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E 13795 ISSN 2198-9575 PARITÄTinform BADEN-WüRTTEMBERG | MäRZ 2017 Gemeinwohl und Verantwortung Bürgerengagement als Fundament unserer Gesellschaft

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E 13795 ISSN 2198-9575

PARITÄTinformBaden-WürttemBerg | märz 2017

Gemeinwohl und VerantwortungBürgerengagement als Fundament unserer Gesellschaft

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Bürgerengagement – Motor des Gemeinwohls

In dieser Ausgabe von PARITÄTinform befassen wir uns schwerpunktmäßig mit dem, was man gemeinhin als den gesellschaftlichen Kitt bezeichnet, der den Zu-sammenhalt unserer Zivilgesellschaft ausmacht – das bürgerschaftliche Engagement in all seinen Facetten.

Bürgerschaftliches Engagement ist heute wichtiger denn je – gerade auch im PARITÄTISCHEN. Angesichts rechtspo-pulistischer Tendenzen, die auf einen autoritären Staat und die Ausgrenzung von Randgruppen zielen, stellt eine starke Zivilge-sellschaft den gesellschaftlichen Zusammenhalt in einem offe-nen und sozial gerechten demokratischen Gemeinwesen her.

Das Engagement der Bürgerinnen und Bürger ist eine wesentliche Ressource der Zivilgesellschaft. Gleichwohl darf bürgerschaftliches Engagement weder von der Politik noch von der professionellen sozialen Arbeit funktionalisiert oder als Ausfallbürge für fehlende sozialstaatliche Leistungen betrachtet werden. Bürgerengagement ist nicht beliebig verfügbar. Es bedarf der Pflege und Anerkennung, der Qualifizierung und auch finanzieller Impulse.

Haupt- und Ehrenamt müssen sich auf Augenhöhe begegnen. Nur wenn es dem Verband gemeinsam mit seinen Mitgliedsorganisa-tionen auch in Zukunft gelingt, professionelle Dienstleis tungen mit dem oftmals eigenwilligen, vielfältigen und kreativen Wirken freiwillig engagierter Bürgerinnen und Bürger klug und nachhaltig zu verknüpfen, werden sich die Potenziale des bürgerschaftlichen Engagements auch weiterhin als wesentliche Ressource für die soziale Arbeit entfalten und in dieser Verbindung ein sichtbares Erkennungszeichen frei-gemeinnütziger Wohlfahrtspflege bleiben.

Die einzelnen Beiträge in diesem Heft zeichnen ein facetten-reiches Bild von Engagementformen, die uns in der Pflege und der Unterstützung pflegender Angehöriger ebenso begegnen wie bei der Resozialisierung Straffälliger oder bei der Begleitung suchtkranker Menschen.

Nicht nur das Bürgerschaftliche Engagement, auch der PARITÄ-TISCHE ist in Bewegung. Unser Landesverband hat in den vergan-genen Jahren nicht nur zukunftsweisende strukturelle Verände-rungen erfahren, auch die Verbandskultur ist im Begriff, sich zu verändern. Dabei setzen wir konsequent auf mehr Partizipation, d. h. auf die Einbindung unserer Mitgliedsorganisationen in das Verbandsgeschehen und in die Meinungsbildungsprozesse. Ein Beispiel hierfür ist die Besetzung der Kernteams, die künftig direkt von der Basis, den Mitgliedsorganisationen, gewählt werden. Den Anfang machte zu Jahresbeginn der Bereich Menschen mit Be-hinderungen. Rund 100 Gäste kamen zum Jahresempfang nach Stuttgart-Vaihingen, um im Beisein von Sozialminister Manfred Lucha über die aktive Gestaltung von Inklusion zu diskutieren und das Kernteam neu zu wählen. Mit unserem neuen Innovationspro-jekt „Gemeinsam gestalten mit Rückenwind“ wollen wir diesen Prozess befördern und die Kommunikation und damit auch die Handlungsfähigkeit im Verband stärken.

Ursel WolfgrammVorstandsvorsitzende

3 LANDESGESCHÄFTSSTELLE

■ Kommunikation nicht dem Zufall überlassen

Innovationsprojekt „gemeinsam gestalten

mit Rückenwind“

4 ZIVILGESELLSCHAFT – BüRGERSCHAFTLICHES ENGAGEMENT

■ Starke Zivilgesellschaft – vielseitiges Bürgerengagement

Der PARITÄTISCHE als zivilgesellschaftlicher Akteur

■ Interview mit Sozialminister Manfred Lucha –

Landesregierung setzt auf Bürgerengagement

■ Entwicklungsagentur für bürgerschaftliches Engagement

FreiwilligenAgentur Heidelberg seit 20 Jahren erfolgreich

■ Attraktives soziales Bildungsjahr – Freiwilligendienste beim

Wohlfahrtswerk für Baden-Württemberg auch für Geflüchtete

■ Politik inklusiv: Nichts über uns ohne uns!

Politische Teilhabe für Menschen mit und ohne Behinderung

■ Menschen stärken Menschen – Patenschaften geben Vertrauen,

aus denen sich Freundschaft entwickeln kann

■ Engagement braucht Leadership – Beratung und Qualifizierung

ehrenamtlicher Vereinsvorstände

■ Bürgerengagement in der Pflege – Unterstützung alleinlebender

Senioren und Entlastung pflegender Angehöriger

■ Leben ohne Suchtmittel – Selbsthilfegruppen als Wegbereiter

für eine zufriedene Abstinenz

■ Bürgerschaftliches Engagement im Strafvollzug –

eine Brücke zwischen drinnen und draußen

26 PRoJEKTE

■ NIFA-Netzwerk: Positive Abschlussbilanz bei der

Integration von Geflüchteten in Arbeit

27 PFLEGE

■ Tages- und Nachtpflege als vernetztes Wohn- und

Pflegearrangement im Quartier

31 AKTUELLES RECHT

■ Änderung der Medizinprodukte-Betreiberverordnung

Neu: Beauftragter für Medizinproduktesicherheit

32 JUBILÄUM

■ 200 Jahre Wohlfahrtswerk – Tradition und Innovation

34 PARITÄTISCHE AKADEMIE SüD

■ Schritt halten – Neue Seminarreihe:

