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72 Das Schwarze Barett Nr. 50 Panzerbataillon 203 „Die Hacketäuer entdecken Wasser und Wurzeln“ Verbände N achdem im ersten Quartal 2013 im Großteil des zweiten Quartals mit dem Übungs- durchgang im Gefechtsübungszentrum des Heeres im Februar und dem Schießübungsplatz Bergen im April die Panzerei im Schwerpunkt stand, er- eilte „Die Hacketäuer“ im Juni zunächst der Ruf an die Hochwasserfront in Sachsen-Anhalt. Im August erkundete das Führerkorps des Bataillons dann die eigenen Wurzeln, indem es im Rahmen einer Weiterbil- dung die 200-Jahr Feier der Schlacht bei Großbeeren besuchte, auf die die Geschichte der Hacketäuer zurückgeht. Unmittelbar im Anschluss übernahm das Bataillon den Ausbildungsauftrag im VN-Ausbildungszentrum in Wild- flecken. Mit der Durchführung der „Zusatzausbildung der Einsatzvorbe- reitenden Ausbildung im Rahmen von Konfliktverhütung und Krisenbewälti- gung“ (ZA EAKK) leisten die Kräfte des Bataillons bis Ende Februar 2014 so einen weiteren Beitrag zum kommen- den Einsatzjahr, neben der Abstellung von etwa 60 Soldaten für ISAF und KFOR im ersten Halbjahr 2014. Im November wurde schließlich das Kommando über das Panzerbataillon 203 von Oberstleutnant Dirk Franke an Oberstleutnant Sascha Zierold über- geben. „Wie das Wetter zur Feindlage wird“ (Das Bataillon im Hochwassereinsatz im Juni 2013) Der Hochwassereinsatz begann für die Panzerbrigade 21 und damit auch für das Panzerbataillon 203 bereits zu Anfang der 23. Kalenderwoche als Folge der Aus- lösung des Katastrophenalarms in Nieder- sachsen und Sachsen-Anhalt. Begann der Dienst am Montag, den 03. Juni zu- nächst noch planmäßig, so stand schnell nicht mehr der eigentliche Dienstplan, sondern die Erfassung und Vorbereitung allen Personals und Materials des Bataillons, das für einen eventuellen Ein- satz genutzt werden könnte, im Schwer- punkt. Bereits am Dienstag wurde darüber hinaus im Stabsgebäude ein Lagezentrum eingerichtet, welches die aktuellen Meldungen zum Stand der Katastrophe sammelte und die Vorbe- reitungen des Bataillons koordinierte. Im Laufe der Woche wurde so auch die Alarmbereitschaft der Truppe immer weiter angehoben. War es zunächst noch eine Alarmierungszeit (notice to move – NTM) von 96h für die Truppe und 24h für die Erkundungskomman- dos der Kompanien, so reduzierte sich diese bis Donnerstagabend auf 12h- NTM für die gesamte Truppe. Ein genauer Einsatzraum stand bis zu- letzt noch nicht fest und auch, ob es Niedersachsen oder Sachsen-Anhalt wer- den sollte, war lange nicht klar. Auf Grund der Pegelverläufe und der Befehls- gebung des Kommandos Territoriale Aufgaben ging man zum Ende der Woche jedoch von einem Einsatz erst zu Beginn der Folgewoche aus. So wurden auch die Vorbereitungen für das am Samstag, den 08.06. geplante Gästeschießen des Bataillons weiter fortgeführt. Für das wichtigste Ereignis im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit der Hacketäuer hatten sich bereits zahlreiche Gäste aus den Patengemeinden und dem Freundeskreis des Bataillons sowie An- gehörige der Soldaten angekündigt. Nachdem es auch am Freitag, den 07.06. zunächst ruhig zu bleiben schien, kam gegen 09:00 Uhr plötzlich die Alarmierung. Das Bataillon sollte mit allen verfügbaren Kräften bereits am Mittag in Richtung Sachsen-Anhalt rollen. Als erster Sammelraum wurde das Gefechtsübungszentrum des Heeres in der Letzlinger Heide befohlen. Mit allen verfügbaren Kräften auf dem Marsch, mussten die Truppen vor dem Kampf gegen das Wasser jedoch zu- nächst gegen den Berufsverkehr auf der BAB 2 um Hannover kämpfen und so Autor: Hauptmann Eike Schulz, KpChef 5./ PzBtl 203 , Abschnitt Großbeeren zusätzlich Hptm Matthias Weishäupl, KpChef 2./ PzBtl 203 Abschnitt Wildflecken zusätzlich OLt Craig McGrath, KpEinsOffz 1./ PzBtl 203

