Palace Dezember 2015

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Palace St. Gallen, Dezember 2015

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E R F R E U L I C H E U N I V E R S I T Ä TG L O B A L I S I E R T E GÜTER  – URSPRUNG, FREIGEIST, KOLONIENAls Wachmacher und Ernüchterer wird Kaffee schon seit der Aufklärung ge-schätzt. Nur wenige Produkte beein-flussten unsere Kultur und veränderten die sozialen Räume in gleichem Masse wie der Kaffee. Als globalisiertes Gut mit kolonialer Vergangenheit steht er sinnbildlich für die Verknüpfung der Schweiz mit der Welt. Die Erfreuliche Universität widmet sich im Dezember

diesem Getränk der Aufklärung.

1.12.Dienstag, 20.15 Uhr

KAFFEE – URSPRUNG UND FREIGEIST

MIT THOMAS SCHWEGLER & GALLUS HUFENUS

Kaffeehäuser sind duftende Tagebücher des freien Denkens, Institutionen und Keimzellen für Utopien in den Städten und der Kaffee Geistesschärfer, Beglei-ter verschiedenster Lebensmomente. So beschreibt Gallus Hufenus die Aus-gangslage für die Idee zum St.Galler Kaffeehaus. Schliesslich wurde hier die Kaffeehauskultur schon einmal zelebriert, vor 100 Jahren während der Stickereiblüte. Doch auch die Bohne in der Tasse erzählt ihre Geschichten. Als Nischenbesetzer kennt der Mikroröster Thomas Schwegler die Herkunft seines Kaffees. Ein Teil kommt aus dem zent-ralperuanischen Chanchamayo-Gebiet, von der peruanisch-schweizerischen Familienfarm «Tropical Mountains» von Thomas und Gisela Schwegler. Die bei-den Kaffeespezialisten erzählen von Kaffeekultur, ihren Visionen, der Arbeit auf der Plantage mit den Beschäftigten

und von der Welt der Zertifizierungen.

15.12.Dienstag, 20.15 Uhr (Nachholtermin)

WER REGIERT EUROPA? MIT GERHARD SCHEIT

In Europa wurde eine Währungsunion geschaffen ohne einen Souverän. Das ist nach allen Kriterien politischer Phi-losophie und Ökonomie eine Fehlkon-struktion: Es gibt keinen gemeinsamen Staat, der als einheitliches Gewaltmono-pol hinter dieser Währung steht. Diese spezielle Konstellation spitzt sich in ei-ner weltweiten Krise konkret zu. Manche glauben, Deutschland übernähme jetzt diese Leerstelle des Souveräns. Der Wiener Philosoph Gerhard Scheit fragt in seinem Vortrag nach den Problemen der politischen Konstruktion der EU und der Währungsunion und analysiert die Lage der Profiteur_innen und der

Verlierer_innen.

17.12.Donnerstag, 20.15 Uhr

DER KAFFEE UND DIE KOLONIALE SCHWEIZ

MIT ANDREAS ZANGGERSeit Ende des 19. Jahrhunderts erlebt der Kaffee eine Hochblüte. In der Fol-ge etablierte sich die exotische Bohne als kulinarisch-kulturelles Massengut. Das Fundament dieses Aufstiegs war der kolonial betriebene Plantagenbau. Was heute oft vergessen geht: Auch Schweizer Unternehmen beteiligten sich im grossen Stil an der kolonialen Maschinerie, nicht nur im Kaffeean-bau; Ostschweizer Textilien wurden in den globalen Süden exportiert, Tabak und Kautschuk importiert. Allein an der Ostküste Sumatras waren um 1900 ein Drittel der 51 Kaffee-Plantagen im Be-sitz von Schweizer Unternehmen. Am Beispiel von Niederländisch Ostindien spricht der Historiker Andreas Zang-ger über die Schweizer Beteiligung am internationalen Plantagenkapitalis-mus. An diesem brisanten Stück Glo-balgeschichte zeigt er als Kenner der kolo nialen Schweiz Zusammenhänge auf und diskutiert vorherrschende

Geschichtsbilder.