Veränderungsprozesse erfolgreich initiieren und managen

35 LANDESGESCHÄFTSSTELLE

■ Leben und Arbeiten unter einem Dach

Architekturstudierende entwerfen Ideen für ein soziales Zentrum

■ Neue Mitgliedsorganisationen besuchen Landesgeschäftsstelle

36 NEUE MITGLIEDSoRGANISATIoNEN

Kurzportraits neuer Mitgliedsorganisationen

38 NACHRICHTEN UND SCHLAGLICHTER AUS DEM VERBAND

40 PARITÄT VoR oRT

■ Freiburg: Freizeit inklusiv – Projekt PFIFF trägt zu einem neuen

inklusiven Bewusstsein bei

■ Karlsruhe: Herausragendes Engagement – Gerd Hurst mit

Ehrennadel des Landes Baden-Württemberg ausgezeichnet

■ Vorgestellt: Der PARITÄTISCHE Ulm/Alb-Donau

Vielfalt ist Stärke – Verbindungen schaffen Mehrwert

47 MITGLIEDSCHAFT

Leistungen und Dienste für Mitgliedsorganisationen

40 IMPRESSUM

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Kommunikation nicht dem Zufall überlassenLandesverband beteiligt am Innovationsprojekt „gemeinsam gestalten mit Rückenwind“

STUTTGART Kommunikation in Verbänden mit Mitglieds-organisationen unterliegt besonderen Anforderungen. In einem Landesverband ist die Kooperation von zentralen und regionalen Ebenen mit externen Schnittstellen wesent-liche Grundlage. Eine besondere Herausforderung in der Verbändekommunikation ist es, Hauptamt und Ehrenamt sowie den oft nicht homogenen, vielfältigen Interessen von Mitgliedsorganisationen gerecht zu werden.

Wer kennt nicht die Erfahrung, dass in einer organisation die einzelnen Bereiche aneinander vorbei reden oder Verständigung nicht ausreichend stattfindet. Es erscheint als logische Notwen-digkeit, dass ständig zu vermitteln ist zwischen Arbeitsbereichen in der Zentrale und den Regionen, verschiedenen Hierarchie-ebenen, der hauptamtlichen Struktur und umfangreichem ehren-amtlichen Engagement. Nicht zu vergessen sind die Mitglieder, welche in Diskussion und Meinungsbildung eine breite Vielfalt zeigen. Die sozialpolitischen Anforderungen an inhaltliche Bear-beitung von Kern- und Querschnittthemen bedingen zudem ein hohes Maß an komplexem und bereichsübergreifendem Denken sowie Flexibilität in Arbeits- und Kommunikationsmethoden.

Herausforderung ist dabei, die Kommunikation nicht dem Zufall zu überlassen, damit der Verband intern und nach außen hand-lungsfähig bleibt. Da der PARITÄTISCHE Baden-Würt temberg sich über das ESF-„rückenwind“-Projekt des PARITÄTISCHEN Gesamtverbandes mit acht anderen Landesverbänden an Ent-wicklungsthemen beteiligen konnte, widmet er sich in den nächsten zwei Jahren intensiv dem Thema Kommunikation. Der Gesamtverband nennt dieses Projekt zur Verbesserung

der Anpassungs- und Beschäftigungsfähigkeit Beschäftigter in der Sozialwirtschaft sowie der Arbeitsbedingungen und orga-nisationsstrukturen in Einrichtungen, Diensten und Verbänden „innovation@work – Gemeinsam gestalten mit Rückenwind“.

Innovation und Kommunikation zusammendenken

Der PARITÄTISCHE Gesamtverband hat ein weiteres Projekt ge-startet, an dem sich elf Landesverbände beteiligen. Der baden-württembergische Landesverband wirkt ab Juni 2017 bei der „Arbeitsgruppe Paritätisches Innovationsnetzwerk“ mit. Nach einer Bedarfsermittlung in den Landesverbänden werden auf Führungsebene das Innovationsmanagement, die organisa-tionskultur, die Digitalisierung in der Sozialwirtschaft, soziales Unternehmertum und Lobbyarbeit diskutiert. Geplant ist, mit Unterstützung externer Begleitung den Wissenstransfer zu orga-nisieren, Best-Practice aufzuzeigen und innovativ über digitale Austauschplattformen zu kommunizieren. Der Landesverband wird diese Erfahrungen über die Vorstandsvorsitzende sowie die Stabsstellen Lobbyarbeit und organisationsentwicklung in den Verband hinein multiplizieren.

In der Arbeitsgruppe „Kommunikationsmodell“ des PARITÄTI-SCHEN Baden-Württemberg engagieren sich 20 Mitglieder, um eine positive Weiterentwicklung zu fördern. Neben den Arbeits-gruppenterminen werden Trainings im Bereich Kommunika tion und Moderation angeboten. Die Mitwirkenden begeistern im besten Fall in ihrem jeweiligen Arbeitszusammenhang, in ver-schiedensten Gremien und Austauschplattformen weitere Mit-glieder. Da die Kommunikation auch viel mit Lobbyarbeit zu tun hat, wird auch dieser Bereich im nächsten Jahr profes sionalisiert und trainiert.

Ziele Kommunikationsmodell zentral-regional

Entwicklung eines Kommunikationsmodells zentral-regional für den

PARITÄTISCHEN Baden-Württemberg,■ um als ein einheitlicher Verband mit sehr guter fachlicher

Expertise in der Öffentlichkeit sichtbar zu sein und Einfluss zu nehmen,■ um die Identifikation der Mitglieder mit dem Verband zu erhöhen,■ um eine attraktive Beteiligungskultur für Hauptamtliche und

Ehrenamtliche zu ermöglichen und■ um reibungslose Zusammenarbeit an der Schnittstelle zentral-regional,

Hauptamt-Ehrenamt zu gewährleisten.

Kontakt Gabi Buch Stabsstelle organisationsentwicklung [email protected] www.paritaet-bw.de

Mitglieder der Arbeitsgruppe

Ehrenamtlich im PARITÄTISCHEN tätigDr. Matthias Hamberger, Tilman Haug, Christina Metke, Sabine Neuber

und Thomas Weichert.

Hauptamtlich im PARITÄTISCHEN tätigDeborah Castello, Angelika Czubatinski, Dr. Hermann Frank, oliver Kai-

ser, Martin Link, Hina Marquart, Barbara Meier, Cornelia Meyer-Lentl,

Ralf Nuglisch, Feray Şahin, Matthias Schlichter, Stephanie Schultz, Ulrike

Sinner, Regina Steinkemper, Achim Uhl und Dr. Ilse Winter.

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In Baden-Württemberg

sind Tag für Tag über

4,5 Millionen Menschen in

ihrer Freizeit freiwillig und

unentgeltlich für andere

Menschen oder in gemein-

schaftlichen Projekten aktiv.

Das sind rund 48 Prozent

der Bevölkerung. Damit

ist Baden-Württemberg

bundesweit Spitzenreiter –

und das bereits seit Jahren.