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Panzerbataillon 203 „Die Hacketäuer entdecken

Wasser und Wurzeln“

Verbände

Nachdem im ersten Quartal 2013 im Großteil des zweiten Quartals mit dem Übungs-

durchgang im Gefechtsübungszentrum des Heeres im Februar und dem Schießübungsplatz Bergen im April die Panzerei im Schwerpunkt stand, er- eilte „Die Hacketäuer“ im Juni zunächst der Ruf an die Hochwasserfront in Sachsen-Anhalt.

Im August erkundete das Führerkorps des Bataillons dann die eigenen Wurzeln, indem es im Rahmen einer Weiterbil-dung die 200-Jahr Feier der Schlacht bei Großbeeren besuchte, auf die die Geschichte der Hacketäuer zurückgeht. Unmittelbar im Anschluss übernahm das Bataillon den Ausbildungsauftrag im VN-Ausbildungszentrum in Wild-flecken. Mit der Durchführung der

„Zusatzausbildung der Einsatzvorbe-reitenden Ausbildung im Rahmen von Konfliktverhütung und Krisenbewälti- gung“ (ZA EAKK) leisten die Kräfte des Bataillons bis Ende Februar 2014 so einen weiteren Beitrag zum kommen-den Einsatzjahr, neben der Abstellung von etwa 60 Soldaten für ISAF und KFOR im ersten Halbjahr 2014.

Im November wurde schließlich das Kommando über das Panzerbataillon 203 von Oberstleutnant Dirk Franke an Oberstleutnant Sascha Zierold über-geben.

„Wie das Wetter zur Feindlage wird“(Das Bataillon im Hochwassereinsatz

im Juni 2013)

Der Hochwassereinsatz begann für die Panzerbrigade 21 und damit auch für das Panzerbataillon 203 bereits zu Anfang der 23. Kalenderwoche als Folge der Aus- lösung des Katastrophenalarms in Nieder- sachsen und Sachsen-Anhalt. Begann der Dienst am Montag, den 03. Juni zu-nächst noch planmäßig, so stand schnell nicht mehr der eigentliche Dienstplan, sondern die Erfassung und Vorbereitung allen Personals und Materials des Bataillons, das für einen eventuellen Ein- satz genutzt werden könnte, im Schwer-punkt. Bereits am Dienstag wurde darüber hinaus im Stabsgebäude ein Lagezentrum eingerichtet, welches die aktuellen Meldungen zum Stand der Katastrophe sammelte und die Vorbe-reitungen des Bataillons koordinierte.Im Laufe der Woche wurde so auch die Alarmbereitschaft der Truppe

immer weiter angehoben. War es zunächst noch eine Alarmierungszeit (notice to move – NTM) von 96h für die Truppe und 24h für die Erkundungskomman-dos der Kompanien, so reduzierte sich diese bis Donnerstagabend auf 12h-NTM für die gesamte Truppe.

Ein genauer Einsatzraum stand bis zu-letzt noch nicht fest und auch, ob es Niedersachsen oder Sachsen-Anhalt wer- den sollte, war lange nicht klar. Auf Grund der Pegelverläufe und der Befehls- gebung des Kommandos Territoriale Aufgaben ging man zum Ende der Woche jedoch von einem Einsatz erst zu Beginn der Folgewoche aus. So wurden auch die Vorbereitungen für das am Samstag, den 08.06. geplante Gästeschießen des Bataillons weiter fortgeführt. Für das wichtigste Ereignis im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit der Hacketäuer hatten sich bereits zahlreiche Gäste aus den Patengemeinden und dem Freundeskreis des Bataillons sowie An-gehörige der Soldaten angekündigt.

