OBERLINER August

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Dass es frisch gebackene Geisteswissenschaftler nicht unbedingt leicht haben, in Berlin einen passenden Job zu finden, dürfte mittlerweile weitestgehend bekannt sein. Schuld daran ist allerdings nicht ein Mangel an verlockenden Angeboten, sondern vielmehr die im- mense Nachfrage. In meinem Bekanntenkreis höre ich es munkeln, dass sich auf eine Stelle nicht selten weit mehr als hundert Leute bewerben. Umso erfreuli- cher ist es daher, wenn man mit Anschreiben und Lebenslauf überzeugen konnte und zu einem Vorstel- lungsgespräch eingeladen wird. Nur leider entwickeln sich diese Gespräche mitunter anders als erwartet. Ein Café in der Kastanienallee. 14 Uhr. Ich habe einen Termin zu einem Vorstellungsgespräch für ein Volo- ntariat mit den Chefinnen einer kleinen Agentur, die sich auf Film-PR spezialisiert hat. Leider ist mir nicht bekannt, wie die beiden Frauen eigentlich aussehen und steuere daher als erstes auf einen Tisch zu, an dem sich zwei ältere Damen unterhalten. Verunsichert frage ich, ob sie mit mir zu einem Gespräch verabredet sind. Sie verneinen lächelnd. Da das Café ansonsten übersichtlich leer ist und meine Gesprächspartnerin- nen offensichtlich noch nicht da sind, setze ich mich an die Bar und plaudere ein wenig unbeholfen mit der Bedienung über mein bevorstehendes Vorstel- lungsgespräch. Ich bin nervös. Es ist bereits 14.10 Uhr als die beiden Frauen von der Agentur durch die Tür treten, zielsicher auf mich zukommen und mich nach einer kurzen Begrüßung zu einem Tisch am Fenster bitten. Wir bestellen etwas zu trinken und ich frage mich insgeheim, ob ich dafür eigentlich selbst aufkommen muss. Scheinbar erraten sie meine Gedanken, und stellen klar, dass es sich hierbei um eine Einladung handelt. Das anschließende Gespräch beginnt wie ein gewöhn- liches Vorstellungsgespräch. Ich erzähle etwas über mich, sie erzählen etwas über sich und ihre Agentur, die nur aus einem Zimmer bestehe und daher nicht für einen Termin wie diesen geeignet sei, da sonst die anderen Mitarbeiter gestört würden. Dann gehen sie näher auf meinen zukünftigen Tätigkeitsbereich ein und stellen mir Fragen, die darauf hinauslaufen, zu erfahren, ob ich mich diesen Aufgaben gewachsen fühle. Ich bin souverän, ich lächle, ich verbrenne mir die Zunge an meinem heißen Milchcafé. Nachdem die wesentlichsten Punkte besprochen wurden und ich frohen Mutes bin, erfahre ich, dass das Volontariat ausschließlich unter der Voraussetzung eines vorher absolvierten Praktikums bei ihnen begonnen werden kann. Dieses soll nach Kenntnisstand des Bewerbers drei bis sechs Monate dauern und mit 250 Euro im Monat vergütet werden. Arbeitsaufwand 40 Stunden die Woche. Ich schlucke. Von 250 Euro könnte ich nicht einmal meine Miete bezahlen. Also antworte ich ihnen ehrlich, dass ich von diesem Gehalt nicht leben kann. Ich blicke in unerwartet finstere Gesichter. Plötzlich spricht die eine Chefin, die auch schon zuvor nicht allzu viel gesagt hat, kein Wort mehr. Die Andere hingegen wirkt bemüht, es mir zu erklären. So diene das Praktikum vor allem dazu, herauszufin- den, ob man eigentlich zusammenpasst und ob der PR-Bereich wirklich das richtige Arbeitsfeld für den zukünftigen Volontär ist. Ich heuchle Verständnis, ärgere mich aber insgeheim über diese fadenschei- nigen Ausreden. Probezeiten gibt es schließlich in jedem Beruf, dazu muss man nicht ein Praktikum voransetzen. Sie erzählt mir, dass sie die Volontäre nach Beendigung des Volontariats, das mit 1.500 Euro im Monat vergütet sei, außerdem gern weiterhin als feste Mitarbeiter beschäftigen wollen und sie sich folglich bereits im Vorfeld absolut sicher mit ihrem Wunschkandidaten sein möchten. Ich frage sie, wie viele Festangestellte sie haben. Keine. Ich trinke schneller. Zum Abschied reicht mir die Schweigsame kühl die Hand und sagt, sie würden sich dann in Kürze bei mir melden. Die Andere tätschelt mir liebevoll den Arm und fragt, ob ich jetzt auch gehen würde. Ich antworte ihr, dass ich noch austrinken müsse. Sie lacht. Als die Beiden verschwunden sind, sacke ich auf meinem Stuhl zurück und ärgere mich über das Gespräch. Ich bin eine fertig ausgebildete Akademikerin mit einem passablen Abschluss und einiger absolvierter Praktika, und sie verlangen als Voraussetzung für ein Volontariat ein Vollzeitpraktikum zu einem Hungerlohn. Ich trinke aus und ziehe mich an. ganzer Artikel auf: tinyurl.com/neulichj Berliner Ampelmänner in Tokio Seite 5 OBERLINER.DE OBERLINER Ist ... ... ein Lokalmagazin für Berlin, das die Leute dieser Stadt gemeinsam gestalten und das dabei vor allem das soziale