Starke Zivilgesellschaft – vielseitiges bürgerschaftliches EngagementDer PARITÄTISCHE als zivilgesellschaftlicher Akteur – Engagement im Wandel

STUTTGART Bürgerschaftliches Engagement ist eine wesentliche Ressource der Zivilgesellschaft und zugleich das zentrale Element für gesellschaftlichen Zusammenhalt. Gleichwohl darf bürgerschaftliches Engagement von Politik und professio-neller sozialer Arbeit nicht funktionalisiert oder gar als Ausfallbürge für fehlende sozialstaatliche Leistungen betrachtet werden. Haupt- und Ehrenamt müssen sich auf Augenhöhe begegnen. Nur wenn es dem Verband gemeinsam mit seinen

Mitgliedsorganisationen gelingt, professionelle Dienstleistungen mit dem eigenwilligen, vielfäl-tigen und kreativen Wirken freiwillig engagierte Bürgerinnen und Bürger klug und nachhaltig zu verknüpfen, werden sich die Potenziale bürgerschaftlichen Engagements auch weiterhin als wesentliche Ressource für die soziale Arbeit entfalten und in dieser Verbindung ein We-sensmerkmal frei-gemeinnütziger Wohlfahrtspflege bleiben.

Facettenreiche Engagementformen

Auch und gerade im PARITÄTI-SCHEN Baden-Württemberg wird freiwilliges bzw. bürgerschaftliches Engagement groß geschrieben. In den sozialen Einrichtungen und Diensten vieler Mitgliedsorganisa-tionen – von der Kindertagespfle-ge bis zu pflegerischen Hilfen für ältere Menschen – ergänzen sich

hauptamtliche Fachkräfte und ehrenamtlich engagierte Men-schen. Im Landesverband und seinen Mitgliedsor ganisationen engagieren sich über 40.000 Menschen freiwillig. Landesweit sind 40 überörtliche Selbsthilfeorganisationen tätig, vor ort gibt es rund 5.000 Selbsthil fe gruppen zu den verschiedensten gesundheitsbezogenen Themen. Acht Selbst hilfekontaktstellen sowie mehrere Freiwilligenagenturen in Paritätischer Trägerschaft oder mit Mitgliedsstatus stärken vor ort das Selbsthilfe- und Freiwilligenengagement. Die meisten der rund 850 Trägeror-ganisationen werden von ehrenamtlich besetzten Vorständen

geführt. Freiwilligendienste (Freiwilliges Soziales Jahr und Bun-desfreiwilligendienst) als besondere Form bürgerschaftlichen Engagements haben einen hohen Stellenwert. über insgesamt sieben Trägerorganisationen werden im PARITÄTISCHEN jährlich mehr als 3.500 vorwiegend jüngere, freiwillig tätige Menschen in ihrem Engagement begleitet.

ob örtlich oder überörtlich, bürgerschaftliches Engagement ist allgemein ein Wesensmerkmal der Wohlfahrtsverbände und ganz speziell des PARITÄTISCHEN. Es hat für die Wohlfahrt eine konsti-tutive Bedeutung und entfaltet sich in unterschiedlichen Aufga-benwahrnehmungen und Formen, zum Beispiel in der ehrenamt-lichen Vorstandsarbeit, in projektbezogenen Aktivitäten sozialer Einrichtungen oder in der Selbsthilfe. Dabei geht es immer auch um die Anliegen und Interessen der eigentlichen Adressaten des Engagements, die sich allein nur schwer Gehör verschaffen können. Die Wahrnehmung der Rechtsansprüche Schwächerer gegenüber Staat und Gesellschaft und die dementsprechende Einwirkung auf die Politik zählen zu den Grundpositionen der Wohlfahrtsverbände. Bürgerengagement durch Selbstorganisa-tion gesellschaftlicher Anliegen und verbandliche Unterstützung sind im PARITÄTISCHEN zwei Seiten einer Medaille.

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Neben der Unterstützung nach innen kommt dem Verband die wichtige Aufgabe zu, bürgerschaftlich engagierte Initiativen und Projekte im Verband örtlich wie überörtlich mit allen Akteuren des bürgerschaftlichen Engagements zu vernetzen und zu den bestehenden Netzwerken auf regionaler wie Landes- („Landes-netzwerk Bürgerschaftliches Engagement“) und Bundesebene (Mitgliedschaft im Bundesnetzwerk BBE) seine Vermittlungsrolle wahrzunehmen. Die Wahrnehmung dieser Aufgaben ist beim Bereich Bürgerschaftliches Engagement, Selbsthilfe und Ge-sundheit, bei den regionalen Untergliederungen des Verbandes und auf der Qualifizierungsebene auch bei der Paritätischen Akademie Süd angesiedelt.

Das vielseitige und anhaltende bürgerschaftliche Engagement von Menschen zeugt von einer starken Zivilgesellschaft. Seit der großen Flüchtlingsbewegung im vorletzten Jahr engagieren sich vor allem einzelne Menschen, spontane Initiativen und kon-tinuierlich arbeitende Gruppen bundesweit in einer hohen Zahl in den Hilfen für geflüchtete Menschen. Aber auch die anderen Engagementbereiche entwickeln sich weiter. Dieses Engage-ment ist davon getragen, Menschen in schwierigen Lagen zu unterstützen und eine Basis für ein friedliches und demokra-tisches Zusammenleben zu bilden.

Leider expandieren auch soziale und politische Bewegungen innerhalb der Zivilgesellschaft, die fremden- und islamfeindliche Aussagen, völkische Parolen sowie Feindseligkeit gegenüber

demokratischen Institutionen verbreiten und damit soziale Spaltung bewusst in Kauf nehmen. Daran zeigt sich, wie fragil Zivilgesellschaft und Engagement geworden sind und dass die Bemühungen um solidarisches Lernen im Engagement fort-geführt und intensiviert werden müssen.

Nach wie vor gilt: Bürgerschaftliches Engagement ist

eine unentbehrliche Grundlage des Zusammenlebens

in unserer Gesellschaft und der Einübung von Demo-

kratie. Die Übernahme von Verantwortung für sich

selbst und andere, das Mitgestalten der Demokratie

und das solidarische Miteinander in der gegenseitigen

Sorge füreinander bilden einen wesentlichen Beitrag

zur sozialen Kohäsion.

Eine aktive Zivilgesellschaft hat mehrere Akteure

„Zivilgesellschaft“ als Begriff und Konzept kann auf eine lan-ge Tradition zurückblicken. Nach Zimmer (2012) kann Zivilge-sellschaft unter drei verschiedenen Dimensionen betrachtet werden: „Aus normativer Perspektive wird Zivilgesellschaft mit einem demokratischen Gemeinwesen und einer gerechten Gesell-schaft gleichgesetzt. Die habituelle Perspektive bezieht sich auf

Freiwilliges Engagement in Baden-Württemberg Die wesentlichen Ergebnisse des Freiwilligensurveys (2014)

Engagement im Bundesvergleich: Das freiwillige Engage-ment ist in Baden-Württemberg im Bundesvergleich über-durchschnittlich hoch und ist in den vergangenen fünf Jahren deutlich gestiegen. Die Engagementquote liegt bei 48,2 Pro-zent (2009: 41 Prozent). Diese Quote liegt um über vier Pro-zentpunkte über dem Bundesdurchschnitt.

