimWandeln die Landwirte ihr Ackerland inGrünland um, ließen sich sogar bis zu 4,9Tonnen CO2 jährlich je Hektar Landflächespeichern. Eine ähnliche Leistung könnteein Moor wie das Langenauer Ried bei Ulmerbringen, wenn man es wieder einstaut.Gleichzeit leistet der Pflugverzicht oderdie Anlage von Grünland auch erheblichPositives in den Bereichen Bodenschutz,Hochwasserschutz, Grundwasserschutz undEnergieeinsparung. Rund 100 Jahre langkönnten Böden so zum Klimaschutz bei-tragen. Dann sei ihre natürliche Speicher-kapazität allerdings erschöpft.Zusammen mit dem Max-Planck-Institutfür Biochemie Jena und der ForstlichenVersuchsanstalt Baden-Württemberg hatdie Hohenheimer Arbeitsgruppe gezielteUntersuchungen auf einzelnen Feldern bishin zur globalen Entwicklung der Kohlen-stoffspeicherung in Böden durchgeführt.„Weltweit ist in Böden mehr als dreimalsoviel Kohlenstoff gespeichert wie in derAtmosphäre“, sagt Prof. Dr. Stahr. „Globalgesehen geben die Böden derzeit jedochCO2 an die Atmosphäre ab, was an der produktivitätssteigernden Landwirtschaftin den letzten Jahrzehnten liegt. Durch denPflugverzicht könne dieser Trend zum Positiven umgekehrt werden.“ (idw)

Journal

Die neue Hochnetzanlage am Vogelsberg.Foto: Institut für Tierökologie Uni Gießen

Mulchsaatkombination mit der die Samenohne Ackerfurchen in die Pflanzenreste ausdem Vorjahr einsäet werden.

Foto: M. Graner

Klimaschutz durchPflugverzichtDurch kostengünstige Maßnahmen könntedie Landwirtschaft in Baden-Württembergbis zu 10 Prozent der CO2-Emissionen ver-mindern. Das ist das Fazit der Tagung „DerBeitrag der Land- und Forstwirtschaft zurMinderung von Treibhausgasemissionen“,welche die Universität Hohenheim im Maiveranstaltete.So ließen sich weit über eine Mio. TonnenCO2 jährlich zum Beispiel in baden-würt-tembergischen Ackerkrumen speichern.Die Lösung: Bauern sollten auf den Pflugverzichten. Das Speicherpotenzial der

Page 9: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

9Natur in NRW 2/07

Mehrsprachig durchden Nationalpark EifelIm Nationalpark Eifel werden Wanderun-gen auf Niederländisch und Französischangeboten. Dabei können die Teilnehmereinen umfassenden Eindruck von der Drei-borner Hochfläche – dort wo Fledermäuseund Rothirsche zu Hause sind – gewinnen.Dieses 33 Quadratkilometer große Gebietwurde 60 Jahre lang bis Ende 2005 alsTruppenübungsplatz Vogelsang genutzt.Ranger begleiten die Wanderungen vonder Tourist-Info im Forum Vogelsangdurch naturnahe Wälder, entlang des Neff-gesbaches zur Wüstung Wollseifen. Dieehemalige Ortschaft musste 1946 der militärischen Nutzung weichen. Durch dieökologisch wertvollen Offenlandflächengeht es zurück zur ehemaligen „Burg“ Vogelsang.Die Tour, die ca. 6,5 km lang ist und ca. 3 Stunden dauert findet am 1. Juli, am 15. Juli und am 5. August jeweils in derZeit von 13 bis 16 Uhr statt. Nähere In-formationen: Nationalparkforstamt Eifel,Urftseestraße 34, 53937 Schleiden-Ge-münd, Tel. 00 49 (0) 24 44/9510-0, E-Mail:[email protected], Internet: www.nationalpark-eifel.de.

Lehr- und ErlebnispfadeErfahrungen und neuere didaktische Er-kenntnisse führen weg von den klassi-schen, mit langen Texttafeln beschildertenLehrpfaden hin zu ideenreich gestaltetenund zu Interaktionen einladenden Lern-und Erlebnispfaden für alle Menschen.Grundsätze der Gestaltung, Entwicklungund des Betriebes solcher Einrichtungenwerden, auch anhand praktischer Beispiele,vorgestellt und diskutiert.

Der Workshop: Lehr- und Erlebnispfade,Entwicklung und Nutzung wird von NUAund Waldpädagogischem Forum ausge-richtet und findet am 28. August 2007 inHardehausen statt.Teilnahmebetrag: 30,00 € inkl. Verpfle-gung. Anmeldung: NUA NRW, Siemens-str. 5, 45659 Recklinghausen, Tel. 0 23 61/3 05-0, Fax 0 23 61/3 05-3 40, E-Mail:[email protected].

Den Jägern der Nachtauf der SpurDie Europäische Fledermausnacht feiertJubiläum. Bereits im zehnten Jahr drehtsich am letzten August-Wochenende allesum die kleinen Flattertiere. Der NABUlädt ein, sich mit auf die Spuren der Fledermäuse zu begeben. Die zum Jubi-läum neu gestaltete www.batnight.de bie-tet Infos zu mehr als 200 Veranstaltungenin ganz Deutschland, dazu Porträts sämt-licher heimischer Arten, Videos, Spiele, E-Cards, Bastelideen und vieles mehr.Am 25. August 2007 findet im Rahmen derBatnight ab 20 Uhr eine nächtlicheFührung im Wickrather Schlosspark statt.Zumindest die zwei häufigsten Fleder-mausarten, Zwerg- und Wasserfledermaus,sollen beobachtet werden. Die Führung istgeeignet für Kinder ab vier Jahren (in Be-gleitung). Bei starkem Regen fällt die Ver-anstaltung aus. Treffpunkt ist das Vogel-kundliche Museum im SchlossparkWickrath. Nähere Informationen: Maas,Gerhard, Nachtigallenweg 14, 41065Mönchengladbach, Tel.: 0 2161/60 5748,E-Mail: [email protected].

Bodenaktionswochein BonnIm Rahmen der Kampagne „Boden willLeben!“ führt die NUA Boden-Aktions-wochen in ganz NRW durch. Die Kam-pagne ist von der UNESCO-Kommissionals offizielles Projekt der UN-Bildungs-dekade 2005 bis 2014 ausgezeichnet worden.Das Wissen über Boden ist im Vergleich zuden Ressourcen Wasser und Luft eher ge-ring. Mit den Bodenaktionswochen wer-den vielfältige Möglichkeiten geboten, das Bodenbewusstsein und die Kenntnisseüber den Boden so zu verbessern, dassnachhaltige Schutzmaßnahmen entwickeltwerden können. Der Bodenaktionstag alsHöhepunkt der Aktionswoche ist ein Festdes Bodens. Natur-Erlebnis und Unterhal-tung, Experimente zu den Bodenfunktio-nen, Boden als Nahrungslieferant, Bodenals Grundwasserfilter, Bodenkino, Bodenals Kreativbaustoff – die Palette an Boden-

begegnungen wird an diesem Tag soweitgespannt wie selten zuvor.Die Bonner Bodenaktionswoche findetvom 30. August bis 9. September statt undwird von der NUA und der Stadt Bonn aus-gerichtet.Nähere Informationen:NUA NRW, Dr. Gerhard Laukötter, Tel.0 23 61/3 05-3 38, www.boden-will-leben.nrw.de

Böschungssicherungenund Klimawandel„Ingenieurbiologie – Böschungssicherun-gen unter dem Aspekt des Klimawandels.“So lautet das Thema der Jahrestagung derGesellschaft für Ingenieurbiologie 7. Sep-tember 2007 in Senftenberg.Anliegen der Tagung ist es, deutlich zu machen, dass die spürbaren Klimaver-änderungen, Anpassungen in der Vegeta-tionsdecke und veränderte Standortbe-dingungen nach sich ziehen. Somit wirdsich der Wandel auf die Sicherung vonErosionserscheinungen und Entwicklungvon Landschaften auswirken. Auch wirdsich dies lokal sehr unterschiedlich dar-stellen, so dass bei zukünftigen ingenieur-biologischen Arbeiten einerseits die globa-len Entwicklungen und andererseits die regionalen Besonderheiten Beachtung fin-den müssen. Ziel ist die nachhaltige Siche-rung und Entwicklung von anthropogenenStandorten mit naturangepassten Metho-den unter sich verändernden Bedingungen.Da sich gerade im Gebiet der Niederlausitzein starker Klima- und Landschaftswandelvollzieht, wurden hier Tagungsort und Exkursionsbeispiele ausgewählt. FolgendeThemen werden behandelt:

Niederlausitz – die heiße und trockeneSandkiste Brandenburgs und ihre klima-tischen VeränderungenBiotoptypen und Pflanzenarten von Extrem/Pionierstandorten und Schluss-folgerungen für die Wahl von Saat- undPflanzgut zur angepassten standort-gerechten EntwicklungEvaluierung ausgeführter Böschungs-begrünungen unter den genannten Gesichtspunkten in Vorträgen und Exkursion.

Veranstaltungshinweise

Naturlehrpfad Foto: Gertrud Hein

Page 10: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

10 Natur in NRW 2/07

Die Tagung richtet sich an Wasser-, Forst,Verkehrs- und Naturschutzbehörden, Berg-bauunternehmen, an Naturschutz- undLandschaftspflegeverbände, Kommunen,Planer und Landschaftsbauer.Weitere Informationen sind zu erhalten unter [email protected] undwww.ingenieurbiologie.com.

Klimawandel: Japanisch-deutsche KooperationNach den alarmierenden Berichten desWeltklimarats der Vereinten Nationen (UN)ist die enge Zusammenarbeit hochent-wickelter Industrienationen wie Japan undDeutschland das Gebot der Stunde.Wichtiges Kernthema ist dabei die Ener-giefrage: Wie können die Abhängigkeitvon Energieträgern wie Öl, Gas und Kohlenachhaltig verringert, Energie eingespartund umweltschonende, erneuerbare Ener-gieträger noch besser genutzt werden? Experten aus beiden Ländern werden sicham 11. und 12. September auf Einladungder Deutschen Bundesstiftung Umwelt(DBU) zu diesen Themen in Osnabrückaustauschen.Das erste „Deutsch-Japanische Umwelt-dialogforum“ in Osnabrück soll der Auf-takt zu einem vertieften Dialog zwischender zweit- und drittgrößten Volkswirt-schaft der Welt über zentrale Umwelt-themen sein. Dabei steht nicht nur der Erfahrungsaustausch im Mittelpunkt.Das Zusammentreffen hochrangigster Ex-perten aus Industrie und Forschung ausden beiden innovationsstarken Ländernsoll ferner zu neuen Kooperationen undkonkreten Projekten führen.Das „Deutsch-Japanische Umweltdialog-forum“, das im Zentrum für Umweltkom-munikation der DBU stattfindet, wird vonder DBU gefördert und von ECOS JapanConsult organisiert. Unterstützer sind aufdeutscher Seite weiter das Bundesumwelt-ministerium und das Bundeswirtschafts-ministerium.

füllt – für oder gegen ökologisch trag-fähige Produkte, faire Vermarktungs-methoden oder gerechte Lebenschancen.Die Veranstaltungen sollen dazu anregen,regionale Waren zu nutzen, lokale Dienst-leister zu beauftragen und einheimischeRohstoffe zu verwenden.

regional und fairIm klassischen Sinne meint „fair“ mehrNord-Süd-Gerechtigkeit, die vor allemüber bewusste Kaufentscheidungen für fairgehandelte Produkte erreicht wird. Die Erlöse aus dem „fairen Handel“ kommenden Produzenten in der sogenannten „Dritten Welt“ direkt zugute.Mit dem diesjährigen Motto setzt sich derAktionstag außerdem für ein faires Mit-einander der Menschen in der Region ein.Es steht für faires Konsumverhalten ausFairness gegenüber den Erzeugern, derNatur, den uns anvertrauten Tieren undauch gegenüber unseren Nachkommen.Dieses Verhalten trägt entscheidend zurStabilisierung regionaler Wirtschaftskreis-läufe, zur Existenzsicherung ansässigerHandwerker, Landwirte und Dienstleister,zu einer intakten Umwelt, Natur und Land-schaft und damit schließlich zur Belebungund Stabilisierung der Region bei. FairePreise zwischen Händlern, Erzeugern, Ver-arbeitern und Konsumenten garantierenletztlich eine bessere Qualität der Produkte.Regionale Hersteller und Dienstleister garantieren mehr Transparenz ihrer Pro-dukte und Angebote, ihrer Produktions-abläufe sowie ihrer Vermarktung.Diese Zusammenhänge werden beim Tagder Regionen in vielen facettenreichenVeranstaltungen erlebbar gemacht. Bereitsgeplant ist zum Beispiel ein Aktionstag derLokalen Agenda 21 in Dortmund unterdem Motto Bio, Fair und Regional oder derStörmeder Erntedank nahe Soest, der viel-fältige Beispiele für faires Konsumverhal-ten aufzeigen und Verbraucher für diesesThema sensibilisieren möchte.Der Aktionstag findet dezentral in vielenRegionen Deutschlands statt. Erwartetwerden wie in den letzten Jahren bundes-weit Hunderte von Veranstaltungen. Akteureaus Nordrhein-Westfalen können sich ab sofort im Koordinationsbüro NRWoder online unter www.tag-der-regionen.de registrieren und anmelden. Auf der Home-page gibt es viele Anregungen und Tippszur Planung der Aktionen sowie ein Be-stellformular für die Werbematerialien.Ab sofort kann außerdem das neue Motivations-Faltblatt im Koordinations-büro bestellt werden, das kurz und knappdie Hintergründe und Ideen vermittelt undzur Teilnahme anregt.Kontakt: Koordinationsbüro NRW, Christiane Sasse, Zur Specke 4, 34434 Borgentreich, Tel. 0 56 43/94 92 71, Fax 0 56 43/94 88 03, E-Mail: [email protected]

Veranstaltungshinweise

Enge Zusammenarbeit zweier Industrie-nationen: Das „Deutsch-Japanische Um-weltdialogforum“ wird von der DBU ge-fördert und von ECOS Japan Consult organisiert. Bild: DBU

In Dörfern sind teilweise noch viele alteKulturpflanzen zu finden. Foto: P. Schütz

Unentdeckte Vielfalt –Biodiversität DorfViele Dörfer weisen eine erstaunlich großeVielfalt an Wildtieren und -pflanzen auf.Darüber hinaus sind noch viele alte Kul-turpflanzen (Zier-, Nutzpflanzen, Obst-gehölze) und auch alte Haustierrassen zufinden. Da sich jedoch in den Dörfern ein starker Nutzungs- und Strukturwandelvollzieht, verschwinden diese Arten zu-nehmend aus dem dörflichen Umfeld. Der Erhalt von Schwalben, Schleiereulen,Fledermäusen, Zaunrüben, Wilden Malven,dem Stolzen Heinrich und der Guten Marianne, ist nur möglich, wenn die Menschen vor Ort Interesse haben, sich für den Schutz dieser Arten einzusetzen.Indem sie zum Beispiel ihre Häuser,Hofflächen, Gärten und Obstwiesen ent-sprechend bewirtschaften und gestalten.Rund um das „Unentdeckte Vielfalt – Biodiversität Dorf“ geht es auf einer ein-tägigen Veranstaltung, die am 22. Septem-ber 2007 von NUA, Bund Heimat und Umwelt und dem Westfälischem Freilicht-museum Detmold im Freilichtmuseumausgerichtet wird. Aufgezeit werden sollunter anderem wie die „Biodiversität“ zu einem Thema für die Bevölkerung der dörflichen Kulturlandschaft gemacht werden kann. Anmeldung: NUA NRW,Siemensstr. 5, 45659 Recklinghausen, Tel.0 23 61/3 05-0, Fax 0 23 61/3 05-3 40, E-Mail: [email protected].

Tag der Regionen 2007Unter dem Motto „regional & fair“ will der am 30. September stattfindende „Tagder Regionen 2007“ vielfältige Beispielefür faires Konsumverhalten aufzeigen. Derbundesweite Aktionstag will Erlebnisseschaffen, die dem Verbraucher die Zusam-menhänge zwischen persönlicher Kaufent-scheidung und den Entwicklungschancender eigenen Region bewusst machen. Erwill anregen, Konsumgewohnheiten zuüberdenken. Nach wie vor ist nur wenigenVerbrauchern bewusst, dass ihr Einkaufs-korb die Funktion eines Stimmzettels er-

Page 11: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

11Natur in NRW 2/07

Weitere Information: NUA NRW, Dr. Ger-trud Hein, Tel. 0 23 61/3 05-3 39, E-Mail:[email protected].

Fernstudienkurs zur EU-WasserrahmenrichtlinieDie Ende 2000 in Kraft getretene EU-Wasserrahmenrichtlinie hat als zentralesInstrument einer nachhaltigen Gewässer-nutzung sog. Bewirtschaftungspläne undMaßnahmenprogramme vorgesehen. Diesefassen alle für eine Flussgebietseinheit relevanten Informationen zusammen, be-schreiben den Zustand der Gewässer sowievorhandene Schutzgebiete und dokumen-tieren die anthropogenen Aktivitäten undderen Auswirkungen auf den Gewässer-zustand. Sie beinhalten auch die verschie-denen Maßnahmen, die zu treffen sind, umdie durch die EU-Wasserrahmenrichtlinie(EU-WRRL) vorgegebenen Umweltzielezu erreichen. Bei der Aufstellung der Pläne sind öffentliche Kreise zu beteiligen.Bewirtschaftungspläne und Maßnahmen-programme stehen derzeit im Mittelpunktder Umsetzung der EU-WRRL, da dieBehörden bis Ende dieses Jahres der EU-Kommission und der Öffentlichkeit einenvorläufigen Überblick über die künftigenWasserbewirtschaftungsfragen auf demWege zu einem guten ökologischen Zu-stand der Gewässer vorlegen müssen.Hieran werden alle Nutzer von wasserwirt-schaftlichen Ressourcen ein besonderesInteresse haben, Kläranlagenbetreiber eben-so wie Industrieunternehmen, die Land-wirtschaft wie die Betreiber von Wasser-kraftanlagen, die Flussschiffer genauso wiedie Freizeitwirtschaft.Der vom Zentrum für Fernstudien undUniversitäre Weiterbildung der UniversitätKoblenz-Landau angebotene Fernstudien-kurs unter Leitung von Prof. Dr. ThomasZumbroich will den von der Umsetzungder EU-WRRL betroffenen Akteuren deneuroparechtlichen Hintergrund, vor allemaber den aktuellen Stand der Umsetzungund der wissenschaftlichen Diskussionvermitteln. Der Kurs wendet sich in ersterLinie an Ingenieure und Ingenieurinnen

sowie Naturwissenschaftler/innen, Mitar-beiter/innen von Umweltbehörden undUmweltschutzverbänden, Planungsbüros,Wasserverbänden, Landwirtschaftsorgani-sationen und der Industrie. Aber auch Absolvent/innen anderer Fachrichtungensowie Beschäftigten im Umweltbereichohne Hochschulabschluss wird die Teil-nahme ermöglicht.Ein klassisches, textbasiertes Fernstudium,ergänzt um Präsenzelemente und eine Online-Lernplattform eröffnen den Teil-nehmer/innen ein hohes Maß an zeitlicherFlexibilität und räumlicher Unabhängig-keit bei der Erarbeitung des Lehrstoffes.Der neue Kurs startet im September 2007und endet mit einem Seminar am 8./9. Fe-bruar 2008 in Koblenz. Anmeldeschluss istder 15. August 2007.Weitere Informationen sind erhältlich beiUniversität Koblenz-Landau – Zentrum fürFernstudien und Universitäre Weiterbil-dung, Postfach 201602, D-56016 Koblenz,Tel.: +49-(0)2 61/2 87-15 20 oder -15 22,Fax: -15 21, E-Mail: [email protected],Internet: http://www.uni-koblenz.de/wrrl.

Rechtsgrundlagen vonJagd und WildschutzUm die Einarbeitung in die Rechtsgrund-lagen von Bundesjagdgesetz (BJagdG) undBundeswildschutzverordnung (BWildSchV)geht es am 20. November 2007 im Arten-schutzzentrum Metelen.Im Zusammenhang und Zusammenspiel vonJagdrecht, den Gesetzen und Verordnungendes Internationaler Artenschutz, des Bundes-naturschutzgesetzes (BNatSchG) und derBundeswildschutzverordnung (BWildSchV)ergeben sich unterschiedliche Fragen, auf die Antworten gegeben werden sollen. Woüberschneiden sich diese Gesetze, welcheTücken müssen beachtet werden? WelcheFragen sind bezüglich Haltung und Handelvon heimischen und europäischen Greif-vögeln zu beachten? Wie verfahre ich mitPräparaten? Damit alle Teilnehmer die ge-setzlichen Grundlagen im Text verfolgenkönnen, sollten folgende Gesetze von den Teilnehmern mitgebracht werden: EG-VO und DVO, Vogelschutz-RL, FFH-RL,BNatSchG, BArtSchV, LG NRW / Lan-desgesetze.Um rechtzeitige Anmeldung wird gebeten,da maximal 25 Teilnehmer angenommenwerden können. Der Tagungsbeitrag be-trägt 10 € inklusive Verpflegung und istam Tag der Veranstaltung bar zu entrichten.Anmeldung an das vom LANUV für dieorganisatorische Durchführung der Veran-staltungen beauftragte Büro: ÖKODATA,Renate Gebhardt-Brinkhaus, Blitzkuhlen-straße 21, 45659 Recklinghausen, Tel. 0 23 61/213 58, Fax 0 23 61/213 67, E-Mail:[email protected], www.oekodata-recklinghausen.de, www.aspe.biz.

Veranstaltungshinweise

Wechselkröte: „Kröten für Kröten“. UmGeldquellen für den Artenschutz geht esam 10. Oktober in Recklinghausen.

Foto: P. Schütz

Naturerleben fördert motorische, psychischeund soziale Fähigkeiten bei Kindern.

Foto: G. Hein

Neue Geldquellen für den Artenschutz„Krötenkonferenz – Wie kommt der Arten-schutz an neue Geldquellen?“ So lautet derTitel einer Veranstaltung von LANUV undNUA, die am 10. Oktober 2007 in derNUA in Recklinghausen stattfindet undsich an Teilnehmer aus Natur- und Arten-schutz, Projektleiterinnen und Projekt-leiter richtet.Artenschutzprojekte können nicht alleindurch ehrenamtliche Tätigkeiten durch-geführt werden – sie benötigen Geld. Dieöffentliche Hand ist zur Zeit ziemlich leerund bei den Stiftungen reichen sich die Antragsteller die noch warme Klinke. Umeinzelne Artenhilfsprogramme erfolgreichzu gestalten, müssen besonders guteWerbeideen und ein gutes Managemententwickelt werden. Anhand gelungenerBeispiele aus der Praxis des Artenschutzessoll gezeigt werden, wie man zu den not-wendigen „Kröten“ kommt, damit „einKönig sein Reich sucht“ und es auch findet. Teilnahmebetrag: 20,00 €.Kontakt/Information:NUA NRW, Dr. Gerhard Laukötter, Tel. 0 23 61/3 05-3 38, E-Mail: [email protected]

Wildnis für Kinderin der StadtIntensiver Naturkontakt während derKindheit ist Voraussetzung für die spätereWertschätzung von Natur. Aber auch motorische, psychische und soziale Fähig-keiten werden dabei maßgeblich gefördert.„Wildnis für Kinder“ – das Projekt der Bio-logischen Station östliches Ruhrgebiet – istder Leitfaden für die Tagung, die die NUA,die Biologische Station Östliches Ruhrge-biet und die NRW Stiftung am 19. Oktober2007 in Recklinghausen veranstalten. Eswird aufgezeigt, wie auch im Ballungs-raum Ruhrgebiet Natur wieder zum Spiel-platz für die Kinder werden kann.Die Tagung richtet sich an Lehrkräfte, Sozial-,Umweltpädagogen/pädgoginnen und andereInteressierte. Teilnahmebetrag: 30 €.

Page 12: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

12 Natur in NRW 2/07

FFH-Arten

werden, wenn eine Art aufgrund ihrer Populationsdynamik langfristig erhaltenbleibt, das natürliche Verbreitungsgebietdauerhaft nicht abnimmt, und der vorhan-dene Lebensraum das langfristige Über-leben der Populationen sicherstellt.In diesem Zusammenhang ist entschei-dend, dass die Bewertung des Erhaltungs-zustands nicht nur im Sinne einer Diagnoseden Ist-Zustandes beschreibt, sondern aus-gehend von den bekannten Risiken aucheine Zukunftsprognose beinhaltet. Darüberhinaus ist das Konzept des günstigen Er-haltungszustandes nicht auf eine selektiveBetrachtung innerhalb der NATURA 2000-Gebietskulisse beschränkt. Die Definitionin Art. 1 i) FFH-RL zeigt, dass die Gesamt-situation der Vorkommen einer Art bewer-tet werden muss, um beurteilen zu können,ob sie günstig ist oder nicht. Nicht alle Vor-kommen von Anhang II-Arten sind voll-ständig durch das NATURA 2000-Netz ab-

gedeckt, und zahlreiche Anhang IV- und V-Arten kommen zum Teil gar nicht in denSchutzgebieten vor. In diesen Fällen mussin die Bewertung auch die Situation außer-halb der NATURA 2000-Gebiete mit einbe-zogen werden. Insofern beinhaltet derFFH-Bericht auch keine Einzelgebiets-betrachtung, sondern eine über die NATURA

2000-Gebietskulisse hinaus gehende zu-sammenfassende Beurteilung aller Vor-kommen einer Art.

Methodische Vorgaben der EUund des BundesNach Abschluss des Meldeverfahrens fürdie NATURA 2000-Gebiete im Jahr 2006 sollder FFH-Bericht 2001 bis 2006 auf Grund-lage der besten verfügbaren Informationeneine erste Bestandsaufnahme und Bewer-tung des Erhaltungszustandes für alleFFH-Lebensräume (Anhang I) und -Arten

Der FFH-Bericht für den Zeitraum2001 bis 2006 beinhaltet eine ersteEinschätzung der Situation in den

Mitgliedstaaten. Der nordrhein-westfälischeTeilbericht für die Bundesrepublik Deutsch-land beschreibt und bewertet 126 Arten so-wie 44 Lebensraumtypen für die atlanti-sche und die kontinentale Region (LANUV2007). Nachfolgend werden die Bearbei-tungsmethode und die Ergebnisse des FFH-Berichtes 2001 bis 2006 für die FFH-Artenin Nordrhein-Westfalen vorgestellt.

Ziel: der „günstige Erhaltungszustand“Das Gesamtziel der FFH-Richtlinie be-steht nach Art. 2 Abs. 2 FFH-RL darin, füralle Lebensräume und Arten von gemein-schaftlichem Interesse (Anhänge I, II, IVund V FFH-RL) den so genannten „günsti-gen Erhaltungszustand“ zu bewahren oderwiederherzustellen. Für die Lebensraum-typen nach Anhang I sowie für Arten desAnhangs II mussten die Mitgliedstaatenbis zum Jahr 2006 geeignete FFH-Gebietefür das Schutzgebietssystem NATURA 2000ausweisen. Die Arten des Anhangs IVunterliegen flächendeckend einem stren-gen Schutzregime, und für die Anhang V-Arten bestehen spezielle Entnahme- und Handelsbeschränkungen. Mit diesemMaßnahmenpaket will die EU dazu bei-tragen, den Rückgang der natürlichen Lebensräume und der wildlebenden Floraund Fauna in den Mitgliedstaaten bis zumJahr 2010 zu stoppen (EU-Ratsbeschlussvon Göteborg vom Juni 2001).Der günstige Erhaltungszustand kann alseine Situation beschrieben werden, in dereine Art oder ein Lebensraumtyp gedeiht –sowohl qualitativ als auch in Bezug auf dieAusdehnung/Population – und mit gutenAussichten, dies auch in Zukunft tun wird(EU-KOMMISSION 2005). Der Erhaltungs-zustand wird für die FFH-Arten in Art. 1 i)FFH-RLallgemein definiert (vgl. Kasten 1).Er kann nur dann als „günstig“ bezeichnet

Ernst-Friedrich Kiel

Erhaltungszustand der FFH-Artenin Nordrhein-WestfalenErgebnisse des FFH-Berichtes 2001 bis 2006

Die Flora-Fauna-Habitatrichtlinie (FFH-RL) gehört zu den wichtigsten Beiträgen der Europäischen Union (EU) zum Erhalt der biologischen Vielfalt. In diesem Zusammenhang stellt das Monitoring mit der Überwachung des Erhaltungszustandes nach Art. 11 FFH-RL einen wesentlichen Baustein für die Beobachtung der Biodiversitätstrends in Europa dar. In Art. 17 FFH-RL ist eine regelmäßigeBerichterstattung vorgesehen, wonach die Mitgliedstaaten alle sechs Jahre über den aktuellen Erhaltungszustand der FFH-Arten und -Lebensräume zu berichten haben.

Der Moorfrosch (Rana arvalis) erreicht in Nordrhein-Westfalen einen unzureichendenErhaltungszustand. Foto: P. Schütz

Page 13: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

13Natur in NRW 2/07

FFH-Arten

(Anhang II, IV und V) enthalten. Detail-lierte Angaben, beispielsweise mit konkre-ten Bestandszahlen und prozentualenTrendangaben für die Arten, werden erst inden zukünftigen Berichten vorgelegt.Das Konzept der EU sieht eine groß-räumige Betrachtung auf Ebene der „bio-geografischen Regionen“ vor. Nach diesernaturräumlichen Gliederung gehört Nord-rhein-Westfalen der atlantischen sowie derkontinentalen Region an (SSYMANK et al.1998). Diese beiden Regionen lassen sichmit den sechs nordrhein-westfälischenGroßlandschaften nach DINTER (1999)überlagern, und repräsentieren im Wesent-lichen die Großlandschaften des Tief-landes beziehungsweise des Berglandes inNordrhein-Westfalen (vgl. Abb. 1).Um eine Vergleichbarkeit der Ergebnissezwischen den verschiedenen EU-Mitglied-staaten zu gewährleisten, hat die Euro-päische Kommission eine einheitliche Be-wertungsmethode zur FFH-Berichtspflichtnach Art. 17 FFH-RL vorgegeben. Hierzuhat der Habitatausschuss der EU im März2005 die inhaltlichen Anforderungen andie Erfassung, Bewertung und Bericht-erstattung zum Erhaltungszustand be-schlossen (EU-KOMMISSION 2005). Darüberhinaus wurden von der EU weitere Anmer-kungen und Leitlinien zum FFH-Berichts-wesen ausgearbeitet (EU-KOMMISSION

2006).

Bewertung nach einem AmpelschemaIn das komplexe Bewertungsverfahren derEU zur FFH-Berichtspflicht fließen vierTeilkriterien mit ein:

Verbreitungsgebiet (Range),Population,Lebensraum (Habitat),Zukunftsaussichten (Future Prospects).

In einem ersten Arbeitsschritt müssen fürjede Art getrennt nach den biogeografi-schen Regionen alle verfügbaren Datenüber den derzeitigen Zustand und die je-weiligen Trends zusammengetragen wer-den. Zusätzlich hat die EU das Prinzip derso genannten „günstigen Referenzwerte“entwickelt. Hierzu muss für die ersten drei

Teilkriterien artspezifisch definiert werden,unter welchen Bedingungen von einemgünstigen Erhaltungszustand ausgegangenwerden kann. So sind für jede Art das Mindestareal des Verbreitungsgebietes, die erforderliche Mindest-Populations-größe sowie die geeignete besiedelbare Lebensraumfläche als Vergleichswertefestzulegen. Sofern geeignete Daten feh-len, können gegebenenfalls auch Exper-teneinschätzungen genutzt werden, um diegünstigen Referenzwerte zu definieren.Im nächsten Arbeitsschritt werden alle vierTeilkriterien über eine Bewertungsmatrix

zunächst einzeln nach einer dreistufigen„Ampelbewertung“ in Wert gesetzt (vgl.Tabelle 1):

grün: günstiger Erhaltungszustand,gelb: ungünstiger/unzureichender

Erhaltungszustand,rot: ungünstiger/schlechter

Erhaltungszustand,unbekannt: es liegen keine hinreichen-den Kenntnisse über den Erhaltungs-zustand vor.

Die abschließende Aggregation der vierTeilwerte zu einem Gesamtwert des Erhal-tungszustandes für die biogeografischeRegion erfolgt nach dem folgenden Ver-rechnungsschema:

grün: vier Kriterien grün oder dreigrün und ein „unbekannt“,

gelb: ein oder mehrere Kriterien gelb,aber kein rot,

rot: ein oder mehrere Kriterien rot,unbekannt: zwei oder mehr Teilkriterien„unbekannt“ kombiniert mit grün, oderalle „unbekannt“.

Demzufolge liegt ein günstiger Erhal-tungszustand nur dann vor, wenn alle vierKriterien (maximal eins unbekannt) daslangfristige Überleben der Populationeneiner Art in der biogeografischen Regionermöglichen.

Kasten 1: FFH-RL Artikel 1i) – Definition des Erhaltungszustandes einer Art

Erhaltungszustand einer Art: die Gesamtheit der Einflüsse, die sich langfristig aufdie Verbreitung und die Größe der Populationen der betreffenden Arten in dem inArtikel 2 bezeichneten Gebiet [Anm.: im europäischen Gebiet der EU-Mitgliedstaa-ten] auswirken können. Der Erhaltungszustand wird als „günstig“ betrachtet, wenn– aufgrund der Daten über die Populationsdynamik der Art anzunehmen ist, dass

diese Art ein lebensfähiges Element des natürlichen Lebensraumes, dem sie an-gehört, bildet und langfristig weiterhin bilden wird, und

– das natürliche Verbreitungsgebiet dieser Art weder abnimmt noch in absehbarerZeit vermutlich abnehmen wird und

– ein genügend großer Lebensraum vorhanden ist und wahrscheinlich weiterhinvorhanden sein wird, um langfristig ein Überleben der Populationen dieser Art zu sichern.

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

�� ������������

��

��

��

��

������������������

� ������!�""�����������#��$���!�%&'���(�� ��)*���"�+,���-��������!�""����������+,����%&'��.(��� �����$/�������+,���-���������$/��������#��$���!�%&�'��-��-��(

)������������������

�� �����".�"����!�%&'��-��(� ��0�$��-�1��.����.�"���%&'��-��(�� �+�"�������� ��!-�����1�,�"231����"���!%&'�-��(

���

��

��

���

���������

����

���� ���

���

��������

������

����������

�������

�������

�������

����

������

Abb. 1: Naturräumliche Gliederung von NRW nach der FFH-Richtlinie.