Nachdem es auch am Freitag, den 07.06. zunächst ruhig zu bleiben schien, kam gegen 09:00 Uhr plötzlich die Alarmierung. Das Bataillon sollte mit allen verfügbaren Kräften bereits am Mittag in Richtung Sachsen-Anhalt rollen. Als erster Sammelraum wurde das Gefechtsübungszentrum des Heeres in der Letzlinger Heide befohlen. Mit allen verfügbaren Kräften auf dem Marsch, mussten die Truppen vor dem Kampf gegen das Wasser jedoch zu-nächst gegen den Berufsverkehr auf der BAB 2 um Hannover kämpfen und so

Autor: Hauptmann Eike Schulz, KpChef 5./ PzBtl 203 ,

Abschnitt Großbeeren zusätzlich Hptm Matthias Weishäupl, KpChef

2./ PzBtl 203Abschnitt Wildflecken zusätzlich OLt Craig McGrath, KpEinsOffz

1./ PzBtl 203

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kam es nur gelegen, dass man sich auf diversen Rastplätzen in die mit Blau-licht und Martinshorn ausgestatteten Kolonnen von Feuerwehr und Techni-schem Hilfswerk (THW) zur Marsch-beschleunigung eingliedern konnte.

Auf die Bataillonsführung kam indes neben der Koordinierung des An-marsches nun auch noch die Heraus-forderung hinzu, einen Tag vor der Veranstaltung allen Teilnehmern des Gästeschießens abzusagen.Während die Panzerbrigade 21 ihren Ge- fechtsstand in der Altmark-Kaserne im GefÜbZH ausbaute, verlegten die Kräfte des PzBtl  203 nach kurzer Tankrast weiter in das Truppenlager Planken, wo die etwa 300 Soldaten und 50 Fahrzeuge die Nacht auf Samstag verbrachten.

Nach einem Samstagvormittag, der ge-prägt war von dem Gefühl, auf heißen Kohlen zu sitzen und endlich helfen zu wollen, kam die Befehlsgebung der Brigade, welche uns einen Einsatzraum zuwies. Der Bataillonsgefechtsstand sollte in das knapp 120km entfernte Dessau ver- legen und dort die Raumverantwortung vom Panzerbataillon 413 übernehmen, welches weiter nach Norden verlegt werden sollte. Dazu wurden die Kräfte der 1./ PzArtBtl 215 und der 3./ PzArtBtl  215 dem PzBtl 203 unterstellt.

Somit umfasste das verstärkte PzBtl 203 mittlerweile etwa 450 Soldaten und gut 90 Fahrzeuge. Den einzelnen Kompanien wurden Einsatzräume rund um Dessau zugewiesen, in welche sie am Folgetag gestaffelt aus dem Lager Planken marschieren sollten. Die ersten Erkundungskommandos sowie ein Ver-bindungselement zum Brigadegefechts-stand wurden bereits am Samstag- nachmittag in Marsch gesetzt.

Am Sonntag, den 09.06. kam es dann zum ersten größeren Ein-

satz. Im Hafengebiet von Magdeburg drohten die Behelfsdeiche zu brechen und ein Umspannwerk sowie eine technische Einrichtung der Polizei überflutet zu werden. In diesem Raum waren bereits starke Kräfte von Feuerwehr und THW sowie des PzGrenBtl 212 und des Jäger- regiments 1 und weiterer Truppenteile eingesetzt. Als weitere Verstärkung wurden nun die Kräfte der 2./  203 und 3./ 203 unter Führung von Hptm Doppmeier dorthin verlegt. Hierbei war der Anmarsch über die teilweise schon überfluteten Straßen meist nur mit geländegängigen LKW möglich.

Im Zusammenwirken aller Kräfte und in einer 24-Stunden Schicht konnte eine Überflutung des Umspannwerkes und der technischen Polizeieinrichtung

mit knapper Not abgewendet werden. Die Folgen eines Scheiterns wären dra-matisch ausgefallen. Eine Überflutung der Polizeieinrichtung hätte zu einem weitläufigen Ausfall des Polizeifunks geführt und ein Ausfall des Umspann-werkes hätte nicht nur große Teile Magdeburgs im Dunkeln stehen lassen, sondern auch zu Ausfällen im Mobil-funknetz führen können, welches auf Grund der starken Dislozierung der Kräfte über den gesamten Hochwasser- einsatz das Führungsmittel Nr. 1 blieb.