Leben der Stadt beleuchtet. Wie der Name verrät - “O” steht für Online - lebt dieses Magazin hauptsächlich im Internet, auf www.oberliner. de. Aber um Leute wie dich zu erreichen, geben wir nun auch die Druckversion heraus, die du gerade in der Hand hältst. Jeden Monat drucken wir eine Auflage und verteilen sie in den verschiedensten Ecken der Stadt. Du wunderst dich vielleicht über die kleine Größe von OBERLINER - Damit wollen wir ausprobieren und zeigen, wie solch ein Projekt auch mit einem minimalem Aufwand materieller Ressourcen verbreitet werden kann. Gefällt dir diese Idee? Nichts freut uns mehr als dass du Teil davon wirst! Du kannst dich unserem Team anschließen oder einfach einen Artikel über irgend ein soziales Thema des Le- bens in Berlin schreiben, Fotos posten oder der Stadt deine Meinung geigen. Unter www.oberliner.de/machmit erfährst du, wie. Seite 6 OBERLINER.DE Neulich beim Vorstellungsgespräch... Schicke uns deinen Artikel oder deine Fotoserie an: [email protected] Teile Lieblingsfotos aus deinem Leben in Berlin auf: 360.oberliner.de Rufe es raus in die Stadt durch ein Post auf unsere Pinnwand: puls.oberliner.de Unten findest du Werbeanzeigen der Unterstützer, die uns helfen, die Kosten für die Produktion und den Druck von OBERLINER zu finanzieren. Willst auch du deine Anzeige hier und auf unserer Webseite sehen bzw. möchtest unser Projekt unterstützen? Unter www.oberliner.de/anzeigen oder über 030 545 988 20 erfährst du mehr. Copyshop Warschauerstr Warschauerstr. 36 10243 Berlin Tel: 030 545 988 20 Fax: 030 545 988 22 Email: [email protected] Web:www.copyshopwarschauerstr.de Die einzigartigen und niedlichen Ampelmännchen – viele der Menschen, die einmal Berlin besucht haben, müssten sich an sie erinnern. Wie beeindruckend sie sind? Jedenfalls beeindruckend genug, um es bis nach Tokio zu schaffen. In Shibuya, einem der geschäft - igsten Bezirke Tokios, öffnete im April der zweite Ampelmann-Laden der Stadt und folgte damit dem Geschäft in Shirokane-Takanawa, das bereits im Jahr 2010 seine Pforten geöffnet hat. Tokio ist eine vielfältiger Stadt und die ebenso un- terschiedlich sind die Menschen, die in diesen Läden einkaufen: In Shibuya sind die Mehrheit der Kunden Frauen in ihren 20er und 30er Jahren, während Shi- rokane-Takanawa, eine wohl eher schickere Gegend, eine größere Bandbreite an Leuten anzieht, Männer und Frauen von 30 bis 60 Jahren. Die Gemeinsamkeit der beiden Läden jedoch ist, dass deren meisten Käufer riesige Ampelmann-Fans sind und dass sie etwas Cooles verfolgen, das aber noch nicht allzu bekannt ist. Auch wenn Shibuya immer eher unter jungen Leuten bekannt gewesen ist, zieht es nun aufgrund der jüngsten Verbesserung der Bahnverbind- ungen zur Stadt noch mehr Menschen an. Das war auch der Grund, warum in diesem Gebiet die zweite Filiale des Geschäfts geöffnet hat. Dort, wo die Cat Street beginnt – ein Bürgersteig, der für seine kleinen modischen Läden und Restaurants berüchtigt ist – erregen die farbenfrohe Fasade des Ampelmann- Ladens Tokyo Shibuya und die niedlichen Buchstaben die Aufmerksamkeit der Leute. Wenn du den Laden schließlich betrittst, begrüßen dich die Verkäufer mit einem „Irasshaimase“ („Willkommen“) und einem Lächeln. Kanae Kubo, eine Mitarbeiterin des Landens, hat sich entschieden, in diesem Laden zu arbeiten, weil sie sich für Deutschland interessiert hat, seit sie in ihrem Uni- kurs über dieses Land gelernt hat. Sie sieht glücklich aus, wenn sie beschreibt, wie sie die Geschichte fühlen konnte, als sie Berlin besucht hatte, und wie sie diese Atmosphäre verzaubert hat – zum Beispiel die Mauer, die Denkmäler und zurückgebliebenen Schusslöchern in manchen Gebäuden. Das Symbol des Ladens ist die Ampel, welche sich in der Mitte des Shops befindet. Die Tatsache, dass dieses Ampel von Berlin hier nach Tokyo importiert worden ist, hat einige Besucher überrascht und Gespräche zwischen Käufern und Mitarbeitern angeregt.In dieser zweiten Filiale in Shibuya verkaufen sich preisgün- stige Sachen wie Ökotaschen und Sicher- heitsreflektoren gut an Mädchen. ganzer Artikel auf: tinyurl.com/ampltok von JESSIKA Die folgenden Artikel - und viele mehr - gibt es aktuell online zu lesen: Kunst im Untergrund: Mehr als ein Raum tinyurl.com/kunstu2 Zwischen Klause und Kultur tinyurl.com/kukultr Fotofestival ‘13 in Kreuzberg tinyurl.com/fotok13 Besuch im Zoo Berlin tinyurl.com/zooberl Montag am Boxhagener Platz tinyurl.com/p9avbwq Links und rechts der Florastraße tinyurl.com/wanda62 von AKINA OTSUKA | ÜBERSETZT von SABRYNA TRZYSZE • Logo design • .de .com domain • Web hosting • Bildergalerie • Kontaktformular • E-Mail-Adressen

