Papst Benedikt XVi. im heiligen...

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Benedictus PP. XVIin Terra Sancta X 8 -15 Maii 2009

PapstBenedikt XVI.im Heiligen Land

8.–15. Mai 2009

Sonderausgabe Jahr 75

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Jerusalem

Jahr 75Sonderausgabe

PapstBenedikt XVI.im Heiligen Land8.–15. Mai 2009

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LATIN PATRIARCHATE PRINTING PRESSBEIT JALA — 2009

Inhaltsverzeichnis

Vorwort von Seiner Seligkeit Patriarch Fouad Twal 2___________________________________________________________________________________________

Der Besuch des Heiligen Vaters Papst Benedikt XVI.im Heiligen Land – ein Überblick 5 •Der Papst in Jordanien 5 •Der Papst in Israel 30 •Der Papst in Jerusalem 36 •Der Papst in der Palästinensischen Autonomiebehörde 47 •Der Papst in Nazareth 58 •Der letzte Tag in Jerusalem 69___________________________________________________________________________________________

Ansprachen •von Patriarch Fouad 77 - an der Universität in Madaba 80 - im Internationalen Stadium in Amman 83 - im Päpstlichen Institut Notre Dame of Jerusalem Center 86 - in der Konkathedrale von Jerusalem 88 - in Gethsemani 90 - in Bethlehem 93 - beim Heiligen Grab 96 •von Bischof Salim Sayegh 98 - an der Taufstelle Jesu 98 •von Bischof Giacinto-Boulos Marcuzzo 101 - beim Interreligiösen Treffen in Nazareth 101___________________________________________________________________________________________

Die Botschaft von Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land 104 •Der Pilger 105 •Der Hirte 106 •Der Mann des Dialogs 120 •Der Friedensstifter 131 •Die Einheit Gottes, die Einheit der Menschheitsfamilie 145___________________________________________________________________________________________

Dankbrief von Papst Benedikt XVI. 147Antwort von Patriarch Fouad 148

Jersusalem möchte Christo Asfour, Marie-Armelle Beaulieu (C.T.S.), Peter Dammon (Agentur Focus), Ariel Jerozolimski und Gabriela Mihlig für die Bereitstellung ihrer Fotos besonderen Dank aussprechen.

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“Ich kommeals Pilger and Hirte”

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Vorwortvon Seiner Seligkeit Patriarch Fouad Twal

Wer hätte jemals vorhersagen können, daß die Pilgerreise von Seiner Heiligkeit Papst Benedikt XVI. so gut verlaufen würde? Vom Moment der offiziellen Verlautbarung seines Besuches an wurden in der Tat viele Stimmen auch von christlicher Seite her laut, welche ihre Zweifel über die Nachricht von solch einer Reise äußerten. Es muß auch gesagt werden, daß sich - vom menschlichen Standpunkt aus betrachtet - die politische Situation in Israel und Palästinensischen Autonomiebehörde stark verschlechterte und der Friedensprozeß als völlig blockiert erschien. Was die palästinensische Sichtweise betrifft, bringt sie die folgende Frage zum Ausdruck: Stieg denn nicht noch immer der Rauch von dem israelischen Bombardement auf Gaza über ihrem Territorium auf? War da nicht eine völlig traumatisierte Bevölkerung zu sehen, welche den blutigen Gazakrieg, der über sie herabregnete, erlitt? Von israelischer Seite aus stellt sich zudem die Frage, ob nicht die vielen kürzlich geschehenen Ereignisse, und die deutsche Volkszugehörigkeit von Papst Benedikt XVI. dazu geführt haben könnten, daß die Herkunft der Katholischen Kirche, ihre Versöhnung und ihre Solidarität mit ihren „älteren Brüdern im Glauben“ in Zweifel gezogen schien? Kurz gesagt, beide Seiten, Araber wie Israelis, befanden sich in einem Zustand extremer Sensitivität. Und wir konnten nicht helfen, sondern wir stimmten all jenen Menschen zu, die dachten, der Zeitpunkt wäre ungeeignet und der Besuch des Heiligen Vaters würde scheitern und für ein politisches Ende der einen oder anderen Partei ausgenutzt. An diesem Punkt angelangt, erwog die Versammlung der Katholischen Ordinarien im Heiligen Land sogar den Wunsch, die Reise zu verschieben. Jedoch sind Gottes Wege nicht die des Menschen. Wieder einmal zeigte sich, daß sich das biblische Wort vom Propheten Jesaja als wahr erwies: „Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken und eure Wege sind nicht meine Wege, Spruch des Herrn.“ (Jes 55,8) Ja, Gott sei Dank, der Besuch des Heiligen Vaters war in der Tat ein Erfolg und ein Segen! Alle Teilnehmer haben den Frieden, die Menschlichkeit, die Freundlichkeit, die Liebe und die Wahrheit, welche in den Worten und Handlungen Papst Benedikts XVI. während seiner Pilgerreise nach Jordanien, Israel und zu den Territorien palästinensischer Autorität zum Ausdruck kamen, bemerkt. Der Papst kam vor allem als Pilger und deshalb in einer demütigen und betenden Geisteshaltung, weil er sich selbst „an den Heiligen Stätten unserer Erlösung und Wiedergeburt in Christus“ der Betrachtung übergeben hat (Besuch des Heiligen Grabes).

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Als Hirte kam er, um seine geliebte Herde im Heiligen Land zu trösten, zu stärken und zu ermutigen - und auch, um zu einer allgemeinen Umkehr aufzurufen, damit die Menschen „Mut haben mögen, die fruchtlosen Wege ihres Denkens, Handelns und Reagierens zu verlassen“ (Heilige Messe in Bethlehem). Als Friedensstifter hat Papst Benedikt XVI. aufgezeigt, wie sehr der israelisch-palästinensische Konflikt das Heilige Land weiterhin auseinanderreißt. Der Heilige Vater betonte, daß die Resolution des Konfliktes in der Verantwortung der politischen Führer und der Internationalen Gemeinschaften liegt. Er rief Führer und Einwohner beider Völker auf, „eine neue ‚geistliche’ Infrastruktur zu errichten, welche fähig ist, die Energien aller Männer und Frauen guten Willens im Dienst der Erziehung, Entwicklung und Förderung der gemeinsamen Güter zu stehen, zu galvanisieren.“ (Messe in Bethlehem) Im selben Atemzug rief er wiederholt seine Zuhörer auf, „in der Menschlichkeit Fortschritte zu machen“, dem einzigen wahren Fortschritt, der befähigt, eine gerechte Gesellschaft zu bauen, worin jeder Mensch seinen Platz hat. Schließlich wird der Aufruf, den der Papst am 15. Mai machte, unmittelbar bevor er das israelische Territorium verließ, noch ein lang anhaltendes Echo in unserem Geist und in unseren Herzen haben: „Kein Blutvergießen mehr! Keine Kämpfe mehr! Kein Terrorismus mehr! Kein Krieg mehr! Laßt uns stattdessen den Teufelskreis der Gewalt durchbrechen! Laßt bleibenden Frieden herrschen, der auf Gerechtigkeit gründet, laßt echte Versöhnung und Heilung walten. Es möge allgemein anerkannt werden, daß der Staat Israel das Recht hat, zu existieren und Frieden und Sicherheit innerhalb international vereinbarter Grenzen zu genießen. Ebenso möge anerkannt werden, daß das palästinensische Volk Recht auf eine souveräne, unabhängige Heimat, auf ein Leben in Würde, und auf Reisefreiheit hat. Die Zwei-Staaten-Lösung möge Wirklichkeit werden und nicht ein Traum bleiben. Von diesen Ländern her soll sich der Frieden ausbreiten, sie sollen als ‚Licht für die Völker’ (Jes 42,6) dienen und den vielen anderen Regionen, die unter Konflikten leiden, Hoffnung bringen.“ (Abschiedszeremonie, Ansprache von Papst Benedikt XVI., Internationaler Flughafen Ben Gurion). Dieser Aufruf nach Frieden in einem geteilten Heiligen Land war ein Leitmotiv, das, obwohl notwendig, gerade darin beinahe den Höhepunkt erreichte. Jedoch zu glauben, daß das Heilige Land ein Modell des Friedens für die Völker werden möge, ist eine andere Sache: Es offenbart eine Hoffnung, die im Jenseits ihren Ursprung hat. Als Bischof der Kirche von Rom, „welcher den Vorsitz der Liebe hat“, hob der Papst die reiche Vielfalt und Komplementarität der verschiedenen wunderschönen Riten innerhalb der Katholischen Kirche hervor. Er sprach auch kraftvolle Worte der Ermutigung für die Einheit und Gemeinschaft unter den Christen, zögerte nicht, über „die Schande unserer Spaltungen“ zu reden und hat die Kirchen aufgerufen „gemeinsam Zeugnis für die Liebe des Vaters zu geben“ (Besuch des Griechisch-Orthodoxen Patriarchates). Faktum ist, daß Benedikt XVI. vor allem als ein Mensch der Hoffnung kam. Es gab kaum eine Ansprache, in welcher er nicht die Zuhörer aufrief, sich zu öffnen und die Tugend der Hoffnung zu nähren, welche eine übernatürliche Gabe Gottes ist. Oh, welch´ ein Segen für dieses Land, welches in unseren menschlichen Grenzen unter Verdacht

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steht, die Hoffnung verloren zu haben! Es ist notwendig, die Worte Benedikts XVI., welche er im Namen Christi an uns richtet, zu lesen und nochmals zu lesen und sie zu meditieren und sich dann zu bemühen, diese in die Praxis umzusetzen. Das ist nun die Herausforderung, die vor uns steht. Für uns, die Kirche des Heiligen Landes, ist es eine einzigartige Möglichkeit, unsere Identität, unsere Berufung und unsere Mission auf dieser Welt zu vertiefen. Unser Herz kann erwärmt, erneuert und gestärkt daraus hervorgehen, um nicht länger vom Mitleid politischer Illusionen, der verführerischen Stimme der Medien, oder unseren eigenen Ängsten verwirrt zu werden. Jerusalem als die spezielle Kernfrage, wurde aus folgendem Grund zur Sprache gebracht: Eine Auswahl und Zusammenstellung diesbezüglicher Papstreden möchten wir - dem Thema entsprechend - unseren Freunden und Lesern als Idee von der Reichhaltigkeit der Botschaft Papst Benedikts XVI. geben und in ihnen den Wunsch wecken, diese in die Lebenspraxis umzusetzen - entweder im Heiligen Land, oder anderswo. Im selben Geist werden wir in Kürze eine Sammlung von Papstreden in verschiedenen Sprachen veröffentlichen und in unseren Pfarreien verteilen. Möge Gott gewähren, daß uns die kürzlich stattgefundene Pilgerreise von Papst Benedikt XVI. einen Neubeginn im Glauben, in der Hoffnung und in der Liebe für das Wohl des Heiligen Landes und für das Heil der Welt gibt!

+ Fouad Twal Lateinischer Patriarch von Jerusalem

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Der Besuchdes Heiligen Vaters Papst Benedikt XVI.im Heiligen Land – ein Überblick

Der Papst in Jordanien

Freitag 08. Mai 2009 startete um 09.30h das Flugzeug vom Flughafen Fiumicino und brachte Papst Benedikt XVI. in das Heilige Land. Wie seine Vorgänger Paul VI. im Jahr 1964 und Johannes Paul II. im Jahr 2000, begann auch Benedikt XVI. seine Pilgerreise in das Heilige Land in Jordanien, einem Land, das reich an Ereignissen der biblischen Frohbotschaft ist. Für das Patriarchat von Jerusalem ist Jordanien von wesentlicher Be-deutung: Die Diözese des Lateinischen Patriarchates umfaßt 130.000 Gläubige, wovon mehr als die Hälfte (etwa 70.000) Jordanier sind. Aus ihnen geht auch die Mehrheit der priesterlichen Berufungen hervor. Insgesamt umfassen die verschiedenen christli-chen Kirchen Jordaniens ungefähr 220.000 Personen, was beinahe schon die Hälfte der Christen im Heiligen Land ausmacht. Der Heilige Vater gab in der traditionellen Pressekonferenz im Flugzeug die drei Schlüsselthemen seiner Pilgerreise bekannt: Friede, interreligiöser Dialog und die Christen im Heiligen Land. Der Papst sagte, daß die Kirche, als „geistliche Kraft“ hel-

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fen könnte, den Frieden durch das Gebet, die Gewissensbildung und den Appell an die Vernunft aufzubauen. Im Hinblick auf den religiösen Dialog mit Juden und Muslimen betonte er nicht nur die Notwendigkeit, mit dem „bilateralen Dialog“ voranzuschreiten, wo die Kirche mit den Juden auf der einen Seite, und mit den Muslimen auf der ande-ren Seite spricht – dasselbe gelte auch für den „trilateralem Dialog“ als gemeinsames Gespräch mit Christen, Juden und Muslimen. Zuletzt hat er auch die Frage nach den Christen im Heiligen Land und ihre ernsten Probleme im Hinblick auf die Auswande-rung angesprochen. Benedikt XVI. sagte, er wollte die Christen an diesem Ort ermu-tigen, ihre schwierige, jedoch außerordentlich wichtige Berufung zu akzeptieren: „So hoffe ich, daß die Christen wirklich den Mut, die Demut und die Geduld finden können, in diesen Ländern zu bleiben und ihren Beitrag zur Zukunft dieser Länder zu leisten.“ Gegen 14.30h landete das Flugzeug des Papstes auf der Landebahn des Queen Alia International Airport in Amman. König Abdullah II. und Königin Rania von Jor-danien bereiteten einen sehr herzlichen Empfang, indem sie den Heiligen Vater – gänz-lich gegen die protokollarischen Bestimmungen - bereits an den Stufen der Gangway

begrüßten. Die Grundlage für einen dreitägigen Besuch, die von einem Klima der Freund-lichkeit, des Respekts, des Dia-loges und des Friedens geprägt wurden, war somit gegeben. Ein angesehenes Emp-fangskomitee erwartete PapstBenedikt XVI.: Mitglieder der königlichen Familie, die offizi-ellen Regierungsvertreter, das hohe Militär Jordaniens, Reli-gionsführer, Christen und Mus-lime. Unter den Autoritäten der christlichen Kirchen befanden sich vorrangig Seine Seligkeit Fouad Twal, der Lateinische Patriarch von Jerusalem. Er hieß den Heiligen Vater im Namen der Versammlung der Katholischen Ordinarien des Heiligen Landes („The Assem-bly of the Catholic Ordinaries of the Holy Land“, im folgen-den kurz „ACOHL“genannt), denen er als Patriarch vorsteht,

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willkommen. Es ist bedeu-tend zu erwähnen, daß der Heilige Vater zu allererst auf die Einladung von den Ka-tholischen Ordinarien geant-wortet hatte, und sich dazu entschlossen hatte, diese Pil-gerreise anzutreten, obgleich auch die Regierungen Jorda-niens, Israels und Palästinas den Papst offiziell eingeladen hatten. Als Antwort auf die sehr herzliche Begrüßungs-rede Seiner Majestät König

Abdullahs II. drückte der Heilige Vater seine Freude über „seine erste Reise in den Mittleren Osten seit seiner Erwählung zum Papst“ aus und bot dem Haschemitischen Souverän zu seinem 10. Jahrestag seiner Thronbesteigung seine Glückwünsche dar. Unverzüglich nach der Begrüßungszeremonie am Flughafen besuchte Papst Benedikt XVI. das Our Lady of Peace Center (auch Regina Pacis Center genannt), welches sich 12 km von Amman entfernt in Um al-Kundum befindet. Es wurde in den Jahren 2001 – 2004 unter der Führung von Bischof Salim Sayegh, dem Lateinischen Patriarchalvikar von Jordanien, errichtet. Das Hauptanliegen dieses Zentrums ist es, Menschen mit Behinderungen zu empfangen, zu versorgen und zu rehabilitieren. So wird ihnen geholfen, Anerkennung und soziale Integration zu erlangen, während die jordanische Gesellschaft dahingehend ausgebildet wird, ein größeres Bewußtsein sowie Respekt für deren Würde und Rechte zu bekommen. Ein Team aus Christen und Muslimen, bestehend aus vielen jungen Menschen, arbeitet mit Personen, die an Behinderungen leiden, um im Dienst an den Schwächsten ein Modell der Zusammengehörigkeit und eine Zusammenarbeit für Menschen verschiedener Glaubenszugehörigkeit zu bieten. Das Zentrum beherbergt kostenlos jene Personen, die in Not sind – unabhängig von ihrer religiösen oder politischen Zugehörigkeit und ihres sozialen Status. Dieses Zentrum steht jungen Christen sowohl für stille Einkehrtage, als auch für Bildung und Aktivitäten zur Verfügung. Gegenwärtig wird ein neuer Gebäudetrakt erbaut, welcher dazu dienen soll, eine größere Zahl von Menschen in Not aufzunehmen. Von jenseits des Jordans fanden sich junge Menschen mit

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Vatikan- und Jordanienflaggen ein, welche auch Spruchbänder mit Aufschriften in verschiedenen Sprachen in den Händen hielten. Der Refrain „Benedetto, Benedetto“, welcher von Rev. Bashir Bader komponiert wurde, war wiederholt in der gesamten Pilgermenge zu hören gewesen. In dieser jubelnden und feierlichen Atmosphäre wurde der Heilige Vater willkommen geheißen. Nachdem er die Versammlung begrüßt hatte, betrat Benedikt XVI. die Kirche des Guten Hirten, dem Herzen des Our Lady of Peace Centers, wo Mitglieder des Personals, zivile und religiöse Persönlichkeiten und Wohltäter warteten. In seiner An-sprache an den Heiligen Vater, erwähnte Patriarch Twal die Person des Guten Hirten, die in der Perikope von Ezechiel zu finden ist: „Die verloren gegangenen Tiere will ich suchen, die vertriebenen zurückbringen, die verletzten verbinden, die schwachen

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kräftigen, die fetten und starken behüten. Ich will ihr Hirt sein und für sie sorgen, wie es recht ist.“ (Ez 34,16). Er lud den Papst auch ein, sich darüber zu freuen, daß durch diese Arbeit „viele Menschen die Güte Gottes und des Guten Hirten, der uns führt, erfahren haben. Vie-le Menschen haben entdeckt, daß es möglich ist, im Vertrauen dar-auf zu arbeiten, eine Gesellschaft aufzubauen, die die Würde jedes Menschen ‒ beginnend mit den Schwächsten und den Verletzlichs-ten ‒ achtet.“ Papst Benedikt XVI. dankte in seiner Rede dem Lateinischen Patriarchat, und insbesondere Bischof Sayegh, dem Gründer und Direktor des Zentrums, zusammen mit Patriarch Emeritus Michel Sabbah, der das Projekt von einem materiellen Standpunkt aus unterstützte. Das Our Lady of Peace Center hat viel Nutzen aus der Großzügigkeit der vielen Spender, insbesondere der Spanischen Stiftung Promoción Social de la Cul-tura, gezogen, welche von Fräulein Pilar Lara Alan, Präsidentin, und Frau Macarena Cotelo, Projektdirektorin, repräsentiert wurden. Der Papst lobte sowohl die Mitglieder des Personals im Zentrum, als auch die behinderten Personen. In seiner kurzen An-sprache, die eine Meditation über den Sinn des menschlichen Leidens, das manchmal schwer zu verstehen ist, beinhaltete, sagte er, daß, wenn es akzeptiert und begleitet wird, „uns helfen kann, Dinge zum Besseren zu verändern. Durch unsere eigenen Prü-

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fungen und an der Seite anderer Menschen in ihren Schwierigkeiten sehen wir das Wesen unseres Menschseins. Wir werden, sozusagen, menschlicher.“ Beim Verlassen des Our Lady of Peace Center stattete Papst Benedikt dem Kö-niglichen Palast in Amman-Husseiniyye einen Höflichkeitsbesuch bei seiner Majestät dem König und der Königin von Jordanien, sowie deren Familie ab.

Am folgenden Tag, dem Samstag, 9. Mai, nach der Feier der Heiligen Messe in der Kapelle der Apostolischen Nuntiatur in Amman, besuchte der Papst die Basilica of the Memorial of Moses on Mount Nebo. Wie schon sein Vorgänger, Papst Johannes Paul II., betrachtete er die Steppen von Moab, dem Toten Meer, dem Jordantal und dem dahinter liegenden Land von Judäa. Pater José Rodriguez Carballo OFM, Generalminister des Franziskanerordens, überbrachte eine Willkommensbotschaft, in welcher er den Papst mit Mose verglich, der auch ein Hirte und Pilger war. Er führte, nährte und unterrichtete das Volk Gottes während vierzig Jahren in der Wüste und betrachtete vom Gipfel des Berges Nebo aus das Gelobte Land: „Heiliger Vater, Sie wollten hier ein Pilger sein, um uns zu erinnern,

Photo : L'Osservatore Romano

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daß das die Kondition des Volkes Gottes ist. Während dieser Reise sind Sie nicht allein. Wir möchten Sie begleiten, besser Ihnen nachfolgen, wie einst das Volk Israel Mose gefolgt war und von ihm geführt wurde. Wir, unsererseits, fühlen uns auch in einem Wüstenland und bedürfen auch eines Hirten, der uns zum Herrn führen und der uns jetzt helfen möge, Ihn immer mehr als den kennen zu lernen, der der vorhergesagte und barmherzige Vater ist, der sich offenbart hat in unserem Herrn Jesus Christus.“ Pater Jose erwähnte seinen Mitbruder, Frater Michele Piccirillo OFM, Archäologe und berühmter Liebhaber von Jordanien, der sehr viele verborgene Schätze ans Tageslicht gebracht hat, am 26. Oktober 2008 verstarb und auf der Berghöhe des Berges Nebo be-graben ist, den er so sehr liebte. In seiner Rede hat ihn Papst Benedikt lobend erwähnt.

Später am Vormittag auf seinem Weg zum Platz, wo die Madaba Universität bald er-öffnet werden wird, und wo er deren Grundstein segnete, durchquerte der Heilige Vater – zu diesem Anlaß feierlich bekleidet - das christliche Stadtviertel. An der Seite, wo die Universität errichtet wird, wurde ein Zeremonienzelt aufgebaut, um den Heiligen Vater und alle Gäste, inklusive Seine Königliche Hoheit Prinz Ghazi ibn Mohammed ibn Talal, viele zivile und religiöse Persönlichkeiten, der Präsident und die Verwal-tungsbehörde der Universität als auch Wohltäter und Freunde zu begrüßen. Am Ein-gang des Zeltes wurde Benedikt XVI. von Patriarch Fouad Twal, Patriarch Emeritus Michel Sabbah, Bischof Salim Sayegh, Bi-schof Giacinto-Boulos Marcuzzo, Bischof Kamal Bathish als auch vom Erziehungs-minister, dem Bürgermeister von Madaba, dem Major von Madaba und dem Rektor der Universität willkommen geheißen. Seine Seligkeit Patriarch Fouad Twal begann seine Ansprache, indem er wieder-holt auf dieses schöne und anspruchsvolle Projekt verwies, das Dank der besonderen Unterstützung des Heiligen Vaters Papst Benedikt XVI. möglich geworden war, da

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er es persönlich in seinem Herzen getragen hatte. Er dankte auch Seiner Majestät dem König Abdullah II., der von Seiner Königlichen Hoheit Prinz Ghazi vertreten war, und seiner Regierung für ihre Unterstützung und Förderung. Seine Seligkeit brachte auch die Geschichte der lateinischen Schulen in Erinnerung, die in der Mitte des 19. Jahr-hunderts in Dörfern zu einer Zeit gegründet wurden, in der Bildung auf die Randzo-nen der wohlhabenden Stadtbevölkerung begrenzt war. Heute, Dank der felsenfesten Unterstützung des Heiligen Stuhles und des Ordens des Heiligen Grabes, besitzt und leitet das Lateinische Patriarchat von Jerusalem 45 Schulen in Jordanien, Palästinen-sischen Autonomiebehörde und Israel. Zählt man die anderen katholischen Schulen dazu, kommt man auf ein Netzwerk von 116 Einrichtungen, die für zehntausende Stu-denten von allen sozialen Schichten und ohne Diskriminierung Bildung zur Verfügung stellen. In Bezug auf die Mission der Universität von Madaba sagte Patriarch Twal: „Wohin immer die Kirche gegangen ist, so war doch stets die Leidenschaft für den Menschen ihr zentrales und fundamentales Anliegen. Mit großer Erwartung wagen wir dieses neue Projekt in der Hoffnung, daß viele unserer jungen Menschen die Mög-lichkeit haben werden, das Wagnis ihrer menschlichen Existenz - ausgestattet mit der bestmöglichen Ausbildung – in einem gesunden Milieu zu leben.“ In seiner Rede würdigte der Heilige Vater die Königliche Familie – in beson-derer Weise Königin Rania – und die Regierung für ihre Sorge daran, den Unterricht und die Bildung in Jordanien zu entwickeln und zu verbessern. Danach richtete er seine Überlegungen an die engen Beziehungen zwischen dem Streben nach Wahrheit und moralischer Rechtschaffenheit, um dem Gemeinwohl zu dienen. Am Ende seiner Rede enthüllte er den Gründungsstein der zukünftigen Universität und segnete ihn.

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Der Stein trägt die folgende Inschrift: „Im Königreich Seiner Majestät König Abdul-lah II Ibn Al Hussein, Seine Heiligkeit Papst Benedikt XVI. segnete und legte den Gründungsstein der Universität von Madaba, 9. Mai 2009, während seiner Pilgerreise in das Heilige Land.“

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Die Universität von Madaba

Die neue Universität von Madaba ist das neueste und modernste Zentrum wis-senschaftlicher Innovation und akademischer Arbeit in dieser Region. Es bringt den Menschen in dieser Region gedeihende und zukunftsfähige Wurzeln und wird auf dem Prinzip einer friedlichen Koexistenz zwischen Völkern grund-gelegt sein. Dieses Institut höherer Bildung wird von der englischen Sprache als Unterrichtssprache Gebrauch machen. Es wird eine hochwertige qualitative Ausbildung auf Grundlage von Toleranz und gegenseitigem Respekt bieten, Zusammenhalt und moralischer Rechtschaffenheit. Das Land von Jordanien wurde als Platz für diese Universität wegen seiner politischen, ökonomischen Stabilität gewählt, die es ermöglicht, Studenten aller Teile des Haschemitischen Königreiches und anderen arabischen Ländern anzuziehen. Nichtsdestoweni-ger ist die Universität vorrangig für die Menschen in dieser Region von Madaba bestimmt. Die Universität wird 34 Studienfächer abdecken, welche in 7 Colleges unterteilt sind: Wirtschaft und Finanz (6 Abteilungen), Ingenieurwesen (4 Ab-teilungen), Wissenschaft und Gesundheitsberufe (8 Abteilungen), Informati-onstechnologie (3 Abteilungen), Wissenschaft (4 Abteilungen), Sprachen und Kommunikation (4 Abteilungen), Kunst und Design (5 Abteilungen). Die Universität möchte jedem Mitglied der geplanten 8.000 Studierenden dienen. Deshalb wird nur eine beschränkte Anzahl in jeder Abteilung akzep-tiert. Das Universitätspersonal wird aus nahezu 500 Akademikern und 350 Technikern, Verwaltungspersonal und Assistenten bestehen. Die Gesamtfläche des Campus wird auf etwa 500.000 Quadratmeter geschätzt. Was die Infrastruktur der Universität betrifft, werden Indoor- und Out-door-Sporteinrichtungen errichtet. Ein Fußgängerweg wird die verschiedenen Teile des Campus miteinander verbinden. Eine limitierte Fahrmöglichkeit für Studenten mit Behinderungen wird auch gegeben sein. Ein grünes Gebäude, das mit regenerativer Energie erhalten wird, wird auf dem Campus errichtet. Es wird Wasser wiederaufbereiten und geothermale Quellen zum Betreiben verwenden. Dieses wird im Mittleren Osten das erste Bauwerk von dieser Art sein.

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Der Papst folgte an diesem Tag dem sehr dichten Programm und ging weiter zur Al-Hussein Bin Tala Moschee in Amman. Während seines Aufenthaltes in Jordanien, wollte Papst Benedikt XVI. die Wichtigkeit des Katholisch-Muslimischen Dialoges betonen. An der Moschee wurde der Papst von Seiner Königlichen Hoheit Prinz Ghazi Bin Muhammad Bin Talal, dem Cousin und Repräsentanten des Königs Abullah, der weltweit für seinen affirmativen und erleuchteten Einfluß im interreligiösen Dialog an-erkannt ist, empfangen und geleitet. Es war dies der zweite offizielle Besuch als Papst in einer Moschee nach dem Besuch in der Blauen Moschee in Istanbul im Jahre 2006. Sie teilten in der Moschee „einen Moment der Meditation“, und gingen danach zum Austausch der Ansprachen in den Hof hinaus. Im Königlichen Hof der Moschee waren auch die muslimischen Religionsführer präsent, sowie Mitglieder des Diplomatischen Corps und die Rektoren der Universitä-ten Jordaniens. Prinz Ghazi sprach zuerst, um den Heiligen Vater kraft seiner vier Titel willkommen zu heißen: „Als Muslime, als Haschemit und Nachkomme des Propheten Mohammed und als Araber und Nachkomme des Ismael und schließlich als Jordanier.“ Er gab einen Rückblick über die lange Entwicklung und die gegenwärtigen Fortschritte im islamisch-katholischen Dialog unter Bezug auf die zwei grundlegenden Schritte in der Linie, die Papst Benedikt XVI. in seiner Ansprache im Jahr 2006 in Regensburg vorgegeben hatte: Den offenen Brief „A common Word between Us“ - adressiert an den Papst und die Hierarchen der anderen christlichen Konfessionen, datiert vom 13. Oktober 2007 und herausgegeben von 138 Muslimschülern – inklusive Prinz Ghazi selbst, der einer der Hauptautoren dieses Briefes ist, und das erste Seminar des Inter-national Katholisch-Muslimischen Forums, welches vom 4. – 6. November 2008 mit

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Papst Benedikt XVI. stattfand, deren Schlußzeremonien er selbst im Vatikan vorge-standen hatte. Der Prinz würdigte auch das frühere Vermächtnis, die Loyalität und die vielen Beiträge der christlichen Gemeinschaft im Leben und in der Geschichte Jorda-niens. Er hieß Benedikt XVI. willkommen, in welchem er „ein geistliches Oberhaupt von 1.1 Milliarden Katholiken sieht, die an vielen Orten Seite an Seite mit Muslimen leben“, einen Papst, „der den interreligiösen Dialog und den intra-religiösen Dialog zu einer Priorität in seinem Pontifikat gemacht hat“, um guten Willen und Verständnis unter allen Menschen auf der Erde zu verbreiten. Er nannte Papst Benedikt XVI. „ein Staatshaupt, das mutige Worte zu globalen Themen anbietet, und schließlich einen Pil-ger des Friedens, „der gekommen ist, mit Demut und Güte zu beten, wo Jesus Christus der Messias – Friede sei über ihm! – getauft wurde und vor 2000 Jahren seine Mission begann.“ In seiner Antwort dankte Papst Benedikt Prinz Ghazi und brach-te auch seine Zufrie-denheit über den be-reits guten Verlauf zum besseren gegenseitigen Verständnis zwischen Katholiken und Musli-men zum Ausdruck. Er

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widmete den Großteil seiner Rede dem Thema des Dialoges und der Zusammenarbeit zwischen Christen und Muslimen, indem er aus dem Brief der 138 Offiziellen zitierte, jedoch auch aus älteren Dokumenten zitierte, wie unter anderem aus der Amman Mes-sage von 2004 und der Amman Interfaith Message von 2005. Schließlich anerkannte der Papst die Arbeit, die vom Königlichen Institut für Interreligiöse Studien und Is-lamischen Glauben geleistet wurde. „Solche Initiativen“, sagte er, „führen klar zu ei-nem besseren Verständnis und sie fördern einen wachsenden Respekt für das, was beide gemeinsam haben und für das, was wir unterschiedlich verstehen. Demnach sollten Christen und Muslime helfen, tiefer die wesentliche Bezie-hung zwischen Gott und der Welt zu erkunden, sodaß wir danach streben können sicher-zustellen, daß die Gesellschaft in Harmonie mit der göttlichen Ordnung aufgebaut wird.“

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Am späteren Nachmittag besuchte Benedikt XVI. die Melkitische Kathedrale von St. Georg in Amman, um mit einer großen Anzahl von Priestern, Seminaristen und katho-lischen Laien der verschiedenen Riten die Vesper zu beten. Seine Seligkeit Gregorios III. Laham, Griechisch Katholischer Patriarch von Antiochien und Seine Exzellenz Ya-ser Ayyash, Melkitischer Erzbischof von Amman, richteten eine Grußbotschaft an den Papst. Letzterer antwortete, indem er unter anderem seine Bewunderung über „den Schatz der alten und lebendigen Traditionen der Kirchen des Ostens, ein Schatz, der die Universalkirche bereichert“ zum Ausdruck brachte. Während der Feier gab der Papst einige Gesten der Byzantinischen Liturgie, sowie die feierliche Segnung mit den bei-den dreispitzigen Kerzen.

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8. – 15. Mai 2009 19

Der Sonntag, 10. Mai, war von zwei großen Ereignissen gekennzeichnet: Der Messe am Morgen im Internationalen Stadion in Amman, und am Nachmittag der Grundstein-segnung für die Griechisch-Katholische Kirche in Bethanien jenseits des Jordan. Eine jubelnde Menge von Christen versammelte sich unter der Sonne, um die Heilige Eucharistie im Hussein Stadion in Amman mit dem Nachfolger Petri zu feiern. Diese Papstmesse fand an jenem Sonntag statt, an dem das Lateinische Patriarchat von Jerusalem den Weltgebetstag für Berufungen feierte. Die Autoritäten Jordaniens berichteten von einer Besuchermenge von etwa 50.000 Menschen. Viele Muslime wur-den eingeladen. Auf nahezu jedem Kopf war eine weiß-gelbe Kappe zu sehen, auf der das Vatikanemblem und die jordanische Flagge aufgedruckt waren. Es gab überall Flaggen, Wimpeln und Transparente zu sehen. Hier ein großes Foto vom Händedruck zwischen Papst Benedikt und König Abdullah, dort ein Transparent von der jorda-nischen Caritas, geschmückt mit dem Initialwort POPE, welches im Englischen für „People Of Peace Excited to meet you“ (in der Übers.: „Menschen des Friedens, die begeistert sind, Sie zu treffen“) stand, da eine pa-

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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land20

lästinensische Fahne, und dort eine irakische Fah-ne, hier eine Flagge vom Libanon mit der Inschrift: „Lebanon loves you!“ Eintausendzweihundert Kin-der waren im Morgengrauen gekommen und ließen ihre weißen Fahnen wehen: Sie empfingen während der heiligen Messe ihre erste Heilige Kommunion, einige von ihnen [sogar] aus der Hand des Papstes selbst. Oberhalb der großen Altarplattform, wo der Thron und die Stühle der vielen Patriarchen und ge-genwärtigen Bischöfen platziert waren, war eine gro-ße Tafel angebracht, worauf eine Reproduktion aus dem 6. Jahrhundert des berühmten Mosaikplanes von Jerusalem und des Heiligen Landes, die in Madaba

aufbewahrt ist, zu sehen war. Es waren drei große Reproduktionen von Fresken von der Kirche zum Guten Hirten beim Our Lady of Peace Center zu sehen: In der Mitte steht Christus am Jordanfluß, abgebildet als der gute Hirte, der das verlorene Schaf auf seinen Schultern trägt. Auf der rechten Seite ist das Bild der Jungfrau Maria, die das Jesuskind in den Armen hält, zu sehen und schließlich auf der linken Seite steht Johan-nes der Täufer, der Patron Jordaniens. Unter den Gästen waren auch Seine Königliche Hoheit Prinz Ghazi Bin Mohammad zugegen, der König Abdullah repräsentierte. Als das Papamobil in das Stadion einfuhr, sang die Menge: „Benedikt, willkom-men in Jordanien!“ Der Papst pries die Versammlung und die Menge applaudierte mit Enthusiasmus. Die Patriarchen und Bischöfe stiegen die Plattform hinauf, um zu konzelebrieren. Den meisten war der katholische Ritus bekannt, aber die meisten Pries-ter trugen ihre traditionellen liturgischen Gewänder. Verschiedene Repräsentanten der orthodoxen Kirchen waren ebenso zugegen. Ala’Musharbash and Issa Hijazin, jüngst geweihte Diakone des Lateinischen Patriarchates von Jerusalem, und Wajdi Salameh, der Diakon des Institutes Verbum Incarnatum, hatten die Ehre und das Vergnügen, dem

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Papst am Altar zu dienen. Es war Ala’, der das Evan-gelium vom „Guten Hirten“ verkündete. In seiner Rede an den Heiligen Vater gab Patri-arch Fouad Twal drei Beispiele, um den Reichtum und die Vitalität der Lateinischen Kirche von Jerusalem zu zeigen, und nannte Jordanien „die Lungen der Diö-zese“: Das Seminar in Beit Jala wurde zu klein, um alle Priesteramtskandidaten unterzubringen und die Kongregation der Rosenkranzschwestern – die einzig ursprüngliche arabische Kongregation – wartet in den kommenden Wochen auf die Verlautbarung von Papst Benedikt XVI., die Seligsprechung ihrer Gründerin, Mutter Marie-Alphonsine Ghattas zu proklamieren. Ein weiteres schönes Beispiel sind die beiden Bischö-

fe, die vom Lateinischen Patriarchat an die Kirche Nordafrikas in den letzten fünf Jahren gegeben wurden, nämlich: Seine Exzellenz Maroun Lahham, Erzbischof von Tunis seit 2005, und Seine Exzellenz Ghaleb Bader, Erzbischof von Algier seit 2008. In seiner Homilie bat der Papst die Christen in Jordanien inständig, ihr Vertrauen auf Christus, den guten Hirten, zu setzen und ihrer Berufung inmitten der Schwierig-keiten treu zu bleiben. Er betonte die Wichtigkeit der Familien als „Mysterium der Liebe, die Leben gibt“. Er würdigte auch die Frauen, „Trägerinnen der Liebe, Lehr-meisterinnen der Barmherzigkeit und Friedensstifterinnen“ zu sein. Nach der Liturgie traf der Papst mit einigen Repräsentanten von der irakischen Flüchtlingsgemeinschaft in Jordanien zusammen. 1 Million Iraker, davon etwa 40.000 Christen, welche in diesem Land Zuflucht gesucht haben. Die Nacht zuvor, während seiner Rede an Al-Hussein Bin Talal, hat Benedikt XVI. Seine Seligkeit Emmanuel III. Delly, Patriarch von Baghdad, willkommen geheißen und ihm und den Christen im Irak seine Gebete und die Solidarität der ganzen Kirche versichert.