Spitzenposition: Baden-Württemberg ist das einzige Bun-desland, das sowohl 2009 als auch 2014 zu den drei Ländern mit der höchsten Engagementquote gehört.

Engagement nach Altersgruppen: Bei den 14- bis 29-Jäh-rigen engagieren sich 49,2 Prozent, bei den 30- bis 49-Jährigen 49,7 Prozent, bei den 50- bis 64-Jährigen 50 Prozent und bei den über 65-Jährigen engagieren sich 43,1 Prozent.

Engagement von Älteren: Die Engagementquote der über 65-Jährigen liegt mit 43,1 Prozent um zehn Prozentpunkte über dem Bundesdurchschnitt von 33 Prozent. In Baden-Württemberg ist der Unterschied zwischen der jüngsten und der ältesten Altersgruppe weniger ausgeprägt als in anderen Bundesländern.

Engagement im ländlichen Raum: Der Einbruch des Enga-gements im ländlichen Raum konnte gestoppt werden. Im Vergleich zu 2009 mit einer Engagementquote von 41 Prozent beträgt die Engagementquote jetzt 52,6 Prozent.

Engagement von Frauen/Männern: Frauen engagieren sich zu 46,6 Prozent, bei Männern liegt die Quote bei 49,8 Prozent. Der Unterschied zwischen den Geschlechtern ist seit der letz-ten Erhebung 2009 von zehn Prozentpunkten auf nur noch gut drei Prozentpunkte gesunken.

Engagementbereiche: Unter allen Engagierten engagieren sich die meisten Menschen in Baden-Württemberg in den Bereichen „Sport und Bewegung“ (19,2 Prozent), „Kultur und Musik“ (12,4 Prozent) sowie „Kirchlicher oder religiöser Be-reich“ und „Sozialer Bereich“ (jeweils 9,6 Prozent).

Zeiteinsatz: über die Hälfte der Engagierten wendet „bis zu zwei Stunden“ pro Woche für das Ehrenamt auf. Der Stunden-umfang für freiwillige Tätigkeiten von „drei bis fünf Stunden“ in der Woche ist überdurchschnittlich hoch (27 Prozent im Land, 23,8 Prozent im Bundesdurchschnitt).

Quelle: Deutsches Zentrum für Altersfragen, Freiwilligensurvey 2014

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einen bestimmten Typus sozialen Handelns. Die akteurzentrierte Sichtweise legt den Fokus auf konkret handelnde Personen und Organisationen, die selbstorganisiert tätig sind.“

Für den gesellschaftlichen Zusammenhalt kommt es heute mehr denn je auf das verantwortliche und nachhaltige Handeln aller beteiligten Akteure an, auf das breite freiwillige Engagement der Bürgerinnen und Bürger und der organisierten Bürgergesell-schaft (zu der die Wohlfahrtsverbände gehören), auf den Staat, der positive Rahmenbedingungen für bürgerschaftliches Enga-gement schafft und auf die übernahme von gesellschaftlicher Verantwortung durch Unternehmen der Wirtschaft. Man spricht von der trisektoralen Ausrichtung in der Engagementpolitik. or-ganisationen der Zivilgesellschaft nehmen für sich in Anspruch, bei der Ausgestaltung einer übergreifenden Engagementpolitik eine Mittler-, Brücken- und Moderatorenfunktion (Agentur für Gemeinwohl) wahrzunehmen.

Eine sich weiterentwickelnde Zivilgesellschaft knüpft die Erwar-tung an den Staat, Zivilgesellschaft und Bürgerengagement zu ermöglichen und nicht zu verzwecken und zu instrumentali-sieren. Bürgerschaftliches Engagement als Teil professioneller Dienstleistungen in Konzepten, Gesetzen oder Förderrichtlinien zu institutionalisieren, schadet hingegen dem „Eigensinn“ des bürgerschaftlichen Engagements und verhindert dieses. Die in der Praxis zunehmende Instrumentalisierung sowie Steuerungs-ansprüche durch den Staat werden sichtbarer. Der Subsidiarität und dem Handeln freier Individuen und Initiativen ist Vorrang vor staatlichem Handeln einzuräumen – das gehört zu den ord-nungsprinzipien unseres Sozialstaats.

Der PARITÄTISCHE als aktiver Multiplikator

Im Grundwertepapier des PARITÄTISCHEN Baden-Württemberg von 2003 heißt es: „Bürgerschaftliches Engagement, sei es als Ehrenamt in Vorständen und in der praktischen sozialen Arbeit, als Freiwilligenarbeit oder Selbsthilfe, ist eines der wesentlichen Strukturelemente freier Wohlfahrtspflege. Vor allem der PARITÄ-TISCHE als Dachverband vielfältiger autonomer sozialer Orga-nisationen und Initiativen ist eine Plattform und ein Netzwerk

für die verschiedenen Formen bürgerschaftlichen Engagements. Ziel des PARITÄTISCHEN ist es, bürgerschaftliches Engagement zu stärken und auszubauen, da es künftig für die Vernetzung frei-gemeinnütziger sozialer Arbeit in der Bürgergesellschaft und ihrer besonderen Rolle im Dritten Sektor von strategischer Bedeutung ist.“

Im Rahmen der Verbandskampagne „Generationen verbinden“ konnte in den letzten Jahren eine Reihe Aktivposten benannt werden, zugleich wurden organisations- und Handlungsdefizi-te erkennbar, die mit Ressourcenknappheit und einer unzurei-chenden konzeptionellen und strategischen Ausrichtung seiner Engagementpolitik zu tun haben. Die Stärken des Verbands liegen darin, dass

■ der PARITÄTISCHE als (Dach-)organisation der Zivilgesell-schaft anerkannt ist,

■ seine Mitgliedsorganisationen ein großes Potenzial an bürgerschaftlichem Engagement beherbergen,

■ der Verband eine Vermittler- und organisationsplattform für (neue) bürgerschaftliche Initiativen bietet, die Selbst-organisation voranbringt, Freiwilligendienste fördert und Selbsthilfe eine Unterstützungs- und Vertretungsstruktur bietet.

Die Schwächen liegen in der Knappheit an einsetzbaren Perso-nal- und Sachressourcen, im Fehlen eines langfristig ausgerich-teten Gesamtkonzepts und der unzureichenden Bearbeitung von einzelnen Teilarbeitsfeldern.

In der verbandlichen Praxis ist auf regionaler Ebene bereits eine Reihe von Anknüpfungspunkten vorhanden. In den vergangenen Jahren konnten im Rahmen der sogenannten Marktplatzmetho-de lokal durch die Regionalstellen in Karlsruhe, Ulm und Heidel-berg – dort auch mit weiteren Kooperationsprojekten – intensive Austauschbeziehungen zwischen Unternehmen der freien Wirt-schaft und Mitgliedsorganisationen angebahnt werden. Mit der Aufstellung einer Konzeption zur Kooperation mit der Wirtschaft und der Einführung des Fachbereichs „Soziales und Wirtschaft“ innerhalb des Kernteams wurden weitere Schritte eingeleitet.