Führungsmittel stellten zu Beginn des Einsatzes im Allgemeinen eine unge-kannte Herausforderung dar. Während durch Nutzung aller verfügbaren Dienst- handys gerade mal die Kompaniechefs ausgestattet waren, fand die Masse der Kommunikation über private Mobil- telefone statt. Das Fehlen einer Sammel- ruffunktion wie sie beim VHF-Funk für jeden Gefechtsbefehl genutzt werden kann, erhöhte hier den Zeitbedarf für die Kommunikation erheblich.

Ein weiteres Problem stellte die Ver-fügbarkeit von Kartenmaterial dar. Während so ziemlich jeder ordentliche Panzerkommandant mindestens drei Karten vom Truppenübungsplatz Bergen, Munster und vielleicht auch noch vom GefÜbZH in der Schublade hat,

Transport der Kräfte 3./PzBtl 203 in das Einsatzgebiet Magdeburg 09.06.2013.

Deichbauarbeiten im überfluteten Hafengebiet von Magdeburg 09.06.2013. Fotos: Hptm Doppmeier

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Verbände

war auf Grund der späten Kenntnis des Einsatzraumes eine Vorbereitung mit Karten kaum möglich. Somit blieben zu Beginn nur alle „zusammengekratzten“ Straßenatlanten zur Orientierung übrig und der Kartendrucker der G2Atbeilung der PzBrig  21 stand die ersten Tage nicht eine Minute still.

Nach dem ersten Intermezzo in Magde- burg übernahm das Bataillon nach und nach die Raumverantwortung der Truppenteile der Brigade 41. Dabei hatte das Bataillon durch Unterstellungen von Kräften des Logistikbataillons 172 zeitweise ca. 800 Soldaten und 200 Fahrzeuge unter seiner Führung und mit den Kreisen Salzlandkreis, Dessau-Rosslau, Anhalt-Bitterfeld und Teilen des Kreises Wittenberg Verantwortung in vier Landkreisen übernommen.Auch wenn die Höchstpegel mittler-weile bereits nördlich von Magdeburg

ihre Wirkung entfalteten, so war die Lage im Elbe-Saale Dreieck noch lange nicht entspannt (siehe Luftbild).

Es galt weiterhin die Deiche zu stabilisieren und wichtige Einrich-

tungen wie Schöpfwerke, Tankstellen oder Trafohäuser vor den Wassermassen zu schützen. Am härtesten hatte es hierbei die unmittelbar im Elbe-Saale Dreieck liegenden Orte Calbe und Barby sowie das völlig vom Wasser einge-schlossene Aken getroffen, in welchem die 2./  203 über mehrere Tage mit Einsatz aller Kräfte an der Abdichtung eines Schöpfwerkes sowie der Ver- stärkung des Deiches arbeitete.Die Pegel von Elbe und Saale sanken zwar, jedoch nur sehr langsam. Dies führte dazu, dass die teilweise völlig veralteten Deichanlagen immer stärker durchweichten und damit an Stabilität verloren. Um ein Abrutschen der

Deichböschungen zu verhindern, mussten diese daher teilweise über Kilometer mit Sandsäcken verstärkt werden.

Mit weiter fallenden Pegeln wurde dann nicht mehr das Wasser von Elbe und Saale, sondern das durch die gebrochenen Deiche eingeflossene und nun im Inneren des Elbe-Saale Dreiecks festgehaltene Wasser zum Problem. Das mehrere Tage stehende und durch Abwässer, Düngemittel und andere „Zutaten“ verschmutzte Wasser würde zu einer zu-nehmenden Umweltbelastung werden.

Als eine der letzten Maßnahmen vor der Rückverlegung der Kräfte nach August-dorf unterstützte das Bataillon daher am Samstag, den 15.06. das schwere Pionierbataillon 130 und das THW bei der Sprengung eines etwa 170m breiten Deichabschnittes bei Klein-Rosenburg, was das Abfließen der Wassermassen beschleunigte.Am späten Sonntagnachmittag kehrten die Kräfte des Bataillons nach zehntägi- gem, erfolgreichem Einsatz in den Heimatstandort Augustdorf zurück. Wir konnten damit einen Beitrag zur Sicherheit der Bevölkerung zwischen Magdeburg und Dessau leisten, welcher von selbiger, beispielsweise durch Ein-ladungen zu Dankesfeiern in Aken und Dessau gewürdigt wurde. Das Erfahren der Solidarität vor Ort im Angesicht einer großen Katastrophe, sei es mit andere Helfern oder mit der Bevölkerung, sowie das Gefühl etwas für die Menschen erreicht zu haben, ließ diesen Einsatz für alle als positive Erfahrung in Er- innerung bleiben.

