Neue Stadtbusgeneration Ciao Solaris: Urbino 18 auf ... · Technik Fahrbericht Option den...

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Technik Fahrbericht S elbst wenn wir uns im Umfeld von Monza (Formel 1) und nicht weit von Modena (Ferrari) bewegten – die Fahrvorstellung in der Region um Mailand hatte einen ganz simplen Grund: Der polnische Hersteller Solaris war gerade mit seiner neuen Stadtbusgeneration auf dem UITP-Kongress präsent gewesen, wo sich Hersteller aus aller Welt ein Stelldichein gaben und anhand ihrer Exponate beleg- ten, dass hohe Kapazitäten im ÖPNV sehr gefragt sind. Dem entsprechen Gelenk- züge wie der New Urbino 18 seit jeher. Nur so schick waren sie nicht immer. Solaris hat für die Gestaltung seiner Busse (und Bahnen) mit dem Berliner Designbüro „studioFT“ zweifelsohne einen Partner an der Hand, der weiß, was gefragt ist: Praktisch alle Baureihen zeichnet eine markante Formgebung mit hohem W iedererkennungseffekt aus – so auch beim „geschärften“ Outfit der „Generation New Urbino“. Rundungen und Kanten an Radkästen und Scheinwerfern bilden einen harmonischen Kontrast, während die erhöhte Fenster- brüstung zum Heck hin den Schulterschluss zur Motor- klappe bildet. Erst auf den zweiten Blick realisiert man die nun durch- gehend geschwungene Brüs- tung der Frontscheibe sowie einen durch Blenden gestal- teten fließen- den Übergang zum Dach. Wirkt dies schon in der 12-m-Ausführung anspre- chend, zeigt sich der 18 m lange Buskörper der Gelenk- variante aufgelockert und einladend. „Una chic vei- colo“, ein schickes Fahrzeug, bringt es ein italienischer Kollege auf den Punkt. Zwar spielt das Design heute eine bedeu- tende Rolle, aber dem Betrei- ber kommt es zunächst auf Praxistauglichkeit und Kapa- zität an. 154 Personen finden im Vor- führer Platz, davon 45 sit- zend. Bis zu 23 Sitze können podestfrei gestaltet werden, in diesem Fall sind es 20 plus Klappsitz. Geholfen hat die Platzierung der Tanks auf den Radkästen – aller- dings wegen der besseren Gewichtsverteilung im 18-m- Bus über der Mittel- statt über der Vorderachse wie im Solo- bus. Von außen ist dies an der Tankklappe erkennbar, die in die Fensterfläche integriert wurde, während der AdBlue- Tank samt Klappe weiter unten zwischen Tür 3 und Dreh gelenk sitzt. 10 BUSMAGAZIN 9/2015 Wenn’s um gut gestylte Fahrzeuge geht, bietet das Ferrari-Land Italien die richtige Kulisse. So auch für den neu kreierten Gelenkzug Urbino 18, den BUSMAGAZIN auf einem Testparcours ebenso wie im hektischen Stadtverkehr in Pavia fahren durfte. Größere Scheiben schaffen eine helle Atmosphäre Neue Stadtbusgeneration Ciao Solaris: Urbino 18 auf Italien-Tour p Hell und freundlich präsentiert sich der Fahrgastraum. Die Beleuchtung inklusive Haltewunschtasten wurden mit langlebigen LED-Elementen umgesetzt. Vor dem Drehgelenk ist der Überbau des Radkastens (Mittelachse) mit integriertem Tank platziert

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Technik Fahrbericht

Selbst wenn wir uns imUmfeld von Monza

(Formel 1) und nicht weit vonModena (Ferrari) bewegten –die Fahrvorstellung in derRegion um Mailand hatteeinen ganz simplen Grund:Der polnische HerstellerSolaris war gerade mit seinerneuen Stadtbusgenerationauf dem UITP-Kongress präsent gewesen, wo sichHersteller aus aller Welt ein Stelldichein gaben undanhand ihrer Exponate beleg-ten, dass hohe Kapazitätenim ÖPNV sehr gefragt sind.Dem entsprechen Gelenk-züge wie der New Urbino 18seit jeher. Nur so schickwaren sie nicht immer.Solaris hat für die Gestaltungseiner Busse (und Bahnen)mit dem Berliner Designbüro„studioFT“ zweifelsohneeinen Partner an der Hand,der weiß, was gefragt ist:Praktisch alle Baureihenzeichnet eine markanteFormgebung mit hohem Wiedererkennungseffekt aus– so auch beim „geschärften“

