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Marke und Gesellschaft

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VS RESEARCH

Europäische Kulturen in der Wirtschaftskommunikation Band 15

Herausgegeben von

Prof. Dr. Nina Janich, Technische Universität DarmstadtProf. Dr. Dagmar Neuendorff, Åbo Akademi, FinnlandDr. Christopher M. Schmidt, Åbo Akademi, Finnland

Die Schriftenreihe verbindet aktuelle sprachwissenschaftliche, betriebswirtschaft-liche, kulturwissenschaftliche und kommunikationstheoretische Fragestellungenaus dem Handlungsbereich der Wirtschaft. Im Kontext einer interdisziplinär ver-ankerten und interkulturell angewandten Forschung sollen wissenschaftlichfundierte und praxisnahe Problemlösungsstrategien für die Wirtschaftskommu -nikation geschaffen werden. Auf diesem Wege wird auch eine Überwindung traditioneller Fachgrenzen zur Erhöhung des Erkenntnisgewinns für die einzel-nen Disziplinen angestrebt.

Seit Januar 2008 erscheint die Reihe, die bisher beim Deutschen Universitäts- Verlag angesiedelt war, im Programm VS Research des VS Verlags für Sozial -wissenschaften.

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Nina Janich (Hrsg.)

Marke und GesellschaftMarkenkommunikationim Spannungsfeld vonWerbung und Public Relations

VS RESEARCH

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Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über<http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

1. Auflage 2009

Alle Rechte vorbehalten© VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009

Lektorat: Dorothee Koch / Dr. Tatjana Rollnik-Manke

VS Verlag für Sozialwissenschaften ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media.www.vs-verlag.de

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzesist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbeson -dere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Ein-speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesemWerk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solcheNamen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachtenwären und daher von jedermann benutzt werden dürften.

Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, HeidelbergGedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem PapierPrinted in Germany

ISBN 978-3-531-16674-2

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Inhalt Einleitung 9 Nina Janich I. Markenkommunikation und Public Relations Die Leistung der PR-Arbeit in der Marken- und Produktkommunikation 17 Peter Szyszka Product Publicity, Produkt-PR und Marken-PR als Formen der Public Relations für Produkt- und Dienstleistungsmarken 53 Jörg Hoepfner Wie viel Marke verträgt die Pressemitteilung? 69 Cathrin Christoph The Spirit of Sharety � Wie werthaltige Positionierung Früchte trägt 85 Petra von Borstel

II. Markenkommunikation und Werbung Markenkommunikation in einer globalen Gesellschaft 95 Bernd M. Michael Linguistische Markenführung: Die Sprache der Marken 111 Inga Ellen Kastens MAMMA ANTONIA, MAMA MARIA, MAMA MIA � Kulturspezifika in der italienischen Markennamengebung 123 Antje Zilg Claims als Instrumente der Markenführung 137 Marcus Stumpf

Linguistische Bildanalysen am Beispiel von Marken- und Werbekommunikation 149 Franziska Große

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6 Inhalt

III. Markenkommunikation in der internen Unternehmenskommunikation Marken – Herausforderung für die Technische Dokumentation 163 Markus Nickl Herausforderungen der Kommunikation an den Markenaufbau interner B2B-Leistungen � Theorie, Ergebnisse einer empirischen Analyse und Managementimplikationen 179 Florian U. Siems/Manuela Lackus Sprachstil und Corporate Identity 191 Kathrin Vogel

IV. Kommunikation von Unternehmens- und Produktmarken Die Marke � das Versprechen der Wirtschaft an den Kunden 201 Jürgen Brandt Nike � die Marke der Sieger 207 Sabine Wahl „Das unmögliche Möbelhaus aus Schweden“ 227 Jörg Meier Kommunikationsstrategie in Zeiten von Web 2.0 � am Beispiel der Ford Werke Deutschland GmbH 243 Matthias Fank/Wolfgang Riecke Vom Verkaufslastwagen zum „orangen Riesen“ � eine Untersuchung zur Werbesprache der Migros 249 Laetizia Christoffel Börsenmarken und Markenprodukte der Börse – Analyse einer Insidersprache 257 Simone Walter

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Inhalt 7

V. Institutionen und ‚Orte‘ als Marken Universitäre Corporate-Identity- und Markenbildung als Diskurs � diskurslinguistische Analysezugänge 265 Patrick Bal Media Relations for Places – A Case Study 285 Christina Blake Städte und Regionen als Marke – Konzepte, Pfade, Probleme 301 Gerhard Mahnken Kommunikation komplexer Markenarchitekturen: Eine Analyse am Beispiel der Marketingkommunikation von Schweizer Tourismusdestinationen 313 Dorothea Schaffner/Michael Boenigk/Urs Wagenseil Place Branding und Medientechnologie im Kontext der Globalisierung 331 Luisa Conti/Francisco Javier Montiel Alafont Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 351

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Einleitung Nina Janich

In Zeiten der Produktnivellierung, der großen Fusionen und der Globalisierung werden Marken, und zwar Produktmarken wie Unternehmensmarken, für die Wirtschaftskommunikation immer wichtiger: Marken sind nicht mehr nur Ge-genstand von Werbebotschaften, sie dienen zunehmend der gesellschaftlichen Orientierung, sind Wegbegleiter im Alltag und entwickeln ein Eigenleben – und das heißt auch: Marken kommunizieren und Marken tragen Verantwortung.

Werbung und Öffentlichkeitsarbeit sind diejenigen Bereiche der Unterneh-menskommunikation, in denen vornehmlich mit und über Marken kommuniziert wird. Beide Kommunikationsdomänen werden von den Wirtschaftswissenschaf-ten, der Soziologie und Psychologie ebenso erforscht wie von den Sprach-, Kommunikations- und Medienwissenschaften. Die seit Jahren viel beschworene Inter- oder Transdisziplinarität bleibt dabei jedoch oft genug ein leeres Schlag-wort: Was fehlt, ist ein gegenseitiges Zurkenntnisnehmen oder gar ein konstruk-tiver Austausch zwischen den Disziplinen, was Begrifflichkeiten, Theorieansätze und Forschungsmethoden sowie Umsetzungsmöglichkeiten in der Praxis betrifft. Insbesondere aus sprach- und kommunikationswissenschaftlicher Perspektive fehlt noch eine fundierte Methodologie zur Erforschung der Werbe- und PR-Kommunikation, die jedoch nur im Gespräch mit der Praxis und den anderen Wissenschaften sinnvoll entwickelt werden kann.

Der vorliegende Sammelband trägt die Ergebnisse der 8. Jahrestagung der internationalen Forschungskooperation „Europäische Kulturen in der Wirt-schaftskommunikation (EUKO)“ zusammen, die im September 2008, freundli-cherweise finanziell unterstützt vom Verein der Freunde der TU Darmstadt, an der Technischen Universität Darmstadt stattfand (zur Forschungskooperation und den Jahrestagungen siehe auch www.wirtschaftskommunikation.net). Ziel war es wie bei jeder EUKO-Tagung, nicht nur die verschiedenen Disziplinen, die sich der Erforschung der Wirtschaftskommunikation widmen, zusammenzubrin-gen, sondern auch einen Austausch zwischen Theorie und Praxis, zwischen Wis-senschaft und Werbe- wie PR-Spezialisten anzuregen.

Relevante Fragestellungen im Kontext der Markenkommunikation, auf die die hier versammelten Beiträge Antworten zu geben versuchen, sind beispiels-weise:

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� Wie werden Marken durch Kommunikation konstituiert, wie werden sie – in der Kommunikation – ‚lebendig‘? Welche Einflussfaktoren sind in die-sem Kommunikationsprozess zu berücksichtigen?

� Welche Probleme und Herausforderungen stellen sich in der Praxis der Markenkommunikation und welche Disziplinen sind hier gefordert?

� Wie ist der systematische Zusammenhang zwischen Markenkommunikation und Werbung bzw. Öffentlichkeitsarbeit zu beschreiben?

� Wie lassen sich Markenkommunikation, Werbekommunikation und Öffent-lichkeitsarbeit wissenschaftlich adäquat und praxisrelevant untersuchen und wo sind die methodischen Schnittpunkte zwischen den Disziplinen?