„Auf den Spuren der Hacketäuer“(Das Führerkorps des Bataillons bei der 200-Jahr-Feier in Großbeeren)

Jeder Lagevortrag zur Unterrichtung des Panzerbataillons  203 beginnt mit der Beschreibung des Aufbaus des

Überflutete Landschaft um die Ortschaft Barby im Elbe-Saale Dreieck, 11.06.2013Foto: PzBrig 21

Verstärkter und völlig durchweichter Deich auf der Elbinsel bei Schönebeck am 11.06.2013. Foto: Hptm T. Doppmeier

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Bataillonswappens, welches im linken Bereich das Wappen der Familie von Sparr enthält, und der Geschichte des Bataillonsbeinamens „Die Hacketäuer“ und damit mit den Befreiungskriegen und der „Schlacht bei Großbeeren“ vom 23. August 1813. Diese markiert die Wurzeln der Hacketäuer mit dem Einsatz des 4. Ostpreußischen Reserve-Infante- rie-Regiment, des Vorläuferregiments des späteren Infanterie-Regiments Freiherr von Sparr (3. Westfäli-sches) Nr.  16, das umgangssprachlich „Regiment Hacke Tau“ genannt wurde. Der Bataillonskommandeur Oberst-leutnant Dirk Franke wollte den 200.  Jahrestag der Schlacht zum An-lass nehmen, sich im Rahmen einer Offizierweiterbildung (OWB) mit den historischen Ursprüngen auseinander-zusetzen.

Die Projektleitung wurde an den Kom-paniechef der 2.  Kompanie, Haupt-mann Weishäupl in Zusammenarbeit mit dem Truppenversorgungsstabsoffi- zier, Major Ridderbusch übertragen. Als Dozent wurde schnell ebenfalls ein ehe-maliger 203er, der frühere S3-Stabsoffi-zier, Oberstleutnant a. D. Szczepanski gewonnen. Dieser hatte auch zuvor schon militärhistorische Weiterbildun-gen für den Freundeskreis der Offiziere der Panzertruppe organisiert.

Die historischen Grundlagen zu den Befreiungskriegen und die Ausgangs- lage der Schlacht bei Großbeeren wurden am 20. und 21.08.2013 noch am Standort in Augustdorf durch Arbeits-gruppenphasen im Unterrichtsraum und am aufwändig erstellten Gelände- sandkasten vermittelt. Somit waren die Teilnehmer der OWB auf einem ein-heitlichen Stand und gerüstet für den Start der eigentlichen Geländebegehung. Und so begaben sich am 22.08. erst-mals seit 200 Jahren wieder Hacketäuer auf die Reise ins knapp 400km ent- fernte Großbeeren bei Berlin.Kaum angekommen ging es mit Arbeitsgruppenaufträgen ins Feld, um die Gefechte vom 21. bis 23.08.1813 in der Gegend von Trebbin bis Heiners-dorf zu erarbeiten.So standen die Teilnehmer am 22.08.2013 unter anderem am Nuthe- Graben, einem fließenden Gewässer, das 1813 aufgestaut worden war, um seinen Hinderniswert noch weiter zu erhöhen. Dabei fand die Besprechung auf die Stunde genau zu der Uhrzeit statt, an der 200 Jahre zuvor eben an dieser Stelle eine französische Division unter General Durutte unter schwerem Beschuss der Preußen unter General Thümen einen Übergang über das Hindernis geschaffen hatte. Auch wenn davon im Gelände nicht mehr viel zu erkennen war, so ver-

lieh der historische Kontext dem Ort eine ganz eigene Ausstrahlung.