Outfit der „Generation NewUrbino“. Rundungen undKanten an Radkästen undScheinwerfern bilden einenharmonischen Kontrast,während die erhöhte Fenster-brüstung zum Heck hin denSchulterschluss zur Motor-klappe bildet. Erst auf den zweiten Blickrealisiert man die nun durch-

gehend geschwungene Brüs -tung der Frontscheibe sowieeinen durch Blenden gestal -teten fließen-den Übergangzum Dach.Wirkt diesschon in der12-m-Ausführung anspre-chend, zeigt sich der 18 mlange Buskörper der Gelenk-

variante aufgelockert undeinladend. „Una chic vei-colo“, ein schickes Fahrzeug,

bringt es einitalienischerKollege aufden Punkt.Zwar spielt

das Design heute eine bedeu-tende Rolle, aber dem Betrei-ber kommt es zunächst aufPraxistauglichkeit und Kapa-zität an. 154 Personen finden im Vor-führer Platz, davon 45 sit-zend. Bis zu 23 Sitze könnenpodestfrei gestaltet werden,in diesem Fall sind es 20 plusKlappsitz. Geholfen hat die Platzierung der Tanks auf den Radkästen – aller-dings wegen der besserenGewichtsverteilung im 18-m-Bus über der Mittel- statt überder Vorderachse wie im Solo-bus. Von außen ist dies an derTankklappe erkennbar, die indie Fensterfläche integriertwurde, während der AdBlue-Tank samt Klappe weiterunten zwischen Tür 3 undDreh gelenk sitzt.

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Wenn’s um gut gestylte Fahrzeuge geht, bietet das Ferrari-Land Italien die richtige Kulisse. So auch

für den neu kreierten Gelenkzug Urbino 18, den BUSMAGAZIN auf einem Testparcours ebenso wie im

hektischen Stadtverkehr in Pavia fahren durfte.

Größere Scheiben schaffen eine helle

Atmosphäre

Neue S t a d t bu s g en e r a t i o n

Ciao Solaris: Urbino 18auf Italien-Tour

p Hell und freundlich präsentiert sich der Fahrgastraum. Die Beleuchtung inklusive Haltewunschtasten wurden mit langlebigenLED-Elementen umgesetzt. Vor dem Drehgelenk ist der Überbau desRadkastens (Mittelachse) mit integriertem Tank platziert

TechnikFahrbericht

Die Gestaltung des Fahrgast -raums zeigt sich locker undweitestgehend ohne Stolper-fallen. Größere Scheibenschaffen eine helle Atmos-phäre, obwohl man das Dachim Vergleich zum Vorgänger– bei identischer Stehhöhe –um 50 mm hat senken kön-nen. Ob der 18-m-Bus somit„dank niedrigerem Schwer-punkt einfacher und sichererzu fahren ist“, mag ange-zweifelt werden, doch wind-schlüpfriger ist er auf jedenFall. Dies und mehr wollten wirauf dem Automotive SafetyCentre (ASC) erfahren, dass30 km südlich von Mailandliegt und in Kooperation verschiedener italienischerAutomobilzeitschriftenbetrieben wird. Auf der 8 kmlangen Piste bestand aus -giebig Gelegenheit, die fahr-dynamischen Eigenschaften

des Gelenkbusses zu erproben.Als Antrieb kommen – andersals beim Solobus mit Trieb-werken von Cummins oderDAF – ausschließlich die MX-11-Motoren (10,8 l) vonDAF zum Einsatz. Die Sechs-zylinder sind mit 210/286,240/326 und 271/369 kW/PSLeistung verfügbar; wir hat-

ten die mittlere Stufe an Bord.Dank hohem Einspritzdruck(bis 2 500 bar) sowie Turbo -lader mit variabler Turbinen-geometrie stehen die maxi-malen Drehmomente bereitsbei niedrigen Drehzahlen zurVerfügung. Beim getestetenAggregat sind es 1 400 Nm im Bereich von 1 000 bis