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OBERLINER August

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Page 1: OBERLINER August

Dass es frisch gebackene Geisteswissenschaftler nicht unbedingt leicht haben, in Berlin einen passenden Job zu finden, dürfte mittlerweile weitestgehend bekannt sein. Schuld daran ist allerdings nicht ein Mangel an verlockenden Angeboten, sondern vielmehr die im-mense Nachfrage. In meinem Bekanntenkreis höre ich es munkeln, dass sich auf eine Stelle nicht selten weit mehr als hundert Leute bewerben. Umso erfreuli-cher ist es daher, wenn man mit Anschreiben und Lebenslauf überzeugen konnte und zu einem Vorstel-lungsgespräch eingeladen wird. Nur leider entwickeln sich diese Gespräche mitunter anders als erwartet.

Ein Café in der Kastanienallee. 14 Uhr. Ich habe einen Termin zu einem Vorstellungsgespräch für ein Volo-ntariat mit den Chefinnen einer kleinen Agentur, die sich auf Film-PR spezialisiert hat. Leider ist mir nicht bekannt, wie die beiden Frauen eigentlich aussehen und steuere daher als erstes auf einen Tisch zu, an dem sich zwei ältere Damen unterhalten. Verunsichert frage ich, ob sie mit mir zu einem Gespräch verabredet sind. Sie verneinen lächelnd. Da das Café ansonsten übersichtlich leer ist und meine Gesprächspartnerin-nen offensichtlich noch nicht da sind, setze ich mich an die Bar und plaudere ein wenig unbeholfen mit der Bedienung über mein bevorstehendes Vorstel-lungsgespräch. Ich bin nervös.