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Engagement für alle Menschen öffnen

Bürgerschaftliches Engagement und die damit verbundene Möglichkeit zur sozialen Teilhabe (Partizipation) ist in der Be-völkerung nicht homogen verteilt. Soziale Ungleichheit stellt ein wesentliches Hemmnis für bürgerschaftliches Engagement dar. Dies bestätigt der aktuelle Freiwilligensurvey: Die Beteiligung am Engagement unterscheidet sich zwischen verschiedenen Bevöl-kerungsgruppen deutlich. Besonders gravierend ist der Einfluss sozialer Ungleichheit auf Engagementverhalten. Je niedriger das Einkommen und das Bildungsniveau sind und je länger Men-schen in Armut und Arbeitslosigkeit leben, umso seltener enga-gieren sie sich und umso eher wächst die Gefahr, sich bei seinen eigenen gesellschaftlichen orientierungen und seinem sozialen und politischen Handeln von sozialen Vorurteilen, insbesondere von Sozialneid unter Minderprivilegierten leiten zu lassen.

Bürgerschaftliches Engagement kann aus der Sicht des PARITÄ-TISCHEN seinen Beitrag dazu leisten, gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen und soziale Ungleichheit abzubauen. Mit dem Ziel der Inklusion muss es allen Menschen offen stehen. Der PARITÄTISCHE fordert deshalb, die Engagementpolitik – im Sinne eines Rechts auf Engagement – künftig entsprechend auszu-richten, aufzuwerten und fortzuentwickeln. Die Einbindung unterschiedlichster Zielgruppen in Formen bürgerschaftlichen Engagements muss von der Politik aktiv gefördert werden. Dazu bedarf es in erster Linie besserer und passgenauer Informa-tionen für und Ansprache der Zielgruppen, der Schaffung von Zugängen und des Abbaus von Zugangshindernissen. Des Wei-teren muss die Förderung bei den spezifischen Bedarfen zur Inklusion spezifischer Zielgruppen angepasst werden.

Engagement im Wandel

Der PARITÄTISCHE lässt sich von der strategischen Handlungs-prämisse leiten, dass er als Akteur der freien Wohlfahrtspflege „am Puls der Zeit“ bleiben wird, wenn es ihm gelingt, sein pro-fessionelles Potenzial in seinen Mitgliedsorganisation künftig noch mehr mit der Fantasie, Kreativität und der Eigensinnigkeit der freiwillige Engagierten zu verknüpften.

Gemeinnützige organisationen können sich heute nicht mehr einfach darauf verlassen, dass sich freiwillig Engagierte von selbst bei ihnen einfinden und bis zum Lebensabend mit ihrem Engagement bleiben. War früher ehrenamtliches Engagement im Sozialbereich mit altruistischem und pflichterfülltem Han-deln verbunden, so suchen freiwillig Engagierte heute Selbst-erfüllung, Anerkennung, Eigenverantwortlichkeit und eine auf sie passende Tätigkeit. Damit einher geht ein neues Selbstver-ständnis, dass freiwilliges Engagement nicht voraussetzungslos ist, sondern entsprechende Rahmenbedingungen benötigt, die gelingendes Engagement erst ermöglichen und von Freiwilligen erwartet werden dürfen.

Seit Jahren lässt sich auch in den Verbandsreihen beobachten, dass zwar entgegen häufig geäußerten Befürchtungen nicht die allgemeine Bereitschaft zum Engagement nachgelas-sen hat, sondern sich im Zuge allgemeiner gesellschaftlicher

Veränderungen Formen, Strukturen, Motive und Herangehens-weisen des Engagements verändert haben und dieser „Struktur-wandel des Engagements“ die Verbände, Gruppen und Initiati-ven vor neue Herausforderungen stellt. Die veränderte Situation macht deutlich, dass die Gewinnung und erfolgreiche Integra-tion Freiwilliger nicht so „nebenbei“ erledigt werden kann. Er-schwert wird zudem der „Generationenwechsel“ – für teils lang-jährig amtierende ehrenamtliche Vorstände Nachfolger/-innen zu finden. Innerhalb der organisationen, Vereine und Gruppen bedarf es mit Blick auf die Arbeit und den Umgang mit Freiwil-ligen eines Wandels, der geplant, eingeleitet und ausgewertet werden muss. Grundlage dafür ist ein qualifiziertes Management im Umgang mit Freiwilligen. Es liegt in der Leitungsverantwor-tung sozialer Einrichtungen, eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen sowie das „gedeihliche“ Miteinander der haupt- und ehrenamtlichen Kräfte zu gewährleisten.

Verlässliche Infrastruktur und Grundförderung

Mit Blick auf die kommende Bundestagswahl hat der PARITÄ-TISCHE gemeinsam mit den anderen Verbänden in der Bundes-arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege Position für eine übergreifende Engagementpolitik bezogen. Dort heißt es: „Die Bundespolitik muss eine angemessene Finanzierung der Infra-struktur des bürgerschaftlichen Engagements leisten. Bürgerschaft-liches Engagement ist unentgeltlich, aber nicht kostenlos. Neben individuellen und fachlichen Kompetenzen von Hauptberuflichen und Engagierten benötigen Organisationen und Netzwerke über Projektförderungen und zeitlich begrenzte Programme hinaus eine verlässliche Grundförderung. Engagementpolitik ist als Quer-schnittspolitik zwischen den bundespolitischen Ressorts und föde-ralen Ebenen auszubauen. Die dringend notwendige bundesweit konsistente Förderung von Engagement ermöglichenden Infrastruk-turen darf nicht länger an Ressort- und Kompetenzstreitigkeiten und Fragen des Föderalismus scheitern. Zur Weiterentwicklung des Bürgerschaftlichen Engagements müssen bürokratische Hürden abgebaut und Förderregelungen vereinfacht werden.“

Das Team des Bereichs Bürgerschaftliches Engagement, Selbst-hilfe und Gesundheit wird sich in Zukunft mit Blick auf die Ver-einslandschaft, die Selbsthilfegruppen und die ehrenamtliche Führungsstruktur in den Kreisverbänden der Herausforderung noch mehr stellen müssen, dem Leitbild der Selbstorganisa-tion und des Bürgerengagements unter dem Dach eines plural aufgestellten Spitzenverbands der Wohlfahrtspflege mit einer adäquaten Ermöglichungs-, Beteiligungs-, Qualifizierungs- und Unterstützungsstruktur gerecht zu werden.

