Niederrhein_Märchen

6
4 S0 kochen wir 4

description

Das Märchen von den vier Köchen oder: Wie vier Köche versprachen, nicht mehr den Brei zu verderben. Auszug aus dem Kochbuch "So kochen wir am Niederrhein"

Transcript of Niederrhein_Märchen

4

S0 kochenwir 4

5

Es waren einmal vier muntere Köche amschönen Niederrhein – Axel Airbus, NobbiBallack, Manni Ken und Christian Kamp. Diehatten in unmittelbarer Nachbarschaft jederfür sich wunderschöne Wirtshäuser mit wun-derschönen Küchen. Dort kochten, brutzelten,dünsteten und backten sie tagein tagausnach Herzenslust die vorzüglichsten undschmackhaftesten Speisen.

An manchen Tagen jedoch machte ihnendas Kochen so gar keinen rechten Spaß. Dablieben die Gäste aus oder mäkelten überdas Essen und die Preise.

So verabredeten sich die Vier bei einerguten Flasche Rotwein und klagten sich ge-genseitig ihr Leid. „Was nützt es“, jammerteNobbi mit trauriger Stimme, „wenn ich mei-ne schönen panierten Koteletts zu Spottprei-sen verscherbele und davon nicht lebenkann?“ – „Und was hab ich davon“, klagteChristian, „wenn die Gäste mein schönesHähnchen in Rotwein verschmähen, nur weilManni es nebenan für einen Euro billigeranbietet?“

Alle nickten und versanken in tiefesNachdenken. Schließlich sagte einer zögernd:„Man müsste …“ – „Genau!“, fiel ihm der

andere ins Wort. Dann schwiegen sie wiederund füllten ihre Gläser. „Sollten wir nicht …“,hob endlich der Dritte an – „Sag ich doch!“,rief der Vierte dazwischen. Erstaunt sahenihn die anderen an, und plötzlich riefen allewie aus einem Munde: „Etwas essen!“ Aberwas? Und vor allem: Bei wem? Waren sienicht alle gute Köche? Wieder verbreitete sichRatlosigkeit und füllten sich die Gläser.

Da hob Manni (oder war es ein anderer?)den Kopf und blickte in die Runde: „Könntenwir nicht zusammen etwas kochen?“ – „Zu-sammen?“, fragte Axel (oder war es ein an-derer?) zweifelnd, „wie soll das gehen? VieleKöche verderben den Brei.“ – „Wer sprichtdenn von Brei?“, wandte Christian ein, undNobbi (oder war es ein anderer?) ergänzte:„Kochen wir doch jeder etwas, das dann erstzusammen ein gutes Essen ergibt – für unsVier. Und wisst ihr was: Bevor wir uns strei-ten über wer und was und wie, fragen wirlieber einen unparteiischen Dritten.“

Der Vorschlag fand Beifall, und so gingensie und holten sich Rat von Roger Achterathin Achterath’s Restaurant in Neukirchen-Vluyn. Und dann kochten sie, jeder das Seinefür alle gemeinsam:

Das Märchen von den vier Köchen oder:Wie vier Köche versprachen, nicht mehr den Brei zu verderben

Christian Kamp ... ... und sein Wirtshaus

S0 kochenwir 4

6

Sauerbratenca. 800 g RinderfiletMarinade:ca. 1/4 l Wasser aus dem BürgerbrunnenUnion Getränke Moers1/2 Tasse Krautessig1/2 TL Esco-Salz aus Rheinberg-Borth2 Nelken1 Zwiebel, gewürfelt1/2 TL Senfkörner1/2 TL Fenchelsamen1 TL Majoran, frisch1 TL Rosmarin, frisch

Die Zutaten für die Marinade aufkochen undabkühlen lassen. Das Fleisch ca. 12 Stundendarin marinieren.

Nach dem Marinieren das Rinderfilet invier gleich große (je ca. 200 g) Steaks schnei-den, scharf anbraten und unter mehrmali-gem Wenden rosa fertig braten.

Auf vorgewärmten Tellern anrichten, mitSauce nappieren. Kartoffelknödel und Rot-kohlsalat daneben anrichten und mit gehack-ter Petersilie garnieren.

Rosinen-Underberg-Sauce50 g Rosinen1/2 EL Korinthen3 TL gehackte Schalotten5 cl Rotwein5 cl Madeira10 cl dunkler Kalbsfond1 TL Kamper Apfelkraut1 TL Bloemersheimer Rübenkraut ausNeukirchen-Vluyn5 cl Underberg aus Rheinberg2 Scheiben Büsch’s Uriges (Schwarzbrotaus Kamp-Lintfort)10 cl Kerrygold-Sahne ausNeukirchen-Vluyn

Schalotten, Rosinen und Korinthen in einemkleinen Topf in wenig Öl leicht anschwitzen.Rotwein, Madeira und den Kalbsfond dazu-geben, ebenso das Apfel- und das Rüben-kraut, den Underberg und das zerbröselteSchwarzbrot, und alles ca. 10 Minuten kö-cheln lassen, bis die Sauce eine sämige Kon-sistenz erreicht hat. Die Sahne zugeben undmit Salz und Pfeffer abschmecken. Wer dieSauce etwas säuerlicher mag, kann ihr einwenig von der Marinade hinzufügen.