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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land24

Nach der Papstmesse wurde Benedikt XVI. mit dem päpstlichen Gefolge, den Patriarchen und Bischöfen vom Lateini-schen Vikariat in Amman zum Mittag-essen empfangen. Danach übergab der Vikar dem Heiligen Vater ein Perlmutt-Faksimile von der zukünftigen Kirche der Taufe Jesu Christi. Im Anschluß da-ran hatten zahlreiche Priester die Mög-lichkeit und die Freude, den Papst zu begrüßen.

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8. – 15. Mai 2009 25

Am späteren Nachmittag besuchte der Papst die Taufstelle Jesu in Maghtas (Bethanien jenseits des Jordan), um die Grundsteine für die Lateinische und Griechisch-Katholi-sche Kirche zu segnen, die auf jenem Land erbaut werden, das von der Kommission der Taufstelle, welcher Prinz Ghazi vorsteht, gegeben wurde. Außerprotokollarisch war die Entscheidung von König Abdullah und der Königin, den Papst zu der Zere-monie zu begleiten. Sie fuhren in einem elektrischen Wagen vom Parkplatz bis zur Taufstelle mit ihm mit. Der Papst und das königliche Paar enthüllten gemeinsam die Plaques für die beiden zukünftigen Kirchen, die beide vom selben Modell genom-men sind. Die eine wird als die Lateinische Kirche von der Taufe Jesu Christi, und die andere als die Griechisch-Katholische Kirche vom heiligen Johannes den Täufer bekannt werden.

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Nach dem Segen hielt der Lateinische Pa-triarchalvikar, Bischof Salim Sayegh, eine Rede, in der er die verschiedenen bibli-schen Episoden und Persönlichkeiten aus dem Alten und Neuen Testament aufzähl-te, die Bethanien, das in Jordanien liegt, schmücken: von Elija bis Johannes den Täufer, und von Josua bis Jesus, der an diesem Ort getauft wurde. Für den Bischof ist dieser Ort von den Besuchen der Päpste - Johannes Paul II. in 2000 und Benedikt XVI. heute - geheiligt, und der Moment wurde in Erinnerung gebracht, wo der Apostel Petrus Christus selbst begegnete: „Im Jahre 2000, zum ersten Mal in der Ge-schichte, kam Petrus in der Person seines Nachfolgers Papst Johannes Pauls II. als

Pilger an diesen Platz, um ihn zu besuchen, wo er Jesus das erste Mal getroffen hatte. Sie, Ihrerseits, Heiliger Vater, Nachfolger von Johannes Paul II., sind gekommen, um diese Pilgerreise zu erneuern, und um sich jenen Moment wieder zu vergegenwärtigen, als Jesus das erste Mal erkannt wurde - im Geist und in der Wonne seiner ersten Begeg-nung mit ihm - und um die Fülle des Segens auf die Kirche und die ganze Menschheit herab zu rufen.“ In seiner kurzen Rede, entwickelte der Papst das Thema der Taufe und der Kirche als Corpus Christi Mysticum und Christus als dessen Haupt: „Der Grün-dungsstein einer Kirche ist ein Symbol Christi. Die Kirche ist auf Christus gegründet

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und von Ihm getragen, und kann nicht von Ihm getrennt werden. (…) Mit Ihm sind wir die lebendigen Steine, geformt zu einem geistlichen Hause, einer Wohnstatt Gottes.“

Am Montag Morgen, dem 11. Mai, verließ Papst Benedikt XVI. Jordanien. Während der Verabschiedungszeremonie am Queen Alia International Airport dankte König Abdullah für seine „erste Reise“, welche, er hoffte „nicht die letzte sein würde.“ Mit Bezug auf den Verlauf im christlich-muslimischen Dialog, brachte Seine Majestät den Wunsch zum Ausdruck, daß „wir den Dialog, den wir begonnen haben, mit Respekt weiterführen.“ Schließlich, sprach der König, indem er dem Papst alles Gute für sei-ne Pilgerreise nach Israel und Palästinensischen Autonomiebehörde wünschte, vom Konflikt, welcher die beiden Länder zerreißt. Er wiederholte die Notwendigkeit „die Rechte der Palästinenser zu garantieren und die Sicherheit Israels“ durch „eine Zwei-Staaten-Lösung, welche die einzige [sein würde], die das Versprechen eines dauernden Friedens anbietet, zu gewährleisten.“ Der König schloß seine Rede an den Heiligen Vater mit einer herzlichen Einladung, bald wieder „als lieber Freund“ nach Jordanien zurück zu kehren. In seiner Antwort dankte Benedikt XVI. dem König, der königlichen Familie, den Autoritäten und dem jordanischen Volk für die hohe Qualität ihrer war-men Gastfreundschaft. Er drückte seine Freude darüber aus, daß er bei verschiedenen Gründungsereignissen verschiedener Initiativen zugegen war, die für die katholische Gemeinschaft in Jordanien wichtig sind - einschließlich den beiden zukünftigen Kir-chen im jordanischen Bethanien und der Universität von Madaba. Der Papst sprach

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von seinem Besuch der Al-Hussein Bil Talal Moschee und von seinem Treffen mit den muslimischen Religionsführern als „einen der Höhepunkte dieser Tage“ und ermutigte die Jordanier, seien sie Christen oder Muslime, auf den unerschütterlichen Grundlagen der religiösen Toleranz aufzubauen. Sein letztes Wort war an die Christen gerichtet, in welchem er seiner Freude Ausdruck verlieh, in ihren Heiligtümern gebetet und die Hei-lige Eucharistie mit ihnen gefeiert zu haben. Der Papst verließ sie mit einer exhortatio, ihrem Taufversprechen in dem Land, in welchem Christus selbst getauft wurde, treu zu bleiben.

Am oberen Teil der Gang-way, unmittelbar vor Ein-tritt in das Flugzeug, dreh-te sich Benedikt XVI. um und pries König Abdullah und Königin Rania, wel-che ihn bis zum Anfang der Stufen der Gangway begleitet hatten. So endete die erste Station der päpst-lichen Pilgerreise in das Heilige Land.

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Das zentrale Koordinationskommitteefür die Papstvisite in Jordanien:

Seine Exzellenz Francis Assisi Chullikatt,Nuntius für Jordanien

Seine Exzellenz Yaser Ayyash,Melkitisch Griechisch Katholischer Erzbischof von Amman

Seine Exzellenz Selim Sayegh,Lateiner Patriarchatsvikar in Jordanien

Monsignore Michael Crotty Rev. Hanna Kildani

Rev. Yacoub Rafidi Rev. Rif´at Bader

Rev. Hikmat Haddaden Rev. John Haddad

Herr Majdi Dayyat

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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land30

Der Papst in Israel

Um 11.00h landete das Flugzeug der Royal Jordanian Airlines am Ben Gurion Airport von Tel Aviv. Als der Papst das Flugzeug verließ, begrüßte er den Präsidenten von Israel, Shimon Peres, und den Premierminister, Benjamin Netanyahu, die gekommen waren, um ihn willkommen zu heißen. Viele christliche Religionsführer der Kirchen Jerusalems waren zugegen sowie die Mitglieder der Vereinigung der Katholischen Ordinarien des Heiligen Landes, geleitet von Patriarch Fouad Twal. Präsident Peres hieß den Papst in seiner Begrüßungsrede zuerst auf Hebräisch und dann auf Latein im Namen des Staates Israel willkommen: [„Shalom lekha Benedict, manhig ha-ma‘aminim, asher mevakker hayyom be-eretz ha-qodesh.] Ave Benedicte, qui hodie princeps fidelium terram Sanctam visitas.“ (dt. Übers.: „Sei gegrüßt, Benedikt, Oberhaupt der Gläubigen, der heute das Heilige Land besucht.“). Er stellte seine ganze Rede unter das Banner der Hoffnung auf Frieden. Zu Beginn dieser Rede beschrieb er den Besuch von Papst Benedikt XVI. als eine „Friedensmission“ und sagte: „Ihr Besuch bringt ein gesegnetes Verständnis zwischen den Religionen und erweitert den Frieden für die Menschen nah und fern. Das historische und das erneuerte Israel heißen Ihre Ankunft als eine Bereitung der hohen Straße für den Frieden von

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Stadt zu Stadt willkommen.“ Mit Bezug auf den israelisch-palästinensichen Konflikt gab er die Zusicherung: „Wir haben mit Ägypten und Jordanien Frieden geschlossen, und wir verhandeln gegenwärtig mit den Palästinensern, um Frieden zu erlangen, und sind sogar auf der Suche nach einem umfassenden regionalen Frieden.“ Benedikt XVI. nahm in seiner Antwortrede ebenso Bezug auf das Thema des Friedens, wie er es in Jordanien getan hatte. So erinnerte er auch hier zuerst daran, daß er vor allem als Pilger gekommen war und sich als Pilger vorgenommen hatte, besonders für das Geschenk des Friedens zu beten. Er verurteilte alle Formen des Antisemitismus und rief zum interreligiösen Respekt und zum Frieden für den Zugang zu allen Heiligen Stätten auf, insbesondere jener in Jerusalem. Er bat, daß alles dazu getan werden möge, daß Israel und Palästinensischen Autonomiebehörde einen je eigenen souveränen und unabhängigen Staat mit international anerkannten Grenzen haben mögen. Weiters begrüßte er die Christen des Heiligen Landes sehr herzlich und gab ihnen zu verstehen, daß sie mit ihrer Präsenz und ihrem Zeugnis „einen bedeutenden Beitrag zur Beendigung der Feindseligkeiten leisten können, welche dieses Land schon zu lange geplagt haben.“ Dann fügte er hinzu: „Ich bete, daß eure bleibende Präsenz in Israel und den palästinensischen Territorien weiterhin Frucht eines immer größer werdenden Friedens und einer immer größer werdenden gegenseitigen Achtung zwischen den Völkern, die im Land der Bibel leben, bringen möge.“ Er schloß seine Rede mit seinem Wunsch: „Möge Gott Sein Volk mit Frieden segnen!“ Ein wenig später hielt der Papst im Präsidentschaftspalast in Jerusalem eine kurze Höflichkeitsrede an den Präsidenten des Staates Israel, Shimon Peres. Die beiden Männer pflanzten einen Olivenbaum im Palastgarten, als Zeichen des gegenseitigen guten Willens zwischen Juden und Christen, zwischen dem „Olivenbaum“ und dem „wilden Olivensproß“, um das Bild vom heiligen Paulus in seinem Brief an die Römer zu zitieren. Der Papst gründete den Großteil seiner Rede auf den folgenden Vers des Propheten Jesaja 32,17: „Das Werk der Gerechtigkeit wird der Friede sein, der Ertrag

Photo : Gabriela Mihlig

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der Gerechtigkeit sind Ruhe und Sicherheit für immer“. Er sagte, daß diese Werte, Gerechtigkeit, Gesetz, Friede und Sicherheit, nicht nur die Frucht menschlichen Mühens sind, sondern auch aus der grundlegenden Beziehung zwischen Gott und dem Menschen entspringen. Sie sollten nicht nur gefördert werden, sondern zuerst und vor allem auf allen Ebenen in die Praxis umgesetzt werden: individuell, in der Familie, national. Indem er das Thema der Sicherheit, das für Israel so wesentlich ist, ansprach, erklärte Papst Benedikt XVI., daß die Wurzel des hebräischen und biblischen Ausdrucks für das Wort „Sicherheit“ [hebr. Wurzel: b(Beth) t(Taw) h(Chet), in Transliteration: bitahon] einerseits die Abwesenheit von Bedrohung bedeutet, andererseits Vertrauen heißt. Aber wahres Vertrauen kann nur „durch die Bekehrung der Herzen“ erreicht werden, „die uns dem anderen in die Augen blicken läßt und dieses ‚Du’ als meinen mir gleichen, meinen Bruder, meine Schwester, anerkennen läßt.“

Am späteren Nachmittag besuchte der Papst die Holocaustgedenkstätte in Yad Vashem. Während der Zeremonie entzündete er die Flamme der Erinnerung und traf einige Überlebende der Konzentrations- und Todeslager. In seiner Rede betrachtete Papst Benedikt XVI. die Bedeutung des hebräischen Wortes „yad“ (Gedenken) und „shem“ (Name) und erläuterte, daß der Name der Person das Siegel seiner unverletzbaren Würde ist und für immer in der Erinnerung Gottes verbleibt, selbst, wenn Mann oder Frau versucht haben, ihn vom Antlitz der Erde zu tilgen. Der Papst appellierte auch an das Erinnerungsvermögen von Mann und Frau, indem er ausrief: „Mögen die Namen dieser Opfer nie sterben! Möge ihr Leid nie verleugnet, herabgewürdigt oder vergessen werden! Und mögen alle Menschen guten Willens wachsam bleiben, indem sie aus dem Herzen von jedem die Wurzeln ausreißen, die zu solchen Tragödien führen.“ Als Bischof von Rom und Nachfolger des Apostels Petrus, bestärkte er wiederum die Verpflichtung

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der Kirche „unaufhörlich dafür zu beten und zu arbeiten, um sicherzustellen, daß der Haß nie mehr in den Herzen der Menschen herrschen soll.“ So wie Papst Johannes Paul II. im Jahr 2000, so betonte auch Papst Benedikt XVI. die Notwendigkeit im Angesicht einer solchen Tragödie Stille zu halten. Er sagte zu Beginn seiner Rede: „Ich bin gekommen, um in Stille vor diesem Mahnmal zu stehen, das zu Ehren an das Gedenken von Millionen von Menschen errichtet worden ist, die in der schrecklichen Tragödie des Holocaust ermordet wurden.“ Zum Schluß seiner Rede merkte der Heilige Vater an: „Liebe Freunde, ich bin Gott und auch Euch für diese Gelegenheit, die mir geschenkt worden ist, um hier in Stille stehen zu können, zutiefst dankbar: Stille, um zu erinnern, Stille, um zu beten, Stille, um zu hoffen.“ Indem er dem Wort die Tat folgen ließ, hielt der Papst in einem langen Moment der Sammlung inne.

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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land34

Nach seinem Besuch in Yad Vashem wurde Papst Benedikt XVI. vom Bürgermeister Jerusalems, Nir Barkat, begrüßt, mit dem er eine kurze Unterredung hatte. Am frühen Abend fuhr er zum Pontifical Institute Notre Dame of Jerusalem Center. Dort war das Treffen mit Repräsentanten von mehr als hundert Organisationen, Einrichtungen, Bewegungen und Gruppierungen – Juden, Christen und Muslime, von Israelis, Palästinensern und Menschen verschiedener Nationen - alle beteiligt am interreligiösen Dialog, an inter-kommunitären Begegnungen sowie am Friedensaufbau. Patriarch Fouad Twal stellte diese Organisationen dem Heiligen Vater im Einzelnen vor und betonte ihre „gemeinsame Vision von einer Gesellschaft, die auf die Werte von Gerechtigkeit, Frieden, Gleichheit und gegenseitiger Achtung, Vergebung und Versöhnung und schließlich auf Brüderlichkeit und Liebe gegründet ist.“ Er schloß seine Präsentation, indem er zum Heiligen Vater sagte: „Diese Männer und Frauen, die sich heute vor Ihnen versammelt haben, sind die Friedensbringer, auf die sich unser Herr in seiner Lehre von den Seligpreisungen bezogen hatte, als er sprach: ‚Selig, die Frieden stiften, denn sie werden Söhne Gottes genannt werden.’ (Mt 5,9)“ In seiner Ansprache

Photos : CTS / MAB

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bedankte sich der Papst herzlich und ermutigte die Anwesenden. Dann schlug er eine Betrachtung über die Beziehung zwischen Religion und Kultur vor und stellte seinen Hörern die Frage, welchen Beitrag die Religion für die Weltkulturen in dieser Zeit der Globalisierung erbringen kann und sollte. Papst Benedikt XVI. rief alle Gläubigen verschiedener Religionen gemeinsam dazu auf, diese Herausforderung anzunehmen und auf dem aufzubauen, was sie miteinander teilen, nämlich „ein allgemeines Verständnis von Anbetung und Achtung für die universale und absolute Wahrheit“. „Gemeinsam“, fuhr der Papst fort, „bekennen wir, daß Gott existiert, daß wir wissen, daß Ihm die Erde gehört, daß wir Seine Geschöpfe sind und, daß Er jeden Mann und jede Frau dazu aufruft, mit Respekt vor Seinem Plan für die Welt zu leben.“ Mit dieser Vorgangsweise können Religionen die verschiedenen Kulturen adeln, bereichern und vertiefen, indem sie ihnen helfen, auf zentrale transzendente Werte zu bauen, von denen der Wahrheit der erste Platz zukommt.

Photos : CTS / MAB

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Der Papstin JerusalemBenedikt XVI. verbrachte am Dienstag den 12. Mai den ganzen Tag in Jerusa-lem. Zuerst besuchte er den „Tempelberg“ („Al-Haram al-sharif“, i. e. „die Heilige Moschee“) - jenen heiligen Ort, an dem gläubige Muslime zweier Ereignisse ge-denken: Des Opfers Abrahams, und der Himmelfahrt Mohammeds. Der Papst be-suchte diesen heiligen Ort des Islam ge-meinsam mit Muhammad Ahmad Hussein, dem Großmufti Jerusalems, Sheikh Mo-hammed Azzam al-Khatib al-Tamimi, dem Präsidenten des islamischen Waqf von Je-rusalem, und Sheikh Abd al–Azim Salhab, dem Haupt des Rates des Awqaf. Alle drei hießen den Papst herzlich willkommen. In seiner Rede dankte der Papst und sprach Photo : L'Osservatore Romano

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der muslimischen Gemeinde von Jerusalem seine Empfehlung aus. Danach stellte er das Erbe, das Juden, Christen und Muslime miteinander teilen, in den Mittelpunkt: Den Glauben an den einen Gott, den Schöpfer und Walter aller Dinge; die gemeinsame Anerkennung Abrahams als Ahnen und als einen Mann des Glaubens, der von Gott auf besondere Weise gesegnet wurde; sowie die Langlebigkeit des Glaubens und die vielen geistlichen, intellektuellen und kulturellen Schätze, die er über die Jahrhunderte hinweg hervorgebracht hat. Dann ging der Papst auf den islamisch-christlichen Dialog ein und schlug einen Leitgedanken für die Arbeit vor, der neu und tiefgehend ist: „Wie ist die Einheit Gottes untrennbar mit der gesamten Menschheitsfamilie verbunden?“

Nach seinem Besuch der Esplanade besuchte der Papst die „Westmauer“ (oder auch „Klagemauer“ genannt) - jenen verbleibenden Rest des Tempels, der einst Gottes bleibende Wohnstatt war – bis die Römer 70 nach Christus das Gebäude zerstörten. Der Tempel war der heiligste Ort für die gläubigen Juden. Wie sein Vorgänger Papst Johannes Paul II. sprach auch Papst Benedikt XVI. hier ein Gebet [das auf einem Blatt Papier notiert war] und schob es danach in eine Ritze zwischen den Steinen. Sein Text lautet wie folgt:

„Gott aller Zeiten, an meinem Besuch von Jerusalem, der ‚Stadt des Friedens’, der geistlichen Heimat der Juden, Christen und Muslime gleichermaßen, bringe ich vor Dich die Freuden, Hoffnungen und die Sehnsüchte, die Prüfungen,das Leid und die Schmerzen Deines ganzen Erdenvolkes. Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, höre den Schrei der Heimgesuchten,der Angsterfüllten und der Verwaisten; sende Deinen Frieden auf dieses Heilige Land, auf den Nahen Osten, und auf die ganze Menschheitsfamilie herab;bewege die Herzen aller, die Deinen Namen anrufen dazu,demütig den Weg der Gerechtigkeit und des Mitleides zu gehen. ‚Gut ist der Herr zu dem, der auf ihn hofft, zur Seele, die ihn sucht.’ (Klgl 3,25).“

Photo : L'Osservatore Romano

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Papst Benedikt XVI.ging dann zum Hechal Shlomo Center, wo er die beiden Großrabbiner von Jerusalem, den Sephar-den Shlomo Amar und den Aschkenasen Yona Metzger, traf und ihnen gegenüber den Fortschritt auf dem Weg von Ver-söhnung und Dialog zwi-schen Juden und Christen begrüßte. Der Heilige Va-ter hob dabei die Besuche der beiden Großrabbiner im Vatikan 2004 und 2005, und die letzten sieben Treffen des bilateralen Komitees zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Großrabbinat hervor. Papst Benedikt XVI. betonte die Verpflichtung der Kirche, sich in dieser Richtung weiterhin zu engagieren und konstatierte: „Heute habe ich die Gelegenheit zu wiederholen, daß die katholische Kirche sich unwiderruflich zu dem Weg verpflichtet hat, der auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil für eine echte und andauernde Versöhnung zwischen Christen und Juden gewählt wurde.“

Photo : CTS / MAB

Photo : L'Osservatore Romano

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Kurz vor Mittag kamen der Heilige Vater und die Mitglieder der Vereinigung der Katholischen Ordinarien des Heiligen Landes zur Vorbereitung auf das Regina caeli-Gebet im Obergemach zusammen, das erst kürzlich renoviert worden war. Pater Pierbattista Pizzaballa OFM, Kustos des Heiligen Landes, begrüßte den Papst im Namen der „ACOHL“. In seiner Antwort wiederholte der Papst gegenüber den anwesenden Bischöfen und Priestern, wie sehr ihm, als Nachfolger des heiligen Petrus, die Gläubigen und das Heilige Land, das sie repräsentieren, am Herzen liege. Der Papst begann mit einer Meditation über die Heilige Eucharistie, „welche uns in das Geheimnis der göttlichen Liebe führt“, und er rief die Fürsprache der Jungfrau Maria für das „Wohlergehen und die geistliche Erneuerung aller Christen des Heiligen Landes“ an, indem er ihre doppelte Kernmission betonte, „Förderer von Gemeinschaft und Frieden“ zu sein. Im Anschluß daran begab sich Papst Benedikt XVI. zur Konkathedrale des Lateinischen Patriarchates beim Jaffator, wo Hunderte von Priestern, Ordensleuten

Photo : Christo Asfour

Photo : L'Osservatore Romano

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und Laien von Jerusalem auf ihn warteten. Alle Kongregationen waren vertreten. Der Papst hatte darauf bestanden, daß auch Mönche und Nonnen mit von Alter oder Krankheit bedingten Gehbehinderungen ebenso anwesend sein sollten. Alle Angestellten des Patriarchates waren zugegen, zusammen mit allen Seminaristen von Beit Jala, vom Jüngsten bis zum Ältesten. Als der Heilige Vater die Kirche betrat, herrschte - trotz langen Wartens - eine Atmosphäre von Freude und Gesang. Es kostete den Papst viel Zeit, durch die Bänke zu gehen. Er wurde bei jedem Schritt von den Gläubigen angehalten, die glücklich waren, ihn zu begrüßen, seine Hand zu küssen, oder seinen Segen zu erhalten. In seiner Begrüßung stellte Patriarch Fouad Twal die Kirche Jerusalems vor, die vor ihm vertreten war, besonders die vielen Ordenskongregationen, die ihr dienen und die sie stützen, dabei die fünfzehn Orden, ausschließlich kontemplativer Sendung. Er zollte ihnen Tribut, indem er sagte: „Im Geheimnis des Gebetes und einem Leben der Selbsthingabe, stützen sie auf unsichtbare Weise die Kirche und das Heilige Land als solches. Sie halten Fürsprache für unsere Mission und die Einheit der Kirche, für die Versöhnung zwischen Völkern und zwischen Religionen. Wo wären wir ohne sie?“ Seine Seligkeit teilte die Neuigkeiten aus Rom mit, indem er dem Papst für die Verlautbarung der baldigen Seligsprechung von Mutter Marie Alphonsine dankte, welche die Kongregation Schwestern des Rosenkranzes gegründet hatte. Es ist dies die einzige Kongregation des Heiligen Landes arabischen Ursprungs. Patriarch Fouad Twal schloß nun alle Gläubigen der Kirche des Heiligen Landes in seine Vorstellung ein und versicherte dem Heiligen Vater: „Alle sind sich bewußt, daß sie weder lieben, leben, arbeiten, noch mutige Mitarbeiter der Wahrheit (i. e. das Motto von Papst Benedikt XVI.) im Heiligen Land sein können, ohne durch das Kreuz zu gehen.“ Der Papst forderte Seine Seligkeit und die anwesenden Gläubigen dazu auf, sich am Geist der ersten christlichen Gemeinde Jerusalems zu orientieren. In einer besonderen Bemerkung wünschte er auch Anerkennung für das Apostolat der Orden, besonders der kontemplativen, Ausdruck zu verleihen, und bat sie darum, nicht müde zu werden, für den „Frieden in Jerusalem

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zu beten“ (vgl. Ps 122,6) als auch unaufhörlich für ein Ende des Konfliktes zu beten, der die Menschen dieses Landes so viel Leid kostet.

Nach dem Segen in der Konkathedrale stieg Benedikt XVI. die Stufen hinauf, um mit den Ordinarien des Heiligen Landes, Äbten, Oberen von Ordenskongregationen, und mit Laien, welche die verschiedenen Gemeinden von Jerusalem vertraten, Mahl zu halten. Während des Mahls überreichte Patriarch Fouad Twal dem Papst feierlich die „Pilgermuschel“, die traditionellerweise den Rittern und Damen des Heiligen Grabes verliehen wird, wenn sie nach Jerusalem pilgern. Nach dem Essen nahm der Papst - inmitten von jubelnden Ausrufen der Seminaristen und deren Lehrern von Beit Jala - voll Freude an einer improvisierten Fotositzung teil.

Photos : Christo Asfour

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Höhepunkt dieses 12. Mai war die große Open Air-Messe, die am späten Nach-mittag zelebriert wurde, obwohl die Teilnahme der Gläubigen von Jerusalem aus ver-schiedenen Gründen weit unter der erwarteten Anzahl lag - u. a. wegen der drakoni-schen Natur der israelischen Sicherheitsmaßnahmen. Unterhalb des Ölberges, gerade unter der Basilika Aller Nationen in Gethsemani, inmitten von Olivenbäumen und Pal-men, waren große Areale mit einer Rampe für das Papamobil und ein großes Podium vorbereitet. Für all jene, die an dieser Heiligen Messe teilnahmen, war es ein wunder-schöner Moment des Gebetes, der Hoffnung und der Gemeinschaft. Die Atmosphäre von Einheit in der Vielfalt, welche ein Charakteristikum der Kirche Jerusalems ist, und die auch das Thema des ersten Pastoralbriefes von Patriarch Fouad Twal darstellte, war hier eindeutig spürbar: Neben palästinensischen Gläubigen von Jerusalem fanden sich nicht nur viele Mönche und Nonnen aus dem Heiligen Land ein, sondern auch von an-

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deren Ländern des Nahen Ostens und von der ganzen Welt, sowie die Hebräisch sprechen-de Gemeinde, Hunderte sudanesische Gläu-bige, die in Israel leben – ganz abgesehen von den vielen Pilgergruppen, die während dieser Tage in Jerusalem waren. In einer erhebenden und viel beachte-ten Rede verglich Patriarch Fouad Twal die Agonie Jesu im Garten von Gethsemani vor zweitausend Jahren mit derjenigen des Hei-ligen Landes von heute: „Um uns haben wir die Agonie des palästinensischen Volkes, das davon träumt, in einem freien und unabhän-gigen Staat zu leben, jedoch keinen Weg zur seiner Verwirklichung findet; und [wir ha-ben] die Agonie des israelischen Volkes, das von einem normalen Leben in Frieden und Sicherheit träumt und trotz all seiner mili-tärischen Macht und Medienmacht dessen Verwirklichung nicht gefunden hat. Auch die internationale Gemeinschaft steht dabei - wie einst die Jünger Jesu - abseits - mit Augen der Gleichgültigkeit und unbeteiligt an der Agonie des Heiligen Landes, die nun schon 61 Jahre andauert, und sie schickt sich auch nicht an, eine gerechte Lösung zu finden.“ Und weiter: „In diesem Josaphat-Tal, einem Tal der Tränen, erheben wir unser Gebet für die Verwirklichung der Träume dieser beiden

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Völker. Wir erheben unser Gebet für Jerusalem, das von den beiden Völkern und drei Religionen geteilt wird.“ Er erwähnte auch das Leid der Flüchtlinge ohne Hoffnung auf Rückkehr, die Tragödie der Okkupation und der Trennmauer, den Skandal der Zer-störung der Häuser, das Drama der Emigration, und schließlich die Demütigung, die Gewalt und den Haß, der täglich durch den Konflikt wächst. Während Patriarch Twal Papst Benedikt XVI. dafür dankte, in das Heilige Land gekommen zu sein, um die Christen des Heiligen Landes zu trösten und zu ermutigen, forderte der Patriarch die Gläubigen dazu auf, sich durch die dauernde Abwesenheit des solange ersehnten Frie-dens nicht entmutigen zu lassen, sondern zu ihrem Glauben zu stehen und auf Jesus allein zu schauen. Er sagte: „Mit Jesus und in Jesus können wir uns hier und jetzt an einem Frieden erfreuen, den die Welt weder unseren Herzen geben, noch unseren Her-zen entreißen kann. Dieser Friede bedeutet Ruhe, Glaube, einen begrüßenswerten Geist und die Freude am Leben und am Arbeiten in diesem Land.“ Der Patriarch beendete seine Ansprache mit folgenden an den Papst gewandten Worten: „Darum ziehen wir aus Ihrer gesegneten Gegenwart Nutzen und rufen mit dem leidenden Vater im Evan-gelium aus, der Jesus darum anflehte, seinen Sohn von seiner langen Qual zu befreien: ‚Ich glaube, hilf meinem Unglauben!’ (Mk 9,24).“ In seiner Predigt wandte sich Benedikt XVI. besonders an die Christen von Jeru-salem, die er mit den Worten: „Auf daß [ihr] Zeugnis in den Augen Gottes sehr wertvoll und wichtig sei für die Zukunft dieser Länder“, ermutigte. In klaren und starken Worten erinnerte sie der Papst an ihre Sendung: „Ihr, die Christen des Heiligen Landes, seid nicht nur gerufen, als Leitstern des Glaubens der universalen Kirche zu dienen, son-dern auch Sauerteig der Harmonie, Weisheit und des Gleichgewichtes im Leben einer

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Gesellschaft zu sein, die traditionsgemäß pluralistisch, multiethnisch und multireligiös gewesen ist und es weiterhin ist.“ Er sprach offen über die dramatischen Konsequenzen des israelisch-palästinensi-schen Konfliktes – und besonders von der Not der Flüchtlinge und dem Ausbluten der christlichen Bevölkerung durch Emigration. Der Heilige Vater fand so starke Worte, daß sie weithin Beifall erregten: „Im Heiligen Land ist Platz für alle! Indem ich die Autori-täten dazu aufrufe, die christliche Anwesenheit hier zu achten und zu unterstützen und wertzuschätzen, möchte ich Euch der Solidarität, Liebe und Unterstützung der ganzen Kirche und des Heiligen Stuhles versichern.“ Unter den Mauern der Heiligen Stadt hob Benedikt XVI. auch die Rolle des irdischen Jerusalems heraus, „Prophetie und Verhei-ßung der universellen Versöhnung und des Friedens, den Gott für Seine ganze Mensch-heitsfamilie erhofft, zu sein.“ Er bedauerte jedoch, „daß es noch so viel zu tun gibt, bis Jerusalem für alle Menschen wirkliche eine ‚Stadt des Friedens’ wird, in die jeder zu einer Wallfahrt kommen kann, um Gott zu suchen und Seine Stimme zu vernehmen – ‚eine Stimme,

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die den Frieden spricht’ (vgl. Ps 85,9).“ Der Papst bezeichnete diejenigen, die an einen gnädigen Gott glauben – gleichgültig, ob sie sich nun als Juden, Christen oder Moslems begriffen – als die ersten, welche die Kultur der Versöhnung und des Friedens fördern.“ Mehrere Male rief er die Gläubigen dazu auf, fest in der christlichen Hoffnung zu stehen - im Wissen, „was es sie an Leiden und Verfolgung kostet“. Er schloß, indem er die Macht des Lebens, der Bekehrung und der Erlösung, die in der Auferstehung frei wird, beschwor und rief aus: „Laßt uns unseren Glauben am Sieg des Lebens stärken und laßt uns beten, daß jeder ‚schwere Stein’, der die Tür unseres Herzens verschließt und unsere Ganzhingabe an den Herrn in Glaube, Hoffnung und Liebe blockiert, durch die Macht des Lichtes und des Lebens zertrümmert werde, welche von Jerusalem an jenem ersten Ostermorgen von Jerusalem in die ganze Welt ausstrahlte. Christus ist auferstanden, Halleluja! Er ist wahrhaft auferstanden, Halleluja!“

Der Heilige Vater segnete Grundsteine

In Jordanien segnete der Papst den Grundstein der Lateinischen Kirche der Taufe Jesu Christi, der Melkitischen Kirche zum Heiligen Johannes den Täufer, der Universität von Madaba, der Lateinischen Kirche von Stella Maris in Aqaba, der Lateinischen Kirche in Jubeiha und jenen der Maronitischen Kirche zum Heiligen Charbel in Amman. In Jerusa-lem segnete er die Grundsteine des Wohnkomplexes, der vom Lateinischen Patriarchat in Beit Safafa gebaut wurde und den Grundstein für das „Magdalena Center“ für Pilger, die nach Migdal unterwegs sind. Vor der Heiligen Messe in Nazareth segnete er das Johannes XXIII.-Jules Isaac Memorial und eine Olivenholzrepräsentation der Versöhnung; Während der Heiligen Messe segnete er den Grundstein für das Internationale Center für die Spiri-tualität der Familie, den für die akademische Institution Mar Elias Campus in Nazareth/Galiläa, jenen für die Lateinische Patriarchatsschule von Rameh, jenen der Salesianischen Technischen Schule in Nazareth und den Grundstein für das Johannes Paul II. Memorial am Ort des Domus Galiläa in Korazim.

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Der Papst in derPalästinensischen Autonomiebehörde

Der Papst verbrachte den ganzen Mittwoch, den 13. Mai 2009, in Bethlehem, im Territorium des palästinensischen Hoheitsgebietes. Die ganze Stadt war zu diesem Anlaß mit den vatikanischen Farben und denen der palästinensischen Autorität geschmückt. In den Straßen hingen große Porträts von Benedikt XVI., alleine oder gemeinsam mit dem Präsidenten Mahmoud Abbas Abu Mazen abgebildet.