Page 14: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

14 Natur in NRW 2/07

FFH-Arten

Unterschied zur „ABC-Bewertung“Die zuvor beschriebene Bewertung des Er-haltungszustandes nach dem „Ampel-schema“ unterscheidet sich von der eben-falls gebräuchlichen „ABC-Bewertung“des Erhaltungszustandes (vgl. Beitrag zur Helm-Azurjungfer in diesem Heft,GÖCKING et al. 2007). Die nach dem Am-pelschema ermittelten Erhaltungszuständedienen der großräumigen Beurteilung desErhaltungszustandes auf Ebene einer ge-samten biogeografischen Region. Dem-gegenüber geben die nach dem ABC-Schema ermittelten Erhaltungszuständeden Erhaltungszustand einer lokalen Popu-lation in einem kleinräumigen Bezugs-raum an. Diese Daten werden unter ande-rem bei der Fortschreibung der Standard-Datenbögen (SDB) für einzelne NATURA

2000-Gebiete ermittelt. Im Rahmen deszukünftigen FFH-Montorings sollenaußerdem ab 2007 standardisierte ABC-Bewertungen festgelegter Stichproben-flächen als Datengrundlage für diegroßräumige Ampelbewertung herange-zogen werden (SCHNITTER et al. 2007).

Aufbereitung und Zusammenführungder Daten bis auf die EU-EbeneDer nordrhein-westfälische Beitrag zumFFH-Bericht der Bundesrepublik Deutsch-land wurde in Form der durch die EU-Kommission vorgegebenen Berichtsdoku-mente (EU-KOMMISSION 2005, 2006, An-

hänge A bis D) bis Anfang 2007 erarbeitet.Die Dateneingabe erfolgte über eine vomBundesamt für Naturschutz (BfN) ent-wickelte Datenbank, die an das Bundes-umweltministerium (BMU) übermitteltwurde. Nach Lieferung der Berichte derBundesländer an das BMU fasst das BfNdie Länderberichte zu einem Bericht derBundesregierung zusammen, der in derzweiten Jahreshälfte 2007 an die EU-Kom-mission weitergeleitet wird. Dieser Berichtdifferenziert die Angaben nicht nach Bun-desländern, sondern stellt die Situation zusammenfassend in den drei biogeografi-schen Regionen Deutschlands dar. In einem weiteren Arbeitschritt fasst die EU-Kommission die Daten aus den verschie-denen Mitgliedsstaaten auf biogeografi-scher Ebene zusammen und bewertet dieLage aus Sicht der EU. Abschließend wirdder Bericht veröffentlicht und den Mit-gliedsstaaten, dem Europäischen Parla-ment, dem Europäischen Rat sowie demWirtschafts- und Sozialausschuss zuge-leitet.

Die vier BewertungskriterienDer Erhaltungszustand der FFH-Arten sollauf Grundlage möglichst genauer Daten zuräumlicher Verbreitung, Populationsgrößeund -struktur, Beeinträchtigungen, Aus-dehnung und Qualität der besiedelten Lebensräume sowie den jeweiligen Ent-wicklungstrends bewertet werden. Da je-

doch für viele Arten keine exakten Datenvorliegen, musste die Bewertungsmethodehinsichtlich der von der EU alternativ vor-gesehenen Experteneinschätzung durchweitere Konventionen ergänzt werden. Aufdiese Weise lassen sich nun aufbauend aufden methodischen Vorgaben der EU (EU-KOMMISSION 2005, 2006) für alle vier Teil-kriterien die entsprechenden Vorgaben zurBestimmung der günstigen Referenzwerteund zur Ermittlung des Erhaltungszustan-des zusammenfassen.

Verbreitungsgebiet (Range)

Das „aktuelle natürliche Verbreitungsge-biet“ (aV) skizziert die räumlichen Gren-zen in denen eine Art derzeit vorkommt. Esbeschränkt sich nicht allein auf die tatsäch-lichen Vorkommen einer Art, da diese oft-mals ungleichmäßig verteilt oder nurkleinflächig ausgebildet sind. Erweist sichein zerstreutes Verbreitungsbild als natür-lich, können die einzelnen Vorkommen alsgetrennte Verbreitungsgebiete dargestelltwerden. Das aktuelle natürliche Verbrei-tungsgebiet umfasst auch Gebiete, die nichtpermanent genutzt werden. So werden beiwandernden Arten alle Bereiche mit einbe-zogen, die während der normalen Wande-rungsbewegungen bewohnt beziehungs-weise durchzogen werden. Vereinzelte, gelegentliche oder zufällige Vorkommen(z.B. Irrgäste) werden allerdings nicht be-rücksichtigt. Ebenso werden Einzeltiereoder verwilderte Populationen, die durchden Menschen an Orte gelangten, wo sienicht von Natur aus vorkommen oder wohin sie sich nicht ausgebreitet hätten,nicht dem natürlichen Verbreitungsgebietzugerechnet.Das „günstige natürliche Verbreitungsge-biet“ (gV) entspricht dem Mindestareal,das erforderlich ist, um das langfristigeÜberleben der Art zu ermöglichen. Esmuss alle wesentlichen ökologischen Variationen der betreffenden Art innerhalbeiner biogeografischen Region umfassen.Dabei ist mindestens das Areal zu Grundezu legen, das zum Zeitpunkt des Inkraft-tretens der Richtlinie im Jahr 1994 von derArt besiedelt wurde. Sofern es zu diesemZeitpunkt zu klein war, um einen günstigenErhaltungszustand zu ermöglichen, ist einegrößere Fläche abzugrenzen. Im Rahmeneiner Experteneinschätzung wird das Ver-hältnis zwischen aktuellem und günstigemnatürlichen Verbreitungsgebiet angegeben(>: größer, =: gleich, <: kleiner, <<: mehrals 10 Prozent kleiner). Der Trend des Ver-breitungsgebietes bezieht sich auf denZeitraum 1990 bis 2006 und wird in vierStufen angegeben (+: zunehmend, 0: stabil,–: abnehmend, – –: stark abnehmend mitmehr als 1 Prozent/Jahr).

Population

Für den Parameter „aktuelle Gesamtpopu-lation“ (aP) liegen im Idealfall konkrete

Kriterium günstig ungünstig/

unzureichend

ungünstig/schlecht

Verbreitungsgebiet

(Range)

aktuelles natürliches Verbreitungsgebiet stabil oder zunehmend UND nicht kleiner als günstiges natürliches Verbreitungsgebiet

andere Kombination

aktuelles natürliches Verbreitungsgebiet mit starkem Rückgang (>1%/Jahr) ODER > 10% unter günstigem natürlichen Verbreitungsgebiet

Population aktuelle Gesamtpopulation nicht kleiner als günstige Gesamtpopulation UND Fortpflanzung, Mortalität, Altersstruktur normal

andere Kombination

aktuelle Gesamtpopulation mit starkem Rückgang (>1%/Jahr) UND kleiner als günstige Gesamtpopulation ODER > 25% unter günstiger Gesamtpopulation ODER Fortpflanzung, Mortalität, Altersstruktur stark abweichend

Lebensraum

(Habitat)

Habitatfläche groß genug (und stabil/zunehmend) UND Habitatqualität ermöglicht langfristigen Fortbestand

andere Kombination

Habitatfläche nicht groß genug um langfristigen Fortbestand zu ermöglichen ODER Habitatqualität schlecht und ermöglicht keinen langfristigen Fortbestand

Zukunftsaussichten

(Future prospects)

wesentliche Belastungs- u. Gefährdungsfaktoren nicht signifikant langfristiger Fortbestand gesichert

andere Kombination

wesentliche Belastungs- und Gefährdungsfaktoren gravierend sehr schlechte Zukunftsaussichten langfristiger Fortbestand gefährdet

Gesamt alle „grün“ (max. 1 unbekannt“)

ein/mehrere „gelb“, aber kein „rot“

ein/mehrere „rot“

Tab. 1: Bewertungsmatrix zur Ermittlung des Erhaltungszustandes der FFH-Arten in den biogeografischen Regionen nach dem EU-Ampelschema (leicht verändert nach EU-Kommission 2005, Anhang C).

Page 15: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

15Natur in NRW 2/07

FFH-ArtenBestandszahlen für die Populationsgrößein der biogeografischen Region vor. Eben-falls geeignet sind Angaben zur Anzahl derbekannten Vorkommen oder Nachweise.In Ermangelung geeigneter Daten kann er-satzweise auch die Anzahl der nach 1990besiedelten Rasterfelder (MTB, MTB-Q)angegeben werden. Die „günstige Gesamt-population“ (gP) entspricht der Mindest-Populationsgröße, die in der biogeografi-schen Region zur Sicherstellung des lang-fristigen Fortbestandes der Art erforderlichist. Sie ist mindestens so groß wie die Gesamtpopulation zum Inkrafttreten derRichtlinie im Jahr 1994. Für Arten, für diekeine Populationsgröße angegeben werdenkann, oder die nicht hinreichend belastbarerscheint, erfolgt eine Experteneinschät-zung für das Verhältnis zwischen aktuellerund günstiger Gesamtpopulation (>: größer,=: gleich, <: kleiner, <<: mehr als 25 Pro-zent kleiner). Der Entwicklungstrend wirdentsprechend den Vorgaben zum Verbrei-tungsgebiet beurteilt. Sofern Daten zurFortpflanzung, Mortalität oder Alters-struktur einer Art vorliegen, werden dieseInformationen bei der Bewertung des Er-haltungszustandes in drei Wertstufen an-gegeben (normal, abweichend, stark ab-weichend).

Lebensraum (Habitat)

Als „aktuelle Habitatfläche“ (aH) wirdmöglichst die von der aktuellen Gesamt-population derzeit genutzte Gesamtflächealler Lebensräume in der biogeografischenRegion ermittelt. Bei Arten mit wechseln-den Raumnutzungsmustern sind alle rele-vanten Teillebensräume in die Flächenbe-rechnung mit einzubeziehen. Sofern keine

genauen Daten vorliegen, kann zur Ab-schätzung der Habitatgröße als grobeAnnäherung alternativ die Anzahl der nach1990 besiedelten Rasterfelder (MTB,MTB-Q) angegeben werden. Die „geeig-nete Habitatfläche“ (gH) entspricht derGesamtfläche aller geeigneten Lebens-räume, die der gesamten Population für eine Besiedlung potentiell zur Verfügungstehen. Das Verhältnis zwischen aktuellgenutzter und geeigneter Habitatflächewird in Hinblick auf den langfristigenFortbestand der Art durch eine Exper-teneinschätzung bestimmt (<: mehr geeig-nete Habitate vorhanden, =: ausreichendgeeignete Habitate vorhanden, >: zu weniggeeignete Habitate vorhanden). Der Ent-wicklungstrend wird entsprechend denVorgaben zum Verbreitungsgebiet ange-geben. Die Habitatqualität wird ebenfallsbezüglich des langfristigen Fortbestandesanhand einer Experteneinschätzung be-urteilt (+: gesichert, ?: fraglich, –: nicht ge-sichert).

Zukunftsaussichten (Future Prospects)

Bei den Zukunftsaussichten handelt es sichum ein Kriterium, das klassischerweise nurim Rahmen eines Expertenvotums beur-teilt werden kann. Zunächst muss bilan-ziert werden, welche Belastungsfaktorenaktuell und/oder in der Vergangenheit sowie welche Gefährdungsfaktoren in derZukunft auf die Arten einwirken. An-schließend wird für jede Art eine Prognoseerstellt, in welchem Maße sich „wesent-liche Belastungs- und Gefährdungsfakto-ren“ auf die dauerhafte Überlebensfähig-keit bezüglich der drei ersten Teilkriterienauswirken werden. Als Prognosehorizont

werden die nächsten 18 bis 24 Jahre zuGrunde gelegt. Insgesamt können die Zukunftsaussichten in drei Wertstufen be-urteilt werden (günstig, unzureichend,schlecht).

Durchführung derFFH-Bewertung in NRWVor dem Hintergrund der zuvor beschriebe-nen Bewertungsmethode hat das LANUVab dem Jahr 2004 alle für den FFH-Berichterforderlichen Datengrundlagen systema-tisch zusammengetragen und aufbereitet.So wurde das Fundortkataster NRW (FOK)konsequent auf die Erfordernisse der FFH-Berichtspflicht ausgerichtet, um eine zu-verlässige Abgrenzung der Verbreitungs-gebiete und eine Berechnung der belegtenRasterfelder zu ermöglichen. Neben einergezielten Literaturrecherche erfolgte vorallem ein Abgleich des FOK-Datenbestan-

Wasserfledermaus

(Myotis daubentonii)

Verbreitungsgebiet

aV/gV: ATL+ KON: =

Trend: ATL+ KON: 0

Population

Anzahl MTB: ATL: 130

KON: 123

aP/gP: ATL+ KON: =

Trend: ATL+ KON: 0

Lebensraum

Habitat: ATL: 130 MTB

KON: 123 MTB

aH/gH: ATL+ KON: =

Trend H: ATL+ KON: 0

Habitatqualität: + (gesichert)

Zukunftsaussichten

Zukunft: ATL+ KON: günstig

G

G

G

G

G

Abb. 2: Datenblatt für den Erhaltungszustand der Wasserfledermaus in Nordrhein-Westfalen (Abkürzungen sind im Text erläutert)

Für den Skabiosen-Scheckenfalter (Euphy-dryas aurinia) wurde ein schlechter Erhal-tungszustand festgestellt. Foto: J. Hillig

Die Wasserfledermaus (Myotis daubentonii)befindet sich in Nordrhein-Westfalen in einem günstigen Erhaltungszustand.

Foto: H. Vierhaus

Page 16: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

16 Natur in NRW 2/07

FFH-Arten

des mit den Datenbanken der in Nord-rhein-Westfalen faunistisch und floristischtätigen Vereinigungen sowie mit der BfN-Datenbank.

Eine wesentliche Datengrundlage stelltenauch die umfangreichen Erhebungen derBiologischen Stationen in deren Betreu-ungsgebieten dar. Zusätzlich wurde in den

vergangenen Jahren für nahezu alle Art-vorkommen in den FFH-Gebieten der lokale Erhaltungszustand nach dem ABC-Bewertungsschema ermittelt. Mit diesenDaten ließen sich die Teilkriterien „Popu-lation“ und „Lebensraum“ für die meistenArten angemessen beurteilen. Für die Analyse der Belastungs- und Gefähr-dungsfaktoren im Rahmen der Zukunfts-prognose wurde außerdem die Rote Listeder gefährdeten Pflanzen und Tiere inNRW (LÖBF/LAfAO 1999) ausgewertet.Da sich die meisten Parameter nur über ein Expertenvotum in Wert setzen ließen,wurde in Nordrhein-Westfalen das Bewer-tungsverfahren für die FFH-Arten unterBeteiligung der faunistisch und floristischtätigen Vereinigungen und Fachleute imRahmen von „Expertenrunden“ durchge-führt. Bei dieser Gelegenheit wurde für jede der 126 FFH-Arten in Nordrhein-Westfalen ein eigenes Datenblatt er-arbeitet, in dem die Experteneinschätzungzu den einzelnen Bewertungsparameternstichpunktartig protokolliert wurde (vgl.Abbildung 2).

ErgebnisseDas Gesamtergebnis des FFH-Berichtes2001 bis 2006 für alle 126 FFH-Arten inNordrhein-Westfalen ist in Tabelle 2 auf-gelistet. Getrennt nach Anhang II- und IV-Arten sowie nach Anhang V-Arten wird fürdie biogeografischen Regionen jeweils derErhaltungszustand angegeben. Insgesamtwurde für 24 von 63 Anhang II- und IV-Arten in der atlantischen Region bezie-hungsweise für 22 von 63 Arten in der kon-tinentalen Region ein schlechter Erhal-tungszustand ermittelt (vgl. Abbildung 3,links). Bezogen auf die Anzahl Messtisch-blattnachweise dieser Arten macht dies je-doch nur einen Anteil von ca. 8,5 Prozentaller gemeldeten MTB-Vorkommen in der atlantischen Region beziehungsweise 7 Prozent in der kontinentalen Region aus(vgl. Abbildung 3, rechts). Demgegenüberentfällt der überwiegende Anteil der MTB-Nachweise auf Arten die sich in einemgünstigen Erhaltungszustand befinden (69Prozent atlantische Region, 58 Prozentkontinentale Region).Deutliche Unterschiede zeigen sich bei einer differenzierten Betrachtung der ver-schiedenen Artengruppen. Innerhalb derSäugetiere befinden sich neun Fleder-mausarten sowie Europäischer Biber undHaselmaus in einem günstigen Erhaltungs-zustand. Bei Bechsteinfledermaus, GrauemLangohr, Mopsfledermaus, Nordfleder-maus, Wimperfledermaus und Feld-hamster wurde die aktuelle Situation da-gegen als schlecht beurteilt. Die Mehrzahlder Amphibien und Reptilienarten erreichteine unzureichende Einstufung. Für Gelb-bauchunke und Knoblauchkröte wurde einschlechter Erhaltungszustand ermittelt.Kleiner Wasserfrosch, Springfrosch, Zaun-

Artname An-

hang ATL KON

Anhang II und IV-Arten

Säugetiere

Bechsteinfledermaus II, IV S S

Braunes Langohr IV G G

Breitflügelfledermaus IV G G

Europäischer Biber II, IV G G

Feldhamster IV S —

Fransenfledermaus IV G G

Graues Langohr IV S S

Große Bartfledermaus IV U U

Großer Abendsegler IV G U

Großes Mausohr II, IV U U

Haselmaus IV G G

Kleine Bartfledermaus IV G G

Kleiner Abendsegler IV U U

Mopsfledermaus II, IV S S

Mückenfledermaus IV unbek. unbek. Nordfledermaus IV — S

Rauhhautfledermaus IV G G

Teichfledermaus II, IV G G

Wasserfledermaus IV G G

Wildkatze IV — U

Wimperfledermaus II, IV S S

Zweifarbfledermaus IV G G

Zwergfledermaus IV G G

Amphibien und Reptilien

Geburtshelferkröte IV U U

Gelbbauchunke II, IV S S

Kammmolch II, IV G U

Kleiner Wasserfrosch IV G G

Knoblauchkröte IV S S

Kreuzkröte IV U U

Laubfrosch IV U U

Mauereidechse IV U U

Moorfrosch IV U U

Schlingnatter IV U U

Springfrosch IV G G

Wechselkröte IV U —

Zauneidechse IV G G

Fische und Rundmäuler

Bachneunauge II G G

Bitterling II G G

Flussneunauge II, V G U

Groppe II G G

Lachs II, V S S

Maifisch II, V S S

Meerneunauge II U U

Schlammpeitzger II S S

Steinbeißer II U U

Wirbellose

Anisus vorticulus II, IV S —

Margaritifera margaritifera II, V — S

Unio crassus II, IV S —

Vertigo angustior II S S

Vertigo moulinsiana II S S

Coenagrion mercuriale II G —

Coenagrion ornatum II S —

Gomphus flavipes IV G unbek. Leucorrhinia pectoralis II, IV U unbek. Cerambyx cerdo II, IV S —

Lucanus cervus II U U

Osmoderma eremita II*, IV S S

Euphydryas aurinia II — S

Euplagia quadripunctaria II* G G

Lycaena helle II, IV — U

Maculinea arion IV — S

Maculinea nausithous II, IV S U

Maculinea teleius II, IV — S

Proserpinus proserpina IV G G

Austropotamobius torrentium II*, V — S

Artname An-

hang ATL KON

Pflanzen

Einfache Mondraute II, IV S —

Frauenschuh II, IV S S

Grünes Besenmoos II — S

Haar-Klauenmoos II S —

Kriechender Sellerie II, IV S —

Prächtiger Dünnfarn II, IV — U

Schwimmendes Froschkraut II, IV S S

Sumpf-Glanzkraut II, IV S S

Anhang V-Arten

Säugetiere

Baummarder V U U

Iltis V G G

Amphiben

Grasfrosch V G G

Seefrosch V G G

Teichfrosch V G G

Fische

Äsche V G G

Barbe V G G

Wirbellose

Helix pomatia V G G

Astacus astacus V U U

Pflanzen und Flechten

Alpen-Flachbärlapp V — S

Arnika V S G

Gewöhnlicher Flachbärlapp V — S

Isslers-Flachbärlapp V — S

Keulen-Bärlapp V S G

Moorbärlapp V G S

Sprossender Bärlapp V S G

Tannen-Bärlapp V S U

Zeillers Flachbärlapp V — S

Zypressen-Flachbärlapp V S S

Cladonia arbuscula V unbek. unbek. Cladonia ciliata V unbek. unbek. Cladonia portentosa V unbek. unbek. Cladonia rangiferina V unbek. unbek. Leucobryum glaucum V G G

Sphagnum affine V S S

Sphagnum angustifolium V unbek. unbek.

Sphagnum capillifolium var. tenerum

V unbek. G

Sphagnum centrale V unbek. unbek. Sphagnum compactum V U S

Sphagnum contortum V unbek. S

Sphagnum cuspidatum V U unbek.

Sphagnum denticulatum var. indundatum

V G G

Sphagnum fallax V G G

Sphagnum fimbriatum V G G

Sphagnum flexuosum V unbek. G

Sphagnum fuscum V — S

Sphagnum girgensohnii V U G

Sphagnum magellanicum V U U

Sphagnum majus V unbek. S

Sphagnum molle V S S

Sphagnum obtusum V unbek. —

Sphagnum palustre V G G

Sphagnum papillosum V U U

Sphagnum quinquefarium V unbek. G

Sphagnum riparium V G G

Sphagnum rubellum var. subtile V S S

Sphagnum russowii V unbek. G

Sphagnum squarrosum V G G

Sphagnum subnitens V S G

Sphagnum subsecundum V — S

Sphagnum tenellum V S S

Sphagnum teres V unbek. U

Sphagnum warnstorfii V — S

Tab. 2: Erhaltungszustand der FFH-Arten in Nordrhein-Westfalen (FFH-Bericht 2001–2006). ATL: atlantische Region; KON: kontinentale Region; II, IV, V: Anhang II, IV be-ziehungsweise V FFH-RL; *: prioritäre Art; G: günstiger Erhaltungszustand; U: unzu-reichender Erhaltungszustand; S: schlechter Erhaltungszustand; unbek.: unbekannt

Page 17: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

17Natur in NRW 2/07

FFH-Arten

eidechse und Kammmolch (atlantisch) er-reichen immerhin eine günstige Bewer-tung. Innerhalb der Fische wird die Situa-tion bei Lachs, Maifisch und Schlamm-peitzger als schlecht sowie bei Meerneun-auge, Steinbeißer und Flussneunauge(kontinental) als unzureichend bewertet.Von 20 Wirbellosen befinden sich insge-samt 13 Arten in einem schlechten und nurvier in einem günstigen Erhaltungs-zustand. Bei den Pflanzen erreichen mitAusnahme des Prächtigen Dünnfarns alleanderen sieben Arten nur einen schlechtenErhaltungszustand.Die Einschätzung des Erhaltungszustandeserlangt eine große Bedeutung im Zusam-menhang mit der artenschutzrechtlichenPrüfung für zulassungspflichtige Planvor-

haben nach § 42 BNatSchG (BAUCKLOH

et al. 2007, KIEL 2007). In diesem Zu-sammenhang stellt sich für die Anhang IV-Arten in der Planungspraxis regelmäßigdie Frage nach dem Erhaltungszustand.Gegebenenfalls ist in einem Ausnahmever-fahren nach Art. 16 FFH-RL festzustellen,wie sich die Planung auf den Erhaltungs-zustand in der biogeografischen Regionauswirkt. Mit der hier vorgestellten Ampel-bewertung liegt für Nordrhein-Westfalennunmehr ein einheitliches Instrument zurBeurteilung des Erhaltungszustandes imRahmen von Planungsverfahren vor.

LiteraturBAUCKLOH, M, KIEL, E.-F. & STEIN, W. (2007):Berücksichtigung besonders und streng ge-schützter Arten bei der Straßenplanung in Nord-rhein-Westfalen. Naturschutz und Landschafts-planung 39 (1): 13–18.DINTER, W. (1999): Naturräumliche Gliede-rung. – In: LÖBF/LAfAO (1999): Rote Listeder gefährdeten Pflanzen und Tiere in Nord-rhein-Westfalen, 3.Fassung. LÖBF-Schriften-reihe 17: 29–36.EU-KOMMISSION (2005): Bewertung, Monito-ring und Berichterstattung des Erhaltungszu-stands – Vorbereitung des Berichts nach Art. 17der FFH-Richtlinie für den Zeitraum von 2001–2007 (DocHab-04-03/03-rev.3), März 2005(Deutsche Übersetzung).EU-KOMMISSION (2006): Assessment, monitor-ing and reporting under Article 17 of the Habi-tats Directive: Explanatory Notes & Guidelines,Final Draft, October 2006.GÖCKING, C., MENKE, N., KIEL, E.-F. & HÜBNER,T. (2007): Die Helm-Azurjungfer (Coenagrionmercuriale, CHARPENTIER 1840) – Vorkommen,Schutz und Management als FFH-Art in NRW.Natur in NRW 2/2007: 18–23.KIEL, E.-F. (2007): Praktische Arbeitshilfen fürdie artenschutzrechtliche Prüfung in NRW.UVP-Report 21 (3) im Druck.Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucher-schutz NRW (LANUV) (2007): FIS: Fachinfor-mationssystem „FFH-Berichtspflicht 2007“.http://www.naturschutz-fachinformationssyste-

Anschrift des VerfassersDr. Ernst-Friedrich KielLandesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV)Fachbereich 24 – Artenschutz, Vogelschutzwarte –Leibnizstr. 1045659 RecklinghausenE-Mail: [email protected]: www.lanuv.nrw.de

ZusammenfassungFür den FFH-Bericht 2001–2006 wurdeder Erhaltungszustand von 126 FFH-Arten in Nordrhein-Westfalen nach denmethodischen Vorgaben der EU ermit-telt. Getrennt nach der atlantischen undkontinentalen Region wurde jede Artnach einem „Ampelschema“ bewertet(grün: günstig, gelb: unzureichend, rot: schlecht). Das Bewertungsverfahrenwurde unter Beteiligung der faunistischund floristisch tätigen Vereinigungenund Fachleute im Rahmen von „Exper-tenrunden“ durchgeführt. Für 24 (atlan-tisch) beziehungsweise 22 (kontinental)von 63 Anhang II- und IV-Arten wurdeein schlechter Erhaltungszustand ermit-telt. Bezogen auf die Anzahl Messtisch-blatt-Nachweise dieser Arten macht diesjedoch nur 8,5 Prozent (atlantisch) be-ziehungsweise 7,3 Prozent (kontinental)aller Meldungen aus.

Mitarbeit an Tabelle 2: D. Geiger-Roswora,H. Meinig, P. Schütz, Dr. C. Trappmann, Dr.H. Vierhaus (Säugetiere), A. Geiger, M. Hach-tel, T. Mutz, M. Schlüpmann (Amphibien undReptilien), Dr. C. Schütz (Fische und Rund-mäuler), H. Kobialka (Mollusken), C.-J.Conze, C. Göcking, N. Grönhagen, T. Hüb-ner, N. Menke, M. Olthoff (Libellen), K.Kretschmer (Käfer), Dr. P. Leopold, D. Lück,E. Schmidt, H. Schumacher (Schmetterlinge),Dr. H. Groß (Krebse), U. Raabe (HöherePflanzen), Dr. C. Schmidt (Moose).

3

24 22

170 147

1419

462704

2419

13771153

10%

20%

40%

60%

80%

100%

ATL KON ATL KON

An

teil

unbekannt schlecht

unzureichend günstig

63 63 2009 2004

Abb. 3: Erhaltungszustand der FFH-An-hang II- und IV-Arten in NRW (links: ab-solute Auswertung bzgl. Gesamtartenzahl,rechts: relative Auswertung bzgl. AnzahlMesstischblatt-Nachweise der Arten; ATL:atlantische Region, KON: kontinentale Region).

me-nrw.de/ffh-berichtspflicht_2007/, Zugriff am3. 5. 2007.Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung undForsten / Landesamt für Agrarordnung NRW(Hrsg.) (LÖBF/LAfAO) (1999): Rote Liste dergefährdeten Pflanzen und Tiere in Nordrhein-Westfalen, 3. Fassung. LÖBF-Schriftenreihe 17.SCHNITTER, P. et al. (2006): Empfehlungen fürdie Erfassung und Bewertung von Arten als Basis für das Monitoring nach Artikel 11 und 17der FFH-Richtlinie in Deutschland. – Berichtedes LfU Sachsen-Anhalt, Sonderheft 2.SSYMANK, A. HAUKE, U., RÜCKRIEM, C. &SCHRÖDER, E. (1998): Das europäische Schutz-gebietssystem NATURA 2000. BfN-Handbuchzur Umsetzung der Fauna-Flora-Habitat-Richt-linie (92/43/EWG) und der Vogelschutzricht-linie (79/409/EWG). – Schriftenreihe für Land-schaftspflege und Naturschutz 53, 560 S.

Der Springfrosch (Rana dalmatina): günstiger Erhaltungszustand in Nordrhein-West-falen. Foto: P. Schütz

Page 18: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

18 Natur in NRW 2/07

FFH-Arten

pflanzen, wie der Berle. Die Larven lebenje nach Jahreszeit in der Unterwasser-Vegetation und im Wurzelraum der Pflan-zen (RÖHR 2005). Für das Vorkommen derHelm-Azurjungfer ist neben der Wasser-führung vor allem die Gewässervegetationvon entscheidender Bedeutung. Deckungund Art der Vegetationsstrukturen bestim-men, ob ein von den abiotischen Faktorengeeignetes Gewässer als Lebensraum be-siedelt werden kann (STERNBERG et al.1999, MÜLLER 2003, RÖHR 2005).Höchste Individuenzahlen fanden sich beieiner Deckung der krautigen Überwasser-Vegetation zwischen 20 und 60 Prozent(MÜLLER 2003). Deckungsgrade von über90 Prozent werden gerade noch toleriert.Das stete Auftreten von Röhrichten ausniedrigwüchsigen Pflanzen ist auffällig.Dichte Großröhrichte, zum Beispiel ausSchilf, werden gemieden beziehungsweise

verdrängen die Art (RÖHR 2005). Bachab-schnitte mit sehr geringer Fließgeschwin-digkeit, oftmals mit Teichrosenbeständen,bleiben von der Art unbesiedelt. DerDeckungsgrad der Unterwasser-Vegetationbetrug an ausgewählten Abschnitten inNordrhein-Westfalen immer mehr als 10Prozent, mit einem Optimum bei etwa 40 Prozent. Eine typische Unterwasser-pflanze in geeigneten Gewässern ist derWasserstern.Im Gewässerumfeld werden die Böschun-gen und Randbereiche zur Reifung, Nah-rungssuche und Übernachtung sowie zurÜberdauerung ungünstiger Witterungs-perioden aufgesucht. Als besonders geeig-nete Vegetationsstruktur hat sich eine extensiv genutzte Grünlandvegetation her-ausgestellt, die vergleichsweise insekten-und damit nahrungsreich sein dürfte. Getreide wird als Sitzwarte genutzt. Mais-

Seit dem Jahr 1999 werden die Vor-kommen der Helm-Azurjungfer inNordrhein-Westfalen durch den Ar-

beitskreis Libellen NRW und das Landes-amt für Natur, Umwelt und Verbraucher-schutz NRW (LANUV) systematisch unter-sucht. Hierzu gehören die Erfassung derVerbreitung, die Ermittlung der Bestands-größen sowie die Bewertung des Erhaltungs-zustandes. Ein zentrales Anliegen bestehtdarin, gemeinsam mit den betroffenenGrundeigentümern, den Unterhaltungsver-bänden und den Landschafts- beziehungs-weise Wasserbehörden ein auf die Habitat-ansprüche abgestimmtes Management derLebensräume sicherzustellen, so dass dieBestände dauerhaft erhalten bleiben. Deraktuelle Sachstand dieses Prozesses soll imvorliegenden Artikel dargestellt werden.

LebensraumansprücheDie Helm-Azurjungfer besiedelt kleinere,besonnte Fließgewässer im Flachland mit einer ausgeprägten krautreichen, abernicht zu dichten Unter- und Überwasser-vegetation. Die Gewässer führen ganz-jährig Wasser, der Untergrund ist meistsandig und trägt in den besiedelten Be-reichen eine sehr geringe Detritus-, be-ziehungsweise Schlammauflage (STERN-BERG et al. 1999, MÜLLER 2003, RÖHR

2005, eigene Beobachtung). Die in Nord-rhein-Westfalen besiedelten Gewässer lie-gen vor allem entlang der Flusstäler vonEms und Lippe sowie im Einzugsbereichder Weser. Es handelt sich um Gräben, grabenartig ausgebaute Fließgewässer, ei-nen naturnahen Wiesenbach, einen renatu-rierten Bach sowie um ein quelligesKalkflachmoor.Von Mitte Mai bis Mitte August fliegt dieHelm-Azurjungfer an ihrem Fortpflan-zungsgewässer (vgl. Abbildung 1). Zur Eiablage nutzen die Weibchen bevorzugtdie sich unter Wasser befindenden Be-reiche von Stängeln krautiger Wasser-

Christian Göcking, Norbert Menke, Ernst-Friedrich Kiel, Thomas Hübner

Die Helm-Azurjungfer(Coenagrion mercuriale, CHARPENTIER 1840)Vorkommen, Schutz und Management einer FFH-Art in NRW

Die Helm-Azurjungfer (Coenagrion mercuriale, CHARPENTIER 1840) ist eine Kleinlibellenart aus der Familie der Schlankjungfern. Sie ist europaweit in ihrem Bestand bedroht und wird im Anhang II der Flora-Fauna-Habitatrichtlinie (FFH-RL) aufgeführt. Zum Erhalt des europäischen Naturerbes ist in Europa ein repräsentatives Netz von Schutzgebieten für bestimmte Lebensraumtypen und Arten derAnhänge I und II der FFH-RL aufgebaut worden, in dessen Rahmen in Nordrhein-Westfalen bis zumJahr 2006 insgesamt acht FFH-Gebiete für den Schutz der Helm-Azurjungfer ausgewiesen worden sind.Gleichzeitig unterliegen diese den Bestimmungen der EU-Wasserrahmenrichtlinie.

Abb. 1: Helm-Azurjungfer, Männchen. Foto: W. Postler

Page 19: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

19Natur in NRW 2/07

FFH-Arten

felder, Brennnesselbestände sowie mit Ge-hölzen bestandene und damit beschatteteGewässerabschnitte werden gemieden.Die Befunde zur Vegetation entsprechenweitgehend den Angaben von STERNBERG

et al. (1999) und SERFLING et al. (2004).