S C H A U K A S T E NL . I . C . H . T . - Z . E . I . T . von Pierre Mayer, lampenwerkstatt.ch

V O R S C H A U14.–16.1. NORIENT MUSIKFILM FESTIVAL 23.1. DIE AERONAUTEN (CH) 30.1. KAIRO IS KOMING (EGY) 12.2. TORTOISE (USA) 26.2. DIE NERVEN (DE)

Alterwild

18.12.Freitag, 20/21 Uhr

STILLER HAS (CH)

Der Meistertexter und Gewaltsänger Andreas Flückiger alias Endo Ana-conda und sein kongenialer Gitarrist und Komponist Schifer Schafer feiern das 25-jährige Has-Bandleben; mit ihrer famosen Basler Rhythmussek-tion Salome Buser (Bass, Orgel) und Markus Fürst (Schlagzeug) werden sie schweisstreibend belegen, warum «Alterswild» – wie das 15. Has-Album heisst – noch lange unter den Nägeln brennt und der Jugend in vielerlei Hin-sicht das Wasser reichen kann. Dazu die bös-guten Seitenhiebe Endos und wohl der eine oder andere Brocken aus der üppig gefüllten Songschatzkiste seit 1989; wir würden nebst Klassikern wie «Znüni näh» und «Moudi» spontan «Löcher» wünschen. Letztes St.Galler

Konzert vor längerer Bandpause!

Original Soul, Funk & R’n’B

19.12.Samstag, 22 Uhr

SOUL GALLENHERR WEMPE & SOUL RABBI (DE)

Beim traditionell vorweihnächtlichen Soul Gallen trifft Gastgeber Herr Wempe auf den legendären Soul Ra-bbi. Diesen könnte man prompt mit dem Weihnachtsmann verwechseln, so viele Platten schleppt er jeweils mit zu seinen Auftritten. Stets in orangem Outfit, mit Schnauz und ausgefallener Vokuhila-Frisur gehört Soul Rabbi zu den gefragtesten Soul- und Funk-DJs

Deutschlands.

Die grosse Abschlussfeier

26.12.Samstag, 22 Uhr

RAP HISTORY – THIS IS IT

This is not a test, this is it! Zur grossen Rap History-Abschlussparty stehen gleich sieben DJs (That Fucking Sara, E.S.I.K., Reezm, Khaderbai, Paul Neu-mann, La Captaine und MathK) hinter den Plattentellern und spielen sich kreuz und quer durch über 35 Jahre Rap-Geschichte. Und wie es sich für einen Diplomabend mit Abschluss-ball gehört, werden die «Master Of Rap»-Diplome feierlich von der Studi-

enleitung übergeben.

Auf ins neue Jahr!

31.12.Donnerstag, 23 Uhr

SILVESTER MITP A M P L O N A GRUP (CH)Und wieder ist ein Jahr um! Und wenn dann all die Festessen verdrückt und die Tischbomben gezündet sind, finden wir uns zum grossen Tanz im Palace ein. Wie schon letzten Silvester spielt die Pamplona Grup auf. Homebase der achtköpfigen Truppe ist Baden, aber der musikalische Horizont der Band reicht weit über die Grenzen hi-naus. Ihre Klezmersongs gehören mit zum Befreiendsten, was derzeit in der Schweiz gespielt wird. Eigentlich woll-ten sich die Pamplöner ja eine Auszeit nehmen und sich auf die Aufnahme ih-res ersten Albums in London vorberei-ten. Umso mehr freut es uns, machen

sie für den Palace-Silvester eine Aus-nahme. Wir freuen uns auf die Hits wie «Jacques», «Haschisch» und natürlich auch auf «Kater». Davor und danach le-

gen die Lahmen Posaunen auf.