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Der Papst wurde zuerst vom Präsidenten Abbas in einer Willkommenszeremonie im Präsidentschaftspalast begrüßt. In seiner Ansprache betonte Benedikt XVI., daß er nach Bethlehem gekommen war, um „in der Stadt Davids und dem Geburtsort Jesu Christi zu beten“, jedoch auch, um „dem palästinensischen Volk zu begegnen“. Mit Bezug auf den israelisch-palästinensischen Konflikt sagte der Papst dem Präsidenten: „Herr Präsident, der Heilige Stuhl unterstützt die Rechte Ihres Volkes für ein souverä-nes palästinensisches Heimatland, das Land ihrer Vorfahren, sicher und im Frieden mit seinen Nachbarn innerhalb international anerkannter Grenzen.“ Er brachte auch seine Sympathie und Solidarität mit allen Opfern der Gewalt und der Ungerechtigkeit zum Ausdruck, besonders gegenüber den Hinterbliebenen, den getrennten Familien und den

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Flüchtlingen. Unter Bezugnah-me auf den Frieden erinner-te Benedikt XVI. daran, daß der Friede auf Gerechtigkeit und Dialog gegründet ist, und daß er auch auf – etwas sehr Schwieriges – Versöhnung und Vergebung beruht. „Ich möchte die involvierten Partei-en dringend bitten, in diesem langwierigen Konflikt, allen Kummer und alle Trennungen zu vergessen, die auf dem Weg der Versöhnung noch verblei-ben und sich mit Großzügig-keit und Mitleid auf die andere Partei hin auszustrecken, die doch im Grunde genom-men nicht so verschieden von ihnen selbst ist, ohne jeglicher Diskriminierung.“ Im selben Geist rief der Papst die palästinensischen Jugendlichen auf, gegen die Bitterkeit, den Haß und die Abneigung in ihren Herzen zu kämpfen und er rief sie auf, der Ver-suchung zu widerstehen, in die Gewalt - als Mittel der Rache gegen erlittenes Unrecht - zu flüchten. Er ermutigte sie, anstatt dieser erbitterten Mittel, „alles, was sie erfahren haben, zu lassen, und ihre Bestimmung zu erneuern, den Frieden zu bauen.“ Er fuhr fort: „Laßt Euch mit einer tiefen Sehnsucht, einen anhaltenden Beitrag für die Zukunft Palästinas zu leisten, erfüllen, damit es seinen rechtmäßigen Platz auf der Weltbühne einnehmen kann. Laßt Euch zu Gefühlen des Mitleides für all jene, die leiden, Eifer für

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die Versöhnung, und einen starken Glauben an die Möglichkeit einer helleren Zukunft, inspirieren.“ Schließlich, bat Benedikt XVI. die internationale Gemeinschaft, ihren ge-wichtigen Einfluß zum Erreichen einer Lösung geltend zu machen. Am späteren Morgen stand der Heilige Vater der Feier der Heiligen Messe am Krippenplatz bei strahlendem Sonnenschein vor. Tausende Gläubige aus vielen palästinensischen Städten und Dörfern versammelten sich zu dieser Gelegenheit: von Bethlehem, Beit Jala und Beit Sahour und natürlich auch von Jericho, Bir Zeit, Jifna, Ain Arik, Taybeh, Ramallah, Aboud, Nablus, Rafidia, Jenin, Zababdeh. Eine kleine Gruppe von weniger als [etwa] hundert Christen war sogar aus Gaza gekommen. Sie waren glücklich mit dem Papst zu sprechen und begrüßten ihn stellvertretend für die leidenden Menschen in Gaza. Sogar schon vor Beginn der Feier waren der Enthusiasmus und die Leidenschaft der Menschen spürbar gewesen. Ein Chor von mehr als hundert Stimmen sang auf der Plattform bekannte Lieder. Hüte, Schals, Banner und Fahnen in den vatikanischen und palästinensischen Farben gaben der Menge ein farbenfrohes und freudiges Aussehen. Unter den VIPs konnte man auch die Anwesenheit des Präsidenten Abbas, des Premi-erministers Salam Fayyad, des Ministers für christlichen Tourismus Khouloud D’ebes und weitere Mitglieder der palästinensischen Regierung erblicken. In der Zusammen-kunft mischten sich muslimische Verehrer mit ihren christlichen Brüdern. Wie [bereits] in Amman und Jerusalem, wurde Benedikt XVI. auch hier bei seiner Ankunft mit den

Photo : CTS / MAB

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Ausrufen „Benedetto, benvenuto!“ („Benedikt, willkommen!“) begrüßt. Die Eucharistiefeier wurde durch Ele-mente der verschiedenen katholischen liturgischen Riten bereichert, auch durch den syrisch-katholischen Ritus. Patriarch Fouad hob in seiner Willkommensbotschaft an den Heiligen Vater das Leiden des Heiligen Landes und auch jenes des palästinensischen Volkes hervor. Er sagte: „Heiliger Vater, dieses Land, das Jesus auserwählte, um darin zu leben und die Welt zu retten, braucht Friede, Gerechtigkeit und Versöhnung. Unsere Wunden müssen geheilt werden, unsere Gefangenen entlassen werden, unsere Herzen vom Haß gereinigt werden und unser Volk muß in Frieden und Sicherheit leben. Unser Volk hat gelitten und leidet immer noch an Ungerechtigkeit und Krieg – für Hunderttausende von Menschen ist der Gaza-Krieg immer noch eine offene Wunde – von der Besetzung und dem Mangel an Hoffnung auf eine bessere Zukunft.“ Wie zuvor in Gethsemani, präsentierte der Patriarch die drei theologischen Tugenden als die einzigen Waffen, die mächtig genug sind, um den Herausforderungen und Prüfungen stand zu halten. Und er sagte zum Papst: „In Ihrer Gegenwart erneuert die Katholische Kirche ihren Glauben an Jesus Christus, ihre Liebe zu Gott und den Nächsten und ihre Hoffnung auf die barmherzigen Pläne Gottes für uns alle.“ Benedikt XVI. begann seine Homilie mit einem ausführlichen und überaus herz-lichen „Hallo“ an die palästinensischen Christen, besonders an jene in Gaza, deren Vertreter von ihren Brüdern und Schwestern einen herzlichen Applaus erhielten. Der Papst schlug drei Wege vor, um die Standfestigkeit in der Hoffnung zu kultivieren,

daß die gute göttliche Vorsehung trotz aller äußeren Umstände am Wirken ist. Zuerst geht es um die „beständige Umkehr zu Christus“ und dann um „ein Wachsen in einer Mentalität des Friedens, welche auf Gerechtig-keit und der Achtung der Rechte und Pflichten, sowie auf einer Verpflichtung, für das allgemei-

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ne Wohl zusammen zu arbeiten, gründet.“ Schließlich [geht es darum,] „eine Beharr-lichkeit im Guten und eine Zurückweisung des Bösen“ aufrechtzuerhalten. Der Heilige Vater schloß seine Homilie mit einem ergreifenden Aufruf, in welchem er wiederholte Male auf die Worte des Engels zurückkam, der zu den Hirten in der Christnacht sprach: „Fürchtet euch nicht (…)!“ (vgl. Lk 2,10), und lud die Gläubigen ein, auf das Gebet und auf die Solidarität mit der Universalkirche zu vertrauen, ihre Präsenz im Heiligen Land trotz aller Nöte zu festigen, „Brücken des Dialogs und der Zusammenarbeit zu sein“, und „eine Kultur des Friedens“ zu bauen als „lebendige Steine“ ihrer Ortskirchen. Wie tags zuvor in Jerusalem, wiederholte der Papst, daß nur die Umkehr des Herzens zum auferstandenen Christus und die geistliche Erneuerung den Christen dazu verhelfen kann, in den Prüfungen stand zu halten, Mauern niederzureißen und Frieden in das Heilige Land zu bringen.

Photo : CTS / MAB

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Am Nachmittag ging der Papst alleine in die Geburtskirche, um einige Zeit vor dem Geburtsort zu verbringen. Danach besuchte er das Caritas Baby Hospital, eine Einrichtung, die vor mehr als fünfzig Jahren von Pater Ernst Schnydrig gegründet wurde, um Kinder zu beherbergen, die Opfer von Konflikten in der Gegend von Bethlehem und in Palästinensischen Autonomiebehörde geworden sind, und, um für sie zu sorgen. Der Heilige Vater dankte Pater Michael Scheiger, Präsident der Kinderhilfe Association, Herrn Ernesto Langensand, der gerade seine Zeit als Vorstandsvorsitzender vollendet, Mutter Erika Nobs, Superiorin der Gemeinschaft der Franziskanerinnen von der hl. Elisabeth von Padua, verantwortlich für das Spital, als auch Bischof Robert Zollitsch und Bischof Kurt Koch, als Vertreter der jeweiligen Bischofskonferenzen Deutschlands und der Schweiz, die diese Arbeit unterstützen. Der Papst dankte und lobte

die Administratoren, Doktoren, Krankenschwestern und das Personal des Caritas Baby Hospital, welches jedes Jahr Tausenden von Kindern Hilfe schenkt.

Photos : Peter Damman / Agentur Focus

Photo : L'Osservatore Romano

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Eines der vom palästinensischen Volk am meisten erwarteten Ereignisse im Kalender des Heiligen Vaters war, ohne Zweifel, der Besuch des Papstes im Aida Flüchtlingslager in Bethlehem. Wie sein Vorgänger Johannes Paul II., der ein anderes Flüchtlingslager besucht hatte, wollte Benedikt XVI. eine Geste der Solidarität mit den Palästinensern setzen. Er betonte das bereits zu Beginn seiner Rede: „Mein Besuch im Aida Flüchtlingscamp an diesem Nachmittag gibt mir eine willkommene Gelegenheit, meine Solidarität mit allen heimatlosen Palästinensern zum Ausdruck zu bringen, die sich danach sehnen, an ihren Geburtsort zurückzukehren, oder dauerhaft in einem Heimatland leben zu können, das ihnen gehört.“ Das Datum des Papstbesuches hatte eine wichtige symbolische Bedeutung: Es war dies nur 2 Tage vor dem 61. Jahrestag von Nakba, dem arabischen Wort für „Katastrophe“, das verwendet wird im Rückblick auf die palästinensische Tragödie des Krieges, der Vertreibungen und der Zerstörung, die mit der Gründung des Staates Israel im Jahre 1948 Hand in Hand gingen. Der Papst nahm im Schulhof in Aida an einem einstündigen Programm teil, in dem Ballone stiegen, eine Aufführung von Dabke – einem traditionell palästinensischen und nahöstlichen Tanz – von den Kindern des Camps dargeboten wurde, offizielle Ansprachen gehalten wurden und eine Rezitation eines Gedichtes von Mahmoud Darwish zu hören war, sowie die Übergabe von Geschenken und Briefen an den Papst. Der Vater des ältesten Gefangenen des Camps, Herr Khalid Al-Azraq, übergab an Benedikt XVI. eine Stola, in die auf die eine Seite das Wappen des Vatikans und der Geburtskirche eingestickt ist, und in die auf die andere Seite der „Schlüssel der Rückkehr“ (Symbol des „Rechtes auf Rückkehr“ der palästinensischen Flüchtlinge in ihre Heimat), der Felsendom und der oktogonale Stern von Kanaan eingestickt ist. Ein anderer Campbewohner, Yusif Abusrour, schenkte dem Papst aus der alten palästinensischen Stadt Tiberias einen Stein, der in die Form des historischen Palästinas geschliffen war und in der Mitte eine Gravur mit dem „Schlüssel der Rückkehr“ hatte. Zum Schluß übergaben ein muslimisches Mädchen, dessen Vater und Mutter im Gefängnis sind, und ein christliches Mädchen, dessen Vater auch in Haft ist, dem Papst einen Brief, der im Namen von Tausenden von palästinensischen Gefangenen, die in Israel festgehalten sind, geschrieben wurde. Der Direktor des Aida Camp People´s Committee, Abu Zayd, hielt eine Rede und anschließend der Präsident Mahmoud Abbas. In seiner Ansprache zeigte sich der Papst dem palästinensischen Volk in seinem Leiden selbst nahe und unterstützend: Er erwähnte die Flüchtlinge im Exil, die Notlage der getrennten Familien, das Gefühl in ein Gefängnis eingesperrt zu sein, Arbeitslosigkeit, die Trennmauer, den Teufelskreis

Photos : CTS / MAB

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der Gewalt. Er rief zum Frieden auf, um „den die ganze Welt seufzt“. Nakba ins Gedächtnis rufend, bekräftigte der Papst wiederum das Recht der Palästinenser auf einen unabhängigen Staat und die Notwendigkeit, vor allem eine politische Lösung mit Hilfe der internationalen Gemeinschaft zu finden. Der Papst bat die Campbewohner, und besonders die Jugend, inständig gegen die Versuchung der Gewalt zu kämpfen, und dem Beispiel des heiligen Franziskus von Assisi und allen Friedensstiftern zu folgen: „An Euch alle erneuere ich meine inständige Bitte, einen profunden Einsatz zu leisten, um den Frieden und die Gewaltlosigkeit zu kultivieren, und dabei dem Beispiel des heiligen Franziskus und anderen großen Friedensstiftern zu folgen. Friede muß zu Hause, in der Familie und im Herzen beginnen.“ Am frühen Abend dieses Tages, während des Beginns der Zeremonien bei der palästinensischen Autorität im Präsidentenpalast in Bethlehem, drückte Benedikt XVI. nochmals seine „brennende Sehnsucht für die Verwirklichung des Friedens und der Versöhnung in diesen gequälten Ländern“ aus, und verlieh wiederholt seiner Traurig-keit im Anblick der Trennmauer und sei-ner Emotion im Anblick der Palästinenser, besonderer derer von Gaza, Ausdruck. Er bestärkte nochmals seine Entscheidung für die Herstellung eines gerechten Friedens und eines freien unabhängigen palästinensi-schen Staates: „Als einen wichtigen Schritt in dieser Richtung sucht der Heilige Stuhl gemeinsam mit der Palästinensischen Au-torität eine dauernde bilaterale Kommission zu gründen, so wie im Rahmenvertrag ange-dacht, unterzeichnet im Vatikan am 15. Feb-ruar 2000 (vgl. Grundlagenvertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und der PLO, Art. 9).

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Die Liturgie und der Chor

Die liturgische Vorbereitung für den Papstbesuch erfolgte sehr sorgfältig. Das liturgische Zentralkomitee, angeleitet von Bischof Marcuzzo und zusammengestellt von Frater Stéphane Milovitch OFM, Koordinator für Jerusalem, Monsignore William Shomali, Koordinator für Bethlehem, und Frater Agapios Abu-Saada, Koordinator für Nazareth.

Zu den Messen und zu den verschiedenen Feiern der Vesper zeichnete sich der Chor von selbst durch Gründlichkeit in der Vorbereitung als auch durch Qualität in der Durchführung aus. In Amman wurde der Chor Yanbu‘ al-Muhabba (Frühling der Liebe) von Frater Bashir Bader geleitet; in Jerusalem wurde der Chor der Kustodie von Hania Soudah-Sabbara geleitet; in Bethlehem wurde der Chor des Seminars und die Pfarrchöre von Frater Ibrahim Shomali dirigiert; in Nazareth setzte sich der gemischte Chor aus dem lateinischen Chor von der Verkündigung, dirigiert von Youssef al-Khel, die melkitischen Chöre von Nazareth und Haifa, angeleitet von Frater Agapios Abu-Saada und Awni Hayek, und dem maronitischen Chor Nazareths, dirigiert von Bishara Azzam, zusammen.

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Der Papst in Nazareth

Am Donnerstag, den 14. Mai 2009, besuchte Papst Benedikt XVI. Nazareth. Der Höhepunkt des Tages war die Heilige Messe, welche im Freien am Berg des Abgrundes („Mount Precipice“) in Anwesenheit einer Versammlung, die für ihre Vielfalt bemerkenswert ist, zelebriert wurde. Katholiken – Lateiner, Melkiten und Maroniten – mischten sich mit Menschen von anderen christlichen Konfessionen – insbesondere Orthodoxe und Anglikaner – und sogar andere Religionen: einige tausend Muslime waren zugegen und zahlreiche Juden. Tausende Pilger aus vielen umliegenden Ländern waren gekommen, wie auch gegenwärtig Residierende in Israel. Wir sahen auch, daß eine große Gruppe von Filipinos und ausländischer Arbeiter anderer Nationalitäten anwesend waren, so zum Beispiel einige aus dem Sudan und eine Menge Menschen aus den palästinensischen Territorien, für die die israelischen Behörden Pässe bereit gestellt hatten. Am Berg des Abgrundes („Mount Precipice“) stehend, blickt man über den Hügel auf die Stadt Nazareth und auf die Basilika der Verkündigung. Auch sieht

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man ein schönes Amphitheater und eine beeindruckende Esplanade, die von der Stadtverwaltung errichtet worden waren. Die Heilige Messe mit dem Papst war für 10.00 Uhr vormittags geplant. Bereits um 04.00h morgens war eine Menge von Gläubigen vor Ort, die den Rosenkranz beteten oder - in ihren Decken eingehüllt - schliefen. Allmählich, Stunde um Stunde, füllten sich die Sitzreihen, die für 62.000 Gläubige bereit gestellt waren. Sie kamen von Jerusalem und von ganz Israel, die meisten waren Galiläer, unter ihnen Nazarener. Sie alle waren glücklich und stolz, den Heiligen Vater willkommen zu heißen und die Welt an ihr einzigartiges und vitales Dasein zu erinnern. Nazareth ist eine Stadt mit ungefähr 70.000 Einwohnern. Sie ist die größte arabische Stadt in Israel und es leben ungefähr 40 % Christen darin. Die versammelte Menge von Gläubigen sang bereits eineinhalb Stunden vor der Ankunft des Papstes unter glühender Sonne Lieder und Hymnen und den Refrain „Welcome, Benedict!“ oder „Benedetto, benvenuto!“ sowie ein schönes Lied, das von Louaie Zaher und Rabab Zeitoun, den beiden katholischen Künstlern aus Nazareth, komponiert und gesungen wurde. Bei seiner Ankunft am Landeplatz des Helikopters wurde Benedikt XVI. von etlichen Bischöfen, dem Bürgermeister von Nazareth, Ramez Jarayseh, und seinem Stadtrat, von Bürgermeistern nahe gelegener Städte und von verschiedenen Würdenträgern der israelischen Ministerien für interne und externe Angelegenheiten, willkommen geheißen. Der Papst begrüßte jeden von ihnen. Danach wurde der Heilige Vater mit dem Papamobil in das Amphitheater hinein gefahren. Er fand eine Atmosphäre von großer Freude vor. Der Papst wurde noch viel herzlicher, als man sich jemals vorstellen konnte, willkommen geheißen und gefeiert. In einer schönen Prozession stiegen die Zelebranten zum Altar hinauf und trugen eine große Ikone mit sich, die von einem melkitischen Priester, namens Rev. Samir Rohana, gemalt wurde.

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Nach der Willkommensrede, welche von Erzbischof Elias Chacour, Griechisch Katholischer Erzbischof von Akko, gegeben wurde, begann die Heilige Messe. Die Liturgie wurde zu Ehren der Heiligen Familie gefeiert und durch Elemente des melkitischen und des maronitischen Ritus bereichert. Das wurde von den Organisatoren so ausgewählt, um das Jahr, welches von den katholischen Kirchen des Heiligen Landes im Jahr 2008 - 2009 der Familie gewidmet war, zu beschließen. In seiner Homilie, welche auf der Grundlage fußte, daß Nazareth die Stadt der Heiligen Familie ist, betonte der Heilige Vater ausführlich die Heiligkeit und die vitale Mission der christlichen Familie. Er richtete seine Homilie in besonderer Weise an die Männer, Frauen und Kinder. Benedikt XVI. ermahnte auch, der Versuchung von interreligiöser Gewalt zu widerstehen - insbesondere bezog er sich auf die Spannungen zwischen Christen und Muslime im Hinblick auf die Mosche in Nazareth, die 1999 ausgebrochen waren – und er rief zum Dialog, zu gegenseitigem Respekt und zu einer friedvollen Koexistenz auf. Er betonte: „Mögen wir alle der zerstörerischen Macht von Haß und Vorurteil, die zuerst die Seelen der Menschen und dann ihre Körper tötet, eine klare Absage erteilen!“

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Trotz der großen Mehrheit von Gläubigen, die keine Heilige Kommunion empfingen, fand die Heilige Messe in einer kontemplativen Atmosphäre von Freude und Danksagung statt. Jene Personen, die für die israelische Sicherheit verantwortlich waren, und die aufgrund der Größe der Menge Angst vor Schwierigkeiten bekommen hatten, verliehen ihrer Bewunderung über das tadellose Benehmen der Gläubigen während der Feier Ausdruck. Hier müssen wir den Pfadfindern danken und sie anerkennen, da sie hart gearbeitet hatten, um das Ereignis vorzubereiten. Sie dienten den Anwesenden als Ordner. Das Schauspiel des Stromes der Gläubigen, der sich die Straße hinunter bis zum Fuß des Berg des Abgrundes („Mount Precipice“) bewegte, war sehr eindrucksvoll. Leider wurde eine Menge von Leuten – größtenteils Muslime – die sich zu beiden Seiten der Straße von der Bergspitze bis ganz nahe zur Basilika drängten, um den Papst auf seinem Weg zu begrüßen, enttäuscht: Die israelische Polizei hatte versprochen, den Papst sichtbar für die Leute entlang der Straße [fahren] zu lassen, damit sie ihm die Ehre erweisen könnten, aber anstatt ihn ins Papamobil einsteigen zu lassen, brachte die israelische Polizei den Papst im letzten Moment in ein Auto mit verdunkelten Fenstern!

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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land64

Nach dem Mahl mit den Bischöfen, der Franziskanergemeinschaft und dem päpstlichen Gefolge im Franziskanerkloster von Nazareth, traf Benedikt XVI. mit dem israelischen Premierminister Benyamin Netanyahu zusammen. Ihr Gesprächsaustausch hatte Wege zum Friedensprozeß in der Region und die Anwendung des Grundlagenver-trages zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Staat Israel zum Inhalt. Später am Nachmittag kam der Papst zum Auditorium der Verkündigungskirche in Nazareth zu einer Begegnung mit den christlichen, jüdischen, muslimischen und dru-sischen Religionsführern Galiläas zusammen. In seiner Begrüßungsrede begann Bischof Giacinto-Boulos Marcuzzo, der Vikar des Lateinischen Patriarchates von Israel, mit der Bemerkung, „daß Nazareth in Schrift und Tradition der Treffpunkt par excellence sei: Zwischen dem Alten und dem Neuen Testament, zwischen Gott und Mensch, zwischen Himmel und Erde, Endlichkeit und Unendlichkeit und zwischen Zeit und Ewigkeit.“ Er wandte sich mit folgenden Worten an den Heiligen Vater: „Eine revidierte Form des „Di-alogs“ könnte genau Ihr päpstliches Motto ‚Cooperatores veritatis’ (3 Joh 1,8) zum Aus-druck bringen; Zusammenarbeit in der Suche nach der Wahrheit. Durch diese konkre-te Umsetzung kann unsere Verschiedenartigkeit ein herrliches Mosaik werden, das den Reichtum des Glaubens als eine schöne harmonische Symphonie und unsere Traditionen als einen wunderbaren Garten von schönen und gefälligen Blumen widerspiegelt.“

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8. – 15. Mai 2009 65

Der Papst nahm in seiner Rede auch Bezug auf die besondere Berufung Galiläas, indem er sprach: „Es ist ein Land, bekannt für seine religiöse und ethnische Vielfalt, es ist Heimat für ein Volk, das sehr gut die Mühen kennt, die es braucht, um in harmonischer Koexistenz zu leben.“ Er bat seine Zuhörer ihr Bemühen um den Dialog fortzusetzen, das Verständnis, den Respekt und die gegenseitige Zusammenarbeit sowie den Frieden und das Wohlergehen der menschlichen Familie als Ganzes zu fördern. Aber was jenseits der Worte von diesem Treffen in Erinnerung bleibt, ist vor allem ein Bild, das durch die Einladung eines Rabbiners zustande kam: Die Teilnehmer, angeleitet von Papst Benedikt XVI., vereinten ihre Stimmen zu einem Friedenslied, das für diese besondere Gelegenheit komponiert worden war. Der Papst stand auf und nahm die Hände seiner Nachbarn, in einer symbolisch sehr berührenden Geste von Einheit und Brüderlichkeit. Dieses Bild wurde sogleich auf der ganzen Welt gezeigt. Der Heilige Vater ging weiter zur Verkündigungsbasilika, um dort an der Grotte, wo die Jungfrau Maria die Verkündigung des Erzengels Gabriel empfing, einige Zeit im stillen Gebet zu verbringen. Dann stand er, wie in Amman, der Vesper mit den Bischöfen, Priestern und Nonnen, als auch den kirchlichen und pastoralen Bewegungen Galiläas vor. Erzbischof Paul Nabil Sayah, Maronitischer Erzbischof von Haifa, sprach die Willkommensrede im Namen des Klerus, der Mönche und Nonnen

zum Heiligen Vater. In seiner Antwort betrachtete der Papst das Geheimnis der Verkündigung und der Menschwerdung. Er wandte sich mit einer dringenden Bitte, ja beinahe mit einem Flehen an die Christen des Heiligen Landes, indem er sagte: „Habt Mut treu zu Christus zu sein und hier in diesem Land, das Er durch seine Gegenwart geheiligt hat, zu leben! Wie Maria, habt auch ihr eine Rolle im Heilsplan Gottes zu spielen, indem ihr als Zeugen Christus und seine Botschaft von Frieden und Einheit der Welt gegenwärtig macht. Dafür ist es wesentlich, daß ihr untereinander geeint seid, damit die Kirche im Heiligen Land klar als ‚ein Zeichen und Instrument der Gemeinschaft mit Gott und der Einheit mit der ganzen menschlichen Rasse’ (Lumen Gentium I) erkennbar ist.“

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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land66

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8. – 15. Mai 2009 67

Seine Seligkeit Patriarch Fouad Twal, Lateinischer Patriarch von Jerusalem und Präsident von „ACOHL“Seine Exzellenz Antonio Franco, Päpstlicher Nuntius und Apostolischer DelegatSeine Exzellenz Elias Chacour, Melkitisch Griechisch Katholischer Erzbischof von AkkoSeine Exzellenz Paul Nabil Sayah, Maronitischer Erzbischof von Jerusalem, Jordanien und HaifaSeine Exzellenz Giacinto-Boulos Marcuzzo, Lateinischer Patriarchalvikar für IsraelMonsignore Raphael Minassian, Armenisch Katholischer Patriarchalexarch von Jerusalem und AmmanP. Pierbattista Pizzaballa OFM, Kustos des Heiligen LandesMonsignore Paolo Borgia, Sekretär des NuntiusP. David Neuhaus SJ, Lateinischer Patriarchalvikar für die Hebräisch sprechenden GemeindenRev. Humam Khzouz, Kanzler des Lateinischen Patriarchates von JerusalemRev. Shawki Baterian, Generaladministrator des Lateinischen Patriarchates von JerusalemP. Pietro Felet SCJ, Generalsekretär von „ACOHL“Herr Wadie Abu-Nassar, Leiter der Kommunikationsabteilung des Lateinischen Patriarchates von Jerusalem

Das zentrale Koordinationskomiteefür den Papstbesuch

nach Israel und in diePalästinensische Autonomiebehörde

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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land68

Multimedia-Produktionen während des PapstbesuchesDer Besuch von Benedikt XVI. war eine Gelegenheit für diverse audiovisuelle Produk-tionen, wovon es u. a. die folgenden gibt: Die israelische Regierung teilte den Schulen – besonders den christlichen – ein spezielles Budget zu, um Studenten auf den Besuch des Heiligen Vaters vorzubereiten. Shaadi Abu-Khadra, im Auftrag des katechetischen Komitees in Israel, fertigte eine CD-Rom-Präsentation an, die Erklärungen uRev. Bashir Bader und Rev. Rif´at Bader nahmen mit dem Chor Yanbu‘ al-Muhabba (Frühling der Liebe) eine CD mit Musikstü-cken und religiösen Liedern auf. Unter diesen Liedern wurden Hymnen vorgetragen, die anlässlich der verschiedenen Weltjugendtage und anlässlich des Besuches von Jo-hannes Paul II. ins Heilige Land im Jahr 2000 komponiert wurden. Sie nahmen auch originale Kompositionen auf, die speziell für den Besuch von Benedikt XVI. geschrie-ben wurden. In Galiläa nahmen die beiden katholischen Künstler, Louaie Zaher und Rabab Zeitoun eine CD auf, auf welcher traditionelle Hymnen - darunter zwei besondere, komponiert für den Besuch von Benedikt XVI., - aufgenommen wurden.

Die besten WillkommensbotschaftenDie Gläubigen haben sich während der Pilgerreise des Papstes gegenseitig mit Enthu-siasmus, Kreativität und Tiefe im Verfassen von Willkommensgrüßen überboten. Ihre Willkommensbotschaften wurden auf Fahnen, Postern und Kunstdrucken gezeigt. Hier einige Beispiele: In Amman: „P.O.P.E.“, was bedeutet: „People of Peace Excited to meet you“ (Caritas, Jordanien) = übersetzt: “Menschen des Friedens, die begeistert sind, Sie zu treffen” In Jerusalem: „Israel welcomes Pope Benedict who comes in a spirit of unity and peace“ = übersetzt: „Israel heißt Papst Benedikt willkommen, der im Geist der Einheit und des Friedens kommt“ In Bethlehem: «Unser Papst ist unser Hoffnung». In Nazareth: „Nazareth, the city of peace where everything began“; „Welcome home, dear Pope“; „The Latin Patriarchate of Jerusalem affectionately welcomes H.H. Pope Benedict XVI., Messenger of Peace, Truth and Dialogue, to Nazareth the brot-herly city“ = übersetzt: “Nazareth, die Stadt des Friedens, wo alles begann”; “Will-kommen zu Hause, lieber Papst”; “Das Lateinische Patriarchat von Jerusalem heißt Seine Heiligkeit Papst Benedikt XVI, den Botschafter des Friedens, der Wahrheit und des Dialogs, in Nazareth, der brüderlichen Stadt, herzlich willkommen“.

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8. – 15. Mai 2009 69

Der letzte Tag in JerusalemAm Freitag, den 15. Mai 2009 verbrachte der Papst den letzten Tag seiner Pilgerreise in Jerusalem. Nachdem er eine Privatmesse in der Kapelle der Apostolischen Delega-tion, die am Ölberg liegt, zelebrierte, besuchte Benedikt XVI. das Griechisch Ortho-doxe Patriarchat im christlichen Viertel der Altstadt. Er traf Seine Seligkeit Patriarch Theophilos III., der die Willkommensrede vor den Erzbischöfen, Bischöfen, Äbten und Priestern und einer Anzahl Gläubiger hielt. In seiner Rede sagte der Papst, daß er schon „lange“ auf den Moment „gewartet“ und sich danach gesehnt hätte, eine Kontinuität mit den historischen Treffen zwischen Paul VI. und Patriarch Athenagoras im Jahre 1964, sowie weiters mit Johannes Paul II. und Patriarch Diodoros im Jahr 2000 her-zustellen. Er sprach zudem mit tiefer Überzeugung von der „ökumenischen Aufgabe“: Der Papst bezog sich auf die Arbeit der Gemeinsamen Internationalen Kommission für den theologischen Dialog zwischen der Römisch-Katholischen Kirche und den Ortho-doxen Kirchen, das kürzlich erschienene Ravenna-Dokument, und die Teilnahme des Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel Seine Heiligkeit Bartholomäus I. an der Bischofssynode über das Wort Gottes. Ausdrucksstark bekräftigte Benedikt XVI. zudem, daß allein schon das rechte Gefühl für „die Schande unserer Spaltungen ein kleines Wunder“ gewesen sei und Ausdruck einer wirklichen Sehnsucht nach Einheit sei. Er ermutigte verschiedene ökumenische Initiativen, die bereits in Jerusalem beste-hen, und lobte die Arbeit, die schon von den Leitern der christlichen Gemeinschaften vollendet wurde.

Photo : Christo Asfour

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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land70

Der Papstbesuch in der Heiligen Grabeskirche war zweifellos einer der Hö-hepunkte seiner Pilgerreise. Das Bild von Benedikt XVI., als er vor dem leeren Grab in dem kleinen Heiligtum der Anastasis kniete, war ein

Glaubensakt und ein Glaubenszeugnis. Der Papst übergab vor dem Heiligen Grab eine seiner stärksten Botschaften während der gesamten Reise zum Thema der Hoffnung. Patriarch Fouad Twal bekräftigte diese Tatsache am Schluß seiner Willkommensrede mit folgenden Worten: „Heiliger Vater, geführt von der Stärke der Auferstehung und rückversichert durch die Verheißung des Herrn, bei uns zu bleiben bis an das Ende der Zeit, wage ich zu sagen, daß weder Konflikt noch Besetzung, weder Trennmauern noch die Kultur des Todes oder die Emigration der Christen unsere Moral zerstören, unsere Hoffnung auslöschen und unsere Freude ersticken kann!“ Vor dem leuchtenden Geheimnis des leeren Grabes entwickelte der Papst das Thema der christlichen Hoff-nung: Eine „Hoffnung, die nicht enttäuscht, weil sie die Gabe des Geistes des Lebens ist“ (vgl. Röm 5,5), und stellte fest, daß dies „die Botschaft war, die er uns am Ende im Heiligen Land hinterlassen wollte.“ Es war vor dem leeren Grab, als der Papst seinen

leidenschaftlichsten Aufruf an die Christen im Heiligen Land richtete, indem er die Kirche von Jerusalem an ihre Berufung erinnerte, der erste Verkünder der Aufer-stehung zu sein: „Das ist die Botschaft, die ich euch heute zum Abschluß meiner Pilgerreise in das Heilige Land überge-ben will … Die Kirche im Heiligen Land, welche so oft schon das dunkle Mysterium von Golgotha erfahren hat, darf niemals aufhören, ein unerschütterlicher Bote der leuchtenden Botschaft der Hoffnung zu sein, welche dieses leere Grab proklamiert. In diesem Grab soll die Kirche all ihre Ängste und Befürchtungen begraben, um jeden Tag aufs Neue an der Auferstehung teilzuhaben und ihren Weg durch die Stra-ßen von Jerusalem, Galiläa und darüber hi-naus fortzusetzen, indem sie den Triumph der Vergebung Christi und das Versprechen eines neuen Lebens verkündet.“

Photo : Christo Asfour

Photo : Ariel Jerozolimski

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8. – 15. Mai 2009 71

In der Beibehaltung des ökume-nischen Geistes, welcher einer der be-zeichnenden Charakteristika in seiner Pilgerreise war, ging Benedikt XVI. zur Armenisch-Apostolischen Kirche von Jerusalem, die dem heiligen Jakobus ge-weiht ist. Dort traf er mit Seiner Selig-keit Patriarch Torkom Manooghian und den Erzbischöfen, Bischöfen, Priestern und den gläubigen orthodoxen Arme-niern zusammen. Nochmals begrüßte der Papst die „bedeutende Entwicklung der Beziehungen zwischen der Katholi-schen Kirche und der Armenisch Apos-tolischen Kirche“. Mit Freude erinnerte Papst Benedikt XVI. an den im Jahre 2008 stattgefundenen Rombesuch des Obersten Patriarchen und Katholikos aller Armenier, Karekin II., und des Katholikos von Zilizien, Aram I., und erwähnte das letzte Dokument über die

Photos : L'Osservatore Romano

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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land72

Natur und die Mission der Kirche, welches von der Vereinten Kommission zwischen der Katholischen Kirche und den orientalischen Orthodoxen Kirchen verfaßt wurde. Benedikt XVI. schloß seine Rede, indem er die „glorreiche Geschichte“ der armeni-schen Gemeinde in Jerusalem in Erinnerung rief. Er verwies auf „ein außergewöhnlich blühendes monastisches Leben und eine Kultur, die mit den heiligen Stätten und mit den liturgischen Traditionen, die darum entstanden sind, verbunden ist“, und er betete, daß ein erneuertes Leben beständig aus diesen reichen Traditionen hervorgehen möge.