Tags darauf, am 23.08.2013, dem 200. Jahrestag der „Schlacht bei

Großbeeren“ wurde diese von erhöhter Position mit Blick ins Gelände durch-dekliniert. Eindrucksvoll zeigte die Arbeitsgruppe wie sich Sachsen (auf französischer Seite) und Preußen for- mierten und die erbitterten Kämpfe um die Ortschaft Großbeeren verliefen. Hierbei kam schließlich auch das 4. Ostpreußische Reserve-Infanterie-Regiment nach seiner Aufstellung zum 01.07.1813 erstmals zum Einsatz. Aufgrund des Regenwetters versagten viele Gewehre, so dass todesmutig mit Bajonett und Gewehrkolben gekämpft und zugeschlagen wurde.Dem Regiment gelang es am 23.08.1813 den Windmühlenhügel, der von den Sachsen unter General Lecoq gehalten wurde, zu nehmen und siegreich aus der Schlacht hervorzugehen. Die damit einhergehende Zerschlagung der napoleonischen Berlin-Armee markierte den ersten bedeutenden preußischen Sieg im Herbstfeldzug 1813 und fügt sich in die Reihe von Schlachten ein, die letztlich 1815 in Waterloo mit der Schlacht von Belle Alliance den Nieder- gang Napoleons bedeuteten und die Unabhängigkeit Preußens sicherten.

Auch wenn die Schlacht bei Großbeeren bei Weitem nicht solche historische Aufmerksamkeit genießt wie etwa die Die Teilnehmer

der Weiter- bildung vor der Bülow- Pyramide,

welche auf dem ehemaligen

Windmühlen- hügel bei Groß-beeren errichtet

wurde. Foto: Autor

Inschrift der Bülow-Pyramide als Erinnerung an den Kampf um Berlin.

Foto: Autor

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Völkerschlacht bei Leipzig oder Waterloo, so konnte durch sie doch die preußische Hauptstadt vor der Plünderung bewahrt werden. Dies ist insbesondere dem Einsatz von Bülows zu verdanken, welcher sich für die Auf-nahme des Kampfes westlich von Berlin eingesetzt hatte, wohlwissend, dass dieser verlustreich sein würde. „Unsere Knochen sollen vor Berlin bleichen, nicht rückwärts“ soll er dazu den an ihm vorbei in die Schlacht ziehenden Truppen zugerufen haben.

Nach der Aufarbeitung der 200 Jahre zurückliegenden Ereignisse nahm eine kleinere Abordnung auch noch an den Feierlichkeiten der Stadt Großbeeren am 24.08. teil. 500 historische Reenactment-Darsteller vermittelten einen Einblick in die Zeit der napoleoni- schen Kriege. Nach dem Höhepunkt, der großen Gefechtsdarstellung, bei welcher historische Truppen in Linientaktik gegen- einander marschierten, legte die Abord-nung unter Oberstleutnant Franke zum Abschluss der insgesamt fünftägigen militärgeschichtlichen Weiterbildung einen Kranz zur Erinnerung an die in den Befreiungskriegen und der „Schlacht von Großbeeren“ Gefallenen am Ehrenmal von 1817 nieder.

Die intensive Auseinandersetzung mit der Geschichte der Schlacht sowie das Begehen des Schlachtfeldes genau 200  Jahre nach den eigentlichen Er-eignissen verschaffte den Teilnehmern einen ganz neuen Eindruck davon, was es heißt ein Hacketäuer zu sein und brachte uns dem Regiment, auf dessen Beiname unser Schlachtruf fußt, einen großen Schritt näher. Die in den Be- freiungskriegen kämpfenden Soldaten im Allgemeinen und Heerführer wie von Bülow im Besonderen, sind für alle militärischen Führer gute Beispiele für die im Traditionsverständnis der Bundeswehr hoch gehaltene Liebe zur

Heimat, Entschlussfreude und den Willen zum Kampf, wenn es der Ver- teidigungsauftrag erfordert.

„Im Einsatz für den Einsatz“(Panzerbataillon 203 stellt Ausbil-dungsunterstützungsverband – ZA

EAKK)

Unmittelbar nach der Rückkehr aus Großbeeren begann für große Teile des Bataillons der lange geplante Aus-bildungseinsatz im „Vereinte Nationen Ausbildungszentrum der Bundeswehr“ (VN AusbZ Bw) in Wildflecken. Hier-zu bekam das Panzerbataillon 203 „die Hacketäuer“ den Auftrag ab Ende August dien Ausbildungsunterstützungs- kompanie (AusbUstgKp) des VN AusbZ Bw zu stellen. Darüber hinaus stellt das Bataillon einen Sicherungszug unter Führung des OLt Sehner an die 3./ Panzerbataillon 203 für den KFOR Einsatz im sowie Einzelpersonal für den ISAF Einsatz im ersten Halbjahr 2014 direkt für den Einsatz ab.Für die Teile Wildflecken lautet der Auftrag, von August 2013 bis Februar 2014 unter Führung der 1. Kompanie, die für den Einsatz vorgesehenen Kräfte in unterschiedlichen Lehrgängen best-möglich vorzubereiten. Unterstützt wird die 1./- dabei durch große Teile der 2. und 3.  Kompanie sowie Kräfte des schweren Pionierbataillons  130 aus Minden. Auf Zusammenarbeit ange-wiesen stellt die AusbUstgKp mit dem