Für Tagträumerinnen und Nachttänzer

11.12.Freitag, 21/22 Uhr

PEDRO LEH-MANN (CH)

YES I’M VERY TIRED NOW (CH)Pedro Lehmanns Schwermut will so gar nicht zum Rheintaler Gemüt pas-sen, wie man es sich westlich von Rorschach vorstellt. Aber die Uhr des Duos tickt in einem eigenen Takt. Ihr Konzeptalbum «Forestal» erzählt in elf Songs und Kapiteln von der Zivilisati-onsflucht aus der Stadt in den Wald und zum Meer. Musikalisch schaffen Pedro Lehmann mit eindringlichem Erwach-senen-Pop den Spannungsbogen zwi-schen Wärme und Coolness. Ein Hauch Melancholie schwingt auch bei Yes I’m Very Tired Now mit. Der St.Galler Marc Frischknecht (Junes) und seine Band lassen mit aufgeräumten Elektro-Pop-songs die Nordlichter aufflackern und Tagträumerinnen und Nachttänzer ausschwärmen. Ein Ostschweizer Dop-

pelkonzert der Extraklasse!

Beat- und Wortakrobatik

12.12.Samstag, 22 Uhr

D O R I A N CONCEPT (AT)

O K M A L U M -KOOLKAT FT. WANDL (ZA/AT) Oliver Thomas Johnson aka Dorian Concept startete seinen Weg zum Ninja-Tune-Vertrag und Royal- Albert- Hall-Auftritt auf der Bettkante mit Synthies improvisierend: Die You-tube-Filmchen von diesen Sessions wurden von BBC-Grössen entdeckt und irgendwann hatten seine musika-lischen Mitstreiter so klangvolle Na-men wie Flying Lotus oder Cinematic Orchestra. Die aktuelle Platte mag chillig sein, ist aber von einem feinen Wahnsinn durchzogen – und vielleicht erinnert sich der Wiener ja auch an seine Hip-Hop-Roots. Tja, und so wä-ren wir beim südafrikanischen Rapper Okmalumkoolkat angelangt! Für Fu-rore auf dem Dancefloor sorgte dieser vor drei Jahren mit dem Trio LV. Nun, auch er ist mittlerweile zwar ein biss-chen beschaulicher unterwegs, wird mit seinem Buddie Wandl aber sicher heftig auf die Kwaito- und Kuduro- Tube drücken! Dieser Abend ist eine gute Adresse für Fans von unverschämten Genre-Überschreitungen, gutem Rap

und wilden Dancemoves.

Of The Go-Betweens

16.12.Mittwoch, 20/21 Uhr

R O B E R T FORSTER (AUS)

Mit «Songs to Play» hat Robert Forster soeben sein erstes Album seit sieben Jahren veröffentlicht. Erst beim zwei-ten, dritten oder vierten Hördurchgang eröffnen sich dabei Welten, denn die Grösse der Platte liegt im Detail: in der spärlichen Instrumentierung, in der Ge-lassenheit und im feinen Humor, den Forster immer wieder aufblitzen lässt: «Please Don't Twitter, Let Me Imagi-ne You». Bereits zwischen 1977 und 2006 hat der Dandy mit den The Go- Betweens bewiesen, dass Popsongs dann am meisten berühren, wenn sie elegant statt pompös sind. Die Band hat nicht nur musikalisch Masstäbe gesetzt, ihr Spiel mit Geschlechters-tereotypen, ihre klugen Verweise auf Literatur und Film und ihr Style haben Heerscharen von Indie-Bands beein-flusst, die in diesen Tagen auch im Pala-ce auf der Bühne stehen. Der plötzliche Tod von Forsters Partner Grant McL-ennan vor zehn Jahren hat das plötzli-che Ende einer Band markiert, nach der in Brisbane sogar eine Brücke benannt ist. Wir freuen uns ganz besonders, gibt Robert Forster im Palace ein exklusives

Schweiz-Konzert. In diesem Programm befindet sich ein

Interview mit Robert Forster

Comic in Echtzeit

3.12.Donnerstag, 20/20.30 Uhr

COMICLESUNG – 2. STREICH: HAPPYEine Leinwand, ein Hellraumprojektor, eine Action-Cam, ein paar Requisi-ten, ein Tisch, drei Stühle, der Comic «Happy!» von Grant Morrison und Darick Robertson sowie eine wortge-wandte Sprecherin und zwei Sprecher bilden die Grundlagen für den zweiten Streich der Comiclesung und garan-tieren einen irrwitzigen Abend für alle Comicfreaks und Theaterliebhaber _in-nen mit Entdeckergeist! Ein Teil des Comics wird als Clip auf die Leinwand projiziert und gleichzeitig live vertont. Teile der Geschichte werden mit der Action-Cam live auf der Bühne abge-filmt oder mit Hilfe eines Hellraum-projektors erzählt. Die berührende Abendteuergeschichte dreht sich um den knallharten, gefallenen Cop Nick Sax, dessen Hartherzigkeit durch das kleine, nervige Pferdchen Happy auf

die Probe gestellt wird.