Vorkommen in NRWDie Helm-Azurjungfer ist eine atlanto-mediterrane Art. Ihr Verbreitungsschwer-punkt liegt in Südwesteuropa, individuen-starke Vorkommen sind jedoch auch in denBeneluxländern beziehungsweise im SüdenEnglands bekannt. Die nördliche Verbrei-tungsgrenze verläuft durch Nordwest-deutschland, einzelne Vorkommen existie-ren in Brandenburg und Niedersachsen. Inden Niederlanden ist die Art ausgestorben(detail. Angaben bei GÖCKING et al. i. Dr.).Aus Nordrhein-Westfalen liegen derzeitNachweise von zwölf eigenständigen undreproduktiven Vorkommen der Helm-Azurjungfer vor. Sie befinden sich über-wiegend in der Westfälischen Bucht (vgl.Karte 1). Von den in der Karte dargestell-ten Messtischblatt-Nachweisen nach 1990handelt es sich bei vier Nachweisen umEinzeltiere, beziehungsweise um nichtdauerhafte Vorkommen.

Bewertung des Erhaltungs-zustandes der VorkommenIm Rahmen des FFH-Meldeverfahrenswurden die bekannten Vorkommen derHelm-Azurjungfer in NRW in den Jahren2004 bis 2006 systematisch erfasst und be-wertet. Für jedes Vorkommen wurde deraktuelle Erhaltungszustand nach einemeinheitlichen Bewertungsverfahren ermit-telt, das in Anlehnung an die bundesweitenEmpfehlungen zur Ermittlung des Erhal-tungszustandes der FFH-Arten ausgearbei-tet wurde (SCHNITTER et al. 2006). Dabeiwurden die drei Hauptkriterien „Zustandder Population“, „Habitatqualität“ und„Beeinträchtigungen“ anhand mehrererTeilparameter zunächst einzeln bewertetund abschließend zu einem Gesamtwertverrechnet (vgl. Tabelle 1). Die Einstufung„A“ steht für einen hervorragenden, „B“für einen guten und „C“ für einen mittlerenbis schlechten Erhaltungszustand. DasLandesamt für Natur, Umwelt und Ver-braucherschutz NRW (LANUV) hat dieKartieranleitungen für alle FFH-Arten im„Fachinformationssystem (FIS) FFH-Artenund europäische Vogelarten“ aufbereitet.(http://www.naturschutz-fachinformations-systeme-nrw.de/natura2000/arten/index.htm).

Hier können die ABC-Bewertungsbögenauf den jeweiligen Art-Seiten unter demButton „Kartierung“ heruntergeladen wer-den.Zur Bewertung wurde jedes besiedelte Gewässer in 100 m-Abschnitte eingeteilt,die bei günstigen Witterungsbedingungenwährend der Hauptflugzeit zunächst ein-zeln beurteilt wurden. Anschließend ließensich die Ergebnisse für die zwölf Vor-kommen in 18 verschiedene Bewertungs-bereiche (getrennt nach innerhalb undaußerhalb der FFH-Gebiete) zusammen-fassen (vgl. Tabelle 2).In der Gesamtbeurteilung erreichen elf Be-reiche insgesamt einen „guten“ und siebeneinen „mittleren bis schlechten“ Erhal-tungszustand. Bei einer getrennten Aus-wertung nach den drei Hauptkriterien er-gibt die Auswertung ein differenzierteresGesamtbild. Bezüglich der Habitatqualitätwurden 13 Bereiche mit „gut“ oder „her-vorragend“ und nur fünf mit „mittel bisschlecht“ bewertet. Bei zwölf Beständenbefindet sich die Population in einem „guten“ oder „hervorragenden“ Erhal-tungszustand. Dabei erzielen die drei größten Vorkommen in den FFH-Gebieten Emsaue, Davert und Lippeaue sowie dieKleine Aue die besten Bewertungen. Deut-lich schlechter erscheint die Situation dagegen beim Kriterium Beeinträchtigun-gen. Elf Bewertungsbereiche erreichendiesbezüglich eine „mittlere bis schlechte“Bewertung und nur bei sieben Bereichenliegt ein „guter“ Erhaltungszustand vor.Insgesamt erreicht die Helm-Azurjungfernach den Kriterien der FFH-Berichts-pflicht („Ampelbewertung“) einen günsti-gen Erhaltungszustand in der atlantischenRegion in Nordrhein-Westfalen (vgl. KIEL

2007, in diesem Heft).

GefährdungDie Helm-Azurjungfer gilt sowohl inNRW (SCHMIDT & WOIKE 1999) als auch inDeutschland (BINOT et al. 1996) als vomAussterben bedroht. Als hauptsächlicheGefährdungsursachen in NRW sind Ge-wässerausbau und in Folge die Zerstörungund Entwertung geeigneter Lebensräumesowie eine zu intensive Gewässerunter-haltung (z.B. Emmerbach, Emstalgräben)durch Grundräumungen und Entkrauten zunennen. Umgekehrt kann auch eine feh-lende Nutzung oder Unterhaltung eine fürdie Art problematische, starke Vegetations-entwicklung in und an den Gewässern zurFolge haben (z.B. Tallewiesen, DattelnerMühlenbach). Weitere ungünstige Auswir-kungen auf die Vorkommen können sein:Fehlende oder zeitlich problematische Böschungsmahd während der Flugzeit,Beschattung durch aufkommende Ufer-gehölze, Grundwasserabsenkung und tem-poräres Austrocknen (z.B. Tiefenriede,Emstalgräben), Eingriffe in die Abfluss-verhältnisse (z.B. durch Anstau oder Er-

Karte 1: Verbreitung der Helm-Azurjungfer (Coenagrion mercuriale) in Nordrhein-West-falen. Stand: 2006, (π) Nachweis ab 1990, (∏) Nachweis vor 1990.

Page 20: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

20 Natur in NRW 2/07

FFH-Arten

höhung der Fließgeschwindigkeit), Eutro-phierung durch eine intensive, gewässer-begleitende landwirtschaftliche Nutzung(z.B. Tiefenriede, Emmerbach, Emstal-gräben) aber auch eine ungeeignete Nut-zung des direkten Gewässerumfelds mitMaisanbau (z.B. Emmerbach, Emstal-gräben).

Schutzziele und ManagementGrundsätzlich sind alle in NRW bestehen-den Vorkommen der Helm-Azurjungfer zuerhalten. Hierzu sind die Erhaltung undEntwicklung besonnter und basenreicherBäche und Gräben mit nicht zu dichtschließender Überwasservegetation be-ziehungsweise der Schutz und die Opti-mierung durchflossener Kalkquellmooremit entsprechender Vegetation eine zen-trale Voraussetzung. Neben dem Schutzder Fortpflanzungsgewässer kommt demErhalt der umgebenden Landlebensräume

eine besondere Bedeutung zu. Im direktenUmfeld der Gewässer sind extensiv ge-nutzte Grünlandflächen, offene Grünland-brachen, Röhrichte und Seggenbeständezu erhalten oder zu entwickeln.

Auf Grund der speziellen Ansprüche derArt an ihren Lebensraum, insbesondere an die Vegetationsstrukturen, ist die Helm-Azurjungfer in der Kulturlandschaft aufPflege- beziehungsweise Unterhaltungs-maßnahmen angewiesen. Bleiben dieseaus, wird die Art durch natürliche Sukzes-sion hin zu Hochstauden und Gehölz-beständen beziehungsweise zu dichter und hoher Gewässervegetation verdrängt.Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass an einigen Gräben aus landwirtschaftlicherSicht der Wasserabfluss durch eine regel-mäßige Unterhaltung gewährleistet blei-ben muss.

Für den Schutz der Art und das Gebiets-management sind folgende Punkte zuberücksichtigen:

Erhaltung und Entwicklung extensivgenutzter Grünlandflächen und offenerGrünlandbrachen entlang der Fort-pflanzungsgewässer (vor allem Wiesen,Weiden und Grünlandbrachen, Röh-richte, Seggenbestände).Minimierung von Nährstoffeinträgendurch Anlage extensiv genutzter Ufer-randstreifen mit einer Mindestbreitevon beidseitig zehn Metern. ExtensivePflege der Uferrandstreifen durch in derRegel zweischürige Mahd.Verbesserung des Landschaftswasser-haushaltes und Aufrechterhalten desnatürlichen Wasserangebotes.Schonende Gewässerunterhaltung durchzeitlich versetzte Bearbeitung in Teilab-schnitten oder wechselseitiger Bearbei-tung nur einer Gewässerseite sowiedurch Einsatz schonender Geräte. Entkrautungsmaßnahmen sind einerRäumung vorzuziehen.Entkrautung:– nur nach Bedarf abschnittsweise

höchstens alle zwei bis drei Jahre,– Erhaltung inselartiger 5–10 m2-

großer Vegetationsbestände im Ab-schnitt,

– Verwendung von Mähkörben undVerzicht auf Grabenfräsen,

– Entfernung des Mähgutes aus demGewässerbett, Zwischenlagerung nahe der Uferlinie.

Räumung:– nur nach Bedarf abschnittsweise

keinesfalls häufiger als vier bis fünfJahre,

– nur dicht bewachsene Abschnitte mitmehr als 95 Prozent Pflanzen-deckung,

– keine Sohlvertiefung, nur Entnahmeder Auflage, keine Verletzung des Interstitials,

– Verwendung von Löffelbaggern.Böschungsmahd:– ein Drittel ungemähter Böschung

belassen,– Mahd von Mitte August bis Mitte

Mai,– Verwendung von Balkenmähern

(Verzicht auf Mulchgeräte),– Abtransport des Mähgutes.Als Pflegemaßnahme gegebenenfallsMahd der gewässerbegleitenden Vege-tation bis Anfang Mai (nur wenn zurGewährleistung des Wasserabflussesunbedingt erforderlich).gegebenenfalls Entfernung oder Rück-schnitt gewässerbegleitender Gehölze.

Die hier vorgestellten Maßnahmen dienenebenfalls dem Schutz der vom Aussterbenbedrohten FFH-Anhang II-Art Vogel-Azurjungfer (Coenagrion ornatum), die inNordrhein-Westfalen ihre einzigen Vor-kommen im Gebiet Tiefenriede und im Mehner Bruch/Lever Wald besitzt(CLAUSEN 2003).

Tab. 1: ABC-Bewertungsmatrix zur Ermittlung des Erhaltungszustandes der Helm-Azur-jungfer in Nordrhein-Westfalen.

Habitatqualität A Hervorragend B Gut C Mittel bis SchlechtEmerse Vegetation 31–60% 10–30 od. 61–90% < 10% od. > 90%Krautige, binsenartige Pflanzen

Hoher Anteil Geringer Anteil Fast fehlend

Wintergrüne submerse Stellenweise gut Schwach ausgebildet Fast fehlendVegetation ausgebildet 10–50% < 10%

50% der Uferlänge der Uferlänge der UferlängeHohe Vegetation Zumindest in In Teilbereichen mit > 90% Deckung(z.B. Schilf) Teilbereichen 50–90% Deckung

≤ 50% DeckungBeschattung < 10% 10–25% > 25%Uferstreifen Wiesen, Extensiv- Wiesen, Extensiv- Maisäcker oder (10 m beidseitig ab weiden, Hochstauden, weiden, Hochstauden, Intensivweiden Böschungsoberkante) Brachen auf >50% Brachen, Getreideäcker auf >75%

der Uferlinie auf 25–50% der Uferlinie der Uferlinie

Zustand der Population A Hervorragend B Gut C Mittel bis SchlechtPopulationsgröße > 50 Imagines 11–50 Imagines ≤ 10 Imagines (100m-Teilabschnitt) [auf 100m] [auf 100m] [auf 100m]

Populationsgröße > 500 Imagines 101–500 Imagines ≤ 100 Imagines (Gesamtgebiet) ODER > 5 km ODER 1–5 km ODER < 1 km

besiedelte Strecke besiedelte Strecke besiedelte StreckeHabitatverbund des Teilabschnitt mit Teilabschnitt Teilabschnitt Teilabschnitts innerhalb anderen weitgehend isoliertGesamtgebiet zusammenhängend zusammenhängendBestandsveränderung Stabiler bzw. sich Leichter Erheblicher (fakultativ) vergrößernder Bestandsrückgang Bestandsrückgang

Bestand unter 50–75 % > 75 %Berücksichtigung

nat. SchwankungenBeeinträchtigungen A Keine bis gering B Mittel C DeutlichGewässerunterhaltung Keine notwendig Deutlich zu intensiv Viel zu intensiv

ODER sehr schonend ODER zu gering ODER viel zu gering unter Berücksichtigung (obwohl notwendig) (obwohl notwendig)

der Art

Wasserführung Keine Deutlich verringerter Stark verringerter Beeinträchtigung Abfluss ODER Abfluss und

erkennbar überhöhter Abfluss AustrocknungsgefahrODER stark erhöhter

AbflussNährstoffeinträge Keine Kaum vorhanden bzw. Deutlich von außen erkennbar Einträge zu vermuten erkennbar

Page 21: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

21Natur in NRW 2/07

FFH-Arten

Vorkommensschwerpunkteund typische Lebensräume in NRW

Emmerbach

Bei Davensberg, südlich von Münster, existiert am Emmerbach ein Vorkommender Helm-Azurjungfer, das bereits im Jahr1939 bekannt war (GRIES & OONK 1975)und das im Jahr 2001 wiederentdeckt wurde. Bestandserfassungen in den Jahren2003 bis 2006 brachten eines der größtenVorkommen in Nordrhein-Westfalen mitüber 500 Individuen zu Tage, das sich inmehreren Abschnitten eines etwa 15 Kilo-meter langen Teilbereichs des insgesamt36 Kilometer langen Emmerbaches er-streckt. Der Emmerbach ist im Kreis Coes-feld und der Stadt Münster ein vollständigbegradigtes Fließgewässer mit sehr gerin-gem Gefälle und geringer Fließgeschwin-digkeit. Er durchfließt überwiegend land-wirtschaftlich intensiv genutztes Gelände,

das durch Ackerbau (v.a. Mais und Getreide)dominiert wird. Lediglich in Ortsrand-lagen und im Waldgebiet der Davert wirddas nähere Umfeld auch als Grünland ge-nutzt oder ist mit Wald bestanden. Der Untergrund des Gewässers ist sandig-lehmig, der Böschungsfuß ist mehr oderweniger durchgängig mit Steinschüttun-gen versehen. Durch die geringe Fließge-schwindigkeit bilden sich regelmäßigSchwimmblattpflanzen-Gesellschaften mitGelber Teichrose und SchwimmendemLaichkraut aus.Von der Helm-Azurjungfer werden vor allem Gewässerabschnitte mit etwasschneller fließendem Wasser besiedelt, indenen krautige Pflanzen wie Berle, Sumpf-Vergissmeinnicht, Wasserminze oder Brun-nenkresse die Vegetation bestimmen (vgl.Abbildung 2). Höher wüchsige Arten wieIgelkolben und Pfeilkraut dominieren dar-über hinaus über weite Strecken das Bild.In der weitgehend ausgeräumten und wenignaturnahen Landschaft im Umfeld des

Emmerbaches finden sich an den Ufer-rändern und Böschungen nur streckenweisefür die Helm-Azurjungfer geeignete Le-bensräume. Dies sind vor allem Gewässer-randstreifen, Brachflächen, Feuchtwiesenund extensiv beweidete Grünlandflächen.Seit dem die landesweite Bedeutung diesesVorkommens der Helm-Azurjungfer be-kannt ist, bemühen sich alle Beteiligten umeine möglichst naturnahe und den Lebens-raumansprüchen angemessene Pflege undUnterhaltung des Emmerbaches. Aufgrundder intensiven landwirtschaftlichen Nut-zung des Gewässerumfeldes erfolgt derzeitabschnittsweise eine extensivere Gewäs-serunterhaltung. Darüber hinaus bereitetdie NABU-Naturschutzstation Münster-land auch ein Extensiv-Beweidungspro-jekt am Emmerbach unter spezieller Be-rücksichtigung der Ansprüche der Helm-Azurjungfer vor.

Talgräben der EmsDie Vorkommen der Helm-Azurjungfer anden Talgräben der Ems in den Kreisen Warendorf und Gütersloh sind seit Endeder 1980er Jahre bekannt. Regelmäßige,stichprobenhafte Erhebungen wurden inden vergangenen Jahren immer wiederdurchgeführt, eine detaillierte Bestands-erhebung erfolgte 2005. Aktuell werdenam nördlichen Talgraben eine etwa 10 Kilometer lange und am südlichen Tal-graben eine etwa 15 Kilometer lange Ge-samtstrecke von über 500 Individuen be-siedelt. Beide Talgräben werden immerwieder von Bereichen unterbrochen, dieaufgrund zu starker Beschattung oder zugeringer Fließgeschwindigkeit nicht für eine Besiedlung durch die Helm-Azur-jungfer geeignet sind.

Abb. 2: Besiedelter Abschnitt des Emmer-baches bei Davensberg mit Kleinröhrichtvor allem aus Berle. Foto: N. Menke

Tab. 2: Erhaltungszustand der Helm-Azurjungfer in den Vorkommensgebieten in Nord-rhein-Westfalen (Vorkommen innerhalb und außerhalb von FFH-Gebieten werden hiergetrennt dargestellt und ausgewertet, * im Umfeld des FFH-Gebietes). 1Erhaltungszu-stand; A: hervorragend, B: gut, C: mittel bis schlecht, D: nicht signifikantes Vorkommen.

Hab

itat

qual

.

Pop

ulat

ion

Bee

intr

ächt

.

Ges

amt

Erhaltungszustand1

Gebiet (NATURA 2000-Nr.) Kreis MTB Individuen- besie-zahl delte

(Jahr) Strecke

Gebiete mit bodenständigen, dauerhaft vorhandenen Vorkommen

1 Grabensystem Tiefenriede (DE 3516-302) MI 3515/ 3516 305 (2006) 2,5 km B B B B

Grabensystem Tiefenriede* MI 3515/ 3516 116 (2006) 1,3 km B B B B

2 Mehner Bruch/Lever Wald MI 3516 127 (2006) 2,0 km B B B B

3 Kleine Aue MI 3617 über 500 (2007) 4,4 km B A B B

4 Zufluss Eltingmühlenbach ST 3812 10 (2004) 0,1 km C C C C

5 Ortsteinbach WAF 4013 114 (2004) 0,8 km C B C C

6 Emsaue, nö. und sü. Talgraben WAF,(DE 4013-301) GT 4014/ 4015 459 (2005–2006) 6,4 km B A C B

Emsaue, nördl. Talgraben* GT 4015 106 (2005–2006) 0,9 km B B C B

Emsaue, südl. Talgraben* GT 4015 110 (2005–2006) 2,4 km B B C B

Ruthebach* GT 4015 95 (2005–2006) 1,0 km C C C C

7 Graben östl. Loddenbach GT 3915/ 4015 79 (2004) 0,3 km B C C C

8 Emmerbach, Davert MS,(DE 4111-302) COE 4111 576 (2004–2006) 3,7 km B A B B

Emmerbach, nördl. Davert* MS 4111 12 (2004–2006) 0,4 km B C C C

Emmerbach, südl. Davert* COE 4111 140 (2004–2006) 0,9 km B B C B

9 Tallewiesen (DE 4218-301) PB 4218 183 (2005) 0,3 km C B C C

10 Dattelner Mühlenbach (DE 4209-302) RE 4310 529 (2005) 0,5 km B A B B

11 Heidegraben Bergkamen UN 4311 45 (2005) 0,1 km C C C C

12 Thielenbruch (DE 5008-301) GL 5008 41 (2006) – A C B B

Gebiete mit Einzeltieren oder sporadischen Vorkommen

1 Großer Diekfluss MI 3617 1 (2006) – D

2 NSG Harskamp ST 3709 1 (1996) – D

3 Senne mit Stapelager Senne (DE 4118-301) PB 4118 1 (1992) – D

4 Liese WAF 4214 6 (1998) 0,1 km D

5 Klostermersch (DE 4315-301) SO 4315 1 (1998) – D

Page 22: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

22 Natur in NRW 2/07

FFH-ArtenDie Ems-Talgräben liegen am nördlichenund südlichen Rand der Talaue und sindcharakterisiert durch die komplette Umge-staltung und Begradigung der Emsaue inden 1930er Jahren. Aufgrund der leichtenSandböden und des steten Wasserregimeswird das Umfeld der Talgräben intensivdurch Ackeranbau, vor allem Mais und Ge-treide genutzt. Die Talgräben verlaufen inOst-West-Richtung und sind durch regel-mäßig eingebaute Wehre und kleinereStaustufen reguliert. Auskolkungen oderMäandrierungen finden nicht statt. Von derHelm-Azurjungfer besiedelte Bereichesind charakterisiert durch die vergleichs-weise hohe Fließgeschwindigkeit, das sandige, detritusarme Substrat und diekrautreiche Unter- und Überwasser-Vege-tation (vgl. Abbildung 3).Für die im Kreis Warendorf im Natur-schutzgebiet Emsaue liegenden Talgräbenist im Jahre 2005 ein Pflege- und Entwick-lungsplan erarbeitet worden. Dieserschlägt unter anderem eine naturnahe Grabenunterhaltung und die Anlage vonUferrandstreifen vor. Im Kreis Güterslohdagegen ist die Pflege und Unterhaltungder als FFH-Gebiet ausgewiesenen Tal-gräben durch einen Kooperationsvertragzum Schutz der Helm-Azurjungfer zwi-schen dem Kreis Gütersloh und den Wasser- und Bodenverbänden geregelt.

Grabensysteme Tiefenriede und Mehner Bruch/Lever WaldDie Vorkommen der Helm-Azurjungfer im Grabensystem Tiefenriede und dem etwa 8 Kilometer entfernten GrabensystemMehner Bruch/Lever Wald sind seit 1986bekannt (BUSSE & CLAUSEN 1987) undwerden seitdem regelmäßig untersucht.Von den rund 6 Kilometer besiedelten Ab-schnitten liegen 2,5 Kilometer innerhalbdes FFH-Gebietes Tiefenriede. 2006 konn-ten in beiden Gebieten mehr als 500 Tierenachgewiesen werden. Die Entwässe-rungsgräben sind überwiegend besonnt,haben meist einen sandig bis lehmigen Untergrund und größtenteils eine geringeFließgeschwindigkeit. Die besiedelten Abschnitte weisen unterschiedliche Vege-tationsstrukturen auf, die häufig von krau-tigen Pflanzen wie Berle und Wasserminzegeprägt sind. Zwischen den besiedeltenAbschnitten existieren unbesiedelte Be-reiche, die im Sommer trocken fallen oderaufgrund von Nährstoffeinträgen stark ver-krauten. Nach PARDEY et al. (2004) sindlängere Abschnitte für eine Besiedlung aktuell nicht geeignet. Problematisch sindvor allem die Austrocknung von Graben-abschnitten mit der Gefahr des Durch-frierens im Winter sowie der massiveNährstoffeintrag durch intensive landwirt-schaftliche Nutzung im direkten Umfeldder Gräben.2004 wurde zwischen dem Kreis Minden-Lübbecke, den Eigentümern und den Un-

terhaltungsverbänden eine Kooperations-vereinbarung für das FFH-Gebiet Tiefen-riede getroffen, die sicherstellen soll, dassdie Pflege- und Unterhaltungsmaßnahmender Gräben auf die Lebensweise der Helm-Azurjungfer abgestimmt sind. Ziel derVereinbarung ist es, eine Verschlechterungdes Lebensraumes der Art zu verhindernund diesen durch freiwillige Entwick-lungsmaßnahmen zu verbessern (KREIS

MINDEN-LÜBBECKE 2003).

Dattelner MühlenbachDas individuenreiche Vorkommen derHelm-Azurjungfer am Dattelner Mühlen-bach im FFH-Gebiet Lippeaue, KreisRecklinghausen, wurde 1996 entdeckt. DiePopulation besiedelt maximal 400 Meterdes Baches unterhalb eines Mühlstaus kurzvor seiner Mündung in die Lippe. Es han-delt sich um einen naturnahen, kleinenWiesenbach in einem Grünlandbereich mitGrundwasserzufluss, der durch mehrereBaumgruppen strukturiert wird. Die Vege-tation am Bach wird vor allem von Rohr-glanzgras-Röhricht gebildet. Kleinflächi-ger wachsen in offenen Bereichen Berlen-und Bachbungen-Bestände sowie Bestän-de des Bittersüßen Nachtschattens.1996 wurde das Grünland inklusive des Baches extensiv mit Rindern beweidet.Diese Nutzung war für die Helm-Azur-jungfer optimal, da die Beweidung sowohlim Bach als auch im Umfeld für hetero-gene Strukturen sorgte. Seit mindestens1999 liegt die Fläche brach und die terres-trischen Flächen werden seit 2002 im Rah-men des Uferrandstreifenprogramms ein-mal pro Jahr gemäht und gemulcht. Diesführte dazu, dass der Bach zur Flugzeit vorallem vom Rohrglanzgras nahezu voll-ständig beschattet wurde und sich im

ehemaligen Grünland dichte Brennessel-bestände ausbreiteten, die von Coenagrionmercuriale nicht genutzt werden. Seit 2004führt die Biologische Station Kreis Reck-linghausen Mitte Mai kurz vor der Flugzeitder Libelle an Teilbereichen des Baches eine Pflegemahd durch. Weiterhin wurdenam Bach seit 2005 Gehölze beseitigt, um eine zu starke Beschattung zu verhindern.Zukünftig wäre es bedeutsam, das Umfelddes Mühlenbaches wieder als Grünland zunutzen. Optimal wäre die Wiederaufnahmeder extensiven Beweidung unter Ein-schluss des Baches.

Thielenbruch

Das Thielenbruch ist das einzige von der Art besiedelte nordrhein-westfälischeKalkflachmoor. Das Vorkommen ist seit1979 als „starke bodenständige Popula-tion“ bekannt (KIKILLUS & WEITZEL 1981).1987 wurden noch deutlich mehr als 100Imagines beobachtet (HÜBNER, unver-öffentl.). Seit 2002 konnte dagegen nurnoch eine kleinere Population mit maximal41 Individuen festgestellt werden. Das vonmehreren Kalkquellen gespeiste Flach-moor wird mit einer Wassertiefe von einembis wenigen Zentimetern sehr flach durch-rieselt (vgl. Abbildung 4). Der von der Artbesiedelte Teilbereich wird geprägt durchlückige Kleinseggen- und Binsenbestände,vor allem von der Armblütigen Sumpf-binse und der Gemeinen Armleuchteralgeals Unterwasserpflanze. Der Bereich umdas Kalkflachmoor wird von der StadtKöln durch Gehölzbeseitigung und Mahdoffen gehalten. Die Abnahme der Beständevon Coenagrion mercuriale hängt mög-licherweise mit der Verringerung derQuellschüttungen zusammen, die JUX &STEUBER (1989) in einem hydrologischen

Abb. 3: Die Ems-Talgräben in den Kreisen Gütersloh und Warendorf sind ein bedeu-tender Lebensraum der Helm-Azurjungfer. Foto: N. Menke

Page 23: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

23Natur in NRW 2/07

FFH-ArtenGutachten vor allem mit der Urbanisierungdes Umfeldes in Verbindung bringen.

AusblickDer Schutz und die Entwicklung der Vor-kommen der Helm-Azurjungfer in Nord-rhein-Westfalen sind durch die regel-mäßige Bestandserfassung und -kontrolle,die Sicherung der Lebensräume als FFH-oder Naturschutz-Gebiet sowie durch Kooperationsverträge auf einem insgesamtguten Weg. Besondere Bedeutung kommtdabei der Umsetzung einer an den An-sprüchen der Art orientierten Gewässer-unterhaltung beziehungsweise Pflege zu.Nur durch ein gezieltes Management lässtsich das Vorkommen der Helm-Azur-jungfer in Zukunft dauerhaft sicherstellen.

LiteraturBINOT, M., BLESS, R., BOYE, P., GRUTTKE, H. &PRETSCHER, P. (Bearb.) (1998): Rote Liste ge-fährdeter Tiere Deutschlands. – SR. f. Land-schaftspfl. u. Natursch. 55, 434 S..BUSSE, R. & CLAUSEN, W. (1987): Nachweis derseltenen Arten Coenagrion mercuriale undCoenagrion ornatum. – Libellula 6 (1/2): 41–42.CLAUSEN, W. (2003): Die Bestandsentwicklungvon Coenagrion ornatum in Ostwestfalen,Nordrhein-Westfalen (Odonata: Coenagrio-nidae). – Libellula 22 (1/2): 1–10.GÖCKING, C., HÜBNER, T. & RÖHR, K. (i. Dr.):Helm-Azurjungfer. – In: Libellen in Nordrhein-Westfalen.GRIES, B. & OONK, W. (1975): Die Libellen(Odonata) der Westfälischen Bucht. – Abh. Lan-desm. Naturk. 37 (1): 1–36

JUX, U. & STEUBER, T. (1989): Hydrogeologi-sches Gutachten zum Naturschutzgebiet Thie-lenbruch. – Unveröff. Gutachten, 21 S.KIEL, E.-F. (2007): Erhaltungszustand der FFH-Arten in NRW – Ergebnisse des FFH-Berichtes2001–2006. Natur in NRW 2/2007: 12–17.KIKILLUS, R. & WEITZEL, M. (1981). Grund-lagenstudien zur Ökologie und Faunistik der Libellen des Rheinlandes. – Pollichia 2, 244 S.KREIS MINDEN-LÜBBECKE (Hrsg.) (2003): DieTiefenriede – ein FFH-Projekt zum Schutz derHelm-Azurjungfer. Reihe Artenschutz Nr. 2,Broschüre.MÜLLER, A. (2003) Die Habitatstruktur derHelm-Azurjungfer, Coenagrion mercuriale(Charpentier 1840) (Odonata: Zygoptera) anden Talgräben der Ems – in den Kreisen Waren-dorf und Gütersloh – Unveröff. DiplomarbeitUni Münster, Institut für Landschaftsökologie,68 S. + Anhang.PARDEY, A., RAUERS, H. & VAN DE WEYER, K.(2004): Gräben in Nordrhein-Westfalen – Emp-fehlungen zur Unterhaltung aus naturschutz-fachlicher Sicht. – LÖBF-Mitteilungen 4/2004:40–46.RÖHR, K. (2005): Das Larval- und Reproduk-tionshabitat der Helm-Azurjungfer (Coena-grion mercuriale) im Münsterland (NRW). –Unveröff. Diplomarbeit Uni Münster, Institutfür Landschaftsökologie, 75 S. + Anhang.SCHMIDT, E. & WOIKE, M. (1999): Rote Listeder gefährdeten Libellen (Odonata) in Nord-rhein-Westfalen: 3. Fassung (Stand 1.10.1998).– In: Rote Liste der gefährdeten Pflanzen undTiere in Nordrhein-Westfalen: 3. Fassung,LÖBF-Schriftenreihe 17: 507–521.SCHNITTER, P. EICHEN, C., ELLWANGER, G.,NEUKIRCHEN, M. & SCHRÖDER, E. (2006): Emp-fehlungen für die Erfassung und Bewertung vonArten als Basis für das Monitoring nach Artikel

Anschrift der Verfasser:Christian GöckingNABU-Naturschutzstation Münsterland e.V.Zumsandestr. 1548145 MünsterE-Mail: [email protected]: www.NABU-Station.de

Norbert MenkeNABU-Naturschutzstation Münsterland e.V.Zumsandestr. 1548145 MünsterE-Mail: [email protected]: www.NABU-Station.de

Dr. Ernst-Friedrich KielLandesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV)Fachbereich 24 – Artenschutz, Vogelschutzwarte –Leibnizstr. 1045659 RecklinghausenE-Mail: [email protected]: www.lanuv.nrw.de

Thomas HübnerLandesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV)Fachbereich 23 – Biotopschutz, Vertragsnaturschutz –Leibnizstr. 1045659 RecklinghausenE-Mail: [email protected]: www.lanuv.nrw.de

ZusammenfassungDie Helm-Azurjungfer (Coenagrionmercuriale) besiedelt in NRW bevorzugtkleinere, besonnte, basenreiche und stel-lenweise detritusarme Fließgewässer imFlachland sowie ein Kalkflachmoor miteiner ausgeprägten krautreichen, abernicht zu dichten Unter- und Überwasser-vegetation. Derzeit liegen Nachweisevon zwölf eigenständigen und reproduk-tiven Vorkommen in NRW vor, von de-nen acht als FFH-Gebiet ausgewiesenworden sind. Alle Vorkommen werdenhinsichtlich des Erhaltungszustandesbewertet. Zum Schutz der Art sowie zumManagement der Gewässer werdenMaßnahmenvorschläge dargestellt undfünf Vorkommen werden ausführlicherbeschrieben.

Abb. 4: Lebensraum der Helm-Azurjungfer im NSG Thielenbruch. Foto: T. Hübner

11 und 17 der FFH-Richtlinie in Deutschland. –Berichte des LfU Sachsen-Anhalt, Sonderheft 2.SERFLING, C., ZIMMERMANN, W., BUTTERSTEDT,L. & FRITZLAR, F. (2004): Helm-Azurjungfer(Coenagrion mercuriale) und Vogel-Azurjung-fer (Coenagrion ornatum) in Thüringen. –Landschaftspflege und Naturschutz in Thürin-gen 41, Heft 1.STERNBERG, K., BUCHWALD, R. & RÖSKE, W.(1999): Helm-Azurjungfer. – In: Sternberg, K.& Buchwald, R.: Die Libellen Baden-Württem-bergs.

Page 24: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

24 Natur in NRW 2/07

Artenschutz

den. Die Spinnen leben in Wohnröhren, diein den sandigen Untergrund an größerenSteinen oder Treibgut gegraben werden(vgl. Abbildung 1). Als Beutetiere dienenam Land lebende Laufkäfer, Fliegenlar-ven, Heuschrecken und Spinnen. Das Vor-kommen der Wohnröhren orientiert sicham Gewässerrand. Die Tiere sind dort ineinem Streifen von 0,5–1,5 Metern in denSommermonaten zu finden. Zur Überwin-terung verlassen die Tiere den gewässer-nahen Bereich und legen in einer Entfer-nung von 10 bis 15 Metern vom Ufer einevor Überflutungen geschützte Überwinte-rungsröhre an einer Böschungskante an(KOMPOSCH 2003a). Bei Hochwasser ver-schließen die Spinnen die Öffnung ihrerRöhre und können in der bestehendenLuftblase unter Umständen wochenlangüberleben (BELLMANN 1997).