Am frühen Nachmittag wurde der Papst am Ben Gurion Airport in Tel Aviv für die Abschiedszeremonie von Israel erwartet. Er wollte mit seinen Zuhörern „einige starke Eindrücke“ von seiner Pilgerreise in das Heilige Land teilen. Der Heilige Vater widmete den Großteil seiner Rede dem Friedensaspekt. Er erinnerte seine Zuhörer, daß er als Freund der Israeli und der Palästinenser in dieses Land gekommen war. „Freunde haben Freude daran, Zeit miteinander zu verbringen, und sie bedauern es zutiefst, daß der andere leidet. Kein Freund der Israelis und der Palästinenser kann sich der Trauer über die andauernde Spannung zwischen Euren beiden Völkern entziehen. Kein Freund kann es unterlassen bei diesem Leiden und diesem Verlust an Leben zu weinen, das beide Völker über die letzten sechzig Jahre hinweg erlitten haben.“ In seinen letzten Worten, kurz bevor er all seinen Gastgebern und den Organisatoren seines Besuches gedankt hatte, sprach der Heilige Vater von der Trennmauer zwischen Jerusalem und Bethlehem, „als einen der traurigsten Anblicke“ während seiner Pilgerreise. Ein letztes Mal drängte er das israelische und das palästinensische Volk dazu, statt des Mißtrauens und der Trennung, ein gerechtes, bleibendes Vertrauen und einen Respekt aufzubauen. Jedoch ist ohne Zweifel das, was von der Abschiedsrede Benedikts XVI. vom 15. Mai 2009 verbleibt, sein Appell, der eine Synthese seiner Friedensbotschaft ist: „Nie wieder Blutvergießen! Nie wieder Kämpfe! Nie wieder Terrorismus! Nie wieder Krieg! Stattdessen laßt uns den Teufelskreis der Gewalt durchbrechen! Laßt dauernden Frieden, der auf Gerechtigkeit gegründet ist, herrschen, laßt eine ursprüngliche Wiedervereinigung und Heilung geschehen. Laßt es universal anerkannt sein, daß der Staat Israel ein Recht auf seine Existenz hat und sich an Frieden und Sicherheit innerhalb international anerkannter Grenzen erfreut. Anerkennt ebenso, daß das palästinensische Volk ein Recht auf einen souveränen, unabhängigen Heimatstaat hat, und das Recht, in Würde zu leben und sich frei bewegen zu können: Laßt die Zwei-Staaten-Lösung Realität werden, und nicht einen Traum bleiben.“

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8. – 15. Mai 2009 73

Die führenden Kirchenoberhäupterund kirchliche Würdenträger, welche während

der Päpstlichen Pilgerreise anwesend waren

Seine Seligkeit Fouad Twal, Lateinischer Patriarch von JerusalemSeine Seligkeit Theophilos III., Griechisch Orthodoxer Patriarch von JerusalemSeine Seligkeit Kardinal Emmanuel III. Delly, Patriarch von Babylon der ChaldäerSeine Seligkeit Kardinal Nasrallah Pierre Sfeir, Maronitischer Patriarch von AntiochiaSeine Seligkeit Gregorios III. Laham, Melkitisch Griechisch Katholischer Patriarch von

AntiochiaSeine Seligkeit Ignatius Joseph III. Younan, Katholisch Syrischer Patriarch von AntiochiaSeine Seligkeit Nerses Bedros XIX. Tarmouni, Armenisch Katholischer Patriarch von ZilizienSeine Seligkeit Michel Sabbah, Lateinischer Patriarch Emeritus von JerusalemSeine Exzellenz Antonio Franco, Apostolischer Nuntius in Israel und Apostolischer Delegat für Palästinensische AutonomiebehördeSeine Exzellenz Elias Chacour, Melkitisch Griechisch Katholischer Erzbischof von AkkoSeine Exzellenz Yaser Ayyash, Melkitisch Griechisch Katholischer Erzbischof von AmmanSeine Exzellenz Paul Nabil Sayah, Maronitischer Erzbischof von Haifa und des Heiligen LandesSeine Exzellenz Pierre Melki, Syrisch Katholischer Bischof von JerusalemSeine Exzellenz Jules Yousef Zerrey, Melkitisch Griechisch Katholischer Erzbischof von

JerusalemSeine Exzellenz Salim Sayegh, Lateinischer Patriarchalvikar für JordanienSeine Exzellenz Giacinto-Boulus Marcuzzo, Lateinischer Patriarchalvikar für IsraelSeine Exzellenz Kamal Bathish, Lateinischer Patriarchalvikar General EmeritusSeine Exzellenz Aristarchos Peristeis, Generalsekretär des Griechisch Orthodoxen

PatriarchatesSeine Exzellenz Aris Shirvanian, Armenisch Orthodoxer ErzbischofSeine Exzellenz Mounib Younan, Lutheranischer Bischof von JerusalemSeine Exzellenz Suheil Dawani, Anglikanischer Bischof von JerusalemSeine Exzellenz Riah Abu al-‘Assal, Anglikanischer Bischof Emeritus von NazarethP. Pierbattista Pizzaballa OFM, Kustos des Heiligen LandesMonsignore Raphael Minassian, Armenisch Katholischer Exarch von JerusalemMonsignore Paolo Borgia, Sekretär des NuntiusP. Pietro Felet, SCJ, Generalsekretär von „ACOHL“

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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land74

Das Päpstliche Gefolge

Seine Eminenz Kardinal Tarcisio Bertone, Staatssekretariat

Seine Eminenz Kardinal Leonardo Sandri, Präfekt der Kongregation für die Orientalischen Kirchen

Seine Eminenz Kardinal Walter Kasper, Präsident des Päpstlichen Rates für die Förderung der Einheit der Christen

Seine Eminenz Kardinal John Patrick Foley, Großmeister des Ordens des Heiligen Grabes

Seine Eminenz Kardinal Jean-Louis Tauran, Präsident des Päpstlichen Rates für den Interreligiösen Dialog

Monsignore Guido Marini, Päpstlicher Zeremonienmeister

Monsignore Marco Agostini, Päpstlicher Zeremonienmeister

Unter den weiterenWürdenträgern waren präsent:

Seine Eminenz Kardinal Ennio Antonelli, Präsident des Päpstlichen Rates für die Familie Seine Exzellenz Jean Sleiman, Lateinischer Erzbischof von Baghdad

Seine Exzellenz Paul Dahdah, Apostolischer Vikar von Beirut

Seine Exzellenz Maroun Lahham, Bischof von Tunis

Seine Exzellenz Ghaleb Bader, Erzbischof von Algerien

Seine Exzellenz Nicodème Barrigah-Benissan, Bischof von Atakpamé

Seine Exzellenz Robert Zollitsch, Erzbischof von Freiburg im Breisgau

Seine Exzellenz Kurt Koch, Erzbischof von Basel

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8. – 15. Mai 2009 75

Die Delegation des Ordensvom Heiligen Grab

Mehr als siebzig Mitglieder des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem nah-men am päpstlichen Besuch im Heiligen Land teil:

GroßmagisteriumAgostino Borromeo, GeneralgouverneurAdolfo RinaldiMario CantuttiChrista von Siemens

Jerusalem und AmmanIssa und Claudette HabeshJiries und Henriette SharbeenSaid SawalhaKaram und Bdour Msiih

DeutschlandHeinrich Dickmann, StatthalterKarl GertlerFolker MullerMichael BühlhoffRichard LorischChristoph Johannes Kimberger

England und WalesMichael Whelan, StatthalterNorah WhelanBartholomew und Mary BondBrendan und Gavan RyanJohn und Zofia MillGerald und Pauline SoaneRupert und Patricia PageBernard und Margaret Waddingham

Joseph und Anne NolanClaire Anne NolanStephanie AllanachSuzanne KavanaghDominic GoldingRev. Richard HindEmily O’BrienPatricia RichardsonChristopher RichardsWilliam MetcalfLaila Asfoura

Kanada – TorontoRobert und Vida NairnTerrance und Irene WolffRoland und Marie BertinDouglas und Maureen MurrayKathleen McGilly

SpanienMaría Cristina de Vilar y HernándezErnesto Domínguez y Porta

Vereinigte Staaten – WestPatrick Powers, Statthalter

Vereinigte Staaten – NordGeorge Thomas Zirnhelt, StatthalterSusan Mary Zirnhelt

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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land76

FrankreichBertrand und Nathalie Ferrier

NorwegenLars-Ole Svanenhielm DjupdalHelene LundGaute Haug Eriksen

PhilippinenJesus P. Tambunting, StatthalterMargarita TambuntingJosé L. und Maria Victoria Cusia

PortugalGonzalo Medina Figueiredode Barros, Statthalter

Antonio und Maria Teresade Magalhaes e MenezesFrancisco und Maria IsabelJosé Paulo und Mariade Fatima BarahonaCastelbranco MascarenhasLuis und Virginia Chaves CostaAna Julia Galvao Coelhode CamposNuno de Sousa MendesJoao A.T. Goulart de Bettencourt

SchweizFrank und Rita Deiters

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8. – 15. Mai 2009 77

Ansprachenvon Patriarch Fouad Twal,von Bischof Giacinto-Boulos Marcuzzo, Patriarchalvikar für Israel, von Bischof Salim Sayegh, Patriarchalvikar für Jordanien

Reden von Patriarch Fouad

beim Regina Pacis Center

Heiliger Vater,

im Namen der Angestellten und der Volontäre heißen wir Sie frohen Herzens willkommen im Regina Pacis Center, zu welchem die Kirche zum Guten Hirten, ein Treffpunkt für die christliche Jugend Jordaniens und ein Dienst für Behinderte, gehört. Ihre Anwesenheit ist für uns Höhepunkt all unserer Hoffnungen, unserer Arbeit und unserer Erfahrung hier. Heiliger Vater, in der Heiligen Schrift sagt der Herr: „Die verloren gegangenen Tiere will ich suchen, die vertriebenen zurückbringen,

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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land78

die verletzten verbinden, die schwachen kräftigen, ... und für sie sorgen, wie es recht ist.“ (Ez 34, 16) Unsere jungen Menschen – wie alle jungen Menschen – brauchen wirklich einen guten Hirten, der sie auf die rechten Wege leitet und sie durch Reue und Vergebung auf die grünen Weiden des wahren Lebens zurückruft. Sie sind unser guter Hirte, Heiliger Vater. Ihre Bemühungen für die Jugend sind bekannt, und wir erinnern uns alle gerne an den Erfolg des letzten Weltjugendtages in Sydney. Voller Stolz heißen Sie unsere jungen Menschen, diehier um Sie versammelt sind, willkommen. Dieses Zentrum verdankt seinen Bestand der harten Arbeit und klugen Leitung unseres Weihbischofs von Amman, Seine Exzellenz Salim Sayegh. Es soll der Stärkung des Glaubens junger Christen dienen, und zwar sowohl aus dem Haschemitischen Königreich, als auch aus den umliegenden Ländern. Das Regina Pacis Center wurde 2004 eingeweiht. In der Schrift heißt es, daß unser Herr „nicht daran festhielt, wie Gott zu sein“ (Phil 2, 6) sondern zu uns kam, die wir arm und hilflos sind, um unsere Situation der Schwachheit zu teilen und uns zu sich zu erheben. Und so teilen jene, die für das Wort Gottes offen sind, ihr Leben mit den Bedürftigen, und stellen ihnen ihre Kräfte zur Verfügung. Daher ist dieses Zentrum kostenlos für all jene offen, die in Not sind, ungeachtet der Religionszugehörigkeit, oder politischer und sozialer Herkunft. Die Arbeit dieses Zentrums hat demnach nicht nur auf menschlicher und geistlicher Ebene Auswirkungen, sondern auch auf nationaler und sozialer Ebene. Denn mit der ausgesprochenen Ermutigung der zivilen Behörden kommen hier alle Zweige der jordanischen Gesellschaft zusammen, arbeiten gemeinsam, leben gemeinsam und helfen einander. Das Zentrum versucht ebenso, das Bewußtsein für die Würde

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behinderter Menschen zu fördern. Wir helfen Familien, diese Würde zu erkennen und die Rechte dieser Menschen in Familie und Gesellschaft zu fördern und zu verteidigen. Jedoch: wer gibt, der empfängt. Diejenigen, die sich in den Dienst der Behinderten stellen, entdecken mit Freude, wie sehr ihre eigenen Herzen durch diesen Dienst gestärkt werden. Die Zeugnisse dieser Menschen, die mit solchen Schwierigkeiten und dennoch so großer Freude leben, können jeden von uns erbauen. Sie lassen uns erkennen, daß all unsere Intelligenz, Stärke und Reichtum nichts sind im Vergleich zu einem Herz, das inmitten so vieler Bürden weiter hofft. Viele, die hierher kommen, um zu geben, entdecken, daß sie eigentlich die Empfangenden sind. Die Volontäre hier im Regina Pacis Center, Muslime und Christen, empfangen tatsächlich viel. Unsere Volontäre leben diesen Liebesdienst gemeinsam und gründen sich auf religiöse Prinzipien des Christentums und des Islams. Das verwurzelt sie in einer tiefen Hochachtung vor unserem gemeinsamen Menschsein. Sie machen auch eine praktische Erfahrung des konstruktiven Dialogs, indem sie gemeinsam arbeiten und dem anderen offen, ohne Vorbehalt und Vorurteil, begegnen. Unsere Arbeit hier wurzelt im gegenseitigen Respekt. Unser gemeinsamer Dienst öffnet unsere Herzen füreinander und erfüllt uns mit Vertrauen in das Wesen des anderen. Dieses Vertrauen ist die Grundlage jeder menschlichen Gesellschaft, die dieses Namens wert ist. Heiliger Vater, wir wünschen uns, daß Sie sich mit uns freuen, denn durch dieses Werk sind so viele der Güte Gottes begegnet, der uns leitet. So viele haben entdeckt, daß man vertrauensvoll zusammenarbeiten kann, um eine Gesellschaft zu bauen, die die Würde aller anerkennt, zuallererst der am meisten verletzbaren und hilflosen. Wir bitten Sie heute, dieses Werk zu segnen, sowie alle unsere Wohltäter, die dieses Zentrum ermöglichen. Segnen Sie alle, die hier durch ihren Dienst so vielen [Menschen] Heilung und Hoffnung schenken.

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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land80

bei der Universität von Madaba

Eure Heiligkeit, Eure Majestät König Abdullah,Eure königliche Hoheit, Prinz Ghazi,verehrte Gäste,liebe Freunde!

Es ist uns eine tiefe Freude, Sie heute in Madaba, der Stadt, „die Christus liebt“, willkommen zu heißen. Unsere Stadt erfährt heute die große Ehre und Genugtuung von Ihnen, den Segen des Grundsteins einer neuen kirchlichen Institution zu empfangen, und zwar der Universität von Madaba. Wir sind uns der zahlreichen und großen Herausforderungen, die uns bevorstehen, wohl bewußt, und sind dennoch voll Glauben und Zuversicht. Erstens, aufgrund Ihrer großzügigen Unterstützung, Heiliger Vater. Ihr persönliches Interesse hat diesem umfangreichen Unternehmen ans Licht verholfen. Zweitens, aufgrund der wohlwollenden Ermutigung unseres geliebten Königs, Seiner Majestät Abdullah II., und seiner ehrenwerten Regierung, die hier vertreten ist durch Seine königliche Hoheit, unseren lieben Freund, Prinz Ghazi. Wir sind zuversichtlich, daß diese weitere kirchliche Institution einen Beitrag für die Erziehung unserer jungen Menschen leisten können wird. Es ist dies ein Anliegen,

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welches Seine Majestät König Abdullah selbst und die ehrenwerte Dynastie der Haschemiten sehr schätzen und fördern. In allen Unternehmungen der Kirche ist die Leidenschaft für den Menschen ihre zentrale und wichtigste Triebkraft. Wir gehen diese neue Herausforderung voller Zuversicht an, und hoffen, daß viele unserer jungen Menschen die Gelegenheit haben werden, das Abenteuer ihrer Existenz und ihres Studiums in einem gesunden Umfeld ganz auskosten zu dürfen. Dies wird aus ihnen hervorragende Bürger machen, erfüllt, talentiert und fähig, dem Aufbau und der Wohlfahrt ihrer Gemeinschaft und ihres Volkes zu dienen. Vor über hundertfünfzig Jahren, im Jahre 1846, in einer Zeit, als Bildung noch eine Seltenheit war, die auf reiche Stadtbewohner beschränkt blieb, fühlten wir uns gegenüber unseren ländlichen Gebiete verpflichtet und begannen unsere ersten Schulen im Heiligen Land, hier in Jordanien und in Palästina, zu errichten. Wir bauten Schulen in entlegenen Städten und Dörfern. Solche Bemühungen wurzeln in unserem uneingeschränkten Wunsch, dem Volk des Heiligen Landes zu dienen, zu dem wir durch Gottes Gnade gehören. Heute betreibt das Lateinische Patriarchat allein 45 Schulen. Insgesamt umfaßt das Netzwerk katholischer Schulen 116 Einrichtungen, Heime für zehntausende Schüler aus allen Schichten unserer Gesellschaft ohne die geringste Diskriminierung. Seit Jahrhunderten erreichen nun Jahrgang nach Jahrgang stolze Schüler ihren Abschluß. Die großzügige und langfristige Unterstützung des Heiligen Stuhls steht hinter diesem stetigen Erfolg. Heute möchten wir mit der Universität von Madaba einen weiteren Schritt setzen und unseren Dienst ausweiten. Diese Universität möchte nicht nur menschlichen und intellektuellen Zielen dienen, sondern ein lebendiges Forum des Dialogs und der Offenheit sein.

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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land82

Sapientia et Scientia: das ist unser Motto. „Weisheit und Wissen“. Weisheit ist eine menschliche Qualität, die, wenn sie vom Glauben durchdrungen ist, unser Wissen leitet und unsere Energie auf das Wohl der Menschheit ausrichtet, auch in einer Zeit, in der viel menschliches Wissen zum Schaden unserer Gesellschaft und unseres Wertesystems benutzt wird. Wir hoffen, daß die Universität von Madaba „Weisheit und Wissen“ in der Atmosphäre eines lebendigen Dialogs, an einem Ort des Zusammenlebens und der geteilten Erfahrung, vermitteln wird. Wir hoffen unserer Gesellschaft Führungskräfte zu schenken, die einen wertvollen Beitrag leisten können, in Toleranz und in der Weite des Geistes, im Engagement für das Gemeinwohl. Es sind dies Werte, die in unserem geliebten Jordanien angegriffen sind, in dieser Zeit, die von Engstirnigkeit und Ablehnung des Anderen geprägt ist. Heiliger Vater, Sie sind ein Mann der Weisheit und des Wissens. Sie waren jahrelang Universitätsprofessor und sind mit der akademischen Welt wohl vertraut. Als Haupt der Katholischen Kirche sind Sie heute die Stimme, die der ganzen Welt die Eintracht von Glaube und Vernunft verkündet, deren Interaktion der Eckstein menschlichen Fortschrittes und Wohlstandes ist. Heiliger Vater, in einer Zeit bedeutender wirtschaftlichen Krisen blicken die Bewohner von Madaba und der gesamten Region erwartungsvoll auf dieses wichtige Projekt. Dieses neue Unternehmen wird, abgesehen von seiner akademischen Bedeutung, vielen Menschen Arbeitsplätze gewähren, was wiederum Stabilität für die Gegenwart und Hoffnung für die Zukunft bedeutet. Im Namen aller Jordanier, insbesondere der Einwohner dieser Stadt Madaba, im Namen des Präsidenten und der Mitarbeiter der Universität heißen wir Sie erneut willkommen, ahlan wasahlan, Eure Heiligkeit, und wir versprechen Ihnen, für Sie zu beten. Wir bitten Eure Heiligkeit uns alle sowie diese Universität und unser geliebtes Land zu segnen.

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im Internationalen Stadion in Amman

Heiliger Vater,

Heute heißt Jordanien mit all seinen Bewohnern, Muslimen und Christen, Sie, sowie Ihre hochwürdige Delegation, voller Stolz willkommen. Gemeinsam mit der Versammlung der Katholischen Ordinarien des Heiligen Landes, den Kardinälen, Patriarchen, Bischöfen und dem katholischen Klerus des Nahen Ostens, mit all unseren lieben Gästen und Freunden, die aus den benachbarten arabischen Ländern und aus der ganzen Welt gekommen sind, um heute mit Ihnen, Eure Heiligkeit, zu beten, und ihrer Treue und Liebe Ausdruck zu verleihen, sagen wir Ihnen: ahlan wasahlan. Seien Sie herzlich willkommen im Haschemitischen Königreich von Jordanien, unserem innig geliebten Heimatland! Da ich hier im Namen aller Jordanier und insbesondere der Katholischen Gemeinde demütig vor Ihnen stehe, kann ich nicht umhin, die außergewöhnlichen Bande zu erwähnen, die den Heiligen Stuhl und Jordanien, und besonders unsere geliebte Königsfamilie mit den Nachfolgern Petri verbinden. Heute sind wir bestrebt, Ihnen unsere arabisch-jordanische Gastfreundschaft und Wärme zu erweisen, und hoffen, daß Sie Ihren Aufenthalt bei uns ebenso genießen, wie wir uns über Ihr Kommen freuen. Eure Heiligkeit, Sie sind die maßgebliche Stimme der Wahrheit, der Liebe, der Freiheit und des Friedens in der Welt. Darüber hinaus heißen wir Sie als den Nachfolger Petri willkommen, den der Herr beauftragt hat, seine Brüder im Glauben und seine Mitmenschen zu stärken. Wir schauen auf zu Ihnen als unseren geliebten Heiligen Vater und glauben fest, daß Ihr Besuch uns im Glauben stärken wird.

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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land84

Heiliger Vater, Gott hat Seine eigenen Wege. Letzten Sonntag feierten wir den Weltgebetstag für geistliche Berufungen in der Weltkirche. Zu diesem frohen Anlaß möchten wir Ihnen die Lage der Berufungen im Heiligen Land schildern. Ich gebe zu, wir sehen uns mit einigen Berufungsproblemen konfrontiert...zum ersten Mal in seiner ganzen Geschichte ist unser Seminar in Beit Jala voll belegt, ja eigentlich überbelegt, und wir mußten ausbauen und vergrößern, um die zusätzlichen Seminaristen unterzu-bringen. Heiliger Vater, bitte danken Sie mit uns Gott für diesen Segen, so wie wir mit ihnen in ihrem Anliegen beten, „daß Laien und christliche Gemeinden verantwortliche Förderer von Priester – und Ordensberufungen seien.“ Es ist eine unglaubliche Gnade! Denn, trotz der Auswanderung und trotz der ge-ringen und immer kleiner werdenden Anzahl von Katholiken im Heiligen Land haben wir zahlreiche Berufungen. Die meisten von ihnen kommen aus unseren jordanischen Pfarrschulen. Die dort herrschende politische Stabilität, die vor allem auf eine dauer-hafte und weise Leitung des Landes zurückzuführen ist, schafft die Grundlage, in der familiäre Werte wachsen, aus denen Berufungen hervorgehen. So beginnen wir voller Freude und Enthusiasmus gemeinsam mit der Weltkirche am 19. des kommenden Mo-nats das Jahr des Priesters. Aus denselben arabisch-christlichen Familien stammt die Kongregation der Ro-senkranzschwestern, unsere einzige lokale Gemeinschaft. Im Namen des Lateinischen Patriarchates und der Rosenkranzschwestern sind wir Ihnen, Eure Heiligkeit, dankbar für die anstehende Seligsprechung ihrer Gründerin, Schwester Maria Alphonsine. Die Rosenkranzschwestern sind unsere wichtigsten Partner in unserer Mission im Heiligen

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Land, gemeinsam mit zahlreichen anderen Kongregationen. Für sie alle erbitten wir Ihren Segen. Eure Heiligkeit, es ist unser tiefster Stolz, daß unser Lateinisches Patriarchat in den letzten fünf Jahren zwei Bischöfe für Nordafrika stellen konnte, und wir sind jederzeit bereit mit unserer Mutter Kirche in Rom zusammenzuarbeiten, wo auch immer sie uns braucht. Eure Heiligkeit, das Haschemitische Königreich von Jordanien ist wohl bekannt für seine herzliche, gastfreundliche Natur. Zeichen dafür sind auch die Millionen Flüchtlinge, und auch die Arbeiter aus Asien und anderen Ländern, die hier auf diesem gesegneten Boden Zuflucht fanden. In jüngster Zeit, und in Folge der amerikanischen Invasion im Irak sind über eine Million Iraker nach Jordanien geflüchtet. Fast vierzigtausend von ihnen sind Christen... Wir wissen, Heiliger Vater, wie sehr das Thema der Flüchtlinge auf der ganzen Welt Ihnen persönlich am Herzen liegt. Wir möchten Ihnen versichern, daß unsere Diözese alles nur Mögliche tut, um sie pastoral zu unterstützen. Trotz der extremen Herausforderung ist ihre Gegenwart hier eine wunderbare Gelegenheit für unser Volk und unsere Regierung, die Seligpreisungen wirklich zu leben und ihnen unsere traditionelle jordanische Wärme und Solidarität angedeihen zu lassen. Heiliger Vater, Nachfolger Petri und unser geliebter Hirte, aus der Tiefe unserer glücklichen Herzen sagen wir Ihnen erneut: ahlan wasahlan, willkommen in Jordani-en. Bitte beten Sie für uns und segnen Sie unsere Länder und unsere Völker.

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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land86

im Päpstlichen Zentrum Notre Dame of Jerusalem

Eure Heiligkeit,

Es ist mir eine große Ehre und eine tiefe Freude, Ihnen hier in Jerusalem diese Versammlung von zahlreichen angesehenen Freunden und Kollegen vorzustellen. Wir haben heute Abend eine Gruppe Menschen hierher eingeladen, mit denen wir eine Vision teilen, die Vision der Propheten des alten Israel, die Vision der frühen moslemischen Gemeinschaft, eine Vision, die in den Seligpreisungen tief verwurzelt ist, die unser Herr Jesus hier auf Erden lehrte: die Vision einer Gesellschaft, die auf Werten der Gerechtigkeit und des Friedens, der Gleichberechtigung und des gegenseitigen Respekts, der Vergebung und der Versöhnung und letztlich auf Brüderlichkeit und Liebe gründet. Das Volk von Jerusalem und das gesamte Heilige Land tragen die Berufung, ein Licht für die Völker der Erde zu sein. Von diesem Ort muß das Wort Gottes ausgehen – ein Wort der Heiligkeit und Gerechtigkeit für alle Männer und Frauen. Eure Heiligkeit, Sie begegnen hier Vertretern von über hundert Organisationen, Institutionen, Bewegungen und Gruppen, die zum geistlichen und menschlichen Wohl der Bewohner dieser heiligen Stadt und des Heiligen Landes beitragen. Manche von ihnen sind in der israelischen Gesellschaft verwurzelt, andere in der palästinensischen Gesellschaft, wieder andere wirken in den internationalen NGOs mit, die hier im Heiligen Land vertreten sind. Manche gehen auf israelische Initiativen zurück, andere auf palästinensische oder ausländische Initiativen. Manche sind jüdischen Ursprungs, manche moslemischen und manche christlichen Ursprungs. Es sind anwesend:‒ Vertreter der verschiedenen religiösen Oberhäupter der unterschiedlichen Strömun-

gen in Judentum, Christentum und Islam, aus Jerusalem und der Umgebung. In besonderer Weise ist hier zu erwähnen die segensreiche Initiative des Council of Religious Institutions of the Holy Land, welches Leiter verschiedener Religionsge-meinschaften umfaßt, und dessen Ziel es ist, gegenseitiges Verständnis, Respekt und Dialog zu fördern. Dieser Rat ist heute auch hier gegenwärtig.

Photo : CTS / MAB

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Ebenfalls anwesend sind:‒ Vertreter von Organisationen, die den interreligiösen Dialog zwischen Juden,

Moslems und Christen fördern, und zwar sowohl innerhalb Israels, als auch in den palästinensischen Territorien.

‒ Vertreter von Organisationen, die sich für die Förderung von Konfliktlösung, Gerechtigkeit, Frieden und Versöhnung einsetzen, entweder innerhalb der israelischen Gesellschaft oder innerhalb der palästinensischen Gesellschaft, oder auch die politische israelisch-palästinensische Spaltung überschreitend.

‒ Vertreter verschiedener Bildungsinitiativen, die die Werte von Demokratie, Gleichberechtigung und Toleranz über die politische Spaltung im Heiligen Land hinaus fördern.

‒ Vertreter von Organisationen, die auf dem Gebiet der Entwicklung, der Menschen-rechte und der Gemeindebildung arbeiten, sei es in Israel, sei es in den palästinensi-schen Territorien, sei es in beiden.

‒ Vertreter von Schulen, Universitäten, Krankenhäusern und Behindertenheimen, die Menschen jeder Religionszugehörigkeit aufnehmen und in ihrem Alltag interreligiöse und interkulturelle Begegnungen leben.

‒ Vertreter katholischer und anderer christlicher Institutionen und religiöser Gemeinschaften, die in der interreligiösen und interkulturellen Realität dieses Landes verwurzelt sind, welches drei Religionen als heilig gilt und von zwei Völkern geteilt wird.

Heiliger Vater, all diese verschiedenen Gruppen und Initiativen haben eines gemeinsam: sie versuchen, die Gesellschaft, in der sie leben, zu verbessern, indem sie den Dialog pflegen und eine Erziehung zur Toleranz, zur Demokratie und zur Gleichberechtigung fördern. Wir bitten Sie, Heiliger Vater, ein Wort der Ermutigung an sie zu richten. Sie arbeiten in einer schwierigen Situation, in der die Werte, denen sie sich verpflichtet fühlen, und die sie zu fördern suchen allzu oft auf Widerspruch und Ablehnung stoßen. Diese Männer und Frauen, die heute hier versammelt sind, sind die Friedensstifter, die unser Herr in den Seligpreisungen segnete, als er sagte: „Selig die Frieden stiften, denn sie werden Söhne Gottes heißen.“ (Mt 5, 9). Wir bitten auch Sie, Heiliger Vater, sie zu segnen.

Photo : CTS / MAB

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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land88

in der Konkathedrale von Jerusalem

Heiliger Vater,

es ist mir eine tiefe Freude und ein großes Privileg, Sie heute im Namen der Ver-sammlung der Katholischen Ordinarien des Heiligen Landes in dieser Konkathedrale des Lateinischen Patriarchates von Jerusalem willkommen heißen zu dürfen. Es ist gleichfalls eine Freude, Ihnen die hier versammelten Gläubigen vorzustel-len, die Sie froh empfangen, und Ihnen dadurch ein Zeugnis der Liebe und der Treue geben wollen. Wir versichern Sie unseres Gebetes und erbitten Ihren Segen. Die hier anwesenden Priester, Seminaristen, Ordensfrauen und -männer beten und dienen seit vielen Jahren - ja manchmal ihr Leben lang - im Heiligen Land. Manche unter ihnen stammen aus diesem Land, andere aus verschiedenen Ländern des Nahen Ostens und wieder andere schließlich aus aller Herren Länder, von Lateinamerika bis Japan, aus Europa, Afrika, Asien und Australien. Diese Einheit in der Vielfalt illustriert auf lebendige Weise, wie sehr das Heilige Land und vor allem Jerusalem uns alle sammelt und wir im Herzen der Kirche sind. Diese Boten aus der ganzen Welt sind ein Reichtum für unsere Ortskirche, und wir sind ihnen un-endlich dankbar für die unschätzbare Arbeit, die sie in der Erziehung und im Dienst an den Armen, Kranken und Behinderten leisten. Die Kirche Jerusalems ist sich wohl bewußt, daß sie ohne diese Internationalität nicht in der Lage wäre, ihre Sendung im Schoße der Weltkirche und in dieser Region zu erfüllen. Der Dienst von Gebet und Fürbitte ist nicht minder wertvoll. Unter den zahlreichen Ordenskon-gregationen in unserer Diözese, die in der Vereinigung der Ordensleute des Heiligen Landes zusammenge-faßt sind, hat ein gutes Dutzend eine rein kontemplative Berufung. Diese geliebten Brüder und Schwestern sind die „unsichtbaren Wachpos-

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ten“, die in der Verborgenheit des Gebetes und eines hingegebenen Lebens unsere Kirche und das ganze Heilige Land tragen. Was wären wir ohne sie? Heiliger Vater, auch die hier anwesenden gläubigen Laien sind ein wertvoller Schatz der Kirche Jerusalems. Sie alle widmen sich auf bewundernswerte Weise dem Leben unserer christlichen Familie im Heiligen Land, in den Pfarren, in der Erziehung und der Katechese, in den Jugendbewegungen, in den neuen Gemeinschaften und kirchlichen Bewegungen...Unter den Jüngern Jesu sind einige direkte Nachfahren der Brüder und Schwestern der ersten Kirche Jerusalems. Sie leben seit Jahrhunderten an den Orten, an denen die Heilsereignisse stattfanden, sie sind Zeugen des Todes und der Auferstehung des Herrn und leben heute, wie Sie wissen, unter sehr schwierigen Bedingungen. Sie sind sich bewußt – und wir alle sind uns bewußt – daß wir in diesem Heiligen Land nicht lieben, leben und arbeiten können, nicht diese mutigen Mitarbeiter an der Wahrheit sein können, ohne den Weg des Kreuzes zu wählen. Umso mehr freuen sie sich, Heiliger Vater, über Ihren Besuch, der sie ermutigt und in ihrer Berufung bestätigt. Heiliger Vater, Ihre Gegenwart, Ihr Gebet und Ihr Segen sind für uns eine mächtige Ermutigung und Quelle großen Vertrauens. Danke für Ihren Besuch, der uns tröstet und stärkt. Für Sie stimmen wir in den alten biblischen Ausruf der Jünger Christi bei seinem Einzug nach Jerusalem an: „Gepriesen sei, der kommt im Namen des Herrn!“

Photo : Christo Asfour

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in Gethsemani

Heiliger Vater!

Die Kirche von Jerusalem heißt Sie in dieser Stadt mit Begeisterung willkommen. Es ist jene Stadt, in der Jesus Christus von der Menge mit „Hosanna in der Höhe, Hosanna, der kommt im Namen des Herrn!“ (vgl. Mt 21,9) begrüßt wurde. Willkommen in der Stadt, wo Er den Sieg über Sünde und Tod und die Rettung für die an Ihn Glaubenden errungen hat! Hier versammelt sich die Kirche mit Ihnen in Liebe und trägt Sorge, um an jenen Plätzen zu beten, an denen Unser Herr seine Ehrfurcht gebietenden Taten der Erlösung vollbrachte. Diese Orte legen Zeugnis ab von dem Geschehenen und von der Wahrheit unseres gegenwärtigen Lebens. Nur ein paar Meter von hier entfernt, sagte Jesus zu seinen auserwählten Jüngern: „Bleibt hier und wacht mit mir.“ (Mt 26,38). Jedoch fand Jesus seine Jünger schlafend vor, als er von seinem Gebet zurückkam, das er ein kleines Stück entfernt von ihnen im Garten Gethsemani hielt (vgl. Mt 26,39ff.). Heiliger Vater, die Situation hat sich heute in vielfacher Hinsicht nicht geändert: In unserer Umgebung erleben wir die Agonie des palästinensischen Volkes. Es träumt davon, in einem freien und unabhängig palästinensischen Staat zu leben. Die Verwirklichung dessen wurde jedoch noch nicht gefunden. Und wir erleben die Agonie des israelischen Volkes, das von einem normalen Leben in Frieden und Sicherheit träumt. Dieses Leben hat es jedoch trotz ihrer militärischen und medialen Macht noch nicht verwirklichen können. Die internationale Gemeinschaft steht abseits, wie einst die auserwählten Jünger Jesu, mit Augen der Gleichgültigkeit und unbeteiligt an der Agonie des Heiligen Landes, die nun schon 61 Jahre lang andauert, und schickt sich nicht an, eine gerechte Lösung zu finden. In diesem Josaphat-Tal, einem Tal der Tränen, erheben wir unser Gebet für die Verwirklichung der Träume dieser beiden Völker. Wir erheben unser Gebet für Jerusalem, das von den beiden Völkern und drei Religionen geteilt wird. Auf dem Ölberg hat Jesus im Übermaß über Jerusalem geweint und er weint noch immer mit den desillusionierten Flüchtlingen, die ohne Hoffnung auf Rückkehr sind,

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und mit den Witwen, die Opfer von Gewalt wurden, und mit den vielen Familien in dieser Stadt, die jeden Tag ihre Häuser demoliert sehen, weil behauptet wird, daß diese „illegal gebaut“ worden seien, wo doch die gesamte Situation illegal ist und immer noch auf eine Lösung wartet! Unser Herr hat an dem Ort, der sich oberhalb von uns befindet, gerufen: „Jerusalem, Jerusalem, du tötest die Propheten und steinigst die Boten, die zu dir gesandt sind. Wie oft wollte ich deine Kinder um mich sammeln, so wie eine Henne ihre Küken unter ihre Flügel nimmt; aber ihr habt nicht gewollt.“ (Vgl. Lk 13, 34). Lieber Heiliger Vater, wir bitten Sie, das Leben Ihrer armen Kinder hier anzu-sehen und zu verstehen, und unseren Glauben und unsere Hoffnung zu stärken. Ihr Besuch bringt uns die Aufmerksamkeit und die Solidarität der ganzen Kirche, und die Wahrnehmung der ganzen Welt für diese Region, diese Völker, ihre Geschichten, ihre Kämpfe und Hoffnungen, ihr Lächeln und ihre Tränen. Für einen Menschen, der leidet – einen Gebrechli-chen, einen Flüchtling, einen Gefangenen oder für einen, der die Last des Unrechts er-trägt - ist es die größte Not, zu erkennen, daß er vergessen wurde und niemand ihn sieht, daß niemand ihn kennt oder daß niemand davon betroffen ist, was er zu erleiden hat. Ihr heutiger Besuch tröstet die

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Herzen und trägt viel dazu bei, um allen zu sagen, daß der Gott des Erbarmens alle jene Menschen nicht vergessen hat, die an ihn glauben. Eure Heiligkeit, Sie sind der Nachfolger des heiligen Petrus, von Gott dazu beauftragt, die „Brüder im Glauben zu stärken“ (vgl. Lk 22,32). Darum bitten wir Sie nun, und wir rufen mit den Aposteln im Evangelium aus: „Stärken Sie unseren Glauben!“ (vgl. Lk 17,5). Heiliger Vater, Sie stehen vor einer kleinen Herde, die noch kleiner wird. Diese Herde leidet aufgrund der Emigration, welche vorwiegend auf die Auswirkungen der ungerechten Besatzung mit all ihrer Demütigung, Gewalt und Haß zurückgeht. Dennoch wissen wir, daß der Glaube der Sieg ist, der die Welt besiegt (vgl. 1 Joh 5,4), und, daß wir im Glauben in jeder Person Jesus Christus sehen und erkennen können. Mit Jesus und in Jesus können wir uns hier und jetzt am Frieden erfreuen, den die Welt weder unseren Herzen geben kann, noch aus unseren Herzen nehmen kann. Dieser Friede bedeutet Ruhe, Glaube, einen begrüßenswerten Geist und die Freude am Leben und am Arbeiten in diesem Land. Darum ziehen wir aus Ihrer gesegneten Gegenwart Nutzen und rufen mit dem leidenden Vater im Evangelium aus, der Jesus darum anflehte, seinen Sohn von seiner langen Qual zu befreien „Ich glaube, hilf meinem Unglauben!“ (Mk 9,24). Lieber Heiliger Vater, da wir Sie als den Nachfolger des heiligen Petrus willkommen heißen, [bitten wir Sie]: Helfen Sie uns in unserem schwachen Glauben! Beten Sie nun mit uns zu unserem Himmlischen Vater für alle Bewohner des Heiligen Landes, und zur Mutter der Schmerzen, die nicht davor zurückschreckte, unter dem Kreuz ihres leidenden Sohnes zu stehen, auf daß sie uns helfen möge, den gleichen Glauben wie sie an Gottes liebende Vorsehung zu haben, um alles anzunehmen, noch bevor wir es verstehen. Oh Herr, stärke unseren Glauben!