Es ist bereits 14.10 Uhr als die beiden Frauen von der Agentur durch die Tür treten, zielsicher auf mich zukommen und mich nach einer kurzen Begrüßung zu einem Tisch am Fenster bitten. Wir bestellen etwas zu trinken und ich frage mich insgeheim, ob ich dafür eigentlich selbst aufkommen muss. Scheinbar erraten sie meine Gedanken, und stellen klar, dass es sich hierbei um eine Einladung handelt. Das anschließende Gespräch beginnt wie ein gewöhn-liches Vorstellungsgespräch. Ich erzähle etwas über mich, sie erzählen etwas über sich und ihre Agentur, die nur aus einem Zimmer bestehe und daher nicht für einen Termin wie diesen geeignet sei, da sonst die anderen Mitarbeiter gestört würden. Dann gehen sie näher auf meinen zukünftigen Tätigkeitsbereich ein und stellen mir Fragen, die darauf hinauslaufen, zu erfahren, ob ich mich diesen Aufgaben gewachsen fühle. Ich bin souverän, ich lächle, ich verbrenne mir

die Zunge an meinem heißen Milchcafé. Nachdem die wesentlichsten Punkte besprochen wurden und ich frohen Mutes bin, erfahre ich, dass das Volontariat ausschließlich unter der Voraussetzung eines vorher absolvierten Praktikums bei ihnen begonnen werden kann. Dieses soll nach Kenntnisstand des Bewerbers drei bis sechs Monate dauern und mit 250 Euro im Monat vergütet werden. Arbeitsaufwand 40 Stunden die Woche. Ich schlucke. Von 250 Euro könnte ich nicht einmal meine Miete bezahlen. Also antworte ich ihnen ehrlich, dass ich von diesem Gehalt nicht leben kann. Ich blicke in unerwartet finstere Gesichter. Plötzlich spricht die eine Chefin, die auch schon zuvor nicht allzu viel gesagt hat, kein Wort mehr.

Die Andere hingegen wirkt bemüht, es mir zu erklären. So diene das Praktikum vor allem dazu, herauszufin-den, ob man eigentlich zusammenpasst und ob der PR-Bereich wirklich das richtige Arbeitsfeld für den zukünftigen Volontär ist. Ich heuchle Verständnis, ärgere mich aber insgeheim über diese fadenschei-nigen Ausreden. Probezeiten gibt es schließlich in jedem Beruf, dazu muss man nicht ein Praktikum voransetzen. Sie erzählt mir, dass sie die Volontäre nach Beendigung des Volontariats, das mit 1.500 Euro im Monat vergütet sei, außerdem gern weiterhin als feste Mitarbeiter beschäftigen wollen und sie sich folglich bereits im Vorfeld absolut sicher mit ihrem Wunschkandidaten sein möchten. Ich frage sie, wie viele Festangestellte sie haben. Keine. Ich trinke schneller.

Zum Abschied reicht mir die Schweigsame kühl die Hand und sagt, sie würden sich dann in Kürze bei mir melden. Die Andere tätschelt mir liebevoll den Arm und fragt, ob ich jetzt auch gehen würde. Ich antworte ihr, dass ich noch austrinken müsse. Sie lacht. Als die Beiden verschwunden sind, sacke ich auf meinem Stuhl zurück und ärgere mich über das Gespräch. Ich bin eine fertig ausgebildete Akademikerin mit einem passablen Abschluss und einiger absolvierter Praktika, und sie verlangen als Voraussetzung für ein Volontariat ein Vollzeitpraktikum zu einem Hungerlohn. Ich trinke aus und ziehe mich an. ganzer Artikel auf: tinyurl.com/neulichj

Berliner Ampelmänner in Tokio

Seite 5 OBERLINER.DE

OBERLINER Ist ...... ein Lokalmagazin für Berlin, das die Leute dieser Stadt gemeinsam gestalten und das dabei vor allem das soziale Leben der Stadt beleuchtet.Wie der Name verrät - “O” steht für Online - lebt dieses Magazin hauptsächlich im Internet, auf www.oberliner.de. Aber um Leute wie dich zu erreichen, geben wir nun auch die Druckversion heraus, die du gerade in der Hand hältst. Jeden Monat drucken wir eine Auflage und verteilen sie in den verschiedensten Ecken der Stadt.