Der vorliegende Sammelband vereinigt dementsprechend ganz unterschiedliche Beiträge, sowohl was die disziplinären und methodischen Zugänge als auch was den jeweiligen thematischen Fokus betrifft. Entsprechend den Schwerpunkten der Tagung beschäftigen sich verschiedene Beiträge mit dem Zusammenhang von Markenkommunikation und Public Relations einerseits (Teil I), von Mar-kenkommunikation und Werbung andererseits (Teil II). Als ein weiterer The-menschwerpunkt hat sich die Relevanz der Markenkommunikation im Kontext der internen Unternehmenskommunikation herauskristallisiert (Teil III). Und schließlich beschäftigen sich zahlreiche Beiträge mit der Entwicklung, Etablie-rung und Kommunikation einzelner konkreter Marken, und zwar sowohl von exponierten Produkt- und Unternehmensmarken (Teil IV) als auch – weniger naheliegend und umso spannender – von ‚Orten‘ im weitesten Sinne, die eine Markenidentität erhalten sollen (Teil V).

In den ersten Themenbereich „Markenkommunikation und Public Rela-tions“ führt der Keynote-Beitrag von Peter Szyszka ein, der über eine grundle-gende Bestimmung von Public Relations (PR) und die Aufgaben heutiger PR-Arbeit (wie die Schaffung von Publizität und medialer wie individueller Auf-merksamkeit) auch das Funktions- und Aufgabenfeld von Produkt- und Marken-PR diskutiert. Szyszka weist in diesem Zusammenhang auf zentrale Unterschie-de zwischen Produkt- und (Unternehmens-)Markenkommunikation und demge-mäß notwendige Differenzierungen auch in der Analyse von entsprechenden PR-Aufgabenfeldern hin. Einen unmittelbaren Anschluss an die ausführliche thema-tische Exploration Szyszkas bietet der Beitrag von Jörg Hoepfner, der ähnlich wie Szyszka im Bereich der Produkt- und Marken-PR wirtschafts- und kommu-nikationswissenschaftliche Forschungsdesiderate konstatiert und angesichts dessen – empirisch fundiert – eine begriffliche Sondierung des Themenfeldes sowie eine funktional-integrative Modellierung versucht, nach der Product Pub-licity, Produkt-PR und Marken-PR systematisch aufeinander aufbauen.

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Einen demgegenüber eher exemplarischen Zugang wählt Cathrin Christoph, die aus textlinguistischer Perspektive der Frage nachgeht, ob und bis zu welchem Grad Marken über Pressemitteilungen positioniert und kommuniziert werden können. An einer Fallstudie zeigt sie systematische Konkurrenzen der Diskurs-domänen ‚Journalismus‘ vs. ‚Wirtschaft‘ und entsprechend divergierende Text-sortennormen, aber auch Lösungswege der Praxis auf. Der Beitrag von Petra von Borstel erläutert an der Initiative kinderwelten e. V. ein konkretes Beispiel für erfolgreich praktizierte Social Corporate Responsibility und schließt mit diesem Fallbeispiel der Unternehmens-PR den Themenbereich der Public Relations ab.

Der zweite Themenbereich „Markenkommunikation und Werbung“ wird vom Keynote-Beitrag von Bernd M. Michael eröffnet. Michael gibt aus der Praxisperspektive in einer breiten Zusammenschau einen Überblick über heute relevante Verbrauchergruppen (z. B. die Global Kids oder die Generation 50+) und sich durch die Globalisierung wandelnde Konsumgewohnheiten, um über diesen Weg die zentralen Herausforderungen an eine zeitgemäße Markenkom-munikation (und entsprechend notwendige Umstellungen in der Marktforschung) zu skizzieren.

Mit dem Beitrag von Inga Ellen Kastens folgt ein linguistischer Zugriff auf die Werbekommunikation, indem anhand eines Beispielwerbetextes intendierte vs. wahrgenommene Markenbotschaften analysiert werden. Die Ergebnisse sind ein Plädoyer für eine linguistisch fundierte Markenführung. Die Beiträge von Antje Zilg und Marcus Stumpf konzentrieren sich ebenfalls auf die Sprachver-wendung in der Werbung, nämlich auf Produkt- und Markennamen einerseits, auf Claims/Slogans andererseits. Zilg nähert sich Markennamen an italienischen Beispielen aus einer sprachwissenschaftlich-kulturanalytischen Perspektive, während Stumpf die Funktion des Claims in der Markenkommunikation aus einer eher praktischen Sicht strategischer Markenführung betrachtet. Der thema-tische Block schließt mit einem Fokus auf das Bild in der Werbung: Franziska Große erläutert anhand semantischer und struktureller Analysen der Bild-Text-Sprache verschiedener Werbeanzeigen ihren bildlinguistischen Interpretationsan-satz.

Der dritte Themenbereich „Markenkommunikation in der internen Un-ternehmenskommunikation“ versammelt Beiträge zu sehr unterschiedlichen Aspekten, die jedoch zeigen, dass es in diesem Bereich noch einen frappierenden Forschungsbedarf gibt. So zeigt der Beitrag von Markus Nickl, dass die techni-sche Dokumentation in Unternehmen bislang noch kaum als Instrument der Markenführung erkannt wird und in der Regel auch völlig entkoppelt vom Mar-keting organisiert ist, dass Textsorten wie Bedienungsanleitungen aber eine nicht zu vernachlässigende Dimension der Kundenkommunikation darstellen. Der Beitrag von Florian U. Siems und Manuela Lackus zeigt ein weiteres Desiderat

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auf: die Bedeutung des internen Marketings in Business-to-Business-Kontexten. Anhand einer empirischen Fallstudie zeigen sie insbesondere die Relevanz von Kommunikationsqualität und Authentizität in ‚interner‘ Werbekommunikation. Der Themenbereich wird mit einem Kurzbeitrag von Kathrin Vogel zu den Mög-lichkeiten und Grenzen des Corporate Wordings beschlossen, indem unter Bezug auf populäre Ratgeber der Begriff von (unternehmensspezifischen) Sprachklima-ta auf eine (sprachwissenschaftliche) Probe gestellt wird.

Der vierte Themenbereich zur „Kommunikation von Unternehmens- und Produktmarken“ führt nach einer kurzen Einführung von Jürgen Brandt über das Potenzial von Marken im Kontakt zwischen Unternehmen und Kunden vor allem Fallstudien zu verschiedenen prominenten Marken zusammen: Sabine Wahl erläutert die Markenbildung von Nike und anhand verschiedenster Kom-munikationsebenen und -instrumente die Stimmigkeit der diesbezüglichen Mar-kenkommunikation – Jörg M. Meier übernimmt dies für die Marke Ikea. Mat-thias Fank und Wolfgang Riecke zeigen in einem Joint Venture von Wissen-schaft und Praxis am Beispiel von Ford, wie Unternehmen in ihrer Markenkom-munikation konstruktiv mit unternehmensseitig kaum steuerbaren Aktivitäten im Internet umgehen können. Laetizia Christoffel präsentiert in einem Kurzbeitrag die Leitlinien der Werbekommunikation des Unternehmens Migros, während Simone Walter in einem weiteren Kurzbeitrag die Kommunikationsplattform der Börse unter der Perspektive der Markenkommunikation in den Blick nimmt.

Der fünfte und letzte Themenbereich „Institutionen und ‚Orte‘ als Mar-ken“ versammelt schließlich Beiträge, die aus der Perspektive unterschiedlicher Disziplinen Formen der Markenkommunikation diskutieren, durch die ‚lokale Größen‘ als Marken positioniert werden sollen: Patrick Bal erläutert einen dis-kursanalytischen Ansatz, mit dessen Hilfe der Markenbildungsprozess einer Universität untersucht und beschrieben werden kann. Christina Blake zeigt am Beispiel des Hamburger Media City Days 2001 Möglichkeiten der Standort-PR sowie Desiderata der PR-Forschung in diesem Bereich auf. Gerhard Mahnken präsentiert in einem grundsätzlicher angelegten Beitrag den Forschungsansatz „Public Branding for Towns and Regions“ des Leibniz-Instituts für Regional-entwicklung und Strukturplanung (Erkner/Berlin), während Dorothea Schaffner, Michael Boenigk und Urs Wagenseil aus der Perspektive angewandter Marke-tingtheorie das Spektrum komplexer Markenarchitekturen am Beispiel Schwei-zer Orts- und Regionalmarken diskutieren. Die Auswirkungen der Globalisie-rung werden abschließend im kulturwissenschaftlichen Beitrag von Luisa Conti und Francisco Javier Montiel Alafont am Beispiel des Ländermarketings von Brasilien in den Blick genommen, auch hier wieder unter Berücksichtigung der durch das Internet entstandenen Eigendynamik von Markenentwicklungen.