Auswahl derUntersuchungsstandorteAufgrund der engen Lebensraumbindungan vegetationsarme Kies- und Sandufer kamen als Suchraum für die Kartierung inerster Linie die größeren Flussläufe in

Nordrhein-Westfalen in Frage. Anhand derFlusstypenkarte NRW (LUA 2001) lassensich potentiell geeignete Regionen erken-nen, in denen die Flussufer-Wolfspinneentsprechende Habitate finden könnte.Diese befinden sich vorrangig am Rheinsowie im Mittelgebirge. Der Rhein bietetsich durch seine Größe an, da die Fließ-kraft auch größere Sedimente, Steine undTreibgut transportieren kann. Außerdemfallen in den Uferbereichen durch wech-selnde Wasserstände immer wieder größe-re Bereiche trocken. Darüber hinaus er-scheinen die Flüsse Agger und Düssel imBergischen Land sowie die Lenne, dieRuhr sowie die Sieg im Sauer- und Sieger-land geeignet, da in diesen schottergepräg-ten Flüssen permanent Steinfrachten mitdem Fließwasser abtransportiert werden.Die Eifel wurde als weiterer Suchraum ausZeitgründen ausgespart.Erste Anhaltspunkte für die konkret zu untersuchenden Standorte wurden durchLiteraturstudien, publizierte Nachweisesowie von entomologisch arbeitenden Kol-legen gewonnen. Ergänzende Hinweisewurden durch staatliche Umweltämter,

Die Wolfspinne ist streng geschütztund gilt nach der Roten Liste derWebspinnen NRW (KREUELS &

BUCHHOLZ 2006) als gefährdet. Aufgrundder speziellen Lebensraumansprüche sowieder Gefährdung wurde sie als „Zielart fürden Artenschutz in NRW“ ausgewählt (KIEL

2006). Im Auftrag des Landesamtes für Natur, Umwelt und VerbraucherschutzNRW (LANUV) wurden im Jahr 2006 allebekannten sowie potentiell geeignete Stand-orte in Nordrhein-Westfalen auf eine Be-siedlung durch die Spinne untersucht. In die-sem Rahmen wurden alle Untersuchungs-flächen nach einem einheitlichen Bewer-tungsschema beurteilt, um eine differen-zierte Gefährdungsanalyse für das zukünf-tige Management der Art zu ermöglichen.

Aussehen und BiologieMit einer Körperlänge von 12 bis 14 Milli-metern bei den Männchen und von 14 bis17 Millimetern bei den Weibchen gehörtdie Flussufer-Wolfspinne zu den größteneinheimischen Vertretern der Familie derWolfspinnen (Lycosidae). Mit ihrer kon-trastreichen, graubraunen bis gelblich-grauen Helldunkelzeichnung sind die amBoden lebenden Tiere in Ruhestellung aufdem kiesig-sandigen Untergrund ihres Habitates kaum zu erkennen (BELLMANN

1997). Die Art kommt an naturnahen, dynamischen Kies- und Sandufern vonFlüssen und Seen, sekundär auch in Sand-und Kiesabbaugebieten vor. Durch Regulie-rungsmaßnahmen vergangener Jahrzehnteist die Spinne in weiten Teilen Deutsch-lands ausgestorben (GERSTMEIER et al.1994; KOMPOSCH 2003a). An unreguliertenGewässern besiedelt die Wolfspinne vorallem die durch regelmäßige Hochwässerfrei geräumten, vegetationsfreien ufernahenBereiche (KOMPOSCH 2003a).Die Aktivitätsphase der Spinnen reicht vonMärz bis November. Von Juni bis Augustschlüpfen die Jungspinnen, überwinternund beenden ihre Reifungsphase im Spät-sommer des Folgejahres. Nach einer wei-teren Überwinterung pflanzen sich die aus-gewachsenen Tiere fort. Durch die über-lappenden Generationen sind das ganzeJahr über ausgewachsene Spinnen zu fin-

Martin Kreuels, Ernst-Friedrich Kiel

Die Flussufer-Wolfspinne in Nordrhein-WestfalenArtenschutzkonzeption für eine Zielart für den Artenschutz in NRW

Die Flussufer-Wolfspinne (Arctosa cinerea (FABRICIUS, 1777)) ist im Jahr 2007 zur „Spinne des Jahres“gekürt worden. Der ursprüngliche Lebensraum sind vegetationsarme dynamische Kies- und Sandufer an größeren Flüssen und Seen.

Abb. 1: Die Flussufer-Wolfspinne (Arctosa cinerea) vor ihrem Höhleneingang.Foto: H. Bellmann

Page 25: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

25Natur in NRW 2/07

Artenschutz

biologische Stationen, untere Landschafts-behörden und durch das LANUV bereitge-stellt. Zusätzlich wurde das geographischeSystem Google-Earth im Internet genutzt,mit dem es möglich ist, die Flüsse per Sat-telitenbild gezielt nach Schotterbänken ab-zusuchen (http://earth.google.de). Nachteildieses Systems ist, dass die Karten nichtauf dem aktuellen Stand sind und somitkein momentaner Zustand des Gewässersermittelt werden kann. Auf der Grundlagealler vorliegenden Informationen wurdeninsgesamt 53 Untersuchungsflächen aus-gewählt.Alle 53 Standorte wurden im Sommer2006 vor Ort für eine Dauer von jeweils etwa zwei Stunden abgesucht. Neben dem Umdrehen von Steinen und ange-schwemmtem Treibgut, wurden großeMengen Wasser mit einem 20-Liter-Eimerüber die Flächen geschöpft, um eventuellvorkommende Spinnen aus ihren unter-irdischen Wohnschläuchen zu treiben. Dadie Flussufer-Wolfspinne mittels Sicht-beobachtung eindeutig zu bestimmen ist,war es nicht erforderlich abtötende Boden-fallen auszubringen.

ErgebnisseIn Nordrhein-Westfalen sind bislang sechsNachweise der Flussufer-Wolfspinne ausdem Einzugsbereich des Rheins bekannt(vgl. Abbildung 2). Diese verteilen sich aufzwei unterschiedliche Standorttypen:a) Fließgewässer (entlang des Rheins):

– Rees, MTB 4204 (letzter Nachweisaus dem Jahr 1993)

– Flürener Altrhein, MTB 4305(Nachweise aus den Jahren 2005,2006) und evtl.

– Dollendorf bei Bonn, MTB 5309(letzter Nachweis aus dem Jahr 1880).

b) Stillgewässer (ohne direkten Anschlussan den Rhein): – Emmericher Ward, MTB 4103 (Nach-

weise aus den Jahren 2005, 2006),– Diersfordter Waldsee, MTB 4305

(Nachweise aus den Jahren 2004,2006) und

– Braunkohletagebau, MTB 5005 (letzter Nachweis aus dem Jahr 1982).

Drei der sechs Vorkommen konnten bei derUntersuchung im Jahr 2006 bestätigt wer-den. Bei allen drei Beständen handelt essich um sehr kleine Populationen, derenPopulationsdichte aufgrund von Ver-gleichsdaten aus anderen Gegenden alssehr gering eingestuft werden muss. FRAMENAU (1995) und KOMPOSCH (2003a)geben für Fließgewässer im Alpenraum eine maximale Dichte von 0,3 Individuenpro Quadratmeter an. Bei den nordrhein-westfälischen Standorten konnten dagegennur maximal 0,19 Individuen pro Quadrat-meter festgestellt werden.

�� ��

�� ��

�� ��

�� ��

�� ��

�� ��

�� ��

�� ��

� �

� �

�� ��

�� ��

�� ��

�� ��

�� ��

�� ��

�� ��

�� ��

� �

� �

�� ��

�� ��

�� ��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

4�,��,$�"2���$�5����

�������������

Abb. 2: Verteilung der im Jahr 2006 überprüften Standorte und bisherige Nachweise derFlussufer-Wolfspinne in Nordrhein-Westfalen. Stand: 2006, (π) Standort mit Nachweis,(∏) Standort ohne Nachweis.

Typischer Standort der Flussufer-Wolfspinne am Rhein mit vegetationsarmen dynami-schen Sand- und Kiesufern. Foto: K. Kretschmer

Page 26: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

26 Natur in NRW 2/07

ArtenschutzDie Flussufer-Wolfspinne ist aufgrund ihrerPopulationsbiologie grundsätzlich dazu inder Lage, so genannte „Meta-Populationen“zu bilden. Derartige Populationen bringenregelmäßig einen Überschuss an Tierenhervor, die durch ihr Abwanderungsver-halten oder durch Verdriftung im Jugend-stadium kleinere Initialpopulationen an anderen geeigneten Standorten entlang derFließgewässer neu begründen können(KOMPOSCH 2003b). Auf diese Weise wirddas lokale Aussterben von Teilpopulatio-nen bei Hochwasserereignissen oder ähn-lichen Katastrophen andernorts wiederaufgefangen. Angesichts der nur geringenPopulationsdichten lassen die vorliegen-den Daten für Nordrhein-Westfalen keinensolchen Populationsverbund im Sinne einer „Meta-Population“ erkennen. Da dieVorkommen entlang des Rheins außerdemständig wechselnden Wasserständen unter-liegen, besteht hier ein hohes Aussterbe-risiko. Die Stillgewässer-Populationen sindderartigen Widrigkeiten zwar nicht aus-gesetzt. Daraus lässt sich jedoch nicht fol-gern, dass diese Vorkommen „sicherer“wären. An den Stillgewässern fehlen dienatürlichen Hochwasserereignisse, durchdie der Aufwuchs auf den ufernahen Kies-und Schotterflächen regelmäßig entferntwird. Daher entstehen durch natürlicheSukzession im Bereich der Uferpartien zu-nehmend beschattete und damit für dieFlussufer-Wolfspinne ungeeignete Lebens-räume. Insofern unterliegen auch die Bestände an den Stillgewässern einem er-höhten Aussterbe-Risiko.Die im Jahr 2006 durchgeführten Begehun-gen an bislang unbekannten Standorten imSauerland ergaben keine neuen Nach-weise. Noch auf drei bis vier Jahre altenLuftbildern deutlich zu erkennende größereKies- und Schotterbänke entlang der Ruhrbei Neheim-Hüsten und bei Wickede sindheute vollständig bewachsen und beschattet.Hierfür verantwortlich sind offenbar dieRegulierung der Flüsse durch Stauwehresowie das Ausbleiben stärkerer Hochwäs-ser in den vergangenen Jahren. Demzu-folge muss die Flussufer-Wolfspinne fürdas Sauerland mittlerweile als ausgestor-ben angesehen werden.

Bewertung des Erhaltungs-zustandes der StandorteUm eine differenzierte Gefährdungsanalysefür das zukünftige Management der Art inNordrhein-Westfalen zu ermöglichen, wurdefür alle Untersuchungsstandorte der aktu-elle Erhaltungszustand ermittelt. Hierzuwurde in Anlehnung an das bundesweiteBewertungsverfahren für die Arten derFlora-Fauna-Habitatrichtlinie (FFH-Arten)(SCHNITTER et al. 2006) ein spezieller Kri-terienkatalog für die Flussufer-Wolfspinneausgearbeitet. Für die drei Hauptkriterien„Zustand der Population“, „Habitatqua-lität“ und „Beeinträchtigungen“ wurden

alle für das Vorkommen der Art relevantenTeilkriterien zusammengestellt und jeweilsdrei Wertstufen zugeordnet (vgl. Tab. 1).Die Einstufung „A“ steht für einen hervor-ragenden, „B“ für einen guten und „C“ füreinen mittleren bis schlechten Erhaltungs-zustand. Der ABC-Bewertungsbogen kannim Internet im „Fachinformationssystem(FIS) Geschützte Arten in NRW“ (www.naturschutz-fachinformationssysteme-nrw.de/natura2000/streng_gesch_arten/) auf derentsprechenden Art-Seite unter dem But-ton „Kartierung“ heruntergeladen werden.Bei einer getrennten Auswertung nach denTeilkriterien ergibt sich ein differenzierte-res Gesamtbild für die 53 Untersuchungs-standorte (vgl. Abbildung 3). Bezüglichder Habitatqualität wird das mögliche Vor-kommen der Flussufer-Wolfspinne in NRWvor allem durch vergleichsweise ungeeig-nete Bodensubstrate sowie durch eine eherungünstige Topographie des Ufers einge-schränkt. Nur bei 17 Standorten (32 Pro-zent) wurden die Bodensubstrate mit her-vorragend bewertet. Ebenso sind die Ufer-breite, die Höhe der Böschungskante so-wie die Entfernung der Böschungskantevom Wasser an weniger als einem Drittelder Standorte optimal ausgeprägt. Dabeierweist sich insbesondere die Höhe derBöschungskante an 13 Standorten (25 Pro-zent) als deutlich zu hoch und wird damitals schlecht bewertet. Ein überwiegendhervorragender Erhaltungszustand bestehtdagegen bei den Teilkriterien Bodenfeuch-tigkeit und Vegetationsbedeckung (>60Prozent der Standorte) sowie beim Gefälle

des Ufers und bei der Besonnung (>80 Pro-zent). Innerhalb der Beeinträchtigungenbefinden sich die vier Teilkriterien Frei-zeitnutzung, Wellenschlag, Viehtritt undSukzession bei über der Hälfte aller Stand-orte noch in einem hervorragenden Erhal-tungszustand. Allerdings zeigt sich, dassbereits bei 10 Standorten (18 Prozent) eineungehinderte Sukzession zu massivenHabitatverlusten geführt hat.

Management-KonzeptFür den zukünftigen Erhalt der Flussufer-Wolfspinne in Nordrhein-Westfalen be-steht ein großer Handlungsbedarf bei derUmsetzung geeigneter Management-Kon-zepte. Auf Grundlage der vorliegendenDaten lassen sich die folgenden Schutz-ziele und Pflegemaßnahmen vorschlagen:

Schutz aller aktuellen Vorkommen so-wie regelmäßige Kontrolle im Rahmeneines Monitorings. Gezielte Nachsucheder Art in Kiesgruben und in Tagebau-flächen westlich des Rheins.Entwicklung geeigneter Lebensräumeim Bereich der bestehenden Populatio-nen (dynamische Ufer an Flüssen, Seenund Abgrabungsgewässern mit vegeta-tionsarmen Kies- und Schotterbänken).Umsetzung von Pflege- und Entwick-lungsmaßnahmen zur Verhinderung derSukzession:– behutsames Freistellen von zuge-

wachsenen, zu stark beschattetengewässernahen Kies- und Schotter-bänken,

Tab. 1: ABC-Bewertungsmatrix zur Ermittlung des Erhaltungszustandes von Standortender Flussufer-Wolfspinne in Nordrhein-Westfalen

Habitatqualität A Hervorragend B Gut C Mittel bis Schlecht

BodensubstratMischung aus nur Sand befestigterSand und Kies ODER nur Kies Untergrund

Bodenfeuchtigkeit trocken feucht nass

Gefälle des Ufers leicht ansteigend steil ansteigendUferkante direkt

am Wasser

Breite des Ufers 1–5 m > 5 m < 1 m

Höhe der Böschungskante ~ 1 m 0–1 m > 1 m

Entfernung der Böschungs-kante vom Wasser

< 10 m 10–20 m > 20 m

Besonnung (täglich) > 10 Stunden 5–10 Stunden < 5 Stunden

Vegetationsbedeckung < 10% 10–50% > 50%

Zustand der Population A Hervorragend B Gut C Mittel bis SchlechtPopulationsgröße(Anz. nachgewiesener Tiere)

> 5 Tiere 2–4 Tiere 1 Tier

Beeinträchtigungen A Keine bis gering B Mittel C DeutlichFreizeitnutzung(z.B. Badebetrieb)

nicht erkennbar erkennbar deutlich erkennbar

Wellenschlag durch Schiffe/Boote

nicht erkennbar erkennbar deutlich erkennbar

Viehtritt nicht erkennbar erkennbar deutlich erkennbar

Sukzession im Lebensraum auf absehbare Zeit mittelbar von Sukzession ist nicht gefährdet Sukzession bedroht ungehindert ODER(z.B. schutz- (z.B. Pflege in 3–5 Jahren massiver Habitat-

verträgliche Nutzung nötig) Teilfläche verlust durch oder sichergestellte durch unverträgliche unverträgliche

Pflege) Nutzungen verloren Nutzung

Page 27: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

27Natur in NRW 2/07

Artenschutz

– Ausbringen von Geröll oder Holz-brettern, um Versteckmöglichkeitenzu bieten,

– ggf. behutsames maschinelles Offen-halten von Rohbodenstellen und vegetationsarmen Flächen durch Abschieben des Oberbodens.

LiteraturBELLMANN, H. (1997): Kosmos-Atlas Spinnen-tiere Europas. Stuttgart, Kosmos.FRAMENAU, V. (1995): Populationsökologie undAusbreitungsdynamik von Arctosa cinerea(Araneae, Lycosidae) in einer alpinen Wild-flusslandschaft. Diplomarbeit Marburg: 117.GERSTMEIER, R., D. BOOCKHAGEN & C. MICHEL

(1994): Ökologisch-faunistische Untersuchun-gen zur Bemessung und Pflege von Uferstreifenan Fließgewässern im Voralpengebiet. Verhand-lungen der Gesellschaft für Ökologie 23: 221–230.

KIEL, E.-F. (2006): Das Zielartenkonzept fürden Artenschutz in NRW als ein Beitrag zur nationalen Biodiversitätsstrategie. NUA-Heft20: 5–11.KOMPOSCH, C. (2003a): Die Flussufer-Riesen-wolfspinne (Arctosa cinerea, Arachnida: Ara-neae: Lycosidae) in Österreich. Kärtner Natur-schutzberichte 8: 65–75.KOMPOSCH, C. (2003b): Wiederansiedlungspro-jekt der Flussufer-Riesenwolfspinne (Arctosacinerea). Bericht, Graz, Ökoteam: 1–10.KREUELS, M. & S. BUCHHOLZ (2006): Ökologie,Verbreitung und Gefährdungsstatus der Web-spinnen Nordrhein-Westfalens: Erste überarbei-tete Fassung der Roten Liste der Webspinnen(Arachnida: Araneae) mit ergänzenden ökologi-schen Angaben, ihrer Verbreitung in Nordrhein-Westfalen und den neuen Vorgaben des BfNzum Gefährdungsstatus. Havixbeck, VerlagWolf & Kreuels.LANDESAMT FÜR NATUR, UMWELT UND VER-BRAUCHERSCHUTZ NRW (LANUV) (2007):

0%

20%

40%

60%

80%

100%

Bo

de

nsu

bstr

at

Bo

de

nfe

uch

tig

ke

it

Ge

fälle

de

s U

fers

(U

)

Bre

ite

de

s U

fers

(U

)

he

.Bö

sch

un

gska

nte

(B)

En

tfe

rnu

ng

(U

) zu

(B

)

Be

so

nn

un

g

Ve

ge

tatio

nsb

ed

ecku

ng

Fre

ize

itn

utz

un

g

We

llen

sch

lag

Vie

htr

itt

Su

kze

ssio

nA B C

Habitatqualität1 N = 53

Beeinträchtigung2

Anschriften der Verfasser:Dr. Martin Kreuels, AraDetAlexander-Hammer-Weg 948161 MünsterE-Mail: [email protected]: www.aradet.de

Dr. Ernst-Friedrich KielLandesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV)Fachbereich 24 – Artenschutz, Vogelschutzwarte –Leibnizstr. 1045659 RecklinghausenE-Mail: [email protected]: lanuv.nrw.de

ZusammenfassungIm Auftrag des Landesamtes für Natur,Umwelt und Verbraucherschutz NRW(LANUV) wurden im Jahr 2006 insge-samt 53 Standorte auf ein möglichesVorkommen der Flussufer-Wolfspinneuntersucht. Von den bislang bekanntensechs Vorkommen konnten drei Popula-tionen am Unteren Niederrhein bestätigtwerden. Im Bergischen Land sowie imSieger- und Sauerland konnte keinNachweis erbracht werden. Zur Ermitt-lung des Erhaltungszustandes der Stand-orte für die Flussufer-Wolfspinne wurdein Anlehnung an das FFH-Bewertungs-verfahren eine ABC-Bewertungsmatrixentwickelt. Die Auswertung der Datenergab vergleichsweise ungünstige Be-wertungen beim Bodensubstrat, bei derTopographie des Ufers sowie bezüglichder Sukzession der Standorte. Aus derGefährdungsanalyse werden Maßnah-men für das zukünftige Management derFlussufer-Wolfspinne in NRW abgeleitet.

Typischer Standort der Flussufer-Wolfspinne an einem Abgrabungsgewässer mit Sand-und Kiesuferbereichen. Foto: K. Kretschmer

Fachinformationssystem (FIS) „Geschützte Arten in NRW“.http://www.naturschutz-fachinformations-systeme-nrw.de/natura2000/streng_gesch_arten/, Zugriff am 3. 4. 2007.LANDESUMWELTAMT NORDRHEIN-WESTFALEN

(LUA) (2001): Leitbilder für die mittelgroßenbis großen Fließgewässer in Nordrhein-West-falen – Flusstypen. LUA Merkblatt 34: 1–131.SCHNITTER, P. et al. (2006): Empfehlungen fürdie Erfassung und Bewertung von Arten als Basis für das Monitoring nach Artikel 11 und 17 der FFH-Richtlinie in Deutschland. Berichtedes LfU Sachsen-Anhalt, Sonderheft 2.

Abb. 3: Erhaltungszustand der 53 Untersuchungsstandorte dif-ferenziert nach den Teilkriterien der ABC-Bewertungsmatrix fürdie Flussufer-Wolfspinne (vgl. Tab. 1).1Habitatqualität, A: hervorragend, B: gut, C: mittel bis schlecht; 2Beeinträchtigungen, A: keine bis gering, B: mittel, C: deutlich.

Page 28: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

28 Natur in NRW 2/07

Naturschutz und Recht

Das Landesforstgesetz (LFoG) Nordrhein-Westfalen bestimmt in § 2 Abs. 1: „DasBetreten des Waldes zum Zwecke der Erholung ist auf eigene Gefahr gestattet,soweit sich nicht aus den Bestimmungendieses Gesetzes oder aus anderen Rechts-vorschriften Abweichungen ergeben.“Abs. 2: „Absatz 1 gilt sinngemäß auch fürdas Radfahren, ausgenommen die Benut-zung motorgetriebener Fahrzeuge, unddas Fahren mit Krankenfahrstühlen aufStraßen und festen Wegen.“Die Regelung in § 2 Abs. 1 LFoG ist eineKonkretisierung der Rahmenvorschrift in§ 14 Abs. 1 Satz 3 Bundeswaldgesetz(BWaldG), wonach das Betreten des Wal-des „auf eigene Gefahr“ geschieht.“ Da § 14 Abs. 1 Satz 3 BWaldG eine Bundes-regelung ist und § 2 Abs. 1 LFoG eineKonkretisierung darstellt, wirkt sich dieHaftungsbeschränkung in § 2 Abs. 1 LFoGauch auf § 823 BGB aus, der von derRechtsprechung dahingehend ausgelegtwird, dass der Waldbesitzer für wald-typtische Gefahren im Wald und auf Wald-wegen grundsätzlich nicht haftet.

Neben der zitierten Regelung im Forstge-setz regelt das Landschaftsgesetz NRW(LG) das Reiten im Wald. Im § 50 Abs. 2LG ist dazu bestimmt, dass nur auf ausge-wiesenen Reitwegen geritten werden darf.Wo keine Reitwege ausgewiesen sind, darfauf allen Wegen geritten werden, die nichtals Wanderwege oder als Sport- oder Lehr-pfade gekennzeichnet sind. Ergänzend istin § 3 Abs. 1 Satz 2 LFoG geregelt, dassdas Reiten im Wald verboten ist, soweit esnicht nach den Bestimmungen des Land-schaftsgesetzes gestattet ist oder hierfürnicht eine besondere Befugnis vorliegt.Dementsprechend sind die haftungsrecht-lichen Vorgaben für das Betreten des Waldes auch auf das Reiten anzuwenden.

ForstpolitikIn landesgesetzlichen Regelungen habenalle Bundesländer der BundesrepublikDeutschland das allgemeine Waldbetre-tungsrecht für Erholungszwecke im Rah-men von § 14 BWaldG bestätigt und wei-tergehende Einzelheiten festgelegt (z. B.schon in der Erstfassung des Landesforst-

Bei weitreichender richterlicher Aus-legung der Verkehrssicherungs-pflicht und Haftung des Grund-

eigentümers entstehen für alle Waldbe-sitzarten hohe finanzielle Belastungendurch regelmäßig erforderliche Kontrollenund praktische Sicherungsmaßnahmen.Aus Sicht des Naturschutzes wird durchintensive und weitreichende Verkehrs-sicherungsmaßnahmen im Wald vor allemdie erwünschte Anreicherung mit Altwald-und Totholzelementen behindert. Eine ge-setzliche Klarstellung und Begrenzung der Verkehrssicherungspflicht im Waldkönnen nach Auffassung des Arbeitskrei-ses Waldbau und Naturschutz NRW der-artige negative Entwicklungen vermeiden.Bleiben diese Klarstellungen aus, ist damitzu rechnen, dass insbesondere private undkommunale Waldbesitzer Alt- und Totholznicht mehr dulden, Einschränkungen desWaldbetretungsrechtes fordern, Wander-,Rad- und Reitwege nicht mehr akzeptie-ren, deren Neuausweisungen wo immermöglich behindern und zunehmend Wegefaktisch sperren.

RahmenbedingungenAllgemeine Rechtslage

Grundsätzlich gilt im Verkehr die allge-meine Rechtspflicht, Rücksicht auf anderezu nehmen und diese nicht zu gefährden.Die gängige Rechtssprechung geht davonaus, dass der Grundstückseigentümer, dereine Gefahrenquelle schafft oder unterhält,nach Lage der Verhältnisse erforderlicheund zumutbare Vorkehrungen treffenmuss, um andere Personen zu schützen.Diese Verkehrssicherungspflicht (VSP) istfür den Wald nicht speziell gesetzlich ge-regelt, sondern ergibt sich aus § 823 BGBund wird durch Gerichtsurteile konkreti-siert. Es muss folglich in jedem Einzelfallunter Berücksichtigung aller Umstände dieFrage der Haftung geprüft werden. DerWaldbesitzer haftet also bei durch seinenWald entstandenen Schadereignissen,wenn ihm eine Verletzung seiner Verkehrs-sicherungspflicht vorgeworfen werdenkann.

Arbeitskreis Waldbau und Naturschutz NRW

Gesetzliche Regelungen zurVerkehrssicherungspflicht imWaldAlt- und Totholz sind heute nicht nur aus Naturschutzsicht gewünschte Elemente des Wirtschaftswaldes.Unter dem Aspekt der Verkehrssicherheit im Wald sind damit allerdings sowohl für den Waldbesucherals auch für den Waldbesitzer zusätzliche Risiken verbunden, deren mögliche Rechtsfolgen hinsichtlichder Gefahrenabwehr und Haftung ein sehr diffuses Bild ergeben.

Sturmschäden ein ständiges Thema im Wald. Foto: M. Wengelinski

Page 29: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

29Natur in NRW 2/07

Naturschutz und Rechtgesetzes NRW im Jahre 1969 und des Bun-deswaldgesetzes im Jahre 1975). Als Aus-gleich für das allgemeine Waldbetretungs-recht wurde den Waldbesitzern eine Bei-hilfe zur Waldbrandversicherung gewährt,diese ist inzwischen weggefallen. Die Ver-pflichtung der Forstbehörden zum Einsam-meln von Abfällen im Wald (§ 6a LFoG)sowie der Anspruch auf Schadensbeseiti-gung ist ebenfalls als Ausgleich für die all-gemeine Öffnung des Waldes zu verstehen.Eine wesentliche Rolle bei der Zustim-mung zum allgemeinen Waldbetretungs-recht spielte auch die Zusage der öffent-lichen Hand, Rat und Anleitung kostenloszur Verfügung zu stellen.In § 6 des Gesetzentwurfes zur Erhaltungund Förderung des Waldes, Bundestag, 5. Periode vom 20. 5. 1969 heißt es noch:Ersatz von Aufwendungen – „Macht derWaldbesitzer wegen der Regelung in §§ 4und 5 zusätzliche Aufwendungen für denSchutz des Waldes, insbesondere die Ab-deckung erhöhter Waldbrandgefahr, fürden Ausgleich von Schäden oder die Be-seitigung von Verunreinigungen oder zurSicherheit der Waldbesucher (geltend), sosind die Aufwendungen zu ersetzen, soweitdie nach Landesrecht zuständige Behördesie vorher als erforderlich anerkannt hat.“

Waldbewirtschaftung und NaturschutzDie waldbauliche Situation hat sich inso-fern geändert, als bei den gängigen, meistnaturnah ausgerichteten Waldbaukonzep-ten die Vermehrung von Alt- und Totholzausdrücklich erwünscht ist. Insbesonderestehende absterbende Bäume und stehen-des sowie liegendes Totholz sollen mög-lichst dauerhaft Bestandteil des Waldessein.

Nach § 1b Nr. 11 LFoG sind ausreichendeAlt- und Totholzanteile als Kennzeichenordnungsgemäßer Forstwirtschaft gesetz-lich gefordert.Finanzielle Anreize (Förderprogramme,Ökopunkte) sollen den Erhalt von Alt- undTotholz fördern. Forstliche Zertifizierun-gen, wie beispielsweise PEFC und FSC,fordern dessen Erhalt.In manchen Schutzgebiets-Verordnungenist der Erhalt von Alt- und Totholz sogargeboten.Die Bemühungen zum Schutz von Alt- undTotholz stehen in deutlichem Widerspruchzu der Vermeidung von Gefahren, sindaber wesentlicher Bestandteil zeitgemäßerWaldbewirtschaftung.

ErholungsnutzungDer Wald wird zunehmend und umfassen-der durch Erholungssuchende genutzt.Touristische Anbieter werben aktiv mit denWohlfahrtswirkungen des Waldes. Darananknüpfend bieten touristische Unterneh-mungen organisierte Veranstaltungen an.Neue Trendsportarten und Outdoor-Akti-vitäten, wie zum Beispiel Mountainbiking,beanspruchen Wälder und drängen auchabseits der Wege in noch unerschlosseneGebiete.Im Gegensatz dazu steht, dass oftmalsWaldbesitzer bei der Markierung von Wegen nicht einbezogen werden, gleich-zeitig wird aber nach weit verbreiteter Auf-fassung eine erhöhte Verkehrssicherungs-pflicht für sie ausgelöst. Waldbesitzer müssen den Verkehr dulden.Mit der vermehrten Nutzung des Waldesals Erholungsraum geht auch eine Verän-derung der Verhaltensweise der den Waldnutzenden Menschen einher. Oftmals sindErholungssuchende nicht mehr in der Lage

oder willens, natürliche Gefahren wie Wet-terunbilden oder unmittelbar vom Waldausgehende Gefahren (zum Beispiel Ast-bruch, Baumsturz, schlechter Wegezu-stand) zu erkennen und entsprechend zureagieren. Außerdem ist die Klagebereit-schaft gegen die als Störungen empfunde-nen vorbenannten Sachverhalte gestiegen(„Vollkaskomentalität“).

Wirtschaftliche Situation der ForstwirtschaftDie wirtschaftliche Situation der Forstbe-triebe hat sich im vergangenen Jahrzehntdramatisch verschlechtert. Dies führt aufmanchen Flächen zur Aufgabe der forst-lichen Bewirtschaftung. Als Folge stehenweniger Geld und Zeit, zum Beispiel auchfür Wegeunterhaltung und regelmäßigeBaumkontrollen, zur Verfügung.Parallel dazu ist die Bereitschaft der Wald-besitzer gesunken, die Wohlfahrtswirkun-gen mit der Erholungsfunktion des Waldesunentgeltlich sicherzustellen.

Konsequenzen hinsichtlich der VerkehrssicherungspflichtDurch die vorstehend beschriebenen Ent-wicklungen erhöht sich das Gefährdungs-potential für Waldbesucher insbesonderedurch Alt- und Totholz.Die Anforderungen an Waldbesitzer be-züglich regelmäßiger Verkehrssicherungs-maßnahmen an öffentlichen Straßen sindderzeit recht klar (zweimalige Kontrollepro Jahr).Die Anforderungen zur Verkehrssiche-rungspflicht im Walde auf für Fußgänger,Radfahrer und Reiter zugelassenen Wegensowie innerhalb der Waldbestände sind jedoch sehr unübersichtlich. Insbesondere

Altbuchen mit Buchensterben. Foto: J. Röhl

Totbuche mit Baumpilzbesatz.Foto: M. Wengelinski

Page 30: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

30 Natur in NRW 2/07

Naturschutz und Recht

die gesetzliche Formulierung, dass das Betreten des Waldes zum Zwecke der Er-holung auf eigene Gefahr gestattet ist,führt immer wieder zu Interpretations-schwierigkeiten.Unstrittig ist, dass für atypische, nicht vomWald als natürlichem Ökosystem aus-gehende, sondern durch aktives Handelnbeziehungsweise Gestalten geschaffeneGefahren (beispielsweise bauliche An-lagen wie Bachstege, Sitzbänke, Schutz-hütten und Spielgeräte, aber auch Wege-schranken, Holzstapel und Abgrabungen)der Waldbesitzer bei Eintreten einesSchadereignisses und eigenem Verschul-den haftet.

Darüber hinaus ist oftmals auch strittig,wieweit die Haftung des Waldbesitzers fürtypische Waldgefahren trotz der gesetz-lichen Einschränkung des Betretens auf eigene Gefahr reicht. Diese Rechts-unsicherheit wird in einer Vielzahl teils widersprüchlicher Gerichtsurteile deut-lich. Unter typischen Waldgefahren wer-den nach herrschender Rechtsmeinung dieGefahren verstanden, die vom Wald alsnatürlichem Ökosystem ausgehen bezie-hungsweise sich durch die Art der forst-lichen Bewirtschaftung mehr oder minderzwangsläufig ergeben. Hierzu können bei-spielsweise Astbruch, Baumsturz, herab-fallende Baumfrüchte, hervorstehendeWurzeln oder auch tiefe Fahrspuren inWaldwegen gehören. Diese waldtypischenGefahren sind gleichzusetzen mit anderennaturtypischen Gefahren wie zum BeispielSteinschlag im Gebirge und an Steilküstenoder Strömung und Wellenschlag von Ge-wässern.