Sauerbraten vom Niederrheinischen Rinderfilet an Rosinen-Underberg-Sauce mitRotkohlsalat und Knödeln par les maires

Nobbi Ballack ... ... und sein Wirtshaus

S0 kochenwir 4

7

Lauwarmer Rotkohlsalat1 großer Rotkohl, in feine Streifen ge-schnitten1 EL Pflanzenöl1 große feine (rote) Zwiebel, in Scheibengeschnitten1 EL PreiselbeergeleeSalz, Pfeffer1/2 EL Zucker1 TL Balsamico-Essig5 cl Crème de Cassis

Den Rotkohl in eine vorgeheizte Pfannemit dem Pflanzenöl hineingeben undunter ständigem Rühren ca. 10 Minutenbraten.Die restlichen Zutaten dazugeben und ca.5 Minuten köcheln lassen. Servieren!

Halb Seidene Knödel1,25 kg mehlige Kartoffeln125 g Kartoffelmehl1 Ei0,1 l Crème fraîche von Dr. Oetker ausMoers-HülsdonkSalz, Muskat

Die Hälfte der Kartoffeln kochen, ausdampfenund durchpressen, die andere Hälfte feinreiben, in einem Tuch gut ausdrücken. BeideKartoffelmassen mit dem Kartoffelmehl ver-mischen.

Ei und Sauerrahm miteinander vermi-schen und nach und nach in die Kartoffel-masse hineingeben. Salz und Muskatnusshinzu, dann die Knödel rollen. EventuellBrotwürfel in die Mitte einarbeiten.

Die Knödel in kochendes Wasser gebenund 20 Minuten gar ziehen lassen.

(Die im Rezept verwendeten Markennamenstehen beispielhaft für die zahlreichen Pro-dukte aus unserer Region.)

Es hatte wunderbar geschmeckt. Axel Airbushob sein Glas und rief in die Runde: „Ist dasnicht die Lösung? Wir müssen aufhören, nurunser eigenes Süppchen zu kochen. Wichtigist doch, dass die Leute überhaupt in UNSEREWirtshäuser gehen und nicht etwa zur Fast-food-Konkurrenz Mc Goofy, Burger Queenoder wie sie alle heißen.“

Axel Airbus ... ... und sein Wirtshaus

S0 kochenwir 4

8

Und damit war die Idee der gemeinsa-men „WIRTSCHAFTS“-Förderung geboren(die – wie überliefert ist – tatsächlich amAnfang noch „WIRTSHAUS“-Förderunghieß!).

Von nun an sprachen sich unsere vierKöche in allen Wirtshaus-Fragen intensiv ab,sei es bei der Gestaltung von Rezepten undPreisen, sei es bei der Spezialisierung aufbestimmte Speisen, und sie engagiertensogar eigens einen Fachmann für Werbungnamens Paul König, der unter dem Logo „Wir4“ ihre Wirtshäuser an den Mann – oderbesser gesagt: an den Gast – brachte.

Aber damit nicht genug: Sie entwickeltensogar ein eigenes Rezept für eine gemeinsa-me Suppe, nämlich das GENENDER ALLERLEI,das in kürzester Zeit ein Riesenhit und weitüber die Grenzen des Niederrheins hinausbekannt wurde.

Heute leben die vier Köche in Ruhe undWohlstand und erfreuen sich ihrer blühendenWirtshäuser. Man hört sogar, dass sie derzeiteine gemeinsame Kochschule planen. Es istnur noch nicht klar, in welches Wirtshaus sieziehen soll.

Nur manchmal wird die Ruhe der Vierunterbrochen. Denn da gibt es in ihren Fami-lien auch böse Schwiegermütter namens

Christa oder Sozia, oder wie sie auch heißenmögen. Die sind immer unzufrieden, zeternmanchmal und schimpfen, weil sie meinen,dass ihre Familien nicht genug vom gemein-samen Kuchen abbekämen.

Aber auch dagegen haben die Vier einRezept gefunden: Wenn es zu viel wird, tref-fen sie sich bei einer guten Flasche … na, Siewissen schon.

Und wenn sie nicht gestorben sind, dannkönnen Sie – liebe Leser dieses Buches, liebeFreunde des Niederrheins und liebe Hobby-köche – unsere vier Köche ja vielleicht sogareinmal in einem der Wirtshäuser bei einerguten Flasche Rotwein antreffen. Und dannwerden sie Ihnen sagen, was sie Ihnen undsich für die Zukunft wünschen:

– stets gut besuchte Gasthäuser mit zu-friedenen Gästen

– stets gefüllte Kassen– endlich die ersehnte Kochschule– Ruhe vor den Schwiegermüttern und

(natürlich)– einen stets gefüllten Weinkeller.

Norbert Ballhaus, MoersBernd Böing, Neukirchen-VluynDr. Christoph Landscheidt, Kamp-LintfortHans-Theo Mennicken, Rheinberg

Manni Ken ... ... und sein Wirtshaus

S0 kochenwir 4

9