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Durch die thematische und disziplinäre Breite der Beiträge gelingt es daher, einen ersten Überblick über die Rolle von Marken in der Gesellschaft und die Bedingungen ihrer Kommunikation in verschiedenen Berufs- und Aufgabenfel-dern zu skizzieren.

Ich bedanke mich außer bei den Beiträgern herzlich bei Dr. Anja Steinhauer für die zuverlässige Redaktion des Bandes und bei Dr. Tatjana Rollnik-Manke von VS Research für das Lektorat und die wie immer sehr gute Zusammenarbeit mit dem Verlag.

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I. Markenkommunikation und Public Relations

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Die Leistung der PR-Arbeit in der Marken- und Produktkommunikation Peter Szyszka Abstract Asking for the function and role of public relations operations within the brand and product communication we have to agree with Bruhn/Ahlers (2005) who say that it is not expedient to argue about a 'supremacy' of marketing or public rela-tions management within corporate communications. At the same time it has to be attested that within the economic and management literature there is hardly any other subject that is more 'underexposed' than the question, which concrete functions public relations operations have in a closer or broader context of the marketing of an organization and its outputs.

Examples of practice show that e.g. in the case of products with image sen-sibility like cars, brand and product communication belongs to corporate com-munications. Based on a case study the lecture will develop a theoretical frame for the functional positioning of brand PR and product PR within corporate communications. On the basis of modern systems theoretical approaches about organizational communication (Szyszka 2008) public relations management will be described as the handling of differences and discrepancies which exist on the level of knowledge, meaning and estimation between an organization and its central reference groups but also between the different reference groups of an organization. In order to show basic problems of public relations management, central elements of communication processes (message, information, understand-ing) and processes of opinion making (image, prestige, reputation) will be ex-posed. From this context a central characteristic of public relations operations can be derived: They operate according to the advocate principle and therefore look for the distribution of information through multipliers.

In this context brand and product PR can be developed as different func-tions of communication management which deal with the communication of central profile attributes of organizations and its performances or rather the cen-tral conclusions in content about products of an organization.

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18 Peter Szyszka

1 Fallbeispiel und Problemaufriss Volkswagen – ein Stück deutscher Automobil-geschichte. Der Käfer und heute der Golf gelten über Deutschland hinaus als Synonyme für Mas-senmotorisierung und Mobilität, ohne dass dies eines empirischen Beleges bedarf. Auf der IAA 2007 stellte der Konzern eine neue Marken-Kampagne vor: Aus „Liebe zum Automobil“ wur-de „Volkswagen: Das Auto.“ Einstiegs-Spot und -Flyer spannten die Breite der Markenaussage auf: Geschichte, Gegenwart und Zukunft – Volkswagen als die Marke, die es vermochte, sich den stetig wandelnden Mobilitätsanforde-rungen von Gesellschaft und Gesellschaftsschichten anzupassen, und die für sich in Anspruch nimmt, auch künftig über das notwendige Innovationspotenzial zu verfügen. Der Slogan sei „bräsig, doof und uninspiriert“, urteilte der Stern: „Ei-nen schlechteren Werbespot hat es in der Branche wohl selten gegeben“.1 Tat-sächlich?

Aussagen von Volkswagen-Chef Martin Winterkorn zum Selbstbild seines Konzerns und zum strategischen Ansatz der Markenkampagne publizierte die Wirtschaftswoche schon im September 2007:

„Wer solche Produkte wie wir unter dem Dach einer Marke vereint, kann mit Recht für sich in Anspruch nehmen: Wir sind das Auto. Wir bieten Kleinwagen, wir haben 40-Tonner, alles unter einem Dach. Wir wollen damit sagen, dass Volkswagen ge-nauso ein Gattungsbegriff ist wie Tempo-Taschentücher und Coca-Cola.“2

Der Hintergrund für diesen markenstrategischen Schachzug – so kann spekuliert werden – dürfte sich in Reputationsveränderungen innerhalb der Automobilwirt-schaft finden lassen, wo der Volkswagenkonzern heute eine Spitzenposition ein-nimmt. Mit der ‚Markenaktualisierung‘ unternimmt der Konzern den Versuch, den Markennamen der Volkswagen-Markenfamilie und damit indirekt auch den gleichlautenden Konzernnamen zu einem alleinstellenden ‚Gattungsbegriff für gesellschaftliche Mobilität‘ zu machen. Damit soll ein Markenclaim übernom-men werden, der aufgrund einer älteren, ebenfalls mit Mobilität und Massenmo-torisierung verbundenen Markengeschichte jahrzehntelang fest an Ford geknüpft schien. Der Zeitpunkt scheint klug gewählt, denn Ford ist mit seinem Marken-

1 Stefan Grundhoff: „Bräsig, doof und uninspiriert“, in: Stern.de, Extra zur 62. IAA vom 19.09.07. 2 Wirtschaftswoche vom 08.09.2007. Vgl. auch Horizont 13/2009.

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Die Leistung der PR-Arbeit in der Markenkommunikation 19

image seit Jahren ins Mittelfeld abgerutscht.3 Von außen betrachtet und an theo-retischen Konzepten gemessen nahezu vorbildlich folgt Volkswagen dabei dem Grundsatz von Markenführung und -pflege, die Persönlichkeit der Marke zu profilieren und zu stärken, aber dennoch „im Wandel eine Kontinuität des Mar-kenkerns zu wahren“ (Köhler 2006: 5). Ohne Kenntnis der VW-Strategie lassen sich weiterreichende Aspekte allerdings nur in Grundzügen erkennen.

So macht eine Sichtung der Selbstdarstellung von Konzern und Marken-töchtern (Internetauftritte) deutlich, dass der Slogan „Volkswagen: Das Auto.“ mit potenziellen Markenwerten des Konzerns und seiner Produktfamilie(n) ver-bunden werden kann, zur Systemmarke wird und auf verschiedene Meinungs-märkte zielt. Offensichtlicher Grundgedanke: ‚Zusatznutzen wird als zusätzlicher Grundnutzen positioniert‘; als Mehrwert von Grundnutzen wird dies zu einem Kontinuitätsversprechen, das in den verschiedenen Meinungsmärkten der Kon-zernumwelt vertreten werden muss, etwa wie folgt:

� im öffentlichen Meinungsmarkt (Medien, Gesellschaft): Volkswagen als

gesellschaftlich verantwortungsbewusster Konzern (Klima- und Umwelt-schutz),

� im politischen Meinungsmarkt: Volkswagen als gesellschaftspolitisch leis-tungsfähiger und zukunftsorientierter Konzern,

� im Finanzmarkt: Volkswagen als – auch in der Wirtschaftskrise – rentabili-tätsorientierter und ökonomisch leistungsfähiger Konzern,

� im Personalmarkt: Volkswagen als ein sozial orientierter Konzern, � im Absatzmarkt: Volkswagen als kundenorientierter Konzern. Warum dieses Fallbeispiel? Es soll zeigen, dass scheinbar simple Markenkon-strukte komplex und kompliziert sind, weil sich mit ihnen Markenansprüche verbinden, die mit strategisch verborgenen und ebenfalls komplexen und kom-plizierten Wertesystemen kompatibel sein müssen. Wenn der Stern den zentralen Markenslogan als „uninspiriert“ einstufte, dann zeigt dies, dass Markenakzep-tanz bei den für einen Konzern mit allgemein imagesensiblen Produkten so wich-tigen Meinungsführern der öffentlichen Kommunikation nicht per se gegeben ist. ‚Kommunikationsarbeit‘ rund um Marken und Produkte rückt ins Zentrum. Die ‚funktionale Rolle‘, die PR-Arbeit in diesem Kontext spielt, wird im Folgenden auf theoretischer Ebene systematisch abgeleitet und entwickelt.