Kontakt Dr. Hermann Frank Bereichsleitung Bürger-schaftliches Engagement, Selbsthilfe und Gesundheit Telefon 0711 2155-208 [email protected] www.paritaet-bw.de

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Landesregierung setzt auf BürgerengagementEngagementstrategie fokussiert die gesamte Bürgerschaft und ihre Lebensräume vor ort

STUTTGART Eine moderne Gesellschaft lebt vom Engagement seiner einzelnen Teile, d.h. wird getragen von den Menschen, ob jung oder alt, die sich als Partner des Staates vor Ort in den Städten und Gemeinden einbringen und das soziale und wirtschaftliche Miteinander gestalten. Sie bilden sozusagen den „sozialen Kitt“ einer lebendigen Gemeinschaft. Nicht ohne Grund hat sich die grün-schwarze Landesregierung die Stärkung und Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhaltes und der sozialen Teilhabe aller Menschen auf ihre Fahne geschrieben. Wie das mit welchen Akteuren erfolgreich gelingen kann, darüber sprach PARITÄTinform mit Sozialminister Manfred Lucha.

Herr Minister, die Förderung des Bürgerengagements spielt in den Koalitionsaussagen eine große Rolle. Auf welchen Elementen fußt die Engagementpolitik der grün-schwarzen Landesregierung?

Baden-Württemberg lebt von seiner offenen und aktiven Bür ger gesellschaft. Ehrenamtliches Engage-ment hat bei uns eine lange und starke Tradition. Die großen gesellschaftlichen Aufgaben unserer Zeit sind ohne die vorbildhafte Tatkraft der Bürgerinnen und Bürger vor ort nicht zu meistern – übrigens engagieren sich auch viele erst vor kurzem zu uns Geflüchtete bereits ehrenamtlich. Deshalb unterstüt-zen und fördern wir Bürgerengagement ausdrücklich und wollen auch neue En-gagierte gewinnen. Grundlage dafür ist die Engagementstrategie Baden-Würt-temberg. Anders als bisherige Initiativen zur Förderung des Ehrenamts, die sich an bestimmte Personen-gruppen wie etwa Ältere oder Menschen mit Migrationshinter-grund gerichtet haben, zielt die Engagementstrategie erstmals auf alle Bürgerinnen und Bürger ab, indem sie die Lebensräume der Menschen vor ort – in der Kommune, im Wohnviertel, im ländlichen Raum – in den Blick nimmt.

Die Landesengagementstra-tegie wurde ja noch zu Zeiten der Vorgängerregierung mit allen relevanten Akteuren erarbeitet. Hinsichtlich der darin ins Auge gefassten Maßnahmen ist es bislang bei wenigen einzelnen Pilotpro-jekten geblieben. Was wurde realisiert und was folgt noch?

Teil der Engagementstrategie sind in der Tat Modellprojekte in Städten und Gemeinden, die erproben sollen, wie ein solida-risches Zusammenleben in einer vielfältigen Gesellschaft wie der unseren verbessert werden kann. Dazu gehören Vorhaben, die sich beispielsweise mit Inklusion, Integration, Generatio-nendialog, Engagement im Alter oder in der Pflege beschäf-tigen. Finanzielle Unterstützung ermöglicht das dafür eigens von uns aufgelegte Programm „Gemeinsam sind wir bunt“.

Teilnehmende Projekte können dank der Unterstützung der Baden-Württemberg Stiftung über einen Zeitraum von zwei-

einhalb Jahren mit jeweils bis zu 30.000 Euro gefördert werden.

Die Konzepte der Ehrenamtsstrategie sind aber längst in vielen anderen Maßnahmen der Lan-

desregierung aufgegriffen worden, beispiels-weise bei der Erarbeitung unseres „Kompass Seniorenpolitik“. Und auch in unserer neuen Strategie zur Dorf- und Quartiersentwicklung

„Quartier 2020. Gemeinsam. Gestalten.“, deren Umsetzung einen unserer politischen Schwer-punkte in dieser Legislaturperiode bilden wird, spielen die Empfehlungen der Strategie eine ganz große Rolle.

Darüber hinaus war die Engagementstrategie nie als Arbeitsprogramm allein für die Landesregierung konzipiert, das diese innerhalb eines gewissen Zeitraums abzuarbeiten hat. Vielmehr haben wir gemeinsam mit 100 Sachverständigen, Engagierten und Betroffenen, die über ein Jahr an der Enga-gementstrategie mitgearbeitet haben, Konzepte und Hand-lungsempfehlungen entwickelt, die sich auch an Kommunen, Verbände – auch Wohlfahrtsverbände – und Vereine richten.

Welche längerfristigen und auf Nachhaltigkeit angelegten Schritte verfolgt die Landesregierung beim Aufbau und der Sicherung von Engagementstrukturen? Unterschiedliche und zumeist befristete Projektförderungen haben sich in diesem Kontext aus Sicht der Wohlfahrtspflege bislang eher als wenig zielführend erwiesen.

Diesen Eindruck teile ich ganz und gar nicht. Und er stimmt auch nicht mit den Rückmeldungen der vielen Menschen überein, mit denen ich vor ort spreche. Dort höre ich immer wieder, dass die Förderprogramme der Landesregierung wichtige Impulse für das ehrenamtliche Engagement im ganzen Land gegeben haben. Durch unsere Förderung konnten wir Projekte anstoßen und im ganzen Land Netzwerke aufbauen, die die Ehrenamts-strukturen deutlich gestärkt haben.

Schauen Sie sich zum Beispiel das Landesnetzwerk Bürger-schaftliches Engagement an, das wir kontinuierlich ausbauen

Ich höre immer wieder,

dass die Förderprogramme

der Landesregierung

wichtige Impulse für das

ehrenamtliche Engagement

im ganzen Land gegeben

haben.

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und noch stärker machen, indem wir neue Partner wie die Lan-desarbeitsgemeinschaft Soziale Stadtentwicklung, Migranten-organisationen oder die Allianz für Beteiligung einbinden.

Auch im Vor- und Umfeld von Pflege ist es uns gemeinsam mit Kommunen und Pflegeversicherung gelungen, vor ort verläss-liche Strukturen aufzubauen, die professionelle Pflegeangebote durch bürgerschaftliches Engagement unterstützen. 2016 haben über 900 entsprechende Angebote und Initiativen eine Förde-rung von uns erhalten.

Die Landesregierung hat sich Bürgerengagement und Bürger-beteiligung auf ihre Fahnen geschrieben. Wie lässt sich diese Intention mit der Entscheidung vereinbaren, im neuen Haushalt das bisherige niederschwellige, für kleine neue bürgerschaft-liche Initiativen konzipierte Landesförderprogramm „Mitten-drin“ nicht mehr fortzusetzen?