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in BethlehemHeiliger Vater,

im Namen meiner Mitbrüder, der katholischen Bischöfe des Heiligen Landes und im Namen aller Ortskirchen Jesu Christi hier in diesem Land, im Namen aller Bewohner und Besucher dieses Landes, das durch Geburt, Leben, Tod und Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus geheiligt ist, heiße ich Sie heute willkommen in Bethlehem. Wir heißen Sie willkommen als den Nachfolger des Heiligen Petrus, den Christus beauftragt hat: „Stärke deine Brüder!“. Sie sind in unserer Mitte unser Vater und unser Bruder. Ihre Gegenwart heute bedeutet, daß die Weltkirche weiterhin an uns denkt und mit uns fühlt, daß die ganze Katholische Kirche mit uns und für uns da ist. Ihr Gebet und das Gebet der Kirche stützen uns und erneuern unseren Mut, dem Herrn in diesem Land zu dienen. Nur wenige Meter entfernt von hier wurde unser Herr Jesus Christus geboren, das Wort Gottes ist sichtbar geworden. Gott hat sein Volk besucht. Er wurde der Emmanuel, Gott, der mit uns ist. Und er kommt weiterhin, um jeden Tag mit uns zu sein. In diesem Land ertönte die Botschaft der Engel für die Ärmsten und Niedrigsten: Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden seinem Volk. Das ist die himmlische Botschaft an unsere Vorfahren, die Hirten von Bethlehem. Diese Botschaft wird auch weiterhin tagtäglich

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verkündet. Wenn das die Botschaft unseres Landes, die Botschaft Bethlehems an die Welt ist, so ist es unsere Sendung und Berufung, in diesem geprüften Land, Gott die Ehre zu geben und Seinen Frieden auf Erden zu verbreiten. Diese Botschaft ist Aufgabe und Sendung für jeden Tag. Sie findet Eingang im Engagement der Kirche für Frieden und Versöhnung, in der Unterstützung der Armen, Stärkung der Schwachen, und Stärkung der Hoffnung unter den Verzweifelten. Für diese Aufgabe brauchen wir Ihre Unterstützung und Ihr Gebet. Heiliger Vater, dieses Land, in dem Jesus leben wollte, um die Welt zu retten, braucht Frieden, Gerechtigkeit und Versöhnung. Unsere Wunden brauchen Heilung, unsere Gefangenen Freiheit, unsere Herzen Reinigung von Haß und unser Volk braucht ein Leben in Frieden und Sicherheit. Unser Volk leidet weiterhin unter Ungerechtigkeit, Krieg (der Krieg in Gaza ist immer noch eine Quelle des Leidens für Hunderttausende), Besatzung und Hoffnungslosigkeit bezüglich einer besseren Zukunft. Als wir Ihren Vorgänger, Papst Johannes Paul II. hier willkommen hießen, erlebten wir eine Periode voller Hoffnung, Hoffnung auf einen Frieden, der nicht kam. Viele Menschen verloren die Hoffnung und haben das Land verlassen, um in anderen Ländern nach einer besseren Zukunft zu suchen. So hat die Zahl der Christen in letzter Zeit abgenommen und diese Tendenz setzt sich fort. Ich befürchte, daß sich dies nicht

Photos : CTS / MAB

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ändern wird, solange wir nicht Frieden und Ruhe finden. Wir können in unserem Land keinen Frieden finden, solange die politische Unsicherheit fortdauert, solange die Mauer gebaut wird, die Bethlehem von Jerusalem und vom Rest der Welt trennt. Heiliger Vater, die Einwohner von Bethlehem und den palästinensischen Territorien sind hier, um Sie willkommen zu heißen und mit Ihnen zu beten: Katholiken und Christen aller Kirchen, Moslems und Vertreter der Palästinensischen Autonomien. Wir alle sind hier, um unsere Suche nach einem gerechten Frieden zu bekräftigen, einen Frieden, in dem jeder Mensch und jedes Volk würdevoll in seinem eigenen Land leben kann, wo Eltern nicht um die Sicherheit ihrer Kinder bangen müssen, wo junge Menschen ein normales Leben führen und eine Zukunft aufbauen können, wo die Berufung dieses Landes, heilig zu sein, sich erfüllen kann, indem Gott verherrlicht wird und die Völker in Frieden leben. Wir sind uns der Berufung dieses Landes bewußt, allen Gläubigen gegenüber offen zu sein, Gott anzubeten, ein Land der Harmonie und der friedlichen Koexistenz zu sein, ein Land, in dem all jene, die an den selben Gott glauben, spüren können, daß sie „hier geboren sind“ (vgl. Ps 87). Niemand kann vorgeben, dieses Land auf Kosten anderer und unter deren Ausschluß zu besitzen. Gott selbst hat dieses Land erwählt und Er möchte, daß alle seine Kinder zusammen in diesem Heiligen Land leben. Eure Heiligkeit, wir sind hier hergekommen, um mit Ihnen zu beten und auf Sie zu hören. Wir alle sehen in Ihnen einen Boten des Friedens, ein geistliches Oberhaupt, der die Armen und Unterdrückten verteidigt, einen Vater und Bruder, der die Botschaft der Liebe und Solidarität verkündigt. Wir wollen Ihnen auch versichern, daß wir die Frohe Botschaft Jesus Christi leben und verbreiten wollen. In Ihrer Gegenwart erneuert die Katholische Kirche ihren Glauben an unseren Erlöser Jesus Christus, ihre Liebe zu Gott und zum Nächsten, und ihre Hoffnung in Gottes barmherzigen Plan für uns alle. Möge Gott, unser Retter, mit Ihnen sein, Sie in Ihrer Sendung und Ihrer unermüdlichen Arbeit für Frieden und Versöhnung stützen und leiten.

Photo : CTS / MAB

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beim Heiligen Grab

Heiliger Vater,

im Namen der christlichen Kirchen im Heiligen Land richte ich an Sie, sowie an die Mitglieder Ihrer Delegation und an unsere hier anwesenden Gäste die Worte des auferstandenen Herrn an Seine Jünger: „Freide sei mit Euch!“ Wir sind soeben in feierlicher Prozession vom Salbungsstein bis zum leeren Grab gezogen, und haben das „Te Deum“ gesungen, jenen großartigen Lob- und Dankhymnus an Gott. Heiliger Vater, wir singen dieses „Te Deum“ zuallererst als Dank für Ihre Gegenwart in unserer Mitte während dieser segensreichen Tage. Wir singen dieses „Te Deum“ als Ausdruck unserer Freude, daß Sie diese Wallfahrt durchführen konnten, und dies trotz der sehr schwierigen Situation, der höchst schweren Verantwortung, die Sie tragen, und all der Ermüdung, die dies mit sich bringt. Wir singen dieses „Te Deum“ in einem Geist der Danksagung für die Freude, den Glauben, das Vertrauen und den Mut, mit denen Sie das Schiff des heiligen Petrus leiten, und dies trotz all der Angriffe, die gegen Sie persönlich und gegen die Kirche toben, einfach deshalb, weil Sie ein „ Miatrbeiter der Wahrheit “ sind. Wir singen dieses „Te Deum“ als Danksagung für die Gegenwart so vieler religiöser Gemeinschaften, sowohl aktiver als auch kontemplativer Lebensform, in unserer Diözese. Sie unterstützen unsere Gläubigen durch ihr Gebet und ihre Werke.

Photo : Christo Asfour

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Wir singen dieses „Te Deum“ als Danksagung dafür, daß es in unserer Diözese zahlreiche Priesterberufungen gibt, ungeachtet unserer geringen Anzahl und der großen Schwierigkeiten, denen wir uns gegenüber sehen. Wir singen dieses „Te Deum“ als Danksagung an Gott, da die internationale Gemeinschaft und die gegnerischen Parteien sich langsam bewußt werden, wie dringlich es ist, den Konflikt zu lösen, der seit so vielen Jahren das Heilige Land zerreißt. Ja, Heiliger Vater, wir wollen Gott danken, denn Ihre Wallfahrt ist für Sie selbst, für uns, für die ganze Kirche und für das gesamte Heilige Land eine Quelle der Gnade. Möge diese Wallfahrt dazu beitragen, unsere kirchliche communio, die Einheit der Christen und die Beziehungen unter den Völkern im Vertrauen und im gegenseitigen Respekt zu stärken. Vor einem Monat haben die christlichen Kirchen in ihren verschiedenen Riten, Sprachen und Traditionen Ostern gefeiert und dennoch finden wir uns alle gemeinsam in dem einzigartigen Osterjubel wieder: „Das Grab ist leer! Christus ist auferstanden!“ Heiliger Vater, wie Sie bemerken konnten, ist die Entfernung zwischen dem Grab der Auferstehung und Golgotha sehr kurz. Dank des Gebetes der Kirche und des Engagements der Internationalen Staatengemeinschaft, dank der Bemühungen aller Menschen guten Willens hoffen wir ebenso, daß die Entfernung von dieser konfliktgeladenen Zeit zu der kommenden [Zeit der] Gerechtigkeit kurz sein wird. Heiliger Vater, die Kraft der Auferstehung drängt mich, und die Verheißung des Herrn, bis ans Ende der Zeiten mit uns zu sein, ermutigt mich und so wage ich zu bekräftigen, daß weder dieser Konflikt, noch die Besatzung, noch die Trennmauer, noch die Kultur des Todes, noch die Auswanderung der Christen unsere Moral zunichte machen und unsere Hoffnung auslöschen oder unsere Freude mindern können. Resurrexit sicut dixit. Halleluja!

Photo : Christo Asfour

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Rede von Bischof Salim Sayegh

An der Taufstelle (Maghtas – Bethanien jenseits des Jordanflusses)

Lieber Heiliger Vater! An diesem Morgen, an dem unsere Herzen mit der Osterfreude erfüllt sind, haben wir mit Eurer Heiligkeit, dem Nachfolger des heiligen Apostelfürsten Petrus, dem Stellvertreter Christi und Obersten Hirten der Kirche, die heilige Eucharistie gefeiert. Wir sind an diesem heiligen Ort um Sie herum als Kirche und als Pilger versammelt. Wir erneuern unser Taufversprechen und sind mit Ihnen, Eure Heiligkeit, wenn Sie den Grundstein der Kirche von der Taufe Christi, die sich bereits im Bau befindet, segnen, sowie jenen der zukünftigen Melkitischen Kirche. Das Land für diese Bauwerke wurde großzügigerweise von der Commission for the Baptismal Site, welcher Seine Hoheit Prinz Ghazi vorsitzt, gestiftet. Die zwei Gemeinschaften des Institutes Verbum Incarnatum versprechen Ihnen ihr Gebet und ihre pastoralen Dienste für die Pilger. An dieser Stelle, an der Christus getauft wurde, begegnen einander das Alte und das Neue Testament auf dem Weg der Erlösung. Ja, tatsächlich, es war hier, als Joshua - nach dem Tod des Mose - zusammen mit dem ganzen Volk, den Jordanfluß durchwa-tete, um in das „Verheißene Land“ (vgl. Jos 3,14-17) einzuziehen. Dieser transitus war ein Vorausbild jenes transitus, den Christus der ganzen Menschheit dargeboten hat, als er für sie den Tod erlitten hat, damit sie vom Tod zum Leben, von der Sklaverei der Sünde zur Freiheit der Gotteskindschaft gelangen kann.

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Der Herr führte den Propheten Elija am Ende seines Lebens an diese Orte. Er wur-de von Elischa begleitet, der ihm nachfolgen wollte und dem Gott einen doppelten Teil des Geistes seines Meisters Elija schenken sollte, damit er seine Mission durchführen könnte. „Während sie miteinander gingen und redeten, erschien ein feuriger Wagen mit feurigen Pferden und trennte beide voneinander. Elija fuhr im Wirbelsturm zum Himmel empor.“ (2 Kön 2,11). Die Jahre vergingen. Und hier haben wir Johannes, den Täufer, der an diesem Ort und in der gesamten Region Jordaniens erschien (vgl. Lk 3,3) und eine Bußtaufe zur Vergebung der Sünden proklamierte. Er ist der letzte Prophet des Alten Testamentes und der erste Apostel des Neuen. Er taufte in den Jordanquellen die-ser Gegend (vgl. Joh 3,23). Er machte Betha-nien jenseits des Jordanflusses, das auch heute noch unterhalb der Sandfläche liegt, während der Zeit seiner Predigt (vgl. Joh 1,28; 10,40) zu seiner Wohnstätte. Das Evangelium berichtet uns, wie die Menschen zu Johannes kamen, um von ihm getauft zu werden. Auch Jesus verläßt Nazareth und geht hinaus zu Johannes, um von ihm im Jordan getauft zu werden. Er, der Eine, der Heilige, der zu den Juden sagen wird: „Wer von euch kann mir eine Sünde nachweisen?“ (Joh 8,46), ist derselbe, der sich selbst in die Reihe der Sünder einordnet, die gekommen waren, um sich zum Zei-chen der Buße taufen zu lassen. Johannes taufte ihn im Jordan (vgl. Mk 1,9). Dadurch ist das Jordanwasser geheiligt. So wurde das Wasser zu allen Zeiten auf die Vorfahren ausgegossen, wo immer sie sich taufen ließen, und auf diese Weise wurden all jene Orte geheiligt. Dieses Wasser ermöglicht den Seelen, für das Leben mit dem Dreifaltigen Gott im Schoß der Kirche geboren zu sein, frei von der Knechtschaft der Sünde. Als Jesus getauft war, kam er sogleich aus dem Wasser heraus. Der Himmel öffnete sich. Johannes sah den Geist Gottes wie eine Taube herabsteigen und auf Jesus kommen. Und eine Stimme wurde vom Himmel her gehört, die sagte: „Du bist mein geliebter Sohn, an dem ich mein Wohlgefallen habe.“ (vgl. Mt 3,16-17; Mk 1,9-11). Die Juden Jerusalems sandten einige Priester und Leviten zu Johannes, um ihn zu fragen: „Wer bist Du?“ Er gestattete ihnen die Frage und wies sie nicht zurück, sondern erklärte: „Der Messias bin ich nicht … Ich bin die Stimme, die in der Wüste ruft: ‚Ebnet den Weg für den Herrn!’“ Am folgenden Tag sah er Jesus, der zu ihm kam. Johannes sagte: „Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinweg nimmt.“ (vgl. Joh 1,19–29). Weitere drei Johannesschüler sollten Jesus folgen. Einer von ihnen war Petrus.

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Der heilige Johannes erzählt auch, wie sich während der Feier der Tempelweihe die Juden um Jesus herum versammelten und begannen, Jesus Fragen zu stellen. Sie versuchen Jesus zu ergreifen, aber er entzieht sich ihren Händen. „Dann ging Jesus wieder weg auf die andere Seite des Jordan, an den Ort, wo Johannes zuerst getauft hat-te; und dort blieb er.“ (Joh 10,40) Viele Menschen haben ihm Glauben geschenkt (vgl. Joh 10,40 – 42). Dorthin werden Martha und Maria Boten zu Jesus schicken, die ihm die Nachricht bringen: „Herr, der, den du liebst [Lazarus], ist krank“ (vgl. Joh 11,1ff.). Im Jahr 2000 kam Petrus in der Person seines Nachfolgers, des Papstes Johannes Paul II., zum ersten Mal in der Geschichte in einer Pilgerreise hierher, um die Stellen zu besuchen, an denen der Apostel Jesus zum ersten Mal getroffen hatte. Und hierher sind nun Sie, Hochverehrter Heiliger Vater, gekommen, als Nachfolger Johannes Pauls II., um dessen Wallfahrt fortzuführen und sich in Jesus in der Frische und Freude, die diese erste Begegnung mit sich gebracht hatte, zu erfreuen sowie reichen Segen für die Kirche und die ganze Menschheit zu erbitten. Wir danken Ihnen, Heiliger Vater, im Namen der Vereinigung der Katholischen Ordinarien des Heiligen Landes. Wir erflehen Ihren Segen und Ihre Gebete für unser Land, für den Frieden im Nahen Osten und für die Pilger, die hierher kommen, um die Barmherzigkeit Gottes und die Kraft des Geistes zu erbitten, damit sie dem Taufversprechen die Treue halten können. Im Namen der Vereinigung der Katholischen Ordinarien des Heiligen Landes danken wir auch Ihren Majestäten, König Abdullah II. Ibn Hussein und Königin Rania, welche Eure Heiligkeit während der Pilgerreise zur Taufstelle begleiteten und mit Ihnen die beiden vela der Grundsteine unserer Kirchen zu dieser Heiligen Stätte trugen. Seine Majestät hat in den letzten zehn Jahren seine große Ehrerbietung und seinen Eifer für die christlichen heiligen Orte zum Ausdruck gebracht. Er hat das Leben der Jor-danier, Christen und Muslime, der Welt vor Augen geführt, die als eine Familie zusam-men leben. Der unermüdliche Einsatz Seiner Majestät für den Frieden im Nahen Osten ist nicht nur in dieser Region wohl bekannt, sondern überall in der Welt. Möge der Herr Seine Majestät segnen! Möge der Herr Jordanien, unser geliebtes Land, segnen!

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Rede von Bischof Marcuzzo

Interreligiöses Treffen in Nazareth

„Eine revidierte Form des Dialogs: ‚Mitarbeiter der Wahrheit’ zu sein (vgl. 3 Joh 1,8)“

Eure Heiligkeit! Im Namen Seiner Seligkeit, des Patriarchen von Jerusalem, dessen Vikar ich in Israel bin, und im Namen meiner Mitbrüder der Versammlung der Katholischen Ordinarien des Heiligen Landes, heiße ich Sie, Heiliger Vater, in Liebe und Dankbarkeit zu diesem Treffen mit den Leitern der religiösen Gemeinschaften in Israel willkommen. Da es ein interreligiöses Treffen in Nazareth ist, möchten wir Sie mit dem - zu diesem Anlaß - am besten geeigneten orientalischen Gruß willkommen heißen: Es ist jener Gruß, den der heilige Erzengel Gabriel Maria von Nazareth überbrachte: Salam, Shalom! Da Ihre Gegenwart an diesem Ort eine ausgesprochene Gnade ist, ist es mir eine überaus große Freude, Eure Heiligkeit und alle hier Versammelten mit dem biblischen und populären Gruß: Mabruuk! zu begrüßen. Es ist eine sehr bedeutende Tatsache, daß wir diese Begegnung in Nazareth ab-halten. Der Heiligen Schrift und ihrer Überlieferung entsprechend, ist Nazareth der Ort der Zusammenkunft zwischen dem Alten und dem Neuen Testament, zwischen Gott und Mensch, Himmel und Erde, Ort und Unendlichkeit, Zeit und Ewigkeit, par excel-

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lence. In Nazareth ist das „Wort [Gottes] Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt“ (vgl. Joh 1,14). Wir wurden zu Kindern Gottes, weil Gott uns an Kindes statt ange-nommen hat. Er [Jesus] ist unser Bruder geworden, weil er uns Menschen zu seinen Brüdern machte. Deshalb ist Nazareth aufgrund ihrer Berufung und ihrer Sendung die Stadt der Begegnung, der göttlichen Vaterschaft, der Sohnschaft und der Bruderschaft. Wie Sie sehen, Heiliger Vater, haben viele Religionsführer in Israel (nahezu alle), koordiniert vom Council of the Leaders of Religious Communities, Ihre Einladung, mit Ihnen, Eure Heiligkeit, zusammenzukommen, mit großer Freude und Bereitschaft angenommKatholische Bischöfe und Priester;‒ Griechisch-orthodoxe und Koptisch-orthodoxe Bischöfe und Priester;‒ Anglikaner, Baptisten und andere protestantische Bischöfe und Pastoren;‒ Rabbinen und andere jüdische Oberhäupter;‒ Muftis, Imame, Richter und andere führende Muslime;‒ Imame, Richter und Vorsitzende der Drusen-Gemeinde; ‒ Baha’i Vorsitzender;‒ Einige Repräsentanten politischer Autoritäten sowie von Gemeinden und von zivilen

und juridischen Autoritäten;‒ Schuldirektoren und Professoren;‒ Andere Vertreter der Gesellschaft Israels, Juden und palästinensische Araber, die am

Dialog engagiert sind. Wir leben in Dörfern und Städten mit gemischter Bevölkerung, und erleben manchmal die Versuchung der Exklusivität, Uneinsichtigkeit und Gewalt. Diese Bevölkerung bedarf einer Geisteshaltung, die eine gegenseitige Annahme, einen Dialog und eine Zusammenarbeit und Versöhnung ermöglicht. Was die katholischen Gemeinschaften im Heiligen Land betrifft, so haben wir in den neunziger Jahren eine wunderbare Pastoralsynode auf Diözesanebene abgehalten. Eine besondere Frucht dieser Synode war ein allgemeiner Pastoralplan, in dem der

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Dialog und die Zusammenarbeit mit den Anderen im Geiste der Konzilserklärung Nostra Aetate Vorrang haben. Die Briefe der Vereinigung der Katholischen Patriarchen („CCPO“) räumten dem Dialog dieselbe Bedeutung ein. Gott sei Dank, leisten viele von ihnen wunderbare Arbeit, um Glaube und Vernunft zusammenzubringen, das Mißtrauen zunichte zu machen, Gewalt und Extremismus zu vermeiden und für Gerechtigkeit und Friede mitzuwirken. In Nazareth, dem Zuhause der Jungfrau Maria, sehnen wir uns alle danach, die Verfügbarkeit Mariens Gott gegenüber nachzuahmen: „Siehe, wir sind die Diener des Herrn. Möge an uns geschehen, was deinem Wort entspricht.“ (vgl. Lk 1,38). Unsere Verpflichtung zum Dialog erfolgt auf Grundlage der Heiligen Schrift, als auch auf Grundlage unserer traditionellen Kultur. Wir denken hier an den sehr reichen und inspirierenden Dialog der jüdischen, christlichen und moslemischen Gelehrten des Mittelalters, wie etwa Maimonides, Averroes, Raimundus Lullus und Nikolaus von Kues et al., die in der christlich-arabischen Literatur genannt werden. All jene [geistigen] Tugenden der religiösen Koexistenz waren Gegenstand Ihrer persönlichen Studien und Lehren. Sie kommen sowohl in Ihrem pastoralen Führungsstil kraftvoll zum Ausdruck als auch in Ihren zahlreichen Begegnungen und Maßnahmen, die zugunsten des Dialogs zwischen den Religionen und Kulturen gesetzt werden. Deshalb sind wir äußerst sorgfältig darauf bedacht, auf Ihr autoritatives Wort zu hören. Ihre Initiativen zum Dialog lassen uns stets mehr und mehr erkennen, daß die Gewalt gerade das Gegenteil der Religion darstellt. Eine revidierte Form des „Dialogs“ könnte genau Ihr päpstliches Motto „Cooperatores veritatis“ (3 Joh 1,8) zum Ausdruck bringen; Zusammenarbeit in der Suche nach der Wahrheit. Durch diese konkrete Umsetzung kann unsere Verschiedenartigkeit ein herrliches Mosaik werden, das den Reichtum des Glaubens als eine schöne harmonische Symphonie und unsere Traditionen als einen wunderbaren Garten von schönen und gefälligen Blumen widerspiegelt. Ist das möglich? Ja! Gerade hier in Nazareth hat der Erzengel Gabriel bestätigt: „Denn für Gott ist nichts unmöglich!“ (Lk 1, 37). Heiliger Vater, wir möchten bei Ihrem Abschied wahrlich an Ihre Worte denken, in Anbetracht der historischen Bedeutung dieses Treffens in Nazareth, der Stadt der Begegnung par excellence, die wir mit Aufmerksamkeit wahrnehmen und mit Kohärenz leben werden, als die historische Nazareth Declaration for Inter-Religious Co-Existence.

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Die Botschaftvon Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land

Photo : Ariel Jerozolimski

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Der Pilger

„Ich komme als Pilger nach Jordanien, um die heiligen Stätten zu verehren, die eine solch bedeutende Rolle bei einigen zentralen Ereignissen der biblischen Geschichte gespielt haben.“ (Ankunft in Amman, 8. Mai)

„Wie unzählige Pilger vor mir bin nun ich an der Reihe, dem innigen Wunsch Genüge zu tun, die Orte, wo Jesus lebte und die er durch seine Gegenwart geheiligt hat, zu berühren, an ihnen Trost zu schöpfen und sie zu verehren. (…) Liebe Freunde, jeder von uns ist ein Pilger.“ (Besuch des Regina Pacis Center, 8. Mai)

„Es ist angemessen, daß meine Pilgerreise auf diesem Berg beginnt, von dem Mose aus der Ferne das verheißene Land erblickte. Sein Beispiel erinnert uns daran, daß auch wir ein Teil der die Zeiten überdauernden Pilgerschaft des Gottesvolkes durch die Geschichte sind. (…) Seit frühester Zeit sind die Christen zu den Stätten gepilgert, die in Verbindung mit der Geschichte des auserwählten Volkes, mit den Ereignissen des Lebens Christi und mit den Anfängen der Kirche in Verbindung stehen. Diese große Tradition, die meine gegenwärtige Wallfahrt weiterführen und bekräftigen möchte, gründet in dem Verlangen, im Gebet und in der Betrachtung jene Stätten zu sehen, zu berühren und auszukosten, die durch die körperliche Gegenwart unseres Heilands, seiner seligen Mutter, der Apostel und der ersten Jünger, die ihn nach der Auferstehung von den Toten sahen, gesegnet wurden.“ (Berg Nebo, 9. Mai)

Photo : Christo Asfour

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„Die Kirche selbst ist ein Pilgervolk.“ (Vesper in Amman, 9. Mai)

„Liebe Freunde, wie Sie wissen, bin ich in erster Linie als Pilger und Hirte nach Jordanien gekommen. Daher sind die Besuche an den heiligen Stätten und die Zeiten des Gebets, die wir dort gemeinsam verbracht haben, jene Erfahrungen, die am stärksten in meinem Gedächtnis eingeprägt bleiben werden.“ (Abschiedszeremonie am Internationalen Flughafen „Queen Alia“ Amman, 11. Mai)

„Ich weiß die Gelegenheit zu schätzen, die mir geboten wurde, eine Pilgerreise in ein Land zu unternehmen, das durch die Fußspuren von Patriarchen und Propheten geheiligt ist, ein Land, das Christen als Schauplatz des Lebens, des Todes und der Auferstehung Jesu Christi besonders verehren. Ich nehme meinen Platz ein in einer langen Reihe christlicher Pilger zu diesem Land, eine Reihe, die bis in die ersten Jahrhunderte der Geschichte der Kirche zurückreicht und die gewiß lange in die Zukunft fortdauern wird.“ (Begrüßungszeremonie am Internationalen Flughafen „Ben Gurion“, Tel Aviv, 11. Mai)

„Liebe Freunde, ich bin auf einer Reise des Glaubens nach Jerusalem gekommen.“ (Besuch beim Großmufti, Jerusalem, 12. Mai)

„Ich bin als Pilger des Friedens gekommen. Die Pilgerfahrt ist ein wesentliches Element vieler Religionen, auch des Islams, der jüdischen Religion und des Christentums. Sie ist auch ein Bild für unser Leben, das ein Vorwärtsgehen ist, auf Gott hin und so auch auf die Gemeinschaft der Menschheit zu.“ (Grußworte von Benedikt XVI. an die Journalisten während des Rückfluges nach Rom, 15. Mai)

Der Hirte Die Kirche im Heiligen Land, Präsenz und Ausdruck der Universalkirche

„Ihr vertretet die katholischen Gemeinschaften im Heiligen Land, die mit ihrem Glauben und ihrer Frömmigkeit wie brennende Kerzen an den heiligen Stätten der Christen leuchten, denen die Gnade der Gegenwart unseres lebendigen Herrn Jesus Christus geschenkt wurde. Dieses einzigartige Privileg gewährt euch und euren Gläubigen einen Platz besonderer Zuneigung in meinem Herzen als Nachfolger Petri. (…) Die verschiedenen hier befindlichen christlichen Kirchen stellen ein reiches und vielfältiges geistliches Erbe dar und sind ein Ausdruck der zahlreichen Formen des Zusammenspiels zwischen dem Evangelium und den unterschiedlichen Kulturen. Sie erinnern uns auch daran, daß der Missionsauftrag der Kirche darin besteht, die

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universale Liebe Gottes zu verkünden und aus nah und fern alle von ihm Berufenen zu sammeln, so daß sie mit ihren Traditionen und Talenten die eine Familie Gottes bilden. Unsere Zeit ist besonders seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil von einem neuen geistlichen Impuls zur Einheit in der Vielfalt innerhalb der Kirche und von einem neuen ökumenischen Bewußtsein geprägt.“ (Gebet des Regina Caeli, Jerusalem, 12. Mai)

„Die Teilkirchen innerhalb der Weltkirche bezeugen die Dynamik ihrer irdischen Pilgerschaft und offenbaren allen Gläubigen einen Schatz an geistlichen, liturgischen und kirchlichen Traditionen, die auf Gottes umfassende Güte verweisen und auf seinen die ganze Geschichte hindurch sichtbaren Willen, alle in sein göttliches Leben einzubeziehen. (…) Eure Liturgien, die kirchliche Ordnung und das geistliche Erbe sind ein lebendiges Zeugnis für die Entfaltung eurer Tradition. Ihr verstärkt das Echo der ersten Verkündigung des Evangeliums, ihr verleiht den alten Erinnerungen an die Taten des Herrn neue Frische, ihr laßt seine heilbringenden Gnaden gegenwärtig werden und ihr verbreitet erneut den ersten Schimmer des österlichen Lichtes und die zuckenden Flammen von Pfingsten.“ (Vesper in Amman, 9. Mai)

„Wie Maria kommt euch eine Rolle in Gottes Heilsplan zu, indem ihr Christus in die Welt hineintragt, Zeugnis für ihn ablegt und seine Botschaft des Friedens und der Einheit verbreitet. Dafür ist es wesentlich, daß ihr untereinander einig sind, so daß die Kirche im Heiligen Land deutlich erkannt werden kann als ‚Zeichen und Werkzeug für

Photo : Christo Asfour

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die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit’ (Lumen gentium, 1).“ (Vesper in Nazareth, 14. Mai)

„Ich (…) umarme mit dem Friedensgruß meine Brüder im bischöflichen Amt, die Priester und Ordensleute, und alle Gläubigen Galiläas, die in der Vielfalt ihrer Riten und Traditionen die Universalität der Kirche Christi zum Ausdruck bringen.“ (Heilige Messe in Nazareth, 14. Mai)

Die Ermutigung für die Christen

„Die öffentliche Erscheinung eures christlichen Glaubens ist natürlich nicht auf die geistliche Sorge umeinander und um euer Volk beschränkt, so wesentlich das auch ist. Sondern eure zahlreichen Initiativen allgemeiner Nächstenliebe erstrecken sich auf alle Jordanier – Muslime und Angehörige anderer Religionen – sowie auch auf die große Anzahl der Flüchtlinge, die dieses Königreich so großzügig aufnimmt. (…) Von Kindergärten bis zu höheren Bildungsanstalten, von Waisenhäusern bis zu Altenheimen, von der Arbeit mit Flüchtlingen bis zur Musikakademie, zu medizinischen Kliniken und Krankenhäusern, zum interreligiösem Dialog und zu Kulturinitiativen – überall ist eure Gegenwart in dieser Gesellschaft ein wunderbares Zeichen der Hoffnung, die uns als Christen auszeichnet. Diese Hoffnung reicht weit hinaus über die Grenzen unserer eigenen christlichen Gemeinden.“ (Vesper in Amman, 9. Mai)

„Während ich über das Geheimnis von Gottes Treue nachdachte, betete ich, daß die Kirche in dieser Region in der Hoffnung gefestigt und in ihrem Zeugnis vom auferstandenen Christus, dem Retter der Menschheit, gestärkt werden möge. (…) Als Nachfolger des hl. Petrus, dem der Herr die Fürsorge für seine Herde anvertraut hat (vgl. Joh 21,15–17), habe ich mich lange nach dieser Gelegenheit gesehnt, als Zeuge des auferstandenen Retters vor euch zu stehen und euch zu ermutigen, im Glauben, in der Hoffnung und in der Liebe auszuharren, in Treue zu den altehrwürdigen Traditionen und zur ruhmreichen Geschichte des christlichen Zeugnisses, die bei euch bis in die Zeit der Apostel zurückreicht. Die hiesige katholische Gemeinde ist zutiefst berührt von den Schwierigkeiten und der Unsicherheit, von denen alle Menschen im Nahen Osten betroffen sind. Ihr sollt niemals die große Würde vergessen, die eurem christlichen Erbe entspringt, und stets die liebevolle Solidarität all eurer Brüder und Schwestern in der Kirche auf der ganzen Welt spüren! (…) Die Treue zu euren christlichen Wurzeln, die Treue zur Sendung der Kirche im Heiligen Land verlangt von einem jeden von euch eine besondere Art von Mut: den Mut der Überzeugung, der dem persönlichen Glauben entspringt, nicht der bloßen gesellschaftlichen Konvention oder der Familientradition; den Mut, einen Dialog zu führen und Seite an Seite zu arbeiten mit anderen Christen im Dienst des Evangeliums und in Solidarität mit den Armen, den Vertriebenen und

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den Opfern großer menschlicher Tragödien; den Mut, neue Brücken zu bauen, um eine fruchtbare Begegnung von Menschen verschiedener Religionen und Kulturen zu ermöglichen und dadurch das Gesellschaftsgefüge zu bereichern. Es bedeutet auch, Zeugnis abzulegen von der Liebe, die uns anspornt, unser Leben im Dienst an anderen ‚hinzugeben’ und dadurch Gesinnungen entgegenwirken, die es als gerechtfertigt betrachten, unschuldigen Menschen das Leben ‚zu nehmen’. ‚Ich bin der gute Hirt; ich kenne die Meinen, und die Meinen kennen mich’ (Joh 10,14). Freut euch, daß der Herr euch beim Namen gerufen und in seine Herde aufgenommen hat. Folgt ihm mit Freude nach und laßt euch auf allen euren Wegen von ihm führen! Jesus weiß, welchen Herausforderungen ihr gegenübersteht, welchen Prüfungen ihr ausgesetzt seid und wieviel Gutes ihr in seinem Namen tut. Vertraut auf ihn, auf seine immerwährende Liebe zu allen Schafen seiner Herde, und harrt in eurem Zeugnis für den Triumph seiner Liebe aus.“ (Heilige Messe in Amman, 10. Mai)