1 650 min–1, woraus sich einehohe Elastizität und günstigeVerbrauchswerte ableiten lassen. Als Getriebe stehenWandlerautomaten von Voithoder ZF zur Wahl, im Vor -führer war es das sechs -stufige ZF-EcoLife-Getriebe.Ohne Auslastung, jedoch mitzwei Dutzend Personen anBord absolvierten wir dieTestrunden. Im Mittelpunktstanden Handling und Fahr-verhalten. Dazu waren aufder Strecke auch Ausweich-manöver eingebaut worden.Der Urbino-Gelenkbusnimmt willig Gas an, lässtsich zügig bewegen undebenso behutsam abbremsen.Ein elektronisches Brems -system (EBS) ist selbst -verständlich an Bord – mitABS- und ASR-Funktion. Die elektronische Stabilitäts-kontrolle ESC (entsprichtESP) bleibt hingegen als

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t Auf ungewohntem Terrain, wo er aber auch eine gute Figur macht: der neue Urbino 18. Dafür sorgen das frische Design und umfangreiche Verbesserungen in der Konstruktion – beides geschickt umgesetzt

p Die Frontpartie der neuen Urbino-Busse ziert weiterhin eine schrägeFensterbrüstung, jetzt jedoch mit einem durchgezogenen Bogen

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KORTRIJK EUROPE 16–21 OCT 2015

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Option den Solobussen vorbehalten.Übrigens stimmen im neugestalteten Cockpit Ergono-mie und Funktion – zumaldie ganze Einheit um 50 mmerhöht und somit die Sichtringsum verbessert wurde.Ebenso sind die Spiegel sehrgut platziert, haben rechtsauch die unteren Ecken der

Frontpartie im Blickfeld.Wie auf Schienen zieht derUrbino durch die Kurvenund lässt sich auch durch die Hindernisse aus Pylonennicht aus der Ruhe bringen.Einige Querrillen werdensanft geschluckt – Einzelrad -aufhängung und Abstimmungtun ihr Bestes. Übrigens istfür Regionen mit durchweg

schlechten Straßenverhältnis-sen auch die robuste ZF-Starrachse RL 85 verfügbar.Die Konstrukteure haben beider Neuauflage des Urbinodie gesamte Basis überarbei-tet und konsequent alsModulbaukasten gestaltet. Sostimmen nun bei den Gelenk-bussen die Überhänge mitdenen der Solo überein, und die unter-schiedlichenBaulängenwerden aus-schließlichdurch dieRadstände umgesetzt. Dar-aus ergibt sich für denVorder wagen mit 5,9 m exaktder gleiche Radstand wiebeim 12-m-Solobus, währendder Nachläufer mit 6 m um0,77 m kürzer ausgefallen istals in der vorherigen Urbino-Generation. Daraus resultiertein um 0,2 m reduzierterWendekreis, der jetzt 22,8 m(statt 23 m) misst.Zeit für einen Fahrerwechselbzw. um in die Rolle desFahrgasts zu schlüpfen. Der erste Weg führt direkt ins Heck, haben wir doch bei der Fahrvorstellung der 12-m-Variante (vgl. BUSMAGAZIN 3/2015) dieGeräuschisolierung als ver-besserungswürdig empfun-

den. Dieser Eindruck bleibtauch jetzt immer noch beste-hen, unabhängig davon, dassim Gelenkbus ausschließlichder laufruhigere DAF-Motorzum Einsatz kommt. An -sonsten herrscht im übrigenBus ein angenehm niedrigerGeräuschpegel, wozu auchdie sorgfältige Montage vonSitzen und Verkleidungs -

modulenbeiträgt.ZumAbschlussder Fahr -vorstellung

bot Solaris einen Abstecher indie geschichts trächtige StadtPavia an, südlich von Mailandgelegen und nur 20 km vomTrainings center entfernt. Die