Du wunderst dich vielleicht über die kleine Größe von OBERLINER - Damit wollen wir ausprobieren und zeigen, wie solch ein Projekt auch mit einem minimalem Aufwand materieller Ressourcen verbreitet werden kann. Gefällt dir diese Idee? Nichts freut uns mehr als dass du Teil davon wirst!Du kannst dich unserem Team anschließen oder einfach einen Artikel über irgend ein soziales Thema des Le-bens in Berlin schreiben, Fotos posten oder der Stadt deine Meinung geigen. Unter www.oberliner.de/machmit erfährst du, wie.

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Die einzigartigen und niedlichen Ampelmännchen – viele der Menschen, die einmal Berlin besucht haben, müssten sich an sie erinnern. Wie beeindruckend sie sind? Jedenfalls beeindruckend genug, um es bis nach Tokio zu schaffen. In Shibuya, einem der geschäft-igsten Bezirke Tokios, öffnete im April der zweite Ampelmann-Laden der Stadt und folgte damit dem Geschäft in Shirokane-Takanawa, das bereits im Jahr 2010 seine Pforten geöffnet hat.

Tokio ist eine vielfältiger Stadt und die ebenso un-terschiedlich sind die Menschen, die in diesen Läden einkaufen: In Shibuya sind die Mehrheit der Kunden Frauen in ihren 20er und 30er Jahren, während Shi-rokane-Takanawa, eine wohl eher schickere Gegend, eine größere Bandbreite an Leuten anzieht, Männer und Frauen von 30 bis 60 Jahren. Die Gemeinsamkeit der beiden Läden jedoch ist, dass deren meisten Käufer riesige Ampelmann-Fans sind und dass sie etwas Cooles verfolgen, das aber noch nicht allzu bekannt ist. Auch wenn Shibuya immer eher unter jungen Leuten bekannt gewesen ist, zieht es nun aufgrund der jüngsten Verbesserung der Bahnverbind-ungen zur Stadt noch mehr Menschen an.

Das war auch der Grund, warum in diesem Gebiet die zweite Filiale des Geschäfts geöffnet hat. Dort, wo die Cat Street beginnt – ein Bürgersteig, der für seine

kleinen modischen Läden und Restaurants berüchtigt ist – erregen die farbenfrohe Fasade des Ampelmann-Ladens Tokyo Shibuya und die niedlichen Buchstaben die Aufmerksamkeit der Leute. Wenn du den Laden schließlich betrittst, begrüßen dich die Verkäufer mit einem „Irasshaimase“ („Willkommen“) und einem Lächeln.

Kanae Kubo, eine Mitarbeiterin des Landens, hat sich entschieden, in diesem Laden zu arbeiten, weil sie sich für Deutschland interessiert hat, seit sie in ihrem Uni-kurs über dieses Land gelernt hat. Sie sieht glücklich aus, wenn sie beschreibt, wie sie die Geschichte fühlen konnte, als sie Berlin besucht hatte, und wie sie diese Atmosphäre verzaubert hat – zum Beispiel die Mauer, die Denkmäler und zurückgebliebenen Schusslöchern in manchen Gebäuden.

Das Symbol des Ladens ist die Ampel, welche sich in der Mitte des Shops befindet. Die Tatsache, dass dieses Ampel von Berlin hier nach Tokyo importiert worden ist, hat einige Besucher überrascht und Gespräche zwischen Käufern und Mitarbeitern angeregt.In dieser zweiten Filiale in Shibuya verkaufen sich preisgün-stige Sachen wie Ökotaschen und Sicher-heitsreflektoren gut an Mädchen.

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von JEssika

Die folgenden Artikel - und viele mehr - gibt es aktuell online zu lesen:

kunst im Untergrund: Mehr als ein Raumtinyurl.com/kunstu2

Zwischen klause und kultur tinyurl.com/kukultr

Fotofestival ‘13 in kreuzbergtinyurl.com/fotok13

Besuch im Zoo Berlintinyurl.com/zooberl

Montag am Boxhagener Platztinyurl.com/p9avbwq

Links und rechts der Florastraßetinyurl.com/wanda62

von akina OTsUka | üBERsETZT von saBRyna TRZysZE

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Page 2: OBERLINER August

Sobald es wärmer wird, machen uns auf dem Weg zu den Stränden der Großstadt: den großartigen Berliner Seen.Verstreut über die Stadt gibt es eine große Anzahl dieser Frischwasserseen in verschiedenen Größen und in unterschiedlicher Lage. Die meisten von ihnen sind mit S- oder U-Bahn leicht zu erreichen, auch wenn es eine gute Idee sein kann, sein Fahrrad mitzunehmen, wenn man etwas weiter um die Seen herum kommen möchte, weg von den Familien und großen Men-schenansammlungen.

