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Wissenschaftliche Sitzungen 2. Halbjahr 2018 Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste

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Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der KünstePalmenstraße 16 • 40217 Düsseldorf

Tel. 0211 61734-0 • Fax 0211 [email protected] • www.awk.nrw.de

Wissenschaftliche Sitzungen 2. Halbjahr 2018

Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste

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Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste

Wissenschaftliche Klassensitzungen undAkademieveranstaltungen für alle Klassender Nordrhein-Westfälischen Akademieder Wissenschaften und der Künste im2. Halbjahr 2018

Die Akademie ist eine Vereinigung führender Forscher des Landes und die Heimat von zurzeit 13 wissenschaftlichen Forschungsvorhaben. In der Akademie pflegen die Mitglieder wie in den weiteren sieben deutschen Landesakademien den wissenschaftlichen Gedankenaustausch untereinan-der sowie mit Vertretern von Politik und Gesellschaft und unterhalten enge Kontakte zu anderen wissenschaftlichen Einrichtungen im In- und Ausland.

Die Nordrhein-Westfälische Akademie ist in drei wissenschaftliche Klassen, Geisteswissenschaften, Naturwissenschaften und Medizin, Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften, und eine Klasse der Künste gegliedert. In ihnen findet das eigentliche wissenschaftliche und diskursive Leben der Akademie statt. Die regelmäßigen nichtöffentlichen Klassensitzungen bieten die Gelegenheit zur Diskussion wissenschaftlicher Forschungsergebnisse oder künstlerischer Fragestellungen, in ihnen werden für die akademieeigenen Schriftenreihen vorgesehene Publikationen vorgelegt. Die Vielfalt der vertre-tenen Fachrichtungen bietet die Gewähr für disziplinenübergreifenden Gedankenaustausch und interdisziplinäres Arbeiten.

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G Mittwoch, 12.09.2018 um 15.00 Uhr

Islam und Islamwissenschaft, ein heikles VerhältnisProf. Dr. Tilman Nagel, Göttingen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

IW Donnerstag, 20.09.2018 um 15.30 Uhr

Numerische Simulation im innerstädtischen Tunnelbau – Vom Design zur VortriebssteuerungProf. Dr. Günther Meschke, Bochum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

Word-of-Mouth (WOM) Relevance: Messung und Erklärung des Einflusses von WOM auf KaufentscheidungenProf.’ in Dr. Franziska Völckner, Köln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

NM Mittwoch, 26.09.2018 um 15.30 Uhr

Erforschung von Urknallmaterie: Studium des Quark-Gluon Plasma in Kollisionen schwerer Atomkerne am LHC.Prof.’ in Dr. Johanna Stachel, Heidelberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

The language-ready brainProf. Dr. Peter Hagoort, Nijmegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

A Mittwoch, 10.10.2018 um 17.00 Uhr (ÖV)

Leo Brandt-Vortrag 2018Vortragender ist Prof. Dr. Nikolai Grube, Bonn – Mitglied der Klasse für Geisteswissenschaften

Übersicht 2 | 2018

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G Mittwoch, 17.10.2018 um 15.00 Uhr

Ein langes Jahrtausend. Ein anderer Blick auf die Philosophie des MittelaltersProf. Dr. Andreas Speer, Köln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

NM Mittwoch, 24.10.2018 um 15.30 Uhr

Molecular Systems Engineering with DNAProf. Dr. Hendrik Dietz, München . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

Als die Erde grün wurdeProf. Dr. Hans Kerp, Münster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

G Mittwoch, 07.11.2018 um 15.00 Uhr

Regeln guter wissenschaftlicher Praxis – EntwicklungstendenzenProf. Dr. Wolfgang Löwer, Bonn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

Die Grenzen einer pluralen Gesellschaft. Die polnisch-deutsche Migration ins Ruhrgebiet (1860–1950).Dr. Anne Friedrichs, Bielefeld (Junges Kolleg) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

JK Freitag, 09.11.2018 um 14.00 Uhr (ÖV)

Forschungstag des Jungen Kollegs zum Thema Energiewende

NM Mittwoch, 14.11.2018 um 15.30 Uhr

Hydrothermalquellen im äußeren Sonnensystem? Die Raumsonde Cassini erforscht den spektakulären Ozeanmond Enceladus.PD Dr. Frank Postberg, Heidelberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

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Vernetzte molekulare Schalter und Maschinen – Auf dem Weg zu smart mixturesProf. Dr. Michael Schmittel, Siegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

IW Donnerstag, 21.11.2018 um 15.30 Uhr

Antriebssysteme für zukünftige Pkw – Lösungsvielfalt im Spannungsfeld von gesetzlichen, ökonomischen und ökologischen Randbedingungen.Prof. Dr. Stefan Pischinger, Aachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

Mehrskalige nichtlineare Modellierung von carbonfaserverstärkten VerbundwerkstoffenDr. Jaan-Willem Simon, Aachen (Junges Kolleg) . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

G Mittwoch, 05.12.2018 um 15.00 Uhr

Bonner Rektoratsreden 1818–2018. Zweihundert Jahre Universitäts- geschichte im Spiegel einer QuellengattungProf. Dr. Dominik Geppert, Bonn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

Eine missverstandene Dichotomie? Masse und Zählbarkeit in afrikanischen Varietäten des EnglischenDr. Susanne Mohr, Bonn (Junges Kolleg) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

NM Mittwoch, 12.12.2018 um 15.30 Uhr

Die Grenzen des Sichtbaren erweitern: Induzierte Gewebsfluoreszenz und die Bedeutung für die Chirurgie von HirntumorenProf. Dr. Walter Stummer, Münster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

Magnetische Nanoteilchen – Feldinduzierte Orientierung und MagnetisierungDr. Sabrina Disch, Köln (Junges Kolleg) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

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Das menschliche Gesicht und die Bedeutung nicht-kodierender Genom- abschnitte für seine Entwicklung.Dr. Kerstin U. Ludwig, Bonn (Junges Kolleg) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

Legende / Erläuterungen

A = Akademieveranstaltung für alle Klassen

G = Klasse für Geisteswissenschaften

NM = Klasse für Naturwissenschaften und Medizin

IW = Klasse für Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften

K = Klasse der Künste

JK = Junges Kolleg

ÖV = Öffentliche Veranstaltung Weitere Informationen zu den Klassensitzungen sind zeitnah im Internet zu finden. Bitte beachten Sie bei den genannten öffentlichen Terminen die Einladungen und hierbei eventuelle Terminänderungen. Weitere Terminhinweise finden Sie unter www.awk.nrw.de.

Die Klassensitzungen sind grundsätzlich nur für die Mitglieder der Akademie, des Jungen Kollegs und der Stiftung der Freunde und Förderer der Akademie sowie für geladene Gäste zugänglich.

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G Mittwoch, 12.09.2018 um 15.00 Uhr, 588.Sitzung

Islam und Islamwissenschaft, ein heikles VerhältnisProf. Dr. Tilman Nagel, Göttingen

Der Islam sei eine aus jüdischen und christlichen Elementen zusammenge-setzte eklektizistische Religion. Seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert, als sich die Islamwissenschaft als eine eigenständige akademische Disziplin durch- setzte, ist dies die vorherrschende Meinung.

Indessen bemerkt man bei Begegnungen mit dem wirklichen, „lebendigen“ Islam rasch, dass die Kenntnis möglicher jüdischer oder christlicher Vorlagen nicht zum Verständnis dessen verhilft, was man wahrnimmt. Auch die Edition und Übersetzung arabischer Texte, die Teile des Wissens der spätantiken Geistes- welt überliefern, befruchten selten die Analyse des Erscheinungsbildes des real existierenden Islams.

Daher nötigte mich die eingehende Beschäftigung mit der islamischen Geschichts- schreibung und mit dem reichen Schrifttum zum islamischen Verständnis von Machtausübung und ihrer Verknüpfung mit im weitesten Sinne theologischen Grundsätzen, Schritt für Schritt von den überkommenen Fragen der Islamwis-senschaft abzurücken. Das islamische Verständnis von Gesellschaft und Herr- schaft ließ sich nicht auf jüdische, christliche oder antike Vorgaben zurückfüh-ren. Seinen Kern bildet vielmehr die einem geschichtlichen Wandel unterlie-gende Idee der von Allah aus in sein Schöpfungswerk hineinwirkenden „Rechtleitung“, die den Schlüssel zur politisch-religiösen Eigenart des Islams bietet. Wie in Sure 2, Vers 37, versichert wird, hat Allah diese „Rechtleitung“ schon dem aus dem Paradies vertriebenen Adam zugesagt. Dieser Glaube prägt das islamische Selbstverständnis seit der Omaijadenzeit und ist noch

Wissenschaftliche Sitzungen 2 | 2018

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heute wirksam, wie ich bei meiner Mitarbeit in staatlichen Gremien, die sich mit den eingewanderten Muslimen zu befassen hatten, erkennen konnte.

Meinen Studien zu muslimischer Daseinsordnung und Machtausübung fehlte zunächst freilich, wie mir klar war, der „Unterbau“, nämlich eine Einsicht in die Wesenszüge des frühesten Islams und in dessen Ort innerhalb der spätantiken Religionsgeschichte. Die Entschlüsselung der im Koran dokumentierten inhalt- lichen Entwicklung der Botschaft Mohammeds eröffnete die Möglichkeit, diesen „Unterbau“ zu beschreiben und die Grundlage für eine Geschichte des Islams zu schaffen, die die Anleihen bei außerislamischen Traditionen nicht mehr als für den Islam konstitutiv versteht, sondern als Lehngut, das einem eigenständigen Wesenskern anverwandelt wird.

Prof. Dr. Tilman Nagel wurde am 19. April 1942 in Cottbus geboren. Nach dem Reifezeugnis des Alten Gymnasiums in Oldenburg (Oldb.) studierte er vom Sommersemester 1962 bis zum Sommersemester 1967 an der Universität Bonn Orientalistik (Islamwissenschaft), Vergleichende Religionswissenschaft und Zentralasienkunde. Im Sommersemester 1967 schloss er das Studium mit der Promotion zum Dr. phil. ab. Als Verwalter einer Assistentenstelle war er bis zum Juli 1971 am Seminar für Orientalische Sprachen der Universität Bonn tätig. In das Ende dieser Tätigkeit (April 1971) fällt seine Habilitation für das Fach Islamwissenschaft. Bis 1981 arbeitete er in weiteren Funktionen an diesem Institut. Einen Ruf auf den „Chair of Arabic and Islamic Studies“ in Edinburgh lehnte er 1981 ab. Im selben Jahr wurde er auf den Göttinger Lehr- stuhl der Arabistik berufen, den er bis zu seiner Pensionierung im Herbst 2007 innehatte.

In der Lehr- und Forschungstätigkeit von Tilman Nagel stehen die Geschichte und die Religionsgeschichte des Islams, vorwiegend des arabischen Sprachge-biets, im Vordergrund. Im Einklang mit den Aufgaben, die ihm am Seminar für Orientalische Sprachen übertragen waren, hat er dabei stets den Bezug zur Gegenwart im Auge behalten. Zahlreiche Aufenthalte in islamischen Ländern sowie Vortragsreisen, zum Teil im Auftrag des Goethe-Instituts, sowie eine Gastdozentur in Sanaa im Frühjahr 1990 vermittelten ihm einen lebendigen Eindruck vom Denken und Fühlen der akademischen Jugend dieser Länder. Durch seine Mitarbeit in hiesigen mit muslimischen Einwanderern befassten Gremien (1980 bis 1986 Mitarbeit an der Entwicklung eines Lehrplans für

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islamischen Religionsunterricht, Institut für Schule und Weiterbildung in Soest; Teilnahme an der Ersten Deutschen Islamkonferenz; Anhörungen im hessischen Landtag und im Bundestag) sind ihm zudem die Schwierigkeiten der Eingliederung muslimischer Zuwanderer in unser Gemeinwesen vertraut geworden.

Tilman Nagel ist seit 1989 ordentliches Mitglied der Göttinger Akademie der Wissenschaften. Vom Herbst 2005 bis zum Herbst 2006 hatte er ein Stipendi-um am Historischen Kolleg in München inne und stellte in dieser Zeit seine Studie über Mohammed fertig.

IW Donnerstag, 20.09.2018 um 15.30 Uhr, 114. Sitzung

Vortrag 1

Numerische Simulation im innerstädtischen Tunnelbau – Vom Design zur Vortriebs-steuerungProf. Dr. Günther Meschke, Bochum

Details zum Vortrag lagen bei Redaktionsschluss noch nicht vor.

Prof. Dr. Günther Meschke studierte Bauingenieurwesen an der Technischen Universität Wien mit der Fachrichtung „Konstruktiver Ingenieurbau“ in der Zeit von 1977 bis 1983. 1984 bis 1988 war er Forschungsassistent am Institut für Festigkeitslehre der TU Wien und wurde 1989 mit dem Thema „Synthese aus konstitutivem Modellieren von Beton mittels dreiachsialer, elastoplasti-scher Werkstoffmodelle und Finite Elementeanalysen dickwandiger Stahl-betonkonstruktionen“ promoviert. Anschließend war er von 1988 bis 1996 Assistent am Institut für Festigkeitslehre der TU Wien. 1990 bis 1991 hatte er einen Forschungsaufenthalt an der Stanford University, Californien/USA. 1996 habilitierte er sich in Festigkeitslehre und Baumechanik mit dem Thema „Elastoviskoplastische Stoffmodelle für numerische Simulationen mittels der

Schmitz
Durchstreichen
Details zum Vortrag lagen bei Redaktionsschluss noch nicht vor.
Schmitz
Notiz
-der maschinelle Tunnelbau hat sich als flexibles und wirtschaftliches Bauverfahren mit einem breiten Anwendungsspektrum insbesondere im innerstädtischen Tunnelbau etabliert. Vor dem Hintergrund einer stetigen Ausweitung des Einsatzbereiches dieser Technologie auf unterschiedliche, teilweise auch schwierige geologische Bedingungen, der Tendenz zu größeren Durchmessern und den wachsenden Anforderungen der Gesellschaft an die Eingrenzung der vortriebsbedingten Risiken widmet sich der an der Ruhr-Universität Bochum eingerichtete Sonderforschungsbereich SFB 837 "Interaktionsmodelle für den maschinellen Tunnelbau" der Erforschung aller wesentlichen, die Sicherheit und Effizienz sowie die technische Weiterentwicklung des maschinellen Tunnelbaus betreffenden Prozesse und deren Wechselwirkungen. Dies betrifft sowohl die Planungs- als auch die Ausführungsphase. Im Vortrag wird insbesondere die Rolle moderner Simulationsverfahren bei der der Analyse von Abbau- und Transportprozessen, der Vortriebssteuerung von Tunnelvortriebsmaschinen und der Entwicklung neuer robuster Materialien für den Tunnelausbau beleuchtet sowie ein Ausblick auf zukünftige Entwicklungen effektiver, partizipativer Planungsinstrumente für interaktive Trassenplanungen von Tunnelbauprojekten in innerstädtischen Gebieten gegeben.
Schmitz
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Numerische Simulation im innerstädtischen Tunnelbau – Vom Design zur Vortriebs-steuerung
Schmitz
Notiz
Potentiale computergestützte Simulationen für den maschinellen Tunnelbau: Vom Design zur Vortriebssteuerung
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Methode der Finiten Elemente“. 1996 wurde er außerordentlicher Universitäts-professor der TU Wien. 1998 nahm er einen Ruf auf eine Professur am Institut für Statik und Dynamik der Ruhr-Universität Bochum an. Dort war er von 2001 bis 2004 Geschäftsführender Direktor des Instituts für Konstruktiven Ingenieurbau und von 2004 bis 2006 Dekan der Fakultät für Bauingenieur-wesen. Von 2005 bis 2006 war er Sprecher der Dekane-Konferenz der Ruhr-Universität Bochum. Seit 2010 ist er Sprecher des Sonderforschungsbereiches 837 „Interaktionsmodelle für den maschinellen Tunnelbau“. Seit 2010 ist er ordentliches Mitglied der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaf-ten und der Künste und seit 2012 assoziiertes Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.

Vortrag 2

Word-of-Mouth (WOM) Relevance: Messung und Erklärung des Einflusses von WOM auf KaufentscheidungenProf.’ in Dr. Franziska Völckner, Köln

Word of mouth (WOM), defined as “informal communications directed at other consumers about the ownership, usage, or characteristics of particular goods and services or their sellers” (Westbrook 1987, p. 261) is ubiquitous in today’s marketing environment. Companies spend large amounts of money to induce WOM for their products and make it available to consumers in order to influence their decision making and stimulate sales (Babić Rosario et al. 2016). Even though WOM marketing has been widely adopted by companies, assessing the relevance of WOM to manage WOM-related marketing activities and budget allocation plans accordingly is one of the most significant chal-lenges that managers face today (Hewett et al. 2016; Wuyts et al. 2016). We introduce the concept of “WOM relevance,” which measures the importance of WOM for consumers’ decision making in specific categories. Based on several studies from two countries, we develop and empirically validate a parsimoni-ous scale to measure WOM relevance. We apply the scale to 20 categories and

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different types of WOM. The results suggest a high reliability and validity of the scale and offer managers substantive insights into the differences of WOM relevance across categories and WOM types as well as contingency factors that explain these differences.

Prof.’ in Dr. Franziska Völckner is a Professor of Marketing at the School of Management, Economics and Social Sciences of the University of Cologne, Germany. Her research interests center on building and managing mar-ket-based assets with a focus on the general question of how companies can build and maintain strong brands. She has been a Visiting Scholar at J. Mack Robinson College of Business at Georgia State University, Waikato Manage-ment School at the University of Waikato, and the School of Communication, Journalism and Marketing at Massey University Albany Campus, among others. Her work has been published in leading academic journals such as Journal of Marketing, Journal of Marketing Research, MISQ, International Journal of Research in Marketing, Journal of the Academy of Marketing Science, and Journal of Service Research.

In 2016, the paper “Managing brands in the social media environment” (Journal of Interactive Marketing, Special Issue on Social Media and Market-ing, Vol. 27, Issue 4, co-authored by S. Gensler, Y. Liu-Thompkins, and C. Wiertz) was recognized by Emerald Group Publishing with the Emerald Citations of Excellence Award for highly cited papers. Furthermore, she is a recipient of the 2011 Best Paper Award of the German Academic Association of Business Research for “How Important Are Brands? A Cross-Category, Cross-Country Study” (Journal of Marketing Research, Vol. 47, Issue 5, co-au-thored by M. Fischer and H. Sattler). In terms of teaching, she received the Albertus-Magnus Teaching Award of the Faculty of Management, Economics and Social Sciences, University of Cologne, in the summer terms 2011 and 2013.

Professor Völckner is a member of the deanery, being responsible for the school’s marketing and public relations, a deputy member of the school’s Faculty Board, a member of the University Council of the University of Cologne, and a member of the Institutional Strategy Steering Committee, i.e., the managing board of the institutional strategy of the University of Cologne. She has worked with several international companies, such as Henkel, L’Oréal,

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Unilever, McKinsey & Company, Young & Rubicam, and YouGov (Cologne). She received her doctoral degree and her habilitation from the University of Hamburg, Germany.

NM Mittwoch, 26.09.2018 um 15.30 Uhr, 593. Sitzung

Vortrag 1

Erforschung von Urknallmaterie: Studium des Quark-Gluon Plasma in Kolli-sionen schwerer Atomkerne am LHC.Prof.’ in Dr. Johanna Stachel, Heidelberg

In Kollisionen hochenergetischer Atomkerne wird für kurze Zeit ein Zustand hergestellt, wie er im frühen Universum auf der Zeitskala von Nanosekunden bis zu einigen Mikrosekunden existierte. In diesem Zustand sind die funda-mentalen Bestandteile stark wechselwirkender Materie, die Quarks und Gluonen, aus ihrem 'Confinement' befreit. Daher wird der Zustand Quark-Gluon-Plasma genannt. Am Large Hadron Collider (LHC) am CERN werden solche Kollisionen von Bleikernen im ALICE Experiment untersucht.

Was wir aus experimentellen Daten wissen, wie Quark-Gluon-Plasma produ-ziert wird und was erste Erkenntnisse über seine Eigenschaften sind, ist Inhalt dieses Vortrags.

Prof.’ in Dr. Johanna Stachel, Jahrgang 1954, studierte Physik und Chemie an der Universität Mainz sowie an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Zürich. 1982 wurde sie an der Universität Mainz promoviert und erhielt für ihre Arbeit den Preis der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Anschließend ging sie als Feodor-Lynen-Stipendiatin der Alexander von Humboldt-Stiftung an die amerikanische State University of New York (SUNY) at Stony Brook, wo sie 1994 zum Full Professor of Physics ernannt wurde. Seit 1996 lehrt die Teilchenphysikerin an der Ruprecht-Karls-Universität Heidel-

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berg, von 2003 bis 2005 war sie Dekanin, von 2005 bis 2012 Prodekanin der Fakultät für Physik und Astronomie. Sie ist Vizepräsidentin der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG), deren erste Präsidentin sie von 2012 bis 2014 war.

In Anerkennung ihrer wegweisenden Forschungen, insbesondere auf dem Gebiet der Hochenergiekernphysik, wurde Prof. Stachel 1999 das Bundesver-dienstkreuz und 2001 der Lautenschlägerforschungspreis, einer der höchst dotierten Wissenschaftspreise, verliehen. Nachdem sie bereits seit 1997 beim CERN als wissenschaftliche Sprecherin für eine internationale Kollaboration fungierte, wurde sie in Folge auch in das hochrangige „Scientific Policy Committee" berufen. Seit 2000 ist Prof. Stachel ebenfalls Projektleiterin des ALICE TRD und 2006 wurde sie zur Sprecherin des BMBF Forschungsschwer-punkts 201 ALICE ernannt. Im Jahr 2014 wurde sie mit dem Lise-Meitner-Preis ausgezeichnet, den die Europäische Physikalische Gesellschaft alle zwei Jahre für herausragende Arbeiten auf dem Gebiet der Kernphysik vergibt.

Prof. Stachel ist Mitglied in zahlreichen wissenschaftlichen Vereinigungen wie der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, der Heidelberger Akademie der Wissenschaften und der Leopoldina sowie Fellow der American Physical Society; als erster Frau wurde ihr vom Frankfurter Physikalischen Verein die Ehrenmitgliedschaft verliehen.

Vortrag 2

The language-ready brainProf. Dr. Peter Hagoort, Nijmegen

Humans command a unique communication system: language. Its unique characteristic is dependent on the possibility to combine a limited set of symbols (e.g. words) in a potentially infinite number of ways. An influential idea is that our language faculty is organized according to the principle of strict compositionality, which implies that the meaning of an utterances is a function of the meaning of its parts and of the syntactic rules by which these parts are combined. The implication of this idea is that language interpretation

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takes place in a two-step fashion. First, the meaning of a sentence is computed. In a second step the sentence meaning is integrated with information from prior discourse, with world knowledge, with information about the speaker, and with semantic information from extra-linguistic domains such as co-speech gestures or the visual world. FMRI results and results from recordings of event related brain potentials will be presented that are inconsistent with this classical model of language interpretation. Our data support a model in which knowledge about the context and the world, knowledge about concomi-tant information from other modalities, and knowledge about the speaker are brought to bear immediately, by the same fast-acting brain systems that com- bine the meanings of individual words into a message-level representation. I will also discuss results that indicate the insufficiency of the very popular Mirror Neuron Hypothesis to explain language understanding. Instead I will sketch an alternative picture of language processing. This picture will highlight the highly dynamic nature of language processing, beyond traditional views on the neurobiology of language.

Prof. Dr. Peter Hagoort is director of the Max Planck Institute for Psycholin-guistics (since November 2006), and the founding director of the Donders Institute, Centre for Cognitive Neuroimaging (since 1999), a cognitive neuro-science research centre at the Radboud University Nijmegen. In addition, he is professor in cognitive neuroscience at the Radboud University Nijmegen. His own research interests relate to the domain of the human language faculty and how it is instantiated in the brain. In his research he applies neuroimaging techniques such as ERP, MEG, PET and fMRI to investigate the language system and its impairments as in aphasia, dyslexia and autism. For his scien-tific contributions, the Royal Netherlands Academy of Arts Sciences (KNAW) awarded him with the Hendrik Mullerprijs in 2003. In 2004 he was awarded by the Dutch Queen with the “Knighthood of the Dutch Lion”. In 2005 he received the NWO-Spinoza Prize (M€ 1.5). In 2007 the University of Glasgow awarded him with an honorary doctorate in science for his contributions to the cognitive neuroscience of language. In 2008 he was awarded with the Hey-mans Prize. In 2012 the KNAW awarded his career contribution to the cogni-tive neuroscience with the Academy Professorship Prize (M€ 1.0). Peter Hagoort is member of the Royal Netherlands Academy of Arts and Sciences (KNAW), of The Koninklijke Hollandsche Maatschappij der Wetenschappen, and of the Academia Europaea.

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G Mittwoch, 17.10.2018 um 15.00 Uhr, 589. Sitzung

Ein langes Jahrtausend. Ein anderer Blick auf die Philosophie des MittelaltersProf. Dr. Dr. h.c. Andreas Speer, Köln

Kein Zeitgenosse in jenem Millennium, das wir gemeinhin als „Mittelalter“ bezeichnen, hätte je gedacht, im Mittelalter zu leben. Das Mittelalter ist eine Erfindung. Darin unterscheidet es sich nicht von anderen Epocheneinteilun-gen. Und doch ist die Erfindung des Mittelalters durch Petrarca und seine Humanistenfreunde von Anfang an negativ konnotiert.

Besonders problematisch und einschneidend sind die Konsequenzen für die Philosophiegeschichtsschreibung. Die mittelalterliche Philosophie – oftmals gleichgesetzt mit der lateinischen Scholastik – wird sowohl von ihren antiken Wurzeln, mit denen sie sich stets verbunden fühlte, wie auch von ihren viel- fältigen kulturellen und sprachlichen Traditionen abgetrennt. Denn das Mittel- alternarrativ hat seine beschränkte Geltung im Grunde allein für den lateini-schen Kulturkreis und begründet von dort aus eine bis heute gültige eurozent-rische Lesart dessen, was Philosophie und ihre Geschichte ist, während für die übrigen großen Kultur- und Sprachkreise die Rede vom Mittelalter als histori-sche Kategorie ohne jede Bedeutung ist – es sei denn als der Versuch, den byzantinischen, hebräischen und arabischen Kulturkreis in dasselbe westliche historiographische Narrativ einzuordnen.

Wie kann man diesen historiographischen Fallstricken entkommen? Wie kann man die Philosophiegeschichte eines langen Jahrtausends, das sich in allen Sprach- und Kulturkreisen in Kontinuität mit den antiken Traditionen sieht und diese bis weit in das 18. Jahrhundert hineinträgt, anders erzählen? Zu- nächst einmal durch den konsequenten Verzicht auf die „Mittelalterkategorie“!

Wie aber sieht dann die Geschichte dieses langen Jahrtausends aus? Welche neuen Perspektiven ergeben sich? Hierzu möchte ich anhand von Beispielen einige Vorschläge zur Diskussion stellen.

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Prof. Dr. Dr. h.c. Andreas Speer, geboren 1957 in Düsseldorf, studierte Philo- sophie, Katholische Theologie, Latein, Erziehungswissenschaften und Kunst-geschichte an der Universität Bonn und promovierte dort 1986 mit einer Arbeit zum Wahrheitsverständnis Bonaventuras. Nach dem zweiten Staatsexa-men war er 1988 Wissenschaftlicher Assistent am Thomas-Institut der Univer-sität zu Köln, an der er sich 1994 mit einer Arbeit zur Naturphilosophie im 12. Jahrhundert habilitierte. Von 1995–2000 war er als Heisenberg-Stipendiat der DFG u. a. Visiting Professor am Medieval Institute der University of Notre Dame (1996) und am Hoger Instituut voor Wijsbegeerte der Katolieke Univer-siteit Leuven (1999). 2000 erfolgte der Ruf auf ein Ordinariat für Philosophie an die Universität Würzburg, 2004 wurde er zum Professor für Philosophie und zum Leiter des Thomas-Instituts der Universität zu Köln berufen. Im Jahr 2005 erhielt er die Ehrendoktorwürde der St. Kliment Ohridski-Universität Sofia. Im Rahmen der Exzellenzinitiative leitet er seit 2012 die a.r.t.e.s. Graduate School for the Humanties Cologne. Andreas Speer ist Sprecher des Cologne Center for eHumanities (CCeH), Sprecher der AG eHumanities der Union der Akademien sowie Sprecher des Fachkollegiums Philosophie der DFG.

Andreas Speer leitet eine Reihe von größeren Forschungsprojekten am Tho-mas-Institut aus dem Bereich der mittelalterlichen Philosophie- und Wissen-schaftsgeschichte (u. a. zu Averroes, Durandus von St. Pourçain und Meister Eckhart). Er ist Herausgeber der Miscellanea Mediaevalia sowie der Studien und Texte zur Geistesgeschichte des Mittelalters, ferner Veranstalter der Kölner Mediaevistentagungen. Seine Forschungsschwerpunkte umfassen die Philoso-phiegeschichte des Mittelalters, das Verhältnis von Wissenschaftstheorie und Wissenschaftsgeschichte, ferner Fragen im Spannungsfeld von Epistemologie, Metaphysik und Theologie, sowie von Ästhetik und Kunstgeschichte.

Andreas Speer ist seit 2013 ordentliches Mitglied der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste.

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NM Mittwoch, 24.10.2018 um 15.30 Uhr, 594. Sitzung

Vortrag 1

Molecular Systems Engineering with DNAProf. Dr. Hendrik Dietz, München

Das Erschaffen von künstlichen molekularen Maschinen und Motoren ist eine ungelöste Herausforderung. Solche Maschinen könnten vielerlei Anwendun-gen finden, angefangen von der Katalyse chemischer Reaktionen bis zum Antrieb für Wirkstoff-Transporter. Ein zentrales Hindernis ist dabei die Schwie- rigkeit, ausreichend komplexe molekulare Strukturen zu konstruieren. Ein weiteres Problem betrifft ein unzureichendes Verständnis der notwendigen Mechanismen, um eine gewünschte Funktion zu erreichen. Derzeit konzen-triert sich Hendrik Dietz auf DNA als Konstruktionsmaterial und es gelingt damit zunehmend komplexere Objekte zu erzeugen, die bereits als Werkzeuge für Präzisionsmessungen in der biophysikalischen Grundlagenforschung verwendet werden können.

Prof. Dr. Hendrik Dietz hat an der LMU München in Physik diplomiert und anschließend an der TU München auf dem Gebiet der Biophysik promoviert. Nach einem zweijährigen Forschungsaufenthalt als Post-Doc an der Harvard Medical School kehrte er 2009 als außerordentlicher Professor an die TUM zurück. Seit 2014 ist er ordentlicher Professor und leitet das Labor für Bio-molekulares Design. Für seine Forschung erhielt Dietz mehrere Preise, u. a. den Gottfried-Wilhelm-Leibniz Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Seine Forschung zielt darauf ab, komplexe molekulare Strukturen zu konstru-ieren, mit dem Ziel molekulare Werkzeuge und Maschinen für verschiedene Zwecke zu erschaffen.

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Vortrag 2

Als die Erde grün wurdeProf. Dr. Hans Kerp, Münster

Die Besiedlung der Festländer ist eines der wichtigsten Ereignisse der Erdge-schichte. Erst etwa drei Milliarden Jahre nach der Entstehung des Lebens er- folgte die erste Besiedlung der Festländer. In der Nähe von Rhynie (Schott-land) ist eines der frühesten terrestrischen Ökosysteme überliefert. Der Rhynie Chert, eine Serie unterdevonischer Heißwasserquellablagerungen, enthält einige der ältesten anatomisch erhaltenen Fossilvergesellschaftungen. In diesem etwa 410 Millionen Jahre alten Gestein sind zahlreiche Pflanzen- und Tierreste erhalten, wobei oft alle zellulären Details und manchmal sogar noch Weichteile erhalten sind. Unterschiedliche Organismengruppen, darunter häufig die ältesten Vertreter ihrer Gruppe, sind aus dem Rhynie Chert nachge-wiesen worden. Pflanzen sind oft in Lebensstellung erhalten und die Verkiese-lung muss sehr rasch erfolgt sein. Der Rhynie Chert bietet damit eine Reihe einmaliger Momentaufnahmen der frühen Besiedlung des Festlandes. Lebens-zyklen und Wechselbeziehungen zwischen den verschiedenen Organismen-gruppen, darunter Cyanobakterien, Pilze, Gefäßpflanzen sowie Tiere mit ihrem abiotischen Umfeld können außergewöhnlich präzise rekonstruiert werden.

Prof. Dr. Hans Kerp wurde am 11. September 1954 in Venlo (Niederlande) geboren. Nach dem Abitur studierte er ab 1972 Geologie in Utrecht. Seine Diplomarbeit (1980) schrieb er über eine permische Flora aus dem Saar-Nahe-Bergland. 1986 folgte die Promotion über die Gattung Callipteris im europäi-schen Rotliegenden. Danach war er noch zwei Jahre Hochschuldozent für Paläobotanik und Kohlenpetrographie an der Universität Utrecht. Von 1989 bis 1990 war er als Research Associate am Department of Geology der Univer- sity of Pennsylvania in Philadelphia tätig. 1991 erhielt er einen Ruf auf eine Professur an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster, wo er seitdem die Arbeitsgruppe für Paläobotanik leitet. Seine breiten Forschungsinteressen umfassen spätpaläozoische und frühmesozoische Floren und deren Entwick-lung und Verbreitung in Raum und Zeit. Sein besonderes Interesse gilt struk- turbietenden Unterdevonfloren und Abdruckfloren in Kutikularerhaltung. Neben Schottland gehören Jordanien, China und der Südwesten der Vereinig-

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ten Staaten zu seinen Arbeitsgebieten. Er ist Mitglied verschiedener Editorial Boards, war von 1994 bis 2018 Herausgeber einer der führenden Zeitschriften auf dem Gebiet der Paläobotanik und Palynologie und ist momentan Vizeprä-sident der Paläontologischen Gesellschaft sowie Mitglied des Fachkollegiums für Geologie und Paläontologie der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

G Mittwoch, 07.11.2018 um 15.00 Uhr, 590. Sitzung

Vortrag 1

Regeln guter wissenschaftlicher Praxis – EntwicklungstendenzenProf. Dr. Wolfgang Löwer, Bonn

Regeln guter wissenschaftlicher Praxis sind als bewusster Verfahrensgegen-stand skandalgeboren, der Sache nach zu einem Teil aber weder neu noch Gegenstand rechtlicher Normierung, sondern Funktionsbedingungen der Wissenschaft. Zu einem anderen Teil müssen die Regeln gesetzlich geordnet werden, nämlich dann, wenn die Forschung Drittrechtsgüter für ihre Zwecke nutzt. Es bleiben allerdings noch Räume der Unklarheit. Sie betreffen u. a. Autorschaftsfragen, aber auch eher Vordergründiges wie die Autorschafts-reihung im Spiegel der verschiedenen Disziplinen, Probleme kumulativer Dissertationen und Habilitationen oder – völlig ungeklärt – die Frage nach der Wahrung der Regeln guter wissenschaftlicher Praxis im grenzüberschrei-tenden Zusammenhang.

Prof. Dr. Wolfgang Löwer legte 1971 seine Erste Juristische Staatsprüfung und 1975 die Zweite Juristische Staatsprüfung ab. 1978 wurde er an der Rechts-wissenschaftlichen Fakultät der Universität Bonn zum Thema „Staatshaftung für unterlassenes Verwaltungshandeln“ promoviert. Er habilitierte sich 1984 in Bonn und war von 1984 bis 1985 Professor an der Universität Münster. 1985 nahm er eine Professur an der Freien Universität Berlin an und wechselte 1990 auf eine Professur an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Dort war er von 1996 bis 1997 Dekan der Rechts- und Staatswissen-

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schaftlichen Fakultät und von 2004 bis 2009 Prorektor für Planung und Finanzen. Von April 2006 bis Mai 2014 war er Richter am Verfassungsgerichts-hof Nordrhein-Westfalen. Seit 2007 ist er Vorsitzender des Vorstandes der Stiftung zur Förderung des Wissenschaftsrechts und seit 2009 Vorstandsvorsit-zender der Bonner Universitätsstiftung. Seit 2011 ist er auch Präsident des Bundesverbandes Deutsche Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien e.V. Seit 2013 ist er Mitglied der Landtagskommission zur Reform der Landesverfas-sung.

Seit 2006 ist er ordentliches Mitglied der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste und wurde 2016 zum Präsidenten ge-wählt.

Vortrag 2

Die Grenzen einer pluralen Gesellschaft. Die polnisch-deutsche Migration ins Ruhrgebiet (1860–1950).Dr. Anne Friedrichs, Bielefeld (Junges Kolleg)

Die Flucht von Millionen Menschen aus Kriegsgebieten und Regionen großer Armut nach Europa und Nordamerika in den vergangenen Jahren hat die Thematik der Migration erneut in die Öffentlichkeit gerückt. Entgegen des häufig in der Tagespresse vermittelten Eindrucks, dass es sich hierbei um eine einzigartige Situation oder einen Ausnahmezustand handelt, sind große Migrationsbewegungen weder in Deutschland noch in Europa ein neuartiges Phänomen. Dies zeigt nicht zuletzt ein Blick auf die frühen polnisch-deutschen Zuwanderungen ins Ruhrgebiet seit Mitte des „langen“ 19. Jahrhunderts bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts. In historischer Perspektive wird deutlich, wie sich die Beziehungen zwischen den zuziehenden und den schon länger im Ruhrgebiet lebenden Menschen unter dem Eindruck eines zunehmenden Nationalismus wiederholt veränderten und die jeweiligen Differenzwahrneh-mungen das Zusammenleben und die gesellschaftliche Ordnung in dieser

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Region beeinflussten. Der Vortrag analysiert diese zeitgenössischen Beziehun-gen in der Zeit ab 1890 und nimmt dazu unterschiedliche Blickwinkel ein – von staatlichen und kommunalen Behörden, aber auch der verschiedenen Hinzu- und wieder Fortziehenden. Argumentiert wird, dass das Leben im Ruhrgebiet und die Informationen darüber, die in den Provinzialbehörden und in den Ministerien in Berlin kursierten, immer mehr auseinanderklafften und die allzu pauschalen Unterscheidungen zwischen „mobilen Polen“ und „einheimischen Deutschen“ letztlich dazu beitrugen, den Einfluss nationalisti-scher Bewegungen auf die politischen Entscheidungsprozesse zu vergrößern. Zugleich begünstigten Anliegen wie die Zurückdrängung des politischen Katholizismus die Rezeption von bestimmten Informationen, die in das bereits gefasste Bild passten. Mit der Frage polnisch-deutscher Zuwanderung wurden, so die Überlegung, also auch Grundfragen gesellschaftlicher Ordnung und die Zugehörigkeit von mobilen Menschen, aber auch das politische Gewicht unterschiedlicher Akteure und Institutionen verhandelt – Aspekte, deren Reflexion heute wieder dringlicher denn je erscheint.

Dr. Anne Friedrichs studierte Geschichte und Kulturwissenschaften an der Universität Leipzig, ferner zeitweise Politikwissenschaft sowie Stadt- und Raumplanung an der Universität Lumière Lyon 2 und am Institut d’études politiques in Lyon. Nach Aufenthalten an der Universität Cambridge und an der ENS in Paris wurde sie in Leipzig 2010 im Bereich Vergleichende Kultur- und Gesellschaftsgeschichte promoviert. Ihre Dissertation beschäftigte sich mit dem Verhältnis der britischen und französischen Geschichtswissenschaft zum Wandel der Kolonialreiche im 20. Jahrhundert und wurde 2012 mit dem Johannes Zilkens-Promotionspreis der Studienstiftung des deutschen Volkes ausgezeichnet. Es folgten Tätigkeiten in der Hochschulleitung der Leuphana Universität Lüneburg und Forschungsaufenthalte in Paris und in Warschau. Seit 2015 arbeitet sie an der Universität Bielefeld an ihrer Habilitation zum Thema „Migration und Vergesellschaftung jenseits des nationalen Paradigmas. Eine relationale Geschichte der Ruhrpolen, 1860–1950“, die durch die Deut-sche Forschungsgemeinschaft gefördert wird. Von 2018 an ist sie zudem am Leibniz-Institut für Europäische Geschichte (IEG) tätig und dort in das Schwer- punktprogramm „Mobilität und Grenzziehung“ eingebunden. Neben der historischen Mobilitäts- und Migrationsforschung liegen ihre Forschungs-schwerpunkte in den Bereichen der Historiographie- und Wissenschaftsge-schichte sowie der europäischen Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts.

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Anne Friedrichs ist seit 2016 Mitglied des Jungen Kollegs der Nordrhein- Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste.

NM Mittwoch, 14.11.2018 um 15.30 Uhr, 595. Sitzung

Vortrag 1

Hydrothermalquellen im äußeren Sonnen-system? Die Raumsonde Cassini erforscht den spektakulären Ozeanmond Enceladus.PD Dr. Frank Postberg, Heidelberg

Von 2004 bis 2017 erforschte die Raumsonde Cassini in einem Orbit das Saturnsystem. 2005 entdeckten die Instrumente der Sonde gewaltige Fontänen aus Eispartikeln und Gas auf dem Saturnmond Enceladus, die aus stark er- wärmten Rissen am Südpol des Mondes hunderte Kilometer in die Höhe schießen. Seitdem ist der kleine Eismond in den Focus der Planetenforschung gerückt. Es zeigte sich, dass ein Ozean, der sich unter dem –200°C kalten Eis- panzer verbirgt, die Quelle dieser „Cryo-Vulkane“ darstellt. Inzwischen geht man davon aus, dass es sogar heiße Gebiete am Grund des Ozeans gibt, ähnlich den Hydrothermalschloten am Grunde der irdischen Ozeane. In der kurzen Liste der Himmelskörper in unserem Sonnensystem, auf denen man Leben finden könnte, belegt Enceladus seit diesen Entdeckungen einen Spitzenplatz. Derzeit versucht man die organische Chemie am Grunde des Enceladusozeans zu ergründen und so der Frage nachzugehen, wie weit sich dort eine mögliche präbiotische Chemie entwickelt hat.

PD Dr. Frank Postberg studierte Chemie und Physik und leitet am Institut für Geowissenschaften der Universität Heidelberg die Forschungsgruppe „Raum-fahrtbasierte Planetologie“. Der Planetologe erforscht seit 2004 mit Cassini die Zusammensetzung der Eispartikel der Enceladus Eisvulkane, hat aber auch fundierte Einblicke in die neuesten Resultate anderer Forscherteams. Im Jahre 2017 erhielt Dr. Postberg einen Consolidator Grant des European Research

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Council (ERC), um gezielt die Habitabilität von Ozeanmonden im Sonnensys-tem zu untersuchen. Neben der Erforschung von Enceladus bereitet sich seine Gruppe derzeit auf zukünftige NASA und ESA Missionen zu den Ozeanmon-den Europa und Ganymed des Planeten Jupiter vor, die in den 2020er Jahren ihr Ziel erreichen sollen.

Vortrag 2

Vernetzte molekulare Schalter und Maschinen – Auf dem Weg zu smart mixturesProf. Dr. Michael Schmittel, Siegen

Was ist Leben? Von Aristoteles über Schrödinger und Prigogine haben große Geister diese zentrale Frage der Menschheit aus dem Blickwinkel der Natur-wissenschaften reflektiert und unterschiedliche Paradigmen phrasiert, aller-dings immer unter dem Eindruck der auf der Erde vorfindbaren Lebensformen. Keine dieser Definitionen hat jedoch die Stringenz wie die großartige bioky-bernetisch substantiierte Begriffsbestimmung von Korzeniewski (2001) und ihre gedankliche Erweiterung von Bielecki (2015): Leben ist ein Netzwerk aus regulatorischen Mechanismen, das fern des thermochemischen Gleichge-wichts seine dissipative Struktur im Austausch mit der Umgebung aufrechter-hält, sich reproduziert und zu höherer Ordnung strebt. Vereinfacht und anders ausgedrückt entsteht Leben aus dem Ablauf eines molekularen Computer-Programms, dessen Befehlssequenzen von einem autonom operierenden und robusten regulatorischen Netzwerk komplexer Biomoleküle (smart mixture) ausgeführt werden.

Die Definition von Korzeniewski eröffnet viele zukunftsweisende Fragestellun-gen. Gibt es künstliches Leben? Wie müsste ein artifizielles molekulares Ensemble aussehen, um die Minimalanforderung an ein lebendes System zu erfüllen? Gibt es einen kontinuierlichen Übergang von lebenden zu nicht lebenden Systemen? Diese Fragen führen uns über die Systembiologie zur Systemchemie und leiten damit über zur Kybernetik artifizieller molekularer Systeme. Wo stehen wir in dieser Entwicklung? Was sind die Voraussetzungen

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für autonom agierende molekulare Mischungen? In unseren Arbeiten zu vernetzten molekularen Schaltern und Maschinen „übersetzen“ wir die Grundelemente der technischen Kybernetik (Homeostat, Effektor, etc.) in molekulare Bausteine und versuchen, den Informations-, Energie- und Materialaustausch zwischen Systemen und der Umgebung regulatorisch zu lösen.

Prof. Dr. Michael Schmittel studierte Chemie an der Universität Freiburg. Dort wurde er 1980 diplomiert und hat 1981 das Diplom der französischen Sprache und Zivilisation an der Sorbonne/Paris erhalten. 1985 wurde er an der Universität Freiburg promoviert und war von 1985 bis 1987 Postdoctorand an der University of Rochester/USA. 1992 habilitierte er sich in der Organischen Chemie an der Universität Freiburg. Von 1993 bis 1999 hatte er eine C3- Professur an der Universität Würzburg inne. Seit 1999 ist er C4-Professor an der Universität Siegen. Außerdem ist er seit 2005 Sprecher der DFG-Forschungs-gruppe „Lap on Micro-Chip“ und ebenfalls seit 2005 Geschäftsführender Direktor des Forschungszentrums für Micro-/Nanochemie und -technologie. Seit 2007 ist er Sprecher des Forschungs- und Lehrkollegs „Heterosensoren“. Von 2009 bis 2010 war er Dekan des Fachbereichs 8, bis Februar 2011 außer-dem Department-Sprecher.

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IW Donnerstag, 21.11.2018 um 15.30 Uhr, 115. Sitzung

Vortrag 1

Antriebssysteme für zukünftige PKW – Lösungsvielfalt im Spannungsfeld von ge-setzlichen, ökonomischen und ökologischen Randbedingungen.Prof. Dr. Stefan Pischinger, Aachen

Die weltweite Verschärfung der zukünftigen CO2-Emissionsgrenzwerte zur Erreichung der gesetzten Klimaziele und die Anforderungen an eine Verringe-rung der Schadstoffemissionen erfordern hocheffiziente Antriebskonzepte für PKW. Weiterhin ist ein neuer Testzyklus (WLTC) eingeführt worden und die Schadstoffemissionen werden mittlerweile im realen Fahrbetrieb im Straßen-verkehr (RDE) ermittelt.

Um unter diesen Randbedingungen die Zielsetzungen zu erreichen, bieten sich verschiedene Lösungsansätze, die in der Automobilindustrie verfolgt werden. Konventionelle Antriebsarchitekturen mit Diesel- und Ottomotoren weisen immer noch hohe Weiterentwicklungspotenziale auf, sodass Wirkungs-grade von > 50%, vor allem in Kombination mit einer Hybridisierung, mög-lich werden. Die Nutzung synthetisch hergestellter Kraftstoffe aus sogenann-ten „Power-2-X“ Verfahren erlaubt weitere signifikante Einsparungen der Treibhausgasemissionen.

Mit batterieelektrischen Fahrzeugen kann eine lokal emissionsfreie Mobilität bereitgestellt werden und der Betrieb von Elektrofahrzeugen erzeugt insbeson-dere in Verbindung mit regenerativ produziertem Strom deutlich weniger CO2-Emissionen als vergleichbare konventionelle Antriebe. Energiedichten von zukünftig ~300Wh/kg bei Batteriekosten von ~100€/kWh werden die Attraktivität dieser Antriebskonzepte weiter steigern. Allerdings sind Frage-stellungen bezüglich der elektrischen Energieversorgung, die Notwendigkeit

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der Speicherung von großen Energiemengen sowie der Ausbau einer Lade-infrastruktur noch offene Herausforderungen, die zukünftig in der Forschung und Entwicklung gelöst werden müssen.

Einen dritten Lösungsansatz stellen Brennstoffzellenfahrzeuge dar. Auch hier ist die Thematik der Infrastruktur eine entscheidende Herausforderung für die Akzeptanz dieser Technologie. Darüber hinaus sind diese Antriebskonzepte noch verhältnismäßig kostenintensiv.

Prof. Dr. Stefan Pischinger, geboren 1961 in Graz, Österreich, beendete im August 1985 sein Studium (Fachrichtung Maschinenbau) an der RWTH Aachen. Von 1985 bis 1989 arbeitete er als wissenschaftlicher Assistent am Sloan Automotive Laboratory, M.I.T. 1989 promovierte er mit dem Thema „Untersuchung des Einflusses der Zündkerzengestaltung auf die Flammen-kernbildung und Verbrennung im Ottomotor“. Von 1989 bis 1997 belegte er diverse Positionen sowohl im Diesel- als auch im Ottomotorbereich bei Daimler-Benz (heute: Daimler). Seit 1997 ist er Direktor des Institutes für Thermodynamik der RWTH Aachen und Inhaber des Lehrstuhls für Verbren-nungskraftmaschinen. Gleichzeitig wurde Professor Stefan Pischinger 1997 in die Geschäftsführung der FEV, Aachen berufen; seit April 2003 bekleidet er dort die Position des Vorsitzenden der Geschäftsführung und ist als solcher für die komplette FEV Gruppe verantwortlich.

Seit 2010 ist er Mitglied der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissen-schaften und der Künste.

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Vortrag 2

Mehrskalige nichtlineare Modellierung von carbonfaserverstärkten VerbundwerkstoffenDr. Jaan-Willem Simon, Aachen (Junges Kolleg)

Stetig steigende Anforderungen an die Wirtschaftlichkeit von Konstruktions-elementen im Leichtbau erfordern immer häufiger den Einsatz von hochbe-lastbaren Faserverbundbauteilen, die aus textilen Geweben von Carbonfasern bestehen, welche in eine Kunststoffmatrix eingebettet sind. Um dabei eine möglichst hohe Werkstoffausnutzung realisieren zu können, ist es notwendig, das Materialverhalten und die sich einstellenden Versagensmechanismen hinreichend genau zu beschreiben. Dazu wird ein Materialmodell entwickelt, das einerseits die intrinsische Mikrostruktur des Werkstoffs berücksichtigt und andererseits effizient genug ist, um in praktischen Problemstellungen mit realistischen Größenordnungen anwendbar zu sein. Dabei stellt die Berück-sichtigung des Schädigungsverhaltens, der ausgeprägten Anisotropie sowie der Heterogenität des Materials und die konsistente Abbildung der Wechsel-wirkung zwischen Fasern und Matrix eine große Herausforderung dar.

Dr. Jaan-Willem Simon, Jahrgang 1979, studierte an der TU Berlin die Studi-engänge Bauingenieurwesen und Physikalische Ingenieurwissenschaft. Beide Diplomarbeiten fertigte er 2005 während eines Auslandsemesters am Massa-chusetts Institute of Technology (MIT) an. Nach dem Studium ging er an die RWTH Aachen, wo er von 2006 bis 2011 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Allgemeine Mechanik (Fakultät für Maschinenwesen) arbeitete und 2011 promovierte. Nach der Promotion wechselte er innerhalb der RWTH Aachen zum Institut für Angewandte Mechanik (Fakultät Bauingenieurwesen), wo er seither als Oberingenieur und Leiter der Forschungsgruppe „Verbund-werkstoffe und Verbundstrukturen“ tätig ist. Als Gastwissenschaftler war er 2014 am NASA Glenn Research Center in Cleveland sowie in den Jahren 2015, 2016 und 2017 jeweils im Sommer an der Columbia University in New York tätig. Darüber hinaus erhielt er 2017 einen Ruf der TU Wien auf eine Universi-tätsprofessur für Leichtbau, den er ablehnte. Im Februar 2018 habilitierte er sich im Fach Mechanik.

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G Mittwoch, 05.12.2018 um 15.00 Uhr, 591. Sitzung

Vortrag 1

Bonner Rektoratsreden 1818–2018. Zweihundert Jahre Universitätsgeschichte im Spiegel einer QuellengattungProf. Dr. Dominik Geppert, Bonn

Details zum Vortrag lagen bei Redaktionsschluss noch nicht vor.

Prof. Dr. Dominik Geppert studierte von 1990 bis 1996 Geschichtswissen-schaft, Philosophie und Teilgebiete des Rechts an der Albert-Ludwigs-Univer-sität in Freiburg und der Freien Universität Berlin. Von 1996 bis 2000 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der FU Berlin und wurde dort im Jahr 2000 promoviert. Von 2000 bis 2005 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Historischen Institut in London. 2006 habilitierte er sich mit einer Arbeit über Öffentlichkeit und Diplomatie in den deutsch-britischen Bezie-hungen vor dem Ersten Weltkrieg an der FU Berlin. Von 2006 bis 2007 erhielt er ein Heisenberg-Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft und hatte von 2007 bis 2008 eine Lehrstuhlvertretung an der Philipps-Universität Marburg. Seit 2010 ist er Professor für Neuere und Neueste Ge- schichte an der Philosophischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Er ist seit 2013 zusammen mit Hans-Peter Schwarz Herausgeber der „Rhöndorfer Ausgabe“. Seit 2014 ist er Gründungsvorsitzender der Arbeitsge-meinschaft „Internationale Geschichte“ im Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands.

Prof. Dr. Dominik Geppert ist seit 2015 ordentliches Mitglied der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste.

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Vortrag 2

Eine missverstandene Dichotomie? Masse und Zählbarkeit in afrikanischen Varietäten des EnglischenDr. Susanne Mohr, Bonn (Junges Kolleg)

Die Dichotomie von Masse und Zählbarkeit ist ein in verschiedenen Diszipli-nen wie der Philosophie, Psychologie und Sprachwissenschaft kontrovers diskutiertes Thema. Sie gibt potenziell Aufschluss darüber, wie sich die Be- schaffenheit unserer Umwelt in Form von Objekten und Substanzen (und wiederum deren materielle Zusammensetzung) in sprachlichen und kogniti-ven Strukturen widerspiegelt. In sprachlicher Hinsicht spielt neben einer semantisch-ontologischen Dimension auch die Morphosyntax eine wichtige Rolle. So wird in verschiedenen Sprachen die semantisch-konzeptuelle Unter- scheidung in zählbare und Massennomina, die unabhängig von der Mutter-sprache vorgenommen wird, auf grammatischer Ebene unterschiedlich kon- struiert. Dies wirkt sich besonders auf den Zweit- und Fremdsprachenerwerb aus und schlägt sich im nicht muttersprachlichen Englisch als nicht standardi-sierte Pluralmarkierung („Fehler“), wie z. B. *furnitures, *informations, nieder.

Die jüngste Forschung zu den Varietäten des Englischen weltweit zeigt, dass dieses Phänomen auch in afrikanischen Varietäten eine entscheidende Rolle spielt. Der Vortrag diskutiert nicht-standardisierte Pluralmarkierungen im tansanischen und ghanaischen Englisch aus kognitiv-semantischer Perspektive. Der Fokus liegt dabei auf sogenannten „Objekt-Massennomina“, die seman-tisch zählbar konstruiert sind, jedoch grammatisch wie Massennomina mar- kiert werden. Er trägt damit zur Kontroverse über eine Dichotomie versus einem Kontinuum von Masse und Zählbarkeit bei.

Dr. Susanne Mohr, Jahrgang 1983, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Anglistik, Amerikanistik und Keltologie der Universität Bonn. Von 2003 bis 2007 absolvierte sie ihr Studium der Englischen Sprach- und Literatur-wissenschaft sowie der Romanischen Sprachwissenschaft an der RWTH

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Aachen. 2008 wurde sie als Stipendiatin in die a.r.t.e.s. Graduate School for the Humanities Cologne aufgenommen und promovierte 2011 in Kooperation mit dem Centre for Deaf Studies des Trinity College Dublin zum Thema Mouth Actions in Irish Sign Language – Their System and Functions. Seit 2012 über-nahm sie Lehrtätigkeiten an den Universitäten Köln, Düsseldorf, Duisburg-Essen, Münster und Koblenz-Landau, bis sie 2013 ihre Stelle in Bonn antrat. Dort habilitiert sie zu Numerus und Zählbarkeit in afrikanischen Varietäten des Englischen. Dafür und für andere Forschungsprojekte führte sie Feldfor-schungen in Botswana, Südafrika, Tansania und Ghana durch, welche z. B. vom DAAD und der Fritz Thyssen Stiftung gefördert wurden.

NM Mittwoch, 12.12.2018 um 15.30 Uhr, 596. Sitzung

Vortrag 1

Die Grenzen des Sichtbaren erweitern: Induzierte Gewebsfluoreszenz und die Be-deutung für die Chirurgie von HirntumorenProf. Dr. Walter Stummer, Münster

Maligne Gliome sind die häufigsten Hirntumore und trotz einer Kombination von Chirurgie, Radio- und Chemotherapie mit einer schlechten Prognose behaftet. Die Operation dieser Tumore wird einerseits durch das Ziel erschwert, wichtige Hirnfunktionen durch die Entfernung nicht zu beeinträchtigen, andererseits dadurch, dass vitales Gliomgewebe normalem Hirngewebe sehr ähnelt. Diese Aspekte führten über Jahrzehnte zu insuffizienten Resektionen und zur Ansicht vieler Neurochirurgen, dass die Chirurgie für die Therapie der malignen Gliome keine Rolle spielt.

Wir widmeten uns über Jahre der Aufgabe, die intraoperative Erkennbarkeit und damit die Resektabilität der Gliome zu verbessern, aber gleichzeitig wissenschaftlich zu belegen, dass die Chirurgie Patienten nutzt.

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Ausgangspunkt war der Nachweis, dass der Hämmetabolit 5-Aminolävulinsäu-re (ALA) über Enzyme der Hämbiosynthese in malignen Gliomzellen zur Akkumulation eines fluoreszierenden Moleküls, Protoporphyrin IX, führt. Durch in vitro, in vivo und klinische Untersuchungen konnten wir belegen, dass sich hiermit Gliomgewebe im Gehirn besser identifizieren und diese Information für radikalere Resektionen nutzen lässt. Mittels klinischer Dosiseskalations-, spektrographischer und histologischer Untersuchungen ließ sich die optimale Dosis von ALA identifizieren und die visuelle Auflösung eruieren. Eine konfirmatorische Phase III Studie mit Nachweis des Patienten-nutzens mündete nicht nur in einer Europäischen (EMA, 2007) und später amerikanischen (FDA, 2017) Zulassung, sondern veränderte das Verständnis des Wertes der Chirurgie bei malignen Gliomen.

Das Phänomen der Porphyrinakkumulation wird seither für andere Tumorar-ten innerhalb und außerhalb des Gehirns für die Tumoridentifizierung untersucht. Im Sinne eines theragnostischen Ansatzes lassen sich die induzier-ten, photosensibilisierenden Pophyrine auch für die sogenannte photodyna-mische Therapie einsetzen, die nun ebenfalls Gegenstand einer prospektiven, randomisierten Studie unserer Gruppe geworden ist.

Prof. Dr. med. Walter Stummer wurde 1964 geboren. Er studierte Medizin an der Ludwig-Maximilians-Universität in München, und promovierte unter Alexander Baethmann am dortigen Institut für Chirurgische Forschung (Direktor Konrad Messmer) im Bereich der experimentellen zerebralen Ischämie. Nach seiner Zeit als Arzt im Praktikum in der Neurochirurgie der LMU, Klinikum Großhadern (Direktor: Hans-Jürgen Reulen), verbrachte er ein Forschungsjahr an der University of Michigan (Crosby Neurosurgical Labortories, Direktor Lorris Betz) im Rahmen eines Stipendiums des National Institute of Health (1992–1993). Seine Weiterbildung zum Neurochirurgen absolvierte er unter Prof. Hans-Jürgen Reulen, wieder am Klinikum Großhadern. Facharztprüfung und Habilitation erfolgten 2000, 2003 der Wechsel an die Universität von Düs-seldorf als stellvertretender Direktor der Neurochirurgischen Klinik. 2009 erhielt er den Ruf an die Westfälische-Wilhelms Universität Münster auf den Lehrstuhl für das Fach Neurochirurgie. Seit 2016 ist er Präsident der Deut-schen Gesellschaft für Neurochirurgie, der wissenschaftlichen Fachgesellschaft seines Faches. Für seine wissenschaftliche Arbeit wurden ihm verschiedene Preise verliehen, u. a. der Amerikanischen Gesellschaft für Neurochirurgie

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(AANS) und der Weltgesellschaft für Neurochirurgie (WFNS). Er engagiert sich stark für die strukturierte Neuro-Onkologie und in der chirurgischen neuro-onkologischen Forschung. Er war Sprecher der Neuro-Onkologischen Arbeits-gruppe der Deutschen Krebsgesellschaft von 2013 bis 2016. Er arbeitet als Gutachter im Editorial Board namhafter, neurochirurgischer Zeitschriften.

Vortrag 2

Magnetische Nanoteilchen – Feldinduzierte Orientierung und MagnetisierungDr. Sabrina Disch, Köln (Junges Kolleg)

Magnetische Nanoteilchen und Nanostrukturen weisen aufgrund ihrer magnetischen Eigenschaften eine große Relevanz für technologische Anwen-dungen auf, z. B. in der Datenspeicherung, Sensorik oder in medizinischen Anwendungen wie magnetischer Hyperthermie oder bildgebenden Verfahren. Trotz fortschreitenden anwendungsbezogenen Einsatzes magnetischer Nanomaterialien sind grundlegende Fragestellungen nach wie vor ungeklärt, wie etwa die mikroskopische Wechselwirkung zwischen nanoskaligen magne-tischen Einheiten oder die Entwicklung magnetischer Nanoteilchen mit maßgeschneidertem Magnetisierungsrelaxationsverhalten.

Unsere Herangehensweise an solche Fragestellungen liegt im skalenübergrei-fenden Verständnis von Magnetismus und Magnetisierungsdynamik in nanostrukturierten Materialien. So untersuchen wir auf der atomaren Skala die Spinstruktur magnetischer Nanoteilchen und auf der Nanoskala die Variation der lokalen Magnetisierung vom Innern zur Oberfläche sowie an Grenzflächen. Über die feldinduzierte Reorientierung kolloidaler magneti-scher Nanoteilchen in Lösung optimieren wir deren Selbstorganisation zu hochgeordneten Anordnungen mit direktionaler Anisotropie und nutzen diese als Modellsysteme zur Untersuchung gerichteter Partikel-Partikel Wechselwir-kungen. Dabei setzen wir eine Kombination aus Synchrotron-Röntgenstrah-lung und polarisierten Neutronen als Sonde für die orts- und zeitaufgelöste Magnetisierung ein.

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Dr. Sabrina Disch , Jahrgang 1981, ist Nachwuchsgruppenleiterin im Depart-ment für Chemie der Universität zu Köln. Sie studierte Chemie mit den Schwer- punkten Festkörperchemie und Kristallographie an der Universität zu Köln und promovierte im Jahr 2010 an der RWTH Aachen. Ihre im Institut für Festkörperforschung (heute Jülich Centre for Neutron Science) des Forschungs- zentrums Jülich erarbeitete Dissertation befasst sich mit der Spinstruktur in magnetischen Nanoteilchen und magnetischen Nanostrukturen. Nach Post-doc-Aufenthalten an der University of Oregon (USA) und der Université Libre de Bruxelles (Belgien) wechselte sie 2012 als Marie-Curie Fellow an das Institut Laue-Langevin in Grenoble (Frankreich). Seit 2014 etabliert sie ihre unabhängige Nachwuchsgruppe an der Universität zu Köln, unterstützt durch ein Liebig-Stipendium des Fonds der chemischen Industrie sowie seit 2015 im Emmy-Noether Programm der DFG. Für ihre Arbeiten wurde sie im Jahr 2017 mit dem Max Delbrück-Nachwuchspreis der Universität zu Köln ausgezeichnet.

Sabrina Disch ist seit 2017 Mitglied des Jungen Kollegs der Nordrhein-Westfä-lischen Akademie der Wissenschaften und der Künste.

Vortrag 3

Das menschliche Gesicht und die Bedeutung nicht-kodierender Genomabschnitte für seine Entwicklung.Dr. Kerstin U. Ludwig, Bonn (Junges Kolleg)

Der Entstehungsprozess des menschlichen Gesichts ist auf der einen Seite charakterisiert durch im Genom kodierte, evolutionäre Prozesse, zum anderen führen Variationen zur Ausprägung unserer individuellen Gesichtsmuster. Bei etwa 1 von 600 Neugeborenen tritt eine Fehlbildung des Gesichts auf, eine „orofaziale Spalte“ (orofacial clefting, OFC). Dabei unterscheidet sich die OFC-Prävalenz zwischen Bevölkerungen ebenso wie die genaue Ausprägung des Phänotyps in einzelnen Patienten. Mehr als die Hälfte der Patienten weisen keine weiteren Symptome auf, die indikativ für ein übergeordnetes Syndrom sein könnten. Die Patienten-Versorgung umfasst einen langjährigen,

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interdisziplinären Ansatz, und trotz chirurgischer Fortschritte hat die OFC weiterhin einschneidende Folgen für die Gesundheit und sozialer Integration der Betroffenen. Zusätzlich ist die OFC in Ländern mit unzureichender ärztlicher Versorgung noch immer ein Hauptgrund frühkindlicher Morbidität.

Im Fokus des Vortrags steht die molekularbiologische Forschung zu den genetischen Ursachen der OFC. In den letzten Jahren kam es hier durch rasante technologische Entwicklungen zu bedeutsamen Durchbrüchen: Eine Vielzahl von genetischen Risiko-Regionen für die nicht-syndromalen OFC-Formen konnte identifiziert werden, wobei besonders die Verfügbarkeit großer Kohorten und präziser klinischer Daten hilfreich waren. Die Mehrheit dieser assoziierten Regionen liegt in nicht-kodierenden Bereichen des huma-nen Genoms, deren Funktion nur unzureichend geklärt ist. In Bezug auf die Gesichtsentwicklung besteht im frühen embryonalen Zeitpunkt der relevanten molekularen Prozesse eine zusätzliche Herausforderung bei der Übersetzung der genetischen Befunde in funktionelle Erkenntnisse. Es werden jedoch zunehmend Strategien entwickelt, die diesen Nachteil ausgleichen können. Diese Ansätze, welche sowohl bioinformatische Methoden als auch Ansätze der Stammzelltechnologie, neueste Sequenziermethoden und Genomeditie-rung im Tiermodell umfassen, werden in ihrer Gesamtheit zu einem besseren Verständnis der Biologie der normalen Gesichtsentstehung und der bei fazialen Erkrankungen veränderten Prozesse führen.

Dr. Kerstin Ludwig, Jahrgang 1981, absolvierte zunächst ein naturwissen-schaftliches Grundstudium an der TU Dresden, gefolgt von einem Hauptstudi-um an der Ecole Superieure de Biotechnologie in Strasbourg, Frankreich. Im Rahmen dieses Studiums der „Molekularen Biotechnologie“ verbrachte Kerstin Ludwig längere Zeit im Ausland, u.a. in Uppsala (Schweden), Basel (Schweiz) sowie Toronto (Kanada), wo sie ihre Diplomarbeit im Bereich der Medizini-schen Genetik anfertigte. Nach Abschluss des Studiums promovierte sie an der Universität Bonn zum Thema „Genetik der Dyslexie“, bevor sie im Bereich der Genetik angeborener Fehlbildungen ihre Post-Doc-Phase absolvierte. Zwischen 2013 und 2016 baute Kerstin Ludwig neben ihren Forschungsaufga-ben die Next-Generation Sequencing Facility des Universitätsklinikums Bonn auf. Im Jahr 2016 wurde Kerstin Ludwig in das Emmy-Noether-Nachwuchs-programm der DFG aufgenommen und leitet jetzt am Institut für Humangene-tik Bonn eine eigene Arbeitsgruppe der „Kraniofazialen Genomik“.

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ImpressumHerausgeberNordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der KünstePalmenstraße 1640217 DüsseldorfTel. 0211 61734-0Fax 0211 [email protected]

Redaktionsschluss: 01. April 2018. Aktuelle Informationen zu nachträglichen Programmänderungen finden Sie im Internet unter www.awk.nrw.de.

RedaktionEsther Polito, Birgit Haneklaus, Bernhard Scharfenberger

GestaltungAtelier für Mediengestaltungwww.afm-koeln.de

BildnachweisAndreas Endermann

Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk sowie einzelne Teile desselben sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ist ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Heraus-gebers nicht zulässig.

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