„In diesem Land, in dem Petrus den Auftrag erhielt, die Schafe des Herrn zu weiden, komme ich als Nachfolger des Petrus, um unter euch meinen Dienst zu tun. (…) Den christlichen Gemeinden im Heiligen Land sage ich: Durch euer gläubiges Zeugnis für Ihn, der Vergebung und Versöhnung predigte, durch euer Engagement, die Heiligkeit allen menschlichen Lebens zu schützen, könnt ihr einen besonderen Beitrag zur Been-digung der Feindseligkeiten leisten, die so lange schon dieses Land belasten. Ich bete, daß eure fortwährende Anwe-senheit in Israel und in den Palästinens-ergebieten viel Frucht bringen wird zur Förderung des Friedens und des gegen-seitigen Respekts unter allen Völkern, die in den Ländern der Bibel leben.“ (Begrüßungszeremonie am Internationalen Flughafen „Ben Gurion“, Tel Aviv, 11. Mai)

„Die Christen im Nahen Osten tragen mit den übrigen Menschen guten Willens als loyale und verantwortungsbewußte Bürger trotz der Schwierigkeiten undEinschränkungen zur Förderung undFestigung eines Klimas des friedlichen Zusammenlebens in der Vielfalt bei. Ichmöchte ihnen erneut das sagen, was ich 2006 in meiner Weihnachtsbotschaft für die Christen im Nahen Osten festgehalten habe: ‚Ich spreche euch

Photo : Christo Asfour

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mit Zuneigung meine persönliche Nähe aus in eurer Lage menschlicher Unsicherheit, täglicher Leiden, der Angst und der Hoffnung, die ihr erlebt. Euren Gemeinden wiederhole ich vor allem die Worte des Erlösers: ‚Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn euer Vater hat beschlossen, euch das Reich zu geben‘ (Lk 12,32)’ (Weihnachtsbotschaft Seiner Heiligkeit Papst Benedikt XVI. an die Katholiken in den Ländern des Nahen Ostens, 21. Dezember 2006). (…) Meinerseits erneuere ich meinen Aufruf an alle unsere Brüder und Schwestern auf der ganzen Welt, die christlichen Gemeinden im Heiligen Land und im Nahen Osten zu unterstützen und ihrer im Gebet zu gedenken. (…) Liebe Brüder, wenn wir nun gemeinsam unser freudiges Gebet an Maria, die Königin des Himmels, richten, so wollen wir das Wohlbefinden und die geistliche Erneuerung aller Christen im Heiligen Land in ihre Hände legen, damit sie unter der Führung ihrer Hirten im Glauben, in der Hoffnung und in der Liebe wachsen und in ihrer Sendung als Förderer der Gemeinschaft und des Friedens ausharren.“ (Gebet des Regina Caeli, Jerusalem, 12. Mai)

„Laßt uns heute diesen Segen empfangen. Er [Jesus] erteilt ihn auf besondere Weise euch, liebe Brüder und Schwestern: Ihr steht in einer ununterbrochenen Reihe mit jenen ersten Jüngern, die dem auferstandenen Herrn begegneten, als er das Brot brach, mit jenen, die durch die Predigt des Petrus bekehrt wurden, und mit jenen, die als erste die Ausgießung des Heiligen Geistes im ganzen Reichtum seiner Pfingstgaben erlebten. Als Nachfolger des heiligen Petrus habe ich seine Spuren zurückverfolgt, um mitten unter euch den auferstandenen Christus zu verkündigen, um euch im Glauben eurer Väter zu bestärken und den Trost auf euch herabzurufen, der das Geschenk des Parakleten ist. (…) Ich hoffe, meine Anwesenheit hier ist ein Zeichen, daß man euch nicht vergessen hat, daß eure beharrliche Anwesenheit und euer Zeugnis wirklich wertvoll sind vor Gott und daß sie für die Zukunft dieser Region wesentlich sind. Aufgrund eurer tiefen Verwurzelung in diesem Land, eurer altehrwürdigen und starken christlichen Kultur und eures unerschütterlichen Vertrauens in Gottes Verheißungen seid ihr, die Christen des Heiligen Landes, dazu berufen, nicht nur ein Lichtstrahl des Glaubens für die universale Kirche zu sein, sondern auch Sauerteig der Eintracht, der Weisheit und des Gleichgewichts im Leben einer Gesellschaft, die traditionell stets pluralistisch, multiethnisch und multireligiös war und dies auch weiterhin ist. (…) Aus diesem Grund muß die christliche Gemeinde in dieser Stadt, die die Auferstehung Christi und die Ausgießung des Heiligen Geist sah, um so mehr an der Hoffnung festhalten, die aus dem Evangelium kommt. Sie muß das Unterpfand des endgültigen Sieges Christi über Sünde und Tod lieben und ehren, muß von der Kraft der Vergebung Zeugnis geben und das tiefste Wesen der Kirche aufzeigen, als Zeichen und Sakrament einer versöhnten und erneuerten Menschheit, die eins geworden ist in Christus, dem neuen Adam. (…) Ich bitte die staatlichen Autoritäten eindringlich, die Anwesenheit der Christen an diesem Ort zu achten und zu unterstützen, und ich möchte euch auch die Solidarität, die Liebe und die Unterstützung der ganzen Kirche zusichern. (…) Ich

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bete heute darum, daß ihr auch weiterhin Tag für Tag die Zeichen der Vorsehung Gottes und seiner grenzenlosen Gnade „seht“ und an sie „glaubt“, um mit erneuertem Glauben und erneuerter Hoffnung die trostreichen Worte der Verkündigung der Apostel zu „hören“, die Quellen der Gnade in den Sakramenten zu „berühren“ und für andere das in diesen enthaltene Unterpfand des Neubeginns zu verkörpern: die Freiheit, die aus der Versöhnung kommt, das innere Licht und den Frieden, die auch in die dunkelsten menschlichen Realitäten Heilung und Hoffnung bringen können.“ (Heilige Messe im Josaphat-Tal, Jerusalem, 12. Mai)

„ ‚Fürchtet euch nicht, denn ich verkünde euch eine große Freude… Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren’ (Lk 2,10-11). Die Botschaft vom Kommen Christi, die durch die Stimmen der Engel vom Himmel gebracht wurde, erschallt auch weiter in dieser Stadt, und ebenso erschallt sie in Familien, Häusern und Gemeinden auf der ganzen Welt. Sie ist, wie die Engel sagen, ‚eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteil werden soll’. Sie verkündet uns, daß der Messias, der Sohn Gottes und der Sohn Davids, ‚für euch’ geboren wurde: für euch und mich, und für die Menschen aller Orte und aller Zeiten. Im Plan Gottes wurde Bethlehem, ‚so klein unter den Gauen Judas’ (Mi 5,1), zu einem Ort unvergänglicher Herrlichkeit: dem Ort, wo Gott in der Fülle der Zeit beschlossen hat, Mensch zu werden, der langen Herrschaft von Sünde und Tod ein Ende zu setzen und einer Welt, die alt und müde geworden war und die die Last der Hoffnungslosigkeit niederdrückte, neues Leben in Fülle zu bringen. (…) Ihr habt die menschlichen Ressourcen, um jene Kultur des Friedens und der gegenseitigen Achtung zu bauen, die eine bessere Zukunft für eure Kinder gewährleisten kann. Das ist die edle Aufgabe, die vor euch liegt. Fürchtet euch nicht!“ (Heilige Messe in Bethlehem, 13. Mai)

„Im Staat Israel und in den Palästinensischen Gebieten bilden die Christen eine Minderheit in der Bevölkerung. Vielleicht habt ihr manchmal das Gefühl, daß eure Stimme wenig gilt. Viele eurer Mitchristen sind ausgewandert, in der Hoffnung, woanders größere Sicherheit und bessere Aussichten zu finden. Eure Lage ruft jene der jugendlichen Jungfrau Maria ins Gedächtnis, die in Nazareth ein Leben im Verborgenen führte, ohne weltlichen Reichtum oder Einfluß. (…) Habt das Vertrauen, Christus treu zu sein und hier in dem Land zu bleiben, das er durch seine persönliche Gegenwart geheiligt hat! Wie Maria kommt euch eine Rolle in Gottes Heilsplan zu, indem ihr Christus in die Welt hineintragt, Zeugnis für ihn ablegt und seine Botschaft des Friedens und der Einheit verbreitet. Dafür ist es wesentlich, daß ihr untereinander einig sind, so daß die Kirche im Heiligen Land deutlich erkannt werden kann als ‚Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit’ (Lumen gentium, 1). Eure Einheit in Glaube, Hoffnung und Liebe ist eine Frucht des Heiligen Geistes, der in euch wohnt und euch befähigt, wirksame Werkzeuge für Gottes Frieden zu sein, indem ihr helft, echte Versöhnung zwischen

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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land112

den verschiedenen Völkern zu schaffen, die Abraham als den Vater ihres Glaubens erkennen.“ (Vesper in Nazareth, 14. Mai)

„Es ist darum eine Verpflichtung, daß christliche Führer und ihre Gemeinschaften ein lebendiges Zeugnis für das ablegen, was unser Glaube verkündet: Das ewige Wort, das in diesem Land in Raum und Zeit eingetreten ist, Jesus von Nazaret, der auf diesen Straßen wanderte, ruft durch sein Wort und sein Tun Menschen jeden Alters in sein Leben der Wahrheit und der Liebe. Liebe Freunde, während ich Sie ermutige, den auferstandenen Herrn freudig zu verkünden, möchte ich auch der auf dieses Ziel ausgerichteten Arbeit der Leiter der christlichen Gemeinschaften, die sich regelmäßig in dieser Stadt treffen, meine Anerkennung aussprechen. Mir scheint, daß der größte Dienst, den die Christen Jerusalems ihren Mitbürgern erweisen können, die Erziehung und Ausbildung einer kommenden Generation gebildeter und engagierter Christen ist, die den innigen Wunsch haben, in großherziger Weise zum religiösen und zivilen Leben dieser einzigartigen und heiligen Stadt beizutragen. Für jeden christlichen Leiter hat es höchste Priorität, den Glauben der einzelnen und der Familien, die seiner Seelsorge anvertraut sind, zu fördern.“ (Ökumenisches Treffen, Griechisch-Orthodoxes Patriarchat, Jerusalem, 15. Mai)

„Das leere Grab spricht zu uns von Hoffnung, von der Hoffnung, die uns nicht zugrunde gehen läßt, da sie die Gabe des lebendigen Geistes ist (vgl. Röm 5, 5). Das ist die Botschaft, die ich euch heute, am Ende meiner Pilgerreise ins Heilige Land, hinterlassen möchte. Möge durch Gottes Gnade die Hoffnung in den Herzen aller Menschen, die in diesen Ländern wohnen, stets neu aufsteigen! Möge sie in euren Herzen wurzeln, in euren Familien und Gemeinschaften bleiben undin einem jeden von euch ein immer treueres Zeugnis für den Friedensfürsten anregen! Die Kirche im

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Heiligen Land, die so oft das dunkle Geheimnis von Golgota erfahren hat, darf niemals aufhören, ein unerschrockener Herold der leuchtenden Botschaft der Hoffnung zu sein, die dieses leere Grab verkündet. Das Evangelium beteuert uns, daß Gott alles neu machen kann, daß Geschichte sich nicht wiederholen muß, daß Gedächtnisse geheilt werden können, daß die Bitterkeit von Beschuldigung und Feindseligkeit überwunden werden kann und daß eine Zukunft der Gerechtigkeit, des Friedens, des Wohlstands und der Zusammenarbeit entstehen kann für jeden Menschen, für die ganze Menschheitsfamilie und in besonderer Weise für die Menschen, die in diesem Land wohnen, das dem Erlöser sehr am Herzen liegt. (…) Ich bete, daß die Kirche im Heiligen Land stets neue Kraft aus der Betrachtung des leeren Grabes des Heilands schöpfen möge. Sie ist gerufen, in diesem Grab all ihre Angst und Furcht zu begraben, um jeden Tag wieder aufzustehen und ihren Weg durch die Straßen von Jerusalem, Galiläa und darüber hinaus fortzusetzen und dabei den Triumph der Vergebung Christi und die Verheißung neuen Lebens zu verkünden.“ (Besuch des Heiligen Grabes, Jerusalem, 15. Mai)

Das Drama der Emigration

„Wir wollen die Christen im Heiligen Land und im ganzen Nahen Osten vor allem ermutigen, zu bleiben, in ihren Herkunftsländern ihren Beitrag zu leisten: sie sind ein wichtiger Teil der Kultur und des Lebens in diesen Regionen. (…) Unsere Schulen bilden eine Generation aus, die die Möglichkeit haben wird, im heutigen Leben, im öffentlichen Leben präsent zu sein. (…) Außerdem gibt es viele christliche Vereinigungen, die auf unterschiedliche Weise den Christen helfen und sie mit konkreten Hilfen zum Bleiben ermutigen. So hoffe ich, daß die Christen wirklich den Mut, die Demut und die Geduld finden können, in diesen Ländern zu bleiben und ihren Beitrag zur Zukunft dieser Länder zu leisten.“ (Interview mit Papst Benedikt XVI. auf dem Flug nach Amman, 8. Mai)

„Liebe Brüder im Bischofsamt, zählt auf meine Unterstützung und meine Ermutigung, wenn ihr alles tut, was in eurer Macht steht, um unseren christlichen Brüdern und Schwestern beizustehen, damit sie hier im Land ihrer Vorfahren bleiben und Boten und Förderer des Friedens sind. Ich schätze eure Anstrengungen, ihnen als reife und verantwortungsbewußte Bürger Werte und Leitlinien anzubieten, die ihnen helfen können, ihre Rolle in der Gesellschaft auszuüben.“ (Gebet des Regina Caeli, Jerusalem, 12. Mai)

„An dieser Stelle möchte ich direkt eine tragische Realität ansprechen, die alle, die diese Stadt und dieses Land lieben, mit großer Besorgnis erfüllen muß: die Abwanderung so vieler Angehöriger der christlichen Gemeinde in den letzten Jahren. Während verständliche Gründe viele und besonders junge Menschen dazu veranlassen

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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land114

auszuwandern, so bringt diese Entscheidung für die Stadt eine große kulturelle und geistliche Verarmung mit sich. Heute möchte ich das wiederholen, was ich bereits bei anderen Gelegenheiten gesagt habe: Im Heiligen Land ist Raum für alle!“ (Heilige Messe im Josaphat-Tal, Jerusalem, 12. Mai)

An die Familien

„Wenn wir diese Worte hören, sollten wir dankbar sein für die Liebe dieses Vaters, die wir in unseren Familien erfahren haben, durch die Liebe unserer Väter und Mütter, unserer Großeltern, unserer Geschwister. Im Jahr der Familie, das gegenwärtig gefeiert wird, hat die Kirche im Heiligen Land über die Familie als Geheimnis lebensspendender Liebe nachgedacht. Sie gehört zu Gottes Plan und hat eine ihr eigene Berufung und Sendung: die göttliche Liebe auszustrahlen, die die Quelle und letzte Erfüllung jeder anderen Liebe in unserem Leben ist. Möge jede christliche Familie in der Treue zu ihrer hohen Berufung wachsen, um eine wahre Schule des Gebets zu sein, wo die Kinder eine aufrichtige Liebe zu Gott lernen können, wo sie in der Selbstdisziplin

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und im Sorgetragen für die Nöte anderer heranreifen und wo sie, geprägt durch die Weisheit, die aus dem Glauben kommt, zum Aufbau einer immer gerechteren und brüderlicheren Gesellschaft beitragen. Die starken christlichen Familien dieser Region sind ein großes Vermächtnis, das frühere Generationen weitergegeben haben. Mögen die heutigen Familien diesem eindrucksvollen Erbe treu sein, und möge ihnen niemals der materielle und moralische Beistand fehlen, den sie brauchen, um ihre unersetzliche Rolle im Dienst an der Gesellschaft auszuüben.“ (Heilige Messe in Amman, 10. Mai)

„Wenn wir uns nun ihr (Jungfrau Maria) zuwenden, wollen wir ihre mütterliche Fürsprache für alle Familien in diesem Land erbitten, damit sie wirklich Schulen des Gebets und Schulen der Liebe sind.“ (Gebet des Regina Caeli, Amman, 10. Mai)

„Wie ich in meiner Botschaft zum Weltfriedenstag im letzten Jahr sagte, ist die Familie ‚der erste und unerläßliche Lehrmeister des Friedens’ (Nr. 3), und daher hat sie bei der Heilung von Spaltungen auf jeder gesellschaftlichen Ebene eine wesentliche Rolle zu spielen.“ (Begrüßungszeremonie am Internationalen Flughafen „Ben Gurion“, Tel Aviv, 11. Mai)

„Den Eltern kommt hier eine äußerst wichtige Rolle zu, und so rufe ich alle Familien in diesem Lager auf: Achten Sie darauf, Ihre Kinder in ihrer Ausbildung zu unterstützen und ihre Begabungen zu fördern, damit es in der zukünftigen palästinensischen Gesellschaft nicht an qualifizierten Kräften für Führungspositionen fehlt. Ich weiß, daß viele Ihrer Familien auseinandergerissen sind – durch Gefangenschaft einzelner Familienmitglieder oder aufgrund eingeschränkter Bewegungsfreiheit – und viele unter Ihnen haben im Laufe der Feindseligkeiten den schmerzlichen Verlust von Angehörigen erlebt. Alle, die in dieser Weise leiden, haben mein Mitgefühl.“ (Besuch des Aida Flüchtlingslagers, Bethlehmen, 13. Mai)

„Wir sind hier in der Heimatstadt Jesu, Marias und Josefs zusammengekommen, um das Jahr der Familie ausklingen zu lassen, das die Kirche im Heiligen Land heuer gefeiert hat. Als Zeichen der Hoffnung für die Zukunft werde ich den Grundstein eines internationalen Zentrums für die Familie segnen, das in Nazaret gebaut werden soll. Laßt uns beten, daß das Zentrum dem Familienleben in dieser Region starken Auftrieb gebe, Familien überall Unterstützung und Beistand gewähre und sie dazu anspornen möge, ihre unersetzliche Sendung in der Gesellschaft zu erfüllen. [...] Hier kommen wir noch mehr dazu, am Beispiel Marias, Josefs und Jesu die Heiligkeit der Familie zu würdigen, die im Plan Gottes auf der im heiligen Bund der Ehe geschlossenen Beziehung zwischen Mann und Frau basiert, die sich ein Leben lang die Treue halten und das von Gott geschenkte neue Leben annehmen. [...] wie wichtig ist doch das Zeugnis von Ehepaaren für die Bildung gesunder Gewissen und den Aufbau einer Kultur der Liebe! In der ersten Lesung des heutigen Tages aus dem Buch Jesus Sirach

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(3, 3-7.14-17) wird uns die Familie durch das Wort Gottes als erste Schule der Weisheit gezeigt; eine Schule, die ihre Mitglieder in der Übung jener Tugenden unterrichtet, die zu wahrem Glück und dauerhafter Erfüllung führen. Im Plan Gottes für die Familie trägt die Liebe zwischen dem Ehemann und der Ehefrau Frucht in neuem Leben; eine Liebe, die Tag für Tag in dem liebevollen Bemühen der Eltern zum Ausdruck kommt, ihren Kindern eine umfassende menschliche und spirituelle Bildung zu geben. In der Familie wird jede Person, das kleinste Kind ebenso wie das älteste Familienmitglied, um seiner selbst willen geschätzt, und nicht als Mittel betrachtet, das irgendeinem anderen Zweck dient. Hier können wir bereits die ersten Anzeichen der wesentlichen Rolle erkennen, die der Familie als Grundstein einer wohlgeordneten und aufnahmebereiten Gesellschaft zukommt. [...] so ist auch die Familie, die auf diese Liebe gründet, gerufen, ‚Hauskirche’ zu sein, ein Ort des Glaubens, des Gebets und der liebevollen Sorge um das wahre und dauerhafte Wohl jedes ihrer Glieder.“ (Heilige Messe in Nazareth, 14. Mai)

An die Frauen

„Ein wichtiger Aspekt eurer Reflexion in diesem Jahr der Familie war die besondere Würde, Berufung und Sendung der Frau in Gottes Plan. Wie viel verdankt die Kirche in dieser Region doch dem geduldigen, liebevollen und treuen Zeugnis zahlloser christlicher Mütter, Ordensfrauen, Lehrerinnen und Krankenschwestern! Wie viel verdankt eure Gesellschaft all jenen Frauen, die auf unterschiedliche Weise ihr Leben dem Aufbau des Friedens und der Förderung der Liebe gewidmet haben! Bereits auf den allerersten Seiten der Bibel sehen wir, daß Mann und Frau als Abbild Gottes geschaffen und dazu bestimmt sind, einander zu ergänzen als Verwalter der Gaben Gottes und Partner in der Weitergabe seines Geschenks des Lebens – sowohl des leiblichen als auch des geistlichen Lebens – an unsere Welt. Leider wurde diese gottgegebene Würde und Rolle der Frau nicht immer hinreichend verstanden und geachtet. Die Kirche und die Gesellschaft als Ganze haben erkannt, wie dringend wir das brauchen, was der verstorbene Papst Johannes Paul II. das ‚prophetische Charisma’ der Frauen nannte der (vgl. Mulieris dignitatem, 29). Als Botinnen der Liebe, Lehrmeisterinnen der Barmherzigkeit und Erbauerinnen des Friedens bringen sie Wärme und Menschlichkeit in eine Welt, die den Wert einer Person nur allzuoft nach den kalten Maßstäben des Nutzens und des Profits bemißt. Dadurch, daß sie die Achtung der Frau öffentlich bezeugt und die jedem Menschen innewohnende Würde verteidigt, kann die Kirche im Heiligen Land einen wichtigen Beitrag leisten zur Förderung einer Kultur wahrer Menschlichkeit und zum Aufbau einer Zivilisation der Liebe.“ (Heilige Messe in Amman, 10. Mai)

„Während der Messe habe ich über das prophetische Charisma der Frauen als Botinnen der Liebe, Lehrmeisterinnen der Barmherzigkeit und Erbauerinnen des Friedens gesprochen. Das höchste Vorbild fraulicher Tugend ist die selige Jungfrau Maria, die

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Mutter der Barmherzigkeit und die Königin des Friedens.“ (Gebet des Regina Caeli in Amman, 10. Mai)

„Nazaret gemahnt uns an unsere Pflicht, die besondere Rolle der Frau und die ihr von Gott gegebene Würde anzuerkennen und zu respektieren, ebenso wie ihre besonderen Charismen und Talente. Ganz gleich, ob sie nun als Mütter in Familien leben, als wichtiger Part im Arbeitsleben und in den gesellschaftlichen Einrichtungen oder in einer besonderen Berufung unserem Herrn durch die evangelischen Räte der Keuschheit, Armut und des Gehorsams folgen: die Frauen spielen stets eine unersetzliche Rolle dabei, jene „Humanökologie“ (vgl. Centesimus annus, 39) zu schaffen, derer unsere Welt und dieses Land so dringend bedürfen: ein Umfeld, in dem Kinder lernen zu lieben und für andere Sorge zu tragen, zu allen ehrlich und respektvoll zu sein, sich in der Tugend der Barmherzigkeit und Vergebung zu üben.“ (Heilige Messe in Nazareth, 14. Mai)

An die Jugend

„Mit diesen Gedanken im Herzen ermutige ich in besonderer Weise die christlichen Studenten Jordaniens und der Nachbarregionen, sich verantwortungsvoll ihrer eigenen professionellen und moralischen Ausbildung zu widmen. Ihr seid gerufen, Bauleute einer gerechten und friedlichen Gesellschaft zu sein, die sich aus Menschen mit verschiedenem religiösen und ethnischen Hintergrund zusammensetzt. Diese Gegebenheiten – ich möchte es nochmals betonen – dürfen nicht zur Entzweiung,

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sie müssen zu gegenseitiger Bereicherung führen. Die Mission und die Berufung der Universität von Madaba liegt gerade darin, ihnen zu helfen, noch mehr an dieser hohen Aufgabe teilzuhaben.“ (Universität von Madaba, 9. Mai)

„Tatsächlich gilt dasselbe für alle jungen jordanischen Christen: fürchtet euch nicht, euren eigenen weisen, wohl abgewogenen und respektvollen Beitrag zum öffentlichen Leben des Königreiches zu leisten. Die authentische Stimme des Glaubens wird immer Redlichkeit, Gerechtigkeit, Mitgefühl und Frieden bringen!“ (Vesper in Amman, 9. Mai)

„Heute lade ich die vielen hier anwesenden jungen Menschen ein, darüber nachzudenken, wie der Herr euch ruft, ihm nachzufolgen und seine Kirche aufzubauen. Sei es im Priesteramt, im geweihten Leben oder im Sakrament der Ehe: Jesus braucht euch, damit die Menschen seine Stimme hören, und zur Arbeit am Wachstum seines Reiches.“ (Heilige Messe in Amman, 10. Mai)

„Bitten wir sie, die so großzügig auf den Ruf des Engels geantwortet und ihre Berufung, die Mutter Gottes zu werden, angenommen hat, um Mut und Kraft für alle jungen Menschen heute, die über ihre Berufung nachdenken, damit auch sie sich großzügig der Erfüllung von Gottes Willen widmen können.“ (Gebet des Regina Caeli, Amman, 10. Mai)

„An die vielen jungen Menschen im Bereich der Palästinensischen Gebiete richte ich diesen Appell: Laßt nicht zu, daß der Verlust von Leben und die Zerstörung, die ihr mit ansehen mußtet, in euren Herzen Bitterkeit und Groll wachsen lassen. Habt den Mut, jeder vielleicht von euch verspürten Versuchung zu widerstehen, Gewalt anzuwenden oder terroristische Akte zu begehen. Was ihr erfahren habt, soll vielmehr eure Entschlossenheit erneuern, Frieden zu stiften. Es soll euch mit dem tiefen Verlangen erfüllen, einen bleibenden Beitrag zur Zukunft Palästinas zu leisen, damit es auf der Weltbühne den ihm zustehenden Platz einnehmen kann. Es soll in euch Gefühle des Mitleids für alle Leidenden wecken, Eifer für die Versöhnung und einen festen Glauben, daß eine bessere Zukunft möglich ist.“ (Begrüßungszeremonie, Bethlehem, 13. Mai)

„Zu allen jungen Menschen hier sage ich: Bereitet euch mit neuem Eifer auf die Zeit vor, wenn ihr in den kommenden Jahren für die Angelegenheiten des palästinensischen Volkes verantwortlich sein werdet!“ (Besuch des Aida Flüchtlingslagers, 13. Mai)

„An dieser Stelle möchte ich den hier versammelten jungen Menschen gerne einen kleinen Denkanstoß geben. Das Zweite Vatikanische Konzil lehrt uns, daß die Kinder bei der Heiligung ihrer Eltern eine besondere Rolle spielen (vgl. Gaudium et spes, 48). Ich bitte euch eindringlich, darüber nachzudenken und euch vom Vorbild Jesu leiten zu lassen, also euren Eltern nicht nur Respekt zu zollen, sondern ihnen auch zu helfen, jene Liebe in ihrer ganzen Fülle zu erkennen, die unserem Leben erst seinen tiefsten

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Sinn gibt. In der Heiligen Familie von Nazaret war es Jesus, von dem Maria und Josef von der Größe Gottes, seines himmlischen Vaters, erfahren haben, jener letzten Quelle aller Liebe, dem Vater, nach dessen Namen jedes Geschlecht im Himmel und auf der Erde benannt wird (vgl. Eph 3,14-15).“ (Heilige Messe in Nazareth, 14. Mai)

Die Ausweitung der Humanität, Bekehrung und Erneuerung

„Sei es in unseren eigenen Prüfungen, sei es, daß wir anderen in ihren Mühen zur Seite stehen, wir bekommen einen Einblick in das Wesen unseres Menschseins, wir werden sozusagen menschlicher.“ (Regina Pacis Center, 8. Mai)

„Das menschliche Herz kann verhärtet werden durch sein begrenztes Umfeld, seine Interessen und seine Leidenschaften. Aber jeder Mensch ist ebenso zu Weisheit und Rechtschaffenheit aufgerufen, zur grundlegenden und überaus bedeutsamen Wahl des Guten vor dem Bösen, der Wahrheit vor der Unaufrichtigkeit, und jeder kann bei dieser Aufgabe unterstützt werden. [...] In der Tat, die menschliche Person, ihr Platz und ihr Sinn im Universum lassen sich nicht in den Grenzen der Wissenschaft erfassen. ‚Die zu erstrebende Vollendung der Vernunftnatur der menschlichen Person ist die Weisheit, die den Geist des Menschen sanft zur Suche und Liebe des Wahren und Guten hinzieht’ (Gaudium et spes, 15).“ (Universität von Madaba, 9 Mai)

„Möge eine echte Umkehr der Herzen aller zu einem stets bestärkenden Engagement für Frieden und Sicherheit durch Gerechtigkeit für jeden führen. Shalom!“ (Besuch beim israelischen Staatspräsidenten, Jerusalem, 11. Mai)

„Liebe Brüder, wenn wir nun gemeinsam unser freudiges Gebet an Maria, die Königin des Himmels, richten, so wollen wir das Wohlbefinden und die geistliche Erneuerung aller Christen im Heiligen Land in ihre Hände legen, damit sie unter der Führung ihrer Hirten im Glauben, in der Hoffnung und in der Liebe wachsen und in ihrer Sendung als Förderer der Gemeinschaft und des Friedens ausharren.“ (Gebet des Regina Caeli, Jerusalem, 12. Mai)

„Erstens, die ständige Bekehrung zu Christus, die sich nicht nur in unseren Taten widerspiegelt, sondern auch in unserer Einstellung: dem Mut, uns von unfruchtbaren und nutzlosen Wegen des Denkens, Handelns und Reagierens abzuwenden; [...] Eure Heimat braucht nicht nur neue wirtschaftliche und politische Strukturen, sondern – und das ist das Wichtigste – sozusagen eine neue ‚spirituelle’ Infrastruktur, die in der Lage ist, die Energien aller Menschen guten Willens im Dienst der Erziehung, der Entwicklung und der Förderung des Gemeinwohls zu beleben.“ (Heilige Messe in Bethlehem, 13. Mai)

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Das Gebet

„Als Gläubige sind wir überzeugt, daß das Gebet eine echte Kraft ist: Es öffnet die Welt für Gott. Wir sind überzeugt, daß Gott uns hört und daß er in der Geschichte handeln kann. Ich denke, wenn Millionen Menschen, Millionen Gläubige beten, ist es wirklich eine Kraft, die einen Einfluß hat und dazu beitragen kann, daß es im Frieden Fortschritte gibt.“ (Flug nach Amman, 8. Mai)

„Gebet ist gelebte Hoffnung. Und tatsäch-lich ist im Gebet die tiefe Einsicht enthalten: Wir treten mit dem einen Gott, dem Schöp-fer aller Dinge, in eine liebende Verbindung ein, und dadurch erkennen wir die Sinnlo-sigkeit menschlicher Trennungen und Vor-urteile und erahnen die außerordentlichen Möglichkeiten, die sich vor uns auftun, wenn unsere Herzen sich zu Gottes Wahrheit, zu seinem Plan für einen jeden von uns und für unsere Welt bekehren.“ (Regina Pacis Center, 8. Mai)

„Liebe Freunde, Gott und Ihnen bin ich äußerst dankbar für die Gelegenheit, hier in Stille zu verweilen: eine Stille, um zu gedenken, eine Stille, um zu beten, eine Stille, um zu hoffen.“ (Besuch in Yad Vashem, 11. Mai)

Der Mensch des Dialogs Die reiche Vielfalt der orientalischen Kirchen

„Ihnen allen wie auch den Priestern, Ordensschwestern und -brüdern, Seminaristen und gläubigen Laien, die heute Abend hier versammelt sind, drücke ich meinen aufrichtigen Dank aus, daß ihr mir diese Gelegenheit gebt, zusammen mit euch zu beten und etwas von dem Reichtum unserer liturgischen Traditionen zu erleben. [...] Die Teilkirchen innerhalb der Weltkirche bezeugen die Dynamik ihrer irdischen Pilgerschaft und offenbaren allen Gläubigen einen Schatz an geistlichen, liturgischen und kirchlichen Traditionen, die auf Gottes umfassende Güte verweisen und auf seinen die ganze Geschichte hindurch sichtbaren Willen, alle in sein göttliches Leben einzubeziehen. Der altehrwürdige lebendige Schatz der Traditionen der Ostkirchen bereichert die

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Weltkirche und könnte nie einfach als ein passiv zu bewahrendes Objekt verstanden werden. [...] Und genau wie vor zweitausend Jahren in Antiochien die Jünger erstmalig Christen genannt wurden, so werdet auch ihr – kleine Minderheiten in über diese Länder verstreuten Gemeinden – heute als Gefolgschaft des Herrn erkannt. [...] Eure Liturgien, die kirchliche Ordnung und das geistliche Erbe sind ein lebendiges Zeugnis für die Entfaltung eurer Tradition. Ihr verstärkt das Echo der ersten Verkündigung des Evangeliums, ihr verleiht den alten Erinnerungen an die Taten des Herrn neue Frische, ihr laßt seine heilbringenden Gnaden gegenwärtig werden und ihr verbreitet erneut den ersten Schimmer des österlichen Lichtes und die zuckenden Flammen von Pfingsten.“ (Vesper in Amman, 9. Mai)

„Die heutige freudige Feier des eucharistischen Opfers bringt die reiche Vielfalt der katholischen Kirche im Heiligen Land zum Ausdruck.“ (Heilige Messe in Amman, 10. Mai)

„Freuen wir uns darüber, daß diese zwei Kirchenbauten, ein lateinischer und ein griechisch-melkitischer, dazu dienen werden, gemäß den Traditionen der jeweiligen Gemeinschaft die eine Familie Gottes aufzubauen.“ (Segnung der Grundsteine für die Kirche der Lateiner und der Griechisch-Melkitischen Kirche, Amman-Bethanien jenseits des Jordan, 10. Mai)

„Ihr vertretet die katholischen Gemeinschaften im Heiligen Land, die mit ihrem Glauben und ihrer Frömmigkeit wie brennende Kerzen an den heiligen Stätten der Christen leuchten, denen die Gnade der Gegenwart unseres lebendigen Herrn Jesus Christus geschenkt wurde. Dieses einzigartige Privileg gewährt euch und euren Gläubigen einen Platz besonderer Zuneigung in meinem Herzen als Nachfolger Petri. [...] Die verschiedenen hier befindlichen christlichen Kirchen stellen ein reiches und vielfältiges geistliches Erbe dar und sind ein Ausdruck der zahlreichen Formen des Zusammenspiels zwischen dem Evangelium und den unterschiedlichen Kulturen. Sie erinnern uns auch daran, daß der Missionsauftrag der Kirche darin besteht, die universale Liebe Gottes zu verkünden und aus nah und fern alle von ihm Berufenen zu sammeln, so daß sie mit ihren Traditionen und Talenten die eine Familie Gottes bilden. Unsere Zeit ist besonders seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil von einem neuen geistlichen Impuls zur Einheit in der Vielfalt innerhalb der Kirche und von einem neuen ökumenischen Bewußtsein geprägt.” (Gebet des Regina Caeli in Jerusalem, 12. Mai)

„Wie Maria kommt euch eine Rolle in Gottes Heilsplan zu, indem ihr Christus in die Welt hineintragt, Zeugnis für ihn ablegt und seine Botschaft des Friedens und der Einheit verbreitet. Dafür ist es wesentlich, daß ihr untereinander einig sind, so daß die Kirche im Heiligen Land deutlich erkannt werden kann als „Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit“ (Lumen gentium, 1).“ (Vesper in Nazareth, 14. Mai)

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Der ökumenische Dialog

„Unsere Zeit ist besonders seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil von einem neuen geistlichen Impuls zur Einheit in der Vielfalt innerhalb der Kirche und von einem neuen ökumenischen Bewußtsein geprägt. Der Geist lenkt unsere Herzen sanft zu Demut und Frieden, zu gegenseitiger Annahme, zu Verständnis und Zusammenarbeit. Diese innere Bereitschaft zur Einheit unter dem Impuls des Heiligen Geistes ist entscheidend, wenn die Christen ihre Sendung in der Welt erfüllen sollen (vgl. Joh 17,21).“ (Gebet des Regina Caeli, Jerusalem, 12. Mai)

„In tiefer Dankbarkeit und Freude statte ich dem Griechisch-Orthodoxen Patriarchat in Jerusalem diesen Besuch ab – ein Moment, auf den ich mich sehr gefreut habe. [...] Heute morgen gehen meine Gedanken zu den historischen Begegnungen, die hier in Jerusalem zwischen meinem Vorgänger Papst Paul VI. und dem Ökumenischen Patriarchen Athenagoras I. sowie auch zwischen Papst Johannes Paul II. und Patriarch Diodoros stattgefunden haben. Diese Treffen, einschließlich meines heutigen Besuches, sind von großer symbolischer Bedeutung. Sie erinnern daran, daß von dem Moment an, als uns das ‚aufstrahlende Licht aus der Höhe’ (Lk 1,78) besuchte, das Licht aus dem Osten (vgl. Jes 60,1; Offb 21,23f) die ganze Welt erleuchtet hat, und sie erinnern uns auch daran, daß von hier ausgehend das Evangelium allen Völkern verkündet wurde. [...] Angesichts dieses geheiligten Ortes neben der Grabeskirche, welche die Stelle kennzeichnet, wo unser gekreuzigter Herr für die ganze Menschheit vom Tod erstand, und in der Nähe des Abendmahlssaals, wo sich am Pfingsttag ‚alle am gleichen Ort