EmpfehlungenDie vorliegenden Gerichtsurteile in Scha-densersatz- und Strafverfahren, die mitVerkehrssicherungsfragen zusammenhän-gen, erzeugen für Waldbesitzer und Wald-besucher gleichermaßen Rechtsunsicher-heit. Die forstökologisch und naturschutz-fachlich gewünschte Waldentwicklung sowie die notwendige Entlastung derWaldbesitzer lassen sich durch rechtlicheKlarstellungen zu Inhalten und Grenzender Verkehrssicherungspflicht ohne Ein-schränkungen des allgemeinen Waldbe-tretungsrechts erreichen. Der ArbeitskreisWaldbau und Naturschutz NRW empfiehltdaher dringend nachstehende zusätzlicheKlarstellungen zur Verkehrssicherungs-pflicht im Wald durch den Gesetzgeber:

Der Begriff „auf eigene Gefahr“ bedarf derKlarstellung. Hierzu sollen Regelbeispielefür eine waldtypische Gefahr, für die derGrundeigentümer grundsätzlich nicht haf-tet, in der gesetzlichen Regelung des Be-tretungsrechtes ausdrücklich benannt wer-den. Dies könnte durch eine Ergänzung des § 2 Absatz 1 des LandesforstgesetzesNordrhein-Westfalen in folgender Formgeschehen:„Das Betreten des Waldes geschieht imHinblick auf natur- und waldtypische Ge-fahren auf eigene Gefahr. Zu den natur-und waldtypischen Gefahren zählen insbe-sondere solche, die von lebenden und totenBäumen, sonstigem Aufwuchs oder natür-lichem Bodenzustand ausgehen oder ausder ordnungsgemäßen Bewirtschaftungdes Waldes entstehen.“Die notwendigen bundesrechtlichen Rah-menbedingungen für die Wirksamkeit einer solchen Regelung müssen geschaffenwerden. Insbesondere muss durch eine ent-sprechende Initiative zur Änderung desBundeswaldgesetzes erreicht werden, dassein räumlicher Haftungsausschluss für allemarkierten Wander-, Rad- und Reitwegeerreicht wirdAus gesetzlichen Vorgaben darf sich aufkeinen Fall eine Verpflichtung für denWaldbesitzer herleiten, qualifiziertes Per-sonal für die Kontrolle der Verkehrssicher-heit vorhalten oder bezahlen zu müssen.

ZusammenfassungZwischen der Nutzung des Waldes zumZwecke der Erholung und Natur-schutzzwecken kann es im Walde wegenungeklärter Fragen zur Verkehrssiche-rungspflicht zu Zielkonflikten kommen.Insbesondere werden Waldbesitzerdurch eine nicht immer voll nachzuvoll-ziehende Rechtslage verunsichert. DerBeitrag beschreibt die Situation und gibtEmpfehlungen, wie durch eine Ände-rung des Landesforstgesetzes mehrKlarheit geschaffen werden kann undzeigt weitere Schritte auf, wie auf Bundesebene dazu beigetragen werdenkann, den Zielkonflikt aufzulösen.

Anschrift der VerfasserArbeitskreis „Waldbau und Naturschutz“des Landesbetriebes Wald und Holz und der Landesgemeinschaft Naturschutzund Umwelt NRW (LNU)c/o FD i. P. Johannes RöhlE-Mail: [email protected]

Weitere Mitarbeiter des Arbeitskreisesbei dieser Thematik waren:FD Helmut Ahlborn, Dr. Stefan Kisteneich, Dr. Michael Röös

Sturmschaden an Fichte.Foto: M. Wengelinski

Buchen und Fichtennaturverjüngung unter Altbuchen. Foto: J. Röhl

Page 31: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

31Natur in NRW 2/07

Naturschutz und Recht

bauern ist auch daran gelegen, für die Nut-zung ihres Waldes, die im Interesse des lokalen oder regionalen Tourismus erfolgt,ebenfalls einen wirtschaftlichen Vorteil zu erlangen. Hier ist die jüngste – nach-folgend abgedruckte – Vereinbarung (sieheSeite 32ff. in diesem Heft) zwischen Wald-bauernverband NRW, dem Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband, Um-weltministerium NRW, LandesbetriebWald und Holz NRW sowie den Natur-parken und Kreisen des Sauerlandes ein interessanter Schritt.

Anschrift des VerfassersHorst FreseNatur- und Umweltschutz-Akademie NRWSiemensstr. 545659 RecklinghausenE-Mail: [email protected]

In Heft 4/2006 der LÖBF-Mitteilungenist im Zusammenhang mit der Thema-tik der Verkehrssicherheitspflicht eine

Rahmenvereinbarung zum Haftungsaus-schluss der Waldeigentümer zu Lasten derKommunen vorgestellt worden, bezogenauf die geplanten Sauerland-Fernwander-wege „Sauerland Höhenflug“ und „Sauer-land Waldroute“. Inzwischen gibt es wei-tere Neuigkeiten zu diesem hoch aktuellenThema:Im Prozess einer durch den Abbruch einesschweren Astes schwer verletzten Rad-fahrerin auf einer öffentlichen Straße hatdas Oberlandesgericht (OLG )Hamm dieVerschuldenshaftung des Waldeigentümersgegenüber der verletzten Radfahrerin be-stätigt mit dem Hinweis, dass auf den Fallnicht die allgemeinen Regeln über die Ver-kehrssicherungspflicht des Eigentümersvon Waldbäumen gelten, wonach dieserfür typische Waldgefahren nicht hafte.Hingegen würden die schärferen Regelnüber die Verkehrssicherungspflicht des Eigentümers von Straßenrandbäumen anöffentlichen Straßen gelten. Für die Rad-fahrerin selbst sei das Abbruchrisiko hin-gegen nicht vorhersehbar gewesen.Nicht behandelt wurde vom OLG die Frage,ab wann von einer öffentlichen Straße, voneinem öffentlichen Weg auszugehen ist.Wegen der speziellen Fallgestaltung (Rad-fahren auf öffentlichen Straßen an Wald-rändern entlang) hatte das Gericht keinenGrund, auf das Thema einzugehen, in wel-chem Umfang zum Beispiel bei Wanderernvon der freiwilligen Übernahme eines haftungseinschränkenden / haftungsaus-schließenden Risikos bei der Benutzungöffentlicher Waldwege beziehungsweiseWanderwege / Wanderpfade auszugehenist.Zur Verringerung der Unsicherheiten über die Rechtslage bei möglichen Ziel-konflikten zwischen Waldbauern und Erholungssuchenden/Wanderern empfiehltder Arbeitskreis (AK) Waldbau und Natur-schutz NRW gesetzliche Regelungen auf Landes- und Bundesebene gegenüberWanderern, wie in nachfolgendem Beitragdargestellt.Doch das Thema „Verkehrssicherungs-pflicht“ ist nur der eine Aspekt. Den Wald-

Horst Frese

Einführung: Waldbauern und WanderweltNeueste Entwicklung in der Diskussion zur Benutzung öffentlicher Waldwege

Im Interesse einer strukturierten Tourismusförderung soll teilweise das derzeit vor-handene Wegenetz zugunsten einer Konzentration auf ausgewiesene Qualitätswege (z.B. Themenwege) reduziert werden. Qualität soll hier vor Quantität gehen. Das Bildstellt die feierliche Einweihung des 13. Steines der Heidenstraße in Meinerzhagen-Valbert, im Beisein einer verkleideten Jakobus-Pilgerin dar. Foto: H. Frese

Page 32: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

32 Natur in NRW 2/07

Naturschutz und Recht

Randbäume von Wäldern an öffentlichen Straßen unterliegen der gleichen Verkehrssicherungspflicht wie StraßenbäumeZusammenfassende Darstellung eines Teils des Urteils des OLG Hamm vom 30.03.2007 (13 U 62/06)

Eine Fahrradfahrerin war auf einer öffentlichen Straße durch den Abbruch eines Stämmlings einer Rotbuche gestürzt, mit der Folge einer dauernden Querschnittslähmung. Die auf dem Waldgrundstück eines privaten Forstbetriebs stehende Buchebefindet sich etwa 9 bis 10 Meter weit von dem von der Fahrradfahrerin genutzten öffentlichen Weg. Sie besteht aus drei Stämm-lingen. Der abgebrochene Stämmling ragte im Winkel von circa 45 Grad weit über die Straße zum gegenüberliegenden Feld.Gutachter hatten nachträglich festgestellt, dass im Abbruchbereich des Buchenstammes die gefährlichste Ausbildung eines so genannten Druckzwiesels (ohne Ohren) vorhanden gewesen war. Sie werteten Druckzwiesel als Defektsymtome und waren derAuffassung, dieser Druckzwiesel hätte für die Verkehrssicherungspflichtigen erkennbar sein müssen. Das Landgericht kam zu derÜberzeugung, dass das Nichterkennen des Druckzwiesels eine Fahrlässigkeit bedeutet.Gemäß § 831 BGB sei das Verhalten der die Baumaufsicht wahrnehmenden Förster dem Forstbetrieb als Erfüllungsgehilfen zuzurechnen. Der Geschäftsherr müsse sich von den Fähigkeiten, der Eignung und der Zuverlässigkeit seiner Verrichtungsgehilfenüberzeugen. Neben der sorgfältigen Auswahl sei die fortgesetzte Prüfung geboten, ob der Angestellte noch zu den Verrichtungenbefähigt sei. Es sei der Nachweis fortdauernder, planmäßiger Kontrollen erforderlich. Eine Überprüfung durch Vorlage von Berichten sowie durch Einrichten eines geeigneten Wiedervorlagesystems sei nicht ausreichend. Das Gericht hielt dem Geschäftsherrn insbesondere vor, dass er offensichtlich keine Anweisung an seine jeweiligen Revierförster dahingehend erteilthabe, auf Druckzwiesel als Defektsymtom eines Baumes zu achten.Das OLG bestätigt insoweit die Ausführungen des LG und führt ergänzend aus:Hier gehe es nicht um die allgemeine Frage der Verkehrssicherungspflicht von Waldeigentümern gegenüber Personen, die sich –vom Eigentümer nach der Gesetzeslage geduldet – unter Ausübung des Waldbetretungsrechts im Wald aufhalten. Vielmehr handele es sich hier um einen Randbaum an einer öffentlichen Straße. Dafür gelten die Grundsätze, die für die Sicherheit anStraßenbäumen entwickelt wurden. Diese sehen eine äußere Sichtprüfung bezogen auf die Gesundheit und Standsicherheit zweimal jährlich im belaubten und unbelaubten Zustand vor. Hierbei sei es unerheblich, wie groß die Zahl der Randbäume desWaldeigentümers sei. Denn Sicherheitsunterschiede für Straßenbenutzer könnten in der Kulturlandschaft nicht hingenommenwerden.Der Baum habe schon durch seinen Wuchs und sein äußeres Erscheinungsbild (überhängender schwerer Ast, Zwiesel ohne Ohren), Rissbildung auf der Rückseite, Anzeichen für Fäulnis und Anzeichen für Pilzbefall) ein besonderes Gefahrenpotenzialverraten. Es habe sich deswegen für den Waldeigentümer um eine vorhersehbare Gefahr gehandelt. Er hätte so weit in den Baum-bestand hineingehen müssen, dass alles, was erforderlich ist, gegebenenfalls gesehen werden konnte. Für die Fahrradfahrerin hingegen sei das Abbruchrisiko des Stämmlings nicht annähernd erkennbar oder vorausschauend in ihr Vorstellungsbild aufzu-nehmen gewesen, auch wenn der schwere Stämmling über dem Weg hing. Die Radfahrerin habe sich nicht in ein natürliches, vonnatürlichen Gefahren geprägtes Umfeld begeben, damit also kein haftungseinschränkendes oder gar haftungsausschließendes Risiko übernommen.

H. Frese

G r u n d s a t z v e r e i n b a r u n g

zwischen

dem Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (MUNLV),

dem Waldbauernverband Nordrhein-Westfalen e.V. (WBV), dem Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband e.V. (WLV),

dem Landesbetrieb Wald und Holz NRW, dem Hochsauerlandkreis, dem Märkischen Kreis, den Kreisen Olpe, Siegen-Wittgenstein und Soest, den Naturparken Arnsberger Wald, Ebbegebirge, Homert und Rothaargebirge

Die oben genannten Kreise und Naturparke betreiben bzw. beplanen örtliche, regionale und überregionale Wanderstrecken. Der„Rothaarsteig“ von Brilon nach Dillenburg ist als Premiumwanderweg konzipiert und angelegt. Mit dem „Sauerland Höhenflug“(SHF) von Meinerzhagen bzw. von Altena nach Korbach und der „Sauerland Waldroute“ (SWR) von Marsberg über Arnsbergnach Iserlohn werden zwei weitere Qualitätswanderwege geschaffen.

Zur Anbindung dieser Spitzen-Wanderwege insbesondere an die Ortslagen ist in den kommenden Jahren die Ausweisung von Zugangswegen sowie zur Ergänzung des Streckennetzes für Naherholungssuchende die Ausweisung von ausgewählten Rund-wanderwegen im Qualitätsformat (Extratouren) vorgesehen. Nach dem Motto: „Weniger, dafür aber besser“ soll gleichzeitig dasvorhandene Wegenetz quantitativ reduziert werden.

Page 33: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

33Natur in NRW 2/07

Naturschutz und Recht

Dieses vorausgeschickt, schließen die Beteiligten folgende Grundsatzvereinbarung:

1. Bedeutung des WaldesDie Beteiligten erkennen die Bedeutung des Waldes wegen seines wirtschaftlichen Nutzens und wegen seiner Bedeutung für dieUmwelt, insbesondere für die dauernde Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, das Klima, den Wasserhaushalt, die Reinhaltungder Luft, die Bodenfruchtbarkeit, das Landschaftsbild, die Agrar- und Infrastruktur und die Erholung der Bevölkerung an. Es istdas gemeinsame Ziel der Beteiligten, den Wald im Sinne des Gesetzes zur Erhaltung des Waldes und zur Förderung der Forst-wirtschaft (BundeswaldG) zu erhalten und zugleich die Forstwirtschaft zu fördern sowie einen Ausgleich zwischen den Belangender Waldbesitzer und dem Interesse der Allgemeinheit herbeizuführen.

2. Bedeutung des Tourismus als Wirtschaftsfaktor / Nutzen für die EinwohnerWandern ist ein besonderes Angebot der waldreichen Tourismusregionen Sauerland und Siegerland-Wittgenstein. Als Wirt-schaftszweig kommt dem Tourismus eine zunehmende Bedeutung zu. Die Ausweisung von Wanderwegen hat auch einen positiven Effekt für die Einwohner der Region Sauerland und Siegerland-Wittgenstein, sie profitieren von der Infrastruktur alsauch von den Einrichtungen des Gastgewerbes.

3. InteressenausgleichDie Beteiligten werden sich zu jeder Zeit um einen Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Interessen im Hinblick auf die Nutzung des Waldes bemühen. Dabei wird hervorgehoben, dass die mit den Wanderwegen verbundene Ausübung des Wald-betretungsrechts auf der anderen Seite einer Beachtung des Gebotes der Rücksichtnahme auf die Belange der Waldeigentümer be-darf. Hierfür werden sich die Kreise und Naturparke nach ihren Möglichkeiten einsetzen. So werden besonders die touristischenOrganisationen und Naturparke insbesondere die von den Wanderwegen angesprochenen Zielgruppen frühzeitig und möglichstumfassend im Rahmen der Vermarktung auf die verschiedenen Funktionen des Waldes hinweisen und die den Wald betretendenPersonen auffordern, sich rücksichtsvoll zu verhalten.

4. Unterrichtung der GrundeigentümerDer Landesbetrieb Wald und Holz ermittelt bei ihm angezeigten, nicht vom Waldbetretungsrecht gedeckten Veranstaltungen, dieEigentümer und ordnet sie der jeweiligen FBG und, soweit vorhanden und die FBG Mitglied ist, einer Forstwirtschaftlichen Vereinigung (FV) zu. Der Veranstalter wird schriftlich über die Tatsache der Notwendigkeit privatrechtlicher Gestattungen derEigentümer informiert. Gleichzeitig übermittelt der Landesbetrieb Wald und Holz dem Veranstalter Name und Anschrift der Ansprechpartner der jeweiligen Forstwirtschaftlichen Zusammenschlüsse, in dem die Eigentümer zusammengeschlossen sind.Ist eine FBG vorhanden, diese aber nicht Mitglied einer FV, so ist neben der FV auch diese FBG aufzuführen. Eigentümer, die keinem Forstwirtschaftlichem Zusammenschluss angehören, sind separat zu informieren.

5. Beschränkung, Lenkung und KanalisierungIm Interesse einer strukturierten Tourismusförderung werden dieKreise und Naturparke, außer den drei Premium- bzw. Qualitäts-wanderwegen (Rothaarsteig, Sauerland Waldroute – SWR – und Sauerland Höhenflug – SHF –), den Extratouren (Rot-haarsteig-Extratouren, Siegerländer-Wittgensteiner-Extratouren)keine weiteren vergleichbaren Premium-Wanderwege anlegen.Zugleich wird von den zuständigen Organisationen das derzeitvorhandene Wegenetz zugunsten einer Konzentration auf dieQualitätswege reduziert und eine entsprechende Ausweisungzurückgenommen. Qualität soll hier vor Quantität gehen. Bei Errichtung von Wanderwegeeinrichtungen an den ausgewie-senen Strecken wird durch die damit verbundene Lenkung undKanalisierung – verbunden mit der Rücknahme von Wander-wegen und Einrichtungen an diesen – gezielt darauf hingewirkt,dass die übrigen Waldflächen entlastet und eine Kollision mit deren sonstigen Nutzungen gemindert wird.

In Zukunft werden sich „Events“ im Umfeld von Themenwegen mehren: Im Rahmen einer Einweihungsfeier mit

500 Teilnehmern ließen es sich zwei leibhaftige Landräte nicht nehmen, in mittelalterlichen Kostümen einen historischen

Grenzkonflikt an der Heidenstraße nach zu spielen. Foto: H. Frese

Page 34: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

34 Natur in NRW 2/07

Naturschutz und Recht

6. Wertschöpfung für EigentümerDie Inanspruchnahme privater Grundstücke bedarf des Abschlusses einer Vereinbarung mit den Grundeigentümern, wenn derenGrundstücke in besonderer Weise in Anspruch genommen werden, beispielsweise für Infrastruktureinrichtungen (Schutzhütten,Bänke, Wegweiser). Hierfür kann eine Gegenleistung vereinbart werden. Für Wegeverbesserungs- und -pflegemaßnahmen, fürdas Anlegen von Pfaden für die touristische Nutzung, für Sonderführungen durch Waldbauern, für land- und forstwirtschaftlicheProdukte sowie für Angebote des Agrotourismus durch Waldbauern sind ebenfalls individuelle Entgelte möglich. Ferner wirkendie Kreise darauf hin, dass die Eigentümer über die forstwirtschaftlichen Vereinigungen bzw. Forstbetriebsgemeinschaften (FBG)am Gewinn aus dem Verkauf von Merchandising-Produkten mit dem Logo des SHF und der SWR, so solche entwickelt und ver-trieben werden, mit einem festzusetzenden Prozentsatz beteiligt werden. Die Möglichkeit nicht vom Betretungsrecht abgedeckteSonderveranstaltungen im Wald mit einem Entgelt zu belegen wird von allen Beteiligten anerkannt.

7. Unterstützung der ForstwirtschaftIm Rahmen ihrer Möglichkeiten setzen die Kreise und Städte/Gemeinden Akzente für die Holzverwendung. Dabei werden dieVorteile der Verwendung heimischen Holzes herausgestellt und professionell kommuniziert.Formen der Unterstützung in diesem Sinne sind bzw. können sein:

Cluster „Forst und Holz in Südwestfalen“ zur Förderung des Holzabsatzes für die energetische und bauliche Nutzung im Sinne aller vom Holz abhängigen Wirtschaftszweige

Holzbautage und Holzbaupreise

Tag des Waldes

Waldjugendspiele, Waldkindergarten und Waldschule

Fachtagungen und Umweltmessen

Kooperation mit dem „Wald- und Umweltpädagogischen Zentrum“ in Meinerzhagen-Heed

Südwestfälischer Energietag

Förderung forstwirtschaftlicher Vereinigungen zum Zwecke des Holzabsatzes

Kooperation mit Agrotourismus

NRW-weite Koordinations- und Servicestelle für die „Interessengemeinschaft der WaldbesitzerInnen“

Zentren und Geschäftsstellen im Zusammenhang mit Forst und Holz (z.B. Informationszentrum für Holz und Touristik, Geschäftsstelle Landesbeirat Holz NRW, Bundesgeschäftsstelle der Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße WaldwirtschaftDeutschland)

8. Praktische Dienstleistungen bei WegeeinrichtungenDie Kreise und Naturparke wirken darauf hin, dass praktische Dienstleistungen bei der Errichtung und Unterhaltung von Wege-einrichtungen, wie das Aufstellen und Unterhalten von Schutzhütten, Bänken und Wegweisern, vorrangig durch die Grund-eigentümer vorgenommen werden.

9. Haftungsfreistellung durch RahmenvereinbarungZwischen dem Hochsauerlandkreis, dem Märkischen Kreis, den Kreisen Olpe und Soest sowie den von der Ausweisung von SHFund SWR berührten Städten und Gemeinden der jeweiligen Kreise einerseits und dem WBV andererseits ist eine Rahmenverein-barung zu Fragen der Haftung abgeschlossen worden. Die Städte und Gemeinden im Kreis Siegen-Wittgenstein haben zur Aus-weisung der Siegerländer-Wittgensteiner-Extratouren selbige Rahmenvereinbarung mit den betroffenen Eigentümern geschlos-sen. Damit werden Eigentümer, die mit ihrem Grund und Boden von den ausgewiesenen Wanderwegen tangiert werden, im Haft-pflichtschadensfall von nahezu allen Ansprüchen Dritter und auch den Regressansprüchen der Städte und Gemeinden freigestellt.Etwas anderes gilt nur für solche Ansprüche, die auf von Grundeigentümern selbst initiierte Maßnahmen zurückzuführen sind.Die Haftungsfreistellung bietet den Grundeigentümern zum Ausgleich für ihre Belastung durch die Verkehrssicherungspflicht dieerforderlich Sicherheit, im Haftpflichtfall nicht in Anspruch genommen werden zu können. Die Beteiligten wirken daraufhin, dassdie getroffene Rahmenvereinbarung über ihren bisherigen Geltungsbereich hinaus auf weitere touristische Wanderwege erstrecktwird. Es wird noch einmal klargestellt, dass durch die abgeschlossene Rahmenvereinbarung eine umfassende Haftungsfreistel-lung (im Rahmen des Geltungsbereichs) gewährleistet ist.

10. IndividualvereinbarungenÜber die Errichtung von Wanderwegeeinrichtungen sowie über die Regelung der Verkehrssicherungspflichten sollen gesonderte(Individual-)Vereinbarungen getroffen werden, um die Abstimmung und Zusammenarbeit zwischen Wegeplanern und Grund-eigentümern und die Beachtung der örtlichen Gegebenheiten im Einzelfall sicher zu stellen.

11. Einbeziehung des WBV und WLV bei allen PlanungenDie Beteiligten sind sich darüber einig, dass WBV und WLV als Multiplikatoren der Interessen der Grundeigentümer im Außenbereich an allen Planungen, die den Gegenstand dieser Vereinbarung tangieren, beteiligt werden. Dies gilt insbesondere fürWegeprojekte.

(Unterschriften)

Page 35: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

35Natur in NRW 2/07

Holzasche

nalparkforstamt Eifel, das hierfür keineZuständigkeit besitzt, alle 35 Forstämterdes Landesbetriebes einbezogen. JedesForstamt erhielt den Auftrag, sechs nachHafö geförderte Feuerungsanlagen zu be-proben. Größere Anlagen wurden dabeibevorzugt, weil sie wegen der dort konzentriert anfallenden Aschemengen be-sonders interessant waren.Ergänzend wurden Proben von Anlagen einiger anderer Betreiber untersucht, dieInteresse an einer Teilnahme hatten. Dazugehörte unter anderem der LandesbetriebStraßenbau NRW, der in zwei AnlagenHolzhäcksel aus Straßenbegleitgehölzenfür Heizzwecke einsetzt. Insgesamt wur-den 209 Feuerstätten einbezogen (Tab. 1).

Je nach technischer Ausführung kann esbei der einzelnen Anlage mehrere Stellengeben, an denen Asche anfällt. Zu unter-scheiden sind hier:– Grobaschen (Rostaschen)– Flugaschen (Zyklonflugaschen und

Filteraschen)Grob- oder Rostasche fällt auf oder unterdem Rost beziehungsweise in der Brenn-stoffmulde an. Zyklonflugasche bestehtaus Verbrennungsrückständen, die mittelsFliehkraftabscheidern (Zyklonen) aus demAbgas entfernt werden. Als Filteraschewird jene Asche bezeichnet, die in sekun-dären, meistens den Zyklonen nachge-schalteten Entstaubungseinrichtungen ab-

Bäume nehmen während des Wachs-tums nicht nur lebensnotwendigeNährstoffe sondern unter anderem

auch Schwermetalle auf. Diese können denWald schädigen, wenn ihre Konzentrationkritische Werte überschreitet. Beide Stoff-gruppen – bis auf den Nährstoff Stick-stoff – verbleiben bei der Verbrennunggrößtenteils in der Asche.Um Nutzen und Risiken einer Rück-führung von Holzaschen in den Wald bes-ser beurteilen zu können, hat das Ministe-rium für Umwelt und Naturschutz, Land-wirtschaft und Verbraucherschutz des Lan-des Nordrhein-Westfalen (MUNLV) imOktober 2005 die damalige Landesanstaltfür Ökologie, Bodenordnung und Forsten(LÖBF) per Erlass mit der Koordinationeiner entsprechenden Untersuchung beauf-tragt. Partner dieses Projektes waren derLandesbetrieb Wald und Holz NRW, dasLandesumweltamt, das Fraunhofer-InstitutUMSICHT in Oberhausen und die Rhei-nisch-Westfälische Technische HochschuleAachen (RWTH Aachen).Das MUNLV hat in den vergangenen Jah-ren die Errichtung von Feuerstätten zurenergetischen Verwertung von Holz finan-ziell gefördert. Die Einzelheiten waren inder Holzabsatzförderrichtlinie (Hafö) ge-regelt. Die Umsetzung der Richtlinie warAufgabe der Forstämter. Insgesamt sindauf dieser Grundlage bis Ende des Jahres2005 für mehr als 5.000 Anlagen Zu-wendungen bewilligt worden. Es handeltsich dabei um ein breites Spektrum vonFeuerungsanlagen: vom kleinen Holz-pelletkessel für die Beheizung eines Ein-familienhauses bis zur größeren Holzhack-schnitzelfeuerung für die Wärmeversor-gung eines ganzen Nahwärmenetzes. DieBetreiber sind den Forstämtern bekanntund somit auf einfache Weise ansprechbar.Deshalb wurde die Untersuchung auf diese Anlagen ausgerichtet.

Proben aus ganz NRWDa das gesamte Land NRW abgedecktwerden sollte, wurden bis auf das Natio-

Werner Wessels, Esther Stahl, Norbert Asche

Gehören Holzaschen in den Wald?Kreislaufführung der Nährstoffe kontra Schadstoffgehalte – wie ist es um die Qualität von Holzaschen aus der Verbrennung naturbelassener Hölzer bestellt?

Die Verwendung von Holz als Brennstoff hat in letzter Zeit stark zugenommen. Dadurch fallen vermehrtHolzaschen an. Die Aschen enthalten wertvolle Nährstoffe, die dem Wald mit dem Holz entzogen wurden. Wenn dieser Entzug nicht ausgeglichen wird, kann er auf längere Sicht zu Waldverwüstungenführen, wie sie in früheren Zeiten großflächig durch Streunutzung und Waldweide entstanden sind. Somit stellt sich die Frage, ob es nicht sinnvoll ist, diese Stoffe dem Wald im Sinne einer Kreislauf-wirtschaft zurückzugeben.

Die untersuchten Grobaschen wiesen ein breites Farbspektrum auf.Foto: Fraunhofer-Institut UMSICHT

Page 36: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

36 Natur in NRW 2/07

Holzasche

geschieden wird. Das bedeutet, dass beigrößeren Anlagen bis zu drei Proben ent-nommen wurden.Die Betreiber der ausgewählten Anlagenwurden von den Forstämtern über Inhaltund Ziele der geplanten Untersuchungeninformiert und um Unterstützung des Vor-habens gebeten. Damit verbunden war dieBitte um die Beantwortung eines Frage-bogens. Die Ascheproben wurden in Tütenabgefüllt, beschriftet und an die LÖBF ge-sandt.Dort wurden sie gesammelt und zu Vor-untersuchungen sowie zur Vorbereitungder chemischen Analysen an das Fraun-hofer-Institut UMSICHT in Oberhausenweitergeleitet. Die Analysen wurden vomLandesumweltamt in Essen übernommen.Die Auswertung der Daten wurden imRahmen einer Diplomarbeit (STAHL2006) durchgeführt. Die Arbeit wurde vomLehr- und Forschungsgebiet Abfallwirt-schaft der RWTH Aachen betreut.

Herkunft der BrennstoffeGefördert wurden nach der Hafö nur An-lagen für die energetische Verwertung vonWaldholz und von naturbelassenem Rest-und Altholz. Unter Waldholz sind in die-sem Zusammenhang alle Holzsortimenteaus dem Wald zu verstehen, die ohne jedeZwischennutzung unmittelbar zum Ver-feuern verwendet werden. Mit Restholz ist hier Industrierestholz gemeint, alsoHolz, das in Sägewerken oder weiterver-arbeitenden Betrieben anfällt und dortbeim Produktionsprozess übrig bleibt, zum Beispiel Sägespäne, Randstücke und Rinde.Bei Altholz handelt es sich um Holz, dassschon einmal für einen bestimmten Zweckverwendet wurde und dann aus dem Nutzungsprozess ausgeschieden ist. Dazugehören gebrauchtes Bauholz, Sperrmüllaus Holz und so weiter. „Naturbelassen“bedeutet für diesen Brennstoff, dass ernicht im Zuge der Nutzung lackiert, ge-tränkt, beschichtet oder auf andere Weisebehandelt worden ist.

Nährstoffgehalteder GrobaschenWesentlich für die Frage einer möglichenRückführung von Holzaschen in den Waldist der Gehalt an Nährstoffen. In der

bundesweit geltenden Düngemittelverord-nung, nachstehend kurz als Verordnungbezeichnet, werden konkrete Anforderun-gen an die Oxid- beziehungsweise Car-bonatformen der Hauptnährelemente Cal-cium, Kalium und Phosphor genannt. Magnesium kann bei Kalkdüngern wieCalcium eingerechnet werden und wird somit ebenfalls berücksichtigt.Als selbstständige Düngemittel könnenHolzaschen nach dieser Verordnung ent-weder als „Kalkdünger aus Asche aus derVerbrennung pflanzlicher Stoffe“ oder auf-grund ihrer Phosphor- (P) und Kalium-gehalte (K) als „PK-Dünger aus der Ver-brennung pflanzlicher Stoffe“ deklariertwerden. Die entsprechenden Anforderun-gen an diese Düngemitteltypen werdennachstehend als Maßstab für die Bewer-tung der Analyseergebnisse verwendet.Die Nährstoffgehalte von Hackschnitzel-und Pelletaschen unterscheiden sich nichtwesentlich, die Spannweiten sind bei den Hackschnitzelaschen jedoch größer(Tab. 2). Diese Tatsache macht sich in einer durchgängig höheren Standardab-

weichung bemerkbar. Kleine Unterschiedesind bei den Magnesium- und Kalium-gehalten festzustellen. Pelletaschen wei-sen hier jeweils etwa 1 Prozent höhere Gehalte auf als Hackschnitzelaschen. Derin der Verordnung für „Kalkdünger ausAsche aus der Verbrennung pflanzlicherStoffe“ angegebene Mindestgehalt an Calcium wird von 81 Prozent aller Grob-aschen eingehalten.Aschen, die den Grenzwerten nicht gerechtwerden, unterschreiten die Mindestgehaltein der Regel nur unwesentlich. Deutlichwird dies, wenn die in der Verordnung auf-geführten Toleranzen von 2 Prozent CaOberücksichtigt werden. Der Anteil derGrobaschen, die den geforderten Wert ein-halten, steigt dann auf 87 Prozent.

Tab. 1: Aufteilung der beprobten Anlagen nach Holzhackschnitzel- und Pelletanlagen.

Holzhackschn. Pellets GesamtKategorie

Anz. ∑ kW Anz. ∑ kW Anz. ∑ kW≤ 15 kWth 0 0 24 339 24 339

> 15 – 50 kWth 17 706 25 700 42 1.406> 50 – 150 kWth 52 5.041 11 1.000 63 6.041> 150 – 500 kWth 40 11.750 0 0 40 11.750

> 500 kWth 37 36.174 3 1.970 40 38.144Summe 146 53.671 63 4.010 209 57.681

Tab. 2: Nährstoffgehalte der untersuchten Grobaschen.

in [%] Ca Mg K P S Anforderungen Düngemittel-VOKalkdünger 21,43PK-Dünger 2,50 1,31Alle Grobaschen (n=207)MIN 5,67 0,63 1,53 0,12 0,04MAX 41,91 6,93 15,80 2,95 5,55Mittelwert 22,77 3,25 7,17 1,12 0,74Median 22,43 3,13 7,29 1,10 0,53Standardabw. 5,77 1,28 2,50 0,44 0,70Holzhackschnitzelaschen (n=144)MIN 9,63 0,85 1,53 0,23 0,08MAX 41,91 6,93 15,80 2,95 5,55Mittelwert 22,74 2,86 6,55 1,06 0,79Median 22,49 2,62 6,40 1,03 0,55Standardabw. 6,25 1,19 2,50 0,44 0,79Pelletaschen (n=63)MIN 5,67 0,63 1,76 0,12 0,04MAX 36,27 6,41 12,81 2,12 2,25Mittelwert 22,83 4,15 8,57 1,24 0,62Median 22,42 4,04 8,40 1,26 0,47Standardabw. 4,52 1,01 1,86 0,40 0,45

Energieholz wird verstärkt nachgefragt.Foto: N. Asche

Page 37: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

37Natur in NRW 2/07

Holzasche

32 Prozent aller Grobaschen erfüllen dieMindestanforderungen an die ElementePhosphor und Kalium für „PK-Dünger aus der Verbrennung pflanzlicher Stoffe“.Der geforderte Kaliumgehalt wird von 96 Prozent der Aschen erreicht. Die Anfor-derungen an den Phosphorgehalt könnenhingegen nur von einem Drittel der Ascheneingehalten werden; der Gehalt eines weiteren Drittels liegt etwas unterhalb des Mindestmaßes.Unter Berücksichtigung der zugelassenenToleranzen von 1,1 Prozent je Element erreichen erheblich mehr Aschen den Min-destphosphorgehalt, so dass 71 Prozent derGrobaschen den Vorgaben für PK-Dünger

genügen (Abb. 1). Bei ähnlich hohen Cal-ciumgehalten und höheren Magnesium-gehalten entsprechen Pelletaschen häufi-ger den Anforderungen an Kalkdünger alsHackschnitzelaschen. Ähnliches gilt auf-grund ebenfalls höherer Kalium- und vorallem Phosphorgehalte der Pelletaschenauch für PK-Dünger.Die untersuchten Straßenbegleitgrünaschenweisen im Vergleich zu Aschen aus Wald-,Rest- und Althölzern die höchsten Cal-cium- und Phosphorgehalte auf. Da abernur zwei Anlagen beprobt wurden, ist dieAussagekraft begrenzt. Niedrigste Gehaltean Calcium und Phosphor haben Aschenmit Altholzanteilen, während die Schwe-felgehalte in diesen Aschen höher sind als in den anderen Kategorien.Aschen aus der Verbrennung von Waldholzgenügen prozentual häufiger den Anforde-rungen an PK-Dünger. Altholzaschen kön-nen sie auch unter Berücksichtigung derToleranzwerte in keinem Fall einhalten.Bei den Flugaschen sind die Calcium- undPhosphorgehalte geringer als bei den Grobaschen.