Vom Wannsee im Westen zum Müggelsee im Osten der Stadt gibt es 80 Seen in und um Berlin, aus denen man auswählen kann. Die Kunst besteht darin, eine Balance zu finden zwischen guter Wasserqualität und guter Erreichbarkeit mit der Bahn. Die Krumme Lanke ist ein See, der von beidem etwas bietet. Im Waldge-biet des Grunewalds im Südwesten der Stadt gelegen, befindet sich dieser See gerade über dem etwas bekannteren Schlachtensee in Steglitz-Zehlendorf. Er ist leicht mit der U3 zu erreichen, die ihren letzten Halt dort hat – aber immernoch innerhalb des ‚AB‘-Bereichs liegt.

Nach zehn Minuten Fußweg durch den üppig bewachsenen Vorort des Stadtteils Krume Lanke er-reichen wir den Grunewald. Den breiten Fahrrad- und Jogger-freundlichen Wegen in Richtung nach rechts folgend gelangen wir zu den zentralen Schwimm- und Badebereichen. Diese Abschnitte des Sees sind für Hunde tabu und die Hunde-freundlichen Gebiete auf die nord-westliche Seite des Sees beschränkt, um

eine Verschmutzung von Schwimm- und Wassernut-zungsgebieten zu vermeiden. Als eines der Berliner Seen mit höchster Wasserqualität wird die Krumme Lange gelegentlich geschlossen, um dem See zu ermöglichen , abzufließen und seine Balance in der lokalen Ökologie aufrecht zu erhalten. Das Niveau der Bakterien im See wird streng überwacht und die Webseite des Berliner Senats gibt an, dass es hier eine sehr geringe Gefahr mikrobieller oder Algen-Vergrift-ung gibt, abgesehen von Zeiten der Überflutung oder starken Regenfalls.

Und ganz abgesehen von den technichen Daten – unsere Nasen und Augen bestätigt uns, dass dieses Wasser klar und sehr frisch ist. Die sandigen Bereiche eignen sich am besten, um in den See rein- und aus ihm wieder herauszukommen, während andere Be-reiche abgezäunt wurden, um eine weitere Zerstörung des Ufers durch BadebesucherInnen zu vermeiden.An diesen ‚Stand’-Abschnitten zu bleiben ist auch ein guter Weg, um die Zonen zu vermeiden, wo Schwim-men nicht erlaubt ist. Als natürlicher Seehat die Krumme Lanke nämlich eine so gute Wasserqualität, dass mit ihrem Wasser Haushalte in dem sie umge-benenden Gebiet des Grunewalds versorgt werden.

Vielleicht liegt es an dieser streng kontrollierten Was-serqualität, dass die Krumme Lanke fast ganz frei ist von den meisten örtlichen Fischarten, wie Wels, Aal, Barsch oder Karpfen.

Weitere Bilder auf: tinyurl.com/krumlan

Sommer am See Spezial Krumme Lanke

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Urban Exploring

Die Tempelhofer FreiheitWas unterscheidet Berlin von Metropolen wie New York, London oder Hong Kong? Nur in der deutschen Landeshauptstadt gibt es eine riesige Brachfläche, auf der sich jeder so austoben kann, wie er oder sie möchte. Es ist das Pippi-Langstrumpf Prinzip: Ich mach mir die Welt, widde widde wie sie mir gefällt. Berlins grober Charme und das Gefühl, dass alles möglich ist, zeigen sich nirgendwo so sehr wie auf den ehemaligen Landebahnen. Auf ihnen und den Grasflächen tummeln sich Fahrradfahrer, Grillmeister, Gärtner, Skater, Hundebesitzer, Flaneure und Son-nenbadende.