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befanden’ (Apg 2,1) – wer würde sich da nicht gedrängt fühlen, guten Willen, rechte Gelehrsamkeit und geistliches Verlangen mit vollem Einsatz in unsere ökumenischen Bemühungen einzubringen? Ich bete, daß unsere heutige Versammlung der Arbeit des theologischen Dialogs zwischen der katholischen Kirche und den orthodoxen Kirchen neuen Schwung verleihe und die jüngsten Errungenschaften der Studiendokumente und anderer gemeinsamer Initiativen ergänze. [...] So ist es kaum verwunderlich, daß wir gerade in unserem brennenden Wunsch, Christus zu den anderen zu bringen, seine Botschaft der Versöhnung bekannt zu machen (vgl. 2 Kor 5,19), die Schande unserer Spaltung empfinden. Da wir jedoch in die Welt hinausgesandt (vgl. Joh 20,21) und durch die einende Kraft des Heiligen Geistes ermächtigt sind (ebd., V. 22) sowie die Versöhnung verkünden, die alle dazu führt zu glauben, daß Jesus der Sohn Gottes ist (vgl. ibid., V. 31), werden wir die Kraft finden, unsere Anstrengungen zu verdoppeln, um unsere Gemeinschaft zu vertiefen, sie zur vollen Gemeinschaft werden zu lassen, vereint Zeugnis zu geben von der Liebe des Vaters, der seinen Sohn sendet, damit die Welt an seine Liebe zu uns glauben kann (vgl. Joh 17,23).“ (Besuch des Griechisch-Orthodoxen Patriarchates - Ökumenisches Treffen, Jerusalem, 15. Mai)

„Ich hatte auch Gelegenheit, die Oberhäupter anderer christlicher Kirchen und kirchlicher Gemeinschaften wie auch die Führer anderer Religionen im Heiligen Land zu treffen. Dieses Land ist wirklich ein fruchtbarer Boden für die Ökumene und für den interreligiösen Dialog [...].” (Abschiedszeremonie am Internationalen Flughafen „Ben Gurion“, Tel Aviv, 15. Mai)

„Ich habe auch ein sehr ermutigendes ökumenisches Klima vorgefunden. Es gab viele sehr herzliche Begegnungen mit der Orthodoxie; ich konnte auch mit einem Vertreter der anglikanischen Kirche sprechen sowie mit zwei lutherischen Vertretern, und man sieht sehr gut, daß diese Atmosphäre des Heiligen Landes auch die Ökumene ermutigt.“ (Grußworte an die Journalisten während des Rückfluges nach Rom, 15. Mai)

Die Notwendigkeit des Dialogs und seine Prinzipien

„Sicherlich gibt es auch eine gemeinsame Botschaft, und es wird Gelegenheit geben, sie hervorzuheben. Trotz der unterschiedlichen Ursprünge haben wir gemeinsame Wurzeln, weil, wie ich schon gesagt habe, das Christentum aus dem Alten Testament hervorgeht, und die Schriften des Neuen Testaments gäbe es nicht ohne das Alte Testament, denn sie beziehen sich ständig auf ‚die Schrift’, das heißt das Alte Testament. Aber auch der Islam entstand in einem Umfeld, in dem sowohl das Judentum als auch die unterschiedlichen Zweige des Christentums – das Judenchristentum, das antiochenische Christentum, das byzantinische Christentum – präsent waren. All diese Umstände spiegeln sich in der Überlieferung des Korans wider, so daß wir von den Ursprüngen her und auch im

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Glauben an den einen Gott sehr viel gemeinsam haben. Deshalb ist es wichtig, auf der einen Seite einen bilateralen Dialog zu pflegen – mit dem Judentum sowie mit dem Islam – und dann auch den trilateralen Dialog. [...] Der trilaterale Dialog muß also weitergehen, und er ist äußerst wichtig für den Frieden und auch damit, sagen wir es einmal so, jeder die eigene Religion gut zu leben versteht.” (Interview auf dem Flug nach Amman, 8. Mai)

„Ich möchte alle Jordanier, seien sie Christen oder Muslime, ermutigen, auf dem festen Fundament der religiösen Toleranz aufzubauen, das es den Mitgliedern verschiedener Gemeinschaften erlaubt, miteinander in Frieden und in gegenseitiger Achtung zu leben. Seine Königliche Majestät ist in bemerkenswerter Weise darum bemüht, den interreligiösen Dialog zu fördern, und ich möchte hier festhalten, wie sehr sein diesbezügliches Engagement geschätzt wird. Dankbar anerkenne ich auch die besondere Aufmerksamkeit, die er den christlichen Gemeinden in Jordanien entgegenbringt. Dieser Geist der Offenheit hilft nicht nur den Mitgliedern verschiedener ethnischer Gemeinschaften in diesem Land, miteinander in Frieden und Eintracht zu leben, sondern hat auch zu den weitblickenden politischen Initiativen Jordaniens zur Förderung des Friedens im ganzen Nahen Osten beigetragen.“ (Abschiedszeremonie am Internationalen Flughafen „Queen Alia“, Amman, 11. Mai)

„Darum müssen die religiösen Führer bedenken, daß jede Teilung oder Spannung, jede Tendenz zu Zurückgezogenheit oder Mißtrauen unter den Gläubigen oder zwischen unseren Gemeinschaften leicht zu einem Gegensatz führen kann, der die Einzigkeit des Allmächtigen verdunkelt, unsere Einheit verrät und im Widerspruch steht zu dem Einen, der sich selbst als ‚reich an Huld und Treue’ offenbart (Ex 34,6; vgl. Ps 136,2; Ps 85,11).“ (Besuch beim israelischen Staatspräsidenten, Jerusalem, 11. Mai)

„Dann stellt sich natürlich die Frage, welchen Beitrag die Religion auf dem Hintergrund der raschen Globalisierung zu den Kulturen der Welt leistet. Da viele schnell damit zur Hand sind, auf die offensichtlichen Unterschiede zwischen den Religionen hinzuweisen, stehen wir als gläubige oder religiöse Menschen vor der Herausforderung, deutlich unsere Gemeinsamkeiten zu verkünden. [...] Zwar können die Unterschiede, die Gegenstand des interreligiösen Dialogs sind, uns manchmal als Hindernisse erscheinen, sie brauchen aber nicht die gemeinsame Ehrfurcht und Achtung vor dem Universalen, dem Absoluten und der Wahrheit zu überschatten, durch die religiöse Menschen überhaupt dazu gebracht werden, das Gespräch miteinander zu suchen. [...] Wenn wir den Willen hegen, der Wahrheit gehorsam zu sein, wird unser Vernunftbegriff und sein Anwendungsradius erweitert und ein echter Dialog der Kulturen und Religionen ermöglicht, der heute so dringend notwendig ist. [...] Einige wollen uns glauben machen, daß unsere Unterschiede zwangsläufig Anlaß zur Uneinigkeit geben und sie daher höchstens toleriert werden können. Manche vertreten sogar die Ansicht, daß

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unsere Stimmen einfach zum Schweigen gebracht werden sollten. Wir aber wissen, daß unsere Verschiedenheiten niemals fälschlich als unvermeidlicher Grund für Reibereien oder Spannungen hingestellt werden dürfen, weder unter uns selbst noch in der Gesellschaft im ganzen. Vielmehr geben sie Menschen unterschiedlicher Religion eine wunderbare Gelegenheit, in tiefer gegenseitiger Achtung, Wertschätzung und Anerkennung zusammenzuleben und einander auf Gottes Wegen zu ermutigen. Mit Hilfe des Allmächtigen und von seiner Wahrheit erleuchtet mögen Sie auch weiterhin mutig auf Ihrem Weg voranschreiten, indem sie all das achten, was uns unterscheidet, und all das fördern, was uns vereint als Geschöpfe, die den Wunsch haben, unseren Gemeinschaften und unserer Welt Hoffnung zu bringen. Möge Gott uns auf diesem Weg leiten!” (Inter-Religiöses Treffen in Jerusalem, 11. Mai)

„Hier treffen sich die Pfade der drei großen monotheistischen Religionen, und wir werden an all das erinnert, was sie gemeinsam haben. Jede von ihnen glaubt an einen Gott, den Schöpfer und Lenker des Alls. Jede sieht in Abraham einen ihrer Vorfahren, einen Mann des Glaubens, den Gott mit einem besonderen Segen beschenkt hat. Jede hat im Lauf der Jahrhunderte eine große Zahl von Gläubigen versammelt und wurde zur Inspiration für ein reiches geistliches, intellektuelles und kulturelles Erbe.“ (Besuch beim Großmufti, Jerusalem, 12. Mai)

„Vertrauen ist unbestritten ein wesentliches Element eines wirksamen Dialogs.“ (Besuch bei den Großrabbinern von Jerusalem, „Hechal-Shlomo“ Center, Jerusalem, 12. Mai)

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„Meine lieben Freunde, ich weiß, daß Sie zuvorkommend und mit einem Gruß des Friedens die vielen Pilger empfangen, die nach Galiläa strömen. Ich ermutige Sie, weiterhin gegenseitig Respekt zu üben, wenn Sie daran arbeiten, Spannungen bezüglich der Gebetsstätten abzubauen und so eine friedvolle Umgebung für Gebet und Betrachtung hier und überall in Galiläa zu gewährleisten. [...] Das Land Galiläa, das für seine religiöse und ethnische Vielfalt bekannt ist, beheimatet ein Volk, das sehr wohl die Anstrengungen kennt, die erforderlich sind, um in harmonischer Koexistenz zu leben. Unsere verschiedenen religiösen Traditionen haben ein mächtiges Potential, um eine Kultur des Friedens zu fördern, besonders weil sie die tieferen spirituellen Werte unseres gemeinsamen Menschseins lehren und predigen. Wenn wir die Herzen der jungen Menschen formen, formen wir die Zukunft der Menschheit selbst. Christen verbinden sich bereitwillig mit Juden, Muslimen, Drusen und Menschen anderer Religionen im Wunsch, Kinder vor Fanatismus und Gewalt zu schützen, wenn sie sie zu Gestaltern einer besseren Welt erziehen. [...] Auch wenn Sie verschiedenen religiösen Traditionen angehören, teilen Sie das Verlangen, zu einer Verbesserung der Gesellschaft beizutragen und damit für die religiösen und spirituellen Werte einzutreten, die mithelfen, das öffentliche Leben aufrechtzuerhalten. Ich versichere Ihnen, daß die katholische Kirche sich verpflichtet weiß, an diesem ehrbaren Unterfangen teilzunehmen. In Zusammenarbeit mit Menschen guten Willens wird sie bemüht sein sicherzustellen, daß das Licht der Wahrheit, des Friedens und der Güte weiterhin von Galiläa ausstrahlen wird und Menschen weltweit dazu anleitet, all das anzustreben, was die Einheit der Menschheitsfamilie stärkt.“ (Grußworte an die Religionsführer von Galiläa, Nazareth, 14. Mai)

„Dieses Land ist wirklich ein fruchtbarer Boden für die Ökumene und für den interreligiösen Dialog, und ich bete, daß die reiche Vielfalt religiösen Zeugnisses in der Region in wachsendem gegenseitigen Verständnis und Respekt Frucht tragen wird.“ (Abschiedszeremonie am Internationalen Flughafen „Ben Gurion“, Tel Aviv, 15. Mai)

„ (…) daß ich überall, im muslimischen, christlichen und jüdischen Umfeld, eine entschiedene Bereitschaft zum interreligiösen Dialog vorgefunden habe, zur Begegnung, zur Zusammenarbeit zwischen den Religionen. Und es ist wichtig, daß dies von allen nicht nur als ein – so könnten wir sagen – in der gegebenen Situation von politischen Motiven inspiriertes Handeln angesehen wird, sondern als Frucht, die aus dem Wesenskern des Glaubens selbst hervorgeht. Denn an den einen Gott zu glauben, der uns alle geschaffen hat, der unser aller Vater ist, an diesen Gott zu glauben, der die Menschheit als eine Familie erschaffen hat, zu glauben, daß Gott die Liebe ist und will, daß die Liebe die dominierende Kraft in der Welt ist, impliziert diese Begegnung, die Notwendigkeit der Begegnung, des Dialogs, der Zusammenarbeit – als Erfordernis des Glaubens selbst.“ (Grußworte von Benedikt XVI. an die Journalisten während des Rückfluges nach Rom, 15. Mai)

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Der christlich-islamische Dialog

„Mein Besuch in Jordanien gibt mir eine gute Gelegenheit, von meinen tiefen Respekt gegenüber der muslimischen Gemeinschaft zu sprechen und der führenden Rolle An-erkennung zu zollen, die Seine Königliche Majestät bei der Förderung eines besseren Verständnisses der vom Islam verkündeten Tugenden gezeigt hat. Nachdem einige Jah-re seit der Veröffentlichung der Amman Message und der Amman Interfaith Message vergangen sind, können wir sagen, daß diese verdienstvollen Initiativen viel Gutes bei der Unterstützung einer Allianz der Kulturen zwischen dem Westen und der muslimi-schen Welt bewirkt haben und damit die Voraussagen jener widerlegt haben, die Ge-walttätigkeit und Konflikt als unvermeidlich betrachten. [...] Liebe Freunde, bei dem Seminar des Katholisch-Muslimischen Forums in Rom im vergangenen Herbst, haben die Teilnehmer die zentrale Rolle diskutiert, die in unseren jeweiligen religiösen Tradi-tionen das Gebot der Liebe einnimmt. Ich hoffe sehr, daß dieser Besuch und wahrlich alle Initiativen, die geplant sind, um gute Beziehungen zwischen Christen und Musli-men zu fördern, uns helfen, in der Liebe zum allmächtigen und barmherzigen Gott und in brüderlicher Liebe für einander zu wachsen.“ (Begrüßungszeremonie, Internationaler Flughafen “Queen Alia”, Amman, 8. Mai)

„Gerade wegen der Bürde ihrer gemeinsamen Geschichte, die so oft von Mißverständnis gekennzeichnet war, müssen Muslime und Christen bestrebt sein, als Gläubige erkannt und anerkannt zu werden, die treu beten, die bemüht sind, die Gebote des Allmächtigen zu halten und ihnen gemäß zu leben, die barmherzig und mitfühlend sind, die konsequent alles Wahre und Gute bezeugen, die stets den gemeinsamen Ursprung und die Würde

Photo : CTS / MAB

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aller Menschen bedenken, die der Höhepunkt des göttlichen Schöpfungsplans für die Welt und die Geschichte bleiben. [...] Gestern lernte ich die berühmte Erziehungs- und Rehabilitationsarbeit des Regina-Pacis-Zentrums kennen, wo Christen und Muslime das Leben ganzer Familien verwandeln, indem sie ihnen helfen zu gewährleisten, daß deren Kinder mit Behinderung ihren berechtigten Platz in der Gesellschaft erhalten. Heute morgen segnete ich den Grundstein der Madaba-Universität, wo junge muslimische und christliche Erwachsene Seite an Seite vom dritten Bildungsweg profitieren werden, der sie dazu befähigt, in geeigneter Weise zur sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung ihres Landes beizutragen. Großes Verdienst kommt auch den zahlreichen Initiativen des interreligiösen Dialogs zu, die von der königlichen Familie und der diplomatischen Gemeinschaft unterstützt werden und zeitweise in Verbindung mit dem Päpstlichen Rat für den Interreligiösen Dialog durchgeführt wurden. Dazu gehören auch die laufende Arbeit des Königlichen Instituts für Interreligiöse Studien und Islamisches Denken, die Amman Message von 2004, die Amman Interfaith Message von 2005 und der jüngste Brief Common Word, der ein Thema widerspiegelt, das im Einklang mit meiner ersten Enzyklika steht: die unlösliche Verschränkung von Gottes- und Nächstenliebe und der fundamentale Widerspruch der Gewaltanwendung oder des Ausschlusses im Namen Gottes (vgl. Deus caritas est, 16). [...] Sie sollten daher Christen und Muslime dazu veranlassen, die wesentliche Beziehung zwischen Gott und seiner Welt noch gründlicher zu erforschen, so daß wir miteinander bestrebt sein mögen sicherzustellen, daß die Gesellschaft mit der göttlichen Ordnung in Harmonie mitschwingt. [...] Verehrte Freunde, ich vertraue darauf, daß die Gedanken, die ich heute zum Ausdruck gebracht habe, uns mit neuer Hoffnung für die Zukunft zurücklassen. …Christen und Muslime werden gemeinsam dazu angespornt, alles zu suchen, was recht und richtig ist.“ („Al-Hussein Bin-Talal“ Moschee, Amman, 9. Mai)

„Ich bete, daß Moslems und Christen bei der Weiterführung des bereits begonnen respektvollen Dialogs darüber nachdenken, wie das Einsein Gottes untrennbar mit der Einheit der Menschheitsfamilie verbunden ist. Mögen alle Angehörigen dieser Religionen, wenn sie sich Gottes liebevollem Plan für die Schöpfung fügen, wenn sie das Gesetz erforschen, das dem Kosmos eingeschrieben und dem Herz des Menschen eingeprägt ist, und wenn sie über das geheimnisvolle Geschenk der Selbstoffenbarung Gottes nachdenken, ihren Blick fest auf sein absolutes Gutsein richten und nie aus den Augen verlieren, wie diese Güte sich in den Gesichtern der Mitmenschen wiederspiegelt.“ (Besuch beim Großmufti, Jerusalem, 12. Mai)

„Wie wir alle wissen, hat es in Nazaret in den letzten Jahren leider Spannungen gegeben, die den Beziehungen zwischen den hier lebenden christlichen und muslimischen Gemeinden geschadet haben. Ich ersuche die Menschen guten Willens in beiden Gemeinden dringend, den bereits angerichteten Schaden wieder gutzumachen und in der Treue im Glauben an den einen Gott, den Vater der Menschheitsfamilie, Brücken

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zu bauen und den Weg zu einem friedlichen Zusammenleben zu finden. Mögen wir alle der zerstörerischen Macht von Haß und Vorurteil, die zuerst die Seelen der Menschen und dann ihre Körper tötet, eine klare Absage erteilen!“ (Heilige Messe in Nazareth, 14. Mai)

Der jüdisch-christliche Dialog

„Es ist wichtig, daß wir wirklich dieselbe Wurzel haben, dieselben Bücher des Alten Testaments, die – sowohl für die Juden als auch für uns – Buch der Offenbarung sind. Aber natürlich darf man sich nach 2000 Jahren unterschiedlicher, ja sogar getrennter Geschichte nicht darüber wundern, daß es Mißverständnisse gibt, weil sich sehr unterschiedliche Traditionen der Interpretation, der Ausdrucksweise, der Gedankenwelt gebildet haben, sozusagen ein sehr andersartiger »semantischer Kosmos «,so daß dieselben Worte auf beiden Seiten Verschiedenes bedeuten; und durch diesen Gebrauch von Worten, die im Lauf der Geschichte unterschiedliche Bedeutungen ausgebildet haben, entstehen offensichtlich Mißverständnisse. Wir müssen alles tun, um die Sprache des anderen zu erlernen, und mir scheint, wir machen darin große Fortschritte. Heute haben wir die Möglichkeit, daß die jungen Menschen, die zukünftigen Theologieprofessoren, in Jerusalem studieren können, an der Hebräischen Universität, und die Juden haben akademische Kontakte zu uns: So kommt es zu einer Begegnung dieser unterschiedlichen «semantischen Kosmen». Lernen wir voneinander

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und gehen wir voran auf dem Weg des wahren Dialogs, lernen wir einer vom anderen, und ich bin sicher und überzeugt, daß wir Fortschritte machen werden. Und das wird auch dem Frieden helfen, mehr noch, der gegenseitigen Liebe.“ (Interview auf dem Flug nach Amman, 8. Mai)

„Die alte Tradition der Pilgerfahrt zu den heiligen Stätten erinnert uns auch an das unzertrennbare Band zwischen der Kirche mit dem jüdischen Volk. Von Anfang an hat die Kirche in diesen Ländern in ihrer Liturgie der großen Gestalten der Patriarchen und Propheten gedacht, als Zeichen ihrer großen Wertschätzung für die Einheit der beiden Testamente. Unsere heutige Begegnung schenke uns eine neue Liebe zum Kanon der Heiligen Schrift und ein Verlangen, alle Hindernisse auf dem Weg der Versöhnung zwischen Christen und Juden in gegenseitiger Achtung und Zusammenarbeit im Dienst des Friedens, zu dem uns das Wort Gottes ruft, zu überwinden!“ (Besuch der Moses-Gedächtniskirche, Berg Nebo, 9. März)

„Ich bin für die Einladung dankbar, Hechal Shlomo zu besuchen und Ihnen während meiner Reise in das Heilige Land als Bischof von Rom begegnen zu können. Ich danke dem sephardischen Rabbi Shlomo Amar und dem aschkenasischen Rabbi Yona Metzger für ihre freundlichen Worte der Begrüßung, mit denen sie auch den Wunsch geäußert haben, die Bande der Freundschaft weiter zu festigen, welche die katholische Kirche und das Großrabbinat in den letzten Jahrzehnten zu schmieden sich mit Sorgfalt bemüht haben. Ihre Besuche im Vatikan in den Jahren 2003 und 2005 sind ein Ausdruck des guten Willens, der diese Entwicklung kennzeichnet. Verehrte Rabbiner, ich erwidere die guten Wünsche, indem ich Ihnen und Ihren Gemeinschaften meine Gefühle der Achtung und Wertschätzung bekunde. Ich versichere Sie zugleich meines Wunsches, das gegenseitige Verständnis und die Zusammenarbeit zwischen dem Heiligen Stuhl, dem Großrabbinat Israels und den jüdischen Menschen auf der ganzen Welt zu vertiefen. [...] Diese Themen des Dialogs stellen nur die Anfangsphase eines, wie wir hoffen, stetigen Voranschreitens auf dem Weg zu einem größeren gegenseitigen Verständnis. [...] Möge der begonnene Dialog weiterhin Ideen hervorbringen, wie Christen und Juden zusammenarbeiten können, um das Verständnis der Gesellschaft für den besonderen Beitrag unserer religiösen und ethischen Traditionen zu steigern. Hier in Israel, wo die Christen nur einen kleinen Teil der Gesamtbevölkerung ausmachen, schätzen sie besonders die Gelegenheiten zum Dialog mit ihren jüdischen Nachbarn. [...] Heute habe ich die Gelegenheit zu wiederholen, daß die katholische Kirche sich unwiderruflich zu dem Weg verpflichtet hat, der auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil für eine echte und andauernde Versöhnung zwischen Christen und Juden gewählt wurde. Wie die Konzilserklärung Nostra Aetate klarstellt, schätzt die Kirche weiterhin das gemeinsame spirituelle Erbe der Christen und Juden. Sie strebt durch biblische und theologische Studien wie auch durch den brüderlichen Dialog ein immer tieferes Verständnis füreinander und einen gegenseitigen Respekt an. Mögen die sieben Treffen

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der bilateralen Kommission, die zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Großrabbinat bereits stattgefunden haben, hierfür ein Beweis sein!“ (Besuch bei den Großrabbinern, „Hechal Shlomo“-Zentrum, Jerusalem, 12. Mai)

„Herr Präsident, Sie und ich haben einen Olivenbaum bei Ihrer Residenz am Tag meiner Ankunft in Israel gepflanzt. Der Olivenbaum ist, wie Sie wissen, ein Bild, das vom heiligen Paulus gebraucht wird, um die sehr engen Beziehungen zwischen Christen und Juden zu beschreiben. Paulus führt im Römerbrief aus, daß die Kirche der Völker wie ein wilder Oliventrieb ist, der in den edlen Olivenbaum des Bundesvolkes eingepfropft wurde (vgl. 11,17-24). Wir werden von den gleichen spirituellen Wurzeln genährt. Wir begegnen uns als Brüder – Brüder, die in unserer Geschichte gelegentlich ein gespanntes Verhältnis zueinander hatten, die aber unter der festen Verpflichtung stehen, Brücken für eine beständige Freundschaft zu bauen. [...] diese furchtbaren Erinnerungen sollten uns in der Entschiedenheit stärken, enger zusammenzurücken als Zweige des gleichen Olivenbaums, die von den gleichen Wurzeln genährt werden und in brüderlicher Liebe geeint sind.“ (Abschiedszeremonie am Internationalen Flughafen „Ben Gurion”, Tel Aviv, 15. Mai)

Der Friedensstifter

Den Frieden, den wir so sehr ersehnen

„Sicherlich möchte ich zum Frieden beitragen, nicht als Einzelperson, sondern im Namen der katholischen Kirche, des Heiligen Stuhls. Wir sind keine politische Macht, sondern eine geistliche Kraft, und diese geistliche Kraft ist eine Realität, die zu Fortschritten im Friedensprozeß beitragen kann. [...] Sicher gibt es Hoffnung, denn es handelt sich jetzt, wie Sie bereits gesagt haben, um einen schwierigen Augenblick, aber es ist auch ein Moment der Hoffnung, des Neuanfangs, eines neuen Impulses auf dem Weg zum Frieden. [...] Wir sind dabei, eine katholische Universität in Jordanien aufzubauen. Dies scheint mir eine großartige Perspektive zu sein, wo junge Menschen – sowohl Muslime als auch Christen – einander begegnen, gemeinsam lernen, wo eine christliche Elite ausgebildet wird, die bereit und fähig ist, für den Frieden zu wirken.“ (Interview auf dem Flug nach Amman, 8. Mai)

„Möge Er [Gott] Jordanien mit Wohlergehen und Frieden segnen!“ (Begrüßungszeremonie am Internationalen Flughafen „Queen Alia“, Amman, 8. Mai)

„Freunde, im Gegensatz zu den Pilgern früherer Zeiten komme ich nicht mit Geschenken oder Gaben. Ich komme einfach mit einer Absicht, einer Hoffnung: für das wertvolle

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Geschenk der Einheit und des Friedens zu beten, insbesondere für den Nahen Osten. Frieden für die Menschen, für Eltern und Kinder, für die Gemeinschaften; Frieden für Jerusalem, für das Heilige Land, für die Region; Frieden für die ganze Menschheitsfamilie; dauerhafter Frieden, der aus Gerechtigkeit, Aufrichtigkeit und Mitgefühl entsteht, Frieden, der von Demut, von Vergebung und vom tiefen Wunsch, miteinander in Harmonie zu leben, herrührt.“ (Regina Pacis Center, Amman, 8. Mai)

„Ich bekunde den Förderern dieser neuen Institution meine Anerkennung für ihr mutiges Vertrauen in gute Ausbildung als ein Sprungbrett für persönliche Entwicklung wie auch für Frieden und Fortschritt in der Region.“ (Universität von Madaba, 9. Mai)

„Im Nahen Osten, der gezeichnet ist von tragi-schem und ungerechten Leiden, von Jahren der Gewalt und der ungelösten Spannungen, sind die Christen dazu aufgerufen, angespornt vom Bei-spiel Jesu ihren Beitrag der Versöhnung und des Friedens durch Vergebung und Großmut zu leis-ten.“ (Segnung der Grundsteine, Amman-Bethanien jenseits des Jordan, 10. Mai)

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„Ich bete, daß Sie sich jetzt und für kommende Generationen des Friedens und des Wohlstands erfreuen können. Noch einmal vielen Dank. Gott segne Sie alle!“ (Abschiedszeremonie am Internationalen Flughafen „Queen Alia“, Amman, 11. Mai)

„Ich komme, wie so viele andere vor mir, um an den heiligen Stätten zu beten und um besonders für den Frieden zu beten – Frieden hier im Heiligen Land und Frieden in aller Welt. [...] Auch wenn der Name Jerusalem „Stadt des Friedens“ bedeutet, ist es doch gar zu offenbar, daß über Jahrzehnte hinweg der Friede den Einwohnern dieses heiligen Landes tragisch vorenthalten blieb. [...] Gemeinsam mit allen Menschen guten Willens bitte ich inständig alle Verantwortlichen, auf der Suche nach einer gerechten Lösung der ausstehenden Schwierigkeiten jeden möglichen Weg zu prüfen, auf daß beide Völker in Frieden in einem eigenen Heimatland innerhalb sicherer und international anerkannter Grenzen leben können. In dieser Hinsicht hoffe und bete ich, daß bald ein Klima größeren Vertrauens geschaffen werden kann, welches beide Seiten befähigt, wirkliche Fortschritte auf dem Weg zu Frieden und Stabilität zu machen. [...] Möge Gott sein Volk mit Frieden segnen!” (Begrüßungszeremonie am Internationalen Flughafen „Ben Gurion“, Tel Aviv, 11. Mai)

„Herr Präsident, in der Gratulationsbotschaft, die ich Ihnen anläßlich Ihrer Amtsein-führung sandte, habe ich gerne an Ihren hervorragenden Ruf im Dienst für Ihr Land erinnert, der durch ein starkes Engagement im Streben nach Gerechtigkeit und Frie-den gekennzeichnet ist. Heute nachmittag möchte ich Ihnen wie der neugebildeten Regierung sowie allen Einwohnern des Staates Israel versichern, daß meine Pilger-reise zu den heiligen Stätten dem Gebet um das kostbare Geschenk der Einheit und des Friedens für den Nahen Osten und für die ganze Menschheit gewidmet ist. In der Tat bete ich täglich darum, daß ein aus Gerechtigkeit hervorgehender Friede in das Heilige Land und die gesamte Region zurückkehre und allen Sicherheit und neue Hoffnung bringe. Friede ist vor allem ein göttliches Geschenk. Denn Friede ist Gottes Verheißung an die Menschheit und führt zur Einheit. [...] Kein einzelner, keine Fami-lie, keine Gemeinschaft oder Nation ist von der Pflicht entbunden, in Gerechtigkeit zu leben und für den Frieden zu arbeiten. [...] Ich höre den Ruf derer, die in diesem Lande leben, den Ruf nach Gerechtigkeit, nach Frieden, nach Achtung ihrer Würde, nach dauerhafter Sicherheit, einem Alltag ohne Angst vor Bedrohung von außen und sinnloser Gewalt. Und ich weiß, daß eine bemerkenswerte Anzahl von Männern, Frau-en und Jugendlichen durch Kulturprogramme und durch Initiativen mitfühlender und praktischer Hilfeleistung für Frieden und Solidarität arbeiten; demütig genug, um zu vergeben, greifen sie nach dem Traum, der ihr Recht ist. [...] Möge eine echte Umkehr der Herzen aller zu einem stets bestärkenden Engagement für Frieden und Sicherheit durch Gerechtigkeit für jeden führen. Shalom!“ (Besuch beim israelischen Staatspräsi-denten, Jerusalem, 11. Mai)

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„Der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs ist der Gott des Friedens (vgl. Ps 85, 9).“ (Besuch in Yad Vashem, 11. Mai)

„Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, höre den Schrei der Heimgesuchten, der Angsterfüllten und der Verwaisten; sende Deinen Frieden auf dieses Heilige Land, auf den Nahen Osten, und auf die ganze Menschheitsfamilie herab.“ (Gebet an der Western Wall, Jerusalem, 12. Mai)

„Mit den Worten des Psalmisten bitte ich euch auch, Frieden für Jerusalem zu erbitten (vgl. Ps 122,6) und ohne Unterlaß für ein Ende des Konflikts zu beten, der so viel Leid über die Menschen dieses Landes gebracht hat. So erteile ich euch nun meinen Segen.“ (Besuch der Lateinischen Konkathedrale, Jerusalem, 12. Mai)

„Alle, die an einen gnädigen Gott glauben – seien sie Juden, Christen oder Muslime – müssen als erste diese Kultur der Versöhnung und des Friedens fördern, wie mühevoll und langsam der Prozeß auch immer sein mag und wie schwer die Last der Erinnerung auch immer wiegt. Heute möchte ich das wiederholen, was ich bereits bei anderen Gelegenheiten gesagt habe: Im Heiligen Land ist Raum für alle!“ (Heilige Messe im Josaphat-Tal, Jerusalem, 12. Mai)

„Ja, ich bete jeden Tag für Sie alle, und ich bitte den Allmächtigen aufrichtig um Frie-den, um einen gerechten und dauernden Frieden in den Palästinensischen Gebieten und in der ganzen Region. [...] In den Worten des verstorbenen Papstes Johannes Pauls II. gibt es „keinen Frieden ohne Gerechtigkeit und keine Gerechtigkeit ohne Vergebung“ (Bot-schaft zum Weltfriedenstag 2002). Ich rufe alle Parteien dieses langandauernden Konflikts auf, alle Ressentiments und Spaltungen zu überwinden, die der Versöhnung noch im Weg stehen, und großzügig und mitfühlend auf alle ohne Unterschied zuzugehen. [...] Glauben und vertrauen Sie, daß durch einen ehrlichen und ausdauernden Dialog unter voller Achtung der Anforderungen der Gerechtigkeit wirklich ein dauerhafter Friede für diese Länder erreichbar ist. [...] ich bete innig, daß der Gesang, den die Engel an diesem Ort erklingen ließen, in Erfüllung gehe: Friede auf Erden, guter Wil-le unter den Menschen. (Begrüßungszeremonie, Bethlehem, 13. Mai)

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[An die Christen]: „Seid eine Brücke des Dialogs und der konstruktiven Zusammenarbeit beim Aufbau einer Kultur des Friedens, die uns aus der gegenwärtigen festgefahrenen Lage von Furcht und Aggression herausführen kann.“ (Heilige Messe in Bethlehem, 13. Mai)

„In diesem Lager erinnert die Anwesenheit der Franziskanischen Missionsschwestern vom Unbefleckten Herzen Marias an die charismatische Figur des heiligen Franziskus, dieses großen Apostels des Friedens und der Versöhnung. Und so möchte ich meine besondere Dankbarkeit für den enormen Beitrag bekunden, den verschiedene Glieder der franziskanischen Familie durch ihren Einsatz für die Menschen in diesen Ländern leisten, indem sie sich zu „Werkzeugen des Friedens“ machen, wie ein althergebrachtes, dem Heiligen von Assisi zugeschriebenes Wort sagt. Werkzeuge des Friedens. Wie sehr sehnen sich die Menschen in diesem Lager, in diesen Gebieten und in dieser ganzen Region nach Frieden! [...] Die ganze Welt sehnt sich danach, daß diese Spirale durchbrochen werde, sehnt den Frieden herbei, der den ständigen Kämpfen ein Ende setzt. [...] Wie sehr sehnen wir uns danach, die Früchte der viel schwierigeren Aufgabe zu sehen, Frieden zu schaffen! Wie ernsthaft beten wir für ein Ende der Feindseligkeiten, welche den Bau dieser Mauer verursacht haben! [...] Aber die Geschichte hat gezeigt, daß es nur dann zum Frieden kommt, wenn die Konfliktparteien gewillt sind, ihren Groll zu überwinden und auf gemeinsame Ziele hin zusammenzuarbeiten, indem jede die Interessen und die Besorgnisse der anderen ernst nimmt und sich bemüht, eine Atmosphäre des Vertrauens zu schaffen. Es muß die Bereitschaft vorhanden sein, mutige und phantasievolle Initiativen zur Versöhnung zu ergreifen: Wenn jeder auf vorgängige Zugeständnisse des anderen beharrt, kann das Ergebnis nur eine Pattsituation sein. [...]Die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft ist unbedingt notwendig, und daher richte ich einen neuerlichen Appell an alle Betroffenen, ihren Einfuß zugunsten einer gerechten und dauerhaften Lösung geltend zu machen, und zwar unter Berücksichtigung der legitimen Forderungen aller Parteien und in Anerkennung ihres Rechts auf ein Leben in Frieden und Würde, in Übereinstimmung mit dem internationalen Recht. [...] Sie alle rufe ich erneut zu einem tiefgreifenden Engagement auf, nach dem Vorbild des heiligen Franziskus und anderer großer Friedensstifter den Frieden und die Gewaltlosigkeit zu fördern. Der Friede muß im Hause, in der Familie, im Herzen seinen Anfang nehmen. Ich bete weiterhin darum, daß alle in den Konflikt verwickelten Parteien in diesen Ländern den Mut und die Phantasie aufbringen, den anspruchsvollen, aber unverzichtbaren Weg der Versöhnung zu beschreiten. Möge der Friede in diesen Ländern eine neue Blütezeit erleben! Gott segne sein Volk mit Frieden! (Besuch des Aida Flüchtlingslagers, 13. Mai)