Schwermetallgehalteder GrobaschenAls erstes Bewertungskriterium für die untersuchten Schwermetalle dienen dieGrenzwerte der Verordnung und ergän-zend die Vorgaben der nordrhein-west-fälischen Dienstanweisung „Kalk 2000“(MUNLV 2001). Die Anforderungen dieser Dienstanweisung sind für mancheElemente deutlich höher als die der Ver-ordnung.

Die Grobaschen weisen stark variierendeSchwermetallgehalte auf (Tab. 3). DieSchwankungsbreite spiegelt sich in einergroßen Differenz zwischen den Mittelwer-ten und den Medianen wider. Medianewerden weniger stark von extremen Aus-reißern beeinflusst. Besonders gut ist dieser Unterschied bei den Hackschnitzel-aschen zu erkennen. Bei Pelletaschen sinddie Spannweiten geringer als bei Hack-schnitzelaschen, weil die Verbrennungbesser reguliert werden kann und weil derBrennstoff homogener ist. Holzpellets sindim Gegensatz zu Holzhackschnitzeln ge-normt und müssen bestimmten Anforde-rungen unter anderem an Länge, Durch-messer sowie Asche- und Feuchtegehaltgenügen.Die ermittelten Schwermetallhöchstwerteder Hackschnitzelaschen liegen folglichweit über den Höchstwerten der Pellet-aschen. Die Mittelwerte bei den Pellet-aschen sind bei allen untersuchten Ele-menten – außer Nickel und Cadmium –niedriger als die entsprechenden Werte derHackschnitzelaschen. Die Vorgaben derVerordnung und der Dienstanweisung können im Mittel aller Grobaschen nur beiden Elementen Zink und Arsen eingehaltenwerden. Pelletaschen liegen zusätzlichnoch unter dem Grenzwert für Blei. DieMediane der einzelnen Elemente sind auf-grund der großen Schwankungen zum Teilerheblich niedriger als die Mittelwerte, sodass die Blei-, Chrom-, Nickel- und Zink-werte aller Grobaschen den Anforderun-gen der Verordnung entsprechen.Insgesamt bleibt nur 1 Prozent der Grob-aschen vollständig im Rahmen sämtlicherVorgaben der Verordnung; die Anforderun-gen der Dienstanweisung erfüllt keine einzige. Die häufigsten Überschreitungensind bei den Elementen Cadmium undKupfer festzustellen. Der Bleiwert wirdebenfalls häufig überschritten, der Chrom-wert zum Teil sogar deutlich. Flugaschenweisen generell höhere Schwermetall-gehalte auf als Grobaschen. Hier erfolgtfür vier Elemente eine so starke Anreiche-rung, dass die Grenzwerte der Verordnungum ein Vielfaches überschritten werden.Einen maßgeblichen Einfluss auf dieSchwermetallgehalte hat der eingesetzteBrennstoff (Tab. 4). Asche aus reinemWaldholz ist am geringsten belastet. DieVerwendung von Restholz führt zu er-höhten Werten. Wird Altholz mitverbrannt,steigen die Gehalte zum Teil drastisch an.Die untersuchten Aschen aus den beidenAnlagen, die mit Straßenbegleitgrün be-trieben werden, unterscheiden sich relativwenig von den Waldholzaschen.

Verwertung auf landwirtschaftlichen BödenBislang werden die Aschen größtenteilsauf Deponien entsorgt. Ein erheblicher An-teil wird allerdings auch im Landbau be-

0

20

40

60

80

100A

lle G

A

HH

S-

GA

P-G

A

Alle

GA

HH

S-

GA

P-G

A

Erreichung Mindestgehalt

Erreichung Mindestgehalt inkl. Toleranz

%-A

nte

il

Kalkdünger PK-Dünger

Abb. 1: Anteil der Grobaschen, die dieMindestanforderungen für Kalk- bzw. PK-Dünger erfüllen. GA: Grobaschen; HHS:Holzhackschnitzel; P: Pellets.

Tab. 3: Schwermetallgehalte der untersuchten Grobaschen.

in [mg/kg] Pb Cd Cr Cu Ni Zn As

Grenzwerte

Düngemittel-VO 150 1,5 – 70 80 1000 40

Dienstanw. Kalk 120 1,5 100 35 20 200 20

Alle Grobaschen (n=207)

MIN 4,0 0,5 2,0 36,0 1,9 0,9 0,4

MAX 8270,0 304,8 12650,0 6843,0 4279,0 10290,0 195,0

Mittelwert 190,9 16,5 464,2 458,5 125,8 822,5 5,8

Median 53,0 7,3 45,0 233,8 54,6 559,6 1,2

Standardabw. 671,6 31,2 1500,4 922,2 365,5 1050,3 16,9

Hackschnitzelaschen (n=144)

MIN 4,0 0,5 2,0 36,0 1,9 0,9 0,4

MAX 8270,0 304,8 12650,0 6843,0 4279,0 10290,0 195,0

Mittelwert 243,2 12,2 506,0 483,0 107,1 857,4 7,8

Median 58,5 5,2 70,0 210,3 51,3 591,9 2,0

Standardabw. 798,4 28,1 1725,7 1015,2 382,0 1182,5 19,9

Pelletaschen (n=63)

MIN 4,0 0,5 2,0 62,1 1,9 52,5 0,4

MAX 450,0 175,9 3108,0 5167,0 1812,0 3065,0 11,0

Mittelwert 71,2 26,3 368,6 402,6 168,6 742,8 1,3

Median 46,0 13,9 2,0 257,7 66,1 543,2 0,4

Standardabw. 87,5 35,6 773,0 666,4 323,4 656,4 2,0

Page 38: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

38 Natur in NRW 2/07

Holzascheziehungsweise in Privatgärten eingesetzt.Die Verwertung der Aschen als Dünger inder Landwirtschaft beziehungsweise auflandwirtschaftlichen Böden ist nach dergegenwärtigen Rechtslage nur erlaubt,wenn die Anforderungen der Verordnungeingehalten werden. Wegen der hohenSchwermetallgehalte ist dies jedoch in derRegel nicht der Fall.Ähnliches gilt für eine Verwertung derHolzaschen in gewerblichem Kompost:Holzaschen dürfen nur mit behandelten Bio-abfällen vermischt werden, wenn sie einemzugelassenen Düngemitteltyp entsprechen.

Verwertung im GartenFür eine Verwertung der Aschen im Gartenmuss die Schädlichkeit oder Nützlichkeitmit Hilfe der Vorsorgewerte der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung(BBodSchV) abgeschätzt werden. Wenndie bereits vorhandenen Hintergrundbe-lastungen der Böden unterhalb der in derBBodSchV aufgeführten Vorsorgewerteliegen, können alljährlich begrenzte Zu-satzbelastungen durch das Aufbringen vonMaterialien wie Holzaschen vorgenom-men werden. Zusatzbelastungen aus ande-ren Quellen wie beispielsweise Einträgeüber den Luftpfad müssen jedoch ebenfallsbeachtet werden.Ohne Berücksichtigung der Hintergrund-werte von Böden und der Zusatzbelastun-gen über andere Pfade ergeben sich die maximalen jährlichen Aschemengen daheraus den Frachten der einzelnen Schwer-metalle. Unter Heranziehung des 95. Per-zentilwerts der mittleren Schwermetall-belastung von Hackschnitzelgrobaschenkönnen 40 Gramm Asche pro Quadrat-meter und Jahr auf Gartenböden aufge-bracht werden. Die zulässigen Frachten

werden dann mit einer Sicherheit von 95Prozent nicht überschritten.Pelletaschen können nur in wesentlich ge-ringerer Menge, nämlich 19 Gramm Aschepro Quadratmeter und Jahr, eingesetzt wer-den. Limitierender Faktor ist der relativhohe Cadmiumgehalt.Die Möglichkeit einer Verwertung vonFlugaschen auf Böden ist wegen der höhe-ren Schwermetallbelastung noch weitereingeschränkt; sie sollten daher generellauf Deponien entsorgt werden.Die Schwermetallbelastungen von Garten-böden in Ballungszentren und Ballungs-randzonen können aber durchaus die Vor-sorgewerte erreichen beziehungsweiseüberschreiten (LUA 2003). Dann sind dieobigen Mengenangaben möglicherweisezu hoch, zumal Zusatzbelastungen aus anderen Pfaden ja noch nicht eingerechnetsind. Das Verwenden von Holzaschen imGarten ist daher nicht oder nur sehr ein-geschränkt zu empfehlen.

Rückführung in den WaldFür die Rückführung in den Wald kommennur Grobaschen in Betracht. Flugaschensind zu stark belastet. Wie bereits oben an-gesprochen gehören sie auf die Deponie.Die Aussonderung der Flugaschen hat fürden Wald den wichtigen Effekt, dass er-hebliche Mengen der kritischen Schwer-metalle aus dem Kreislauf ausgeschleustwerden. Damit wird eine deutliche Ent-lastung des Ökosystems erreicht.Die Verordnung sieht keine Grenzwerte für Holzaschen vor, die ausschließlich imWald verwendet werden. Holzaschen dür-fen folglich entweder so, wie sie anfallen,oder auch unter anderem als Gemisch mitDüngekalken aufgebracht werden.Ob eine Mischung von Holzaschen mitNaturkalken den Anforderungen der Ver-ordnung und der Dienstanweisung genügt,hängt vom Mischungsverhältnis ab. Wennmaximal 19 Prozent Holzasche beige-

Holzpellets sind ein genormter Brennstoff.Foto: Fraunhofer-Institut UMSICHT

Tab. 4: Mediane der Schwermetallgehalte der untersuchten Aschen je nach Wald-, Rest-und Altholzanteilen im Brennstoff. WH: Waldholz; SBG: Straßenbegleitgrün; RH: Rest-holz; AH: Altholz.

in [mg/kg] Pb Cd Cr Cu Ni Zn As

Grenzwerte

Düngemittel-VO 150 1,5 – 70 80 1000 40

Dienstanw. Kalk 120 1,5 100 35 20 200 20

100% WH n=47 37,0 3,1 47,0 157,5 50,3 390,8 1,5

> 50% WH n=24 36,5 5,1 31,0 178,9 39,5 415,4 1,0

100% SBG n=2 47,0 4,1 69,0 167,3 43,4 269,0 2,1

≥ 50% RH n=23 61,0 4,8 99,0 266,6 46,0 559,6 3,2

100% RH n=36 98,0 6,8 164,0 305,7 77,3 711,6 3,6

>10% AH n=8 290,5 6,3 385,5 327,4 66,6 1459,5 17,1

100% AH n=3 876,0 26,3 507,0 692,9 76,2 3302,0 36,0

Holzhackschnitzel werden in sehr unterschiedlichen Qualitätenangeboten. Foto: Fraunhofer-Institut UMSICHT

Page 39: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

39Natur in NRW 2/07

Holzasche

Anschriften der VerfasserWerner WesselsLandesbetrieb Wald und Holz NRWReferat IV-3 Waldinventuren und waldkundliche UntersuchungenLeibnizstraße 1045659 RecklinghausenE-Mail:[email protected]

Dipl.-Ing. Esther StahlFraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicher-heits- und Energietechnik UMSICHTOsterfelder Straße 346047 OberhausenE-Mail:[email protected]

Dr. Norbert AscheLandesbetrieb Wald und Holz NRWReferat IV-3 Waldinventuren und waldkundliche UntersuchungenLeibnizstraße 1045659 RecklinghausenE-Mail:[email protected]

mischt werden, können die Anforderungender Dienstanweisung eingehalten werden.Einige wenige Kalklagerstätten mit geo-gen bedingten hohen Cadmiumgehaltenkommen hierfür allerdings nicht in Be-tracht. Die Verordnung lässt aufgrund deshöheren Kupfergrenzwertes sogar eineBeimischung von maximal 28 Prozent zu.

Für die Ausbringung von Holzaschen imWald gibt es aber auch dann Beschränkun-gen, wenn keine Mischung mit Kalk er-folgt. Die Maßnahme muss gemäß Forst-recht die Bodenfruchtbarkeit erhalten oderverbessern. Außerdem darf sie die Vitalitätdes Waldes nicht beeinträchtigen. Konkretewaldbezogene Grenzwerte werden imForstrecht jedoch ebenso wenig genanntwie in der Verordnung. Würden die an-sonsten gültigen Anforderungen der Ver-ordnung aber dennoch für eine Bewertungder Holzaschen herangezogen, wäre ihreVerwertung im Wald nicht zulässig, da sie bis auf wenige Ausnahmen die Grenz-werte überschreiten.

Klare Unterschiede zwischen Holzaschenbestimmter Brennstoffherkünfte lassenzum Teil Kontaminationen während derNutzungsphase des Holzes vermuten, obwohl nur naturbelassenes Wald-, Rest-und/oder Altholz eingesetzt wird be-ziehungsweise eingesetzt werden darf.Außerdem sind selbst bei Aschen aus der Verbrennung reinen Waldholzes erheb-liche Schwankungen festzustellen.

Daher wären Grenzwerte hilfreich, die esermöglichen, Aschen aus tatsächlich natur-belassenem Holz von Aschen aus poten-ziell belastetem Holz zu trennen. DieGrenzwerte müssen also die natürlicher-weise hohen Schwankungen naturbelas-sener Hölzer berücksichtigen und gleich-zeitig die ökologische Unbedenklichkeitder Verwertung sicherstellen können. Indem Zusammenhang sollten allerdingsauch ergänzende Anforderungen an dieDurchführung der Verwertung wie zumBeispiel maximale Aufbringungsmengen,Ausbringungsturnus und eine eventuelleAufbereitung der Aschen formuliert wer-den. Derartige Vorgaben bezüglich Holz-

ZusammenfassungIm Rahmen einer Diplomarbeit wurdendie Aschen von mehr als 200 Holzfeue-rungsanlagen in Nordrhein-Westfalenanalysiert. Die Ergebnisse zeigten, dassdie Aschen zum Teil erheblich mitSchwermetallen belastet sind. NurRostaschen aus reinem Waldholz kom-men für eine Rückführung in Betracht.Wenn anderes Holz mitverbrannt wird,ist die Belastung in der Regel zu hoch.Filteraschen sind so stark belastet, dasssie auf Deponien entsorgt werden soll-ten. Es wird an einem Bewertungsver-fahren gearbeitet, mit dem auf der Basisvon Toxizitätsfaktoren für die einzelnenSchwermetalle ökologisch bedenklicheAschen ausgesondert werden können.

Tab. 5: Vergleichende Abschätzung der Ökotoxizitätspotenziale, nach [DOETSCH 2006].95.P.: 95. Perzentilwert; HHS: Holzhackschnitzel; WH: Waldholz; TP: Toxizitäts-potenzial; DüMV: Düngemittel-VO.

95.P. HHS WH PNEC TPHHS = 95.P. DüMV TPDüMV =[mg/kg] [mg/kg] HHS / PNEC [mg/kg] DüMV / PNEC

Pb 148,8 44,0 3,4 150,0 3,4Cd 17,7 0,5 38,5 1,5 3,3Cr 77,1 0,3 233,7 100,0 303,0Cu 209,7 19,0 11,0 70,0 3,7Ni 69,7 0,7 94,1 80,0 108,1Zn 783,3 27,0 29,0 1000,0 37,0As 3,1 0,4 8,6 40,0 111,1

Ökotoxikologisches Potenzial 418,3 569,6

aschen sind bisher weder in der Dienst-anweisung noch in der Verordnung ent-halten.

ÖkotoxizitätspotentialeEin geeigneter Ansatz zur Einordnung desökologischen Risikos einer Holzasche-ausbringung könnte die Betrachtung derSchwermetallbelastung insgesamt sein.Ausschlusskriterium wäre dann ein maxi-maler Gesamtschwermetallgehalt, der bei-spielsweise durch Einrechnen von Toxi-zitätsfaktoren für die einzelnen Elementeund anschließendes Aufaddieren der er-rechneten Werte bestimmt werden könnte.Mögliche Toxizitätsfaktoren sind die so ge-nannten PNEC-Werte (Predicted no effectconcentration, Nicht-Effekt-Konzentration),die aus Toxizitätsdaten terrestrischerBodenorganismen abgeleitet wurden(HUIJBREGTS 1999).Mittels PNEC-Werten kann das vonHolzaschen ausgehende Ökotoxizitäts-potential hergeleitet werden. Es könntedann zu theoretischen Ökotoxizitätspoten-tialen in Bezug gesetzt werden, die sich beieinem maximalen Ausschöpfen der Grenz-werte der Verordnung auf das Ökosystemergeben würden (Tab. 5). Eine entspre-chende Berechnung zeigt, dass das soquantifizierte toxikologische Potential derHolzaschen geringer ist, als es der Gesetz-geber mit den Grenzwerten der Verord-nung zulässt. Dieser Ansatz wird derzeitweiter verfolgt. Ergänzend werden vomLandesbetrieb Wald und Holz NRW inKürze Versuchsflächen angelegt, um dieWirkung von Holzaschen auf Waldbödengenauer zu erforschen.

LiteraturDOETSCH, P. (2006): Interne Studie des Lehr-und Forschungsgebietes Abfallwirtschaft derRWTH AachenHUIJBREGTS, M. A. J. (1999): Ecotoxologicaleffect factors for the terrestrial environment inthe frame of LCA. University of Amsterdam,Faculty of Environmental Sciences

LUA (2003): Hintergrundwerte für anorgani-sche und organische Stoffe in Oberböden Nord-rhein-Westfalens – Auswertung aus dem Fach-informationssystem Stoffliche Bodenbelastung(FIS StoBo)MUNLV (2001): Dienstanweisung über die Bodenschutzkalkung in den Wäldern Nord-rhein-Westfalens (Kalk 2000) und Handbuchzur DienstanweisungMUNLV (2003): Bodenschutzkalkung in Nord-rhein-Westfalen. Broschüre, 68 S.STAHL, E. (2006): Qualität und Verwertungs-möglichkeiten von Holzaschen in NRW.Diplomarbeit, Lehr- und Forschungsgebiet Ab-fallwirtschaft, RWTH Aachen (im Internet ver-fügbar unter: http://www.wald-und-holz.nrw.de/obere_jagdbehoerde_und_waldoekologie/abtei-lung_4/Fachbeitraege/index.php)

Page 40: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

40 Natur in NRW 2/07

Gänsetagung

verband (DJV), Rhein Main Kies und Split(RMKS), RWE Rhein-Ruhr, Suhrborg &Co, Byk-Chemie, Herr H. Scholten, Was-serverbund Niederrhein, Walsum Immobi-lien und den Regionalverband Ruhr (RVR).

Wichtige Ergebnisse der Plenarsitzungen:

Eine nachhaltige Nutzung sowie dasManagement von Gänsebeständen wirderst möglich sein, wenn ein europawei-tes System zur Erfassung von zuver-lässigen und spezifizierten Daten zurGänsejagdstrecke und Gänsebeständenexistiert, damit rechtzeitig Maßnahmeneingeleitet werden können, wenn sich eine gefährliche negative Bestandsent-wicklung abzeichnet. Aufgrund dermangelhaften Datengrundlage ist einenachhaltige Nutzung oder ein Manage-ment der paläarktischen Gänsebeständegegenwärtig nicht möglich.Die neuesten Bestandschätzungen derwestpaläarktischen Gänsearten zeigen,dass nur noch einige Populationen derGraugans sowie die Populationen derWeißwangengans und der Kurzschna-

belgans eine Zunahme zeigen. Die Population der Tundrasaatgans scheintstabil, während die Blessgans einerückläufige Tendenz zeigt. Die Popula-tionen der Zwerggans, der Rothalsgans,der Ringelgans und der Taigasaatganszeigen eindeutig starke Bestandsrück-gänge. Die Gänsebestände der östlichenPaläarktis zeigen generell starke Be-standsrückgänge. In diesem Zusam-menhang ist es sehr bedenklich, dass einige Bundesländer vor kurzem dieJagd auf arktische Gänse ermöglichthaben beziehungsweise diskutieren, dieJagd auf arktische Gänse zu öffnen.In diesem Rahmen wurde festgestellt,dass das von der Gruppe 1999 veröffent-lichte Standartwerk „Goose populationsof the Western Palearctic“ (Hrsg. JesperMadsen, Gill Cracknell & Tony Fox)dringend überarbeitet werden muss. Füreine Neuauflage des Buches, das mittler-weile vergriffen ist, müssen dringendSponsoren gesucht werden.Als Folge des Klimawandels sind in dernahen Zukunft erhebliche Änderungender Brut- und Winterverbreitung, derPhänologie und Wanderrouten der

Die Reihe begann mit dem “IWRB-Symposium on the population eco-logy of geese” vom Oktober 1981

in Debrecen (Ungarn) und wurde fortgesetztmit dem “IWRB-Symposium on WesternPalearctic Geese” in Kleve (Unterer Nie-derrhein, Deutschland) im Februar 1989.Auf der Internationalen Wasservogel-Kon-ferenz “Anatidae 2000”, die im Dezember1994 in Strasbourg (Frankreich) organi-siert wurde, beschloss die Goose SpecialistGroup von Wetlands International (bis 1996:IWRB Goose Research Group) regel-mäßige Tagungen in einem 1–2 Jahres-Rhythmus zu organisieren, um die Zusam-menarbeit zwischen den weltweit-aktivenGänseforschern zu fördern.Vom 26. bis 31. Januar 2007 fand nun die10. Tagung der Goose Specialist Groupund die insgesamt 12. Gänsetagung vonWetlands International in Xanten am Nie-derrhein statt. Sie wurde von der Biologi-schen Station im Kreis Wesel organisiert,die von Beginn an der Gruppe angehörtund bereits die Klever Tagung im Jahre1989 durchgeführt hat.113 Teilnehmer aus 21 Ländern verfolgtenrund 70 Vorträge in Plenarsitzungen undArbeitsgruppen zu den Themen Manage-ment und die nachhaltige Nutzung vonGänsepopulationen, arktische Brutökolo-gie, Winterverbreitung, Erforschung vonZugwegen, Vogelgrippe und Wasservögelsowie den Einfluss der Klimaänderung aufGänsebestände und diskutierten die neues-ten Forschungsergebnisse.Die Tagung wurde ermöglicht durch finan-zielle Unterstützung durch das niederlän-dische Ministerium für Landwirtschaft,Natur und Nahrungsmittelsicherheit (LNV),das Bundesamt für Naturschutz (BfN) imAuftrag des Bundesumweltministeriums(BMU), den Kreis Wesel, die Nordrhein-Westfalen Stiftung für Naturschutz undHeimat- und Kulturpflege (NRW-Stif-tung), das Forschungsinstitut für Natur undWald (INBO) der Flämischen Regierung inBelgien, Staatsbosbeheer aus den Nieder-landen, den Dänischen Jagdverband imAuftrag des Conseil International de laChasse (CIC), den Deutschen Jagdschutz-

Johan H. Mooij

„GOOSE 2007“ in Xanten10. Tagung der Goose Specialist Group von Wetlands International

Die Goose Specialist Group von Wetlands International ist ein freiwilliger Zusammenschluss der welt-weit tätigen Gänse-Experten unter dem Dach von Wetlands International. Die Gruppe berät Wetlands International und die IUCN und versucht die Kontakte und den Informationsaustausch zwischen den Gänseforschern zu optimieren und die neuesten Erkenntnisse einer breiteren Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Seit den 1980er Jahren wurden mittlerweile zwölf internationale Gänsetagungenunter dem Dach von Wetlands International (früher IWRB) organisiert.

Nonnengänse Foto: J. Weiss

Page 41: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

41Natur in NRW 2/07

Gänsetagung

paläarktischen Gänsearten zu erwarten.Entwicklungen der letzten Jahrzehntebei einigen Gänsearten deuten daraufhin, dass dieser Prozess wahrscheinlichbereits eingesetzt hat. So gibt es ein-deutige Verschiebungen des Winter-areals zum Beispiel bei Grau-, Saat-und Kurzschnabelgans oder des Brut-gebiets, wie etwa bei Weißwangen- undRothalsgans. Vorläufige Analysen vor-liegender Daten lassen vermuten, dasseinzelne Gänsearten, wie die Kurz-schnabelgans, von der Klimaerwär-mung profitieren könnten, während andere Arten, wie die Ringelgans,wahrscheinlich starke Bestandsrück-gänge zu verzeichnen haben werden.Um die paläarktischen Gänsebeständein einem guten Erhaltungszustand zuhalten, ist weitere Forschung dringenderforderlich.Die Vogelgrippe ist nach wie vor eineGeflügelkrankheit. Trotz der Unter-suchung von über 45.000 Proben vonlebenden Wildvögeln wurde das H5N1-Virus in Europa bisher nur bei rund 750kranken oder toten Vögeln gefunden.Trotz anders lautender Äußerungen inden Medien spielen Zugvögel allemAnschein nach bei der Verbreitung desH5N1-Virus nur eine sehr untergeord-nete Rolle. Die wirklichen Übertra-gungswege sind noch immer unbe-kannt. Obwohl die Übertragung vonH5N1-Viren über Kot als einer derHauptübertragungswege beschriebenwird, scheinen Kloaken-Proben bei der Beprobung von Vögeln wesentlich weniger aussagekräftig zu sein als Oesophagus-Proben. Auch hier bestehtweiterhin dringender Forschungsbedarf.Die Erforschung der Zugwege einzel-ner Gänsearten mit der Hilfe von Satel-liten-Telemetrie hat in den letzten Jah-ren überraschende Ergebnisse gebracht.Mit einem Sender ausgestattete Vögelflogen zum Teil unerwartete Umwegebeziehungsweise wechselten zwischenden aufgrund von Beringungsergebnis-sen bisher unterschiedenen separatenZugrouten. Diese neuen Erkenntnissesind für die Schutzbemühungen sowiefür die Überlegungen in Zusammen-hang mit Themen, wie die Vogelgrippe,von entscheidender Bedeutung. Auf-grund der hohen Kosten der Anwen-

dung der Satelliten-Telemetrie konntenbisher nur wenige Sender angebrachtwerden, wodurch zurzeit nur Einzel-ergebnisse vorliegen. Damit allgemein-gültige Schlussfolgerungen gezogenwerden können, müsste die Forschungwesentlich intensiviert werden. Die istaber nur bei einer wesentlich verbesser-ten finanziellen Ausstattung möglich.Generell besteht für die notwendigeForschung dringender Bedarf an lang-fristig planbaren internationalen Pro-jekten mit einer gesicherten Finanzie-rung sowie dies für Technologiepro-jekte beispielsweise im Bereich derRaumfahrt, Physik, Gentechnik und soweiter üblich ist.

Zusätzlich zu den Plenarsitzungen tagtendie Teilnehmer in mehreren Arbeitsgrup-pen, die jeweils eine Gänseart zum Themahatten.Besonders zu erwähnen sind die Ergebnisseder Zwerggans-Arbeitsgruppe, die noch indem neuen internationalen Aktionsplan fürdie vom Aussterben bedrohte Art einge-arbeitet werden sollen. Zur Rettung derZwerggans wurden seit Anfang der 1980erJahre mehrere Wiedereinbürgerungspro-jekte durchgeführt. Obwohl das Schwe-dische Zwerggans-Wiedereinbürgerungs-projekt, das Weißwangengänse als Pflege-eltern einsetzte, und das Ultraleicht-Pro-jekt, das Ultraleicht-Flugzeuge als Pflege-eltern nutzt, äußerst erfolgreich waren,wurden die Projekte Ende 1999 eingestellt.Grund waren Zweifel an der genetischenReinheit der für die Ausbürgerungen be-nutzten Gefangenschaftsvögel sowie Be-denken gegen die Neugründung einer Zugroute nach Westeuropa und darüberhinaus wurden Hybriden der im Schwe-

dischen Projekt ausgesetzten Vögel mitWeißwangengänsen beobachtet.Im Rahmen der Zwerggans-Arbeitsgruppewurde über die neuesten Ergebnisse derZwerggansforschung berichtet. So zeigtenrezente Untersuchungen, dass es eine tradi-tionelle Zwerggans-Zugroute von Lapp-land entlang der Schwedischen Küste nachWesteuropa gab und Westeuropa ein tradi-tionelles Überwinterungsgebiet für die Artist. Damit haben die bisherigen Ausbürge-rungsaktionen keine neue und unnatürlicheZugroute begründet, sondern eine alteZwerggans-Zugroute wiederbelebt.Die Ergebnisse eines weiteren Forschungs-projektes zeigten, dass die deutsche Zwerg-gans-Zuchtpopulation keine Hybride auf-weist, während unter den finnischen undschwedischen Zuchttieren zwischen 10 bis30 Prozent Hybride zu finden sind, die je-doch ausselektiert werden können. Damitsind die Zwerggänse aus deutschen Zucht-beständen und ein Teil der Vögel aus Finn-land und Schweden für die Nachzucht undfür Ausbürgerungsaktionen geeignet. Diewichtigsten Bedenken gegen weitere Aus-bürgerungsprojekte sind somit ausgeräumt.In der Rothalsgans-Arbeitsgruppe wurdeunter anderem festgestellt, dass die Art ihrBrutgebiet in den letzten Jahren stetig aus-dehnt, aber in den Wintergebieten statt einer Bestandszunahme vielmehr einemBestandsrückgang feststellbar ist. Es gibtbisher noch keine Erklärung für diesen offensichtlichen Widerspruch.In der Saatgans-Arbeitsgruppe wurde fest-gestellt, dass mit Ausnahme der west-paläarktischen Tundrasaatgans, alle übri-gen Saatgans-Populationen in Bestand ab-nehmen. Die Saatgansbestände der öst-lichen Paläarktis, wie z.B. in Usbekistanund China sind weitgehend zusammen-gebrochen und auch der Bestand der west-paläarktischen Taigasaatgans ist rück-läufig. Es zeigte sich, dass die Zugwegeder fennoskandischen Taigasaatgänse sichzum Teil mit denen der fennoskandischenZwerggänse decken.Die Tagung machte deutlich, dass es in vielen Bereichen noch erheblichen For-schungsbedarf gibt. Es war allgemeinerKonsens, dass wenn wir in der Lage seinwollen, auf die sich ändernden Bedingun-gen adäquat zu reagieren, die internationaleGänseforschung wesentlich intensiviertwerden muss. Daher ist es bedauerlich,dass sich Deutschland als wichtiges „Gänse-land“ im letzten Jahrzehnt zunehmend ausder Gänseforschung verabschiedet hat.Die Ergebnisse der Tagung sollen in einemTagungsband veröffentlicht werden, derEnde des Jahres 2007 erscheinen soll.

Anschrift des VerfassersDr. Johan H. MooijBiologische Station im Kreis WeselFreybergweg 946483 WeselE-Mail: [email protected]

Auf der Gänseexkursion am Unteren Nie-derrhein boten sich trotz schlechter Witte-rung genügend Motive. Foto: A. Leito

Teilnehmer der 10. Tagung der Goose Specialist Group von Wetlands InternationalFoto: O. Mineev

Page 42: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

42 Natur in NRW 2/07

Ausgleichsmaßnahme

reiche Bergheideflächen Vaccinio-Callu-netum. Der Landesbetrieb StraßenbauNordrhein-Westfalen setzt diese Maßnah-men im Auftrag des Bundes auf Flächendes Landschaftsverbandes Westfalen-Lippein den Jahren 2006 bis 2009 um.

NaturräumlicheVoraussetzungenDer Astenberg als Kern des WinterbergerHochlandes „gipfelt in zwei über 800 Meterhohen Ausstülpungen, unter denen sich der841 Meter hohe und rundliche, oben ganzflache Stumpf des Kahlen Astens durchseine frei aufragende Lage und seine Dom-berggestalt sehr auffällig aus dem sonstmehr flachwelligem Gelände heraushebt.“(BÜRGENER 1963, S. 37).Das Naturschutzgebiet Kahler Asten wurdebereits im Jahr 1965 mit 23,70 Hektar (z. Z.36,00 Hektar) als solitärer Baumbestandmit montaner Flora insbesondere mit ark-tisch-alpinen Reliktpflanzen auf der Wet-ter-(West-)seite des Kahlen Astens ausge-wiesen und hat gemeinsam mit dem Natur-schutzgebiet Neuer Hagen z. Z. 76,70 Hek-tar (bei Niedersfeld ebenfalls Hochsauer-landkreis) eine überregionale Bedeutungals Berg-(Hoch-)heide. Beispiele für alpineReliktpflanzen auf dem Kahlen Asten sindAlpenbärlapp Diphasiastrum alpinum undIsslers Bärlapp Diphasiastrum issleri.Die Entstehung der Bergheide auf demKahlen Asten vollzog sich unter anthropo-genen Einflüssen durch:

Die B 480 und L 743 durchlaufen als Hauptverkehrsachsen die StadtOlsberg in Nord-Süd- beziehungs-

weise in Ost-West-Richtung. „Das starkeVerkehrsaufkommen lässt einen geord-neten Verkehrsablauf im Bereich der Orts-durchfahrten nicht mehr zu. Eine Vielzahlvon Behinderungen und Staus verbundenmit hohen Lärm- und Schadstoffemissio-nen sowie ein erhöhtes Unfallrisiko sinddie Folge.“ (HERMES 2005). Die neue B 480Ortsumgehung Bigge/Olsberg soll dieOrtsdurchfahrten vom Durchgangsverkehrentlasten und die Verkehrssituation imoberen Ruhrtal entscheidend verbessern.Zur Berücksichtigung der Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflegewurden ein Landschaftspflegerischer Be-gleitplan (LBP) und ein Landschaftspfle-gerischer Ausführungsplan (LAP) aufge-stellt. Zum Ausgleich unvermeidbarer Ein-griffe in Natur und Landschaft wurden unter anderem 3,60 Hektar Ersatzmaßnah-men auf dem Kahlen Asten ausgeführt, dain der direkten Umgebung der neuen Orts-umgehung nicht genügend Ausgleichs-flächen ausgewiesen werden konnten. DieErsatzmaßnahmen auf dem Kahlen Astenumfassen insbesondere die Umwandlungvon monotonen Fichtenbeständen in arten-

Volkmar Hahn

Neubegründung von Bergheide-flächen auf dem Kahlen AstenDurch die öffentliche Ausschreibung von Holzeinschlagarbeiten in Selbstwerbung zusammen mit Stubbenfräsen und Plaggen wird die natur- / kulturhistorisch wertvolle und artenreiche Bergheide auf Flächen des Naturschutzgebietes Kahlen Asten neu etabliert.