Transworld

4.12.Freitag, 22 Uhr

D I S C O P A R A TDJ GINGERELLA

Wenn sie nicht gerade im Palace auf-legt, ist DJ Gingerella im Treppenhaus in Rorschach tätig. Umso mehr freuen wir uns darauf, dass sie für einmal das Palace beschallt. Mit Soul und Funk, vorwiegend aus Lateinamerika und Afrika, reisen wir in der Zeit zurück in

die 60er- und 70er-Jahre.

Salon Des Danseurs

5.12.Samstag, 23 Uhr

L E N A W I L L I K E N S(CÓMEME, DE)

DJ ARRA SUN & DJ KARAWAN

Nichts macht einen DJ besser als eine langandauernde «Residency». Etwas was die Kölner Musikerin und DJ Lena Willikens definitiv von sich behaup-ten kann. Seit mehr als fünf Jahren kuratiert sie Clubnächte im sagen-umwobenen Düsseldorfer Salon Des Amateurs. Auf dem Label Cómeme, das mit der schönen Eigenbeschrei-bung «an out sider's dance music label. Worldwide heralds of the loony beats, ritmo lunatics and self-styled electro-nic primitives joining in for a nightlife» auffällt, hat sie im Frühjahr ihre erste EP «Phantom Delia» herausgebracht. Die immer wieder überraschende Trackauswahl bei ihren DJ-Sets reicht von obskurem Proto-Techno über Disco bis zu Industrial Boogie und Ni-schen-House. Dass sie damit den rich-tigen Nerv trifft, zeigt die lange Liste renommierter Clubs (Golden Pudel Club, Panoramabar, Corsica Studios), die Lena Willikens DJ-Künste immer

wieder in Anspruch nehmen.

Audiovisuelle Performance

10.12.Donnerstag, 20/21 Uhr

STILL UND DUNKELDJ GEORG GATSAS

Ein meditatives Abdriftkinoerlebenis! Christoph Brünggel und Benny Jaberg steigen in verlassene, langsam ins sich zusammensackende Gebäude ein; es sind Fabriken, Keller, Wohn- und Kul-turhäuser, die von Flora und Fauna in Beschlag genommen werden. Mit hochsensiblen Kameras und Mikrofo-nen erkunden und dokumentieren sie tags und sehr gern auch nachts diese Räume. Die quer über den Globus ge-sammelten (immer) schwarz-weissen Bildaufnahmen werden mit Field- Recordings und eigenen Soundkom-positionen zu einer audiovisuellen Liveshow gemixt. Fast wähnt man sich unter Wasser, so geschmeidig bewegt sich die Kamera durch die Innenräu-me wäre da nicht der maschinelle und dynamische Sound, der das Ganze definitiv weg von Piccard in Richtung

Sci-Fi hebelt.

IMPRESSUMPalace St.Gallen

Blumenbergplatz, Zwinglistr. 39000 St.Gallen

[email protected] – www.palace.sgGrafik: Christof Nüssli

Das Palace wird unterstützt durch:

PALACE ST.GALLEN

12/15

MIT ROBERT FORSTER KOMMT EINER DER WICHTIGSTEN SONGWRITER DER GEGENWART INS PALACE. AM TELEFON ERZÄHLT DER AUST-RALISCHE DANDY VON DER AUFNAHME SEINES NEUEN ALBUMS «SONGS TO PLAY» UND GIBT