„Mittendrin“ hat auf vielfältige Weise dazu beigetragen, das bürgerschaftliche Engagement im Land voranzubringen und neue Engagierte zu gewinnen. Deshalb ist es uns, das kann ich so offen sagen, auch nicht leicht gefallen, das Programm zu beenden. Allerdings hat die Evaluierung gezeigt, dass der Ver-waltungsaufwand für das Programm im Verhältnis zu den aus-gezahlten Fördersummen zu hoch war. Und angesichts harter Sparvorgaben für die gesamte Landesregierung, aber vor allem auch für mein Haus, muss ich dann in so einem Fall sagen: Es ist aus finanziellen Gründen vertretbar gewesen, das Programm einzustellen.

Ob Sozialraumbezug und Quartiersentwicklung oder Pakt für Integration, übergreifende sozialpolitische Konzepte sind auf Inklusion vor Ort angelegt. Die Landesregierung setzt dabei vor allem auf zivilgesellschaftliche Beteiligung und die Steuerungs-funktion der Kommunen. Welche Rolle kommt dabei zum einen den einzelnen Akteuren und zum anderen den Verbänden der freien Wohlfahrtspflege zu?

Quartiersentwicklung muss immer vom jeweiligen Sozialraum, das heißt von der kommunalen Ebene ausgehen. Auf Ebene der

Kommune sind die Bedarfe der Bewohnerinnen und Bewohner des jeweiligen Sozialraums, etwaige Versorgungslücken, (pflege)infrastrukturelle Probleme etc. bekannt. Von dort aus sollten folglich die Prozesse gesteuert werden. Das bedeutet aber nicht, dass anderen Akteuren im jeweiligen Sozialraum keine wichtige Rolle zufällt. Das Gegenteil ist der Fall. Eine Quartiersentwicklung kann nur durch die Einbindung und die enge Zusammenarbeit aller Akteure vor ort gelingen.

Gleiches gilt für den Pakt für Integration mit den Kommunen. Um Menschen in die Kommunen zu integrieren und aus unter-gebrachten Geflüchteten Mitbürger zu machen, ist es unerläss-lich, dass alle beteiligten Akteure vor ort gemeinsam an einem Strang ziehen. Denn hier – in den Schulen, Kindergärten, bei der Arbeit, in den Vereinen und in der Freizeit – entscheidet sich, ob wir die Integration am Ende gut hinbekommen.

Die Wohlfahrtspflege der Kir-chen und die freie Wohlfahrt werden in der Landesverfas-sung (Art. 6 u. Art. 87) insge-samt gewährleistet. Wie kann in der Landespolitik weiterhin die subsidiäre Ordnungsvor-stellung verfolgt werden, die freie Wohlfahrtspflege bei der Gestaltung des sozialen Lebens in den verschiedenen Lebensbereichen von Gesellschaft, Kirche, Staat und Markt als Partner auf Augenhöhe mit den staatlichen Institutionen zu beteiligen?

Die freie Wohlfahrtspflege war, ist und bleibt wichtiger Partner der staatlichen Institutionen. ohne diese Partnerschaft auf Au-genhöhe könnte die Landesregierung zentrale politische Vorha-ben nicht erfolgreich umsetzen. Das gilt insbesondere für mein Haus. Ich persönlich schätze die Arbeit der Wohlfahrtsverbände sehr. Uns eint das Vorhaben, unsere Gesellschaft zusammenzu-halten und sie gerechter und sozialer zu machen.

Quartiersentwicklung muss

immer vom jeweiligen

Sozialraum, das heißt von

der kommunalen Ebene

ausgehen. Sie kann nur

gelingen durch die

Einbindung und eine enge

Zusammenarbeit aller

Akteure vor Ort.

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Entwicklungsagentur für bürgerschaftliches EngagementFreiwilligenAgentur Heidelberg seit 20 Jahren erfolgreich

HEIDELBERG „Menschen, die sich gesellschaftlich engagie-ren, gehören zu den wichtigsten Partnern/-innen der Kom-munen – gerade im Hinblick auf eine zukunftsfähige und nachhaltige Entwicklung des Gemeinwesens und mit Blick auf die vielfältigen sozialen, technologischen und kulturellen Herausforderungen“, so formuliert es die Stadt Heidelberg. Die Förderung von bürgerschaftlichem Engagement ist seit langem ein bedeutsames lokales Politikfeld und die Freiwil-ligenAgentur des PARITÄTISCHEN ein zentraler Baustein in einer kommunalen Gesamtstrategie.

„Im Jahr 1996 keimte in einer Zukunftswerkstatt die Idee, in Hei-

delberg einen ort zu schaffen, an dem Angebot und Nachfrage für

freiwilliges, ehrenamtliches Engagement zusammengebracht wird.

Das ist nach wie vor die Kernaufgabe der Agentur“, erinnert Ralf

Baumgarth, Regionalgeschäfts-

führer des PARITÄTISCHEN und

verantwortlich für die Freiwilligen-

Agentur. „Wir arbeiten mit rund

200 Vereinen und Einrichtungen

aus den unterschiedlichsten Be-

reichen zusammen, in unserer online-Datenbank finden sich ak tuell 285 verschiedene An ge-

bote für freiwillige Tätigkeiten.“

Neue Potenziale erschließen

Der vierte Deutsche Freiwilligen-

survey stellt fest: in Baden-Würt-

temberg sind knapp elf Prozent

der Befragten, die sich noch nicht engagieren, sicher bereit, dies

zukünftig zu tun. Was ist dazu notwendig? Von staatlicher und

gesellschaftlicher Seite sehen 60 Prozent der Engagierten einen

Verbesserungsbedarf bei der Information und Beratung über

Gelegenheiten zum ehrenamtlichen Engagement. Der PARITÄ-

TISCHE in Heidelberg ist auf einem guten Weg. „Statt nur in einer

Komm-Struktur mit persönlicher Beratung auf diese Menschen

zu warten, füllt das Team der Agentur unser Motto „engagieren

leicht gemacht“ mit Leben. Wir bieten ganz unterschiedliche Zu-

gänge zum Engagement: vom orientierungskurs „Freiwillig? – Ich

probier’s mal!“ über eine „vermittelBar“ oder den „Engagement-

Spaziergang“ bis hin zum Freiwilligentag. Neue Angebote wie das

Konzept für eine mobile Beratung sowie Ideen für die Beteiligung

am Wettbewerb „Digitale Stadt“ sind in der Entwicklung“, stellt

Baumgarth fest.