3 Vgl. z. B. ADAC-AutomarxX 2008, Juni 2008.

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20 Peter Szyszka

2 PR-Arbeit und öffentliche Kommunikation 2.1 Kommunikation und Marke Hilfreich für eine derartige Annäherung sind die Systemtheorie und das ihr im-plizite konstruktivistische Denken. Kommunikation ist – wie es Luhmann in systemtheoretischer Perspektive dargelegt hat (1984: 194 f.) – als soziales Han-deln ein Prozess aus Mitteilung, Information und Sinnverstehen. Soweit dieser Prozess von einer Mitteilungsabsicht ausgeht und Ego dazu auf die Semantik sprachlicher Zeichen zurückgreift, findet nicht nur die „Selektion eines bewusst zur Mitteilung ausgewählten Sachverhaltes“ statt. Da Aufmerksamkeit grund-sätzlich eine allseitige Engpassressource bildet, die schon alleine zur selektiven Informationsverarbeitung führt, muss Ego den Inhalt einer Mitteilung auf das Wesentliche beschränken, um die Chance zu bewahren, dass diese als Ganze oder in ihren wesentlichen Zügen von Alter als Information verarbeitet wird, und diesen – abhängig von der Wirkungsabsicht – auf den Ebenen von Wissen, Ein-stellung, Vorstellung, Meinung oder Handlung zu beeinflussen.

Sprachliches Handeln verkürzt und verdichtet deshalb einen Sachverhalt und rekurriert, um dennoch anschlussfähig zu sein, auf ein unterstelltes gemein-sames Kontextwissen. Da Ego und Alter eigenständige psychische Sinnsysteme sind, die einen Sachverhalt und dessen Bedeutung jeweils vor dem Hintergrund ihrer eigenen sozialen Erfahrungen und Erwartungen interpretieren und bewer-ten, kann ein gemeinsames Sinnverstehen im Ergebnis auch im Idealfall nur annäherungsweise erreicht werden; die „immerwährende Differenz zwischen Ego und Alter“ macht ein gemeinsames Sinnverstehen in letzter Konsequenz unmöglich (vgl. Luhmann 1984: 217 f.).

Aus dem Vorstehenden lässt sich schließen, dass die Chancen des zumin-dest adäquaten Sinnverstehens eines Mitteilungskerns steigen, je einfacher und eindeutiger dieser von Ego zwecks Sinnvermittlung in einer Kernbotschaft oder Schlüsselaussage gefasst wird. Folglich finden sich Prinzipen wie „kurz, knapp und leicht verständlich“ als normative Basisanforderung in praktisch allen Berei-chen der Kommunikationsarbeit. Marken und Markenkommunikation, wo dies – im übertragenen Sinne – ‚auf die Spitze getrieben‘ wird, machen sich dies als „radikal verkürzte Mitteilung eines Sachverhalts“ zunutze.

Für den Markenbegriff findet sich in der Literatur keine einheitliche Defini-tion. Kotler und Bliemel, Leitautoren im Marketingdiskurs, rücken Kennzeich-nung und Alleinstellung in den Vordergrund, wenn sie „Marke als einen Namen, Begriff, ein Zeichen, Symbol oder eine Gestaltungsform oder eine Kombination aus beiden Bestandteilen zum Zwecke der Kennzeichnung der Produkte oder Dienstleistungen eines Anbieters oder einer Anbietergruppe und zu ihrer Diffe-

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Die Leistung der PR-Arbeit in der Markenkommunikation 21

renzierung gegenüber Konkurrenzangeboten“ definieren (Kotler/Bliemel 1999: 689). Semiotisch betrachtet sind Marken Bedeutungsträger, die als gesetzte, öffentlich zugängliche Zeichenkomplexe wenige, als wesentlich erachtete Aus-sagen und Werte zu einer Schlüsselbotschaft zusammenfassen (vgl. Bente-le/Hoepfner 2004: 1542).

Im Gegensatz etwa zu Esch, der die Beobachterperspektive adressiert und eine Marke als ein in der Psyche von Alter verankertes Vorstellungsbild versteht, das über eine Identifikations- und Differenzierungsfunktion verfügt und über zugewiesene Assoziationen dessen Entscheidungsverhalten prägt (Esch 2005: 18 f.), wird Marke hier ausschließlich als das von Ego markierte Selbstbild zu einem Sachverhalt verstanden. Es ist damit grundsätzlich zu unterscheiden von Markenimage, -prestige oder -reputation (vgl. zu den Grundbegriffen: Eiseneg-ger 2005: 17 ff.). Diese sind Fremdbilder, die auf der Beobachtung, Interpretati-on und Bewertung weniger, von Alter als zentral eingestufter Merkmale eines Sachverhaltes beruhen, für das Ganze stehen und informationsverarbeitende und handlungsleitende Funktionen haben.4

Dem hier vertretenen Verständnis nach wird eine Marke von Ego mit der Absicht gesetzt, Akzeptanz für eben diese ausgewählten Bedeutungsträger zu erreichen.5 Eine Marke markiert wenige, für die Profilbildung eines Sachverhalts ausgewählte Merkmale als Schlüsselaussagen oder Kernbotschaften. Das Kon-strukt muss dazu an Vorstellungen und Erwartungen von Alter anschließen, um sich als glaubwürdiges Profil bei Alter bewähren und Akzeptanz finden zu kön-nen. Eine Marke ist also ein Typ von Mitteilung, der in gleicher oder ähnlicher Ausprägung fortgesetzt von Ego kommuniziert wird. Alter verarbeitet diese Mit-teilungen nicht nur als Information über die Bekanntheit des markierten Sach-verhalts, sondern interpretiert und bewertet diese vor dem Hintergrund eigener Ansprüche und Erwartungen (Befindlichkeiten, Bedürfnisse). Fremdbilder von Alter sind damit durch Bewertung aufgeladene Vorstellungsbilder über einen von Ego markierten Sachverhalt, in denen Werthaltung und Wertschätzung zum Ausdruck kommen, was folglich als Markenimage, Markenprestige und Marken-reputation gefasst werden kann. Damit wird gleichzeitig die Differenz zwischen Selbst- und Fremdbild aufgrund wechselseitig unterschiedlicher Bedeutungszu-weisungen deutlich (vgl. auch Berekoven 1992: 37 f.).

Die Qualität einer Marke geht somit zwar von deren markiertem Profil aus, wird aber erst durch deren Akzeptanz und Wertschätzung seitens Alter tatsäch-

4 Dieser Ansatz macht es u. a. möglich, nicht nur Produkte als Marken zu behandeln. 5 Sie kann aber auch auf einem auf Seiten von Alter entstandenen kollektiven Vorstellungsbild ba-

sieren, das sich als Ergebnis einer intersubjektiven Übereinkunft herausgebildet hat, wie z. B. jene Prozesse zeigen, in denen sich eine Produktmarke wie bei Cola oder Tempo zum Gattungsbegriff erweitert hat. Sie werden zur Marke, wenn Ego dieses Vorstellungsbild als Selbstbild übernimmt.

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lich werthaltig: Zu Markenimage und Markenreputation kondensiert, wird Mar-kenqualität von Alter zugewiesen. Image und Reputation sind in diesem Zusam-menhang keine individuellen, sondern kollektive, durch gemeinsame Meinungs-ausrichtung identifizierbare und in Stakeholder- und Bezugsgruppen6 veranker-ten Größen, die in ihrer Ausprägung erhoben werden können. 2.2 Marke und Meinungsmärkte Ausgehend von der Unternehmensmarke, lässt sich markant die Universalitäts-problematik von Marken darstellen. Unternehmen als identifizierbare Teile von Gesellschaft sind potenzielle Objekte gesellschaftlicher Beobachtung. Aufgrund prinzipieller Zugänglichkeit durch Anwesenheit können sie von ihrer Umwelt beobachtet und bewertet werden. In die Öffentlichkeit gerichtete Kommunikati-onsaktivitäten eines Unternehmens, darunter auch die Kommunikation des mar-kierten Profils einer Unternehmensmarke, wollen die Ergebnisse der sich an Beobachtung und Anschlusskommunikation knüpfenden Meinungsbildung be-einflussen. Sie macht wünschenswerte Bewertungsvorschläge, um Bewertungs-prozesse so weit wie möglich der Beliebigkeit zu entziehen (vgl. Merten 1992), wollen also Bewertung im Sinne eigener Interessen mitgestalten.

Der Begriff „Öffentlichkeit“ und mit ihm der der öffentlichen Kommunika-tion sind dabei im Grunde zu allgemein. Wenn Information, wie vorstehend dargestellt, das entlang von Beobachterinteressen interpretierte und bewertete Vorstellungsbild eines Sachverhalts ist, muss sich dies in unterschiedlichen Be-obachtungsinteressen und damit in der Ausdifferenzierung von Öffentlichkeit in unterscheidbare Meinungsmärkte niederschlagen. Diese Meinungsmärkte lassen sich als thematisch gebundene Systeme der Fremdbeobachtung auffassen. Zu ihrer Ausdifferenzierung kann auf einen im Kontext der Stakeholder-Diskussion entstandenen Ansatz zurückgegriffen werden (vgl. besonders Post et al. 2002), der die Ausdifferenzierung von fünf zentralen Meinungsmärkten zulässt, die gleichzeitig zwei unterschiedliche Typen repräsentieren:

� Typ 1 als allgemeiner öffentlicher Meinungsmarkt, der sich an grundlegen-

den gesellschaftlichen Informationsinteressen ausrichtet, was sich in brei-tem Themeninteresse bei gleichzeitig eingeschränkter Beobachtungstiefe niederschlägt, und

6 Stakeholder als Anspruchsgruppen bilden einen bestimmten Typus von Bezugsgruppen als Grup-

pen, die über jeweils spezifizierbare Beziehungsmerkmale mit einer Organisation identifizierbar durch ein- oder wechselseitige Beobachtung und Einflussnahmen in Beziehung stehen. Daher wird im Folgenden nur der weiterreichende Begriff der Bezugsgruppe verwendet.

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� Typ 2 als spezifische Meinungsmärkte mit fokussierten Beobachtungsinter-essen, analog fokussierter Themenstruktur, marktspezifischen Werten und Interpretationsprogrammen, die durch ein begrenztes Themeninteresse bei größerer Beobachtungstiefe gekennzeichnet sind.

Abbildung 1: Öffentlichkeit als ein System von Meinungsmärkten (eigene Darstellung)

Legende: � = Marktbreite; � = Markttiefe

Da der öffentliche Meinungsmarkt über ein, wenn auch weniger tief ausgerichte-tes allgemeines Beobachtungsinteresse an den Themen spezifischer Meinungs-märkte besteht und sich umgekehrt die Beobachter spezifischer Meinungsmärkte gleichzeitig auch am öffentlichen Meinungsmarkt orientieren und informieren, sind spezifische Meinungsmärkte in den öffentlichen Meinungsmarkt eingebun-den, der sie indirekt verknüpft und wie ein ‚Resonanzboden‘ auf sie zurückwirkt (vgl. Szyszka 2004: 161 ff., 2009: 142 f.). Dies verweist bereits auf einen Koor-dinations- und Integrationsbedarf organisationaler Kommunikationsaktivitäten. Abbildung 1 macht diesen Zusammenhang deutlich.

Von Meinungsmärkten kann gesprochen werden, weil sich hier typische Marktprinzipien finden: Angebot und Nachfrage, Wettbewerb, unterschiedliche Marktsituationen und -positionen sowie der Tausch von Leistungen, hier Auf-merksamkeit gegen Information. In ihrer Breite (�) sind diese Meinungsmärkte

Allgemeiner öffentlicher Meinungsmarkt� Wert: Image/Reputation/Marke� Ziel: öffentliche Akzeptanz

Meinungs-markt

Mitglieder

Wert:Reputation

Ziel: soziale

Akzeptanz

Meinungs-markt

Finanzierung

Wert:Reputation

Ziel: ökonomische

Akzeptanz

Meinungs-marktPolitik

Wert:Reputation

Ziel: politische Akzeptanz

Meinungs-markt

Leistungen(Absatz)

Wert:Markenstärke

Ziel: Nachfrage/ Akzeptanz

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i. d. R. Angebotsmärkte, die ein Überangebot an Themen zur Beobachtung an-bieten. Werden dagegen Themen als Angebotsausschnitte von Meinungsmärkten in ihrer Tiefe (�) betrachtet, werden Marktausschnitte in vielen Fällen mit zu-nehmender Beobachtungsintensität zu Nachfragemärkten, in denen die Aufmerk-samkeit gegenüber Informationsangeboten überwiegt.

Auf den unterschiedlichen Meinungsmärkten gelten aufgrund unterschiedli-cher Beobachtungsinteressen jeweils eigene, marktspezifische Interpretations- und Bewertungsmaßstäbe, die unterschiedliche Ausschnitte eines Unternehmens beobachten und bewerten und diese Befunde vielfach als repräsentativ für das Ganze betrachten und behandeln: � In den spezifischen Meinungsmärkten sind dies soziale, politische oder

ökonomische Akzeptanz bzw. die Akzeptanz der aufgrund des Unterneh-menszwecks erbrachten Leistungen im Absatzmarkt;

� im öffentlichen Meinungsmarkt dagegen ist dies eine in ihrer Gesamtbewer-tung als diffuser einzustufende öffentliche bzw. medienöffentliche Akzep-tanz, soweit diese von Medien getragen und verbreitet wird.

Dies stellt – wie angedeutet – Kommunikationsmanagement vor Koordinations- und Integrationsprobleme, denn idealerweise sollten unternehmenspolitische Aussagen, die sich an den Themeninteressen der verschiedenen Meinungsmärkte orientieren, zumindest gleichgerichtet und möglichst nicht widersprüchlich sein. Da bezugsgruppenseitig in Informations- und Meinungsbildung nicht nur Selbst-mitteilungen dieses Unternehmens, sondern auch bewertete Informationen als Meinungen über Mitteilungen einfließen und Meinungsbildung als Bewertung entlang meinungsmarktspezifisch unterschiedlicher Bewertungsmaßstäbe erfolgt – verwiesen sei auf das Beispiel entsprechend unterschiedlicher Reaktionen auf Personalabbau –, können Images eines Unternehmens bei unterschiedlichen Bezugsgruppen zwar ähnlich ausgerichtet, von den dahinter liegenden Bewer-tungsmotiven und Bewertungen her aber nicht gleich sein.

Was bedeutet dies für die Markenkommunikation? Der Ausweis von Mar-kenprofilen als strategisch gewählten Markierungen zentraler Profilmerkmale ist Ergebnis von Entscheidungen. Markenaussagen wie auch abgeleitete Submarken sind Formen von Anschlusskommunikation, die sich auf diese Markenentschei-dung zurückführen lassen müssen – und sei es als ein bewusster Folgeentscheid für einen Bruch mit den Markenvorgaben. Dies bedeutet für Unternehmens-kommunikation, dass sie – wie das Volkswagen-Beispiel zeigt – zu Markenwer-ten der Dach- oder Systemmarke anschlussfähige Markenaussagen machen muss, wobei es nicht nur um Glaubwürdigkeit und Akzeptanz einzelner Aussa-

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gen, sondern immer auch um deren Rückwirkung auf die Glaubwürdigkeit der als Selbstbild markierten Selbstdarstellung des Unternehmens geht.

Die eigentliche Problematik liegt darin, dass meinungsmarktspezifisch ab-geleitete Markenaussagen über ein Unternehmen nicht nur in eben diesem Mei-nungsmarkt und nach dessen Bewertungsmaßstäben, denen entsprechend diese Aussagen gemacht wurden, bewertet werden, sondern über die Verknüpfung spezifischer Meinungsmärkte eben auch auf Meinungsbildungsprozesse anderer Meinungsmärkte einwirken. Meinungsmärkte geben einen Themenfokus vor, nicht aber die jeweils in ihnen aktuell diskutierten Themen, in deren Kontexten sich Marken als belastbar erweisen und bewähren müssen.7 Dies ließe sich am einleitenden Volkswagen-Beispiel exemplarisch weiter diskutieren. Offenkundig werden daran kommunikative Regelungs- und Koordinationsprobleme, in deren Fokus immer wieder (medien-)öffentliche Kommunikation rückt und die damit als ‚Gegenstände von PR-Arbeit‘ eingestuft werden können. PR-Arbeit wirkt damit schon zwangsläufig auf der Schnittstelle zur Kommunikation des Absatz-marktes. Sie übernimmt hier aber mit Marken- und auch Produktkommunikation spezifische Aufgaben, die im Weiteren herausgearbeitet werden sollen. 2.3 Public Relations und PR-Arbeit „Public relations“, so haben Grunig und Hunt in einer heute international weit verbreiteten Definition formuliert, sei „the management of communication bet-ween an organization and its publics“ (Grunig/Hunt 1984: 6); „Public Relations“ steht hier für Public-Relations-Management oder PR-Arbeit (vgl. auch Leding-ham/Bruning 2000). Indem sie Public Relations mit Kommunikationsmanage-ment gleichsetzten, was PR-Arbeit zu einer Managementfunktion im Rahmen der Unternehmenskommunikation macht, können diese und analoge Definitio-nen8 für einen latenten Streit um eine ‚Vormachtstellung‘ in der Unternehmens-kommunikation verantwortlich gemacht werden, dem Bruhn und Ahlers (2004) zu Recht den Sinn abgesprochen haben (vgl. auch Szyszka 2003).

7 Diese Problematik spitzt sich in Unternehmen zu, in denen der CEO selbst als Personenmarke ein

Unternehmen nicht nur führt, sondern auch in der öffentlichen Beobachtung deutlich alleingestellt repräsentiert, wie das Beispiel Porsche und Wendelin Wiedeking zeigt. Zum Problem der Perso-nalisierung und CEO-Profilierung vgl. Szyszka 2009a.

8 Vgl. dazu z. B. die PR-Definitionen von Berufsverbänden. Eine ähnlich alte, konkreter einschrän-kende Definition von Long und Hazelton, die bei Public Relations(-Management) von einer „Kommunikationsfunktion der Organisationsführung mit der Aufgabe, Organisationen an deren Umwelt anzupassen bzw. auf diese Umwelt verändernd oder stabilisierend einzuwirken, um Or-ganisationsziele zu erreichen“, sprachen, erlangte nicht annähernde Popularität (Long/Hazelton 1987: 12 f.; vgl. auch bereits Griswold/Griswold 1948: 4).

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Gleichzeitig ist dies aber auch Ausdruck einer substanziell lange unzurei-chenden theoretischen Auseinandersetzung mit Public Relations und PR-Arbeit in der Kommunikations- wie der Wirtschaftswissenschaft. Während die Kom-munikationswissenschaft hier in der letzten Dekade einen deutlichen Zuwachs an Substanz zu verzeichnen hat (vgl. Ledingham/Bruning 2000; Botan/Hazleton 2006; Röttger 2004, 2009; Ihlen et al. 2009), ist das Thema in den betreffenden wirtschaftswissenschaftlichen Teilgebieten – von wenigen Ausnahmen abgese-hen (vgl. Bruhn 2007) – weitgehend ein Anhängsel geblieben, das eher ober-flächlich oder am Rande behandelt wird (vgl. für die Problematik: Lies 2008). Dabei fällt nach wie vor auf, dass auch dort, wo PR-Arbeit im Rahmen von Mar-ken- und Produktkommunikation verortet wird, eine Reflexion weitgehend fehlt. Im Folgenden wird deshalb die Verknüpfung zu einem neueren Ansatz der PR-Forschung gesucht (vgl. hierzu und im Weiteren Szyszka 2009).

Aus systemtheoretisch-organisationaler Perspektive ist die im vorhergehen-den Kapital dargestellte Präsenz von Unternehmen mit zwei Problemen verbun-den, die sich vor dem Hintergrund des System-Umwelt-Paradigmas der System-theorie skizzieren lassen. Unternehmen sind die Operatoren des gesellschaftli-chen Teilsystems Wirtschaft, welches sich konkret erst auf der Ebene von Unter-nehmen beobachten lässt. Entsprechend wird ihr Entscheidungsverhalten vom ökonomischen Leitkode des Muttersystems dominiert, woran sich in der Umwelt bestimmte systemkonforme Verhaltenserwartungen knüpfen. Unternehmen sind – wie andere Organisationen auch – aber doppelt kodiert. Dies bedeutet, dass sie neben dem Leitkode über einen organisationseigenen, egozentrischen Kode ver-fügen, der darauf ausgerichtet ist, die eigene Unternehmensexistenz möglichst optimal zu realisieren.9 Bei der Verfolgung dieses Interesses befinden sich Un-ternehmen immer im Wettbewerb mit anderen Organisationen, die ebenfalls auf eine Durchsetzung der Geltungsansprüche ihrer Organisationsinteressen ausge-richtet sind. Dieser Wettbewerb ist gleichermaßen

� Wettbewerb zwischen Organisationen des gleichen gesellschaftlichen Funk-

tionssystems als Wettbewerb um eine bessere Wettbewerbsposition, wie auch

� Wettbewerb mit Organisationen oder sozialen Gruppen anderer gesell-schaftlicher Funktionssysteme, die einem anderen Leitkode folgen.

9 Als egozentrischer Kode soll hier kein Ego im Sinne psychischer Systeme verstanden werden,

sondern die einer Organisation zugrunde liegende Verfassung, basierend auf in deren Vergangen-heit kontinuierlich fortgeschriebenen Selbstbeschreibungen, in denen Funktionen und Erfahrun-gen reflektiert und Strukturen festgelegt werden, die Kommunikations- und Entscheidungsspiel-räume für Organisationen vorstrukturieren.

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Unternehmen als Teile von Gesellschaft sind in diesem Kontext offene Systeme, die von Bezugsgruppen ihrer Umwelt permanent beobachtet, aber auch beein-flusst werden können. Diese aus öffentlicher Beobachtung resultierenden Bezie-hungen können als „Public Relations“, öffentliche Beziehungen eines Unterneh-mens zu den entsprechenden Teilen seiner Umwelt, bezeichnet werden. Jede dieser Beziehungen ist Träger einer eigenen relationalen Differenz, die sich auf-grund unterschiedlicher Kodierung aus der Bewertung eines Sachverhalts durch Ego (Organisation) und Alter (Stakeholder) ergeben (s. Abb. 2). Beziehungen zu unterschiedlichen Bezugsgruppen weisen, selbst wenn derselbe Sachverhalt zugrunde gelegt wird, immer unterschiedliche Referenzpunkte auf, so dass schon vom Grundsatz her jede dieser öffentlichen Beziehungen als einmalig, aufgrund fortlaufender gesellschaftlicher Veränderungsprozesse und Erfahrungen der Beteiligten in der Differenzausprägung aber auch als dynamisch eingestuft wer-den muss. PR-Management befasst sich in diesem Sinne mit Regelungsprozessen rund um als relevant eingestufte relationale Differenzen und Diskrepanzen in-nerhalb der Public Relations eines Unternehmens zu seinen Bezugsgruppen bzw. Stakeholdern. Markierungen und Markenbildung können in diesem Kontext als Versuche von Stabilisierung bzw. Ausdruck der relativen Stabilität einer öffent-lichen Beziehung angesehen werden. Abbildung 2: PR-Management als Differenz- und Diskrepanzmanagement

Als Entscheidungssysteme sind Unternehmen dagegen geschlossene Interessen-systeme, deren Repräsentanten im Namen des Unternehmens und gebunden an dessen doppelte Kodierung sowie davon abgeleiteten Werten und Regeln ent-scheiden und handeln. Um Aufgaben und Probleme sachgerecht und effizient bearbeiten zu können, differenzieren Unternehmen funktionale Binnenstrukturen aus. PR-Management oder PR-Arbeit ist ein derartiges Funktionssystem für den Umgang mit öffentlicher Kommunikation. Idealtypisch wird sich in der Praxis

Organisation

Stakeholder 1

Stakeholder 2

Differenz 1

Differenz 2

Diskrepanz(en)

PR-Management

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Public-Relations-Management immer in dem Umfang in Breite und Tiefe vor-finden lassen, wie dies funktional sinnvoll erscheint: Bei Public Relations bedeu-tet dies, dass von öffentlicher Kommunikation ein maßgeblicher Einfluss auf das diesem Unternehmen gewährte soziale Vertrauen und damit dessen Sozialkapital ausgeht. Entsprechend finden sich große, in Breite und Tiefe deutlich ausdiffe-renzierte PR-Funktionseinheiten z. B. bei Unternehmen, deren Leistungen ge-sellschaftlich streitbar sind (z. B. Energie, Chemie), deren Produkte einer hohen Imagesensibilität unterliegen (z. B. Auto) oder bei denen gesetzliche Einschrän-ken den ungehinderten Zugang zur Öffentlichkeit einschränken (z. B. Pharma).

Ein derartiger Ansatz macht es erforderlich, den in Wissenschaft und Praxis semantisch heterogenen Begriff „Public Relations“ begrifflich präziser zu fassen und auszudifferenzieren. Das „Integrative Modell der Public Relations“ (s. Abb. 3 unten) unterscheidet dabei zunächst zwei Sachverhalte: � auf der Beziehungsebene Public Relations als das auf (wechselseitiger)

Beobachtung beruhende Netzwerk der Beziehungen zwischen einem Unter-nehmen und seinem sozialen Umfeld und

� auf der Handlungsebene Public-Relations-Operationen als die als Interven-tionen zu verstehenden spezifischen Aktivitäten, die auf ausgewählte Teile des Beziehungsnetzes ausgerichtet werden und funktionale Wirkungsziele verfolgen.

Die Schnittstelle und gleichzeitig den Fokus des Modells bildet auf Unterneh-mens-/Organisationsebene das Public-Relations-Management als funktional ausgebildete Management- oder Regelungsfunktion zum Umgang mit diesem Beziehungsnetz. Das Modell bildet alle drei Ebenen ab.

Die obere Hälfte des organisationalen Beziehungsfeldes, das für die Reich-weite ein- oder wechselseitiger Beobachtung eines Unternehmens in der Gesell-schaft steht, markiert die Beziehungsebene der Public Relations. In ihrem Zentrum steht ‚soziales Vertrauen‘, das gleichermaßen als Mechanismus der Komplexitätsreduktion Indiz für die Beobachtungsintensität ist, mit der Bezugs-gruppen einem Unternehmen begegnen, und damit zu einem relationalen Bezie-hungsmerkmal wird, das als Beziehungsqualität maßgeblichen Einfluss auf Ent-scheidungspotenziale und Entwicklungsaussichten eines Unternehmens nimmt. Relationale Differenzen zwischen den Bewertungen und Erwartungen eines Unternehmens und denen seiner Bezugsgruppen bestehen immer. Die Frage ist nur: Mit welchen Folgen?

Wird soziales Vertrauen gewährt, werden Ereignisse, die nie so eintreten wie erwartet, immer dann als erwartungskonform eingestuft und auf den Erwar-tungskern hin interpretiert, wenn sie sich innerhalb von Erwartungsgrenzen be-

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wegen. Als offene Systeme können sich Unternehmen den damit verbundenen Einflüssen ihrer Umwelt nicht entziehen, wie sie auch mit ihren unternehmens-politischen Entscheidungen und deren Umsetzung immer in einem bestimmten Maße Einfluss auf ihre Umwelt nehmen (vgl. Szyszka 2008: 140 f.). Public-Relations-Management, die organisationale Schnittstelle zwischen Beziehungs- und Handlungsebene, ist in diesem Sinne ein Anwalt, der sich mit den kommu-nikativen Konsequenzen potenzieller oder bereits umgesetzter Unternehmensent-scheidungen auseinandersetzt (vgl. dazu auch Bivins 2006), um das Management in Entscheidungsfindung und -umsetzung fachlich darin zu beraten, wie mit den Prozessen sozialen Vertrauens umzugehen ist.

Abbildung 3: Integratives Public-Relations-Modell10

Die untere Hälfte zeigt die Handlungsebene der Public-Relations-Operationen. Diese sind letztlich nichts anderes als Interventionen, mit deren Hilfe ein Unter-nehmen durch Kommunikationsmaßnahmen ganz bestimmte Vorstellungsbilder von einem Unternehmen bei Bezugsgruppen verankern will (vgl. auch Merten 1992). Relationales Beziehungsmerkmal ist hier ‚funktionale Transparenz‘. Der Begriff meint in Entgegensetzung zu klassischen Vorstellungen von Offenheit

10 Es handelt sich um einen integrativen Theorieansatz, da er aufgrund seiner Öffnung zu gesell-

schafts- wie handlungsorientierten PR-Theorieansätzen und -Modellen Anschlussfähigkeit bietet.

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und Transparenz (vgl. Bentele/Seidenglanz 2005: 357) und ganz im Sinne von Luhmanns Mitteilungsbegriff (1984: 194 ff.), dass Mitteilung immer ein Aus-wahlprozess ist, der darüber entscheidet, was mitgeteilt und was nicht mitgeteilt wird. Selektionskriterium ist dabei die Frage, ob etwas wichtig und wesentlich ist. Da Bedeutung damit zur Submitteilung wird, die ein Beobachter mitbewertet, kann Mitteilung auch strategisch erfolgen und damit so, dass einem Sachverhalt bewusst Bedeutung zugewiesen wird. Funktionale Transparenz ist damit eine an organisationalem Nutzen11 ausgerichtete Transparenz, bei der durch den Umgang mit Wissen und Bewertungen (Analyse, Bewertung, Auswahl, Mitteilung) Ein-fluss auf die Bildung und Befestigung sozialen Vertrauens genommen werden soll. Die klassischen PR-Begriffe der 1950er-Jahre brachten dies mit „Ver-trauenswerbung“ und „Meinungspflege“ schon früh zum Ausdruck (vgl. Szyszka 2008: 144).

Public-Relations-Management orientiert sich als Managementprozess an ei-nem Spannungsfeld zwischen der Systemrationalität des vertretenen Unterneh-mens und den bezugsgruppenseitigen Legitimitätsbewertungen, die Unterneh-mensentscheidungen und -verhalten dort erfahren. Zusammengefasst bedeutet dies, dass sich PR-Arbeit als ein Regelkreis beschreiben lässt, der mit � der Beobachtung, Analyse und Bewertung von Meinungsbildungsprozessen

ansetzt, � diese auf Relevanz und kommunikationspolitischen Entscheidungs- und

Handlungsbedarf hin analysiert, � potenzielle Entscheidungsszenarien entwirft und auf deren Basis Einfluss

auf unternehmenspolitische Entscheidungen zu nehmen sucht und schließ-lich als Folge kontingenter Entscheidungen

� diese Entscheidungen durch Mitteilungs- und Kommunikationsaktivitäten exekutiert.

2.4 PR-Arbeit und Publizität PR-Arbeit ist von ihrer zentralen Ausrichtung her „Öffentlichkeitsarbeit“, d. h., sie ist auf eine Auseinandersetzung mit öffentlicher Kommunikation und öffent-lich präsenten Meinungen ausgerichtet. Sie ist im Kern auf den öffentlichen Meinungsmarkt ausgerichtet, was einen koordinierenden und teilweise integrie-renden Umgang mit den Schnittstellen zu spezifischen Meinungsmärkten ein-schließt. Zentrale Akteure im öffentlichen Meinungsmarkt sind journalistische Massenmedien, die aus normativer wie sozialer Perspektive gemeinsam das 11 Nutzen meint die Erwirtschaftung von Zugewinn, die Abwendung von drohendem, die Eingren-

zung von eingetretenem und die Abwicklung von vollzogenem Schaden.

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‚Betriebssystem‘ öffentlicher Kommunikation bilden. Analog hierzu ist Medien-arbeit12 als die funktional orientierte Auseinandersetzung mit medienöffentlicher Kommunikation und deren bestehenden oder möglichen Auswirkungen auf un-ternehmenspolitische Handlungsspielräume ein, in vielen Fällen sogar das zen-trale Handlungsfeld der PR-Arbeit. Moderne Medienarbeit kann dabei im Kon-text von Internet und Web 2.0 nicht trennscharf auf den Umgang mit journalisti-schen Medienangeboten ausgerichtet sein, da das Internet – neben Print- und Rundfunkmedien – heute als eine einem Marktplatz vergleichbare Informations-angebotsplattform eingestuft werden kann, deren Spektrum von journalistischen Angeboten über Blogs und Foren bis zu markierter Selbstdarstellung von Orga-nisationen und deren Leistungen reicht. Ausgeprägter als in klassischen journa-listischen Medien sind hier Informationen über Sachverhalte wie auch Informa-tionen über Meinungen zu Sachverhalten öffentlich zugänglich.