RATSCHLÄGE AN JUNGE BANDS.Von Marcel Elsener

Anruf bei Robert Forster; neun Stunden Zeitunter-schied, in St.Gallen frühmorgens, in Brisbane später Nachmittag, Forster ist auf dem Sprung, Schlusspro-be mit der Band für eine Australientournee. Lektüre zur Vorbereitung unter anderem Essays des tem-porären Musikjournalisten Forster, allen voran sein wunderbarer Nachruf auf seinen The-Go- Betweens-Mitstreiter Grant McLennan («A True Hipster», The Monthly, Juli 2006) sowie mein liebster Text zu Forsters neuem Album «Songs To Play»: Luke Hai-nes’ Hymne auf thetalkhouse.com. Eine halbe Stun-

de haben wir Zeit zum Plaudern.

Guten Morgen, Herr Forster! Man hat mir gesagt, ich sollte es auf Deutsch probieren, weil sie gerne jede

Gelegenheit zum Üben benutzen. Robert Forster: Oh nein, nicht doch! Lieber auf Eng-lisch. Wenn ich in der Region Regensburg unterwegs bin, von wo meine Frau stammt, oder sonst länger im deutschsprachigen Raum, kommt mein Deutsch langsam zurück. Aber klar, ich sollte es können: Un-sere Kinder sind ja zweisprachig aufgewachsen, dank

meiner Frau.

Sie haben gleich Bandprobe. In Europa touren sie allerdings solo. Warum nicht mit Band?

Zwei Gründe: Erstens wollte ich schon immer mal solo auftreten, das machte ich so noch nie, es ist auch musikalisch interessant: nur ich und meine Gitarre – kein Drumcomputer, kein Laptop, keine Projektio-nen, nichts von alldem. Zweitens hat es ökonomische Gründe: Es ist meine erste Europatour seit sieben, acht Jahren, und da wollte ich nicht Termine und Konzerte buchen und dann besorgt sein müssen, die Band nicht bezahlen zu können, wenn mal nur zehn

Leute kommen.

Die Go-Betweens spielten mehrmals in der Schweiz. Irgendwelche Erinnerungen, gute oder schlechte?

Um Himmels Willen! Natürlich nur gute Bilder. Und dann habe ich einen sehr guten Schweizer Freund, Martin Schori! (Der Bieler Grafiker und Musiker ge-staltete das Cover des Go-Betweens-Albums «The Fri-ends of Rachel Worth».) Ich bewundere die Schweiz, ich liebe die schöne Landschaft, die Berge, die Ge-schichte des Landes. Und die Uhren… Es geht nicht soweit, dass ich die Schweizer Politik verfolge, aber

dann und wann lese ich die Neue Zürcher Zeitung.

Bergliebe: Sie nahmen ihr Album auf Mount Nebo bei Brisbane auf. Kann man sagen, dass es «landschaftli-

cher» geprägt ist als frühere Alben?Ja, das stimmt schon, wir nahmen es entspannt auf einem Hügel auf, allerdings nahe an der Stadt. Einige Songs vermitteln gewiss ein Stadtgefühl. Mir ist der Aufnahmeort jeweils sehr wichtig, und im Wild Moun-tain Studio kamen als Bonus all die analogen Geräte

dazu. Es war genau der richtige Ort.

Wie sieht es denn da aus, welche Farben klingen an?Grün, braun, australisches Buschland. Sogar dunkel-grün. Weil es höher ist, regnet es da öfters als anders-wo, es gibt tropische Ansätze, es ist nicht so trocken wie fast überall hier. Und die Sonne brennt nicht so

unerbittlich.

Erreichen Sie noch immer ein junges Publikum? Vielleicht… Das weisst du nie, bis du auf der Bühne stehst. Ich weiss aber, dass viele Leute das neue Al-bum mögen, mehr als jedes andere, das ich bisher gemacht habe. Und ich gehöre offenbar nicht zu den Musikern, die nur für Leute ihrer Altersklasse spielen. Bereits mit den Go-Betweens hatten wir ein gut ge-

mischtes Publikum.

Wären Sie selber mit 20 zum Konzert eines, ähm, 58-Jährigen gegangen?