selbstständigen Unterstützungszug (SKB) und den Teilen Ausbildungsunter- stützungskompanie VN (A/U Kp) im Zusammenwirken mit der II.Inspektion VN AusbZ Bw rund 400 Soldaten für die Ausbildung der Lehrgangsteilnehmer be-reit. Die disziplinare Führung der Kom- panie und der Lehrgangsteilnehmer wurde dem Technischen Stabsoffizier des Panzerbataillons  203, Oberstleutnant Schulmann, übertragen, welcher damit zu Spitzenzeiten rund 400 Soldaten führt.Gleich zu Beginn der Ausbildung kam der Schwerpunktauftrag: Die Aus-bildung der Mobile Advisory Teams (MAT = ehem. Operational Mentor and Liason Teams, OMLT). Hierzu reisten insgesamt vier Advisory Teams mit 74 Lehrgangsteilnehmern an. Für zwei durchgehende Wochen wurden die Teams in den Themen „Fahrzeugbe-satzungsausbildung“, „Close Combat Attack“, „Tactical Combat Casuality Care“, „Personal Recovery“ sowie „Patrouille auf- und abgesessen“ ausge-bildet. Hierbei stellten die Hacketäuer die Rollenspieler und Auswerter.

So fanden sich unsere jungen Mann-schaftsdienstgrade in ungewohnten Rollen als Dorfbevölkerung oder als afghanische Sicherheitskräfte wieder und unsere einsatzerfahrenen Unteroffiziere konnten ihr Fachwissen gewinnbrin-gend in die Auswertung einfließen lassen. Die schauspielerischen Leistun-gen der Rollenspieler versetzten die

Aufwändig ausge- rüstete Rollenspieler

bei der Durch- führung der Stations-

ausbildung.Foto: VN AusbZ Bw

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Panzerbataillon 203

Lehrgangsteilnehmer von der ersten Sekunde an in ein realistisches Einsatz-szenario. Das Feedback der Lehrgangs- teilnehmer war durchweg positiv und somit konnte die erste Bewährungsprobe des Ausbildungsunterstützungsverban-des als Bestanden verbucht werden. Im Anschluss an die MAT-Ausbildung folgte eine erneute Rollenspielerausbil-dung, um die Kräfte PzBtl 203 auf die kommende Aufgabe der Durchführung der ZA EAKK für das Unterstützungs-personal der International Security Assistance Force (ISAF) vorzubereiten.

Während der zweiwöchigen Vorbe-reitungszeit bekam das VN AusbZ Bw den Zusatzauftrag zur Ausbildung der zivilen Chemiewaffenkontrolleure für Syrien. Die 24 internationalen Lehrgangsteilnehmer, Angehörige der „Organisation für das Verbot von Chemiewaffen“, durchliefen als Vorbe-reitung auf ihren Einsatz im umkämpf-ten Syrien eine einwöchige Ausbildung in Wildflecken. Die an der Ausbildung beteiligten Rollenspieler und Auswerter waren dabei, ebenso wie natürlich die Inspekteure selbst, von großem Medien- interesse begleitet.

Anschließend folgte ein sechswöchi-ger Block ZA EAKK ISAF. Durch

insgesamt vier parallel durchgeführten Stationen mit jeweils maximal 80 Teil-nehmern wurde so eine Gesamtkapazität

des Lehrganges von 320 Soldaten sicher- gestellt.Die Lehrgangsteilnehmer wurden ausge-bildet in den Themen: „Verhalten unter Kampfmittelbedrohung“, „Bewältigung einsatzbedingter Belastungen“, „kom-plexe Lagen“ und „Verhalten in unter-schiedlichen Bedrohungslagen“. Die oftmals sehr heterogenen Ausbildungs-gruppen mussten sich dabei innerhalb von vier Tagen schnellstmöglich zu einer Team formieren, um die gestellten Auf-gaben als gemeinsam bewältigen zu können. Herausforderungen wurden vom Oberst bis zum Gefreiten gemeinsam getragen, Erfahrenere unterstützten weniger Erfahrene und so wuchsen die Gruppen schnell eng zusammen.