Abb. 1: Übersichtskarte Ortsumgehung Bigge/OlsbergQuelle: Landesbetrieb Straßenbau NRW,

Regionalniederlassung Sauerland – Hochstift 2007

Abb. 2: Ausschnitt aus dem Landschaftspflegerischen Ausführungsplan (LAP)Quelle: Landesbetrieb Straßenbau NRW,

Regionalniederlassung Sauerland – Hochstift 2007

Page 43: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

43Natur in NRW 2/07

AusgleichsmaßnahmeWaldvernichtung durch verstärkte Sied-lungstätigkeit im MittelalterHude- und Mastnutzung durch Viehein-triebStreunutzung und Plaggenhieb zur Ge-winnung von Düngemitteln und als Zu-satzfütterung des Weideviehs währenddes Winters. (SCHÖNKE 1984, S. 15).

„Von der vorzeitlich hier betriebenen Wald-heide-Weidenutzung zeugt der Wortstammim Namen – Asten –“ (BÜRGENER 1963,S. 37) „Als das Gebirge 1536 in den Pfandbesitz des Johann v. Hanxleben ge-langte, (…) ließ er auf dem Lichtenscheideinige Hütten bauen, besetzte sie mit Hir-ten und ließ nun von dort aus jährlich biszu 100 Ochsen feist machen.“ (HÖMBERG

1938, S. 10). Diese Hütten auf dem Lich-tenscheid-Höhenzug, der dem Kahlen Astennach Nordwesten hin vorgelagert ist, ent-wickelten sich später zum heutigen Ort Altastenberg.Bis Mitte des 20. Jahrhunderts wurden dieWinterberger Plaggrechte auf dem KahlenAsten wahrgenommen. Mit der Nutzungs-aufgabe erfolgte die sukzessive Verbu-schung und bereits zu Beginn des 20. Jahr-hunderts auch eine teilweise Aufforstung mitFichten an der Ostseite des Kahlen Astens.Die hohen Niederschläge (1476 mm/a) undflachgründiger Boden mit A-C-Horizontüber dem sauer verwitternden Felsgestein(Devonischer Schiefer) versprachen nochgute Jahreszuwächse für Fichtenforste.Große Wind- und Schneelasten führten allerdings immer wieder zum Abbrechenvon Kronen und Kronenteilen, was die Holz-qualität in den Gipfellagen des Hochsauer-landes abminderte. Unter anderem wurdendurch den Orkan – Kyrill – am 18. 1. 2007auf des Ostseite des Kahlen Asten mehrereHektar Fichtenforste außerhalb des Natur-schutzgebietes zerstört.Da die meisten Buchenwälder in dieserHöhenlage gerodet oder durch zu starkeBeweidung vernichtet wurden beziehungs-weise durch Fichtenforsten ersetzt wurden,bilden wenige Reste autochthoner Beständevon Rotbuche Fagus sylvatica auf demKahlen Asten den Kampfbuchenwald.Dieser ist ebenfalls in hohem Maße alsschutzwürdig anzusehen. Insbesondere„auf der Ostseite des Kahlen Astens hat sichein knorriger bärlappreicher Bergbuchen-wald erhalten“. (BÜRGENER 1963, S. 37).

Wissenschaftliche Grundlagenund PlanungDie Bergheide Vaccinio-Callunetum gehörtzu den artenreichsten und am stärksten be-drohten Pflanzengesellschaften der deut-schen Mittelgebirge. Ausgeprägte Berg-heiden finden sich im Hochsauerland erstab Höhenlagen über 600 Meter über Nor-mal Null. Die größere Artenvielfalt undPflanzendichte gegenüber Trockenheidenbegründet sich in den höheren Nieder-schlägen und der besseren Wasserhalte-

kapazität der Verwitterungsböden (ver-glichen mit sandigen Böden mit Ortstein-horizont bei Trockenheiden).Bei Voruntersuchungen wurde ein ph-Wertvon 3,5 im Boden unter den einzuschla-genden Fichtenforsten mit ph-Indikator-stäbchen ermittelt. Damit liegt der ph-Wertim Boden unter Fichtenforsten noch 1 Punktunter dem Wert der benachbarten Heide-flächen, in denen ein ph-Wert von 4,5 imBoden gemessen wurde. Dies deutet auf eine weitere Degradierung (Versauerung)der nährstoffarmen, flachgründigen Bödendurch die Fichtenbestände hin.Ziel der Holzeinschlagarbeiten war es einerseits Fichtenforste in Bergheide-flächen umzuwandeln und andererseits be-reits stark mit Laubholz verbuschte Heide-flächen zu entkusseln. Dabei sollten ein-zelne vorhandene Exemplare autochthonerRotbuche Fagus sylvatica (Kampfbuchen-wald) erhalten bleiben. Die Verbindungder Bergheide durchsetzt mit einzelnen dominanten Solitärgehölzen eröffnet vordem Panorama der Sauerländer Mittel-gebirgslandschaft ein einmaliges Land-schaftsbild (siehe Abb. 3).Bisherige Erfahrungen aus der LüneburgerHeide zeigen, „dass selbst nach Beseitigung100-jähriger Koniferenbestände, die ausHeideaufforstung hervorgegangen waren,eine spontane Heideentwicklung aus derSamenbank einsetzt, sofern die Rohhumus-auflagen vorab maschinell beseitigt wur-den.“ (KEIENBURG et PRÜTER 2006, S. 48).

Ausschreibung und UmsetzungenÖffentliche Ausschreibungen in Ausschrei-bungsblättern, Submissionsanzeigern undin Internetplattformen sind im Tiefbau undLandschaftsbau Grundlage für die Auf-tragsvergabe der deutschen Straßenbau-verwaltungen. Holzeinschlagarbeiten inSelbstwerbung werden durch Forstämterin der Regel beschränkt ausgeschriebenoder freihändig vergeben, da beim Holz-verkauf in der Regel Einnahmen entstehen,die die Werbungskosten übersteigen. Vor

diesem Hintergrund gehören kleinere undmittlere Forstunternehmen bisher in derRegel nicht zu den Abonnenten der Sub-missionsanzeiger und Ausschreibungsblät-ter. Um diesen Bewerberkreis trotzdem mitder öffentlichen Ausschreibung für Holz-einschlagarbeiten der Straßenbauverwal-tung auf dem Kahlen Asten anzusprechen,erfolgte neben der Veröffentlichung inSubmissionsanzeigern noch eine Veröffent-lichung in der größten Lokalzeitung desHochsauerlandkreises.Beim Holzeinschlag in Selbstwerbung er-hält der Unternehmer das Recht (und dieVerpflichtung) einen Gehölzbestand inner-halb einer bestimmten Frist einzuschlagenund zu verkaufen. Die Einnahmen aus demHolzverkauf abzüglich der Werbungs-kosten bietet der Forstunternehmer demAuftraggeber als Einheitspreis pro Qua-dratmeter oder Hektar an. In der Aus-schreibung waren diese Einnahmen als negative Einheitspreise in die Positionenfür Holzeinschlag einzutragen.Die steigenden Holzpreise insbesondere inden unteren Qualitäten und für Brennholzverursacht durch steigende Rohstoffpreisefür Erdgas und -öl führten dazu, dass Holz-einschlag in Selbstwerbung für Wald-besitzer und Unternehmer seit 2005 immerattraktiver geworden ist.Voraussetzung für die öffentliche Aus-schreibung von Holzeinschlagarbeiten inSelbstwerbung war die genaue Beschrei-bung des Baumbestandes und der durchzu-führenden Einschlagarbeiten. Dazu wurdender Baumdurchmesser als Maximum, Minimum, Durchschnitt und die Stich-probenstandardabweichung vom Durch-schnitt in Zentimeter ermittelt und ange-geben. Weiterhin wurden in den Ausschrei-bungspositionen die Baumartenverteilungund die Bestandsdichte angegeben. DieseDaten wurden auf Grundlage von repräsen-tativen Testflächen ermittelt. Je nach Dichteund Art des Baumbestandes wurden dieseTestflächen 100 bis 400 Quadratmeter großgewählt, um zuverlässige Bestandsdaten zuermitteln. Die Lage der Ersatzflächen mitden dazugehörigen Testflächen wurde den

Abb. 3: Landschaftsbild der Bergheide mit Solitärgehölzen als Entwicklungsziel.Foto: V. Hahn

Page 44: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

44 Natur in NRW 2/07

Ausgleichsmaßnahme

Anschrift des VerfassersVolkmar HahnDipl. Ing. (FH) LandespflegeLuisenstraße 759872 MeschedeE-Mail: [email protected]

Bietern im Maßstab 1:1.000 mit den Aus-schreibungsunterlagen zur Verfügung ge-stellt. Zusätzlich erfolgte in den Ausschrei-bungsunterlagen der Hinweis, dass sich derBieter vor Angebotsabgabe vor Ort über dieLage und Qualität der Fichten- und Laub-holzbestände sowie alle ertragskundlichenVerhältnisse zu informieren hat und Er-kenntnisse daraus in der Kalkulation ent-sprechend zu berücksichtigen sind. DieSelbstwerbung eröffnet damit auch Auf-traggebern mit geringer Kenntnis der Holz-qualität die Möglichkeit zur Vermarktungdes Holzes unter realen Wettbewerbsbedin-gungen. Einsparungen ergeben sich für denAuftraggeber insbesondere bei den zeit-lichen Aufwendungen für die Vermarktung,die bei Selbstwerbung durch den Auftrag-nehmer übernommen wird.Als weitere Arbeiten zur Etablierung derBergheide erfolgten anschließend das voll-ständige Abräumen des Schlagabraumessowie auf einzelnen Initialflächen das Frä-sen der Stubben und der Rohhumusabtrag(plaggen). Das Abräumen des Schlag-abraumes, Stubbenfräsen und der Roh-humusabtrag sind relativ kostenintensiveArbeiten die als positive Einheitspreise(EP) in der Ausschreibung gegengerechnetwurden, wodurch sich eine positive Ange-botssumme ergab (siehe Abb. 4).Zur Förderung der Versamung von Heide-kraut Calluna vulgaris wurde die zuvor er-mittelte etwa sieben Zentimeter dicke Roh-humusschicht auf mehreren Initialflächenbis auf den Mineralboden maschinell ab-getragen (geplaggt). Durch die Einhaltungder sieben Zentimeter dicken Abtrag-schicht kam es dazu, dass an einigen Stel-len noch Reste der Rohhumusschicht ver-blieben. Dieses Verbleiben einer sehr dün-nen Humusschicht wird auch als – Schop-pern – bezeichnet. „Insofern vermittelt dasSchoppern in der Bearbeitungsintensitätzwischen Mahd und Plaggen.“ (KEIEN-BURG et PRÜTER 2006, S. 47). Das Schop-pern führt somit zu einer schnelleren Regenerierung der Heide, da die Wurzelnder Heidepflanzen im Gegensatz zumPlaggen nicht mit entfernt werden. ELLEN-BERG 1986, S. 684, begründet die Notwen-

digkeit des Plaggens darin, dass nicht wieursprünglich angenommen die Azidität desRohhumus die Keimlinge von Callunavulgaris zum Absterben bringt, sondern rasches Austrocknen der Rohhumusschichtverhindert, dass die Keimlinge von Callunavulgaris den Mineralboden erreichen.Erfahrungen der Unteren Landschafts-behörde des Hochsauerlandkreises bei vor-angegangenen Plaggarbeiten haben gezeigt,dass das Heidekraut Calluna vulgaris durchdas Plaggen und die schnelle generativeVermehrung durch Versamung beziehungs-weise Samenbank im Boden überpropor-tional gefördert wird. Andere Arten derBergheide wie Heidelbeere Vaccinium myrtillus und Preiselbeere Vaccinium vitis-idaea hingegen können sich nach demPlaggen nur sehr zögernd etablieren. Da inder Krautschicht der Fichtenbestände stel-lenweise Heidelbeerbestände flächig vor-handen waren, wurden diese Flächen zurFörderung der Vaccinium-Arten nicht mitgeplaggt beziehungsweise geschoppert.Durch diese verschiedenen Bearbeitungs-intensitäten ergibt sich ein kleinräumigesMosaik von entkusselten, geplaggten, ge-schopperten, und gemähten Flächen sowieFlächen mit verschiedenen Rohhumusauf-lagen (Fichtennadeln/Laub). Dieses Bear-beitungsmosaik eröffnet pflanzen- undtierökologische Nischen so unter anderemfür Bodenbrüter wie den Wiesenpieper Anthus prantensis. Der Wiesenpieper wurdeauch als „Umbrella Species“, das heißt alsArt mit etwas größerem Bekanntheitsgradund Sympathieträger für die Öffentlich-keitsarbeit auf einer Informationstafel amAstenturm ausgewählt (siehe Abb. 5).Nach Abschluss der dreijährigen Fertig-stellungs- und Entwicklungspflege erfolgtdie Beweidung der neuen Bergheideflächenanalog zu den bereits bestehenden Heide-flächen durch Schafe und Ziegen. Ihr Trittund Verbiss verhindert ein erneutes Auf-kommen von Gehölzen und die Ausbrei-tung der Drahtschmiele Avenella flexuosa.

Ausblick und weitererForschungsbedarfIn den kommenden Jahren erfolgt eineEntwicklungsbeobachtung (Monitoring)der Vegetationsentwicklung auf mehrerenje 10 Quadratmeter großen Testflächen derneu geschaffenen Bergheide. Dabei wer-den insbesondere die Entwicklungsunter-schiede zwischen geplaggten und geschop-perten Flächen sowie Flächen mit Roh-humusauflage dokumentiert. Ferner wirdim Rahmen der dreijährigen Fertigstel-lungs- und Entwicklungspflege geprüft,wie sich die jährliche Mahd von Kahl-schlagstauden und Baumsämlingen im Ver-gleich zu anderen Standorten ohne diesePflegemaßnahmen auswirkt. Erkenntnisseaus diesen Beobachtungen sollen für dieweitere Entwicklung der Bergheide imHochsauerlandkreis genutzt werden.

LiteraturBÜRGENER, M. 1963: Die naturräumlichen Ein-heiten auf Blatt 111 Arolsen, Bonn-Bad Godes-bergELLENBERG 1986: Vegetation Mitteleuropas mitden Alpen in ökologischer Sicht 4. AuflageStuttgartHERMES, E. 2005: Informationsblatt Bundes-straße B 480 Ortsumgehung Bigge/OlsbergHrsg. Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen, Niederlassung MeschedeHÖMBERG, A. K. 1938: Die Siedlungsgeschichtedes oberen Sauerlandes, MünsterKEIENBURG, T. et PRÜTER J. 2006: Naturschutz-gebiet Lüneburger Heide, Erhaltung und Ent-wicklung einer alten Kulturlandschaft, Mittei-lungen der NNA 17. Jahrgang 2006, Sonderheft 1SCHÖNKE P. 1984: Entstehung, Pflege und Siche-rung der Hochheide am Kahlen Asten, Natur-schutzgebiet, Diplomarbeit FH Hildesheim/Holz-minden, Fachbereich Forstwirtschaft Göttingen

ZusammenfassungZum Ausgleich unvermeidbarer Ein-griffe in Natur und Landschaft durch denBau der B 480 Ortsumgehung Bigge/Olsberg wurden in dem Naturschutzge-biet Kahlen Asten u. a. 3,6 Hektar Fich-ten- und Laubholzbestände eingeschla-gen. Dies geschah mit dem Ziel durchweitere Maßnahmen wie Stubbenfräsenund Plaggen die natur-/kulturhistorischwertvolle und artenreiche BergheideVaccinio-Callunetum neu zu etablieren.Die Planung und öffentliche Ausschrei-bung der Maßnahme erfolgte durch denLandesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen.

Abb. 5: Informationstafel am Astenturm.Foto: V. Hahn

--50 T€ --25 T€ 0 € +25 T€ +50 T€

Einnahmen aus Holzverkauf, Pos. mit negativ. Einheitspreisen

+ Aufwendungen

für Heideentw. u. 3-jährige Pflege, Pos. mit positiven EP

Positive Angebots- summe

Abb. 4: Bildung der Angebotssumme (exem-plarisch) Quelle: Hahn 2006

Page 45: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

45Natur in NRW 2/07

BeweidungsprojektHöltigbaumvon Oheim, G., Eischeid, I., Finck, P.,Grell, H., Härdtle, W., Mierwald, U.,Riecken, U. und Sandkühler, J.: Halb-offene Weidelandschaft Höltigbaum –Perspektiven für den Erhalt und die naturverträgliche Nutzung von Offen-landlebensräumen. Bundesamt für Natur-schutz (BFN) Bonn 2006, 280 S. und CDmit Abbildungen, Fotos und Tabellen,ISBN 978-3-7843-3936-8, 20 €.

Am Stadtrand von Hamburg wurde 1992ein militärisches Panzer-Übungsgebietaufgegeben und in der Folge als halboffeneWeidelandschaft im Sinne des Natur-schutzes genutzt. Ab 1999 wurde dort aufeiner Fläche von gut 220 Hektar eine na-turschutzgerechte Pflege durch Ganzjah-resbeweidung mit Rindern und Schafen (0,41 Großvieheinheiten/ha im Mittel) installiert. Da in Deutschland über die naturschutzfachlichen und ökonomischenPerspektiven halboffener Weidelandschaf-ten wenig gesicherte Erkenntnisse vor-lagen, förderte das BfN das Projekt halb-offene Weidelandschaft Höltigbaum alsErprobungs- und Entwicklungsvorhaben(E & E). Neben den ökologischen Ent-wicklungen sollte herausgearbeitet wer-den, ob und unter welchen Rahmenbedin-gungen großflächige Weidesysteme sichselbst tragen können. Der vorliegendeBand gibt die Ergebnisse der wissenschaft-lichen Begleituntersuchungen des Bewei-dungsprojekts 1999 bis 2003 wieder.

Beteiligt waren das Kieler Institut für Land-schaftsökologie, die Universität Lüneburgsowie die Landwirtschaftskammer Schles-wig-Holstein. Im Gelände wurden acht ver-schiedene Tiergruppen, Flora, Vegetationund strukturelle Parameter sowie die Raum-nutzung der aufgetriebenen Rinder undSchafe erfasst. Die strukturelle Entwick-lung des Gebietes wurde detailliert kartiertund dokumentiert.

Der zweite Teil, der ökonomische Part desBerichtes, zeigt eine Fülle von Anfangs-problemen auf, wie sie bei Ganzjahresbe-weidung mit strengen (und relativ starren)Naturschutzvorgaben typisch sind: vonÜberbeweidung zum Parasitenbefall bis hinzu 17 verendeten Tieren, was 20 Prozent desFleischertrages im Untersuchungszeitraumentspricht und außerdem aus Tierschutz-sicht inakzeptabel ist. Entsprechend nega-tiv fällt die ökonomische Bewertung desPächters und Betriebsleiters aus. Eine öko-nomische Gegenkalkulation durch die wis-senschaftliche Begleitgruppe kommt zwarzu deutlich günstigeren ökonomischenPerspektiven. Dennoch wird im Ergebnisein Zuschussbedarf für die naturschutz-gerechte Beweidung ermittelt, erweist sichdoch das Weidemanagement und die Her-denführung als wesentlich aufwändiger als ursprünglich gedacht. Es werden Emp-

fehlungen zur Verbesserung des Herden-managements gegeben, beispielsweisebessere Tierkontrollen, veterinärmedizini-sche Betreuung, Herdenführung, Einrich-tung temporärer Ruhezonen und gestaf-felte Beweidung.In der Synopse wird eine positive Wirkungder Ganzjahresbeweidung auf Flora undFauna herausgestellt. Unter dem 4-jähri-gen Beweidungseinfluss haben sich Ziel-arten nach Menge und Verteilung positiventwickelt. Aufgrund der Isolation desProjektgebiets inmitten der intensivenAgrarlandschaft und der Lage am Stadt-rand von Hamburg sind aber keine Artenvon außen hinzugekommen, die die durchdie Beweidung neu geschaffenen Nischenhätten besiedeln können. Deswegen wer-den gezielte Ansiedlungsversuche für er-folgsversprechend erachtet. Es werden zusätzliche Naturschutzmaßnahmen emp-fohlen, etwa sporadisches Abschieben desOberbodens zur Erhaltung typischer Offenbodenbewohner und Pioniere odermechanische Gehölzbeseitigung. ZumSchluss werden Vorschläge zum künftigenMonitoring/Erfolgskontrollen aufgezeigt.Eine Materialien-CD dokumentiert dieKartierungen der Flora und Fauna im Detail und gibt mittels umfassender Foto-dokumentationen vom Boden und aus derLuft Einblick in eine faszinierende Weide-landschaft. C. Michels

Flora des nördlichenSauerlandesMieders, G. (2006): Flora des nördli-chen Sauerlandes. NZZ MärkischerKreis, Naturwiss. Vereinigung Lüden-scheid, ISBN 3-89053-104-0, 19,90 €.Als Band Nr. 30 der Reihe „Der Sauerlän-der Naturbeobachter“ ist 2006 von Georg

Mieders die „Flora des nördlichen Sauer-landes“ erschienen. Auf 608 Seiten listetder Verfasser insgesamt 1545 Pflanzen-sippen auf, von denen 1183 im Gebiet derFlora beständig auftreten oder auftraten. Inder Einleitung wird zunächst das Unter-suchungsgebiet abgegrenzt – es handeltsich um einen großen Teil des nördlichenSauerlandes. Das Untersuchungsgebiet ragtweit in das mittlere Sauerland hinein, gehtim Osten bis in das Möhnetal und denArnsberger Wald, im Norden bis nachDortmund und an den Haarstrang heranund erreicht im Westen die SauerlandlinieA 45 und umfasst somit auch Teile derStadt Hagen. Obwohl der Raum Hagen erstkürzlich in floristischer Hinsicht durch diezweite Auflage der Flora von Hagen, näm-lich die „Flora und Vegetation von Hagenund Umgebung“, behandelt worden ist(Kersberg & al. 2004), ferner 2003 derNRW-Pflanzenverbreitungsatlas erschien(Haeupler, Jagel & Schumacher 2003),schließt das Werk von Mieders eine erheb-liche Lücke. Die Geschichte der botanischenErforschung des untersuchten Raumes wirddargestellt. An die Behandlung der poten-tiellen natürlichen und realen Vegetationschließen sich Kapitel über die Ziele desWerks und die Verarbeitung der Daten so-wie Hinweise zum Gebrauch der danachfolgenden Pflanzenliste an. Mieders warnicht allein auf sich gestellt und nennt einen großen Kreis von Botanikerinnenund Botanikern, die ihn bei Exkursionen,mit Fundangaben und auch sonst unter-stützten. Besonderer Dank gilt auch demNaturschutzzentrum Märkischer Kreis e.V.für die Unterstützung bei der technischenUmsetzung dieses Buchprojektes.In der Pflanzenliste gibt der Verfasser zujeder genannten Art Informationen überden Häufigkeitsgrad, Standortbedingun-gen und -ansprüche sowie bevorzugte Böden. Es folgen bei den selteneren Artenteils umfangreiche Fundortauflistungen.Das Werk wird abgerundet mit 26 Verbrei-tungskarten sowie 170 farbigen Abbildun-gen zur Pflanzenwelt und zur Landschaft.Es folgen am Schluss eine Übersichtskartedes Untersuchungsgebietes und ein umfas-sendes Literatur- und Quellenverzeichnis.Die Pflanzenliste ist das Ergebnis der über40-jährigen Gelände- und Forschungs-arbeit des Autors und seiner Helfer. Ohneeine hohe Artenkenntnis, beharrliche Er-forschungs- und Untersuchungstätigkeitund andere Fähigkeiten des Verfassers wäre diese wichtige Darstellung nicht zu-stande gekommen. Die unabdingbarenVoraussetzungen für diese Flora, die vorallem in der Person von Georg Mieders be-gründet sind, konnte niemand anderes alsReiner Feldmann in seinen Worten „ZumGeleit“ der Flora bestens darstellen. DerVerfasser dieser Zeilen will hiermit ver-suchen, das Interesse der botanisch Täti-gen und von allen Freunden der Pflanzen-welt an dem „Mieders“ zu wecken.

Buchbesprechungen

Page 46: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

46 Natur in NRW 2/07

Besonderer Dank gilt auch der Nordrhein-Westfalen-Stiftung sowie weiteren Spon-soren, die durch Zuschüsse es ermöglichthaben, dieses in Aufmachung und Inhaltvorbildliche Werk breiten Interessenten-gruppen zugänglich zu machen. Die Florades nördlichen Sauerlandes kann zum Preise von 19,90 € zzgl. 6 € Versandkostenbeim Naturschutzzentrum MärkischerKreis e.V., Grebbecker 3, 58509 Lüden-scheid bezogen werden, Bestellungen sindauch unter [email protected]öglich.

D. Büscher

Erfolgskontrolle in Natur-schutzgroßvorhabenNiclas, G. und Scherfose, V. (Bearb.):Erfolgskontrollen in Naturschutz-großvorhaben des Bundes. Teil 1: Öko-logische Bewertung. BfN 2005. 193 S.,ISBN 3-7843-3922-0, 18 €.Im Rahmen einer Tagung auf der InselVilm wurden aus verschiedenen abge-schlossenen und bereits länger laufendenNaturschutzgroßprojekten Erfolgskontrol-len zur Entwicklung von (Ziel-)Arten, Vegetation, Biotopen und Landschaftsaus-schnitten vorgestellt. Die Ergebnisse wur-den in Bezug auf die angewandten Maß-nahmen und Projektziele diskutiert, unddie verschiedenen Ansätze der Unter-suchungen wurden verglichen.Die Tagung auf Vilm war Auftakt einerVeranstaltungsreihe zum Thema „Erfolgs-kontrollen in Naturschutzgroßprojektendes Bundes“. Schwerpunkte dieser Auft-aktveranstaltung waren Bestands- undWirkungskontrollen anhand abiotischerund biotischer Faktoren.

Flora von Nimwegenund Kleve 1800 bis 2006Gerard Dirkse, Sophie Hochstenbach,Fons Reijerse (2007): Flora van Nij-megen en Kleef /von Nimwegen undKleve 1800–2006, herausgegeben vonhet sevendal, Mook, Niederlande imAuftrag der KNNV Nijmegen, 2007; ISBN 978-90-76212-07-4, Preis: 49,50 €.Bezug: NABU-Naturschutzstation e.V.,Bahnhofstraße 15, 47559 Kranenburg,Tel.: 02826/91876-00, Fax: 02826/91876-29, E-Mail: [email protected] erschien der landesweite Verbrei-tungsatlas der Farn- und GefäßpflanzenNordrhein-Westfalens. Nun ist für die mäßig durchforschte Grenzregion am Nie-derrhein eine lokale Flora erschienen –wohl die erste, die einen grenzübergreifen-den Raum abdeckt. Etwa zwei Drittel desungefähr 1.000 Quadratkilometer umfas-senden Kartiergebietes liegen in den Nie-derlanden, der Rest im Norden des KreisesKleve. Zwei Gründe waren für diese ungewöhnliche Abgrenzung verant-wortlich: Zum Einen das Arbeitsgebiet derhistorischen Vorbilder, der Floren vonNimwegen (Abeleven 1888) und Kleve(Herrenkohl 1871); zum anderen die land-schaftlichen Einheiten „de Gelderse Poort“,das Niederungsgebiet von Rhein und Waalund die Saale-eiszeitliche Endmoräne vonKleve und Nimwegen, für die jüngst dermittelalterliche Name „Ketelwald“ wiederbelebt wurde.Das Herzstück des Werkes sind etwa 1.500Verbreitungskarten. Dabei ist die Verbrei-tung in den Niederlanden in dem dort üblichen Quadratkilometer-Raster wieder-gegeben, auf der deutschen Seite im Sechzehntel-Messtischblatt-Raster. Diese

Karten werden durch die verbale Beschrei-bung der historischen Verbreitung von1.800 Arten ergänzt. Diese Beschreibun-gen sind nur im Niederländischen wieder-gegeben. Die Ähnlichkeit des Niederländi-schen mit dem Deutschen und eine zwei-seitige Übersetzungshilfe sollten hier Allen die Lesbarkeit ermöglichen.In dieser Niederrheinischen Flora spürt manpersönliche Leidenschaften der Autorenund sonstigen „Machern“. So setzt sich deroben schon erwähnte historische Bezug ineinem vorzüglichen Kapitel über die Land-schaftsgeschichte dieses Raumes fort. Ver-anschaulicht wird dies mit einer Serie vonKarten, die die Entwicklung der letzten200 Jahre wiedergibt und mit Auszügenaus verschiedensten Texten belegt. Diese„Augenzeugenberichte“ beleuchten dieLandschaft, die Pflanzenwelt oder das Leben der Menschen in dieser Region. Ungewöhnlich sind etwa 1.000 Schwarz-weiß-Aufnahmen, die die Pflanzen vor einem weißen Hintergrund zeigen und sehrästhetisch sind.Für verschiedene Lebensräume wird aucheine Bilanz aufgemacht: Wie viele Artensind verschwunden, wie viele dazugekom-men? Wie an manch anderer Stelle imBuch wird hier das besondere Interesse derAutoren für Gartenflüchtlinge und andereNeophyten deutlich.Sicher erfüllt das Werk mit den aufgezähl-ten Leistungen alle Erwartungen, die manan eine regionale Flora stellt und etlichedarüber hinaus. Dem enormen Fleiß derMacher ist es zu verdanken, dass die Ver-breitungskarten und historischen Angabenvon hoher Vollständigkeit sein dürften.Aufgrund des Umfangs der Daten und derErfahrung der Autoren hätte man sich nochweitergehende, qualifizierende Aussagenbei der „Florenbilanz“ gewünscht. Aus Sichtdes Naturschutzes fehlt hier der Mut zu öko-logischer Beurteilung. Das wiedergegebeneMaterial ermöglicht aber jedem Leser, sichhier ein eigenes Urteil zu erlauben.Der Preis ist angesichts der Ausstattunggerechtfertigt und letztlich nur dank derUnterstützung mehrerer Stiftungen, derProvinz Gelderland, der EU und einigerKommunen möglich geworden.

BenediktbeurerGesprächeAllianz Umweltstiftung (Hrsg.) 2006:Benediktbeurer Gespräche der Allianz-Umweltstiftung 2002 bis 2006.Die Allianz-Umweltstiftung präsentiert mitdiesem Buch „Benediktbeurer Gespräche2002 bis 2006“ eine bemerkenswerte Tagungsdokumentation zu folgenden The-men:

Schneizlreuth statt Ballermann – wiesehen Urlaub und Freizeit in Zukunft aus?

Buchbesprechungen

Floravan Nijmegen en Kleef 1800-2006

von Nimwegen und Kleve 1800-2006

Page 47: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

47Natur in NRW 2/07

Unser täglich Brot gib uns heute … –Wie steht es um unsere Ernährung inder Zukunft?Unser Kopf ist rund, damit das Denkendie Richtung wechseln kann – zur Rolle der Mobilität in der modernenGesellschaftHeutzutage kennt man von allem den Preis und von nichts den Wert! – Konsum zwischen Nachhaltigkeit undLebensfreudeIn der Welt zu Hause – aber wo daheim?– Orientierung im Spannungsfeld zwi-schen Globalisierung und Heimatver-bundenheit.

Leitmotiv der Benediktbeurer Gesprächeist die gesellschaftliche Auseinanderset-zung zu fördern, starre Konfrontationenaufzulösen und die umweltpolitische Dis-kussion zu versachlichen. Hierzu werdenjeweils sehr unterschiedliche Referenteneingeladen, die auch ihre ganz individuel-len Sichtweisen deutlich machen.Wer den gewichtigen Tagungsband in dieHand nimmt und durchblättert, wirdzunächst durch die ganzseitigen, qualitativhochwertigen und stimmigen Fotos in denBann gezogen. Die Bilder machen auf dieTagungsbeiträge der Fachreferenten, Fest-redner und Querdenker aufmerksam undwecken das Interesse, sich durchaus aucheinmal mit Themen auseinanderzusetzen,die bisher nicht so im unmittelbaren eige-nen Interesse standen. In welchem anderen Tagungsband zumThema „Umwelt“ kann nachgelesen wer-den, was Rennrodler Georg Hackl, Star-koch Alfons Schubeck, GEO-FotographThomas Stephan, Astronaut Ulf Merbold,Trendforscher Peter Wippermann nebeneinschlägig bekannten Umweltfachleutenzu bestimmten Umweltthemen zu sagenhaben?

Der Allianz-Umweltstiftung ist es mit diesem Tagungsband gelungen, ihre Bene-diktbeurer-Umweltgespräche, zu denen siestets eine illustre Gesellschaft und meistauch prominente Redner in ein anspruchs-volles Ambiente einlädt, nicht nur zu dokumentieren, sondern wiederum ins Gespräch zu bringen. G. Hein

Ein Rettungsnetz für die WildkatzeNaturschutz-Akademie Hessen, Bundfür Umwelt und Naturschutz Deutsch-land, Institut für Tierökologie und Naturbildung (Hrsg.) 2006: Kleine Kat-zen – Große Räume. Tagungsband zurWildkatzentagung in Fulda am 11. 11.2005, NAH-Akademie-Berichte, Wetz-lar, NZH Verlag, 116 Seiten, Braschner,DINA5, ISBN-10, 3-926871-52-0.Die Naturschutzakademie Hessen, derBund für Umwelt und NaturschutzDeutschland, Landesverband Hessen e. V.und das Institut für die Tierökologie undNaturbildung hatten im November 2005 zuder oben genannten Tagung nach Fuldaeingeladen.Lebensraumfragmentierung und Verinse-lung naturnaher Restbiotope sind zentraleProbleme in unserer Zivilisationsland-schaft. Die Forderung nach einem groß-flächigen Biotopverbund ist seit langemGegenstand wissenschaftlicher und um-weltpolitischer Diskussionen und seit 2002im Bundesnaturschutzgesetz verankert.Die Wildkatze ist eine der Leitarten für denBiotopverbund. Ein funktionierender Bio-topverbund für die Wildkatze kommt auchzahlreichen anderen Wildtieren zugute.Hessen hat eine zentrale Brückenfunktionfür die Wildkatzenpopulationen in West-deutschland und im zentraleuropäischenRaum. Erfolgskontrollen, die die Wirk-samkeit des Biotopverbundes für die be-treffenden Arten und Lebensräume be-legen, sind die Ausnahme. Aus der Auf-nahme der Wildkatze in Anhang IV derFFH-Richtlinie folgen eine ganze Reihevon Schutz- und Monitoringpflichten fürdie Staaten. Die damit verbundenen Auf-gaben lassen sich nur gemeinsam lösendurch Zusammenarbeit von Naturschutz-verwaltung, Verbänden und Wissenschaft.Der Tagungsband bietet eine ausgezeich-nete Grundlage zur Geschichte der Wild-katzenverbreitung, zu ihrer Biologie, aktuellen wildbiologischen Methoden zuihrer Erforschung, der Verbreitung und derEntwicklung von Schutzkonzepten undKonzepten für den Biotopverbund, undzeigt am Beispiel der Zusammenarbeit vonHessen, Thüringen und Bayern eine erfol-greiche Kooperation von ehrenamtlichemund amtlichem Naturschutz.