Journalismus als gesellschaftliches Funktionssystem hat die Funktion einer „aktuelle[n] Vermittlung von Informationen zur öffentlichen Kommunikation“ (Blöhbaum 1994: 20). Diese Funktion ist gesellschaftlich normativ verankert (Pressegesetze) und vollzieht sich entlang den Entscheidungsregeln des Journa-lismus, welche sich bei der Auswahl und Bereitstellung von Informationsange-boten an öffentlicher, also allgemeiner und nicht an partikularer Bedeutsamkeit orientieren; hierfür genießen sie gesellschaftsweit soziale Akzeptanz. Neidhardts „Arenen-Modell“ hat Öffentlichkeit als „ein offenes Kommunikationsforum für alle beschrieben, die etwas sagen oder das, was andere sagen, hören wollen“ (Neidhardt 1994: 7); das Modell benutzt für Funktion und Vorgehen journalisti-scher Medien die Metapher der „Arena“: Journalisten sind die publizistischen „Hausherren“ dieser Arenen13 und bestimmen damit das „Programm“, das dem auf den Rängen versammelten, unterschiedlich aufmerksamen Publikum darge-boten wird. Neidhardt hat dabei auf Wechselwirkungen zwischen den Arenen als Konsonanzeffekte hingewiesen, durch die Themen zu Gegenständen „öffentli-che[r] Meinungen als herrschende Meinungen unter den Öffentlichkeitsakteuren, also denen, die das Publikum wahrnehmen kann“ (Neidhardt 1994: 7), werden.

Aus Perspektive von Unternehmen, für die Präsenz in der Arena in einem Fall Risiko, im anderen Fall aber auch Chance sein kann, nimmt Journalismus eine Doppelrolle ein. Er ist zunächst Gatekeeper, der anhand der systemeigenen Entscheidungsregeln nicht nur über die Frage von Information oder Nicht-

12 Der Ausdruck Medienarbeit ersetzt als semantisch weiterreichender Terminus den klassischen

Ausdruck der Pressearbeit, der in der Praxis aber weiterhin verbreitet ist (vgl. auch den Presse-sprecher).

13 Auf den Aspekt, dass es daneben auch einen ökonomischen ‚Hausherren’ gibt, der mit seinen Interessen zumindest indirekt Einfluss auf das Programmangebot der Arena nimmt, soll hier nur hingewiesen werden.

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Information entscheidet, sondern ausgewählten Informationen durch deren Aus-wahl auch öffentliche Relevanz und damit überprüfte Bedeutung zuweist. Aus-gewählte Informationen werden in Medienarenen präsent und erlangen damit öffentliche Publizität. Im zweiten Schritt kommt die Rolle des Journalismus als öffentlicher Autorität und damit dessen Reputation zum Tragen. Journalistische Mitteilungen gelten als vermeintlich unabhängige Fremddarstellungen eines Sachverhalts und genießen deshalb eine höhere Glaubwürdigkeit als Selbstdar-stellungen; dies gilt auch dann, wenn eine Selbstdarstellung ohne journalistische Bearbeitung und ausschließlich durch journalistische (Um-)Autorisierung zu einer, für das Publikum nicht erkennbaren, fremd dargestellten Selbstdarstellung wird. Werden also Mitteilungen eines Unternehmens mit einem für das Unter-nehmen positiven Duktus zu journalistischer Mitteilung, partizipiert das Unter-nehmen von journalistischer Glaubwürdigkeit; es tritt der „Third-Person-Effekt“ ein (Davidson 1983), der Journalismus auf sozialpsychologischer Ebene indirekt zu einem Fürsprecher des Unternehmens macht („Fürsprecher-Effekt“). Medien-publizität kann damit für die Unternehmenskommunikation Präsenz- und Glaubwürdigkeitsleistungen erbringen.

Abbildung 4: Medienarbeit als Transformationsprozess Medienarbeit strebt Publizitätsleistungen an. Medienmitteilungen als Produkte von Medienarbeit müssen einen ‚zweistufigen Transformationsprozess‘ durch-laufen, um Wirkung zu entfalten (s. Abb. 4). Jede Medienmitteilung soll Schlüs-selaussagen (Inhalt/Fakten) vermitteln, über die dabei explizit oder implizit un-ternehmenspolitische Sinndeutungen (Positionen und Bewertungen) transportiert werden, aber auch Meta-Aussagen.14 Eine Medienmitteilung ist ein organisati-onsseitig autorisiertes Informationsangebot (A), das sich bei Angebotsannahme durch den Journalismus zu einem bearbeiteten massenmedialen Informationsan-gebot (B) wandelt. Wird eine Medienmitteilung im Sinne ihres ursprünglichen 14 Vgl. z. B. das bekannte kommunikationspsychologische Modell von Schulz von Thun (1981).

PR-Akteure

als Interessen-vertreter

Medien-Akteure

als Gate-keeper

Publika Stake-holder Ziel-

gruppen

Inhalte/Fakten Inhalte/Fakten

Positionen Positionen

Bewertungen Bewertungen

Angebot A Angebot B

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Aussagegehalts transformiert,15 bleibt die Schlüsselaussage erhalten. Unterneh-menspolitische Positionen können mit anderen Positionen verglichen und ge-spiegelt werden. Unternehmenspolitische Bewertungen dagegen sollen journalis-tisch geprüft und als legitim bewertet werden. Ist dies der Fall, erhält ein Unter-nehmen damit gleichzeitig eine Rückmeldung über Glaubwürdigkeit und Akzep-tanz und damit über die öffentliche Tragfähigkeit der eigenen Unternehmenspoli-tik. Journalistische Berichterstattung ist jedoch nur eine ‚Relaisstation‘: Findet eine Medienmitteilung in der Medienberichterstattung Niederschlag, bildet dies die Basis für gewünschte und angestrebte Publikumswirkungen, ist aber zunächst nur Medienresonanz und Publizitätsnachweis. Dieser an sich lässt noch keine verbindlichen Aussagen darüber zu, ob und in welchem Umfang auf Publikums-seite von diesem Angebot Gebrauch gemacht und es damit zur Information ge-macht wird und in welcher Weise das massenmediale Angebot hier transformiert wird. Medienresonanzanalysen etwa verfügen deshalb nur über eine einge-schränkte Aussagekraft. 3 Marken- und Produkt-PR 3.1 Zwischenbefund Was bedeuten die vorstehenden Ausführungen für die engere Fragestellung die-ses Beitrags? Empirischen Untersuchungen zufolge spielt Produkt-PR insbeson-dere unter den Mandaten deutscher PR-Agenturen eine wichtige Rolle. So gaben 2003 im Rahmen einer Berufsfeldstudie 90,5 Prozent (n=231) an, auf dem Ge-biet von Produkt-PR tätig zu sein; die meisten (80,4 %) waren hier „sehr häufig“ oder „eher häufig“ tätig. Knapp jede fünfte Agentur (19,7 %) verwies sogar dar-auf, sich auf Produkt-PR spezialisiert zu haben (Szyszka et al. 2009).16 Welche spezifischen funktionalen PR-Leistungen dabei innerhalb der Marktkommunika-tion erbracht werden, bleibt in der Literatur weitgehend diffus, da Fragen nach Funktion oder Rolle von Produkt-PR kaum behandelt werden; Ähnliches gilt für Marken-PR (vgl. Szyszka 2007).

Die prinzipielle Art des Interesses von Marketing an PR-Arbeit haben Kot-ler und Bliemel, Leitautoren für weite Teile des deutschsprachigen Marketing-Diskurses, aufgerissen: Es geht um Publizität, die durch Präsenz- und Glaubwür-digkeitsleistungen in der Medienöffentlichkeit erreicht werden soll (vgl. Kot-ler/Bliemel 1992: 857). Damit kann unterstellt werden, dass Marken-PR und 15 Medienmitteilungen können den Journalismus auch zu einer anderen Berichterstattung anregen

oder zu Bestandteilen tendenziell anderer Medienberichte werden. 16 Marken-PR wurde in dieser Untersuchung nicht eigenständig abgefragt.