Von Preußen, nazis und den Fliegern

Das Feld hat nicht nur eine bunte Gegenwart, sondern auch eine reiche Vergangenheit: Schon im 18. Jahrhundert nutzten es die preußischen Armeen als Paradeplatz. Bekannt wurde es aber als ein Ort, an dem Luftfahrtgeschichte geschrieben wurde. Ende des

19. Jahrhunderts stiegen hier die ersten Luftsch-iffe in den Berliner Himmel, manches Experiment endete dabei tragisch. Fluggrößen wie Orville Wright absolvierten hier ihre Rekordflüge. Ab den zwanziger Jahren gab es dann die ersten Passagierflüge, 1936 begann man mit dem Bau des Flughafengebäudes. Der nationalsozialistische Größenwahn äußerte sich in dem bei seiner Fertigstellung 1941 flächengrößten Gebäude der Welt.

Aber die Nazis gebrauchten das Tempelhofer Feld auch für andere Zwecke. Nach der Machtergreifung 1933 errichtete die Gestapo hier ein Konzentration-slager namens „Columbia-Haus.“ Im Lager waren Homosexuelle und verfolgte Politiker untergebracht, Erschießungen waren an der Tagesordnung. Selbst nach dem Ende des zweiten Weltkriegs wurde es um das Feld nicht ruhiger: Im Sommer 1948 entwickelte sich hier die Berliner Luftbrücke. Zeitweise landeten

die Rosinenbomber, von denen ein Modell noch heute auf dem Flughafengelände zu sehen ist, im 90-Sekun-den-Takt, um die abgeschnittene Bevölkerung des Westteil Berlins zu ernähren. Bis 2008 besaß Berlin einen Flughafen mitten im Stadtgebiet, dann war Schluss. Mit Blick auf den neuen Großflughafen BBI, der schon 1996 geplant wurde, wurde der Flugbetrieb eingestellt. Schon vor der Schließung hatten sich Bür-gerinitiativen darum bemüht, das Feld der Öffentlich-keit zugängig zu machen. Am 8. Mai 2010 war es

soweit: Die Berliner Senatsverwaltung eröffnete die „Tempelhofer Freiheit“, seitdem sind die vier Millionen Quadratmeter für jeden nutzbar.

Eine savanne mitten in der stadt

Und die Berliner ließen nicht lange auf sich warten. Drei Jahre sind seit der Öffnung vergangen und das Feld ist als Freizeitort im Stadtbild nicht mehr wegzudenken. Was besitzt diese riesige, kahle Fläche, dass sie die Menschen so anzieht? Adrian Schmidt kommt wegen des endlosen Horizonts hierher. „Es ist ein Gegenpol zur Enge der Stadt. Hier hat man eine endlose Weite vor sich mit nichts als Savanne“, sagt er. Der Mariendorfer kommt vor allem hierher, um sich zu entspannen. Es gibt viele wie ihn: Man sieht sie tagsüber überall verstreut auf den Wiesen die Sonne genießen, die hier besonders gnadenlos brennt. Oder sie sitzen auf einem der Hochsitze und genießen mit einem Feierabendbier den grandiosen Sonnenuntergang, der jeden Abend über dem Flughafengebäude zu sehen ist. Es gibt aber auch Berliner, die es zum Sport aufs Feld treibt: Katharina, Johanna, Sarah und Juliane ziehen auf Inlinern, Skateboard und Fahrrad über die Landebahnen.

ganzer Artikel auf: tinyurl.com/tempelhfr

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BikeSurfBerlin: Radeln in die ZukunftFahrrad zu fahren ist die umweltfreundlichste und gesündeste Art und Weise, sich in der Stadt vorwärtszubewegen. Aber eine Stadt voll von Fahrrädern würde auch zu einigen Problemen füh-ren. Warum also nicht Fahrräder miteinander teilen, wenn wir sie nicht benötigen, anstatt ein eigenes zu besitzen? So würden wir viel weniger Räder für viel mehr Radfahrer benötigen. Mit dieser Idee im Kopf arbeitet ein Mann namens Graham Pope in Berlin nicht nur daraufhin, das Ganze in die Wirklichkeit umzusetzen, sondern hat daraus sogar seine Mission gemacht. Als 36 Jahre alter Anwalt hat er in Berlin eine Fahrradtauschbörse ins Leben gerufen und sie BikeSurfBerlin getauft. Dabei arbeitet er nicht allein unter dem Motto „Radeln in die Zukunft“, sondern wird unterstützt von einem Team v n Freiwilligen, die die gleiche Idee haben und ihm helfen, dieses

Angebot zu ermöglichen.Lange bevor er hier ankam, hatte Graham bereits die Idee. Immer hatte er davon geträumt.“Ich hatte so eine wunderbare Erfahrung mit Couchsurfing, aber als ich vor zwei Jahren nach Berlin umzog, war ich nicht in der Lage, auch Leute in meiner Wohnung aufzunehmen, also kam mir der Gedanke: Warum sie nicht stattdessen meine Fahrräder nutzen lassen?“Er und sein Freund begannen zunächst mit drei Fahrrädern, vor weniger als einem Jahr. Nun umfasst das Netzwerk BikeSurfBerlin bereits 22 Fahrräder und uber 500 glückliche Radler, die die Möglichkeit der Fahrradtauschbörse nutzen......

ganzer Artikel auf: tinyurl.com/bikesurfb

von Maik siEgEL | fotos anTOinE HEiL

von nEaL JaMEs

Disgusting city Where no one believes in anything

von sTEFaniE TaLaska

Dieser Satz ist aus dem Jahr 1775. Zumindest wurde er vor langer Zeit geschrieben. Und die Frage stellt sich immer mal wieder. Ist Berlin ein Sammelbecken für kaputte Leute?

Letzte Woche hat mir ein völlig Fremder morgens um 8 Uhr meine Zigarette aus dem Mund gerissen, sie in seiner Hand zerquetscht und weggeworfen. Ein Freund hatte über das Wochenende Besuch aus einer anderen Stadt und berichtete mir von den kulturellen Differenzen: “Du darfst das nicht ver-gessen. Berlin ist eine Insel. Die Leute ticken hier anders, sobald sie eine Weile hier sind. Berlin ist eine ganz andere Welt.“ Im Bla Bla, einer Kneipe, die es nicht mehr gibt, hat mir mal ein Mann, der mindestens mein Vater hätte sein können, meine körperliche Verfügbarkeit vorausgesetzt und schrie mich an, als ich ihm sagte, dass er keine Besitzrechte an meinem Körper hat.

Statistisch entwickeln sich innerhalb meines Freundeskreises 3 von 4 Menschen nach wenigen Monaten zum Single, wenn sie erst in Berlin sind. Auf den Weihnachtsmärkten wird Giftschnaps verschenkt und während man sich woanders zum Rauchen vor die Tür stellen kann, wird das Rauchverbot in Berlin größtenteils

als Witz abgetan. Vor ein paar Jahren stand ich im Bahnhof an der Friedrichstraße und der gesamte Zugverkehr war gelähmt, weil sich jemand auf die Schienen stürzte und das einzige, was die Menschen beschäftigte, war die Frage nach der nächsten Alternative, um an ihr Ziel zu kommen. Denn normalerweise kommt man zu jeder Uhrzeit von A nach B. In München darf man mittlerweile nicht einmal mehr Alko-hol in der Bahn trinken. Und das eine, was all diese Geschichte verbindet, ist der Anspruch auf ständige Verfügbarkeit und uneingeschränkte Befriedigung eigener Bedürfnisse. Und vielleicht wirklich der Glaube an nichts, weil einem nichts heilig ist. Heiligkeit ist hier, wenn morgens das Licht durch die Fenster im Berghain bricht und sich ein Stück Himmel öffnet.Und auch ich merke, wie die Stadt mich langsam zynisch macht. Wie ich skeptisch werde, wenn mir jemand eine gute Nacht wünscht oder mir erzählt, dass er mich wiedersehen möchte. Denn jeder scheint hier nur eine von 1000 Möglichkeiten zu sein, die eben gerade verfügbar ist.

Und dann fand ich doch noch ganz unerwartet ein wenig Glauben an einer kaputten Klotür in einer kaput-ten Kneipe, auf der geschrieben stand: Tränen trocknen im Sonnenschein.Und wenn sie auch nur auf dem Klo, bei Union oder Hertha trocknen. Sie trocknen immer mal wieder. ..