Haha. Als ich 20 war, also 1977, zur Punkzeit? Da gab es niemanden, der 58 war! Elvis starb in jenem Jahr, mit 42. Andere waren tot, oder noch zu jung. Okay, Si-natra war damals etwa in jenem Alter. Klar wäre ich

auf Konzerte dieser Leute gegangen…

Um bei den Generationen zu bleiben: Es gibt derzeit einige junge australische Bands, die aufhorchen las-sen. Im Palace sind etwa Auftritte von Blank Realm oder The Twerps im Gespräch. Können Sie diese

empfehlen?Auf jeden Fall, habe beide kürzlich gesehen. Blank Realm sind aus Brisbane und sehr gut, mit den Twerps aus Melbourne spiele ich bald in Sidney. Ob sie eine Szene bilden, bezweifle ich. Die Bands wer-den bei uns anders wahrgenommen, sie kommen aus 2000 Kilometer entfernten Städten, mit ganz an-

derem Hintergrund.

Die Go-Betweens gingen jung nach London und setz-ten auf Independent. Was würden Sie heutigen Bands

raten?Kommt drauf an, welche Musik sie machen. Im Zen-trum von allem stehen für mich die Songs. Wer die besten Songs hat, bringt es am weitesten. Konzent-riere dich also aufs Songwriting. Und wenn du einmal einen Stil, deine Identität gefunden hast, solltest du

nicht zu viel Zeit mit Social Media verbringen.

«Don’t twitter», wie Sie in «Let Me Imagine You» singen, Ihrer Ode an die Vorstellungkraft.

Die sozialen Medien sind zur Profilierung nicht un-wichtig, aber da geht einfach zu viel Energie verloren.

Ich habe diesen Herbst kaum ein anderes Album öf-ter gehört als «Songs To Play»: diese Melodien, der beschwingt melancholische Lebensmut, die ironi-schen Bruchstellen… Und doch sind die Songs nie

klischiert und cheesy. Nicht cheesy zu wirken und Klischees zu verhindern oder aber dann mit ihnen zu spielen, das war immer mein Bestreben, und auch das von Grant McLennan.

In welchen Momenten vermissen Sie ihn am meisten?Ich vermisse ihn mehr als Freund denn als Musiker. Klar, er war grossartig, viele meiner Songs sind so viel besser wegen seines fantastischen Gitarrenspiels. Aber viel mehr vermisse ich den Wegbegleiter, den ich mit 18 traf und mit dem ich so viel erlebte, das nur wir erlebten und teilten. Und wir hatten ein gemeinsames kulturelles Bewusstsein: Wir schauten die gleichen Filme, lasen die gleichen Bücher, hörten die gleiche Musik. Einfach in sein Haus rüberzugehen und mit ihm über das zu sprechen, wie wir es immer und bis zuletzt

taten, das ist der grösste Verlust.

Er war jeweils der Erste, dem sie neue Songs vor-spielten?

Ja, seit geraumer Zeit auch meiner Frau. Wobei: Wenn ich ihr oder früher Grant ein neues Lied spiele, ist das auch ein Zeichen, dass ich mich mit dem Lied schon

sehr wohl fühle.

Welche Überraschungen dürfen wir von Ihrem Solo-Konzert erwarten? Spielen Sie alle Songs vom

neuen Album?Nein, nicht alle, aber mehr als von andern Alben. Für dieses Album gilt wohl, dass man es nicht kennen muss, um die Songs zu mögen. Überraschungen?

Aber sicher, Millionen davon.

Da freuen wir uns!Ganz meinerseits. Was ist denn das Palace für ein

Lokal?

Ein schönes Kino aus den 20er-Jahren, ähnlich den alten Londoner Ballsälen, wo sie ja oft spielen.

Sehr schön, dann freue ich mich umso mehr auf diese Show. Und darauf, Martin Schori dort zu treffen!

Am 16.12. spielt Robert Forster im Palace.Eine längere Version dieses Gesprächs, in der Robert Forster verrät, warum er gerne einmal mit Paul McCartney zusammenspielen würde, findet sich

auf www.palace.sg.

HELLO BRISBANE! H A L L O G O - B E T W E E N ! ROBERT FORSTER ZU WEIHNACHTEN.