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Solaris Urbino 18 („New“) Technische DatenAntriebMotor: Reihensechszylinder DAF-Paccar MX-11 mit Common-Rail-Einspritzung sowie Turbolader mit variabler Turbinen -geometrie, Abgasnorm Euro 6 (AGR, SCR/AdBlue, DPF)Hubraum: 10,8 lLeistung: 240 kW/326 PS bei 1 650 min–1, max. Drehmoment: 1 400 Nm bei 1 000 bis 1 650 min–1Getriebe: ZF Wandlerautomat EcoLife 6AP (Voith optional)MaßeLänge/Breite/Höhe: 18 000/2 550/2 750 mm (3 100 mm inkl. Klimaanlage)Radstand: 5 900/6 000 mmÜberhänge v/h: 2 700/3 400 mmVorderachse: ZF RL 82 EC (Einzelradaufhängung)Mittelachse: ZF AVN 132Hinterachse: ZF AV 132 (Achsübersetzung i = 5,77)Wendekreis: 22 796 mmAusstattung/KapazitätBereifung: 275/70 22,5 inkl. Continental-ReifendruckkontrolleBeleuchtung: Xenon- und Halogenlampen in den Scheinwerfern, Positions-, Blink- und Bremslichter samt Tagfahrlicht in LED-TechnikKraftstofftank/AdBlue: 340/50 lFahrgastkapazität: 154 PersonenSitzplätze: 44 (+ 1 Klappsitz), davon 20 + 1 podestfreiKlimaanlage: 2 x Spheros Revo 450 ARTLeergewicht: 16 430 kg (je nach Ausstattung) Zul. Gesamtgewicht: 28 000 kg

Die Überhänge des Gelenkbusses

stimmen nun mit denendes Solos überein

p Neu ist die Option, dass man Tür 2 ein Stück zur Mittelachse des Vor-derwagens versetzt erhalten kann, wie es im Vorführer auch umgesetztworden ist – woraus sich Vorteile für den Fahrgastfl uss ergeben können

p Die Revisionsklappen lassen sich in einem Winkel von 170° beson-ders weit öffnen, was Arbeiten an der Technik erleichtert. Der Sechs -zylinder-Reihenmotor von DAF ist in drei Leistungsstufen verfügbar

p Prima Sicht: Der Spiegelarmvon Mekra erfasst auch dieFrontseite des Busses

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vielbe fahrene Überland-strecke hat alle schnell in dieGegenwart geholt – Schlag-löcher und Querrillen zeigenauf, dass es hier an Geldernfür dringend notwendigeStraßenarbeiten fehlt, wie esmancherorts in Deutschlandebenfalls Realität ist. Da kann auch ein noch so gutabgestimmtes Fahrwerk odergar die optionale Ausstattungmit adaptiven Dämpfernnichts dran ändern – es rappelt einfach. Allerdingsändert diese Marginalienichts am guten Gesamtein-druck, den der „New Urbino18“ hinterlässt, sei es amSteuer oder als Fahrgast.Beim abschließenden Rundgang schauen wir aufSpaltmaße und Wartungs-freundlichkeit – und findenkeinen Ansatz für Kritik.

Im Aus-tausch mitDr. Andreas

Strecker –seit Aprildieses JahresVorstands-vorsitzender

von Solaris – sowie Dr.-Ing.Dariusz Michalak, im Vor-stand verantwortlich für Forschung und Entwicklung,erfahren wir weitere Details

zur Umsetzung der viertenUrbino-Generation: Währenddie 12-m-Solos sowie derGelenkbus mit Dieselantriebab sofort als „New“ Urbinoverfügbar sind, folgen dieVarianten mit Gasantrieb undschließlich auch die Hybrid-und Batteriebusse später. Der Gelenk-bus wird übri-gens alterna-tiv – wie bis-her – in 18,75 m Länge ange-boten. Solaris gehört zu den Herstellern, die trotzständig wachsender Palettean Modellen mit Elektro -antrieb auch am diesel -

elek trischen Hybridbus fest-halten, der auf bestimmtenStrecken oder im regionalenEinsatz sicherlich weiterhineine umweltfreundlicheLösung mit großer Reich-weite darstellen wird.Die bisherige dritte Urbino-Generation wird dieses Jahr

noch ange -boten, 2016nur noch auf Wunsch,

wenn etwa vorhandene Flot-ten mit einheitlichem AuftrittErsatz benötigen. Während„unser“ Gelenkbus nochseine Vorstellung bei italie -nischen und weiteren euro -

päischen Verkehrsbetriebenfortsetzt, hat die Auslieferungder neuen Urbino-Generationbereits begonnen.

Jürgen Görgler

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Den Urbino 18 gibt esauch mit 18,75 m Länge

p Die Vorderachse mit ZF-Einzelradaufhängung gewähr -leistet einen hohen Fahrkomfort

p Der New Urbino 18 unterwegs im Stadtverkehr von Pavia. Schön zu erkennen ist hier die Aufl ocke-rung der Seitenfl ächen mit gekonnt platzierten Kanten und Rundungen

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