Der Tagungsband enthält nicht nur die andiesem Tag gehaltenen Vorträge sondernauch zusätzliche Beiträge und bietet damiteine wichtige Grundlage für den Schutzder Wildkatze und alle daran Interessierten.

M. Petrak

100 Jahre NaturschutzFrohn, H.-W., Schmoll, F. (Bearb.): Natur und Staat. Staatlicher Natur-schutz in Deutschland 1906–2006. Land-wirtschaftsverlag 2006. BfN, Natur-schutz und Biologische Vielfalt Bd. 35.738 S., ISBN-Nr. 3-7843-3935-2, 36 €.In diesem Jahr begehen die Naturschutz-verwaltungen und das Bundesamt für Naturschutz (BfN) das 100-jährige Ju-biläum Naturschutz als Staatsaufgabe. DieWurzeln des heutigen BfN reichen bis in das Jahr 1906, als am 22. Oktober inDanzig die „Staatliche Stelle für Natur-denkmalpflege in Preußen“ gegründetwurden. Dies war weltweit die erste Insti-tution ihrer Art.Zu diesem historischen Datum präsentiertdas Bundesamt für Naturschutz eine Ju-biläumsschrift mit dem Titel „Natur undStaat. Staatlicher Naturschutz in Deutsch-land 1906–2006“.Die Jubiläumsschrift setzt sich aus insge-samt sieben Beiträgen von renommiertenHistorikerinnen und Historikern zusam-men und wurde von der Stiftung Natur-schutzgeschichte in Königswinter erarbei-tet. Die Autorinnen und Autoren beleuch-ten einige erfolgreiche Entwicklungen undergründen dabei Wurzeln heutiger Natur-schutzkonzepte. Gleichzeitig werden aberauch Rückschläge und die besonders problematische Zeit des Naturschutzes imNationalsozialismus eingehend betrachtet.

Buchbesprechungen

Page 48: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

48 Natur in NRW 2/07

Ein Beitrag ist der bedeutenden RolleDeutschlands im internationalen Natur-schutz gewidmet. Vervollständigt wird dasWerk durch 29 Biographien herausragen-der Persönlichkeiten des Naturschutzes.

Anpassung an den KlimawandelDer im April des Jahres erschienene zweiteTeil des Weltklimaberichts der VereintenNationen (UN) warnt vor fehlendenSchutz- und Anpassungsmaßnahmen. DerKlimawandel muss in den Planungen stär-ker berücksichtigt werden. Das gilt vor allem für langfristige Investitionen in dieInfrastruktur.Der Bericht der Arbeitsgruppe II des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimafragen (IPCC) zeigt sehr deutlich,dass Klimaänderungen unsere Umwelt bereits heute weltweit beeinflussen. Unterdem Strich führt die von den Fachleutenerwartete raschere Erwärmung mit großerWahrscheinlichkeit zu deutlich negativenAuswirkungen – auch in Europa und inDeutschland. Nach Auffassung der Fach-leute dürften die Klimaänderungen zahl-reiche Ökosysteme in diesem Jahrhundertüberfordern. Steigt etwa die Temperaturum mehr als 1,5 bis 2,5 Grad Celsius, könnten rund 20 bis 30 Prozent der Tier-und Pflanzenarten aussterben, so der IPCC.Das Thema „Anpassung an den Klima-wandel” braucht mehr Aufmerksamkeit,weil die Verringerungen der klimaschädli-chen Treibhausgase erst in mehreren Jahr-zehnten wirken werden. Nur in einigen Be-reichen stieg bisher die Aufmerksamkeitfür Anpassungsnotwendigkeiten – etwa, sobald es um den prognostiziertenAnstieg des Meeresspiegels geht. Europawäre von diesem stark betroffen. Bis 2080könnten Überschwemmungen europäi-scher Küsten die Lebensräume von bis zu2,5 Millionen Menschen gefährden. InDeutschland haben die Verantwortlichendie Bedeutung eines möglichen inten-siveren Sturmgeschehens sowie des be-schleunigten Meeresspiegelanstiegs fürden Küstenschutz erkannt. Jetzt gilt es, dasWissen über künftige regionale Klima-änderungen und deren Folgen in das vor-handene rechtliche, organisatorische undtechnische Instrumentarium des Küsten-schutzes zu integrieren und die Grund-lagen für die Planung, Bewertung und Investition langfristiger Infrastrukturpro-jekte neu zu justieren.Hier kann eine integrierte und langfristigausgelegte deutsche Strategie zur Anpas-sung an den Klimawandel Hilfestellungleisten. Der IPCC-Bericht macht hierzudeutlich: Diese Strategie muss auch Ant-worten darauf geben, wie stark Deutsch-land und die EU insgesamt betroffen sindund wie die EU und Deutschland vor allem

armen Ländern dabei helfen werden, dienegativen Wirkungen des Klimawandelszu lindern. Bisherige Aktivitäten hierzusind nicht ausreichend.Das Kompetenzzentrum für Klimafolgenund Anpassung im Umweltbundesamt(KomPass) unterstützt Bund und Länderbei der bereits angelaufenen Identifizie-rung und Umsetzung einer solchen Strate-gie mit Daten, wissenschaftlichen Er-kenntnissen und konzeptionellen Vor-schlägen. Im Mai dieses Jahres wird derdritte Teil des UN-Klimaberichts ver-öffentlicht werden. Der komplette Berichtfür 2007 wird im November dieses Jahresvorliegen.Weitere Informationen erhalten sie unterhttp://www.anpassung.net und http://www.umweltbundesamt.de/klimaschutz/index.htm.

Rote Liste der gefähr-deten BiotoptypenRiecken, U., Finck, P., Raths, U.,Schröder, E. & Ssymank, A. (2006):Rote Liste der gefährdeten BiotoptypenDeutschlands. Zweite fortgeschriebeneFassung 2006. – Natursch. Biol. Vielf.34, 318 S. ISBN 3-7843-3934-4, BfN-Schriftenvertrieb im Landwirtschafts-verlag GmbH, 48084 Münster, € 24,00.URL: www.lv-h.de/bfnDen fortschreitenden Verlust der Arten-und Lebensraumvielfalt in Deutschlanddokumentiert die neueste Auflage derRoten Liste der gefährdeten Biotoptypen.Rund 72 Prozent aller 690 verschiedenenLebensraumtypen in Deutschland geltennach wie vor als gefährdet oder sogar alsakut von der Vernichtung bedroht.

Erfreulich ist, dass mittlerweile für eineReihe von Biotoptypen, die in der Ver-gangenheit auf dem Rückzug waren, eineStabilisierung erreicht werden konnte. Hier zeigen sich erste Erfolge der aktuellenNaturschutzbemühungen, etwa die Umset-zung des europäischen Naturschutzrechts,die Verbesserung des Biotopverbunds, dieOptimierung des Schutzgebietssystemsund die Zunahme des ökologischen Land-baus. Allerdings gelang es trotz allerAnstrengungen nicht, den Rückgang derbiologischen Vielfalt nachhaltig zu stop-pen. Dies zeigt sich insbesondere amdramatischen Rückgang einstmals weitverbreiteter Biotoptypen, wie beispiels-weise der blumenreichen Wiesen und Weiden oder der Klarwasser-Seen. (BfN)

Monitoring gentechnischveränderter PflanzenMeier, M. S. , Hilbeck, A. (2005): Faunis-tische Indikatoren für das Monitoringder Umweltwirkungen gentechnisch ver-änderter Organismen (GVO) – Verfah-ren zur Beurteilung und Auswahl. Ergeb-nisse des F+E-Vorhabens 802 85 020 „Bio-tische Wirkungsakkumulatoren und Er-hebungsmethoden für das GVO-Moni-toring (Phase I)“ des Bundesamtes fürNaturschutz von 2002–2005. BfN-Skript29. 332 S. + CD, ISBN 3-7843-3929-8, 18 €.Gentechnisch veränderte Pflanzen (GVP)müssen bei Inverkehrbringen gemäß EU-Gesetzgebung zum Schutz der menschli-chen Gesundheit und der Umwelt und im Sinne der Umweltvorsorge langfristigüberwacht werden. GVP-bedingte Verän-derungen in der Umwelt müssen ermittelt,ausgewertet und bewertet werden. Für denNaturschutzbereich stehen dabei schäd-liche Auswirkungen auf die biologischeVielfalt im Vordergrund. Ob die Zielvor-gaben eines Monitorings der Umweltwir-kungen von GVP erreicht werden, hängtmaßgeblich von der Auswahl geeigneterIndikatoren ab. Die Identifikation undAuswahl von faunistischen Indikatorartenfür das GVO-Monitoring ist daher Gegen-stand dieses Bandes.In Teil I werden auf Ursache-Wirkungs-Be-ziehungen basierende Vorschläge faunis-tischer Indikatoren detailliert untersucht,bewertet und nach ihrem Indikationspoten-zial gewichtet. Dabei wird auf Vorarbeitendes Umweltbundesamtes zu einem Lang-zeitmonitoring von Umweltwirkungen trans-gener Kulturpflanzen aufgebaut.In Teil II werden zwei Risikoanalyse-Methoden vorgestellt, mit deren Hilfe fall-spezifisch Indikatorarten für das GVO-Monitoring in einem wissenschaftlichtransparenten und reproduzierbaren Pro-zess identifiziert und bewertet werden können.

Buchbesprechungen

Page 49: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

49Natur in NRW 2/07

UmweltberichtNRW 2006Umweltminister Eckhard Uhlenberg hatAnfang Juni den ersten Umweltbericht fürNordrhein-Westfalen vorgestellt, der denBürgern die wichtigsten Fakten und Trendszur Entwicklung von Natur und Umwelt ineinem Band übersichtlich aufbereitet zurVerfügung stellt. „Mein Ziel ist eine trans-parente und bürgernahe Umweltpolitik.Der Bericht soll umfassend informieren,sensibilisieren und aktivieren“, sagteUhlenberg. Erläutert werden die Maß-nahmen der Umweltpolitik und ihren Bei-trag zu Lebensqualität, Gesundheit, Natur,Innovation und Bildung. In 54 abgeschlos-senen Artikeln werden Daten und Hinter-gründe zu wichtigen Umweltbereichendargestellt.Mit dem Umweltbericht stellt der Minister24 Umweltindikatoren für Nordrhein-Westfalen vor, mit denen die Entwicklungder Umwelt im zeitlichen Verlauf darge-stellt wird. Die Umweltindikatoren werdengleichzeitig auch auf den Internetseiten desLandesamtes für Natur, Umwelt und Ver-braucherschutz (LANUV) veröffentlichtund dort künftig jährlich aktualisiert. „Wirsteigen damit ein in eine systematischeFortschrittsberichterstattung zur Umwelt-entwicklung in unserem Land. Mit den Indikatoren können wir neue Umweltzielefestlegen und ihre Erreichung überprüfen“,erklärte Uhlenberg. Zusammen mit demUmweltbericht stellt er die UmweltakzenteNRW 2006 vor. Als Kurzfassung des Um-weltberichts greifen sie aktuelle politischeThemen auf, etwa die Luftqualität in denStädten, den Lärmschutz, neue Entwick-lungen in der Abfall- und Kreislaufwirt-schaft sowie den Klimawandel.Beide Broschüren können als PDF unter:http://www.munlv.nrw.de/umwelt/umwelt-

informationen/umweltbericht/index.phpaus dem Internet heruntergeladen oder alsDruckfassung kostenlos bestellt werden. a

Floristische Daten onlineAuf der webpage botanischer-arbeitskreis-bonn.de sind Informationen zur Flora des Rheinlandes zusammengestellt. Dasschließt Angaben zu Pilzen, Flechten,Moosen und Blütenpflanzen ein.Auf der Blütenpflanzenseite finden sich zurZeit 49 Beschreibungen von Exkursions-zielen, die als Ergänzungen zu den 41 Exkursionen bei Frahm/Fischer in dem(vergriffenen) „Führer zu botanische Exkursionen der Umgebung von Bonn“gedacht sind. Auf einer weiteren Seite sind „Bemerkenswerte Pflanzenfunde“ mitBild dargestellt. Ferner steht eine Excel-Datenbank zum download bereit, in derPflanzenvorkommen mit genauen Koor-dinaten angegeben sind. (Vorkommen ge-fährdeter Arten sind ausgelassen).Auf der Moosseite sind zur Zeit 12 Num-mern der „Notulae Bryologicae Rhenanae“verfügbar, welche floristische Beiträge be-inhalten. Den Blütenpflanzen entsprechendgibt es eine bebilderte Rubrik mit be-merkenswerten Funden. Des weiteren istein Führer zu bryologischen Exkursionenin der Umgebung von Bonn herunterzu-laden. Besondere Beachtung verdient derLink zu einer Online Datenbank mit10.000 Moosvorkommen im Rheinland,welche mit geografischen Koordinatenversehen und mit Google-Maps verknüpftist. Auf diese Weise können Moosvorkom-men metergenau im Internet lokalisiertwerden.Als besonderer Service kann ein Kartier-programm umsonst heruntergeladen wer-den, welches die Verwaltung von Fundenals auch die Ausgabe in Karten nach Mess-tischblättern, Messtischblattquadranten undgeografischen Koordinaten erlaubt. DasProgramm beinhaltet eine Vorgabe allerdeutschen Moosarten, welche mit den Rote-Liste-Werten der einzelnen Bundes-länder als auch des Bundes verknüpft sind.Die Flechtenseite enthält bislang nur bemerkenswerte Funde, die Pilzseite ist im Aufbau.

Nationalpark Eifel –Wald in Entwicklung Der Bericht zur Fachtagung „NationalparkEifel – Wald in Entwicklung“ an der Fach-leute verschiedener nationaler und inter-nationaler Institutionen und Fachbereichenteilnahmen ist Anfang des Jahres 2007 er-schienen. Neben Hochschulen und For-schungsinstituten aus den Fachbereichen

Naturschutz, Waldbau, Geobotanik, Zoolo-gie, Ökologie und Didaktik kamen Teil-nehmer aus den Nationalparks Bayeri-scher Wald, Berchtesgaden, Eifel, Harz,Thayatal/Österreich und Biologischen Sta-tionen, Naturschutzverbänden, Förderver-ein Nationalpark Eifel und Schutzgemein-schaft Deutscher Wald, Ministerium fürUmwelt und Naturschutz, Landwirtschaftund Verbraucherschutz NRW (MUNLV)der Belgische Staatsforstverwaltung, demBundesamt für Naturschutz (BfN), derBundesanstalt für Immobilienaufgaben /Bundesforst, dem Geologischen Dienst(GD) NRW den Kommunen, der Landes-anstalt für Ökologie, Bodenordnung undForsten (LÖBF) NRW, dem LandesbetriebWald und Holz NRW, der Natur- und Um-weltschutz-Akademie (NUA) NRW, sowieden Oberen und Unteren Landschafts-behörden und der Wasserwirtschaft.Zielsetzung der Fachtagung war es, auf derBasis der Handlungsgrundsätze der Natio-nalparkverwaltung konkrete Empfehlun-gen zur weiteren Waldentwicklung im Nationalpark Eifel zu erarbeiten, die Ein-gang in den Nationalparkplan Band 1 Leit-linien und Ziele finden. Die Empfehlungensollen den mit dem Nationalpark Eifel be-fassten Akteuren als Entscheidungshilfedienen und zum Verständnis für die Kon-zepte der Waldentwicklung beitragen.Der Hauptschwerpunkt der Fachtagung lagin1. der Beschreibung der Ausgangslage,2. der Formulierung allgemeiner Leitsätzeund Entwicklungsziele zur Waldentwick-lung,3. der Formulierung von Empfehlungenfür den Umgang mit den nichteinheimischenBaumarten Fichte, Douglasie und Wald-kiefer.Der Bericht kann im Internet unter:http://www.nationalpark-eifel.de/data/inhalt/Workshop-271106-Endfassung_Bericht-kurz_1168508488.pdf heruntergeladen werden.

Informationsangebote

Page 50: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

50 Natur in NRW 2/07

Zu Besuch bei Kauzund Wurm Das Umweltministerium hat zwei seinerbeliebten Broschüren für Kinder in aktua-lisierter Form neu aufgelegt. Die Hefte „ZuBesuch bei Kauz & Co“ und „Zu Besuchbei Wurm & Co“ sind ab sofort kostenloserhältlich und laden zur Entdeckung vonWald und Boden ein. Mit vielen Spielen,Rätseln und Anleitungen für kleine Expe-rimente laden die Hefte alle Kinder ab demGrundschulalter zu ausgedehnten Erkun-dungen des Waldes und des Bodens ein.Ebenfalls weiter erhältlich ist die Broschüre„Zu Besuch bei Frosch & Co“ mit vielenIdeen und Anregungen für spannende Wasserexpeditionen. „Nur wer seine Um-welt kennt, kann sie auch schützen. Des-wegen ist es mir ein besonderes Anliegen,Kinder für die Natur zu interessieren undihnen zu zeigen, dass ein Nachmittag imWald oder am Fluss ein großes Erlebnis ist.Die Natur hat immer neue Überraschungenparat. Am allerbesten entdecken Kinderdiese Geheimnisse selbst, draußen vorOrt“, so Umweltminister Eckhard Uhlen-berg. Die Hefte eignen sich auch gut fürden Einsatz im Schulunterricht und imRahmen der Nachmittagsbetreuung.Die Broschüren können unter www.munlv.nrw.de heruntergeladen oder kostenlos be-stellt werden unter: Tel. 0211/4 56 66 66,Fax 0211/4 56 66 61, E-Mail: [email protected].

Schutzwürdige Bödenin Nordrhein-WestfalenIn seiner neuen Broschüre „SchutzwürdigeBöden in Nordrhein-Westfalen“ informiertdas nordrhein-westfälische Umweltminis-

terium über den Erhalt von schutzwürdi-gen Böden. Die Broschüre dient interes-sierten Bürgerinnen und Bürgern sowieUmweltverbänden und Planungsbüros als Informationsgrundlage für Bau- undFlächenprojekte. Besonders schutzwürdigsind Böden, die seltenen Pflanzen und Tie-ren als Lebensgrundlage dienen oder durchgeologische Formationen als Archive derNatur- und Kulturgeschichte anzusehensind. Ein weiteres Kriterium ist eine über-durchschnittliche Bodenfruchtbarkeit.Die Broschüre „Schutzwürdige Böden inNordrhein-Westfalen“ kann kostenlos beimInfoservice des NRW-Umweltministeriumsunter der Telefonnummer 0211/45 66-6 66,der Faxnummer 0211/45 66-6 61 oder derE-Mail-Adresse [email protected] werden. Weitere Informatio-nen zum Thema schutzwürdige Böden sindim Internet zu finden unter www.munlv.nrw.de.

Aid-Vertrieb DVG, Birkenmaarstr. 8,53340 Meckenheim, Tel. 0 22 25/92 6146,E-Mail: [email protected]

Regenwasser machtnicht nur schönIst es sinnvoll, Regenwasser im privatenHaushalt zu nutzen? Darüber wird seit lan-gem in Deutschland diskutiert. Das Um-weltbundesamt (UBA) hat nun in der kostenlosen, 40-seitigen Broschüre „Ver-sickerung und Nutzung von Regenwasser“Vorteile, Risiken und Anforderungen desUmgangs mit Regenwasser zusammen-gestellt. Fazit: Regenwasser im Haushaltzu nutzen, ist aus hygienischen Gründenund wegen der damit verbundenen hohenKosten nicht empfehlenswert. Hingegenist die gezielte Versickerung des Regen-wassers gut für die Umwelt. Regenwasserdient dazu, unsere Grundwasserspeicherregelmäßig wiederaufzufüllen. Flächen-versiegelung und Verschmutzung gefähr-den dies. Daher gehört der sorgfältige Um-gang mit Regenwasser zu den wichtigstenAufgaben des Gewässerschutzes. In vielenstark besiedelten Gebieten ist der natür-liche Wasserkreislauf gefährdet. Ihn zu er-halten oder wieder herzustellen, erfordert,im Umgang mit Regenwasser neue Wegezu gehen.Die Broschüre „Versickerung und Nutzungvon Regenwasser – Vorteile, Risiken, An-forderungen“ ist kostenlos erhältlich beimUmweltbundesamt, Zentraler Antwort-dienst, Postfach 14 06, 06813 Dessau(Postkarte), E-Mail: [email protected]. Die Veröffentlichung ist auch imInternet unter der Adresse http://www.umweltbundesamt.org/fpdf-l/2973.pdf alsDownload veröffentlicht.

Neue „ADFC-Regional-karte Ostwestfalen“Die neue „ADFC-Regionalkarte Ostwest-falen“ ist seit März im Buchhandel erhält-lich. Mit dieser neuen Karte kann man aufausgewählten und bewerteten Routen dieVielfalt der Region erleben. Damit ist siefür alle Freizeitradler sehr hilfreich und einwichtiger Beitrag zur Förderung des Fahr-radtourismus. Durch den bundesweitenVertrieb der Karte im Rahmen der gemein-sam mit dem Allgemeinen Deutschen Fahr-rad-Club (ADFC) herausgegebenen Kar-tenserie des Bielefelder Verlages (BVA)wird Ostwestfalen weiter als Fahrrad-region bekannt werden. Die AUbE-Um-weltakademie hat die Grundlagen der neuen Regionalkarte mit Unterstützung derörtlichen Gruppen des Allgemeinen Deut-schen Fahrrad-Clubs (ADFC) erarbeitet.

Informationsangebote

Wohin damit? Resteund Abfälle in Land-und ForstwirtschaftIn der Landwirtschaft, im Garten- undWeinbau sowie in der Forstwirtschaft fallen trotz aller Bemühungen um Abfall-vermeidung Abfälle zur Verwertung an.Doch wie und wo können Plastikfolien,Blumentöpfe, Styroporreste, Farben undLacke, Bauschutt und ähnliches entsorgtwerden? Wohin gehören Verpackungs-müll, Weidezaunbatterien, Altöl oderLeuchtstoffröhren? Das aid-Heft „Wohindamit?“ gibt zahlreiche Hinweise von Abis Z wohin und wie Reste und Abfälle um-weltgerecht entsorgt werden und welcheVorschriften zu beachten sind.Aid-Heft, 56 S., Best.-Nr. 61-1260, ISBN3-8308-0479-2, 2,50 € zuzgl. Versand.

Page 51: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

51Natur in NRW 2/07

Die Regionalkarte enthält ein flächen-deckendes empfohlenes Routennetz für dieRegion und reicht von Minden bis Pader-born sowie vom Osnabrücker Land bis zurWeser. Das ausgewählte Routennetz be-steht mit den beschilderten Radfernwegen,dem Radverkehrsnetz NRW, ausgewähltenregionalen beschilderten Radrouten sowieeinzelnen Ergänzungsrouten aus den quali-tativ besten Radwegen der Region. Diedargestellten Routen sind allesamt nachOberflächenbeschaffenheit und Verkehrs-belastung bewertet, Steigungen sind ange-geben und ausgewählte Straßennamen er-möglichen eine bessere Orientierung. DieKarte enthält alle wichtigen touristischenInformationen und Sehenswürdigkeitender Region. Zusätzlich ist die Karte mit einem UTM-Koordinatengitter zur Entfer-nungsmessung und Standortbestimmungmit GPS-Geräten versehen.Aufbauend auf dem flächendeckendenRoutennetz hat die AUbE-Umweltakade-mie mit 25 Tourenvorschlägen die schöns-ten Routen der Region ausgewählt. Diesorgfältig anhand der vorhandenen High-lights in der Region ausgewählten und neukonzipierten Touren vermitteln einen Ein-blick in die Attraktivität der LandschaftOstwestfalens, die sich in idealer Weisezum Radwandern eignet.

Auen lebenNaturnahe Auen gehören zu den interessan-testen und artenreichsten LebensräumenMitteleuropas. Doch sie sind selten gewor-den. Das Umweltbildungsprojekt „Auenleben“ der Vereinigung Deutscher Gewäs-serschutz e.V. (VDG) hat das Ziel, denMenschen die Auen näher zu bringen. EinBestandteil des Projekts sind die nun erschienenen Informations- und Lernein-heiten für die Zielgruppen Erwachsene,Grundschulschüler und Schüler der Sekundarstufe. Die als Band 70 der VDGSchriftenreihe herausgegebene Infobro-schüre für die breite Öffentlichkeit rücktdie besondere Bedeutung der Auen, ihrevielfältigen Funktionen und die Notwen-digkeit eines umfassenden Auenschutzesins Bewusstsein. Sie vermittelt auf span-nende Weise ein grundlegendes Verständ-nis der ökologischen Zusammenhänge,macht die Auswirkungen von Uferverbau,Siedlung und anderen Eingriffen deutlichund zeigt schließlich Möglichkeiten, selbstaktiv zu werden und zur Verbesserung desökologischen Zustands von Bach- undFlussauen beizutragen.Die beiden Lerneinheiten „Abenteuer Auen – Bach- und Flussauen erforschen“für die Grundschule und für die Sekundar-stufe vermitteln zielgruppengerecht aufbe-reitetes Auen-Wissen, enthalten vor allemaber neue Vorschläge und Materialien zurprojektorientierten, fächerübergreifenden

Erkundung von Gewässerlebensräumeneinschließlich der Auen. Wichtiger Schwer-punkt ist dabei die Freilandarbeit. Projekt-unterricht und Freilandarbeit fördern viel-fältige – nicht nur kognitive – Kompetenzender Kinder und leisten einen wichtigen Bei-trag zur Bildung für eine nachhaltige Ent-wicklung.Die Broschüre kann gegen eine Schutz-gebühr von 3 Euro (incl. Versand) bestelltwerden bei: Vereinigung Deutscher Ge-wässerschutz e.V. (VDG), KönigswintererStraße 829, 53227 Bonn, Tel. 0228/375007,E-Mail: [email protected], Internet:www.auen-leben.de.

WanderfalkenschutzDer Jahresbericht 2006 der Arbeitsgemein-schaft Wanderfalkenschutz (AGW) ist kürz-lich erschienen. Auch im vergangenemJahr konnten sich die nordrhein-westfäli-schen Wanderfalken weiter erholen, sodass sich der erfolgreiche Anstieg in Brut-paar- und Jungvogelbestand der letztenJahre in 2006 fortführte. Der Paarbestandin NRW stieg im Vergleich zum Vorjahrum 9%, von 75 auf 82 Paare. 65 von 73Brutpaaren waren mit ihrer Brut erfolg-reich und brachten insgesamt 168 Jung-vögel, von den 113 beringt werden konn-ten, zum Ausfliegen.Das ist eine erfreuliche Bestätigung für dieArbeit der vor über 16 Jahren gegründetenArbeitsgemeinschaft, die auch in 2006vielfältige Aufgaben zum Schutz des Wanderfalken absolvierte.Der 20-seitige Jahresbericht informiertdarüber hinaus über die Beringung jungerGreifvögel, berichtet über die Beobach-tung zweier Brutplätze mittels Videotech-nik und liefert einen Reise- und Beobach-tungsbericht über den Schwarzen Shaheen,eine in Sri Lanka heimische Falkenart. DieTrendentwicklungen der nordrhein-west-fälischen und der ostdeutschen Wanderfal-ken-Revierpaare werden außerdem ver-glichen, analysiert und beschrieben. EinInformationstext über „RE4“, einem be-sonderem Brutrevier NRWs, rundet denJahresbericht ab.Der Jahresbericht kann zu einem Preis von3,30 EUR als Broschüre beim NABUNRW, Merowingerstr. 88, 40225 Düssel-dorf-Bilk oder über das Internet unter:www.nabu-nrw.de bestellt werden.

Lebensraum Denkmal„Tote Bauwerke“ gibt es nicht. Insbeson-dere alte Gemäuer sind lebendiger, als sieauf den ersten Blick vermuten lassen. Dassauf Türmen und Dachböden verschiedeneVogelarten sowie Fledermäuse leben, istbekannt. Auch auf Außenmauern können

Eidechsen, Insekten, Blütenpflanzen, Farne,Flechten und Moose leben. Ebenso bietensich historische Friedhöfe und andereGrünanlagen als Wohnstätte für verschie-dene Lebewesen an. Das gilt gleicher-maßen für unbequeme Zeitzeugen wie beispielsweise die Verteidigungsanlagedes Westwalls.Obwohl vom Menschen geschaffen, er-möglichen Denkmäler einen Lebensraum.Dieser wird – meist unabsichtlich – vonvielen Tieren und Pflanzen genutzt. Wie istder Einfluss dieser heimlichen Untermieter:Nützt oder schadet er dem ehrwürdigenBauwerk? Dieser Frage widmete sich dieTagung „Lebensraum Denkmal“. Veran-stalter war der Bund Heimat und Umwelt(BHU), Bundesverband der Bürger- undHeimatvereine, in Zusammenarbeit mitder Deutschen Bundesstiftung Umwelt(DBU). Die Ergebnisse des Diskurses sindin der Publikation „Lebensraum Denkmal“nachzulesen.Die Tagungsdokumentation bietet anhandvon konkreten Praxisbeispielen Antwortenauf Fragen wie:

Welche positiven Einflüsse haben Tiereund Pflanzen für das Denkmal und wiekann man dagegen möglichen Schäden„denkmalschonend“ vorbeugen?Wie kann ein Denkmal „lebensraum-schonend“ restauriert werden?Inwieweit sind Pflanzen und Tiere Teildes Images für das Denkmal?Wie kann die Zusammenarbeit von Natur- und Denkmalschutz gefördertwerden?

Das Projekt wurde gefördert von der Deut-schen Bundesstiftung Umwelt.Die farbig bebilderte, 104 Seiten starke Publikation ist unentgeltlich über denBund Heimat und Umwelt in Deutschland(BHU) Bundesverband für Natur- undDenkmalschutz, Landschafts- und Brauch-tumspflege e.V., Adenauerallee 68, 53113Bonn, Tel. (02 28) 22 40-91/-92, Fax: (02 28) 2155 03, E-Mail: [email protected] zubeziehen, Spenden sind erwünscht.

Informationsangebote

Page 52: Natur in NRW Nr. 2/2007 · 2015. 2. 18. · Natur in NRW 2/07 5 bereitungsverbandes Nordrhein-Westfalen (AAV) unter folgender Adresse eingereicht werden: Werksstraße 15, 45527 Hattingen,

kooperiert mit nationalen und internationalenwissenschaftlichen Institutionen,

betreibt Marktförderung durch gezielte Förderungbestimmter Produktformen und Produktionsweisen,

ist zuständig für den Vollzug bei Veterinär-angelegenheiten und Lebensmittelsicherheit.

Es erfasst Grundlagendaten für den Biotop- undArtenschutz sowie die Landschaftsplanung und istdas Kompetenzzentrum des Landes für den GrünenUmweltschutz.

Es entwickelt landesweite und regionale Leit-bilder und Fachkonzepte,

überprüft die Effizienz von Förderprogrammenund der Naturschutz- und Landschaftspflegemaß-nahmen.

Es veröffentlicht Ergebnisse in verschiedenenPublikationsreihen und gibt mit der ZeitschriftNatur in NRW Beiträge zu allen Themenbereichenrund um den Naturschutz heraus,

informiert die Öffentlichkeit durch umfang-reiche Umweltinformationssysteme:Internet: www.lanuv.nrw.de, Telefonischer Ansagedienst der aktuellen Luftqualitätswerte aus NRW Tel.: 02 01/19700,und das Bürgertelefon: 02 01/79 95-12 14.

Die NUA ist als Bildungseinrichtung im LANUVeingerichtet und arbeitet in einem Kooperations-modell eng mit den anerkannten Naturschutzver-bänden (BUND, LNU, NABU, SDW) zusammen,

veranstaltet Tagungen, Seminare, Lehrgängeund Kampagnen für unterschiedliche Zielgruppenmit dem Ziel der Zusammenführung von Interessen-gruppen und der nachhaltigen Entwicklung desLandes,

bildet fort durch Publikationen, Ausstellungenund verschiedene Informationsmaterialien. Lum-bricus – der Umweltbus – dient als rollendes Klassenzimmer und mobile Umweltstation.

Das LANUV NRW ist eine wissenschaftlicheLandesoberbehörde, die am 1. Januar 2007 aus denVorläuferinstitutionen Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung und Forsten, Landesumweltamt und Landesamt für Ernährung und Jagd sowie den Dezernaten 50 der Bezirksregierungen ent-standen ist. Die Kompetenz und die langjährigenErfahrungen der Vorläufereinrichtungen in den Bereichen Natur, Umwelt und Verbraucherschutzbefinden sich nun unter einem Dach.

Es gliedert sich in neun Abteilungen:x Zentrale Dienste

x Naturschutz, Landschaftspflege

x Umweltwirkungen, Umwelt- und Verbraucherschutzberichterstattung, Umweltbildung

x Luftqualität, Geräusche, Erschütterungen,Strahlenschutz

x Wasserwirtschaft, Gewässerschutz

x Zentrale Umweltanalytik

x Anlagentechnik, Kreislaufwirtschaft

x Verbraucherschutz, Agrarmarkt

x Veterinärangelegenheiten, Lebensmittelsicherheit

Es hat seinen Hauptsitz in Recklinghausen mitDienststellen in Essen, Düsseldorf, Bad Honnef,Kleve-Bimmen, Neuss und Metelen,

untersteht dem Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz(MUNLV) NRW,

beschäftigt ca. 800 Mitarbeiterinnen und Mit-arbeiter mit speziellen Ausbildungen für die viel-fältigen Sachgebiete der einzelnen Abteilungen.

Es berät und unterstützt die Landesregierung unddie Vollzugsbehörden,

betreibt in NRW Überwachungsnetze in den Bereichen Boden, Luft, Wasser und Umweltradio-aktivität,

betreibt die Überwachung der in den Verkehr gebrachten Lebens- und Futtermittel,

erarbeitet Konzepte und technische Lösungenzur Umweltentlastung,

entwickelt und pflegt Umweltschutz-IT-Systeme,

Landesamt für Natur, Umweltund VerbraucherschutzNordrhein-Westfalen

Postfach 1010 5245610 RecklinghausenLeibnizstraße 1045659 RecklinghausenTel.: 0 23 61/3 05-0Fax: 0 23 61/3 05-215Internet: www.lanuv.nrw.de

Nr. 2/200732. Jahrgang

Natur in NRW

K 2840 F

Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen