Nicht-rotierende und rotierende Schwarze L¨ocher · Maren Reimold betreut von Prof. Dr. Frank...

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Eberhard-Karls-Universit¨ at T¨ ubingen Mathematisches Institut Nicht-rotierende und rotierende Schwarze L¨ ocher Zulassungsarbeit zum Staatsexamen Maren Reimold betreut von Prof. Dr. Frank Loose 26. Februar 2008

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Eberhard-Karls-Universitat Tubingen

Mathematisches Institut

Nicht-rotierende und rotierende Schwarze Locher

Zulassungsarbeit zum Staatsexamen

Maren Reimold

betreut von Prof. Dr. Frank Loose

26. Februar 2008

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Erklarung:

”Ich erklare, dass ich die Arbeit selbststandig und nur mit den angegeben Hilfs-mitteln angefertigt habe und dass alle Stellen, die dem Wortlaut oder dem Sinnenach anderen Werken entnommen sind, durch Angabe der Quellen als Entleh-nung kenntlich gemacht worden sind.“

Tubingen, den 26. Februar 2008

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Inhaltsverzeichnis

Einleitung 2

1 Grundlagen aus der Differentialgeometrie 51.1 Mannigfaltigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51.2 Covariante Ableitung, Zusammenhange und Metrik . . . . . . . . 91.3 Krummungskonzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111.4 Geodatische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131.5 Der Satz von Frobenius . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141.6 Verschiedene Ergebnisse aus der Differentialgeometrie . . . . . . 15

2 Uberblick uber die Allgemeine Relativitatstheorie 192.1 Raumzeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192.2 Newtonsche Gravitationstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222.3 Einsteinsche Gravitationstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242.4 Die Minkowski-Raumzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

3 Die Schwarzschild-Losung der Einstein-Vakuum-Gleichung 283.1 Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293.2 Konstruktion der Schwarzschild-Metrik . . . . . . . . . . . . . . . 293.3 Zwei Raumzeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393.4 Die Kruskal-Szekeres-Raumzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413.5 Schwarze Locher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

4 Die Kerr-Losung der Einstein-Vakuum-Gleichung 634.1 Die Kerr-Metrik in Boyer-Lindquist-Koordinaten . . . . . . . . . 634.2 Eigenschaften der Kerr-Metrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 654.3 Die Boyer-Lindquist Blocke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 734.4 Ergospharen und Zeitmaschine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

Index 95

Literaturverzeichnis 98

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Einleitung

Es gibt daher in den Raumen des Himmels dunkle Korper von ei-ner Große, wie auch moglicherweise einer Anzahl, die den Ster-nen vergleichbar ist. Ein strahlender Stern von derselben Dichte wiedie Erde, dessen Durchmesser zweihundertfunfzigmal großer als derder Sonne ist, wird aufgrund seiner Anziehungskraft keinen seinerLichtstrahlen zu uns hindurch lassen; es ist daher moglich, daß diegroßten strahlenden Korper im Universum aus diesem Grund un-sichtbar sind.

Pierre Simon Laplace, 1796[Lum97, S.6]

Wie dieses Zitat zeigt, ist die Idee der Existenz schwarzer Locher keine des 20.Jahrhunderts, sondern solche Gedanken gab es bereits im 18. Jahrhundert. DieGrundlage dazu legte Newton, der die Konzepte einer endlichen Lichtgeschwin-digkeit und einer Fluchtgeschwindigkeit vorstellte. Daraus zogen im 18. Jahr-hundert Pierre Simon Laplace und John Mitchell die Schlussfolgerung, dass dieVerbindung dieser beiden Ideen geradezu zu einer spektakularen, neuen fuhrte:Zur Idee eines Schwarzen Loches.

Die Lichtgeschwindigkeit von beinahe 300.000 km/s war bereits seit etwa1676 bekannt, entdeckt durch Olaus Romer bei der Beobachtung der Jupiter-monde. Nun lag es fur Laplace und Mitchell nahe, sich vorzustellen, dass esSterne geben konnte, bei welchen die Fluchtgeschwindigkeit von der Oberflachegroßer ist als die Lichtgeschwindigkeit. Daraus entwickelte sich im 19. Jahrhun-dert die Idee, dass mehr als die Halfte aller Sterne solche Schwarzen Locher seien.Allerdings negierte man die Existenz der Schwarzen Locher zunachst wieder, daman nicht annahm, dass Licht aus Teilchen, sondern aus Wellen bestand. DieseVorstellung anderte sich erst wieder mit der Formulierung der Relativitatstheo-rie durch Einstein. Im 20. und 21. Jahrhundert ist die Betrachtung von Schwar-zen Lochern ausgesprochen aktuell, es scheint heutzutage so, dass tatsachlich eingroßer Anteil der Gesamtmasse des Universums in Form von Schwarzen Lochernexistiert. Diese Erkenntnis ist vor allem ein Ergebnis der technischen Revolutionin der Astronomie im 20. Jahrhundert. Zwar kann man die Schwarzen Locher

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nicht direkt einsehen, aber sie lassen sich aufgrund ihrer Wirkung nachweisen.Das Interesse fur das Universum und fur Schwarze Locher lebte vor allem inden sechziger und siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts auf, als die Menschensich begeistert von Fernsehsendungen wie ”Star Trek“ unterhalten ließen. Dahererscheint es auch nicht verwunderlich, dass der Name ”Schwarzes Loch“ gerade1968 gepragt wurde.

Klar ist, dass die Beschreibung von Schwarzen Lochern mit Hilfe der Flucht-geschwindigkeit ein wenig zu einfach ist und dass auch die Newtonsche Theorienicht ausreicht um das Phanomen der Schwarzen Locher genau zu untersuchen.Daher bedient man sich nun zur Beschreibung der Schwarzen Locher der Relati-vitatstheorie von Albert Einstein. 1905 veroffentlichte er seine Spezielle, 1915 dieAllgemeine Relativitatstheorie. In letzterer formulierte er auch die EinsteinschenFeldgleichungen. Bereits einen Monat nach der Veroffentlichung der Theorie,prasentierte Karl Schwarzschild seine Losung der Einstein-Vakuum-Gleichung,die deshalb von so großem Interesse war, da sein Modell unser Sonnensystemsehr genau beschrieb. Zuvor hatte Minkowski schon im Jahr 1908 eine mathema-tische Beschreibung im Minkowski-Raum formuliert, bei der Raum und Zeit zueiner vierdimensionalen Raumzeit verschmelzen. Erst 1962 entdeckte Roy Kerreine weitere und allgemeinere Losung der Einstein-Vakuum-Gleichung, die alsSonderfalle gerade die Schwarzschild- und Minkowski-Losung enthalt. WeitereLosungen dieser Gleichung sind bisher nicht bekannt und die Tatsache, dass dieFormulierung der Kerr-Losung fast 50 Jahre gedauert hat und ihre Herleitungbisher noch nicht ganz geklart ist, zeigt, wie schwierig die Losung der Einstein-Vakuum-Gleichung ist.

In dieser Arbeit wird nun die oben genannte Entwicklung im Kleinen nach-gezeichnet. Ziel ist es dabei zunachst zum besseren Verstandnis der Arbeit,grundlegende Begriffe der Differentialgeometrie und Grundzuge der Relativitats-theorie vorzustellen. Daraufhin werden die Schwarzschild- und die Kerr-Losungerklart. Naturlich kann in einer solchen Arbeit nicht alles Bekannte uber diesebeiden Losungen der Einstein-Vakuum-Gleichung wiedergegeben werden. Daherwurden folgende Punkte ausgewahlt und untersucht:

Zu Beginn werden einige Resultate aus der Differentialgeometrie zitiert. Un-ter anderem werden die Begriffe einer differenzierbaren Mannigfaltigkeit, derCovarianten Ableitung, der Metrik und der Geodatischen vorgestellt. Besonderswichtig sind auch die verschiedenen Krummungskonzepte, die im Laufe des Ka-pitels genannt werden. Außerdem wird der Satz von Frobenius formulieren, derzum Beweis vieler Satze vonnoten ist.

Im zweiten Kapitel wird ein kurzer Uberblick uber die Allgemeine Relati-vitatstheorie gegeben. Wir werden den Begriff der Raumzeit definieren, der furdiese Arbeit unentbehrlich ist. Außerdem wird ein Vergleich zwischen der New-tonschen und der Einsteinschen Gravitationstheorie gezogen. Am Ende werdenwir den Minkowski-Raum erklaren.

Das dritte Kapitel beschaftigt sich dann mit der Schwarzschild-Losung derEinstein-Vakuum-Gleichung. Nachdem formuliert wurde, welchen Voraussetzun-gen die Schwarzschild-Raumzeit genugen soll, wird mit deren Hilfe die Schwarz-

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schild-Metrik hergeleitet. Dabei werden wir dem interessanten Phanomen ei-nes Schwarzen Loches zum ersten Mal begegnen und es wird sich zeigen, dassdie Raumzeit aus zwei Zusammenhangskomponenten besteht: Aus eben diesemSchwarzen Loch und der außeren Schwarzschild-Raumzeit. Im nachsten Ab-schnitt wird dann die Kruskal-Szekeres-Erweiterung vorgestellt, die gerade die-se beiden Zusammenhangskomponenten an ihrem Horizont ”aneinander klebt“.Zum Schluss wird dann das Schwarzschild Schwarze Loch naher beleuchtet undversucht daraus eine Definition fur ein Schwarzes Loch herzuleiten.

Im folgenden Kapitel, dem vierten, wird die Kerr-Losung der Einstein-Vaku-um-Gleichung angegeben und untersucht. Zunachst wird dabei die Kerr-Metrikzitiert, wobei die Herleitung, die bisher, wie oben bereits angemerkt, nochnicht in befriedigender Weise dargestellt wurde, nicht vorgestellt wird. Nachdemwir einige Eigenschaften dieser Metrik nachgewiesen haben, werden die Boyer-Lindquist-Blocke definiert und eingehend untersucht. Am Ende dieses Kapitelswird auf zwei erstaunliche Ergebnisse der Rotation der Kerr-Raumzeit hinge-wiesen: die Konzepte der Ergospharen und der Zeitmaschine.

Es gibt eine große Anzahl an Literatur zum Thema Schwarze Locher, jedochbeziehen sich viele Titel auf astronomische oder physikalische Phanomene undlassen die mathematische Seite teilweise oder ganzlich außen vor. Als Grundlagefur meine Arbeit dienten daher einige wenige Monographien und Lehrbucher.Fur die Grundlagen der Differentialgeometrie und der Relativitatstheorie warenunter anderen besonders die Bucher von Oloff und Fischer/Kaul von Bedeu-tung, aber es half auch ein Blick in die Originalliteratur von Newton und Min-kowski. Fur die Schwarzschild-Losung wurde vor allem O’Neills Buch: ”Semi-Riemannian-Geometry“ benutzt, wobei bei der Kruskal-Erweiterung zusatzlichauf Fischer/Kaul zuruckgegriffen wurde. Fur die Kerr-Raumzeit wurde vorwie-gend ”The Geometry of Black Holes“ von O’Neill benutzt.

Diese Arbeit soll eine zusammenhangenden Uberblick uber das Thema derSchwarzen Locher geben. Leider ist es bei der Fulle der Einzelheiten nichtmoglich jedes Detail anzufuhren und nachzuweisen. Der Leser moge verzeihen,dass an vereinzelten Stellen Ergebnisse lediglich zitiert und nicht bewiesen wer-den. An den jeweiligen Stellen wird aber fur interessierte Leser auf Literaturhingewiesen, in der Beweise gegebenenfalls nachgelesen werden konnen.

Abschließend mochte ich noch den Menschen danken, die es mir ermoglich-ten, diese Arbeit zu verfassen. In erster Linie danke ich Prof. Dr. Frank Loose,der diese Arbeit betreut und mich bei mathematischen Fragen unterstutzt hat.Weiter gilt mein Dank Johannes Spielmann, der mir in der Ausarbeitung mitLATEX sehr geholfen hat und somit einen wesentlichen Teil daran tragt, dass ichdiese Arbeit verfassen konnte. Zum Schluss mochte ich mich noch bei meiner Fa-milie und Anton Klotzel fur die emotionale Unterstutzung bedanken und dafur,dass sie mir in den letzten Monaten immer den Rucken frei gehalten haben.

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Kapitel 1

Grundlagen aus derDifferentialgeometrie

1.1 Mannigfaltigkeiten

Die Grundlage der Differentialgeometrie bilden Mannigfaltigkeiten. Daher sollenin diesem Kapitel zunachst Gebilde dieser Art vorgestellt werden.

1.1.1 Definition:

Ein Hausdorff-Raum M mit abzahlbarer Topologie heißt eine n-dimensionaletopologische Mannigfaltigkeit, wenn jeder Punkt p ∈ M eine offene UmgebungU besitzt, die homoomorph zu einer offenen Teilmenge V des Rn ist.Man kann also eine topologische Mannigfaltigkeit der Dimension n mit einerFamilie (Ui)i∈I von offenen Teilmengen Ui ⊆ M uberdecken, die homoomorphzu offenen Teilmengen Vi ⊆ Rn sind, Ui

∼= Vi, M =⋃

i∈I Ui.

1.1.2 Definition:

Man nennt dann eine solche Familie von Homoomorphismen ϕi : Ui → Vii∈I =:A einen (topologischen) Atlas furM . Die Homoomorphismen ϕi : Ui → Vi heißenKarten des Atlas und die Umkehrungen ϕ−1

i : Vi → Ui heißen lokale Koordina-tensysteme auf M.Fur jedes Paar (i, j) mit Ui ∩ Uj 6= ∅ ist die Abbildung

ϕij : ϕj(Ui ∩ Uj) → ϕi(Ui ∪ Uj) : ϕij(x) := ϕi(ϕ−1j (x))

eine Ubergangsfunktion oder ein Kartenwechsel des Atlas A.

Mit Hilfe dieser Atlanten ist es moglich, eine differenzierbare Mannigfaltigkeitzu definieren.

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1.1. Mannigfaltigkeiten

Rn

ϕ−1

U

V

M

p

ϕ

Abbildung 1.1: Eine topologische Mannigfaltigkeit

1.1.3 Definition:

Sei Mn eine topologische Mannigfaltigkeit.

(a) Man nennt einen (topologischen) Atlas A = (ϕi)i∈I von M differenzierbar,wenn alle seine Ubergangsfunktionen (ϕij) differenzierbar sind.

(b) Zwei differenzierbare Atlanten A = (ϕi)i∈I und B = (ψj)j∈J aufM heißenaquivalent, wenn auch A + B = (ϕi, ψj) ein differenzierbarer Atlas ist.

(c) Eine Aquivalenzklasse [A] differenzierbarer Atlanten heißt eine differen-zierbare Struktur auf M . Ein Paar (Mn, [A]) heißt eine differenzierbareMannigfaltigkeit der Dimension n.

Nun soll der Tangentialraum einer Mannigfaltigkeit M in p definiert werden.Dazu definieren wir zunachst, was eine glatte Mannigfaltigkeit und der Raumder glatten Funktionskeime sind:

1.1.4 Definition:

Sei Mn eine topologische Mannigfaltigkeit der Dimension n. Ein differenzier-barer Atlas A = ϕi : Ui → Vii∈I heißt C∞-Atlas, wenn alle Ubergange(ϕij)i,j∈I C∞-Abbildungen sind. Zwei C∞-Atlanten A und B heißen aquiva-lent, wenn A + B auch noch ein C∞-Atlas ist. Eine Aquivalenzklasse [A] vonC∞-Atlanten ist eine C∞-Struktur auf M . Ein Paar (Mn, [A]) heißt dann eineglatte Mannigfaltigkeit der Dimension n.

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1.1. Mannigfaltigkeiten

1.1.5 Definition:

Sei M eine glatte Mannigfaltigkeit und p ∈ M . Auf der mengentheoretischenSumme

∑U∈ U(p) offen E(U), wobei E(U) die R-Algebra aller glatten Funktionen

auf U ist, definieren wir folgende Aquivalenzrelation: Fur f ∈ E(U) und g ∈E(U ′) sei f ∼ g, wenn es eine offene Umgebung W ⊆ U ∩U ′ von p gibt, so dassf∣∣W

= g∣∣W

. Die Quotientenmenge

Ep(M) :=∑

U∈ U(p) offen

E(U)/ ∼

heißt der Raum der glatten Funktionskeime von M in p.Auch Ep(M) ist in naturlicher Weise eine R-Algebra.

Mit diesen Voraussetzungen konnen nun Tangentialvektoren definiert werden:

1.1.6 Definition:

Sei Mn eine glatte Mannigfaltigkeit, p ∈ M und Ep(M) die R-Algebra derglatten Funktionskeime in p.

(a) Ein R-Vektorraum-Homomorphismus ξ : Ep(M) → R heißt eine Derivati-on auf Ep(M), wenn fur alle fp, gp ∈ Ep(M) gilt:

ξ(fpgp) = ξ(fp) · gp(p) + fp(p) · ξ(gp).

(b) Ein Tangentialvektor an M in p ist eine Derivation aus Ep(M). Die Mengealler Tangentialvektoren

TMp := DerR(Ep(M); R) := ξ : Ep(M) → R : ξ Derivation

heißt der Tangentialraum von M in p.

(c) Der Dualraum des Tangentialraums ist der Cotangentialraum TM∗p von

M ,TM∗

p = η : TMp → R : η linear.

Als nachstes sollen ”Felder“ von Tangentialvektoren und Cotangentialvektoreneingefuhrt werden. Setze dazu:

TM :=∑p∈M

TMp; TM∗ :=∑p∈M

TM∗p

sowieπ : TM →M,π(ξ) = p :⇔ ξ ∈ TMp

π : TM∗ →M,π(η) = p :⇔ η ∈ TM∗p .

Es heißt π : TM → M das Tangentialbundel von M und π : TM∗ → M dasCotangentialbundel von M .

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1.1. Mannigfaltigkeiten

1.1.7 Definition:

Sei M eine glatte Mannigfaltigkeit und U ⊆M offen.

(a) Eine Abbildung X : U → TM heißt Vektorfeld auf U , wenn fur alle p ∈ Ugilt, dass Xp ∈ TMp ist, also π X = idU .

(b) Eine Abbildung ω : U → TM∗ heißt Differentialform (erster Ordnung),wenn fur alle p ∈ U gilt, dass ω(p) ∈ TM∗

p ist, also π ω = idU .

(c) Sei X : U → V ⊆ Rn eine Karte auf M . Man definiert dann die Koordina-ten-Vektorfelder ∂

∂xi : U → TM durch

∂xi(p) :=

∂xi

∣∣p

und die Koordinaten-Differentialformen dxi : U → TM∗ durch

dxi(p) := dxi∣∣p.

1.1.8 Definition:

Sei Mn eine glatte Mannigfaltigkeit und U ⊆M offen.

(a) Ein Vektorfeld X : U → TM auf U heißt glatt, wenn fur alle Kartenx : U → V ⊆ Rn mit U ∩ U 6= ∅ gilt: Ist X

∣∣U∩eU = ξi(x) ∂

∂xi mit ξi :x(U ∩ U) → R, so muss ξi glatt sein fur alle i = 1, ..., n.

(b) Eine Differentialform ω : U → TM∗ auf U heißt glatt, wenn fur alleKarten x : U → V ⊆ Rn mit U ∩ U 6= ∅ gilt: Ist ω

∣∣U∩eU = ηidx

i mitηi : x(U ∩ U) → R, so muss ηi glatt sein fur alle i = 1, ..., n.

(c) Wir bezeichnen mit

X(U) = X : U → TM : X glattes Vektorfeld auf U

die Menge aller glatten Vektorfelder auf U und durch

Ω(U) = ω : U → TM∗ : ω glatte Differentialform auf U

die Menge aller glatten Differentialformen auf U .X(U) und Ω(U) sind in naturlicher Weise E(U)-Moduln.

1.1.9 Definition:

Wir definieren fur f ∈ E(M) und X ∈ X(M) den Ausdruck

X(M)× E(M) → E(M)(X, f) 7→ Xf

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1.2. Covariante Ableitung, Zusammenhange und Metrik

durch(Xf)(p) := Xp(fp),

fur p ∈M .

Fur die Vektorfelder wird nun die Lieklammer definiert:

1.1.10 Definition:

Sei M eine glatte Mannigfaltigkeit, X(M) ihr E(M)-Modul der glatten Vektor-felder und X,Y ∈ X(M). Fur p ∈ M und s ∈ Ep(M) sei f ∈ E(M) mit fp = s.Wir setzen dann:

[X,Y ]p(s) = Xp((Y f)p)− Yp((Xf)p)

und nennen dies die Lieklammer von X und Y .

1.2 Covariante Ableitung, Zusammenhange undMetrik

Um die Covariante Ableitung zu definieren, benotigen wir zunachst den Begriffdes E(M)-Moduls der globalen Schnitte in einem Vektorraumbundel. Ein solchesVektorraumbundel ist durch eine glatte Abbildung π : E → M gegeben, wobeiE eine glatte Mannigfaltigkeit ist, so dass jede Faser Ep := π−1(p) die Struktureines (k-dimensionalen) Vektorraums tragt. Außerdem besitzt jedes p ∈M eineoffene Umgebung U ⊆ M mit einem Diffeomorphismus ψ : π−1(U) → U × Rk

mit pr1 ψ = π, welche die Vektorraumstruktur von Ep und Rk respektiert: DieAbbildung

ψ∣∣Ep : Ep → Rk ∼= p × Rk

ist ein Isomorphismus. Ein solches ψ heißt eine Bundelkarte von π : E → Mund E kann demnach mit solchen Bundelkarten

ψi : π−1(Ui) → Ui × Rki∈I

(also einen Bundelatlas) uberdeckt werden.Das Tangential- und das Cotangentialbundel sind Prototypen solcher Vektor-raumbundel.

1.2.1 Definition:

Sei π : E → M ein glattes Vektorraumbundel uber einer glatten Mannigfaltig-keit und U ⊆ M offen. Ein glatter Schnitt uber U ist eine glatte Abbildungs : U → E mit π s = idU . Ist U = M und s : M → E ein glatter Schnitt, sospricht man von einem globalen Schnitt in E. Die Menge aller globalen Schnittewird mit

Γ(M ;E) := s : M → E glatt : π s = idMbezeichnet. Sie ist ebenfalls in naturlicher Weise ein E(M)-Modul.

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1.2. Covariante Ableitung, Zusammenhange und Metrik

1.2.2 Definition:

(a) Sei π : E →M ein Vektorraumbundel uber einer glatten Mannigfaltigkeit.Eine R-bilineare Abbildung

∇ : X(M)× Γ(M ;E) → Γ(M ;E), (X, s) 7→ ∇(X, s) = ∇Xs

heißt Covariante Ableitung auf E, wenn fur alle X ∈ X(M), s ∈ Γ(M ;E)und ϕ ∈ E(M) gilt:

(i) ∇(ϕX)s = ϕ∇Xs

(ii) ∇X(ϕs) = Xϕ · s+ ϕ∇Xs.

(b) Ist M eine Mannigfaltigkeit und π : TM → M ihr Tangentialbundel, sonennen wir eine Covariante Ableitung ∇ auf TM einen Zusammenhangauf M .

Als weiteres sollen Bundelmetriken auf E definiert werden:

1.2.3 Definition:

Sei π : E → M ein Vektorraumbundel. Wir nennen einen glatten Schnitt h ∈Γ(M ;E∗×E∗) (also eine Familie (hp)p∈M von Bilinearformen hp : Ep×Ep → R)eine Bundelmetrik auf E, wenn hp symmetrisch und positiv definit ist fur allep ∈M .

Besonders wichtig fur die Relativitatstheorie und fur die Bestimmung von Ab-standen auf Mannigfaltigkeiten sind folgende Begriffe:

1.2.4 Definition:

Sei M eine glatte Mannigfaltigkeit. Eine Riemannsche Metrik g auf M ist eineBundelmetrik auf dem Tangentialbundel von M , g ∈ Γ(M ;TM∗ ⊗ TM∗). EinPaar (M, g) heißt dann eine Riemannsche Mannigfaltigkeit.

Auf Riemannschen Mannigfaltigkeiten wird auch ein besonderer Zusammenhangdefiniert:

1.2.5 Definition:

Sei (M, 〈 , 〉) eine Riemannsche Mannigfaltigkeit. Man nennt dann den Zusam-menhang ∇ auf M gegeben durch

2〈∇XY, Z〉 =X〈Y, Z〉+ Y 〈Z,X〉 − Z〈X,Y 〉− 〈X, [Y, Z]〉+ 〈Y, [Z,X]〉+ 〈Z, [X,Y ]〉,

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1.3. Krummungskonzepte

X,Y, Z ∈ X(M), den Levi-Civita-Zusammenhang auf M (auch als Riemann-scher Zusammenhang bezeichnet). Die obige Formel wird dabei Koszul-Formelgenannt.

Nachdem nun auch Metriken eingefuhrt wurden, halten wir nun noch ein wich-tiges Resultat fur Vektorfelder fest:

1.2.6 Definition:

Ein Vektorfeld V ∈ X(M) mit LV g = 0 heißt ein Killing-Vektorfeld, wobei

(LV g)(X,Y ) = V 〈X,Y 〉 − 〈[V,X], Y 〉 − 〈X, [V, Y ]〉,

X, Y ∈ X(M), die Lie-Ableitung von (0,2)-Tensoren ist.

1.3 Krummungskonzepte

Ein weiterer wichtiger Begriff der Relativitatstheorie ist die Krummung. Daherwerden hier die wichtigsten Krummungskonzepte vorgestellt.

1.3.1 Definition:

Sei π : E →M ein Vektorraumbundel, ∇ ein Zusammenhang auf E. Fur X,Y ∈X(M), s ∈ Γ(M ;E) setzt man

R : X(M)× X(M)× Γ(M ;E) → Γ(M ;E) : (X,Y, s) 7→ R(X,Y )s

R(X,Y )s := ∇X∇Y s−∇Y∇Xs−∇[X,Y ]s

und nennt R die Krummung von ∇.Der Wert von R(X,Y )s in einem Punkt p ∈ M hangt dann nur von Xp, Yp ∈TMp und s(p) ∈ Ep ab und ermoglicht deshalb die Definition der KrummungRp in einem Punkt p als trilineare Abbildung von TMp × TMp × Ep nach Ep,also ein Element in TM∗

p ×TM∗p ×E∗

p ×Ep. Die Krummung R = (Rp) ist damitein glatter Schnitt im Vektorraumbundel TM∗ × TM∗ × E∗ × E.

1.3.2 Definition:

Sei π : E →M ein Vektorraumbundel. Ein Zusammenhang ∇ auf E heißt flach,wenn seine Krummung verschwindet.

1.3.3 Definition:

Sei (E, h) ein metrisches Vektorraumbundel uber M und ∇ ein Zusammenhangauf E. Ist R ∈ Γ(M ;TM∗ ⊗ TM∗ ⊗E∗ ⊗E∗) die Krummung von ∇, so setzenwir Rm ∈ Γ(M ;TM∗ ⊗ TM∗ ⊗ E∗ ⊗ E∗) fest durch:

Rmp(ξ1, ξ2, e1, e2) := hp(Rp(ξ1, ξ2)e1, e2).

Wir nennen Rm den Riemannschen Krummungstensor von ∇.

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1.3. Krummungskonzepte

1.3.4 Definition:

Sei (M, g) eine Riemannsche Mannigfaltigkeit und Rm ∈ Γ(T (0,4)M) ihr Rie-mannscher Krummungstensor (der Riemannsche Krummungstensor des zuge-horigen Levi-Civita-Zusammenhang auf M).

(a) Man nennt κ : Gr2(TM) → R gegeben durch:

κ(Ep) :=Rmp(ξ1, ξ2, ξ3ξ4)|ξ1|2p|ξ2|2p − 〈ξ1, ξ2〉2p

,

wo (ξ1, ξ2) ⊆ Ep ⊆ TMp eine beliebige Basis von Ep ist, die RiemannscheSchnittkrummung von M , wobei allgemein Gr2(V ) gegeben ist durch

Gr2(V ) = E ⊆ V : E ist Unterraum der Dimension 2

und Gr2(TM) :=∑

p∈M Gr2(TMp) gilt.

(b) Man nennt dann die Kontraktion von Rm im 2. und 3. ArgumentK2,3(Rm)∈ Γ(T (0,2)M) den Ricci-Tensor von M , Ric = K(2,3)(Rm).

(c) Man nennt die Kontraktion des Ricci-Tensors K1,2(Ric) = tr(Ric) ∈Γ(T (0,0)M) = E(M) die Skalarkrummung von M , S = tr(Ric).

(d) Man nennt (M, g) Ricci-flach, wenn Ric = 0 gilt und genauso Skalar-flach,wenn die Skalarkrummung von M verschwindet.

1.3.5 Definition:

Ist (M, g) Riemannsch und dimM = 2, so gibt es nur eine Ebene E ⊆ TMp

mit dimE = 2, namlich E = TMp. Also ist κ : M → R mit κ(p) := κ(TMp). κheißt Gaußkrummung von M .

Wir werden im Laufe dieser Arbeit Teile der obigen Formeln auch in lokalenKoordinaten verwenden. Diese sollen nun noch angefuhrt werden. Dazu stellenwir zunachst die ab nun verwendete Einsteinsche Summenkonvention vor:Wir vereinbaren, dass, falls in einer Formel ein Index doppelt auftritt, wobeier einmal oben und einmal unten zu finden ist, uber diesen Index von 1 bisn = dimM summiert wird. Dies bedeutet beispielsweise:

aixi :=

n∑i=1

aixi.

1.3.6 Darstellung in lokalen Koordinaten:

Ist x : U → V ⊆ Rn, so sind die Koordinatenvektorfelder ( ∂∂x1 , ...,

∂∂xn ) bezie-

hungsweise die Differentialformen (dx1, ..., dxn) Basen von TMp beziehungswei-se TM∗

p in jedem Punkt p ∈ U . Es gibt deshalb eindeutig bestimmte Funktionen

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1.4. Geodatische

gij ,Γkij , R

lijk,Ricij ∈ E(V ), so dass gilt:

g∣∣U = gijdx

i ⊗ dxj

∇ ∂

∂xi

∂xj= Γk

ij

∂xk

R∣∣U = Rl

ijkdxi ⊗ dxj ⊗ dxk ⊗ ∂

∂xl

Ric∣∣U = Ricij dx

i ⊗ dxj .

Aus der Definition folgt dann:Die Christoffel-Symbole sind gegeben durch:

Γrij =

12gkr(∂igjk + ∂jgik − ∂kgij),

der Riemannsche Krummungstensor durch:

Rsijk = ∂jΓs

ki − ∂kΓsji + Γs

jrΓrki − Γs

krΓrij ,

und der Ricci-Tensor durch:

Ricik = Rjijk = ∂jΓ

jki − ∂kΓj

ji + ΓjjrΓ

rki − Γj

krΓrji.

1.4 Geodatische

In diesem Unterkapitel sollen kurz die Definition vom Abstand zweier Punkt aufeiner Mannigfaltigkeit und der Begriff der Geodatischen vorgestellt werden.

1.4.1 Definition:

Sei (M, 〈 , 〉) eine Riemannsche Mannigfaltigkeit.

(a) Sei α : [a, b] → M stuckweise glatt, a = t0 < ... < tm = b eine Zerlegungvon [a, b] so, dass α

∣∣[ti−1,ti]

glatt ist (i = 1, ...,m). Dann setzen wir dieLange von α fest durch:

L[α] =m∑

i=1

∫ ti

ti−1

|α(t)|α(t)dt =:∫ b

a

|α(t)|dt.

Hierbei ist fur ξ ∈ TMp:

|ξ|p :=√〈ξ, ξ〉p

gemeint.

(b) Sei M nun (weg-)zusammenhangend. Fur p, q ∈ M definieren wir denAbstand von p und q durch

d(p, q) = infL[α]|α : [a, b] →M ist stuckweise glattmit α(a) = p und α(b) = q.

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1.5. Der Satz von Frobenius

1.4.2 Definition:

Sei (M, g) eine Riemannsche Mannigfaltigkeit. Eine nicht-konstante Kurveα : [0, 1] →M heißt Geodate (oder Geodatische) auf M , wenn ihr TangentenfeldT = α parallel entlang α ist, also ∇αT = 0.

Den Zusammenhang zwischen diesen Begriffen stellt folgende Proposition her:

1.4.3 Proposition:

Sei (M, g) eine Riemannsche Mannigfaltigkeit, p, q ∈M und γ : [0, 1] →M eineregular parametrisierte Kurve, die den Abstand von p nach q realisiert, alsoL[γ] = d(p, q). Ist γ proportional zur Bogenlange parametrisiert, so ist γ eineGeodate.

Da auch die Geodatengleichung in lokalen Koordinaten noch gebraucht wird,werden wir diese hier nun vorstellen:

1.4.4 Lokale Geodatengleichung

Sei γ : [0, 1] → Mn eine Geodatische einer Riemannschen Mannigfaltigkeit. Seix : U → V ⊆ Rn eine Karte auf M und Γk

ij ∈ E(V ) die Christoffel-Symbole desLevi-Civita-Zusammenhangs ∇ bezuglich x. Sei schließlich I = γ−1(U) ⊆ [0, 1]und x(t) : I → V ⊆ Rn die lokale Beschreibung von γ bezuglich x. Dann gilt furt 7→ x(t) das folgende System gewohnlicher Differentialgleichungen (k = 1, ..., n):

xk + Γkij(x)x

ixj = 0.

Diese lokalen Geodatengleichungen bilden ein System gewohnlicher Differenti-algleichungen zweiter Ordnung.

1.5 Der Satz von Frobenius

Nun soll der Satz von Frobenius vorgestellt werden und ebenso die Begriffe, dienotig sind, um ihn zu verstehen. Dieser Satz ist deshalb so wichtig, weil wir ihnhaufig fur Beweise benutzen werden.

1.5.1 Definition:

Ist π : E →M ein Vektorbundel vom Rang k, so heißt fur F ⊆ E

πF : F →M,πF := π∣∣F

ein Unterbundel vom Rang l, 0 ≤ l ≤ k, wenn es einen Bundelatlas ϕi von Egibt, so dass

ϕi(π−1F (Ui)) = Ui × [Rl × 0]

ist, fur alle i ∈ I.

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1.6. Verschiedene Ergebnisse aus der Differentialgeometrie

1.5.2 Definition:

Sei Mn eine glatte Mannigfaltigkeit, 0 ≤ k ≤ n.

(a) Eine Distribution vom Rang k auf M ist ein glattes Unterbundel U ⊆ TMvom Rang k.

(b) Eine Distribution E ⊆ TM heißt integrable, wenn fur jeden Punkt p ∈Meine Karte x : U → V ⊆ Rn existiert (mit p ∈ U , 0 ∈ V und x(p) = 0), sodass fur alle c ∈ Rn−k aus einer Umgebung von 0 ∈ Rn−k gilt:

N c = q ∈ U : xk+1(q) = ck+1, ..., xn(q) = cn

ist eine Integralmannigfaltigkeit fur E, das heißt TN cq = Eq fur alle q ∈ N c.

1.5.3 Definition:

Man nennt eine Distribution E ⊆ TM involutiv, wenn fur alle X,Y ∈ Γ(E) gilt,dass auch [X,Y ] ∈ Γ(E) ist.

1.5.4 Satz von Frobenius:

Eine Distribution E ⊆ TM ist genau dann integrabel, wenn sie involutiv ist.

Der Beweis dieses Satzes soll hier nicht angefuhrt werden, da er aufwandig undseine Ausfuhrung fur das Thema dieser Arbeit nicht relevant ist. Bei Interesseist er beispielsweise nachzulesen in: [War71, S.42-45]

1.6 Verschiedene Ergebnisse aus der Differenti-algeometrie

Nun werden noch einige Begriffe erklart, die fur das Verstandnis dieser Arbeitvon Bedeutung sind. Nach einigen Vorbemerkungen uber Semi-RiemannscheMannigfaltigkeiten und Differenzierbarkeit, wird das Konzept eines verwarbtenProdukts vorgestellt.

1.6.1 Definition:

(a) Der Index einer symmetrischen Bilinearform g ist die maximale Dimensionvon Teilraumen W ⊂ V , auf denen g positiv definit, das heißt g(u, u) > 0fur u ∈W\0, ist.

(b) Eine symmetrische Bilinearform g auf einem endlich-dimensionalen R-Vektorraum V heißt nicht-entartet, wenn fur die lineare Abbildung

V → V ∗, u 7→ g(u, )

aus g(u, v) = 0 ∀v ∈ V , stets u = 0 folgt.

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1.6. Verschiedene Ergebnisse aus der Differentialgeometrie

1.6.2 Definition:

Eine Semi-Riemannsche Mannigfaltigkeit ist eine glatte Mannigfaltigkeit (M, g),wobei g ∈ Γ(M ;T (0,2)M) symmetrisch, nicht-entartet und von festem Index ist.g heißt dabei Semi-Riemannsche Metrik.

1.6.3 Bemerkung:

Alle bisher vorgestellten Konzepte sind mit Ausnahme von Definition (1.4.1(b))auch fur Semi-Riemannsche Mannigfaltigkeiten gultig. Das ist in sofern wichtig,da wir im nachsten Kapitel zu Lorentz-Mannigfaltigkeiten ubergehen werden,die gerade Semi-Riemannsche Mannigfaltigkeiten sind.

1.6.4 Definition:

Sei M eine glatte Mannigfaltigkeit, U ⊆ M offen und f : U → R glatt. Furjedes p ∈ U definieren wir

(a) das Differential von f in p durch

dfp : TMp → R,dfp(ξ) := ξ(fp),

wobei ξ ∈ TMp und weiter

(b) das (totale) Differential von f durch

df : U → TM

df(p) := dfp.

1.6.5 Definition:

(a) Seien Mn und Nr differenzierbare Mannigfaltigkeiten und p ∈ M . Einestetige Abbildung Φ : M → N heißt differenzierbar in p, wenn fur eine(und damit jede) Wahl von Karten ϕ : U → V ⊆ Rn um p und ψ : U →V ⊆ Rr um q = Φ(p) gilt, dass

ψ Φ ϕ−1 : ϕ(Φ−1(U ∪ U)) → V ⊆ Rn

differenzierbar in ϕ(p) ist.

(b) Es heißt Φ : M → N differenzierbar, wenn Φ differenzierbar ist in allenPunkten p ∈M .

(c) Ist Φ : M → N differenzierbar und bijektiv, so dass Φ−1 auch differen-zierbar ist, so nennt man Φ einen Diffeomorphismus. Es heißen dann Mund N diffeomorph, M ∼= N , wenn es eine Diffeomorphismus zwischen Mund N gibt.

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1.6. Verschiedene Ergebnisse aus der Differentialgeometrie

1.6.6 Definition:

Seien Mn und Nr glatte Mannigfaltigkeiten und Φ : M → N eine glatte Ab-bildung, p ∈ M und q = Φ(p) ∈ N . Wir definieren das Differential von Φ in pdurch

DΦp : TMp → TNq : DΦp(ξ)(gp) := ξ((g Φ)p)

mit ξ ∈ TMp, gp ∈ Eq(N) (und g ∈ E(U), U ⊆ N offene Umgebung von q).

Auf einer Semi-Riemannschen Produktmannigfaltigkeit B×F ist der metrischeTensor gegeben durch π∗(gB) + σ∗(gF ), wobei π und σ die Projektionen vonB × F auf B beziehungsweise auf F ist. Wir definieren ein verwarbtes Produktfolgendermaßen:

1.6.7 Definition:

Seien B und F Semi-Riemannsche Mannigfaltigkeiten und f eine positive (oderwenigstens nullstellenfreie), glatte Funktion auf B. Das verwarbte Produkt M =B×f F ist die Produktmannigfaltigkeit B×F ausgestattet mit dem metrischenTensor

g = π∗(gB) + (f π)2σ∗(gF ).

1.6.8 Bemerkung:

(a) Wenn ξ tangential ist zu B × F in (p, q), dann gilt insbesondere

〈ξ, ξ〉 = 〈Dπ(ξ), Dπ(ξ)〉B + f2(p)〈Dσ(ξ), Dσ(ξ)〉F .

(b) Wenn f = 1 ist, so wird das verwarbte Produkt B×f F zur Produktman-nigfaltigkeit B × F .

Im Folgenden werden der Gradient und die Hessesche einer Funktion erklartund der Laplace-Beltrami-Operator definiert.

1.6.9 Definition:

Sei (M, 〈 , 〉) eine pseudo-Riemannsche Mannigfaltigkeit.Der Gradient, genannt grad f , einer Funktion f ∈ E(M) ist gegeben durch

〈grad f,X〉 = df(X) = Xf,

fur alle X ∈ X(M), oder punktweise durch

〈grad(f)(p), ξ〉p := dfp(ξ) = ξ(fp),

fur alle p ∈M, ξ ∈ TMp.

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1.6. Verschiedene Ergebnisse aus der Differentialgeometrie

1.6.10 Definition:

Wir nennen die zweite Covariante Ableitung

Hess(f) = ∇(∇f) ∈ Γ(T (0,2)M)

die Hessesche einer Funktion f, mit f ∈ E(M).

1.6.11 Definition:

Die Divergenz eines Vektorfeldes V ist die Kontraktion seiner Covarianten Ab-leitung, das bedeutet

div V = tr(∇V ) ∈ E(M).

1.6.12 Definition:

Der Laplace-Beltrami-Operator ∆f einer Funktion f ∈ E(M) ist die Divergenzihres Gradienten:

∆f = div(grad f) ∈ E(M).

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Kapitel 2

Uberblick uber dieAllgemeineRelativitatstheorie

2.1 Raumzeiten

In der Relativitatstheorie werden die zwei folgenden universellen Konstantenverwendet:

• die Lichtgeschwindigkeit c, sowie

• die Gravitationskonstante G.

Ihnen werden die Werte:

• c = 2,998 · 1010 cms und

• G = 6,673 · 10−8 cm3

s2g

zugeordnet.Um Vergleiche beispielsweise zwischen Langen- und Gewichtseinheiten an-

stellen zu konnen, werden geometrische Einheiten benutzt. Der Gravitations-konstante G und der Lichtgeschwindigkeit c wird jeweils der Wert 1 zugeordnet.Andere Einheiten werden durch Potenzen der Zeit- oder Langeneinheit ausge-druckt. Somit gilt:

1g ∼= 2,476 · 10−39s ∼= 7,426 · 10−29cm.

2.1.1 Beispiel:

Die Masse der Sonne betragt etwa 1,989 · 1030kg. Damit gilt:

1,989 · 1030kg = 1,989 · 1033g ∼= 4,925 · 10−5s ∼= 1,477 · 105cm.

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2.1. Raumzeiten

σ

−σ

Λ

U

Abbildung 2.1: Der Lichtkegel

Nun soll eine der wichtigsten Definitionen fur diese Arbeit folgen:

2.1.2 Definition:

(a) Man nennt eine Semi-Riemannsche Mannigfaltigkeit (M, 〈 , 〉), deren Me-trik 〈 , 〉 von der Signatur (1, 3) (oder vom Index 3) ist, eine Lorentz-Mannigfaltigkeit. Die zugehorige Metrik 〈 , 〉 wird Lorentz-Metrik genannt.

(b) Sei (M, 〈 , 〉) eine vierdimensionale, zusammenhangende Lorentz-Mannig-faltigkeit. Dann heißen

T = ξ ∈ TM : 〈ξ, ξ〉 < 0

die Menge aller zeitartigen Vektoren,

Λ = ξ ∈ TM : 〈ξ, ξ〉 = 0\s0(M)

die Menge der lichtartigen Vektoren,

U = ξ ∈ TM : 〈ξ, ξ〉 > 0 ∪ 0p

die Menge der raumartigen Vektoren, wobei s0 : M → TM, p 7→ 0p derNullschnitt in TM ist.

(c) Eine vierdimensionale, zusammenhangende Lorentz-Mannigfaltigkeit (M,〈 , 〉) heißt zeitorientiert, wenn es ein zeitartiges glattes Vektorfeld X ∈X(M) gibt, das heißt es muss uberall 〈X,X〉 < 0 gelten. Man wahlt dannein solches Vektorfeld aus und bezeichnet es als zukunftsgerichtet. Weitersetzt man dann σ =zukunftsgerichteten Vektoren und −σ =vergang-enheitsgerichteten Vektoren und erhalt dadurch eine Zerlegung von T inT = σ ∪ −σ.

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2.1. Raumzeiten

(d) Eine Raumzeit ist eine vierdimensionale, zusammenhangende und zeitori-entierte Lorentz-Mannigfaltigkeit (M, 〈 , 〉). Man nennt Punkte von MEreignisse und Weltpunkte.

2.1.3 Definition:

(a) Ein Materieteilchen in M ist eine zeitartige, zukunftsgerichtete Kurve α :I →M mit |α′(τ)| = 1,∀τ ∈ I.

(b) Ein Lichtteilchen in M ist eine lichtartige, zukunftsgerichtete Geodateγ : I →M .

Im Folgenden werden die Begriffe der stationaren und statischen Raumzeit vor-gestellt.

2.1.4 Definition:

Ein zeitartiges, zukunftsgerichtetes Einheitsvektorfeld U (das heißt ‖U(a)‖ =1 ∀ a ∈M) heißt Bezugs- oder Beobachterfeld in der Raumzeit M .

2.1.5 Definition:

Ein Bezugsfeld U heißt wirbelfrei, wenn fur alle zu U orthogonalen VektorfeldernX,Y gilt:

〈∇Y U,X〉 − 〈∇XU, Y 〉 = 0.

2.1.6 Satz:

Ein Bezugsfeld U ist genau dann wirbelfrei, wenn durch jeden Punkt p ∈ Meine zu U orthogonale Hyperflache N ⊂ M geht, das heißt, wenn es eine drei-dimensionale Untermannigfaltigkeit N ⊂ M gibt mit p ∈ N und TNq⊥Uq furq ∈ N .

Beweis:Der Beweis beruht auf dem Satz von Frobenius, wonach durch jeden Punktp ∈ U genau dann ein solche Orthogonalflache N existiert, wenn die Integrabi-litatsbedingung

[X,Y ] ⊥ U ∀X,Y ∈ X(M) mit X ⊥ U, Y ⊥ U

erfullt ist. Dies ist aquivalent zur Wirbelfreiheit, da

〈∇Y U,X〉 − 〈∇XU, Y 〉 = ∇Y 〈U,X〉 − 〈U,∇Y X〉 − ∇X〈U, Y 〉+ 〈U,∇XY 〉= 0 + 〈U,∇XY −∇Y X〉= 〈U, [X,Y ]〉.

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2.2. Newtonsche Gravitationstheorie

2.1.7 Definition:

(a) Eine Raumzeit M heißt stationar, wenn es auf M ein uberall zeitartigesKilling-Vektorfeld V gibt.

(b) Ist zusatzlich das zugehorige Bezugsfeld U = V‖V ‖ wirbelfrei, so heißt die

Raumzeit statisch.

2.2 Newtonsche Gravitationstheorie

Die Newtonsche Gravitationstheorie scheint auf den ersten Blick mit dem The-ma der Allgemeinen Relativitatstheorie wenig zu tun zu haben. Allerdings wer-den wir sehen, dass die Einsteinsche Gravitationstheorie eine bemerkenswerteParallelitat zur Newtonschen aufweist. Daher sollen zunachst ihre Grundzugedargestellt werden. Als Erstes kummern wir uns dabei um Newtons Raum- undZeitkonzept.

2.2.1 Definition:

(a) Der Newtonsche Raum ist ein euklidischer, 3-dimensionaler Raum E, so-mit eine zu (R3, geukl.) isometrische Riemannsche Mannigfaltigkeit.

(b) Die Newtonsche Zeit wird einfachheitshalber durch die reelle Achse Rdargestellt.

2.2.2 Definition:

Die Riemannsche Produktmannigfaltigkeit (R, geukl.)×E aus der NewtonschenZeit und dem Newtonschen Raum heißt Newtonsche ”Raumzeit“.

2.2.3 Bemerkung:

(a) Generell sind bei der Betrachtung der Zeit nicht einzelne Zeitpunkte t oders von Bedeutung, sondern Zeitunterschiede s− t.

(b) In unserem Fall betrachten wir R3 als Newtonschen Raum.

2.2.4 Definition:

(a) Die Kurve x : I → R3, x(t) = (x1(t), x2(t), x3(t)) von einem IntervallI ⊆ R (Newtonsche Zeit) in den Newtonschen Raum wird Newton-Teilchengenannt.

(b) Die Geschwindigkeit eines Teilchens ist gegeben durch dxdt = x : R → R3.

(c) Die Beschleunigung des Teilchens ist gegeben durch d2xdt2 = x : R → R3.

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2.2. Newtonsche Gravitationstheorie

2.2.5 Bemerkung:

In der Newtonschen Physik ist die Massem eines Teilchens oder Korpers generellkonstant und positiv. Lediglich komplexere Partikel, wie Modelle fur Raumschif-fe, die Treibstoff verbrennen, konnen von der Zeit abhangige Masse besitzen.

2.2.6 Bewegungsgesetz:

Die Kraft F wird in der Newtonschen Physik durch ein Vektorfeld dargestellt.Sie fungiert dabei als Ursache von Bewegung. Newton formulierte fur die Kraftfolgendes Bewegungsgesetz:Sei x : I → R3 ein Newton-Teilchen der Masse m, welches einer Kraft F : R3 →R3 unterliegt, dann gilt:

d(mx)dt

= mx = F.

2.2.7 Bemerkung:

Das oben genannte Bewegungsgesetz ist eine gewohnliche Differentialgleichung,F : R3 → R3 ist ein Vektorfeld, das in jedem Punkt festgelegt ist. Nehmen wirm als konstante und positive Masse und setzen

G :=F

m,

so erhalten wir die gewohnliche Differentialgleichung

x = G(x).

Um die Bewegung eines Teilchens, also seine Kurve, zu bestimmen, mussen wirdiese Differentialgleichung losen.

Im folgenden soll nun das Newtonsche Gravitationsgesetz vorgestellt werden:

2.2.8 Definition:

Gegeben sei eine Massenverteilung K → M(K). Eine Funktion ρ : R3 → R+

heißt Massendichte fur M , wenn fur jedes Kompaktum K ⊆ R3 gilt:∫K

ρ(x)dx =: M(K).

Nun stellt sich die Frage welches Gravitationsfeld G : R3 → R3 sich einstellt.Newton gibt uns folgende Antwort:

G = − grad(u),

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2.3. Einsteinsche Gravitationstheorie

fur eine Funktion u : R3 → R mit:

∆u =(

∂2u

(∂x1)2+

∂2u

(∂x2)2+

∂2u

(∂x3)2

)(u) = 4πρ.

Man nennt ∆u = 4πρ das Newtonsche Gravitationsgesetz.

2.3 Einsteinsche Gravitationstheorie

Das wirklich Neue an der Theorie Einsteins ist folgende Idee: Fur Einstein istdie Gravitation gleich der Krummung des Raumes. Als Grundlage dient eineRaumzeit nach Definition (2.1.2). Gesucht wird nun die Lorentz-Metrik g unddie Bewegung, also die Bahn eines Teilchens. Als Analogon zum NewtonschenBewegungsgesetz formulierte Einstein folgendes

2.3.1 Bewegungsgesetz:

Fur die Kurve x : [0, 1] →M soll gelten:

∇tx = 0.

2.3.2 Bemerkung:

Die Bewegungsgleichung fordert also gerade, dass x eine Geodate auf M ist.Man spricht auch von frei-fallenden Teilchen, da die Einsteinschen Teilchenkeiner Kraft mehr unterliegen. Die anwesende Massenverteilung M verursachtkein Gravitationsfeld mehr, sondern die Geometrie g (mit ihrer Krummung) desRaumes, in welchem dann das Teilchen frei fallt.

Im Folgenden soll das Gravitationsgesetz von Einstein vorgestellt werden:Gegeben ist nun ein Energie-Impuls-Tensor T ∈ Γ(M,T (0,2)M), der symme-trisch ist und die anwesende Masse modelliert. T hat, je nachdem welche be-stimmte Massenverteilung vorliegt, eine spezielle Form (zum Beispiel bei einemidealen Gas, einer Flussigkeit oder einem Vakuum).

2.3.3 Definition:

Der Einsteinsche Krummungstensor Ein(g) einer Mannigfaltigkeit M ist gege-ben durch

Ein(g) = Ric(g)− S

2g,

wobei Ric der Ricci-Tensor und S die Skalarkrummung von M ist.

Das Gravitationsgesetz von Einstein lautet dann folgendermaßen:

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2.3. Einsteinsche Gravitationstheorie

2.3.4 Einsteinsche Feldgleichungen:

Fur die Metrik g einer Raumzeit M muss gelten:

Ein(g) = 8πT,

wobei Ein(g) der Einsteinsche Krummungstensor und T der Energie-Impuls-Tensor ist.

2.3.5 Definition:

Gilt T = 0, so ist M ein Vakuum oder leer. Ist zudem dimM 6= 2, so bedeutetdies gerade, dass M auch Ricci-flach ist. Die Gleichung

Ric(g) = 0

wird die Einstein-Vakuum-Gleichung genannt.

2.3.6 Bemerkung:

Zunachst bedeutet T = 0 erst einmal, dass der Einsteinsche Krummungstensorgleich Null ist. Wenn aber gilt Ein(g) = 0 so folgt

0 = tr(Ein(g)) = trg(Ric)− S

2trg g = S − S

2n = (1− n

2)S.

Somit gilt fur dimM = n 6= 2 bereits Sg = 0. Dann gilt aber nach der Definitiondes Einsteinschen Krummungstensors Ein(g) = Ric(g) und somit Ric(g) = 0.

2.3.7 Zusammenfassung:

Nun sollen die beiden Konzepte, das von Newton und das Einsteinsche noch ein-mal zusammengefasst und dabei verglichen werden: Bei Newton ist zunachst dieMassendichte ρ gegeben, wahrend wir bei Einstein den Energie-Impuls-TensorT haben, der hauffig jedoch auch von der zu suchenden Metrik abhangt. Zielbeider Konzepte ist es, die Bewegung eines Teilchens x, also seine Bahnkurve,zu finden. Dazu ist es in beiden Fallen notig zunachst das Gravitations- unddann das Bewegungsgesetz zu losen. Fur Newton bedeutet dies gerade:Lose

∆u = 4πρund finde dadurch u. Fahre dann fort mit

x = − gradu(x)

und finde dadurch die gesuchte Bewegung von x.Ebenso gehen wir bei Einstein vor und losen

Ein(g) = 8πT

und finden dadurch g. Wir fahren dann fort mit

∇tx = 0

und finden dadurch die gesuchte Bewegung von x.

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2.4. Die Minkowski-Raumzeit

2.3.8 Bemerkung:

Wahrend die Losung der gewohnlichen Differentialgleichungen im NewtonschenFall noch relativ einfach ist (beachte allerdings, dass das n-Korper-Problemschon fur n ≥ 3 ungelost ist), trifft dies im Einsteinschen Fall nicht zu. DieLosung des Bewegungsgesetzes von Einstein ist noch der leichtere Teil der Ubung,aber die Losung der Einsteinschen Feldgleichungen ist bisher nur in ganz wenigenFallen gegluckt. Fur den Fall T = 0, also fur die Einstein-Vakuum-Gleichungsind neben Minkowski, Schwarzschild und Kerr keine weiteren Losungen be-kannt. Alle anderen Losungen konnen auf die Kerr-Losung zuruckgefuhrt wer-den. Auch der Schwarzschild- und der Minkowski-Fall konnen, wie wir spatersehen werden, als Spezialfalle von Kerr aufgefasst werden. Dennoch ist dieSchwarzschild-Losung der Einstein-Vakuum-Gleichung so interessant, dass wirihr ein eigenes Kapitel gewahren. Da dies fur die Minkowski-Losung nicht zu-trifft, wird sie hier nur kurz vorgestellt.

2.4 Die Minkowski-Raumzeit

Die Minkowski-Raumzeit ist die Raumzeit, in der die Gesetze der SpeziellenRelativitatstheorie formuliert werden. Sie ist das ”infinitesimale Modell“ fur dieAllgemeine Relativitatstheorie. Im Folgenden wird nun der Minkowski-Raumund die Minkowski-Raumzeit vorgestellt.

2.4.1 Definition:

Ein Minkowski-Raum ist ein Vektorraum V der Dimension n ≥ 2 zusammenmit einer nicht-entarteten, symmetrischen Bilinearform g vom Index n−1. Mannennt g Minkowski-Skalarprodukt.

Oben wurde bereits angedeutet, dass die Minkowski-Raumzeit die einfachste re-lativistische Raumzeit ist, deren Metrik die Einstein-Vakuum-Gleichung erfullt.Definiere daher:

2.4.2 Definition:

Eine Raumzeit M heißt Minkowski-Raumzeit, wenn M isometrisch zum vierdi-mensionalen Minkowski-Raum ist.

2.4.3 Bemerkung:

(a) Wir wahlen als Raumzeit (M, 〈 , 〉), wobei

〈x, y〉 = −x0y0 + x1y1 + x2y2 + x3y3

ist.

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2.4. Die Minkowski-Raumzeit

(b) Die Minkowski-Raumzeit stellt eine Raumzeit ohne Gravitationsquelledar. Sie ist in ganz naturlicher Weise Ricci-flach und sogar flach.

(c) Das wirklich Neue an der Entdeckung Minkowskis im Jahre 1908 im Ver-gleich zu Newton ist, dass der Raum und die Zeit in einer einzigen Raum-zeit verschmelzen:

Die Anschauungen uber Raum und Zeit, die ich Ihnen entwi-ckeln mochte, sind auf experimentell-physikalischem Boden er-wachsen. Darin liegt ihre Starke. Ihre Tendenz ist eine radikale.Von Stund an sollen Raum fur sich und Zeit fur sich vollig zuSchatten herabsinken, und nur noch eine Art Union der beidensoll Selbstandigkeit bewahren. [Min11, S.431]

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Kapitel 3

Die Schwarzschild-LosungderEinstein-Vakuum-Gleichung

Die Schwarzschild-Losung ist nach der Minkowski-Losung die einfachste bekann-te Losung der Einstein-Vakuum-Gleichung. Die zugehorige Raumzeit ist ein Mo-dell fur ein Universum, das nur einen Stern und damit nur eine Gravitations-quelle enthalt. Dabei soll lediglich der Außenraum des Sterns, nicht aber derStern selbst modelliert werden. Interessanterweise haben physikalische Unter-suchungen gezeigt, dass das Modell der Schwarzschild-Raumzeit ein sehr gutesModell fur unser Sonnensystem darstellt und vor allem sehr viel realitatsnaherist als das Newtonsche Modell.

Als Schwarzschild im Jahre 1915 seine Losung fur die Einstein-Vakuum-Gleichung entdeckte, zeigte sich schnell, dass die Raumzeit eigentlich in zweiRaumzeiten zerfiel, in eine außere und eine innere Schwarzschild-Raumzeit.Zunachst war die außere Schwarzschild-Raumzeit von Interesse fur die For-schung, da nur sie als physikalisch relevant angesehen wurde. Spater jedochstellte sich heraus, dass die innere Schwarzschild-Raumzeit das einfachste Mo-dell fur ein Schwarzen Loches liefert. Dadurch trat dieser Bereich der Raumzeitnun besonders in den Mittelpunkt der Forschung.

In diesem Kapitel wird zunachst die Schwarzschild-Metrik hergeleitet unddie beiden oben genannten Raumzeiten definiert. Daraufhin wird die Kruska-lerweiterung vorgestellt, welche die beiden Raumzeiten am Horizont quasi wie-der ”zusammenklebt“. Am Ende werden dann Eigenschaften des SchwarzschildSchwarzen Loches vorgestellt.

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3.1. Voraussetzungen

3.1 Voraussetzungen

Gesucht wird eine vierdimensionale Lorentzmannigfaltigkeit (M, g), die zeitori-entiert ist.

3.1.1 Bedingung an die Metrik

Da die Schwarzschild-Raumzeit ein Modell fur einen nicht-rotierenden Sterndarstellen soll, mussen folgende Bedingungen erfullt sein:

(a) g soll statisch, das heißt zeitunabhangig, sein

(b) g soll rotationssymmetrisch (oder auch kugelsymmetrisch genannt) sein

(c) g soll asymptotisch flach sein, das heißt, sie soll sich im Unendlichen derMinkowski-Metrik annahern

(d) g soll die Einstein-Vakuum-Gleichung erfullen

3.1.2 Die Raumzeit

Als zugrunde liegende Raumzeit wahlt man zunachst die Mannigfaltigkeit

M = R1 × (R3\0).

Man nimmt hier aus dem R3 lediglich den Nullpunkt heraus, weil man davonausgeht, dass die Masse m des Sterns in seinem Schwerpunkt konzentriert ist.Hier erkennt man wieder eine Analogie zum Newtonschen Modell, da dort einkugelsymmetrischer Stern mit homogen verteilter Masse in seinem Außenraumdas gleiche Gravitationspotential liefert, wie ein ”punktformiger“ Stern mit dergleichen Gesamtmasse.

3.1.3 Definition:

Die Projektion t : R1 × (R3\0) → R1 wird Schwarzschild-Zeit genannt.

3.2 Konstruktion der Schwarzschild-Metrik

Im Folgenden werden die oben an die Metrik gestellten Bedingungen abgearbei-tet um so eine konkrete Darstellung der Schwarzschild-Metrik zu erhalten.

3.2.1 Statisch

Die Metrik soll, wie gefordert, statisch sein. Ohne Beschrankung der Allgemein-heit macht man nun die Annahme, dass X := ∂

∂t ∈ X(M) das wirbelfreie Be-zugsfeld ist, so dass fur g ∈ E(M) das Feld gX Killing ist. Dann muss abergelten:

∂gij

∂t= 0 fur alle i, j mit 0 ≤ i, j ≤ 3.

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3.2. Konstruktion der Schwarzschild-Metrik

Dies bedeutet also, dass die Komponenten der Metrik unabhangig von t sind.Außerdem soll die Raumzeit zeitumkehrinvariant sein, das heißt, die Abbildung

Φ :

tx1

x2

x3

7→

−tx1

x2

x3

ist eine Isometrie. Damit: Sei Φ : M → M besagte Abbildung, so gilt: DΦp :TMp → TMΦ(p). Da Φ eine Isometrie sein soll, muss also gelten:

〈DΦp(ξ1), DΦp(ξ2)〉Φ(p) = 〈ξ1, ξ2〉, ξ1, ξ2 ∈ TMp

Sei x eine Karte um p, y eine Karte um q, gij = 〈∂i, ∂j〉.Beschreibe DΦp bezuglich

(∂

∂xi , . . . ,∂

∂xn

)beziehungsweise

(∂

∂yi , . . . ,∂

∂yn

).

Sei nun ξ1 = ∂i und ξ2 = ∂k. Dann gilt:

gik(x) = 〈∂i, ∂k〉p= 〈DΦp(∂i), DΦp(∂k)〉Φ(p)

=⟨∂Φj

∂xi

∂yj,∂Φl

∂xk

∂yl

⟩Φ(p)

=∂Φj

∂xi

∂Φl

∂xk〈∂j , ∂l〉

=∂Φj

∂xi

∂Φl

∂xkgjl(y) mit y = Φ(x).

Außerdem gilt naturlich:

(∂Φ∂x

) =

−1 0 0 00 1 0 00 0 1 00 0 0 1

Damit also insgesamt:

gtxi(t, x) = g0k(x) (i = 1, 2, 3)

=∂Φj

∂x0

∂Φl

∂xkgjl(Φ(x))

=∂Φj

∂x0

∂Φl

∂xkgjl(−t, x) (k = 1, 2, 3)

= (−1)∂Φl

∂xkg0l(−t, x)

= −g0k(−t, x)= −gtxi(−t, x),

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3.2. Konstruktion der Schwarzschild-Metrik

somit:gtxi(t, x) = −gtxi(−t, x) ⇒ gtxi(0, x) = 0.

Da nun aber die gij unabhangig von t sind folgt:

gtxi = −gtxi = 0 (i = 1, 2, 3)

Damit hat die Metrik die Form:

(gij) =

g00 0 0 00 g11 g12 g130 g21 g22 g230 g31 g32 g33

mit gij unabhangig von t.

3.2.2 Kugelsymmetrie

Die Kugelsymmetrie des Sterns impliziert, dass die Abbildung

Φ : R1 × (R3\0) → R1 × (R3\0)(t, x) 7→ (t, Ax), A ∈ SO(3)

eine Isometrie von (M, g) ist, wobei M = R1 × (R3\0).Da wir nur ein Modell fur die Raumzeit außerhalb des Sterns suchen, muss derNullpunkt in M nicht enthalten sein. Betrachte daher den Diffeomorphismus

Ψ : R+ × S2 → R3\0(ρ, ξ) 7→ ρξ.

Dies ist tatsachlich ein Diffeomorphismus, denn betrachte dazu

ϕ : R3\0 → R+ × S2

x 7→(|x|, x

|x|

)Es gilt:

(|x|, x

|x|

)∈ R+ × S2 und

ψ ϕ(x) = ψ

(|x|, x

|x|

)= |x| x

|x|= x = id(x)

sowie

ϕ ψ(ρ, ξ) = ϕ(ρξ) =(|ρξ|, ρξ

|ρξ|

)= (ρ, ξ) = id(ρ, ξ),

da |ξ| = 1 und ρ > 0, da ρ ∈ R+, also |ρ| = ρ. Somit gilt ϕ = ψ−1.Daher identifiziere die Mannigfaltigkeit M mit R1 × (R+ × S2) mit den “Ko-ordinaten“ (t, ρ, ξ). Dabei sind (t, ρ) “ordentliche Koordinaten“, ξ ∈ S2 ist eine“verallgemeinerte Koordinate“ auf der S2. Damit:

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3.2. Konstruktion der Schwarzschild-Metrik

Satz:Die Metrik g sei Riemannsch auf R+ × S2 und

Φ : R+ × S2 → R+ × S2

(ρ, ξ) 7→ (ρ,Aξ)

sei eine Isometrie fur alle A ∈ SO(3). Dann existiert ein B : R+ → R+ und einC : R+ → R+ mit

g(ρ, ξ) = B(ρ)dρ2 + C(ρ)dσ2

wobei dσ2 die Standardmetrik auf der S2 ist.

Hilfsatz 1:Sei g eine Metrik von S2, die invariant unter SO(3) ist (das heißt, dass fur alleΦ ∈ SO(3), Φ : S2 → S2 gilt: Φ∗g = g). Dann existiert ein c > 0 so, dassg = cgsph, wobei gsph die Standardmetrik der S2 sein soll.

Beweis von Hilfsatz 1:Sei N der Nordpol von S2, TS2

N der Tangentialraum im Nordpol und gN dieMetrik im Nordpol. Da SO(3) isometrisch auf S2 operiert, muss die Metrik auchinvariant unter Drehungen um die x3-Achse sein. Die einzigen Metriken, die dieserfullen, sind von der Form

gN = c〈 , 〉sph,N ,

denn TS2N wird mit R2 identifiziert. Dies gilt, da eine symmetrische Bilinearform

B : Rn ×Rn → R durch ihre quadratische Form qB : Rn → R, qB(v) := B(v, v)bestimmt ist. Diese quadratische Form wird wiederum durch ihre Werte aufder Sn−1 ⊆ Rn festgelegt, da qB(λv) = λ2qB(v) ist. Ist nun B invariant unterSO(n), so ist auch qB

∣∣Sn−1 invariant und damit konstant, weil SO(n) auf Sn−1

transitiv operiert, also qB∣∣Sn−1 = c. Damit gilt aber B = c〈 , 〉std. Dieses c

konnte jedoch nun noch von Punkt zu Punkt variieren. Da aber, wie erwahnt,die SO(3) transitiv auf der S2 operiert, folgt wegen Φ∗gsph = gsph und Φ∗g = g,∀ Φ ∈ SO(3): Φ∗c = c und damit gilt in jedem Punkt p ∈ S2:

gp = c〈 , 〉sph,p

und damit folgt insgesamt

g = c〈 , 〉sph = cgsph.

Hilfsatz 2:Die Metrik g sei Riemannsch auf M = R+ × S2 und die SO(3) operiere mitIsometrien auf S2. Dann gilt:

g(ρ,ξ)(∂ρ, Y ) = 0 ∀ Y ∈ X(S2).

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3.2. Konstruktion der Schwarzschild-Metrik

Beweis:Sei ξ ∈ S2 beliebig und η ∈ TS2

ξ ⊆ R3, somit also ξ⊥η. Es gibt dann einA ∈ SO(3) mit A(ξ) = ξ und A(η) = −η (beispielsweise Spiegelung an derEbene span(ξ, ζ), wenn ζ⊥ξ und ζ⊥η ist). Außerdem sei

Φ : M →M

(ρ, ξ) 7→ (ρ,Aξ).

Dann gilt: Φ∗g = g, sowie Φ(ρ, ξ) = (ρ, ξ) und es folgt:

g(ρ,ξ)(∂ρ, η) = (Φ∗g)(ρ,ξ)(∂ρ, η)= g(ρ,ξ)(Φ∗∂ρ,Φ∗η)= g(ρ,ξ)(∂ρ,−η)= −g(ρ,ξ)(∂ρ, η)⇒ g(ρ,ξ)(∂ρ, η) = 0

∀ η ∈ TS2ξ und somit gilt, da ξ ∈ S2 beliebig war:

gρξ(∂ρ, Y ) = 0 ∀ Y ∈ X(S2).

Beweis des Satzes:Mit den Hilfsatzen 1 und 2 folgt bereits, dass gilt:

g(ρ, ξ) = B(ρ, ξ)dρ2 + C(ρ, ξ)dσ2.

Da SO(3) wiederum als Isometrien operieren, gilt:

B(ρ,Aξ) = B(ρ, ξ) ∀A ∈ SO(3)

und damit folgt bereits, dass B unabhangig von ξ ist, also

B(ρ, ξ) = B(ρ).

Ebenso:C(ρ,Aξ) = C(ρ, ξ) ∀A ∈ SO(3)

und damit ist auch C unabhangig von ξ:

C(ρ, ξ) = C(ρ).

Somit gilt aber bereits:

g(ρ, ξ) = B(ρ)dρ2 + C(ρ)dσ2.

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3.2. Konstruktion der Schwarzschild-Metrik

Satz:Fur eine statische und kugelsymmetrische Raumzeit M und ihr Linienelementgilt:

M = R1 × R+ × S2

undds2 = A(ρ)dt2 +B(ρ)dρ2 + C(ρ)dσ2.

Beweis:Wir haben fast alles, was notig ist, schon bewiesen. Bleibt nur noch zu zeigen,dass gilt:

A(t, ρ, ξ) = A(ρ).

Da ∂t aber ein Killing-Vektorfeld ist und damit

(t, ρ, ξ) 7→ (t+ λ, ρ, ξ)

fur alle λ ∈ R eine Isometrie und da die SO(3) wiederum als Isometrien operie-ren, gilt:

A(t+ λ, ρ, ϕξ) = A(t, ρ, ξ), ∀λ ∈ R,∀ϕ ∈ SO(3)

und somit folgt bereits:A(t, ρ, ξ) = A(ρ).

Damit ist aber die Behauptung gezeigt.

3.2.3 Normalisation:

Durch einen Variablentausch in R+ soll nun erreicht werden, dass C(ρ) durchr2 ersetzt wird, so dass das Linienelement nun die Form

E(r)dt2 +G(r)dr2 + r2dσ2

hat.Sei dazu: r(ρ) = +

√C(ρ). Dann gilt:

∂r

∂ρ=

12√C(ρ)

C ′(ρ)

und damit folgt:∂ρ

∂r=

2√C(ρ)

C ′(ρ).

Wahle ein Intervall (ρ1, ρ2), wo C ′(ρ) 6= 0 und damit ρ 7→ r(ρ) lokal umkehrbarist. Setzt man r1 := C(ρ1), r2 := C(ρ2), so ist C : (ρ1, ρ2) → (r1, r2) einDiffeomorphismus. Sei ρ : (r1, r2) → (ρ1, ρ2) ihre Umkehrfunktion.Damit ergibt sich dann:

A(ρ(r))dt2 =: E(r)dt2

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3.2. Konstruktion der Schwarzschild-Metrik

undB(ρ(r))dρ2 = B(ρ(r))(

drdr)2 = B(ρ(r))(

dr)2dr2 =: G(r)dr2

und C(ρ(r)) = r2 nach Konstruktion.

Bemerkung:Es gibt von diesem Standpunkt aus keinen Grund anzunehmen, dass C auf ganzR+ streng monoton ist. Doch auch wenn dies gilt, braucht das Bild zunachstnicht ganz R+ zu sein. Dennoch wird spater angenommen, dass r auf ganz R+

definiert und das Bild ganz R+ ist.

Definition:Die Projektion

r : R1 × R+ × S2 → R+

wird Schwarzschild-Radiusfunktion genannt.

Verwarbtes Produkt:Das Linienelement

E(r)dt2 +G(r)dr2 + r2dσ2

zeigt, dass die Raumzeit als verwarbtes Produkt P ×r S2 mit P = R1 × R+

aufgefasst werden kann, wobei

E(r)dt2 +G(r)dr2

das Linienelement auf P ist, mit E < 0, da ∂t zeitartig ist und G > 0, da ∂r

raumartig ist. Die Projektionen von P×rS2 auf P und S2 werden wie gewohnlichmit π und σ bezeichnet.

3.2.4 Minkowski im Unendlichen:

Das Minkowski-Linienelement hat nach den Vorbemerkungen aus dem zweitenKapitel die Form

ds2 = −dt2 + dr2 + r2dσ2.

Da die Schwarzschild-Metrik sich im Unendlichen der Minkowski-Metrik annahernsoll, muss nun also gelten: E(r) → −1 und G(r) → 1 fur r →∞.

3.2.5 Erfullen der Einstein-Vakuum-Gleichung:

Das Erfullen der Einstein-Vakuumgleichung bedeutet, wie wir in der Vorbemer-kung im ersten Kapitel gesehen haben, gerade, dass die Raumzeit Ricci-flachist. Um die Herleitung der Metrik zu vollenden, werden wir folgenden Satz be-weisen:

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3.2. Konstruktion der Schwarzschild-Metrik

Satz:Das verwarbte Produkt P ×r S2 ist genau dann Ricci-flach und Minkowski imUnendlichen, wenn

E(r) = −h(r)

undG(r) = (h(r))−1,

wobei h(r) = 1− 2mr ist, und m eine Konstante. Dies hat zur Folge, dass, wenn

man m > 0 annimmt, aus P ”die Linie“ r = 2m herausgenommen werdenmuss (und fur 0 < r < 2m Merkwurdiges auftritt, da dann E > 0 und G < 0gilt).

Im Folgenden werden nun einige Ergebnisse uber verwarbte Produkte zitiert,die fur den Beweis des vorangegangenen Satzes verwendet werden. Sie sollennicht bewiesen werden, da die Beweise fur unser Thema irrelevant sind. (Vgl.:[O’N93, S.211 u. S. 156] (auch hier ohne Beweis))

Lemma 1:Sei M = B ×f F ein verwarbtes Produkt, f : B → R+ und d = dimF > 1.Seien weiter X,Y ∈ X(B) und V,W ∈ X(F ). Dann gilt:

(a) Ric(X,Y ) = RicB(X,Y )− df Hess(f)(X,Y )

(b) Ric(V,W ) = RicF (V,W )− 〈V,W 〉f#

(c) Ric(X,V ) = 0

mit f# = ∆ff + (d− 1) 〈grad f,grad f〉

f2 und ∆f der Laplace-Beltrami Operator aufB.

Lemma 2:Sei N eine Semi-Riemannsche Ebene, t,r ein Koordinatensystem und ds2 =E(r)dt2 +G(r)dr2 das Linienelement. Dann gilt:

(a) Hess(r)(∂t, ∂t) = E′(r)2G(r)

(b) Hess(r)(∂t, ∂r) = 0

(c) Hess(r)(∂r, ∂r) = −G′(r)2G(r)

(d) grad r = ∂r

G(r)

(e) ∆r = 12G(r) [

E′(r)E(r) −

G′(r)G(r) ],

wobei grad r, Hess(r) und ∆r von der Metrik auf N abhangen.

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3.2. Konstruktion der Schwarzschild-Metrik

Beweis des Satzes:Da M = P ×r S2 ist, gilt d = dim S2 = 2. Damit erhalte aus den ersten beidenGleichungen aus Lemma 1:

0 = RicP (X,Y )− 2r

Hess(r)(X,Y ),

alsoRicP (X,Y ) =

2r

Hess(r)(X,Y ) (1)

und0 = RicS2

(V,W )− 〈V,W 〉r#,

alsoRicS2

(V,W ) = 〈V,W 〉r# (2)

mit r# = ∆rr + 〈grad r,grad r〉

r2 . Gleichung (1) muss nur auf P selbst betrachtetwerden, da die Blatter total geodatisch sind. Da die Dimension von P gleich 2ist, gilt

RicP (X,Y ) = κp〈X,Y 〉,

wobei κp die Gaußkrummung ist.Wahle nun X,Y aus ∂t, ∂r aus. Dann folgt mit Lemma 2 (a), (c) und (1):

κpE(r) = κp〈∂t, ∂t〉 = RicP 〈∂t, ∂t〉 =2r

Hess(r)(∂t, ∂t) =2r

E′(r)2G(r)

und

κpG(r) = κp〈∂r, ∂r〉 = RicP 〈∂r, ∂r〉 =2r

Hess(r)(∂r, ∂r) = −2r

G′(r)2G(r)

,

alsoE′(r)E(r)

=r

2κp2G(r)

−G′(r)G(r)

=r

2κp2G(r).

Somit giltE′(r)E(r)

= −G′(r)G(r)

und damit(E(r)G(r))′ = E′(r)G(r) + E(r)G′(r) = 0

Damit folgt bereits, dass E(r)G(r) konstant ist, wenn das Defintionsintervallfur r zusammenhangend ist, und da nach (3.2.4)

E(r) → −1

undG(r) → +1

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3.2. Konstruktion der Schwarzschild-Metrik

fur r →∞ gelten muss, gilt

E(r)G(r) r→∞−→ −1,

also, da E(r)G(r) konstant ist:

E(r)G(r) = −1.

Betrachte nun Gleichung (2). RicS2ist der Ruckzug von Ric = g = 〈 , 〉 auf der

Oberflache der Einheitskugel bezuglich σ und daher gilt:

RicS2= gS2

(V,W ) =1r2gM (V,W ) =

1r2〈V,W 〉.

Damit gilt wegen (2): r# = 1r2 . Mit Lemma 2 (d) und (e) folgt dann aber:

r# =1

2rG(r)

[E′(r)E(r)

− G′(r)G(r)

]+

⟨∂r

G(r) ,∂r

G(r)

⟩r2

=1

2rG(r)

[E′(r)E(r)

− G′(r)G(r)

]+〈∂r, ∂r〉G2(r)r2

=1

2rG(r)

[E′(r)E(r)

− G′(r)G(r)

]+

1G(r)r2

Ersetze nun E′(r)E(r) durch −G′(r)

G(r) . Dann gilt:

1r2

=1

2rG(r)

(−2

G′(r)G(r)

)+

1G(r)r2

= − G′(r)rG2(r)

+1

G(r)r2

=G(r)− rG′(r)

r2G2(r),

also

1 =G(r)− rG′(r)

G2(r)=(

r

G(r)

)′.

Dies gilt aber genau dann wenn(r

G(r)− r

)′= 0.

Damit ist rG(r) = r + c, c konstant. Wir nennen c = −2m. Dann gilt:

G(r) =r

r + c=

r

r − 2m=(

1− 2mr

)−1

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3.3. Zwei Raumzeiten

und

E(r) = −G−1(r) = −(

1− 2mr

)

Bemerkung:Aus mathematischer Sicht gibt es keine Grunde die Konstante m in irgendeinerWeise zu beschranken. Allerdings erfahrt die Konstante m von Physikern die In-terpretation einer Masse und es wird gefordert: m > 0. Fur m ≤ 0 ist r ∈ (0,∞)zugelassen, fur m > 0 hat die Funktion bei r = 2m allerdings eine Defini-tionslucke. Daher ist obige Herleitung im Bereich r ∈ (2m,∞) in Ordnung,in r ∈ (0, 2m) muss aber nicht E(r)G(r) = −1 sein, sondern ganz allgemeinscheint zu gelten: E(r) = λ 1

G(r) mit λ < 0. Außerdem konnte in diesem Berichdie Konstante m einen anderen Wert annehmen und es konnten neue Konstan-ten und somit auch neue Definitionslucken entstehen. Anscheinend scheint mansich aber mit einer einfachen Losung zu begnugen und uber diese Einwandehinwegzugehen. Allerdings wird im Folgenden noch die Kruskalerweiterung vor-gestellt, bei der es gelingt, diese Definitionslucke zu beseitigen. Daher erscheintes doch wiederum sinnvoll, die Annahme E(r)G(r) = −1 auch fur den Bereichr ∈ (0, 2m) zu ubernehmen.

3.3 Zwei Raumzeiten

Wie im vorangegangenen Kapitel gezeigt hat das Linienelement des verwarbtenProduktes M = P ×r S2 die Form

ds2 = −h(r)dt2 + h−1(r)dr2 + r2dσ2

mit h(r) = 1− 2mr , und wahlt man nun auf der S2 auch noch Polarkoordinaten

(ϕ, ϑ), so ist damit die Metrik von der Form

(gij) =

−h(r) 0 0 0

0 h−1(r) 0 00 0 r2 00 0 0 r2 sin2 ϑ

.

Es wird nun vorausgesetzt, dass die Konstante m die Masse des Sterns be-schreibt, somit wird m > 0 verlangt. Damit ist der Wertebereich der Schwarz-schild-Funktion h(r) = 1 − 2m

r begrenzt durch −∞ bei r = 0 und durch 1 beir = ∞. Bei r = 2m entsteht, wie bereits oben angemerkt, eine Definitionslucke.Dadurch entstehen aber gerade zwei Raumzeiten:

Definition:Fur m > 0 sei PI die Region mit r > 2m in der t-r-Halbebene R1 × R+ und

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3.3. Zwei Raumzeiten

Abbildung 3.1: Die Schwarzschild-Funktion h(r)

PII die Region mit 0 < r < 2m. Beide seien ausgestattet mit dem Linienele-ment −h(r)dt2 +h−1(r)dr2, wobei h(r) = 1− 2m

r ist. Dann heißt das verwarbteProdukt N = PI ×r S2 außere Schwarzschild-Raumzeit und B = PII ×r S2 dasSchwarzschild Schwarze Loch, beide der Masse m.

Bemerkung:Bezeichne r∗ den Radius des Sterns. Da der Stern selbst nicht modelliert werdensoll, untersucht man nur die Region r > r∗ in N ∪B. Normalerweise ist (in geo-metrischen Einheiten) r∗ 2m, also interessiert dann nur der Bereich r > r∗ inN . Fur die Sonne gilt beispielsweise r∗ = 7·105km m = 1, 5km. Die Situationwird aber merkwurdig fur r∗ ≤ 2m. Dort wird die Schwarzschild-Funktion h(r)negativ, ∂r wird zeitartig, ∂t dagegen raumartig. Dies bedeutet gerade, dass dieAnschauung (in der Nahe) des Schwarzen Loches vollstandig verloren geht.

Beobachtung:Beachte, dass in

B = PII ×r S2 = (t, r, σ) ∈ R1 × R+ × S2 : 0 < r < 2m

∂t nicht mehr zeitartig ist, ∂r dagegen schon. Dennoch ist ∂r kein Killing-Vektorfeld. Somit ist streng genommen die Definition einer statischen Raumzeitnicht mehr erfullt. Davon scheint man sich aber zu trennen und man akzeptiertdie gefundene Losung auch fur den Bereich des Schwarzen Loches.

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3.4. Die Kruskal-Szekeres-Raumzeit

3.4 Die Kruskal-Szekeres-Raumzeit

Wir haben in den vorherigen Abschnitten die Schwarzschild-Metrik hergeleitetund dabei entdeckt, dass die Metrik bei r = 2m nicht definiert ist. An diesemHorizont andert sich auch der kausale Charakter, das Koordinatenvektorfeld ∂r

wird zeitartig, ∂t wird raumartig. Trotzdem scheint die Definitionslucke r = 2mkeine ”wesentliche Singularitat“ zu sein, sondern durch die Koordinatenwahlentstanden zu sein. Die Aufgabe in diesem Kapitel besteht also darin, bessereKoordinaten in PI und PII zu finden, die ”r = 2m“ uberdecken. Dabei wird auffolgende Idee zuruckgegriffen:Wahle physikalische Koordinaten entlang der lichtartigen Bahnen.Zunachst werden in diesem Kapitel einige technische Grundlagen vorgestellt,die im Folgenden benotigt werden.

3.4.1 Technische Grundlagen

Lemma:Die Schwarzschild-Geodatengleichungen sind gegeben durch

d

ds

[gkk

(dxk

ds

)]=

3∑i=0

12∂gii

∂xk

(dxi

ds

)2

(0 ≤ k ≤ 3)

wobei g00 = −h(r), g11 = h−1(r), g22 = r2, g33 = r2 sin2(ϑ), h(r) = 1 − 2mr

gegeben sind und x : I → R1 × (R3\0) gesucht wird.

Beweis:Die allgemeine Geodatengleichung fur eine Kurve deren Beschreibung in einerKarte x : U → V ⊆ Rn durch x : I → V gegeben ist, lautet nach (1.4.4):

d2xk

ds2+ Γk

ij

dxi

ds

dxj

ds= 0 (0 ≤ k ≤ n)

Weiter gilt, wie wir aus dem ersten Kapitel (1.3.6) wissen:

Γkij =

12grk(∂igjr + ∂jgir − ∂rgij).

Da fur die Schwarzschild-Metrik gilt: gij = 0 fur i 6= j folgt nun:

Γkij =

12grk(∂igjr + ∂jgir − ∂rgij) =

12gkk(∂igjk + ∂jgik − ∂kgij).

41

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3.4. Die Kruskal-Szekeres-Raumzeit

Außerdem gilt fur Diagonalmatrizen: gkk = g−1kk . Somit gilt nun also:

d2xk

ds2= −Γk

ij

dxi

ds

dxj

ds= −1

2gkk(∂igjk + ∂jgik − ∂kgij)

dxi

ds

dxj

ds

⇔ gkkd2xk

ds2= −1

2∂igkk

dxi

ds

dxk

ds− 1

2∂jgkk

dxj

ds

dxk

ds+

12

3∑i=0

∂kgii

(dxi

ds

)2

= −∂igkkdxi

ds

dxk

ds+

12

3∑i=0

∂kgii

(dxi

ds

)2

.

Es ist nun aber:

d

ds

(gkk

dxk

ds

)=

d

ds(gkk)

dxk

ds+ gkk

d2xk

ds2

=∂

∂xi(gkk)

dxi

ds

dxk

ds+ gkk

d2xk

ds2

= ∂igkkdxi

ds

dxk

ds− ∂igkk

dxi

ds

dxk

ds+

3∑i=0

12∂kgii

(dxi

ds

)2

=3∑

i=0

12∂kgii

(dxi

ds

)2

=3∑

i=0

12∂gii

∂xk

(dxi

ds

)2

(0 ≤ k ≤ 3).

Erhaltungssatz:Fur jedes frei-fallende Materie- oder Lichtteilchen

s 7→ α(s) ∼= (x0(s), x1(s), x2(s), x3(s)) = (t(s), r(s), ϑ(s), ϕ(s))

in N und B mit den Anfangswerten ϑ(0) = π2 , dϑ

ds (0) = 0 existieren KonstantenE und L mit

(a) h(r)(s) dtds = E

(b) ϑ(s) = π2

(c) r2 sin2 ϑdϕds = L

(d) (µ+ L2

r2 )(1− 2mr ) + (dr

ds )2 = E2

mit µ = −〈α, α〉, somit µ = 1 fur Materieteilchen, µ = 0 fur Lichtteilchen.

Beweis:Mit Hilfe der Geodatengleichung fur die Schwarzschild-Koordinaten auf obigemLemma folgt:

42

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3.4. Die Kruskal-Szekeres-Raumzeit

(a)

d

ds

(h(r)

dt

ds

)=

d

ds

(g00

dx0

ds

)=

12

3∑j=0

dgjj

dx0

(dxj

ds

)2

=12

(d

dt(h(r))

(dt

ds

)2

+d

dt(h−1(r))

(dr

ds

)2

+d

dt(r2)

(dϑ

ds

)2

+d

dt(r2 sin2 ϑ)

(dϕ

ds

)2)

= 0

⇒ h(r)(s)dt

ds= const . =: E.

(b)

d

ds

(r2dϑ

ds

)=

d

ds

(g22

dx2

ds

)=

12

3∑j=0

dgjj

dx2

(dxj

ds

)2

=12

(d

dϑ(h(r))

(dt

ds

)2

+d

dϑ(h−1(r))

(dr

ds

)2

+d

dϑ(r2)

(dϑ

ds

)2

+d

dϑ(r2 sin2 ϑ)

(dϕ

ds

)2)

=12· 2r2 sinϑ cosϑ

(dϕ

ds

)2

= r2 sinϑ cosϑ(dϕ

ds

)2

⇒ mit den Anfangswerten ϑ(0) = π2 , dϑ

ds (0) = 0 hat diese Gleichung genaueine Losung und diese ist eben gerade ϑ = π

2 .

43

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3.4. Die Kruskal-Szekeres-Raumzeit

(c)

d

ds

(r2 sin2 ϑ

ds

)=

d

ds

(g33

ds

)=

12

3∑j=0

dgjj

dx3

(dxj

ds

)2

=12

(d

dϕ(h(r))

(dt

ds

)2

+d

dϕ(h−1(r))

(dr

ds

)2

+d

dϕ(r2)

(dϑ

ds

)2

+d

dϕ(r2 sinϑ)

(dϕ

ds

)2)

= 0.

⇒ r2 sin2 ϑdϕ

ds= const . =: L.

(d)

α =dα

ds=

3∑i=0

dxi

ds∂i

=dt

ds

∂t+dr

ds

∂r+dϑ

ds

∂ϑ+dϕ

ds

∂ϕ

=E

h(r)∂

∂t+dr

ds

∂r+L

r2∂

∂ϕ.

⇒ −µ = 〈α·, α·〉

=⟨

E

h(r)∂

∂t+dr

ds

∂r+L

r2∂

∂ϕ,E

h(r)∂

∂t+dr

ds

∂r+L

r2∂

∂ϕ

⟩=

E2

h2(r)

⟨∂

∂t,∂

∂t

⟩+(dr

ds

)2⟨∂

∂r,∂

∂r

⟩+L2

r4

⟨∂

∂ϕ,∂

∂ϕ

⟩=

E2

h2(r)(−h(r)) +

(dr

ds

)2

h−1(r) +L2

r4r2

=− E2

h(r)+ h−1(r)

(dr

ds

)2

+L2

r2

⇔ −µ− L2

r2=− E2h−1(r) + h−1(r)

(dr

ds

)2

⇔ E2 =(µ+

L2

r2

)h(r) +

(dr

ds

)2

.

44

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3.4. Die Kruskal-Szekeres-Raumzeit

Bemerkung:Die im Erhaltungssatz geforderten Anfangsbedingungen ϑ(0) = π

2 , dϑds = 0 stellt

bei entsprechender Wahl der Koordinaten (t, r, ϑ, ϕ) keine Beschrankung derAllgemeinheit dar, da SO(3) als Isometrien operieren.

3.4.2 Eddington-Finkelstein-Koordinaten

Wir starten nun den Versuch, ”bessere“ Koordinaten zu finden, die ”r = 2m“uberdecken. Benutze dazu zunachst den Erhaltungssatz aus vorigem Abscnittfur lichtartige Geodaten. Dann gilt mit L = 0, µ = 0 (lichtartige Geodaten) undϑ = π

2 :

(a) (1− 2mr ) dt

ds = E

(b) E2 = (drds )2

und somit:

±drds

= E =(

1− 2mr

)dt

ds,

und mit r = r(t):

±drdt

=drdsdtds

= 1− 2mr.

Finde mit Hilfe der Trennung der Variablen und Anfangswert r(t0) = v0:

±(t− t0) = ±∫ t

t0

1dt

=∫ r

r0

dr

1− 2mr

=∫ r

r0

drr−2m

r

=∫ r

r0

r

r − 2mdr

=∫ r

r0

(1− r − 2m

r − 2m+

r

r − 2m

)dr

=∫ r

r0

(1 +

2mr − 2m

)dr

= r − r0 + 2m lnr − 2mr0 − 2m

, r, r0 ∈ R+\2m.

Setze nun:η(t, r) := t+ r + 2m ln |r − 2m|

Damit ist η konstant fur radial einlaufende Lichtteilchen, das heißt diese Teilchenwerden als Geraden dargestellt. Analog setzt man:

ξ(t, r) := t− r − 2m ln |r − 2m|

45

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3.4. Die Kruskal-Szekeres-Raumzeit

ξ η

Abbildung 3.2: Radial aus- und einlaufende Lichtteilchen

und ξ ist ebenso konstant fur radial auslaufende Lichtteilchen. Es sind nun ξ, ηneue Koordinaten, wahle also (ξ, η, ϑ, ϕ) in PI . Betrachte dazu die Abbildung

Φ : R1 × R+\2m → R1 × R1

(t, r) 7→ (ξ, η) = (t− r − 2m ln |r − 2m|, t+ r + 2m ln |r − 2m|).

Fur diese Abbildung gilt:Φ ist differenzierbar in jedem Punkt ihres Definitionsbereichs und es gilt:

(DΦ) =

(1 −1− 1

|r−2m|1 1 + 1

|r−2m|

).

Dφ ist also von der Form (DΦ) =(a bc d

)mit a > 0 und

det(DΦ) = 1 +1

|r − 2m|+ 1 +

1|r − 2m|

= 2 +2

|r − 2m|> 0.

Somit ist DΦ positiv definit in jedem Punkt des Definitionsbereiches und Φ mitdem Satz uber die Umkehrfunktion auf jeder der beiden Zusammenhangskom-ponenten

R1 × (0, 2m), R1 × (2m,∞)

ein lokaler Diffeomorphismus.

46

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3.4. Die Kruskal-Szekeres-Raumzeit

Fur die neuen Koordinaten gilt nun:

dξ = dt− dr − 2mdr

r − 2m

= dt−(

1 +2m

r − 2m

)dr

= dt−(r − 2m+ 2mr − 2m

)dr

= dt− r

r − 2mdr

= dt−(

1− 2mr

)−1

dr

= dt− h−1dr

und

dη = dt+ dr + 2mdr

r − 2m

= dt+r − 2m+ 2mr − 2m

dr

= dt+(

1− 2mr

)−1

dr

= dt+ h−1(r)dr.

Somit:

h(r)dξdη = h(r)(dt2 − h−1(r)dtdr + h−1dtdr − h−2(r)dr2)

= h(r)dt2 − h−1(r)dr2

= −ds2 − r2dσ2.

Insgesamt folgt nunmehr:

ds2 = −h(r)dξdη + r2dσ2

= −(

1− 2mr

)dξdη + r2dσ2.

Definition:Die Koordinaten (η, r, ϑ, ϕ) und (ξ, r, ϑ, ϕ) werden Eddington-Finkelstein-Koor-dinaten genannt.

Bemerkung:Bei der Betrachtung des Linienelements fallt auf, dass die Metrik bei r = 2mnoch immer nicht definiert ist. Außerdem sind dort nicht einmal die Koordinatenξ und η definiert.

47

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3.4. Die Kruskal-Szekeres-Raumzeit

3.4.3 Kruskal-Ebene und Kruskal-Szekeres-Raumzeit

Da wir gesehen haben, dass die Metrik fur r = 2m noch immer nicht definiertist, sucht man nun eine Umskalierung (Parametertransformation)

u = u(ξ), v = v(η),

die diese Definitionslucke beseitigt. Durch Probieren findet man

u = exp(− ξ

4m− 1

2

), v = exp

4m− 1

2

).

Betrachte nun wiederum

Φ : R1 × R1 → R+ × R+

(ξ, η) 7→ (u, v) =(

exp(− ξ

4m− 1

2

), exp

4m− 1

2

)).

Dies ist ein Diffeomorphismus, denn betrachte

Ψ : R+ × R+ → R1 × R1

(u, v) 7→ (−2m(2 lnu+ 1), 2m(2 ln v + 1))

und es gilt:

Φ Ψ(u, v) =(

exp(−−2m(2 lnu+ 1)

2− 1

2

), exp

(2m(2 ln v + 1)

4m− 1

2

))= (exp(lnu), exp(ln v))= (u, v)= id(u,v)

und außerdem

Ψ Φ(ξ, η) =(−2m

(2 ln

(exp

(− ξ

4m− 1

2

))+ 1), 2m

(2 ln

(exp

4m− 1

2

))+ 1))

=(−2m

(2(− ξ

4m− 1

2

)+ 1), 2m

(2(η

4m− 1

2

)+ 1))

=(ξ, η)= idξ,η

und somit Ψ = Φ−1. Da Φ und Φ−1 differenzierbare Funktionen sind, ist Φ einDiffeomorphismus.

48

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3.4. Die Kruskal-Szekeres-Raumzeit

Nun gilt weiter fur u und v:

du = − 14m

exp(− ξ

4m− 1

2

)dξ

= − 14m

exp(− t− r − 2m ln |r − 2m|

4m− 1

2

)dξ

dv =1

4mexp

4m− 1

2

)dη

=1

4mexp

(t+ r + 2m ln |r − 2m|

4m− 1

2

)dη

und damit:

(du)(dv) =− 116m2

exp(− t− r − 2m ln |r − 2m|

4m− 1

2

+t+ r + 2m ln |r − 2m|

4m− 1

2

)dξdη

=− 116m2

exp( r

2m+ ln |r − 2m| − 1

)dξdη

=− 116m2

exp( r

2m− 1)r

(1− 2m

r

)dξdη

=− r

16m2exp

( r

2m− 1)h(r)dξdη

=− r

16m2exp

( r

2m− 1) (−ds2 + r2dσ2

)⇔ −ds2 + r2dσ2 =(du)(dv)

(−16m2

r

(exp

( r

2m− 1))−1

)⇔ ds2 =

16m2

rexp

(1− r

2m

)(du)(dv) + r2dσ2,

wobei r hier als Funktion von u und v aufzufassen ist, also r = r(u, v). Bei dieserUmformung benutzen wir allerdings, dass r > 2m ist. Da alle Ergebnisse aberauch fur r < 2m Sinn machen, dehnt man sie wieder auf ganz R+ aus.

Bemerkung:Durch oben durchgefuhrte Koordinatentransformation ist die Definitionsluckeder Metrik bei r = 2m aufgehoben, da die Funktion 16m2

r exp(1 − r2m ) nur fur

r = 0 eine Definitionslucke hat. Da der Nullpunkt aber nach Voraussetzungnicht in der Raumzeit enthalten ist, ist dies kein weiteres Problem.Nun definieren wir die Funktion

f : (0,∞) →(−2m

e,∞)

r 7→ f(r) := (r − 2m) exp( r

2m− 1).

49

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3.4. Die Kruskal-Szekeres-Raumzeit

Fur diese Funktion gilt dann:

f ′(r) = exp( r

2m− 1)

+r

2mexp

( r

2m− 1)− exp

( r

2m− 1)

=r

2mexp

( r

2m− 1)> 0.

Dann ist

f : R+ →(−2m

e,∞)

ein Diffeomorphismus, denn es gilt:

(a)

limr→0+

f(r) = limr→0+

(r − 2m) · exp( r

2m− 1)

= −2me

undlim

r→∞f(r) = lim

r→∞(r − 2m) · exp

( r

2m− 1)

= ∞.

(b) Da f streng monoton wachsend fur r ∈ R+, existiert eine Umkehrfunktion.Da f in jedem Punkt differenzierbar ist und f ′(r) 6= 0, folgt mit dem Satzuber die Umkehrfunktion, dass auch g in jedem Punkt differenzierbar ist.Somit ist f : R+ → (− 2m

e ,∞) ein Diffeomorphismus. Ahnlich sieht manauch, dass f−1 sogar glatt ist.

Als nachstes definieren wir die Region

Q :=

(u, v) ∈ R2|uv > −2me

und definieren auf Q die Funktion

r(u, v) := f−1(uv)

Dann gilt:

• r ist wohldefiniert

• r ist positiv, da f−1 : (− 2me ,∞) → R+

• r ist glatt, da f−1 glatt ist.

Wir versehen Q mit der Metrik

(gij) =(

0 F (r)F (r) 0

)mit F (r) := 8m2

r exp(1− r2m ) > 0.

Definition:Wir nennen (Q, (gij)) Kruskal-Ebene der Masse m.

50

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3.4. Die Kruskal-Szekeres-Raumzeit

Wir definieren nun noch die Zeitfunktion

t : Q\(u, v)|uv = 0 → R+

(u, v) 7→ t(u, v) = 2m ln |uv|

Nun stellt sich die Frage, wie die Funktionen f und t mit den vorangegangenenKoordinatentransformationen zusammenhangen. Betrachte dazu Folgendes:Seien r0, t0 ∈ PI ∪ PII . Dann folgt:

ξ0 = t0 − r0 − 2m ln |r0 − 2m|, η0 = t0 + r0 + 2m ln |r0 − 2m|

und weiter

u0 = exp(− ξ0

4m− 1

2

)= exp

(− t0 − r0 − 2m ln |r0 − 2m|

4m− 1

2

)= exp

(− t0

4m+

r04m

− 12

)|r0 − 2m| 12

v0 = exp(η04m

− 12

)= exp

(t0 + r0 + 2m ln |r0 − 2m|

4m− 1

2

)= exp

(t04m

+r04m

− 12

)|r0 − 2m| 12

Damit gilt:

t(u0, v0) = 2m ln∣∣∣uv

∣∣∣= 2m ln

∣∣∣∣∣exp(− t04m + r0

4m − 12 )|r0 − 2m| 12

exp( t04m + r0

4m − 12 )|r0 − 2m| 12

∣∣∣∣∣= 2m ln

∣∣∣∣exp(− t0

4m+

r04m

− 12− t0

4m− r0

4m+

12

)∣∣∣∣= 2m ln

∣∣∣∣exp(− t0

2m

)∣∣∣∣= −t0

51

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3.4. Die Kruskal-Szekeres-Raumzeit

und

u0v0 = exp(− t0

4m+

r04m

− 12

)|r0 − 2m| 12 exp

(t04m

+r04m

− 12

)|r0 − 2m| 12

= exp(− t0

4m+

r04m

− 12

+t04m

+r04m

− 12

)(|r0 − 2m|2) 1

2

= exp( r0

2m− 1)

(r0 − 2m)

= f(r0)

⇒ f−1(u0v0) = r(u0v0) = r0

Damit ist nun der Zusammenhang hergestellt worden zwischen den Koordina-tentransformationen und den Funktionen r und t. Nun wird noch ein Lemmabewiesen, dessen Ergebnisse im Folgenden noch benotigt wird:

Lemma:Auf Q\uv = 0 gilt:

(a) Ff = 8m2h, Ff ′ = 4m, ff ′ = 2mh

(b) dt = 2m(

dvv − du

u

), dr = 2mh

(dvv + du

u

)(c) grad(r) = 1

4m (u∂u + v∂v)

mit

h(r) = 1− 2mr,

F (r) =8m2

rexp

(1− r

2m

),

f(r) = (r − 2m) exp( r

2m− 1),

f ′(r) =r

2mexp

( r

2m− 1).

52

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3.4. Die Kruskal-Szekeres-Raumzeit

Beweis:

(a)

Ff =8m2

rexp

(1− r

2m

)(r − 2m) exp

( r

2m− 1)

= 8m2

(r − 2mr

)= 8m2h(r).

Ff ′ =8m2

rexp

(1− r

2m

) r

2mexp

( r

2m− 1)

= 4m.

f

f ′=

(r − 2m) exp( r2m − 1)

r exp( r2m − 1)

2m

= 2mh

(b) dξ = dt− h−1dr, dη = dt+ h−1dr auf PI ∪ PII . Damit:

dt =12(dξ + dη)

=12

(−4m exp

4m+

12

)du+ 4m exp

(12− η

4m

)dv

)= 2m

(exp

(12− η

4m

)dv − exp

4m+

12

)du

)= 2m

(dv

v− du

u

).

dr =12h(dη − dξ) =

12h

(4m exp

(12− η

4m

)dv + 4m exp

4m+

12

)du

)= 2mh

(dv

v+du

u

).

(c) Nach (b) gilt: ∂r∂u = 2mh 1

u ,∂r∂v = 2mh 1

v .Mit

g(u, v) =(

0 F (u, v)F (u, v) 0

)folgt

g−1(u, v) =(

0 F−1(u, v)F−1(u, v) 0

)und es gilt:

grad(r)(u, v) =(F−1(u, v)

∂r

∂u

)∂

∂v+(F−1(u, v)

∂r

∂v

)∂

∂u

=2mhF

(1u∂v +

1v∂u

).

53

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3.4. Die Kruskal-Szekeres-Raumzeit

Wegen 2mh = ff ′ = uv

f ′ ist aber 2mhu = v

f ′ ,2mh

v = uf ′ und mit Ff ′ = 4m

folgt dann:

grad(r) =1

4m(u

∂u+ v

∂v).

Nun definieren wir

QI : = (u, v)|(u, v) ∈ Q, u, v > 0QII : = (u, v)|(u, v) ∈ Q, u > 0, v < 0

Dann gilt folgende

Proposition:Die Funktion

Ψ : QI ∪QII → PI ∪ PII

(u, v) 7→ (r(u, v), t(u, v))

ist eine Isometrie und es gilt:

Ψ(QI) = PI , Ψ(QII) = PII .

Beweis:Zunachst ist klar, dass Ψ bijektiv ist, denn r(u, v), t(u, v) sind bijektiv nachobigen Erkenntnissen. Seien weiter r und t die Koordinaten der Schwarzschild-Ebene. Dann gilt:

t Ψ = t, r Ψ = r

Und somit gilt:Ψ∗(dt) = d(t Ψ) = dt

undΨ∗(dr) = d(r Ψ) = dr.

54

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3.4. Die Kruskal-Szekeres-Raumzeit

Es ist d(s)2 = −hd(t)2 + 1hd(r)

2 und folglich gilt mit obigem Lemma:

Ψ∗(d(s)2) = −hdt2 +1hdr2

= −h4m2

(dv

v− du

u

)2

+1h

4m2h2

(dv

v+du

u

)2

= 4m2h

(−(dv

v− du

u

)2

+(dv

v+du

u

)2)

= 4m2h

(−dv

2

v2+ 2

dv

v

du

u− du2

u2+dv2

v2+ 2

dv

v

du

u+du2

u2

)= 16m2 h

uv(du)(dv)

= 2F (r)(du)(dv)

= ds2

mit ds2 Linienelement der Kruskal-Ebene. Außerdem sind sowohl r als auch t aufQI ∪QII ∞−oft differenzierbar und somit auch Ψ. Damit ist Ψ eine Isometrie.Außerdem gilt:

Ψ(QI) = PI , Ψ(QII) = PII ,

da gilt:uv > 0 ⇒ f(r) > 0 ⇒ r > 2m

unduv < 0 ⇒ f(r) < 0 ⇒ 0 < r < 2m.

Definition:Die glatte Mannigfaltigkeit K = Q ×r S2 mit r = f−1(uv) und dem Linienele-ment

ds2 = 2F (r)(du)(dv) + r2dσ2,

wo dσ2 die Standardmetrik auf der 2-Sphare ist und der durch ∂v-∂u erzeug-ten Zeitorientierung heißt die Kruskal-Szekeres-Raumzeit der Masse m. Wir be-trachten in K die beiden Mengen

B := u ≤ 0, v > 0 = r ≤ 2m, v > 0,

H := u = 0, v > 0 = r = 2m, v > 0.H heißt Horizont und B wird Schwarzes Loch genannt.

Bemerkung:Interessanterweise entsteht durch obige Transformation nicht nur die in der De-finition genannten Welt sondern eine parallele Welt, durch Spiegelung an derv-Achse.

55

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3.5. Schwarze Locher

Abbildung 3.3: Die Kruskalebene

3.5 Schwarze Locher

In diesem Kapitel sollen einige Eigenschaften des Schwarzschild Schwarzen Lo-ches angegeben und im Anschluss der Versuch gemacht werden, eine allgemeineDefinition eines Schwarzen Loches zu formulieren.

3.5.1 Lemma:

Sei V ein Lorentz-Vektorraum. Dann sind die nicht-raumartigen Vektoren v undw genau dann im gleichen kausalen Kegel, wenn entweder 〈v, w〉 < 0 gilt oder vund w sind lichtartig mit w = λv, λ > 0.

Beweis:

”⇒“ : Seien v, w zwei nicht-raumartige Vektoren. Im Lorentz-Vektorraum Vexistiert eine Lorentzbasis e = (e1, ..., en) so, dass gilt

Me(〈 , 〉) =(−1 00 I

),

wobei I die Einheitsmatrix in M(n−1)×(n−1) sein soll. Damit gilt

(V, 〈 , 〉) ∼= Mn−1,1.

Da v und w im gleichen kausalen Kegel liegen, gilt mit v = (v1, ..., vn)und w = (w1, ..., wn) entweder v1, w1 < 0 oder v1, w1 > 0. Sei also ohneEinschrankung v1, w1 > 0 und dann gilt:

〈v, w〉 = −v1w1 + v2w2 + ....+ vnwn.

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3.5. Schwarze Locher

Setze v = (v1, v′) und w = (w1, w′), wobei v′ = (v2, ..., vn) und w′ =(w2, ..., wn). Da v und w aber nicht-raumartig sind, gilt:

〈v, v〉 ≤ 0, 〈w,w〉 ≤ 0

und damit

0 ≥ 〈v, v〉 = −(v1)2 + (v′, v′) ⇒ (v1)2 ≥ (v′, v′) (*)

0 ≥ 〈w,w〉 = −(w1)2 + (w′, w′) ⇒ (w1)2 ≥ (w′, w′), (**)

wobei (x′, y′) = x2y2 + ...+xnyn sein soll. Dann gilt aber mit der Cauchy-Schwarzschen-Ungleichung (CSU):

〈v, w〉 = −v1w1 + (v′, w′)CSU≤ −v1w1 + |v′||w′| ≤ 0.

Fur die Cauchy-Schwarzsche-Ungleichung gilt aber die Gleichheit genaudann, wenn die beiden Vektoren linear abhangig sind. Daher ist die Be-hauptung schon gezeigt, falls die Vektoren linear unabhangig sind. Seiendie beiden Vektoren nun linear abhangig. Klar ist, dass zwei Vektoren nurdann linear abhangig sein konnen, wenn sie den gleichen kausalen Charak-ter haben. Seien also v und w zunachst zeitartige Vektoren mit v = λw.Dann gilt:

〈v, w〉 = 〈λw,w〉 = λ 〈w,w〉︸ ︷︷ ︸<0

< 0

fur λ > 0. Dies ist aber erfullt, da v und w im gleichen kausalen Kegelliegen mussen.Im anderen Fall sind v und w dann lichtartige Vektoren mit v = λw. Auchhier ist klar, dass λ > 0 sein muss mit dem gleichen Argument wie oben.Damit gilt die Behauptung, da

〈v, w〉 = 〈λw,w〉 = λ 〈w,w〉︸ ︷︷ ︸=0

= 0.

”⇐“ : Seien zunachst v und w lichtartig mit v = λw, λ > 0. Ohne Be-schrankung der Allgemeinheit liege w im Zukunftskegel. Damit ist aberv = λw fur λ > 0 ebenfalls zukunftsgerichtet und v und w liegen im glei-chen Kegel.Seien nun v und w nicht-raumartig und nicht linear abhangig. Angenom-men v und w liegen nicht im gleichen Kegel. Dann haben v1 und w1

verschiedene Vorzeichen und es gilt:

0 > 〈v, w〉 = −v1w1 + (v′, w′),

wobei −v1w1 > 0 ist und somit |v1w1| < |(v′, w′)| und (v′, w′) < 0. Mitder Cauchy-Schwarzschen-Ungleichung und (*) bzw. (**) gilt:

|(v′, w′)|CSU≤ |v′||w′|

(∗),(∗∗)≤ |v1||w1| = |v1w1|

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3.5. Schwarze Locher

und somit |(v′, w′)| ≤ |v1w1| was im Widerspruch zu |v1w1| < |(v′, w′)|steht. Damit folgt wiederum die Behauptung.

3.5.2 Lemma:

Auf der Kruskal-Szekeres-Raumzeit sind die zeitartigen Vektorfelder −∂u und∂v zukunftsgerichtet. Auf KII

∼= B ist grad r zeitartig und zukunftsgerichtet.

Beweis:Auf KI ist ∂t zeitartig und zukunftsgerichtet und von der Form

∂t =v∂v − u∂u

4m

(ohne Beweis, bei Interesse vergleiche [O’N93, S. 390-391]). Die Funktionen

−〈∂u, ∂t〉 = −⟨∂u,

v∂v − u∂u

4m

⟩=

14m

(〈∂u, v∂v〉 − 〈∂u, u∂u〉)

= − 14m

(vF (r)− 0)

= −vF (r)4m

und

〈∂v, ∂t〉 =⟨∂v,

v∂v − u∂u

4m

⟩=

14m

(v〈∂v, ∂v〉 − u〈∂v, ∂u〉)

= −uF (r)4m

sind auf KI negativ, da dort die Funktion

F (r) =8m2

rexp(1− r

2m)

wegen r > 0 positiv ist.Daher sind −∂u und ∂v zukunftsgerichtet auf KI nach Lemma (3.5.1). Da sieaber lichtartige Vektorfelder sind, bleiben sie auf ganz K zukunftsgerichtet. DieFormel fur

grad r =1

4m(u∂u + v∂v)

bleibt auch auf K gultig. Daher ist der Gradient von r eine Linearkombinati-on der beiden zukunftsgerichteten Vektorfelder −∂u und ∂v mit den auf KII

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3.5. Schwarze Locher

positiven Koeffizienten − u4m und v

4m . Somit ist grad r auch zukunftsgerichtetund liegt als Linearkombination zeitartiger Vektoren mit positiven Koeffizienteninnerhalb des Lichtkegels, ist also zeitartig. Oder anders:

〈grad r, grad r〉 =1

16m2(〈u∂u, u∂u〉+ 〈u∂u, v∂v〉+ 〈v∂v, u∂u〉+ 〈v∂v, v∂v〉)

=2uv

16m2〈∂u, ∂v〉

=uv

8m2︸︷︷︸<0

F (r)︸︷︷︸>0

< 0.

3.5.3 Satz 1:

Kein materie- oder lichtartiges Teilchen kann aus dem Schwarzschild SchwarzenLoch entweichen. Außerdem bewegt sich jedes Teilchen nach innen und falltnach endlicher Zeit in die zentrale Singularitat r = 0, wenn es nicht schon zuvorendet.

Beweis:Sei α ein materie- oder lichtartiges Teilchen, so dass ohne Beschrankung derAllgemeinheit α(0) ∈ B gilt. Da r = 2m auf der Grenze zwischen N und Bgilt, reicht es zu zeigen, dass dr

ds ≤ 0 gilt, um zu zeigen, dass α in B bleibt.Da nach Lemma (3.5.2) der grad r zeitartig und zukunftsgerichtet ist und daα materie- oder lichtartig ist, ist α′ nicht raumartig und daruber hinaus auchnoch zukunftsgerichtet und es gilt nach der Definition des Gradienten und nachLemma (3.5.1):

dr

ds= 〈α′, grad r〉 < 0

Somit kann kein Teilchen aus dem Schwarzen Loch entweichen und bewegt sichnach innen. Bleibt nun noch zu zeigen, dass ein Teilchen, wenn es nicht schonzuvor endet, nach endlicher Zeit in die zentrale Singularitat r = 0 fallt. Klar ist,dass ein Materieteilchen immer wegen Uberbeschleunigung enden kann bevor esr = 0 erreicht, denn es kann passieren, dass |α(t)| → ∞ geht fur t→ t0, obwohlα(t) in einem Kompaktum bleibt. Es bleibt nun noch zu zeigen, dass α nicht auf[0,∞[ erweitert werden kann. Dazu genugt es zu zeigen, dass dr

ds nicht gegen 0geht. Wenn α lichtartig ist liefert Differentiation der Energiegleichung aus dem

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3.5. Schwarze Locher

Erhaltungssatz aus (3.4.1):

0 =d

ds

(dr

ds

)2

+d

ds

(L2

r2h(r)

)= 2

dr

ds

d2r

ds2+ L2 r

3r′ − 3r2r′(r − 2m)r6

= 2dr

ds

d2r

ds2+ L2 rr

′ − 3rr′ + 6mr′

r4

= 2dr

ds︸︷︷︸<0

d2r

ds2+ L2︸︷︷︸

>0

−2rr′ + 6mr′

r4︸ ︷︷ ︸<0 f

..ur r<3m

und damit d2rds2 < 0 fur r < 3m. Also gilt fur alle s ≥ 0:(

dr

ds

)(s) ≤

(dr

ds

)(0) < 0.

Wenn α ein Materieteilchen ist, gilt mit den Ausgangskoordinaten:

−1 = 〈α′, α′〉 = −h(dt

)2

+ h−1

(dr

)2

+ r2(dσ

)2

.

Da auf B h < 0 gilt, folgt damit

−1 ≥ h−1

(dr

)2

und somit

−h ≤(dr

)2

.

Da −h = 2mr − 1 aber wachst, wenn r kleiner wird, gilt wiederum(

dr

)(τ) ≤

(dr

)(0) < 0.

3.5.4 Satz 2:

Jedes lichtartige Teilchen in N = PI ×r S2 ∼= QI ×r S2, das auf den Horizont Htrifft, bleibt entweder ganz in H oder dringt ins Schwarze Loch B ein.

Beweis:Sei ohne Beschrankung der Allgemeinheit α(0) ∈ H. H ist die Region in N furdie gilt, dass u = 0 ist. Dann gilt mit dem Lemma aus (3.4.3):

grad r =v∂v

4m.

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3.5. Schwarze Locher

Außerdem ist grad r zukunftsgerichtet und lichtartig. Da α′ nicht raumartig undzukunftsgerichtet ist, gilt mit Lemma (3.5.1) und der Definition des Gradienten:

dr

ds(0) = 〈α′(0), grad r〉 ≤ 0,

wobei genau dann drds (0) = 0, wenn α′(0) und grad r linear abhangige, lichtartige

Vektoren sind. Somit ist die Behauptung gezeigt.

3.5.5 Satz 3:

Eine nicht fortsetzbare, zeitartige Geodate γ : I → K in der Kruskal-Raumzeitist genau dann maximal definiert, wenn rγ(τ) → 0 geht, wenn τ sich demendlichen Endpunkt von I annahert.

Beweis:Der Beweis wird hier lediglich angedeutet. Zunachst wird ohne Beschrankungder Allgemeinheit angenommen, dass I von der Form [0, B) ist, mit B ≤ ∞. Esmussen nun die verschiedenen Falle untersucht werden, die fur γ(0) auftretenkonnen. Da die zentrale Symmetrie von K und die Isometrien

(u, v, p)t 7→ (v, u, p)t

(u, v, p)t 7→ (−v,−u, p)t

die Geodaten erhalten (wobei nur die letzte die Zeitorientierung bewahrt), mus-sen wir nur drei Falle fur γ(0) untersuchen:

γ(0) ∈ KI

γ(0) ∈ H ′ = (H ∩ (QI ×r S2)) mit QI Region in Q mit v > 0γ(0) ∈ KII .

Nun mussen die verschiedenen Bahnkurven untersucht werden, welche die Geo-daten in den drei Fallen einnehmen konnen, die aber in dieser Arbeit nichtdiskutiert wurden. Fur interessierte Leser sei auf [O’N93, S.374-378 u. S. 395-398] verwiesen.

Nun soll der Versuch gemacht werden, eine allgemeinere Definition eines Schwar-zen Loches zu formulieren. Dabei werden die Satze 1,2,3 in dieser Definition inirgendeiner Weise auftauchen.

3.5.6 Definition:

SeiM eine Raumzeit und r : M → R+ eine Radiusfunktion, die den Abstand zurzentralen Singularitat misst. Eine RegionB ⊆M , in der die zentrale Singularitatliegt, heißt ein Schwarzes Loch, wenn es folgende Eigenschaften besitzt:

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3.5. Schwarze Locher

(a) Jedes einmal in B eingetretene (maximal definierte) frei fallende Mate-rieteilchen α :]a, b[→ M verlasst B nicht wieder, hat eine endliche Zu-kunft und fallt in die zentrale Singularitat, das bedeutet b < ∞ undlimτ→b r(τ) = 0.

(b) Fur jedes (maximal definierte) lichtartige Teilchen α :]a, b[→M mitα(s0) ∈ B fur s0 ∈]a, b[ tritt genau einer der beiden folgenden Falle ein:

(a) α(s0) ∈ H, wobei H der Horizont ist, α(s0) ∈ THα(s0). Dann istb = ∞ und α([s0,∞[) liegt ganz in H.

(b) b <∞ und lims→b r(s) = 0.

(c) Beliebige Materieteilchen α :]a, b[→ M mit α(τ0) ∈ B fur ein τ0, bleibenebenfalls in B, haben endliche Zukunft und bewegen sich auf die zentraleSingularitat zu ohne die Richtung zu andern:

b <∞, r(τ) < 0 ∀τ ≥ τ0.

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Kapitel 4

Die Kerr-Losung derEinstein-Vakuum-Gleichung

In diesem Kapitel wird nun die Kerr-Losung der Einstein-Vakuum-Gleichungvorgestellt. Sie ist das Modell fur den Außenraum eines axialsymmetrischenSterns, der um seine Symmetrieachse rotiert. Obwohl die Kerr-Losung eine Ver-allgemeinerung des Schwarzschild-Falls ist, ist die Herleitung und Untersuchungdes Modells bedeutend schwieriger. Dass dieses Modell sehr viel komplizierterist, zeigt schon allein die Tatsache, dass Kerr die Losung fur dieses Modell erst1962, also fast 50 Jahre nach Schwarzschild veroffentlichte. Wir werden diesebenfalls bei der Herleitung der Metrik sehen.

Auch bei diesem Modell besteht die Raumzeit aus mehreren Teilen, abernun werden wir, nicht wie im Schwarzschild-Fall, nur mit zwei, sondern mit dreiBlocken konfrontiert. Doch das Modell beinhaltet auch neue und interessanteAspekte, wie beispielsweise eine Zeitmaschine.