Besonders in den Wintermonaten dürfen sich nicht nur die Lehrgangsteilnehmer, sondern auch die Rollenspieler und Aus- werter an den Witterungsbedingungen der oberen Rhön erfreuen. Jeder, der schon einmal einen längeren Aufent- halt auf dem Truppenübungsplatz Wild- flecken miterlebt hat, kann ein Lied davon singen. Und so liegt, während die Rekruten der 5./  203 noch bei angenehmen 5°C über Null ihr erstes Biwak in den Wälder Augustdorfs ver-bringen, in Wildflecken bereits Anfang November der erste Schnee.Im Februar 2014 folgt der Abschluss des Auftrages und somit eine Rückunter- stellung der Kräfte in ihre Stammkom-panien. Es bleibt zu erwarten, dass weiterhin jeder Soldat der Ausbil-dungsunterstützungskompanie durch seinen Einsatz, seine Motivation und seine Professionalität zum Erfolg der Stationsausbildung und damit zu einem wichtigen Element der Einsatzvorberei-tenden Ausbildung beitragen wird.

„Kommandowechsel im November“(Übergabe des Bataillons am 11.11.)

Als weiteres wichtiges Ereignis wurde am 11.11.2013 das Kommando über

Ausbildung der Chemiewaffen-

kontrolleure für Syrien unter großem Medien-

interesseFoto: VN AusbZ Bw

Brigadegeneral Gante übergibt das Kommando über

die Hacketäuer von OTL Dirk Franke

(links) an OTL Sascha Zierold.

Foto: S6 Abteilung PzBtl 203

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Verbände

die Hacketäuer von Oberstleutnant Dirk Franke an Oberstleutnant Sascha Zierold (zuvor Chef des Stabes Panzergrenadierbrigade 37) übergeben. Am 08.11. nach 666 Tagen (biblische Anlehnungen zur Offenbarung des Johannes seien hiermit ausgeschlossen) in der Führung, übergab mit einem feierlichen Appell der Kommandeur der PzBrig 21 das Kommando über das PzBtl 203 von OTl Dirk Franke an OTl Sascha Zierold. Mit der feierlichen Übergabe der Ba- taillonsfahne an Oberstleutnant Zierold und dem symbolischen Handschlag war die Übergabe besiegelt und es konnte zum Empfang in der Heimgesellschaft übergegangen werden, der gut besucht war. Die Generale Marlow, Breuer und Kropf gaben, wie auch Gräfin v. Sparr, die Bürgermeister der Patengemeinden

oder deren Vertreter sowie eine kleine extra aus Großbeeren angereiste Abord-nung dem scheidenden und dem neuen Kommandeur die Ehre.

„Kerngeschäft wieder fest im Blick“(Ausblick in 2014)

Der Kernauftrag der Panzerei mit Ge-fechtsdienst. Schießausbildung und Gefechtsschießen steht im Zentrum aller Ausbildungsanstrengungen. Erstmalig wird das Bataillon intensive Gefechts- und Schießausbildung mit Großgerät auf dem Truppenübungs-platz Oberlausitz unter den Rahmen- bedingungen des Pilotprojektes „Dynamisches Verfügbarkeitsmanage-ment“ absolvieren, bei welchem die Materialverantwortung zu größten Teilen an die Heeresinstandsetzungslogistik

abgegeben werden wird. Darüber hinaus wird in 2014 die Erprobung eines ersten Exemplars des neunen KPz-Leopard 2A7 bei 2. Kopanie er-folgen.Kurzum, ein weiteres spannendes Jahr mit vollem Lastenheft.

„Hacke Tau - Et geit fort Vaterland!“�� �Kurzvita Autor:02-2007 – 09-2007 KpEinsOffz 3./PzBtl 20309-2007 – 08-2011 Studium Wirtschaftsingenieurwesen UniBw-Hamburg08-2011 – 11-2013 ZugFhr-I 2./PzBtl 20311-2012 – 10-2013 KpEinsOffz 2./PzBtl 20310-2013 – heute KpChef 5./PzBtl 203