„Ich versichere Ihnen allen, daß ich Sie in meinem Herzen mitnehme und ich sehnlichst wünsche, Friede und Versöhnung in diesen leidgeprüften Gebieten zu erleben. [...] Auch wenn es ein leichtes ist, Mauern zu errichten, wissen wir doch alle, daß sie nicht auf ewig Bestand haben. Sie können niedergerissen werden. Zuerst ist es jedoch notwendig, die

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Mauern zu entfernen, die wir um unsere Herzen errichten, wie auch die Barrieren, die wir gegen unsere Nächsten aufstellen. [...] Ich wünsche Ihnen, dem palästinensischen Volk, aufrichtig, daß dies bald der Fall sein möge und daß Sie sich endlich des Friedens, der Freiheit und der Stabilität erfreuen können, die Ihnen so lange vorenthalten waren. Seien Sie gewiß, daß ich weiterhin jede Gelegenheit nutzen werde, um alle an den Friedensverhandlungen Beteiligten dringend aufzufordern, auf eine gerechte Lösung hinzuarbeiten, die die legitimen Ansprüche der Israelis und der Palästinenser gleichermaßen achtet. Als wichtigen Schritt in diese Richtung blickt der Heilige Stuhl freudig der baldigen Einrichtung der Ständigen Bilateralen Arbeitskommission mit der Palästinensischen Autonomiebehörde entgegen, die in dem am 15. Februar 2000 unterzeichneten Grundsatzabkommen ins Auge gefaßt wurde (vgl. Grundsatzabkommen zwischen dem Heiligen Stuhl und der Palästinensischen Befreiungsorganisation, Art. 9). [...] Und er [Gott] möge das palästinensische Volk mit Frieden segnen.“ (Abschiedszeremonie, Innenhof des Präsidentenpalastes, Bethlehem, 13. Mai)

„In der Mitte aller religiösen Traditionen steht die Überzeugung, daß der Frieden selbst ein Geschenk Gottes ist, auch wenn er nicht ohne menschliche Anstrengung erlangt werden kann. Dauerhafter Frieden entspringt der Erkenntnis, daß die Welt letztlich nicht uns selbst gehört, sondern vielmehr den Hintergrund bildet, vor dem wir eingeladen sind, an Gottes Liebe teilzuhaben und unter seiner Führung bei der Lenkung der Welt und der Geschichte mitzuarbeiten.“ (Inter-Religiöses Treffen, Nazareth, 14. Mai)

„Als Christen wissen wir, daß der Friede, nach dem dieses von Streit zerrissene Land sich sehnt, einen Namen hat: Jesus Christus. „Er ist unser Friede“, der uns mit Gott in einem einzigen Leib durch das Kreuz versöhnte und die Feindschaft beendete (vgl. Eph 2, 14.16). [...] Jesus fragt einen jeden von uns, Zeuge der Einheit und des Friedens zu sein für alle, die in dieser Stadt des Friedens wohnen. [...] Als das Lamm Gottes ist er der Quell jener Versöhnung, die zugleich Gabe Gottes und heilige Aufgabe ist, die uns auferlegt ist. Als der Friedensfürst ist er der Quell jenes Friedens, der alles Verstehen übersteigt, des Friedens des neuen Jerusalems.“ (Besuch in der Heiligen Grabeskirche, 15. Mai)

„Herr Präsident, ich danke Ihnen für die Herzlichkeit Ihrer Gastfreundschaft, die ich sehr zu schätzen weiß, und ich möchte festhalten, daß ich in dieses Land als Freund der Israelis zu Besuch gekommen bin, genauso wie ich auch ein Freund des palästinensischen Volkes bin. Freunde verbringen gerne ihre Zeit miteinander, und es betrübt sie sehr zu sehen, wie der andere leidet. Ein Freund der Israelis und der Palästinenser kann nur traurig sein über die weiter bestehende Spannung zwischen Ihren beiden Völkern. Ein Freund kann nur weinen angesichts des Leids und des Verlusts von Menschenleben, die beide Völker in den vergangenen sechs Jahrzehnten erlitten haben. Erlauben Sie mir, diesen Appell an alle Menschen dieser Länder zu richten:

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Kein Blutvergießen mehr! Keine Kämpfe mehr! Kein Terrorismus mehr! Kein Krieg mehr! Laßt uns statt dessen den Teufelskreis der Gewalt durchbrechen! Laßt bleibenden Frieden herrschen, der auf Gerechtigkeit gründet, laßt echte Versöhnung und Heilung walten. Es möge allgemein anerkannt werden, daß der Staat Israel das Recht hat, zu existieren und Frieden und Sicherheit innerhalb international vereinbarter Grenzen zu genießen. Ebenso möge anerkannt werden, daß das palästinensische Volk ein Recht auf eine souveräne, unabhängige Heimat, auf ein Leben in Würde und auf Reisefreiheit hat. Die Zwei-Staaten-Lösung möge Wirklichkeit werden und nicht ein Traum bleiben. Von diesen Ländern her soll sich der Frieden ausbreiten, sie sollen als ein „Licht für die Völker“ (Jes 42,6) dienen und den vielen anderen Regionen, die unter Konflikten leiden, Hoffnung bringen. Einer der traurigsten Anblicke während meines Besuchs hier war für mich die Mauer. Als ich an ihr vorbeikam, habe ich für eine Zukunft gebetet, in der die Völker des Heiligen Landes in Frieden und Eintracht zusammenleben können, ohne solche Instrumente der Sicherheit und der Trennung zu brauchen, sondern vielmehr in gegenseitiger Achtung und Vertrauen zueinander sowie unter Verzicht auf alle Formen der Gewalt und Aggression. Herr Präsident, ich weiß, wie hart es sein wird, dieses Ziel zu erreichen. Ich weiß, wie schwierig Ihre Aufgabe ist, genau wie jene der palästinensischen Autonomiebehörde. Ich versichere Sie jedoch meiner Gebete, und die Gebete der Katholiken in aller Welt begleiten Sie in Ihren weiteren Bemühungen, einen gerechten und dauerhaften Frieden in dieser Region zu schaffen.“ (Abschiedszeremonie, Internationaler Flughafen „Ben Gurion“, Tel Aviv, 15. Mai)

„Es gibt sehr große Schwierigkeiten – das wissen wir, und das haben wir gesehen und gehört. Aber ich habe auch gesehen, daß auf allen Seiten ein tiefer Wunsch nach Frieden vorhanden ist. Die Schwierigkeiten sind sichtbarer, und wir dürfen sie nicht verstecken: Es gibt sie, und sie müssen geklärt werden. Der allgemeine Wunsch nach Frieden, nach Brüderlichkeit ist zwar nicht so augenfällig, aber mir scheint, wir müssen auch darüber sprechen und alle in diesem Willen ermutigen, um die sicherlich nicht einfachen Lösungen für diese Schwierigkeiten zu finden.“ (Grußworte an die Journalisten während des Rückfluges nach Rom, 15. Mai)

Das Leiden und die Rechte der Palästinenser

„Es ist meine aufrichtige Hoffnung, daß alle Pilger zu den heiligen Stätten freien und uneingeschränkten Zutritt haben können, um an religiösen Feiern teilzunehmen und für einen angemessenen Unterhalt der Gotteshäuser an den heiligen Stätten zu sorgen.“ (Arrival in Tel Aviv, May 11)

„Wenn ich heute vor euch stehe, möchte ich den Schwierigkeiten, dem Schmerz und dem Leid Anerkennung zollen, die so viele von euch infolge der Konflikte ertragen

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mußten, die diese Region heimgesucht haben, sowie den bitteren Erfahrungen der Vertreibung, die so viele eurer Familien gemacht haben und – Gott verhüte es – vielleicht noch machen müssen.“ (Heilige Messe im Josaphat-Tal, Jerusalem, 12. Mai)

„Ich weiß, wie sehr Sie an der seit Jahr-zehnten in diesem Land herrschenden Unruhe gelitten haben und weiter leiden. Mein Herz wendet sich all jenen Familien zu, die kein Zuhause mehr haben. Heute nachmittag werde ich das Aida Refugee Camp besuchen, um den Menschen, die so viel verloren haben, meine Solidarität zu bekunden. All jenen unter Ihnen, die über den Verlust von Angehörigen und Freunden in den gewaltsamen Auseinan-dersetzungen und besonders in den jüngs-ten Konflikten in Gaza trauern, versichere ich mein tiefes Mitgefühl und mein häufi-ges Gebetsgedenken. [...] Herr Präsident, der Heilige Stuhl unterstützt das Recht Ihres Volkes auf eine eigenständige palästinensische Heimat im Land seiner Vorfahren in Sicherheit und in Frieden mit seinen Nachbarn innerhalb von international anerkann-ten Grenzen. [...] Ich habe die feste Hoffnung, daß die ernsten Bedenken bezüglich der Sicherheit in Israel und in den Palästinensischen Gebieten bald hinreichend beschwich-tigt werden können, so daß eine größere Bewegungsfreiheit möglich wird, vor allem hinsichtlich des Kontakts zwischen Familienangehörigen und hinsichtlich des Zugangs zu den heiligen Stätten. Palästinenser haben wie alle anderen ein natürliches Recht, zu heiraten, Familien zu gründen und zu Arbeit, Ausbildung und Gesundheitsfürsorge Zugang zu erhalten. Ich bete auch dafür, daß mit Hilfe der internationalen Staaten-gemeinschaft der Wiederaufbau rasch voranschreiten kann, wo immer Wohnhäuser, Schulen und Spitäler beschädigt oder zerstört worden sind, insbesondere während der jüngsten Kampfhandlungen im Gazastreifen. Dies ist wesentlich, damit alle Menschen dieses Landes in Umständen leben können, die zu Frieden und Wohlstand führen.“(Begrüßungszeremonie, Bethlehem, 13. Mai)

„Überall verbinden Menschen Betlehem mit dieser Frohbotschaft von Wiedergeburt, Erneuerung, Licht und Freiheit. Und doch scheint die großartige Verheißung hier, mitten unter uns, so fern von ihrer Verwirklichung zu sein! Wie weit entfernt erscheint uns

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dieses Reich der großen Herrschaft und des Friedens, der Sicherheit, der Gerechtigkeit und des Rechts, das der Prophet Jesaja in der ersten Lesung verkündet hat (vgl. Jes 9,6) und das wir mit dem Kommen Jesu Christi, dem Messias und König, als endgültig eingesetzt verkünden!“ (Heilige Messe in Bethlehem, 13. Mai)

„Mein Besuch im Aida Refugee Camp an diesem Nachmittag bietet mir eine willkommene Gelegenheit, meine Solidarität mit allen heimatlosen Palästinensern zu bekunden, die sich danach sehnen, an ihren Geburtsort zurückkehren zu können oder ständig in ihrem eigenen Heimatland zu leben. [...] Ich weiß, daß viele Ihrer Familien auseinandergerissen sind – durch Gefangenschaft einzelner Familienmitglieder oder aufgrund eingeschränkter Bewegungsfreiheit – und viele unter Ihnen haben im Laufe der Feindseligkeiten den schmerzlichen Verlust von Angehörigen erlebt. Alle, die in dieser Weise leiden, haben mein Mitgefühl. Bitte seien Sie versichert, daß ich aller palästinensischen Flüchtlinge auf der ganzen Welt, besonders derjenigen, die während des jüngsten Konflikts im Gazastreifen ihre Häuser und geliebte Menschen verloren haben, ständig in meinen Gebeten gedenke. [...] Sie leben jetzt unter unsicheren und schwierigen Bedingungen, mit begrenzten Beschäftigungsmöglichkeiten. Es ist verständlich, daß Sie sich oft frustriert fühlen. Ihr legitimes Streben nach einem ständigen Zuhause, nach einem unabhängigen palästinensischen Staat, bleibt unerfüllt. Statt dessen sehen Sie sich – wie so viele in dieser Region und in der ganzen Welt – gefangen in einer Spirale der Gewalt, von Angriff und Gegenangriff, Vergeltung und fortwährender Zerstörung. [...] Über uns, die wir uns an diesem Nachmittag hier versammeln, steht hoch aufragend ein krasses Mahnmal für die Pattsituation, in welche die Beziehungen zwischen Israelis und Palästinensern geraten zu sein scheinen – die Mauer.“ (Besuch des Aida-Flüchtlingslagers, Bethlehem, 13. Mai)

„Es war für mich sehr bewegend, auch die Zeugnisse der Bewohner zu hören, die über die Lebensumstände hier in der West Bank und im Gazastreifen zu uns gesprochen haben. [...] Schmerzlich wurde mir die Lage der Flüchtlinge deutlich, die wie die heilige Familie aus ihrem Zuhause fliehen mußten. Und ich habe die an das Flüchtlingslager angrenzende und Betlehem überschattende Mauer gesehen, die in euere Gebiete eindringt, Nachbarn voneinander trennt und Familien auseinanderreißt.” (Abschiedszeremonie, Innenhof des Präsidentenpalastes, Bethlehem, 13. Mai)

„Ich bete, daß die von den Christen Jerusalems angestrebten Ziele als übereinstimmend mit denen aller Einwohner, gleich welcher Religionszugehörigkeit, verstanden werden: ein Leben in Religionsfreiheit und friedlicher Koexistenz und – besonders für die jungen Menschen – unbehinderter Zugang zu Ausbildung und Beruf, die Aussicht auf ein angemessenes Wohnen und ein Zuhause für die Familien sowie die Chance, von wirtschaftlicher Stabilität zu profitieren und auch selber dazu beizutragen.“ (Besuch des Griechisch-Orthodoxen Patriarchates, Jerusalem, 15. Mai)

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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land140

„Ebenso möge anerkannt werden, daß das palästinensische Volk ein Recht auf eine souveräne, unabhängige Heimat, auf ein Leben in Würde und auf Reisefreiheit hat. Die Zwei-Staaten-Lösung möge Wirklichkeit werden und nicht ein Traum bleiben.“ (Abschiedszeremonie, Internationaler Flughafen “Ben Gurion”, Tel Aviv, 15. Mai)

Die Rechte Israels

„Auf tragische Weise haben jüdische Menschen die schrecklichen Folgen von Ideologien erfahren, welche die grundlegende Würde jeder menschlichen Person leugnen. Es ist recht und angemessen, daß ich während meines Aufenthalts in Israel die Gelegenheit haben werde, der sechs Millionen jüdischen Opfer der Schoah zu gedenken und zu beten, daß die Menschheit nie wieder Zeuge eines Verbrechens dieses Ausmaßes sein werde. Leider zeigt der Antisemitismus in vielen Teilen der Welt weiterhin seine häßliche Fratze. Das ist völlig inakzeptabel. Jede Anstrengung muß unternommen werden, um den Antisemitismus zu bekämpfen, wo immer er angetroffen wird, und um Respekt und Achtung vor den Menschen jedes Volkes, jedes Stammes, jeder Sprache und Nation auf der Erde zu fördern.“ (Begrüßungszeremonie, Internationaler Flughafen „Ben Gurion”, Tel Aviv, 11. Mai)

„Die Heilige Schrift bietet uns auch ein Verständnis des Begriffs „Sicherheit“. Nach hebräischem Sprachgebrauch leitet sich „Sicherheit“ - batah - von „Vertrauen“ ab und bezieht sich nicht nur auf das Nicht-vorhanden-Sein von Bedrohung, sondern auch auf das Empfinden von Ruhe und Zuversicht. [...] Ich höre den Ruf derer, die in diesem Lande leben, den Ruf nach Gerechtigkeit, nach Frieden, nach Achtung ihrer Würde, nach dauerhafter Sicherheit, einem Alltag ohne Angst vor Bedrohung von außen und sinnloser Gewalt.“ (Besuch beim israelischen Staatspräsidenten, Jerusalem, 11. Mai)

„Ich bin gekommen, um in Stille vor diesem Denkmal zu stehen, das zur ehrenvollen Erinnerung an die Millionen in der schrecklichen Tragödie der Schoah getöteten Juden errichtet wurde. Sie haben ihr Leben verloren, doch niemals

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werden sie ihre Namen verlieren: Diese sind fest in die Herzen ihrer Lieben, ihrer Mitgefangenen, die überlebt haben, und all jener eingeschrieben, die entschlossen sind, niemals zuzulassen, daß eine solche Grausamkeit wieder über die Menschheit hereinbricht. Mehr als alles andere sind ihre Namen für immer in das Gedächtnis des Allmächtigen Gottes eingeprägt. Man kann einen Mitmenschen seines Besitzes, seiner Chancen oder seiner Freiheit berauben. Man kann ein heimtückisches Netz von Lügen spinnen, um andere zu überzeugen, daß gewisse Gruppen keine Achtung verdienen. Doch sosehr sich einer auch bemüht, man kann niemals den Namen eines Mitmenschen wegnehmen.“ (Besuch in Yad Vashem, 11. Mai)

„Auch wenn die Verwirklichung dieses Ziels heute noch fern erscheint, fordere ich Sie und Ihr Volk auf, die Flamme der Hoffnung am Leben zu erhalten, einer Hoffnung, daß ein Weg gefunden werden kann, die legitimen Ansprüche beider Seiten, der Israelis und der Palästinenser, zu erfüllen.“ (Begrüßungszeremonie, Bethlehem, 13. Mai)

„Die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft ist unbedingt notwendig, und daher richte ich einen neuerlichen Appell an alle Betroffenen, ihren Einfuß zugunsten einer gerechten und dauerhaften Lösung geltend zu machen, und zwar unter Berücksichtigung der legitimen Forderungen aller Parteien und in Anerkennung ihres Rechts auf ein Leben in Frieden und Würde, in Übereinstimmung mit dem internationalen Recht.“ (Besuch des Aida Flüchtlingslagers, Bethlehem, 13. Mai)

„Seien Sie gewiß, daß ich weiterhin jede Gelegenheit nutzen werde, um alle an den Friedensverhandlungen Beteiligten dringend aufzufordern, auf eine gerechte Lösung hinzuarbeiten, die die legitimen Ansprüche der Israelis und der Palästinenser gleichermaßen achtet.“ (Abschiedszeremonie, Innenhof des Präsidentenpalas

„Es möge allgemein anerkannt werden, daß der Staat Israel das Recht hat, zu existieren und Frieden und Sicherheit innerhalb international vereinbarter Grenzen zu genießen. [...] Die Zwei-Staaten-Lösung möge Wirklichkeit werden und nicht ein Traum bleiben.“ (Abschiedszeremonie, Internationaler Flughafen „Ben Gurion“, Tel Aviv, 15. Mai)

Gaza

„All jenen unter Ihnen, die über den Verlust von Angehörigen und Freunden in den gewaltsamen Auseinandersetzungen und besonders in den jüngsten Konflikten in Gaza trauern, versichere ich mein tiefes Mitgefühl und mein häufiges Gebetsgedenken. [...] Ich bete auch dafür, daß mit Hilfe der internationalen Staatengemeinschaft der Wiederaufbau rasch voranschreiten kann, wo immer Wohnhäuser, Schulen und Spitäler beschädigt oder zerstört worden sind, insbesondere während der jüngsten

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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land142

Kampfhandlungen im Gazastreifen. Dies ist wesentlich, damit alle Menschen dieses Landes in Umständen leben können, die zu Frieden und Wohlstand führen.“ (Begrüßungszeremonie, Bethlehem, 13. Mai)

„In besonderer Weise wende ich mein Herz den Pilgern aus dem vom Krieg erschütterten Gazastreifen zu: Ich bitte euch, eure Familien und eure Gemeinden meiner innigen Verbundenheit zu versichern, meiner tiefen Trauer über die erlittenen Verluste und meines Gebetsbeistands für das große Werk des Wiederaufbaus, das nun vor euch liegt.“ (Heilige Messe in Bethlehem, 13. Mai)

„Bitte seien Sie versichert, daß ich aller palästinensischen Flüchtlinge auf der ganzen Welt, besonders derjenigen, die während des jüngsten Konflikts im Gazastreifen ihre Häuser und geliebte Menschen verloren haben, ständig in meinen Gebeten gedenke.“ (Besuch des Aida-Flüchtlingslagers, 13. Mai)

„Es war für mich sehr bewegend, auch die Zeugnisse der Bewohner zu hören, die über die Lebensumstände hier in der West Bank und im Gazastreifen zu uns gesprochen haben. Ich versichere Ihnen allen, daß ich Sie in meinem Herzen mitnehme und ich sehnlichst wünsche, Friede und Versöhnung in diesen leidgeprüften Gebieten zu erleben.“ (Abschiedszeremonie, Innenhof des Präsidentenpalastes, Bethlehem, 13. Mai)

Photo : CTS / MAB

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Die Berufung und Situation Jerusalems

„Auch wenn der Name Jerusalem „Stadt des Friedens“ bedeutet, ist es doch gar zu offenbar, daß über Jahrzehnte hinweg der Friede den Einwohnern dieses heiligen Landes tragisch vorenthalten blieb.“ (Begrüßungszeremonie, Internationaler Flughafen „Ben Gurion“, Tel Aviv, 11. Mai)

„Meine Freunde, Jerusalem, das seit jeher ein Kreuzungspunkt für Völker unterschied-licher Herkunft war, ist eine Stadt, die Juden, Christen und Muslimen sowohl die Pflicht auferlegt als auch das Privileg bietet, gemeinsam das von den Anbetern des einen Got-tes lang ersehnte friedliche Zusammenleben zu bezeugen, den Plan des Allmächtigen für die Einheit der dem Abraham verheißenen Menschheitsfamilie zu offenbaren und die wahre Natur des Menschen als Gottsucher zu verkünden.“ (Besuch beim israelischen Staatspräsidenten, Jerusalem, 11. Mai)

„Gott aller Zeiten,an meinem Besuch von Jerusalem,der ‚Stadt des Friedens’,der geistlichen Heimat der Juden,Christen und Muslime gleichermaßen,bringe ich vor Dich die Freuden,Hoffnungen und die Sehnsüchte, die Prüfungen,das Leid und die Schmerzen Deines ganzen Erdenvolkes.“(Gebet an der Western Wall, Jerusalem, 12. Mai)

„Das ist die Hoffnung, das ist die Vision, die alle, die dieses irdische Jerusalem lieben, anspornt, es als eine Prophezeiung und Verheißung jener universalen Versöhnung und jenes Friedens zu betrachten, die Gott für die ganze Menschheitsfamilie will. Leider müssen wir unterhalb der Mauern dieser Stadt auch darüber nachdenken, wie weit unsere Welt von der vollkommenen Erfüllung dieser Prophezeiung und Verheißung entfernt ist. In dieser heiligen Stadt, wo das Leben den Tod überwand, wo der Geist ausgegossen wurde als Erstlingsfrucht der neuen Schöpfung, kämpft die Hoffnung immer noch gegen Verzweiflung, Frustration und Zynismus und ist der Friede, das Geschenk und der Ruf Gottes, immer noch bedroht durch Konflikte, Uneinigkeit und die Last geschehenen Unrechts. [...] Das ist die Hoffnung, das ist die Vision, die alle, die dieses irdische Jerusalem lieben, anspornt, es als eine Prophezeiung und Verheißung jener universalen Versöhnung und jenes Friedens zu betrachten, die Gott für die ganze Menschheitsfamilie will. Leider müssen wir unterhalb der Mauern dieser Stadt auch darüber nachdenken, wie weit unsere Welt von der vollkommenen Erfüllung dieser Prophezeiung und Verheißung entfernt ist. In dieser heiligen Stadt, wo das Leben den Tod überwand, wo der Geist ausgegossen wurde als Erstlingsfrucht der neuen

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Schöpfung, kämpft die Hoffnung immer noch gegen Verzweiflung, Frustration und Zynismus und ist der Friede, das Geschenk und der Ruf Gottes, immer noch bedroht durch Konflikte, Uneinigkeit und die Last geschehenen Unrechts. (Heilige Messe im Josaphat-Tal, Jerusalem, 12. Mai)

Religionsfreiheit

„In dieser Hinsicht müssen wir feststellen, daß das Recht auf Religionsfreiheit sich über die Frage des Kultes hinaus erstreckt und das Recht – besonders der Minderheiten – auf fairen Zugang zum Arbeitsmarkt und zu anderen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens einschließt.“ („Al-Hussein Ibn Talal“ Moschee, Amman, 9. Mai)

„Wenn man die religiöse Dimension des Menschen leugnet oder beiseite schiebt, wird damit die eigentliche Grundlage für ein rechtes Verständnis der unveräußerlichen Rechte des Menschen aufs Spiel gesetzt.“ (Begrüßungszeremonie, Internationaler Flughafen „Ben Gurion“, Tel Aviv, 11. Mai)

„Es ist ein Zeichen des Re-spekts dieses Landes für die verschiedenen Religionen, daß die katholische Gemeinschaft Jordaniens die Möglichkeit hat, öffentliche Gottesdienststätten zu errichten. In ihrem Namen möchte ich zum Ausdruck brin-gen, wie sehr diese Offenheit gewürdigt wird. Religionsfrei-heit ist in der Tat ein grundle-gendes Menschenrecht, und es ist meine inständige Hoffnung und mein Gebet, daß die Wert-schätzung für die unveräußer-lichen Rechte und die Würde jedes Menschen zunehmend anerkannt und verteidigt wer-den – nicht nur im Nahen Os-ten, sondern in jedem Teil der Welt.“ (Begrüßungszeremonie, Internationaler Flughafen „Queen Alia“, Amman, 8. Mai)

Photo : Gabriela Mihlig

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Der eine Gott und die Einheitder Menschheitsfamilie

„Und wir werden daran erinnert, daß unsere gemeinsame menschliche Würde es ist, welche die allgemeinen Menschenrechte begründet, die für jeden Mann und jede Frau in gleicher Weise gelten, unabhängig von religiöser, sozialer oder ethnischer Zugehörigkeit.“ („Al Hussein Ibn Talal“ Moschee, Amman, 9. Mai)

„Darum müssen die religiösen Führer bedenken, daß jede Teilung oder Spannung, jede Tendenz zu Zurückgezogenheit oder Mißtrauen unter den Gläubigen oder zwischen unseren Gemeinschaften leicht zu einem Gegensatz führen kann, der die Einzigkeit des Allmächtigen verdunkelt, unsere Einheit verrät und im Widerspruch steht zu dem Einen, der sich selbst als „reich an Huld und Treue“ offenbart (Ex 34,6; vgl. Ps 136,2; Ps 85,11). Meine Freunde, Jerusalem, das seit jeher ein Kreuzungspunkt für Völker unterschiedlicher Herkunft war, ist eine Stadt, die Juden, Christen und Muslimen [...] den Plan des Allmächtigen für die Einheit der dem Abraham verheißenen Menschheitsfamilie zu offenbaren [...] Lassen Sie uns den Vorsatz fassen, dafür zu sorgen, daß wir unseren jeweiligen Gemeinschaften durch die Unterweisung und die Führung helfen, ihrem eigentlichen Wesen als Gläubige treu zu sein und stets die unendliche Güte Gottes, die unveräußerliche Würde eines jeden Menschen und die Einheit der gesamten Menschheitsfamilie im Bewußtsein zu haben. [...] Sehr geehrte Damen und Herrn, dauerhafte Sicherheit ist eine Sache des Vertrauens, das durch Gerechtigkeit und Redlichkeit genährt und durch die Umkehr der Herzen besiegelt wird, die uns bewegt, dem anderen in die Augen zu schauen und mein Gegenüber, das „Du“, als Meinesgleichen, als meinen Bruder oder meine Schwester zu erkennen.“ (Besuch des israelischen Staatspräsidenten, Jerusalem, 11. Mai)

„Aus diesem Grund ist es so wichtig, daß jene, die den einen Gott anbeten, sichtbar machen, daß sie sowohl auf dem Boden der Einheit der ganzen Menschheitsfamilie stehen als auch auf sie ausgerichtet sind. Man könnte mit anderen Worten sagen, daß die Treue zu dem einen Gott, dem Schöpfer, dem Allerhöchsten, dazu führt anzuerkennen, daß alle Menschen grundlegend miteinander verbunden sind, da alle ihr Dasein einer einzigen Quelle verdanken und auf ein gemeinsames Ziel hingeordnet sind. Ihnen allen ist das unauslöschliche Abbild des Göttlichen eingeprägt und sie sind dazu berufen, aktiv an der Heilung der Trennungen mitzuarbeiten und die Solidarität unter den Menschen zu fördern. [...] Die Vernunft öffnet den Geist für die Erkenntnis des gemeinsamen Wesens und des gemeinsamen Ziels der Menschheitsfamilie, während die Freiheit das Herz anspornt, den anderen anzunehmen und ihm in Liebe zu dienen. So werden die ungeteilte

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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land146

Liebe zu dem einen Gott und die Liebe zum Nächsten zum Angelpunkt, um den sich alles andere dreht. Aus diesem Grund arbeiten wir unermüdlich daran, die Herzen der Menschen vor Haß, Groll und Rachegelüsten zu bewahren. [...] Ich versichere Ihnen, daß die Kirche den innigen Wunsch hat, zum Wohl der Menschheitsfamilie beizutragen. Sie glaubt fest, daß die Erfüllung des Versprechens, das Gott Abraham gegeben hat, ihrem Ziel nach universal ist und alle Menschen unabhängig von ihrer Herkunft oder ihrem gesellschaftlichen Status umfaßt. Ich bete, daß Moslems und Christen bei der Weiterführung des bereits begonnen respektvollen Dialogs darüber nachdenken, wie das Einsein Gottes untrennbar mit der Einheit der Menschheitsfamilie verbunden ist. (Besuch beim Grußmufti, Jerusalem, 12. Mai)

„Das ist die Hoffnung, das ist die Vision, die alle, die dieses irdische Jerusalem lieben, anspornt, es als eine Prophezeiung und Verheißung jener universalen Versöhnung und jenes Friedens zu betrachten, die Gott für die ganze Menschheitsfamilie will.“ (Heilige Messe in Jerusalem, 12. Mai)

„In Zusammenarbeit mit Menschen guten Willens wird sie bemüht sein sicherzustellen, daß das Licht der Wahrheit, des Friedens und der Güte weiterhin von Galiläa ausstrahlen wird und Menschen weltweit dazu anleitet, all das anzustreben, was die Einheit der Menschheitsfamilie stärkt.“ (Grußworte an die Religionsführer von Galiläa, Nazareth, 14. Mai)

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Dankbriefvon Papst Benedikt XVI.

An Seine Seligkeit Fouad Twal, Lateinischer Patriarch von Jerusalem

„Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus.“ (Gal 1,3) Ich schreibe Ihnen, Eure Seligkeit, und an alle Ihre kollegialen Ordinarien, um Ihnen für Ihre liebenswürdige Einladung zu danken, das Heilige Land zu besuchen, und für Ihre großzügige Gastfreundschaft, die Sie mir während meines kürzlich stattgefundenen Aufenthaltes unter Ihnen zu teil werden ließen. Es war mir eine große Freude, die heilige Liturgie mit Ihnen und mit so vielen Gläubigen an den Heiligen Stätten, die mit den zentralen Mysterien der Erlösung verbunden sind, zu feiern. Ich selbst als ein Pilger, spreche im Namen von unzähligen Generationen von Pilgern der Vergangenheit und Gegenwart, wenn ich Ihnen für den Empfang danke, den wir erhielten, und für die Sorge, die Sie für die Heiligen Stätten geben, damit sie aufrecht erhalten bleiben. Ich bin mir sicher, daß sich die Tradition des Pilgerns auch noch lange in die Zukunft hinein erhalten wird. Ich bete besonders dafür, daß die politischen Spannungen und Reisebeschränkungen bald eine Tatsache sein werden, die der Vergangenheit zuzuordnen sind, damit alle Christen, von zuhause und aus dem Ausland, ungehinderten und freien Zugang zu den Heiligen Stätten haben können. Ich bitte Sie, Ihre Herde in meinem Namen zu grüßen und sie meiner geistlichen Nähe in allen ihren Prüfungen und in all Ihrer Drangsal, die sie als Konsequenz der Unruhe zu erdulden haben, die viele Teile des Heiligen Landes plagt, zu versichern. Nochmals bitte ich Sie inständig in Ihrem wahrheitsgetreuen und gemeinsamen Zeugnis für das Evangelium im Land, wo Jesus lebte, lehrte, starb und vom Tod erstand, um der ganzen Welt die Erlösung zu bringen, auszuharren. Mit diesen Gedanken versichere ich Ihnen und allen Ordinarien des Heiligen Landes, zusammen mit den Gläubigen, die sich Ihrer pastoralen Fürsorge anvertraut haben, meine beständigen Gebete und erteile Ihnen mit Freude meinen Apostolischen Segen. Vatikanstadt, 26. Mai 2009.

† Benedictus XVI

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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land148

Antwort von Patriarch Fouad

Prot. N. (1) 700 / 09 Jerusalem, 29. Juni 2009

Eure Heiligkeit!

Mit großer Bewegtheit erhielt ich Ihren herzlichen und gnadenreichen Brief. Ihr väterlicher Besuch unter uns war wahrlich der eines Vaters: tröstend, ermutigend und führend. Ihre Präsenz zeigte uns, daß wir einen mutigen Hirten haben, der nicht zögert, sogar in einer Zeit zu kommen, in der die Umstände sehr schwierig sind, um seine Herde im Glauben zu stärken. Wir sind dankbar für die Gelegenheit, die es ermöglicht hat, die Gläubigen zu einem Leib zu vereinen, der Sie willkommen heißt und um mit Ihnen zu beten und unseren Herrn und Erlöser an allen Orten, wo er lebte, starb und für uns vom Tod erstanden ist, anzubeten. Ihre Worte an uns - so einfach und direkt - brachten das starke Mitleid Gottes zum Ausdruck und führten stets Ihre Gesprächspartner in ihrer Menschlichkeit einen Schritt vorwärts, um Frieden und Fortschritt in unser unruhiges Land zu bringen. Das Wichtigste war, daß Sie Ihre Herde über ihre Sendung zum Nachdenken brachten, ihre Berufung in Christus zu leben, und somit Hoffnung zu allen Menschen zu bringen. Sie haben uns darin ein Beispiel gegeben und in uns die Hoffnung erneuert. Das ermutigt uns innig, damit wir uns unserer Berufung gegenüber aufs Neue verpflichten, weiterhin Zeugnis vom Auferstandenen zu geben. Wir sind überzeugt, daß Ihre weisen und lehrreichen Worte nicht verloren gehen, sondern unser Volk belehren, welches sich ihrer Mission und ihrem Leben gegenüberstehend weiß. Aus diesem Anlaß veröffentlichen wir ein Buch mit all Ihren Reden und verteilen dieses an unsere Gläubigen. Wir hoffen, daß unsere Priester Ihre Worte immer wieder aufs Neue aufgreifen werden und damit den ihnen anvertrauten Gläubigen helfen mögen, das Evangelium zu leben. Ich überbringe Eurer Heiligkeit, stellvertretend für die Vereinigung der Katholischen Bischöfe und für die Christen, die in den Ländern leben, in denen „Jesus lebte, lehrte, starb und vom Tod erstanden war“, meinen aufrichtigen Dank für Ihre Präsenz, Ihre Worte und für Ihr Christuszeugnis, unseren Herrn. In Christus, Unseren Erlöser.

† Fouad Twal, Patriarch

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Benedictus PP. XVIin Terra Sancta X 8 -15 Maii 2009

Das Logo, welches für die Pilgerreise von Papst Benedikt XVI. gewählt wurde, ist eine Reproduktion der Statue des Heiligtums von der Primatsstelle des Petrus, auch Mensa Christi genannt, welche bei Tabgha, am Seeufer von Tiberias liegt. Sie steht an der Frontseite des Heiligtums. Diese Bronzestatue ist eine Arbeit von Fr. Andrea Martini OFM.

Biblische Sichtweise: Es war in Tabgha, als Jesus nach seiner Auferstehung mit seinen Jüngern das Brot teilte und auch den Fisch, welchen sie auf wunderbare Weise gefangen hatten. Die Apostel wurden in ihrem Glauben an den Auferstandenen bestärkt. Jesus fragte dort Simon Petrus dreimal: „Liebst du mich?“ und bestätigte ihn in seinem Hirtenauftrag mit den Worten: „Weide meine Schafe!“.

Künstlerische Perspektive: Die Haltung des Petrus, der sich vor Jesus niederwirft, bringt zweierlei zum Ausdruck: Während er unter der Last seiner Mission gebeugt ist, gibt er sich im selben Moment Jesus ganz hin. Deshalb kann er sie weiter tragen in seiner Liebe zu seinem Meister. Jesus wird dargestellt, wie er feierlich das Hirtenamt an Petrus überträgt, aber auch den Segen und seine Freundschaft. Die Silhouette der beiden Personen ist auf einem Fels befestigt, als Symbol der Worte Christi an Petrus: „Du bist Petrus, der Fels.“

Die allgemeine Bedeutung des Logos ist sowohl eminent spirituell, als auch pastoral. Papst Benedikt XVI., als Nachfolger des heiligen Petrus, kommt als Pilger in das Heilige Land, um seine Liebe zu Jesus neu zu bestätigen, an der Sendung der Mutter Kirche teilzuhaben, und um seine Brüder im Glauben zu stärken.