Zunachst werden wir die Kerr-Metrik vorstellen und ihre Eigenschaften un-tersuchen. Daraufhin schauen wir uns die gefundenen Blocke der Kerr-Raumzeitan und untersuchen ihren kausalen Charakter. Zum Schluss werden die Konzep-te der Ergospharen und der Zeitmaschine vorgestellt.

4.1 Die Kerr-Metrik in Boyer-Lindquist-Koordinaten

4.1.1 Voraussetzungen

Gesucht wird ein Modell fur den Außenraum eines rotierenden und axialsym-metrischen Sterns. Die Raumzeit soll dabei stationar sein. Da die Kerr-Losungeine Verallgemeinerung der Schwarzschild-Losung ist, soll gelten, dass aus derKerr-Losung die Schwarzschild-Losung entsteht, wenn die Rotation des Sternsgegen Null geht. Außerdem soll die Kerr-Raumzeit asymptotisch flach sein, wasbedeutet, dass fur r → ∞ die Minkowski-Metrik entstehen soll. Naturlich soll

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4.1. Die Kerr-Metrik in Boyer-Lindquist-Koordinaten

die Kerr-Metrik die Einstein-Vakuum-Gleichung losen, die Raumzeit also Ricci-flach sein.

4.1.2 1. Ansatz

Als Grundlage dient abermals eine 4-dimensionale Lorentz-Mannigfaltigkeit mitLorentz-Metrik g, also vom Typ (1,3). Wahle zunachst M = R× R3\0. In Rwahle die Zeitkoordinate t, sowie die Polarkoordinaten r, ϑ, ϕ in R3\0, wobeigilt:

r ∈ (0,∞); ϑ ∈ (0, π); ϕ ∈ (0, 2π).

Dabei entsteht sofort ein erstes

4.1.3 Problem:

Die Polarkoordinaten decken R3\0 nicht komplett ab: Die ganze x−z−Ebenewird durch die Koordinaten nicht erfasst. Wahle darum einen

4.1.4 2. Ansatz

Ersetze die Abbildung

R3 ⊇ U → (0,∞)× (0, π)× (0, 2π)

durchR3 ⊇ U → (0,∞)× (0, π)× S1

und uberdecke dadurch die x-Achse ebenfalls. Somit erhalt man eine Beschrei-bung von R3\z-Achse. Es ist nun also vorerst M = R × R+ × (0, π) × S1. Wirwahlen wiederum die Koordinaten t, r, ϑ und ϕ.

4.1.5 Die Kerr-Metrik in Boyer-Lindquist-Koordinaten(von 1966)

Da die Herleitung der Kerr-Metrik sich um ein Vielfaches komplizierter gestaltetals wir es bei der Schwarzschild-Metrik gesehen haben, wird hier die Metrik ein-fach angegeben. Bisher scheint es noch keine elegante Herleitung der Metrik zugeben, wobei die Herangehensweise zur Herleitung der Metrik beinahe parallelzu sein scheint. Auf ahnliche Weise wie oben entstehen die Nullen in der Metrikund man kann zeigen, dass die Eintrage der Metrik nur von r und ϑ abhangen.Das Losen der Einstein-Vakuum-Gleichung aber gestaltet sich in diesem Fall umeiniges schwieriger. (Zur Herleitung vergleiche [Cha83, S.273-292])

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4.2. Eigenschaften der Kerr-Metrik

Die Kerr-Metrik in Boyer-Lindquist-Koordinaten t ∈ R, r ∈ R+, ϑ ∈ (0, π) undϕ ∈ S1 lautet:

(gij) =

−1 + 2mr

ρ2 0 0 − 2mra sin2 ϑρ2

0 ρ2

∆ 0 00 0 ρ2 0

− 2mra sin2 ϑρ2 0 0 (r2 + a2 + 2mra2 sin2 ϑ

ρ2 ) sin2 ϑ

mit ρ2 := f(r, ϑ) = r2 + a2 cos2 ϑ und ∆ := r2 − 2mr + a2.

4.1.6 Definition:

Die Kerr-Metrik hangt von zwei Konstanten ab: m > 0 wird die Masse, a ≥ 0der Drehimpuls des Sterns genannt.

4.1.7 Bemerkung:

Ohne Einschrankung kann angenommen werden, dass der Drehimpuls a großeroder gleich 0 ist, da die Rotationsrichtung des Sterns keine Rolle spielt.

4.2 Eigenschaften der Kerr-Metrik

Zunachst soll hier nachgewiesen werden, dass die Kerr-Metrik in Boyer-Lind-quist-Koordinaten die zu Beginn geforderte Eigenschaften erfullt.

(a) Die Raumzeit ist stationar und axialsymmetrisch:Bei Betrachtung der Komponenten der Metrik, fallt auf, dass sie un-abhangig von den Koordinaten t und ϕ ist. Um zu zeigen, dass die Raum-zeit stationar ist, suchen wir ein zeitartiges Killing-Vektorfeld. Dieses fin-den wir in ∂t. Allgemein gilt:

LXg =d

dt

∣∣t=0

(ϕt)∗(g),

wobei (ϕt) der zu X gehorende Fluss ist, also dϕt

dt = X ϕt, ϕ0 = id. FurX = ∂t ist ϕt(s, r, ϑ, ϕ) = (s+ t, r, ϑ, ϕ), das heißt (ϕt)∗(g) = g und somit:

L∂tg =

d

dt

∣∣t=0

(ϕt)∗(g) =d

dt

∣∣t=0

g = 0.

Also ist ∂t ein Killing-Vektorfeld. Nur ist es so, dass ∂t nicht auf derganzen Kerr-Raumzeit zeitartig ist, aber wie wir spater sehen werden, istdie Raumzeit wenigstens im Bereich r > 2m (und auch r < 0, wenn dieszugelassen ist) stationar.Ahnlich zeigt man, dass auch ∂ϕ ein Killing-Vektorfeld und die Raumzeitsomit axialsymmetrisch ist.

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4.2. Eigenschaften der Kerr-Metrik

(b) Fur a = 0 wird die Kerr- zur Schwarzschild-Metrik, denn dann gilt:

(gij) =

−1 + 2m

r 0 0 00 (1− 2m

r )−1 0 00 0 r2 00 0 0 r2sin2ϑ

,

da dann ρ2 = r2 und ∆ = r2 − 2mr gilt.

(c) Die Kerr-Raumzeit ist asymptotisch flach:Allgemein ist eine beliebige Metrik (gij) in Polarkoordinaten asymptotischflach, wenn gilt:

limr→∞

(gij(t, r, ϑ, ϕ)) = 0 fur i 6= j

limr→∞

gii(t, r, ϑ, ϕ)geukl.

ii (t, r, ϑ, ϕ)= 1 fur i = 1, 2, 3, 4.

Dies ist fur die Kerr-Metrik der Fall, sie nahert sich also der Minkowski-Metrik

(gij) =

−1 0 0 00 1 0 00 0 1 00 0 0 1

fur r →∞ an.

(d) Die Kerr-Raumzeit ist Ricci-flach: Wir erinnern an die Koordinatenschreib-weise:Der Ricci-Tensor ist gegeben durch:

Ricik = Rjijk = ∂jΓ

jki − ∂kΓj

ji + ΓjjrΓ

rki − Γj

krΓrji,

und die Christoffel-Symbole durch:

Γrij =

12gkr(∂igjk + ∂jgik − ∂kgij).

Um nun zu zeigen, dass die Kerr-Raumzeit Ricci-flach ist, muss man zei-gen, dass alle Komponenten des Ricci-Tensors gleich Null sind. Da dieseumfangreichen Rechnungen fur das Verstandnis der Arbeit nicht von Be-deutung sind, werden sie hier ausgelassen und man moge glauben: Ric = 0.

Nun haben wir gezeigt, dass die Metrik den Voraussetzungen außer in einigenAusnahmen genugt. Nun bleibt naturlich noch zu zeigen, dass die Metrik eineLorentz-Metrik ist:

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4.2. Eigenschaften der Kerr-Metrik

4.2.1 Satz:

Die Kerr-Metrik ist auf M\∆ = 0∪ρ2 = 0 eine Lorentz-Metrik, also vomTyp (1,3).

Zunachst beweisen wir einen technischen Hilfsatz, der nachher im Beweis desSatzes verwendet wird:

4.2.2 Hilfsatz:

Fur die Boyer-Lindquist-Koordinaten gilt:

(a) gttgϕϕ − g2tϕ = −∆ sin2 ϑ

(b) det(gij) = −ρ4 sin2 ϑ

Beweis:

(a)

gttgϕϕ − g2tϕ =

(−1 +

2mrρ2

)(r2 + a2 +

2mra2 sin2 ϑ

ρ2

)sin2 ϑ−

(−2mra sin2 ϑ

ρ2

)2

=(−r2 − a2 − 2mra2 sin2 ϑ

ρ2

)sin2 ϑ+

(2mr3

ρ2+

2mra2

ρ2

)sin2 ϑ

+4m2r2a2 sin4 ϑ

ρ4− 4m2r2a2 sin4 ϑ

ρ4

=(−r2 − a2 + 2mr

−a2 sin2 ϑ+ r2 + a2

ρ2

)sin2 ϑ

=(−r2 − a2 + 2mr

r2 + a2(1− sin2 ϑ)ρ2

)sin2 ϑ

=(−r2 − a2 + 2mr

r2 + a2 cos2 ϑρ2

)sin2 ϑ

=(−r2 − a2 + 2mr

)sin2 ϑ

=−∆ sin2 ϑ.

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4.2. Eigenschaften der Kerr-Metrik

(b) Entwicklung nach der zweiten Zeile:

det(gij) =ρ2

∆det

−1 + 2mrρ2 0 − 2mra sin2 ϑ

ρ2

0 ρ2 0− 2mra sin2 ϑ

ρ2 0 (r2 + a2 + 2mra2 sin2 ϑρ2 ) sin2 ϑ

=ρ2

((−1 +

2mrρ2

)ρ2

(r2 + a2 +

2mra2 sin2 ϑ

ρ2

)sin2 ϑ− 2mra sin2 ϑ

ρ2ρ2 2mra sin2 ϑ

ρ2

)=ρ2

((−ρ2 + 2mr

)(r2 + a2 +

2mra2 sin2 ϑ

ρ2

)sin2 ϑ− 4m2r2a2 sin4 ϑ

ρ2

)=ρ2

(−ρ2

(r2 + a2 +

2mra2 sin2 ϑ

ρ2

)sin2 ϑ+ 2mr(r2 + a2) sin2 ϑ

+4m2r2a2 sin4 ϑ

ρ2− 4m2r2a2 sin4 ϑ

ρ2

)=− ρ4

(1∆

(r2 + a2 +

2mra2 sin2 ϑ

ρ2− 2mr(r2 + a2)

ρ2

)sin2 ϑ

)=− ρ4 sin2 ϑ

(1∆

(r2 + a2 − 2mr

a2(1− sin2 ϑ) + r2

ρ2

))=− ρ4 sin2 ϑ

(1∆

(r2 + a2 − 2mr

a2 cos2 ϑ+ r2

ρ2

))=− ρ4 sin2 ϑ

(1∆

(r2 + a2 − 2mr))

=− ρ4 sin2 ϑ.

Beweis des Satzes:Vorbemerkung: Nach Voraussetzung sind die kritischen Punkte, an denen dieMetrik nicht definiert ist, also ∆ = 0 und ρ2 = 0 bereits ausgeschlossen. Danngilt: ρ2 > 0, sowie sin2 ϑ > 0 auf (0, π), und mit obigem Hilfsatz also det(gij) <0. Damit wissen wir bereits, dass die Metrik vom Typ (1,3) oder (3,1) ist.Wir schreiben die Metrik in der Form

A =(A1 00 A2

)mit

A1 =(

gtt gtϕ

gϕt gϕϕ

)und

A2 =(grr 00 gϑϑ

)

68

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4.2. Eigenschaften der Kerr-Metrik

Nach dem Hilfsatz gilt aber:

detA1 = −∆ sin2 ϑ.

Daher entscheidet der Betrag von ∆ uber das Vorzeichen der Determinante:

1.Fall: 0 < ∆ : detA1 < 0:Dann ist A1 vom Typ (1,1). Außerdem gilt:

grr =ρ2

∆=r2 + a2 cos2 ϑ

∆> 0,

gϑϑ = ρ2 > 0.

Damit gilt, dass A2 als Diagonalmatrix vom Typ (0,2) ist und damit istdie Metrik insgesamt vom Typ (1,3).

2.Fall: 0 > ∆ : detA1 > 0, 0 > grr, gϑϑ > 0:Betrachte daher gtt = −1 + 2mr

ρ2 . Es gilt aber:

∆ = r2 − 2mr + a2 = 0

⇔ r2/1 =2m±

√4m2 − 4a2

2= m±

√m2 − a2

⇒ 0 ≤ r1 ≤ r2 ≤ 2m⇒ ∆ < 0 ⇔ r ∈ (r1, r2)

Da die Eigenwerte einer Matrix stetig von den Eintragen abhangen, genugt esdas Vorzeichen von gtt an bestimmten Stellen zu betrachten. Wahle dazu ϑ = π

2 .Damit gilt:

gtt = −1 +2mrr2

= −1 +2mr.

Da aber r < 2m ist, gilt gtt > 0 und es folgt mit dem Hauptminoren-Kriteriumfur Definitheit (A ∈ Symn(R) ist genau dann positiv definit, wenn fur die Haupt-minoren Ai, i = 1, ..., n gilt: det(Ai) > 0), dass A1 vom Typ (0,2) ist und somitist die Metrik vom Typ (1,3).

Nun werden weitere Eigenschaften der Boyer-Lindquist-Koordinaten vorgestellt,die im Verlauf der Diskussion noch gebraucht werden.

4.2.3 Lemma

Fur die Kerr-Metrik in Boyer-Lindquist-Koordinaten gilt:

(a) gϕϕ + a sin2 ϑgϕt = (r2 + a2) sin2 ϑ

(b) gtϕ + a sin2 ϑgtt = −a sin2 ϑ

69

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4.2. Eigenschaften der Kerr-Metrik

(c) agϕϕ + (r2 + a2)gtϕ = ∆a sin2 ϑ

(d) agtϕ + (r2 + a2)gtt = −∆

mit ∆ = r2 − 2mr + a2 und ρ2 = r2 + a2 cos2 ϑ.

Beweis:

(a)

gϕϕ + a sin2 ϑgϕt =(r2 + a2 +

2mra2 sin2 ϑ

ρ2

)sin2 ϑ+ a sin2 ϑ

(−2mra sin2 ϑ

ρ2

)=sin2 ϑ

(r2 + a2 +

2mra2 sin2 ϑ

ρ2− 2mra2 sin2 ϑ

ρ2

)=sin2 ϑ(r2 + a2)

(b)

gtϕ + a sin2 ϑgtt =− 2mra sin2 ϑ

ρ2+ a sin2 ϑ

(−1 +

2mrρ2

)=sin2 ϑ

(−2mraρ2

− a+2mraρ2

)=− a sin2 ϑ

(c)

agϕϕ + (r2 + a2)gtϕ =a(r2 + a2 +

2mra2 sin2 ϑ

ρ2

)sin2 ϑ+ (r2 + a2)

(−2mra sin2 ϑ

ρ2

)=a sin2 ϑ

(r2 + a2 +

2mra2 sin2 ϑ

ρ2+ (r2 + a2)

(−2mr

ρ2

))=a sin2 ϑ

(r2 + a2 − 2mr

−a2 sin2 ϑ+ r2 + a2

ρ2

)=a sin2 ϑ

(r2 + a2 − 2mr

a2 cos2 ϑ+ r2

ρ2

)=a sin2 ϑ(r2 + a2 − 2mr)

=∆a sin2 ϑ

70

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4.2. Eigenschaften der Kerr-Metrik

(d)

agtϕ + (r2 + a2)gtt = a

(−2mra sin2 ϑ

ρ2

)+ (r2 + a2)

(−1 +

2mrρ2

)= −2mra2 sin2 ϑ

ρ2− r2 − a2 +

(r2 + a2)2mrρ2

= −r2 − a2 + 2mr−a2 sin2 ϑ+ r2 + a2

ρ2

= −r2 − a2 + 2mr= −∆

4.2.4 Definition:

Die kanonischen Kerr-Vektorfelder sind gegeben durch

V = (r2 + a2)∂t + a∂ϕ

undW = ∂ϕ + a sin2 ϑ∂t.

4.2.5 Bemerkung:

Die Gleichungen aus (4.2.3) lassen sich schreiben als:

(a) 〈W,∂ϕ〉 = (r2 + a2) sin2 ϑ

(b) 〈W,∂t〉 = −a sin2 ϑ

(c) 〈V, ∂ϕ〉 = ∆a sin2 ϑ

(d) 〈V, ∂t〉 = −∆

mit ∆ = r2 − 2mr + a2.

Beweis:

(a)

〈W,∂ϕ〉 = 〈∂ϕ + a sin2 ϑ∂t, ∂ϕ〉= 〈∂ϕ, ∂ϕ〉+ a sin2 ϑ〈∂t, ∂ϕ〉= gϕϕ + sin2 ϑgϕt

= (r2 + a2) sin2 ϑ

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4.2. Eigenschaften der Kerr-Metrik

(b)

〈W,∂t〉 = 〈∂ϕ + a sin2 ϑ∂t, ∂t〉= 〈∂ϕ, ∂t〉+ a sin2 ϑ〈∂t, ∂t〉= gϕt + a sin2 ϑgtt

= −a sin2 ϑ

(c)

〈V, ∂ϕ〉 = 〈(r2 + a2)∂t + a∂ϕ, ∂ϕ〉= (r2 + a2)〈∂t, ∂ϕ〉+ a〈∂ϕ, ∂ϕ〉= (r2 + a2)gtϕ + agϕϕ

= ∆a sin2 ϑ

(d)

〈V, ∂t〉 = 〈(r2 + a2)∂t + a∂ϕ, ∂t〉= (r2 + a2)〈∂t, ∂t〉+ a〈∂ϕ, ∂t〉= (r2 + a2)gtt + agϕt

= −∆

4.2.6 Lemma:

Fur die kanonischen Kerr-Vektorfelder gilt:

(a) 〈V, V 〉 = −∆ρ2

(b) 〈W,W 〉 = ρ2 sin2 ϑ

(c) 〈V,W 〉 = 0

Beweis:

(a)

〈V, V 〉 = 〈V, (r2 + a2)∂t + a∂ϕ〉= (r2 + a2)〈V, ∂t〉+ a〈V, ∂ϕ〉= (r2 + a2)(−∆) + a(∆a sin2 ϑ)

= −∆(r2 + a2(1− sin2 ϑ))

= −∆(r2 + a2 cos2 ϑ)

= −∆ρ2

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4.3. Die Boyer-Lindquist Blocke

(b)

〈W,W 〉 = 〈W,∂ϕ + a sin2 ϑ∂t〉= 〈W,∂ϕ〉+ a sin2 ϑ〈W,∂t〉= (r2 + a2) sin2 ϑ+ a sin2 ϑ(−a sin2 ϑ)

= sin2 ϑ(r2 + a2 cos2 ϑ)

= sin2 ϑρ2

(c)

〈V,W 〉 = 〈V, ∂ϕ + a sin2 ϑ∂t〉= 〈V, ∂ϕ〉+ a sin2 ϑ〈V, ∂t〉= ∆a sin2 ϑ+ a sin2 ϑ(−∆)= 0

(Ebenso: 〈W,V 〉 = 0 wegen Symmetrie.)

4.3 Die Boyer-Lindquist Blocke

4.3.1 Bemerkung:

Wie wir gesehen haben, enthalt die Kerr-Metrik zwei Parameter m (interpretiertals Masse m > 0) und a (interpretiert als Drehimpuls a ≥ 0). Sei nun die Massem > 0 fest, der Drehimpuls a variiere. Es ergeben sich folgende Falle:

4.3.2 Definition:

1. Fall: 0 = a: Dieser Fall ist uns bekannt, denn die Raumzeit wird dann zurSchwarzschild-Raumzeit

2. Fall: 0 < a < m: Nun wird die Raumzeit langsam-rotierende Kerr-Raumzeitgenannt

3. Fall: a = m: Die Raumzeit heißt extreme Kerr-Raumzeit

4. Fall: m < a: Die Raumzeit wird schnell-rotierende Kerr-Raumzeit genannt

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4.3. Die Boyer-Lindquist Blocke

Abbildung 4.1: Die Horizont-Funktion der verschiedenen Kerr-Typen.

4.3.3 Bemerkung:

Der Fall a = 0, also der Fall der Schwarzschild-Raumzeit, wurde bereits imvorangegangenen Kapitel abgehandelt und soll uns nun nicht mehr weiter inter-essieren. Daher gelte ab jetzt immer a > 0.Um Unterschiede zwischen den verschiedenen Typen der Kerr-Raumzeiten zusehen, ist es notig die Horizont-Funktion ∆ = r2− 2mr+a2 zu betrachten. Furden Schwarzschild-Fall ergeben sich die bereits bekannten Nullstellen 0 und 2m.

Fur den langsam-rotierenden Kerr erhalten wir genau zwei Nullstellen:

0 < r± = m±√m2 − a2 < 2m.

Fur den extremen Kerr erhalten wir eine doppelte Nullstelle, denn dann gilt:

∆ = (r − 2m)2 = 0 ⇔ r = m.

Fur den schnell-rotierenden Kerr ergeben sich keine reellen Nullstellen.

Wir haben bereits gesehen, dass die Metrik nicht uberall definiert ist und dassdie Koordinaten die Raumzeit nicht ganz uberdecken. Es soll zunachst einmaldas großte Gebiet festgelegt werden, auf dem die Kerr-Metrik definiert ist.

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4.3. Die Boyer-Lindquist Blocke

4.3.4 Bemerkung:

Da die Kerr-Metrik bei r = 0 keine Singularitat aufweist, solange ϑ 6= π2 – ganz

im Gegenteil zur Schwarzschild-Fall – kann die Forderung r > 0 aufgegebenwerden und es kann r ∈ R angenommen werden. Wie im Schwarzschild-Fall(vor der Normalisation) hat die r- Koordinate ursprunglich keine geometrischeBedeutung. Es sind r und t nun die reellen Koordinaten der R2-Ebene undmit den spharischen Koordinaten ϑ und ϕ auf der S2 betrachten wir jetzt dieProduktmannigfaltigkeit M = R2 × S2.

4.3.5 Versagen der jetzigen metrischen Koordinaten

Es gibt nur drei Falle in denen die Koordinaten versagen. Um sie in Folgendengenauer zu untersuchen, sei noch einmal darauf hingewiesen, dass ϑ auf derganzen Sphare definiert ist, ϕ dagegen in den Polen (0, 0,±1) nicht. Nun aberzu den drei Fallen:

(a) Wie bereits erwahnt treten bei ∆ = 0 Definitionslucken auf. Diese werdenHorizonte H genannt. Wie oben erwahnt hat der schnell-rotierende Kerrkeinen Horizont, der extreme Kerr einen Horizont H bei r = m und derlangsam-rotierende Kerr zwei Horizonte: H+ bei r = r+ und H− bei r =r−.

(b) Gilt ρ2 = 0, so entsteht die so genannte Ringsingularitat Σ. Der Be-griff ”Ringsingularitat“ wird dadurch motiviert, dass ρ2 = 0 mit ρ2 =r2 + a2 cos2 ϑ nur dann gleich Null wird, wenn gleichzeitig r = 0 undcosϑ = 0 sind. Somit ist die Ringsingularitat Σ das kartesische Produktder Zeitachse R1 und der 1-Sphare S1, wo r = 0 und ϑ = π

2 gilt. Diese1-Sphare ist gerade der Aquator der S2 zum Radius r = 0.

(c) Die Metrik versagt ebenfalls bei sinϑ = 0. Dies tritt nun auch ein, dajetzt gilt M = R×S2. Dabei entsteht die Achse A auf der die Metrik nichtdefiniert ist. sinϑ = 0 gibt fur die spharischen Koordinaten in R3 geradedie z-Achse. Da wir zugelassen haben, dass r negativ wird, gibt es nunzwei solche Achsen, die im Verlauf der Zeit fortbestehen. Denn auf der2-Sphare gilt sinϑ = 0 genau im Nordpol N (fur ϑ = 0) und im SudpolS (fur ϑ = π) und somit ist die Metrik in R2 × S2 genau auf den beidenz-Achsen R2 ×N und R2 × S nicht definiert.

4.3.6 Erweiterung der Metrik uber die Definitionsluckenhinaus

Nachdem wir nun gewisse Definitionslucken entdeckt haben, stellt sich in naturli-cher Weise die Frage, ob die Metrik uber diese hinweg erweitert werden kann.Zunachst soll die Achse A untersucht werden. Zwar versagen die spharischen Ko-ordinaten auf der z-Achse, aber das Versagen ist nicht wesentlich. Leider kann

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4.3. Die Boyer-Lindquist Blocke

man diese Definitionslucken nicht wie im Schwarzschild-Fall (wegen Rotations-symmetrie) durch Rotation der alten Koordinaten erreichen. Dennoch gelingtes, die Kerr-Metrik analytisch uber A hinaus zu erweitern. Auf A gilt geradesin2 ϑ = 0 und somit:

ρ2 = r2 + a2 cos2 ϑ = r2 + a2(1− sin2 ϑ) = r2 + a2.

Außerdem schreiben wir die Kerr-Metrik als Linienelement

ds2 = gttdt2 + grrdr

2 + gϑϑdϑ2 + gϕϕdϕ

2 + 2gϕtdϕdt.

Wir werden sehen, dass die Boyer-Lindquist-Koordinaten die Achse A zwar nichtuberdecken, dass die Kerr-Metrik dort aber wohldefiniert fortgesetzt werdenkann. Betrachte dazu folgendes

Lemma:Das Kerr-Linienelement kann auf M = R2×S2\(H ∪Σ) geschrieben werden als

ds2 =ρ2

∆dr2 + ρ2dσ2 + a2 sin4 ϑdϕ2 − dt2 + 2mrρ−2(dt− a sin2 ϑdϕ)2

mit ρ2 = r2 + a2 cos2 ϑ, ∆ = r2 − 2mr + a2, dσ2 das Linienelement auf der2-Sphare.

Bemerkung:Betrachtet man in obiger Gleichung die rechte Seite, so sieht man, dass all dieseTerme uber die Pole erweitert werden konnen, also auch uber die Achse A inR2 × S2. Hat die Metrik namlich die Form aus dem Lemma, so gilt: Auf derAchse A ist: sinϑ = 0 und cosϑ = 1 und somit:

ds2∣∣A

=(−1 +

2mrρ2

)dt2 +

ρ2

∆dr + ρ2dσ2

= − ∆r2 + a2

dt2 +r2 + a2

∆dr2 + (r2 + a2)dσ2.

Somit versagt die Metrik nicht, wenn gilt ∆ 6= 0, also fur A\H.

Um das Lemma zu zeigen benutzen wir folgendes

Hilfslemma:Auf der S2 ohne Nordpol N = (0, 0, 1) und Sudpol S = (0, 0,−1) gilt:

ρ2dϑ2 + gϕϕdϕ2 = ρ2dσ2 + (1 +

2mrρ2

)a2(sin2 ϑdϕ)2.

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4.3. Die Boyer-Lindquist Blocke

Beweis:Auf S2\N,S gilt mit r2 + a2 = ρ2 + a2 sin2 ϑ:

ρ2dϑ2 + gϕϕdϕ2 = ρ2dϑ2 + (r2 + a2) sin2 ϑdϕ2 +

2mra2 sin4 ϑ

ρ2dϕ2

= ρ2dϑ2 + ρ2 sin2 ϑdϕ2 + a2 sin4 ϑdϕ2 +2mra2 sin4 ϑ

ρ2dϕ2

= ρ2(dϑ2 + sin2 ϑdϕ2) + a2 sin4 ϑ(dϕ2 +2mrρ2

dϕ2)

= ρ2dσ2 + a2(1 +2mrρ2

)(sin2 ϑdϕ)2.

Beweis des Lemmas:Zunachst schreiben wir das Linienelement auf R2 × S2\(H ∪ Σ ∪A) als

ds2 = (gϑϑdϑ2 + gϕϕdϕ

2) + (gttdt2 + grrdr

2 + 2gϕtdϕdt).

Mit Hilfe des Hilfslemmas kann die linke Klammer geschrieben werden als

gϑϑdϑ2 + gϕϕdϕ

2 = ρ2dσ2 + (1 +2mrρ2

)a2 sin4 ϑdϕ2.

Andererseits kann die rechte Klammer geschrieben werden als

gttdt2 + grrdr

2 + 2gϕtdϕdt =(−1 +

2mrρ2

)dt2 +

ρ2

∆dr2 − 4mra sin2 ϑ

ρ2dϕdt

= −dt2 +ρ2

∆dr2 +

2mrρ2

(dt− 2a sin2 ϑdϕ)dt.

und damit gilt:

ds2 = (gϑϑdϑ2 + gϕϕdϕ

2) + (gttdt2 + grrdr

2 + 2gϕtdϕdt)

= ρ2dσ2 +(

1 +2mrρ2

)a2 sin4 ϑdϕ2 − dt2 +

ρ2

∆dr2 +

2mrρ2

(dt− 2a sin2 ϑdϕ)dt

=ρ2

∆dr2 + ρ2dσ2 + a2 sin4 ϑdϕ2 − dt2 +

2mrρ2

(a2 sin4 ϑdϕ2 − 2a sin2 ϑdϕdt+ dt2)

=ρ2

∆dr2 + ρ2dσ2 + a2 sin4 ϑdϕ2 − dt2 +

2mrρ2

(dt− a sin2 ϑdϕ)2.

Bemerkung:Die Kerr-Metrik kann in Boyer-Lindquist-Koordinaten nicht weiter erweitertwerden, wir mussen uns also auf die Zusammenhangskomponenten von R2 ×S2\(H∪Σ) konzentrieren. Diese Komponenten sind durch Horizonte voneinandergetrennt. Beachte dazu folgende

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4.3. Die Boyer-Lindquist Blocke

4.3.7 Definition:

Die folgenden offenen Teilmengen von (R2×S2)\Σ werden als Boyer-Lindquist-Blocke I, II und III bezeichnet:

(a) Fur den langsam-rotierenden Kerr existieren zwei Horizonte r = r+ =m+

√m2 − a2 und r = r− = m−

√m2 − a2:

I : r > r+

II : r− < r < r+

III : r < r−

(b) Fur den extremen Kerr existiert ein einziger Horizont bei r = m:

I : r > m

II : r < m

(c) Fur schnell-rotierenden Kerr gibt es keinen Horizont, daher auch nur einenBlock I = II = III = R2 × S2\Σ.

4.3.8 Bemerkung:

Die einzelnen Blocke sind jeweils zusammenhangende 4-dimensionale Lorentz-Mannigfaltigkeiten. Durch das ”Zusammenkleben“ der einzelnen Blocke an denHorizonten kann man die Kerr-Raumzeit erweitern, wie wir dies im Schwarz-schild-Fall getan haben, wobei naturlich im Fall des schnell-rotierenden Kerrdie Raumzeit schon maximal ist. Diese Erweiterung werden wir hier allerdingsnicht weiter verfolgen, weil es den Umfang der Arbeit sprengen wurde.Der interessanteste der drei Kerr-Falle ist der Fall des langsam-rotierendenKerr. Daher werden wir uns im Folgenden nur auf diesen beziehen. Ergebnissekonnen dann auch ubertragen werden, da der extreme Kerr aus dem langsam-rotierenden durch Eliminierung des Blocks II entsteht.

4.3.9 Untersuchung des kausalen Charakters des langsam-rotierenden Kerr

Fur den langsam-rotierenden Kerr gilt:

0 < r± = m±√m2 − a2 < 2m.

Außerdem ist wie immer ∆ = r2 − 2mr + a2 und ρ2 = r2 + a2 cos2 ϑ. Diesbedeutet, dass auf I∪III : ∆ > 0 und auf II : ∆ < 0. Auf allen drei Blocken giltρ2 = r2 + a2 cos2 ϑ > 0. Folgende Ergebnisse konnen nun festgehalten werden:

(a) ∂ϑ und W sind immer raumartig auf den drei Blocken, denn nach Lemma(4.2.6) gilt:

〈W,W 〉 = ρ2 sin2 ϑ > 0.

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4.3. Die Boyer-Lindquist Blocke

Außerdem gilt〈∂ϑ, ∂ϑ〉 = gϑϑ = ρ2 > 0

auf allen drei Blocken.

(b) ∂r ist raumartig auf I ∪ III und zeitartig auf II, denn

〈∂r, ∂r〉 = grr =ρ2

∆,

mit ρ2 > 0 auf allen Blocken und ∆ > 0 auf I ∪ III, ∆ < 0 auf II.

(c) V ist zeitartig auf I ∪ III und raumartig auf II, denn wiederum gilt nachLemma (4.2.6):

〈V, V 〉 = −∆ρ2,

abermals mit ρ2 > 0 auf allen Blocken und ∆ > 0 auf I ∪ III, ∆ < 0 aufII.

(d) Wegen 〈∂ϕ, ∂ϕ〉 = gϕϕ = (r2 + a2 + 2mra2 sin2 ϑρ2 ) sin2 ϑ ist ∂ϕ raumartig

fur r > 0, also auf den Blocken I ∪ II, auf dem dritten Block variiert derkausale Charakter, wobei fur r −1 (da r2 schneller wachst als r) ∂ϕ

raumartig ist.

(e) ∂t ist raumartig auf Block II, da ∂t senkrecht zu ∂r, das dort zeitartig ist;auf I ∪ III variiert der kausale Charakter wobei fur r < 0 und 2m < rdas Feld ∂t zeitartig ist. Um dies zu sehen schreibe gtt in der Form

gtt =1ρ2

(−r(r − 2m)− a2 cos2 ϑ).

Nachdem nun der kausale Charakter der Vektorfelder untersucht wurde, sollendie Ergebnisse dazu dienen, Interpretationen fur die drei Blocke zu finden.

4.3.10 Interpretation:

(a) Der Block I wird außere Kerr-Raumzeit genannt. Es ist der rationalsteBlock, der auch astronomischer Block genannt wird. Fur relativ großesr kann das Gravitationsfeld mit dem Newtonschen Zentralen Kraftfeldverglichen werden. Daher erfahren die Boyer-Lindquist-Koordinaten aucheine Interpretation als Radius r, Zeit t, Colatitude ϑ und Longitude ϕ.Da fur r > 2m das Feld ∂t zeitartig ist, scheint es logisch, dass der BlockI dadurch zeitorientiert wird, dass ∂t dort als zukunftsgerichtet erklartwird.

(b) In Block II verlieren wir diese Interpretationen. Es kommt sozusagen zueiner kausalen Turbulenz, denn ∂r ist jetzt zeitartig, ∂t und die beiden an-deren Koordinatenvektorfelder sind raumartig. Eigentlich erfullt der Block

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4.4. Ergospharen und Zeitmaschine

II sozusagen nicht die Definition einer Raumzeit, denn sie ist zwar zeitori-entierbar, aber es gibt keine kanonische Art dies zu tun. Nur wenn BlockI und II ”zusammenklebt“ werden, kann man die Zeitorientierung vonBlock I ubernehmen.

(c) Fur den Block III gilt, dass er fur r −1 dem Block I ahnlich wird. Auchdie Interpretation der Koordinaten ist ahnlich, wobei −r die Entfernungvom Zentrum darstellt. Interessant aber ist vor allem das Gebiet in derNahe der Grenze zu Block II, da dort nicht nur die Ringsingularitat,sondern auch eine Zeitmaschine zu finden ist, die wir noch untersuchenwerden.

4.4 Ergospharen und Zeitmaschine

In diesem Kapitel werden wir uns zwei interessanten Phanomenen zuwenden,die aus der Rotation der Kerr-Metrik resultieren: Den Ergospharen und derZeitmaschine.Im vorangegangenen Kapitel wurde der kausale Charakter verschiedener Vek-torfelder untersucht und es zeigte sich, dass es nur drei Falle gibt, in denen derkausale Charakter auf einzelnen Blocken variiert:

• ∂t auf Block I und III

• ∂ϕ auf Block III

Von diesen beiden Vektorfeldern wissen wir bereits, dass sie Killing-Vektorfeldersind. Außerdem lasst sich zeigen, dass jedes Killing-Vektorfeld auf jedem Boyer-Lindquist Block von der Form

a∂t + b∂ϕ

ist, mit a, b konstant. Klar ist bereits, dass Vektorfelder dieser Form auch Killing-Vektorfelder sind, da die Killing-Vektorfelder einen Untervektorraum der Vek-torfelder X(M) bilden, ∂t und ∂ϕ sind aber Killing-Vektorfelder und damit auchdie Linearkombination a∂t +b∂ϕ. Daher gilt es hier zu akzeptieren, dass es keineweiteren Killing-Vektorfelder gibt, die nicht von dieser Form sind. Dies fuhrt zufolgenden Ergebnissen:

4.4.1 Proposition:

(a) Die Boyer-Lindquist Blocke sind nicht stationar, das heißt, dass es keinKilling-Vektorfeld gibt, das auf einem ganzen Block zeitartig ist.

(b) Allerdings gilt fur die Region |r| 1 in den Blocken I und III, dass eszeitartige Killing-Vektorfelder gibt, die von der Form

a∂t

sind mit a konstant, a 6= 0. Somit sind diese Regionen absolut stationar.

80

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4.4. Ergospharen und Zeitmaschine

Beweis:

(a) Wie bereits erwahnt, muss fur jedes Killing-Vektorfeld X gelten, dass derVektor Xp im Aufspann von ∂t und ∂ϕ liegt fur jeden Punkt p. Es folgtaus fruheren Erkenntnissen, dass die ∂t-∂ϕ-Ebene auf Block II raumartigist, da dort ∆ < 0 gilt. Somit kann es auf Block II, noch nicht einmal aufeiner offenen Teilmenge in II, ein zeitartiges Killing-Vektorfeld geben.Aus (4.3.9) wissen wir, dass der Charakter von ∂ϕ auf Block III variiert,auf Block I aber raumartig ist. Somit ist c∂ϕ fur ein konstantes c 6= 0 keinKilling-Vektorfeld, das obige Bedingung erfullt. Außerdem kann es auchkeine Linearkombination der Form a∂t + b∂ϕ sein: Da a wegen obigemArgument nicht Null sein kann, setze ohne Einschrankung a = 1, denn istX zeitartig, so ist es auch λX mit λ 6= 0. Damit gilt:

〈X,X〉 = gtt + 2bgtϕ + b2gϕϕ.

Die metrischen Identitaten aus Lemma (4.2.3) zeigen, dass fur |r| → ∞gilt:

gtt → −1gtϕ → 0gϕϕ → +∞ (außer auf den Achsen)

Somit gilt〈X,X〉 → +∞ (außerhalb der Achsen),

außer wenn gilt: b = 0. Damit ist der einzige Kandidat fur ein zeitartigesKilling-Vektorfeld gerade c∂t mit einer Konstanten c, von welchem wiraber ebenfalls wissen, dass der kausale Charakter auf I ∪ III variiert undsomit existiert kein Killing-Vektorfeld, das auf einem kompletten Blockzeitartig ist.

(b) Sei nun X ein Killing-Vektorfeld, das fur |r| groß zeitartig ist. Dass diesexistiert wissen wir bereits aus (4.3.9). Nach obiger Bemerkung konnenwir X schreiben als

X = a∂t + b∂ϕ

mit a, b konstant. Mit dem gleichen Argument wie oben konnen wir bereitsausschließen, dass X von der Form c∂ϕ oder a∂t + b∂ϕ ist. Daher mussb gleich Null sein und da wir aus (4.3.9) wissen, dass das Vektorfeld ∂t

die Voraussetzung erfullt, hat jedes zeitartige Killing-Vektorfeld auf denBlocken I und III fur |r| 1 die Form

a∂t

mit a konstant.

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4.4. Ergospharen und Zeitmaschine

Auf Block I haben wir eine Zeitorientierung durch ∂t festgelegt. Dort soll ∂t

zukunftsgerichtet sein, sobald es zeitartig ist. Somit ist U = ∂t

|∂t| ein stati-onares Beobachterfeld auf der offenen Menge gtt < 0. Seine Integralkurvenwerden stationare Kerr-Beobachter genannt. Nun werden wir sehen, dass dieKerr-Beobachter jedoch nicht statisch sind:

4.4.2 Lemma:

Das Koordinaten-Vektorfeld ∂t ist nicht hyperflachenorthogonal in jeder belie-bigen offenen, nicht-leeren Teilmenge U ⊆ I ∪ II ∪ III.

Beweis:Wiederum werden wir ein Lemma aus der Differentialgeometrie benutzen, des-sen Beweis hier nicht angefuhrt werden soll:

Lemma:Ein Vektorfeld V ist genau dann hyperflachenorthogonal, wenn

Θ ∧ dΘ = 0

ist, wobei Θ ∈ E(1)(M) dual zu V ist.

Es bleibt nun also zu zeigen, dass Θ ∧ dΘ 6= 0 ist fur Θ dual zu ∂t. In diesemFall gilt:

Θ = Θ(∂i)dxi = 〈∂t, ∂i〉dxi = g0idxi = gttdt+ gtϕdϕ

und damit:dΘ = dgtt ∧ dt+ dgtϕ ∧ dϕ,

insgesamt also:

Θ ∧ dΘ = (gttdt+ gtϕdϕ) ∧ (dgtt ∧ dt+ dgtϕ ∧ dϕ)dt∧dt=0=dϕ∧dϕ

= gttdt ∧ dgtϕ ∧ dϕ+ gtϕdϕ ∧ dgtt ∧ dt= gttdgtϕ ∧ dϕ ∧ dt− gtϕdgtt ∧ dϕ ∧ dt= (gttdgtϕ − gtϕdgtt) ∧ dϕ ∧ dt.

Weiter gilt:

dgtϕ =∂gtϕ

∂t︸ ︷︷ ︸=0

dt+∂gtϕ

∂rdr +

∂gtϕ

∂ϑdϑ+

∂gtϕ

∂ϕ︸ ︷︷ ︸=0

=∂gtϕ

∂rdr +

∂gtϕ

∂ϑdϑ.

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4.4. Ergospharen und Zeitmaschine

Dies bedeutet aber gerade:

Θ ∧ dΘ = β ∧ dϕ ∧ dt

mit β := gttdgtϕ − gtϕdgtt, β ∈ span(dr, dϑ). Somit gilt also:

Θ ∧ dΘ = 0 ⇔ −β = 0.

Betrachte dazu nun:

−g2tϕd

(gtt

gtϕ

)= −g2

dgtt · gtϕ − gttdgtϕ

g2tϕ

= β.

Es gilt also: −β = g2tϕd(

gtt

gtϕ

). Untersuche daher:

d

dr

(gtt

gtϕ

)=

d

dr

(−1 + 2mr

r2+a2 cos2 ϑ

−2mra sin2 ϑr2+a2 cos2 ϑ

)

=d

dr

(−r2 − a2 cos2 ϑ+ 2mr

−2mra sin2 ϑ

)=

(−2r + 2m)(−2mra sin2 ϑ)− (−r2 − a2 cos2 ϑ+ 2mr)(−2ma sin2 ϑ)4m2r2a2 sin4 ϑ

=2mr2a sin2 ϑ− 2m2ra sin2 ϑ− r2ma sin2 ϑ−ma3 cos2 ϑ sin2 ϑ+ 2m2ra sin2 ϑ

2m2r2a2 sin4 ϑ

=ma sin2 ϑ(r2 − a2 cos2 ϑ)

2m2r2a2 sin4 ϑ

=r2 − a2 cos2 ϑ2mr2a sin2 ϑ

d

(gtt

gtϕ

)=

d

(−r2 − a2 cos2 ϑ+ 2mr

−2mra sin2 ϑ

)=

2a2 cosϑ sinϑ(−2mra sin2 ϑ) + (r2 + a2 cos2 ϑ− 2mr)(−4mra sinϑ cosϑ)4m2r2a2 sin4 ϑ

=−4mra3 cosϑ sin3 ϑ− 4mr3a sinϑ cosϑ− 4mra3 sinϑ cos3 ϑ+ 8m2r2a sinϑ cosϑ

4m2r2a2 sin4 ϑ

=−a2 cosϑ sin2 ϑ− r2 cosϑ− a2 cos3 ϑ+ 2mr cosϑ

mra sin3 ϑ

=cosϑ(−a2 sin2 ϑ− r2 − a2 cos2 ϑ+ 2mr)

mra sin3 ϑ

=cosϑ(−a2 − r2 + 2mr)

mra sin2 ϑ

=− cosϑ(r2 − 2mr + a2)

mra sin2 ϑ

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4.4. Ergospharen und Zeitmaschine

Betrachten wir also die beiden Funktionen

r2 − a2 cos2 ϑ

und− cosϑ(r2 − 2mr + a2),

welche beide gleich Null sein mussen, falls gelten soll Θ∧dΘ = 0. Da aber schondie erste Funktion nicht verschwindet auf einer offenen nicht-leeren TeilmengeU ⊆ I ∪ II ∪ III, verschwinden auch die beiden Funktionen auf keiner offenen,nicht-leeren Teilmenge von K. Daher gilt auf jeder offenen Umgebung U ⊆ K,dass Θ ∧ dΘ 6= 0 und mit dem Lemma folgt damit die Behauptung.

4.4.3 Bemerkung:

Physikalisch betrachtet ist dieses interessante Resultat eine Konsequenz der Ro-tation der Kerr-Raumzeit, denn im Schwarzschild-Fall sind die Hyperflachent = const orthogonal zu ∂t.

Um eine genaue Grenze zwischen den stationaren und den nicht-stationarenRegionen der Kerr-Raumzeit festzulegen, zeigen wir folgendes

4.4.4 Lemma:

In der langsamen Kerr-Raumzeit ist die stationare Grenze L = gtt = 0 eine(nicht-zusammenhangende) Hyperflache in I ∪ II, welche die stationaren Re-gionen gtt < 0 (das heißt ∂t ist zeitartig) und die Region D = gtt > 0(das heißt gerade ∂t ist raumartig) voneinander trennt. Dabei liegt D zwischenr = 0 und r = 2m. Außerdem ist L\H eine Lorentz-Hyperflache, wobei H dieHorizonte sein sollen.

Beweis:Es ist bekannt, dass gtt von der Form

gtt = −1 +2mr

r2 + a2 cos2 ϑ

ist und wir schreiben es nun um als

gtt =l

r2 + a2 cos2 ϑ,

wobei l = r(2m− r)− a2 cos2 ϑ ist. Wir wissen bereits, dass gtt und damit auchl fur r < 0 und r > 2m negativ ist. Um nun zu zeigen, dass L = gtt = 0 eineHyperflache ist, genugt es nachzuweisen, dass dl 6= 0 ist fur alle Punkte von Lmit l = 0, denn ist L = l = 0, so gilt: TLp = ker(dlp). Es gilt nun:

−dl = 2(r −m)dr − 2a2 cosϑ sinϑdϑ.

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4.4. Ergospharen und Zeitmaschine

Gilt dl = 0, so muss r = m sein und damit ist l von der Form

l = m2 − a2 cos2,

was wegen 0 < a2 < m2 und damit wegen 0 ≤ m2(1 − cos2 ϑ) < l < m2

nie Null sein kann fur die langsam-rotierende Kerr-Raumzeit. Dies bedeutetaber gerade, dass dl 6= 0 auf L. Bei der Untersuchung des kausalen Charaktersin (4.3.9) haben wir bereits gesehen, dass L die Grenze der Regionen ist, indenen ∂t raumartig beziehungsweise zeitartig ist. Außerdem wurde dort ebenfallsangefuhrt, dass die Region D = gtt > 0 zwischen r = 0 und r = 2m liegenmuss. Um das Lemma vollstandig zu beweisen fehlt nun noch zu zeigen, dassL außerhalb der Horizonte eine Lorentz-Hyperflache ist. Zeige dazu, dass jederTangentialraum TLp von L als Untervektorraum von TKp eine Lorentz-Ebeneist. Betrachte dazu zunachst ∂t und ∂ϕ, die beide tangential zu L sind und einezweidimensionale Lorentz-Ebene aufspannen. Sei außerdem

z = a2 sinϑ cosϑ∂r + (r −m)∂ϑ.

Dieser Vektor z ist in jedem Punkt p von L tangential zu L, da gilt:

dlp(z) = −2(r −m)(a2 sinϑ cosϑ) + (2a2 cosϑ sinϑ)(r −m) = 0.

Klar ist, dass z senkrecht ist zu ∂t und ∂ϕ. Außerdem ist z raumartig, da gilt:

〈z, z〉 = 〈a2 sinϑ cosϑ∂r + (r −m)∂ϑ, a2 sinϑ cosϑ∂r + (r −m)∂ϑ〉

〈∂r,∂ϑ〉=0= a4 sin2 ϑ cos2 ϑ 〈∂r, ∂r〉︸ ︷︷ ︸

>0

+(r −m)2 〈∂ϑ, ∂ϑ〉︸ ︷︷ ︸>0

> 0 (außerhalb der Horizonte).

Damit haben wir einen zeitartigen und zwei raumartige Vektoren gefunden, dielinear unabhangig sind und eingeschrankt auf TLp vom Typ (1,2) sind. Damitist L außerhalb der Horizonte eine Lorentz-Hyperflache.

4.4.5 Definition:

Die Region E in Block I, wo ∂t raumartig ist,

E = p ∈ I : gtt > 0

heißt Ergosphare.Ebenso wird die Region E ′ in Block III genannt, wo ∂t raumartig ist,

E ′ = p ∈ III : gtt > 0.

Die beiden Ergospharen schließen den Block II im Sinne von Abbildung 4.2zwischen sich ein.

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4.4. Ergospharen und Zeitmaschine

Abbildung 4.2: Ergospharen

4.4.6 Bemerkung:

Auch die Ergospharen sind eine Konsequenz der Rotation, denn sie kommenin der Schwarzschild-Raumzeit nicht vor. Sie spielen eine wichtige Rolle in derTheorie der Schwarzen Locher und geben die Moglichkeit, Energie aus demSchwarzen Loch zu entziehen. Darauf soll hier nun aber nicht naher eingegangenwerden.

4.4.7 Bemerkung:

In der Kerr-Raumzeit ist es anders als im Schwarzschild-Fall nicht ganz klar,was genau das Schwarze Loch ist. Wir legen nun fest, dass der Block II KerrSchwarzes Loch genannt werden soll. Die Untersuchung der Kerr-Geodaten ge-staltet sich um ein Vielfaches schwieriger als im Schwarzschild-Fall. Aus diesemGrund werden wir auch nicht nachweisen, dass das Kerr Schwarze Loch dem Ver-such der Definition aus (3.5.6) genugt. Außerdem macht es keinen Sinn Materie-oder Lichtteilchen zu definieren, die von Block I oder III ins Schwarze Locheindringen, da die Erweiterung der Kerr-Raumzeit noch nicht vollzogen wurdeund in dieser Arbeit auch nicht mehr behandelt wird. Allerdings ware zu erwar-ten, dass eine Untersuchung der Geodaten wohl ergeben wurde, dass es keinefrei-fallenden oder sonstigen Materie-Teilchen gibt, die aus Block II in den Ho-rizont H+ eindringen und sich somit in Richtung Block I bewegen. Es soll hiernun aber nicht weiter auf die Geodaten oder die Erweiterung eingegangen wer-

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4.4. Ergospharen und Zeitmaschine

den. Fur Leser, die sich in diesem Bereich weiterbilden wollen, soll auf [O’N96]verwiesen werden.

4.4.8 Lemma:

(a) Fur jede zeitartige Kurve α : I → E ∪ E ′, s 7→ α(s) mit 〈α′, α′〉 < 0 istϕ α streng monoton.

(b) Fur α zukunftsgerichtet (nach der naturlichen Zeitorientierung auf E) inE ⊆ I, so folgt: ϕ α ist streng monoton wachsend.

(c) Wenn α auf den Horizont H trifft, das heißt, wenn fur α : [0, s0) → R gilt,dass r(α(s)) → r+ fur s→ s0, dann gilt:

t′ →∞ undϕ′ →∞.

Beweis:

(a) Um die Behauptung zu zeigen, reicht es nachzuweisen, dass

d

ds(ϕ α)(s) 6= 0

fur alle s ∈ I. Betrachte dazu die Hyperflache N := ϕ = const. Diesewird durch die Koordinaten r, ϑ, t gegeben. Somit gilt, dass TNp in jedemPunkt p durch die jeweils zueinander orthogonalen Vektorfelder ∂r, ∂ϑ, ∂t

aufgespannt wird. ∂r und ∂ϑ sind auf den beiden Blocken I und III raum-artig. Auf E ∪ E ′ ist aber ∂t auch raumartig und damit ist N es auch. Dadie Kurve α zeitartig ist, liegt sie nicht im Tangentialraum von N . Es istaber TNp = ker(dϕp). Daher gilt

d

ds(ϕ α)(s) = dϕ(α′(s)) 6= 0

fur α′(s) /∈ TN .

(b) Das Vorzeichen von dds (ϕα) hangt von der Zeitorientierung (und von der

Wahl des Vorzeichens der Konstanten a, welches in unserem Fall positivist) ab. Bis jetzt gibt es nur eine Zeitorientierung auf Block I, gegebendurch ∂t, das fur |r| 1 zeitartig ist. Sei v 6= 0 ein zeitartiger Vektorin einem Punkt p ∈ E ⊂ I und wir schreiben v = vi∂i, wobei i dieKoordinaten r, ϑ, ϕ, t durchlauft. Dann gilt:

0 > 〈v, v〉 =3∑

i=0

gii(vi)2 + gϕtvϕvt.

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4.4. Ergospharen und Zeitmaschine

Die Diagonaleintrage grr und gϑϑ sind positiv auf allen Boyer-Lindquist-Blocken, gϕϕ ≥ 0 auf Block I und gtt > 0 auf E . Daher muss geltengϕtv

ϕvt < 0. Da a > 0 ist und gϕt nicht 0 wird in E , gilt

gϕt =−2mra sin2 ϑ

ρ2< 0,

und daher muss vϕvt > 0 gelten. Da v aber zukunftsgerichtet sein soll,bedeutet das gerade, dass vt > 0 auf I ist außerhalb der Achsen. Damitgilt aber auch vϕ > 0. Setzen wir nun v = α′(s) so gilt:

d

ds(ϕ α) = dϕ(α′(s)) = dϕ(v) = vϕ > 0.

(c) Gelte r(α(s)) → r+, also s→ s0. Wahle die Schreibweise α′ = (t′, r′, ϑ′, ϕ′)und nach (b) gilt dann t′ = vt, r′ = vr, ϑ′ = vϑ und ϕ′ = vϕ. Fur s→ s0nahert sich r′ einem von Null verschiedenen Limes an. Es gilt außerdem,dass grr → +∞, wahrend gϑϑ und (außerhalb der Achsen) auch gϕϕ und−gϕt alle gegen einen (endlichen) positiven Wert streben. Außerdem istgtt auf E ∪E ′ positiv. Daher muss gelten: ϕ′t′ → +∞, damit die Gleichung

0 > 〈v, v〉 =3∑

i=0

gii(vi)2 + gϕtvϕvt

aus (b) erfullt ist. Es muss aber sowohl fur ϕ′ als auch t′ gelten, dass siegegen +∞ gehen, denn wie bereits in Teil (b) gezeigt, ist in 〈v, v〉 = 〈α′, α′〉gerade gϕtϕ

′t′ der einzige negative Term. Wurde nur fur einen der beidenϕ′ und t′ gegen +∞ gehen, beispielsweise nur t′, so wurde allein der Termgttt

′2 bewirken, dass 〈α′, α′〉 < 0 nicht mehr gilt, da es ja quadratischwachst.

4.4.9 Bemerkung:

Die Aussage (b) aus obigem Lemma zeigt gerade, dass jedes Teilchen in derErgosphare, egal welche Richtung es hat und egal wie groß der Eigenantriebauch sei, in den Augen der Kerr-Beobachter dazu gezwungen ist in die gleicheRichtung zu rotieren, wie das Schwarze Loch selbst.

Im Folgenden werden wir sehen, das es in der Kerr-Raumzeit Bereiche gibt, indenen die Kausalitat gefahrdet sein kann. Wenn beispielsweise eine zeitartigeKurve α geschlossen ist, reprasentiert α ein Materieteilchen, dass von einem be-stimmten Ereignis aus startet und nach einem bestimmten Intervall seiner Eigen-zeit wieder am Ausgangspunkt ankommt. Somit konnte eine Person, nachdemsie von einem Ausflug zuruckgekehrt ist, ihre ursprungliche Abfahrt verhindern.Dies spricht naturlich gegen jede Kausalitat. Allerdings tritt dies nicht in BlockI auf, von dem wir eine gute Anschauung haben, und auch nicht in Block II.

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4.4. Ergospharen und Zeitmaschine

4.4.10 Definition:

(a) Eine Raumzeit M heißt chronologisch, wenn es keine geschlossene zeitar-tige Kurve in M gibt.

(b) Eine Raumzeit M heißt kausal, wenn es keine geschlossene, kausale (d.h.nicht-raumartige) Kurve in M gibt.

4.4.11 Bemerkung:

Es ist klar, dass kausale Raumzeiten auch chronologisch sind, aber es gibt Bei-spiele dafur, dass die Umkehrung nicht gilt.

4.4.12 Proposition:

Die Boyer-Lindquist-Blocke I und II sind kausal.

Beweis:Zunachst soll fur Block I folgendes gezeigt werden:Die Hyperflachen N := t = const . sind raumartig. Beachte, dass auch diePunkte auf den Achsen in N enthalten sind, da t = const jeweils eine Hyper-flache in R2×S2 liefert. Sei p ∈ N ein Punkt, der nicht auf den Achsen liegt, sobilden die Vektoren ∂r, ∂ϑ, ∂ϕ eine Basis von TNp. Diese sind auf Block I raum-artig und stehen jeweils senkrecht aufeinander. Somit ist TNp auch raumartig.Liegt p = (t0, r, q) ∈ N ⊂ R2 × S2 auf der Achse, so gilt q = (0, 0,±1) und esreicht ∂ϑ und ∂ϕ durch eine beliebige Basis von TS2

q zu ersetzen. Damit ist TNp

auch in diesem Fall raumartig und somit insgesamt auch N . Damit folgt aber,dass auf jeder kausalen Kurve α die Funktion t α streng monoton ist, denngelte:

d(t α)ds

(s0) = α′(s0)[t] = 〈α′(s0), grad t〉 = 0,

so ware α′(s) tangential zu der Hyperflache t = t(α(s0)), was unmoglich ist, daα′(s0) nicht raumartig ist. Somit kann α keine geschlossene Kurve sein.Auf Block II kann man das gleiche Argument verwenden wie fur Block I,wahle nur r anstatt t, da auf Block II die Hyperflachen N = r = const .raumartig sind. Dann gilt fur Punkte, die nicht auf den Achsen liegen, dassTNp = span∂ϑ, ∂ϕ, ∂t und somit ∂r⊥TNp, was man auch auf die Punkteauf den Achsen fortsetzen kann. Da ∂r aber auf ganz II zeitartig ist, ist TNp

raumartig.

4.4.13 Bemerkung:

Auf Block III ist das Argument von oben nicht anzuwenden. Betrachte dazuzunachst die Boyer-Lindquist-Koordinate ϕ. Die Integralkurven des Vektorfel-des ∂ϕ sind, außer auf den Achsen, wo ∂ϕ = 0 gilt, geschlossene Kurven, dieum die Rotationsachse kreisen. Obwohl ∂ϕ auf Block I und II raumartig ist,

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4.4. Ergospharen und Zeitmaschine

gibt es in der Nahe der Ringsingularitat in Block III eine Region T , in derϕ zeitartig wird. Dies stort aber die Kausalitat. Zunachst geben wir noch eineZeitorientierung auf Block III vor durch das kanonische Vektorfeld V , das aufIII zeitartig ist.

4.4.14 Definition:

Die Region T = gϕϕ < 0 in Block III wird Carter Zeitmaschine genannt.

4.4.15 Satz:

Der Block III ist bosartig, das heißt, dass es fur alle Ereignisse p und q in IIIeine zeitartige, zukunftsgerichtete Kurve gibt in III, die von p nach q geht.

4.4.16 Bemerkung

Dies bedeutet naturlich, dass, wenn man p und q vertauscht, es auch eine vergan-genheitsgerichtete Kurve von p nach q gibt. Um den Beweis des Satzes durch-zufuhren, bemerken wir zunachst, dass jeder Punkt, fur den gilt ϑ = π

2 und|r|, r < 0 klein genug, in der Zeitmaschine T liegt. ϑ = π

2 bewirkt jedochsinϑ = 1, cosϑ = 0 und ρ2 = r2. Somit gilt in diesem Fall

gϕϕ = r2 + a2 +2ma2

r,

was fur kleine |r|, r < 0 negativ ist. Zunachst zeigen wir aber, dass Teilchen inBlock III beliebig zur Zeitmaschine gelangen konnen und man von T aus zujedem beliebigen Punkt in III gelangen kann.

4.4.17 Lemma:

Fur jedes p = (r0, ϑ0, ϕ0, t0) ∈ III gibt es eine Zahl c > 0 so, dass fur alle∆t ≥ c und jedes ϕ Folgendes gilt:

(a) Es gibt eine zukunftsgerichtete, zeitartige Kurve α von p nach q mit q =(r∗, π

2 , ϕ, t0 + ∆t) ∈ T .

(b) Außerdem existiert eine vergangenheitsgerichtete, zeitartige Kurve β vonp nach q mit q = (r∗, π

2 , ϕ, t0 −∆t) ∈ T .

BeweisNach obiger Bemerkung konnen wir r∗ so klein wahlen, dass (r∗, π

2 , ϕ, t) in Tliegt. Sei α1(s) = (r(s), ϑ(s), ϕ0, t0) eine Kurve in Block III, die von p nach(r∗, π

2 , ϕ0, t0) fuhrt. Fur eine Zahl A > 0 betrachte die Kurve

α(s) = (r(s), ϑ(s), ϕ0 +Aas, t0 + at(s)),

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4.4. Ergospharen und Zeitmaschine

wobei t(s) die Gleichung dtds = r2 + a2 erfullt. Also gilt

α′ = α′1 +A(a∂ϕ + (r2 + a2)∂t) = α′1 +AV,

wobei das kanonische Vektorfeld V auf α eingeschrankt ist. Da V⊥α′1, folgt

〈α′, α′〉 = 〈α′1 +AV,α′1 +AV 〉= 〈α′1, α′1〉+A2〈V, V 〉= 〈α′1, α′1〉 −A2∆ρ2

nach Lemma (4.2.6). Die Kurven sind auf einem geschlossenen Intervall definiert,somit ist 〈α′1, α′1〉 beschrankt durch eine Zahl d > 0 und die positiven Funktionen∆ und ρ2 sind ungleich 0. Somit ist α fur großes A zeitartig. Außerdem ist αzukunftsgerichtet, da V auf Block III zukunftsgerichtet ist und es gilt:

〈α′, V 〉 = 〈α′1 +AV, V 〉= 〈α′1, V 〉︸ ︷︷ ︸

=0

+A〈V, V 〉

= A〈V, V 〉< 0.

Da man α aber erweitern kann durch eine Integralkurve der zukunftsgerichte-ten, zeitartigen Vektorfelder V oder −∂ϕ, kann die t-Koordinate von α beliebigerhoht und die ϕ-Koordinate zu jedem beliebigen Wert gemacht werden. Alsogibt es die gesuchte Zahl c.

Beweis des Satzes:Seien p, q ∈ III. Um die Kurve von p nach q zu finden, werden wir die Kurvenα, die von p zum Endpunkt (r∗, π

2 , ϕ, t) in T lauft, und β, die von q zum End-punkt (r∗, π

2 , ϕ1, t1) in T lauft, aus obigen Lemma benutzen, so, dass wir nurnoch eine Kurve λ suchen mussen mit λ(s) ∈ T , so dass die gesuchte Kurve vonp nach q von der Form

−β ∗ λ ∗ α

ist. Sei dazu also B > 0 eine Konstante. Betrachte dann die Kurve

λ(s) = (r∗,π

2, ϕ−Bs, t− s)

fur s ≥ 0, die am Endpunkt (r∗, π2 , ϕ, t) von α beginnt. λ liegt dann fur alle s

in der Zeitmaschine und es gilt:

λ′ = −B∂ϕ − ∂t

und somit〈λ′, λ′〉 = B2gϕϕ − 2Bgϕt + gtt.

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4.4. Ergospharen und Zeitmaschine

Da die metrischen Komponenten nur von r und ϕ abhangen, sind sie konstantentlang λ. gϕϕ ist aber kleiner 0, somit gilt fur großes B, dass λ zeitartig ist.Außerdem ist λ auch zukunftsgerichtet, da gilt:

〈λ′, V 〉 = 〈−B∂ϕ − ∂t, (r2 + a2)∂t + a∂ϕ〉= ∆(1− aB).

Das ist aber negativ fur B > 1a , da ∆ > 0 auf III. Nun stellt sich noch die

Frage, warum es gelingt, dass man in der Zeitmaschine Zeit gewinnt: Auf derKurve λ gilt:

dt

ds= −1,

was bedeutet, dass die Boyer-Lindquist-Koordinate t immer kleiner wird, wah-rend λ Richtung Zukunft lauft. Nun lasst man λ bis zu einem Punkt (r∗, π

2 , ϕ1, t1)laufen, der von jedem Ereignis q durch die vergangenheitsgerichtete, zeitartigeKurve β erreicht werden kann, also solange bis t1 = t0 + ∆t mit ∆t ≥ c und bisϕ1 = ϕ. Dies kann erreicht werden, da gilt: ϕ1 = ϕ mod 2π. Mit der Anmerkungzu Beginn des Beweises ist daher die Behauptung gezeigt.

Zum Schluss versuchen wir die Zeitmaschine T naher zu lokalisieren:

4.4.18 Lemma:

Die Zeitmaschine T liegt in der Region −maxm,a < r < 0.

Beweis:Die Region T ist definiert als T = gϕϕ < 0. Also betrachte das Vorzeichenvon

gϕϕ =(r2 + a2 +

2mra2 sin2 ϑ

ρ2

)sin2 ϑ.

Da ρ2 ebenso wie sin2 ϑ immer positiv ist auf III, ist die fur das Vorzeichenentscheidende Formel von der Form

f(r, ϑ) = ρ2(r2 + a2) + 2mra2 sin2 ϑ

= (r2 + a2 cos2 ϑ)(r2 + a2) + 2mra2 sin2 ϑ

= r4 + a2r2(1 + cos2 ϑ) + a4 cos2 ϑ+ 2mra2 sin2 ϑ.

Da alle Summanden positiv oder gleich 0 sind fur r ≥ 0, ist ∂ϕ dann raumartig.Somit muss bereits gelten r < 0. Nun ist zu zeigen, dass r > −maxm,a.

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4.4. Ergospharen und Zeitmaschine

Sei zunachst a < m. Fur r ≤ −m < 0 gilt dann:

f(r, ϑ) = r4︸︷︷︸≥0

+ a2r2(1 + cos2 ϑ)︸ ︷︷ ︸≥0

+ a4 cos2 ϑ︸ ︷︷ ︸≥0

+2mra2 sin2 ϑ︸ ︷︷ ︸<0 fur r<0

≥ m4 + a2m2(1 + cos2 ϑ) + a4 cos2 ϑ− 2m2a2 sin2 ϑ︸ ︷︷ ︸1−cos2 ϑ

= m4 + a2m2 + a2m2 cos2 ϑ+ a4 cos2 ϑ− 2m2a2 + 2m2a2 cos2 ϑ

= m4 − a2m2 + 3a2m2 cos2 ϑ+ a4 cos2 ϑ

= m2 (m2 − a2)︸ ︷︷ ︸>0

+3a2m2 cos2 ϑ︸ ︷︷ ︸>0

+ a4 cos2 ϑ︸ ︷︷ ︸>0

> 0

Daraus folgt bereits, dass r großer als −m sein muss.Sei nun m < a. Fur r ≤ −a < 0 gilt dann:

f(r, ϑ) = r4︸︷︷︸≥0

+ a2r2(1 + cos2 ϑ)︸ ︷︷ ︸≥0

+ a4 cos2 ϑ︸ ︷︷ ︸≥0

+2mra2 sin2 ϑ︸ ︷︷ ︸<0 fur r<0

≥ a4 + a4(1 + cos2 ϑ) + a4 cos2 ϑ− 2ma3 sin2 ϑ

= 2a4 + 2a4 cos2 ϑ− 2ma3 sin2 ϑ

= 2a4 + 2a4 cos2 ϑ− 2ma3 + 2ma3 cos2 ϑ

= 2a2 (a2 −ma)︸ ︷︷ ︸>0

+2a4 cos2 ϑ︸ ︷︷ ︸≥0

+2ma3 cos2 ϑ︸ ︷︷ ︸≥0

> 0

Daher muss r auch großer als −a sein.Insgesamt liegt r also in der Region

−maxa,m < r < 0.

Bemerkung:Fur jedes festgehaltene t ist die Zeitmaschine ein Volltorus, dessen außerer Aqua-tor die Ringsingularitat ist.

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Abbildungdifferenzierbare, 16

AbleitungCovariante, 10

Abstandzweier Punkte, 13

Atlantenaquivalente, 6

AtlasC∞-, 6differenzierbarer, 6topologischer, 5

bosartig, 90Bundelkarte, 9Bundelmetrik, 10Beobachterfeld, 21Bezugsfeld, 21

wirbelfrei, 21Bilinearform

nicht-entartete, 15Boyer-Lindquist-Blocke, 78Boyer-Lindquist-Koordinaten, 65

Carter Zeitmaschine, 90Christoffel-Symbole, 12Cotangentialbundel, 7, 9Cotangentialraum, 7

Derivation, 7Diffeomorphismus, 16Differential

totales, 16von Φ in p, 17von f in p, 16

Differentialform, 8glatte, 8

Distributionvom Rang k, 15integrabel, 15involutiv, 15

Divergenz eines Vektorfeldes, 18Drehimpuls, 65

Eddington-Finkelstein-Koordinaten,47

Einstein-Vakuum-Gleichung, 25, 35Einsteinsche Feldgleichungen, 25Einsteinsche Summenkonvention, 12Einsteinscher Krummungstensor, 24Einsteinsches Bewegungsgesetz, 24Energie-Impuls-Tensor, 24Ereignis, 21Ergosphare, 85Erhaltungssatz, 42

frei-fallende Teilchen, 24Funktionskeim

glatter, 7

Gaußkrummung, 12Geodate, 14Geodatengleichung

lokale, 14Schwarzschild-, 41

Geodatische, 14Gradient

einer Funktion, 17

Hessesche einer Funktion, 18Horizont, 41, 55, 75Horizont-Funktion, 74

Index

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Index

einer symmetrischen Bilinearform,15

Integralmannigfaltigkeit, 15

Karte, 5Kartenwechsel, 5kausaler Charakter

der kanonischen Kerr-Vektorfelder,78

der Kerr-Koordinaten-Vektorfelder,78

Kerr Schwarzes Loch, 86Kerr-Beobachter

stationare, 82Kerr-Raumzeit

außere, 79extreme, 73langsam-rotierende, 73schnell-rotierende, 73

Kerr-Vektorfelderkanonische, 71

Koordinaten-Differentialformen, 8Koordinaten-Vektorfelder, 8Koordinatensystem

lokales, 5Koszul-Formel, 11Krummung

von ∇, 11Krummungstensor

Riemannscher, 11Kruskal-Ebene, 50Kruskal-Szekeres-Raumzeit, 55Kruskal-Zeitfunktion, 51Kurve

kausale, 89

Langeeiner Kurve, 13

Laplace-Beltrami-Operator, 18Lichtteilchen, 21Lie-Ableitung, 11Lieklammer zweier Vektorfelder, 9

Mannigfaltigkeitdifferenzierbare, 6glatte, 6

Lorentz-, 20Riemannsche, 10Semi-Riemannsche, 16topologische, 5zeitorientierte Lorentz-, 20

Mannigfaltigkeitendiffeomorphe, 16

Masse, 23, 65Massendichte, 23Materieteilchen, 21Metrik

Lorentz-, 20Riemannsche, 10Semi-Riemannsche, 16

Minkowski-Raum, 26Minkowski-Skalarprodukt, 26

Newton-Teilchen, 22Beschleunigung eines, 22Geschwindigkeit eines, 22

Newtonsche Raumzeit, 22Newtonsche Zeit, 22Newtonscher Raum, 22Newtonsches Bewegungsgesetz, 23Newtonsches Gravitationsgesetz, 23

Raumzeit, 21chronologische, 89kausale, 89stationare, 22statische, 22

Ricci-flach, 12, 35Ricci-Tensor, 12Riemannsche Schnittkrummung, 12Ringsingularitat, 75

Satzvon Frobenius, 15

Schnittglatter, 9globaler, 9

Schwarzes Loch, 55, 61Schwarzschild Schwarzes Loch, 39Schwarzschild-Radiusfunktion, 35Schwarzschild-Raumzeit

außere, 39

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Schwarzschild-Zeit, 29Skalar-flach, 12Skalarkrummung, 12Struktur

C∞-, 6differenzierbare, 6

Tangentialbundel, 7, 9Tangentialraum, 7Tangentialvektor, 7

Ubergangsfunktion, 5universelle Konstanten, 19Unterbundel vom Rang l, 14

Vakuum, 25Vektor

lichtartiger, 20raumartiger, 20zeitartiger, 20

Vektorfeld, 8glattes, 8Killing-, 11vergangenheitsgerichtetes, 20zukunftsgerichtetes, 20

Vektorraumbundel, 9verwarbtes Produkt, 17

Weltpunkt, 21

Zusammenhang, 10flacher, 11Levi-Civita-, 11Riemannscher, 11

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