Gesellschaftliche Entwicklungen im Blick

„Wir verstehen uns als eine Entwicklungsagentur, die das bürger-schaftliche Engagement nutzt, um an Themen wie dem demogra-fischen Wandel zu arbeiten“, sagt Ralf Baumgarth. Beim kürzlich abgeschlossenen Projekt „Engagement braucht Leadership – Fit für Vereinsführung“ haben zum Beispiel die AIDS-Hilfe Heidelberg und der Interkulturelle Elternverein Unterstützung für die stra-tegische Weiterentwicklung ihrer Vorstandsarbeit durch externe Beratung erhalten. Ein neues, niederschwelliges Fortbildungsan-gebot für Freiwilligenmanagement unter dem Titel „Freiwillige = willkommen“ will organisationen in der Zusammenarbeit mit Frei-willigen und deren veränderter Erwartungshaltung qualifizieren. Die Erfahrungen aus der lokalen Engagementförderung können Impulse für den Verband bieten. Für viele Mitgliedsorganisationen stellen die Frage nach der Gewinnung von neuen Engagierten oder der Qualifizierung ehrenamtlicher Vorständen eine dauer-hafte Herausforderung dar. Zentrales Thema ist für den PARITÄ-TISCHEN, hier Unterstützung anzubieten – nicht nur in Heidelberg.

■ Kontakt Der PARITÄTISCHE · FreiwilligenAgentur Heidelberg Telefon 06221 7262-172 · [email protected] www.freiwilligenagentur-heidelberg.de

Mit der Freiwilligendatenbank

der Aktion Mensch

(www.freiwilligendatenbank.de)

lassen sich leicht Engagement-

möglichkeiten vor Ort finden. Sie

ist mit über 14.000 Einträgen die

größte Engagementdatenbank.

Sie ist als Widget frei verfügbar

und kann auf jeder Homepage

eingebunden werden. Mitgliedsor-

ganisationen des PArITäTIScHEN

können ihre Engagementangebote

kostenlos einstellen.

Freiwilligenagenturen

Freiwilligenagenturen sind mit über 500 Einrichtungen eine beeindruckende

Infrastruktur des bürgerschaftlichen Engagements. Sie sind Anlaufstellen für

Menschen, die sich engagieren, und für organisationen, die mit Freiwilligen

arbeiten möchten. Sie sorgen für gute Rahmenbedingungen, schaffen Netz-

werke und Partizipationsmöglichkeiten. Als Engagement-Experten kennen

Freiwilligenagenturen die Situation und die Angebote in den Kommunen. Sie

beobachten die Veränderungen in der Gesellschaft, greifen aktuelle Themen

auf und entwickeln mit Partnern neue Konzepte und Lösungen – schnell und

unbürokratisch. Die Landschaft der Freiwilligenagenturen ist bunt.

■ Weitere Informationen bagfa – Bundesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen e.V. Berlin Telefon 030 20 45 33 66 · [email protected] · www.bagfa.de

Attraktives soziales BildungsjahrFreiwilligendienste beim Wohlfahrtswerk für Baden-Württemberg auch für Geflüchtete

Freiwilligendienste im PARITÄTISCHEN Baden-Württemberg

In Deutschland leisten jährlich fast 100.000 Menschen einen Freiwilligendienst. Seit der Einführung des Bundesfreiwilligen-dienstes 2011 hat sich auch die Trägerlandschaft im PARITÄ-TISCHEN Baden-Württemberg weiter verbreitert. Insgesamt sieben Träger (siehe Trägerübersicht) bieten seither mit unter-schiedlichen regionalen und fachlich-inhaltlichen Schwerpunk-ten die organisation und Begleitung der Freiwilligendienste FSJ und BFD an. Die gegenseitige Abstimmung erfolgt über den in der Landesgeschäftsstelle eingerichteten Arbeitskreis „Freiwilligendienste im PARITÄTISCHEN Baden-Württemberg“. Wie die Zahlen zeigen, haben sich die Freiwilligendienste mit inzwischen insgesamt 3.656 besetzen Plätzen auch im PARITÄ-TISCHEN zu einer wahren Erfolgsgeschichte entwickelt. Interesse

und Bereitschaft vor allem von jungen Menschen, sich freiwillig zu engagieren, werden dadurch eindrucksvoll untermauert.

Freiwilligendienste sind eine besondere Form des bürgerschaft-lichen Engagements. Sie unterscheiden sich von anderen For-men wie beispielsweise dem klassischen Ehrenamt dadurch, dass sie klar strukturiert sind, einen Bildungsauftrag haben und eine hohe Verbindlichkeit durch die freiwillige Selbstver-pflichtung der Teilnehmenden gewährleisten. Sie bieten den Freiwilligen in persönlicher wie beruflicher Hinsicht eine ori-entierungsphase und überbrückungsmöglichkeiten zwischen Lebensphasen. Meist sind sie ein individueller als auch gesell-schaftlicher Gewinn.

STUTTGART Im Jahr 1964 gestaltete der Gesetzgeber das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) als soziales Bildungsjahr und besondere Form des bürgerschaft-lichen Engagements für junge Menschen unter 27 Jahren aus. Diese beiden Aspekte Bildungsjahr und bürgerschaftliches Engagement kennzeichnen auch den Bundesfreiwilligendienst, der mit der Aussetzung des Zivildiens-tes im Jahr 2011 ins Leben gerufen wurde und altersoffen ist. In ihrem Tun engagieren sie sich für andere, unterstützen die Mitarbeiter/-innen in den Einrichtungen und leisten damit einen wertvollen Beitrag für die Gesellschaft.

1978 startete das Wohlfahrtswerk mit den ersten 13 Teilneh-menden. Dabei hatte das Wohlfahrtswerk nicht nur den Mehr-wert durch die unterstützenden Hände und die Gewinnung von Nachwuchskräften im Blick, sondern machte es sich ebenso zur Aufgabe, die Freiwilligen in ihrer persönlichen Entwicklung so-wohl in den Einsatzstellen als auch durch die begleitende Päda-gogik und in den Seminaren zu fördern. Heute engagieren sich unter der Trägerschaft des Wohlfahrtswerks jährlich rund 1.500 Freiwillige in 408 Einsatzstellen. Durch Regionalbüros in Stuttgart, Radolfzell, Heilbronn und Mannheim sind die Freiwilligendienste

regional verankert. Die Nähe zu den Freiwilli-gen und den Einsatzstellen ermöglicht es den pädagogischen Mitarbeitern/-innen, auf die einzelnen Belange persönlich und schnell zu reagieren sowie gute Kontakte zu örtlichen Institutionen zu pflegen. Bis Mitte der 1990er-Jahre entschieden sich überwiegend altruistisch motivierte junge Frauen mit Abitur für ein FSJ. Durch verstärkte Öffentlichkeitsarbeit gelang es zunehmend auch jüngeren Schulabgängern/-innen den Nutzen eines FSJ für ihre persönliche und berufliche Entwicklung zu vermitteln. Da auch die Einsatzstellen auf Grund guter Erfah-rungen verstärkt auf das FSJ, später auch den BFD setzten, konnte die Öffnung für alle jungen Men schen mit verschiedenem Bildungs-, famili-ären und kulturellen Hintergrund gelingen. Heu-te haben die Hälfte der Teilnehmer/-innen beim Wohlfahrtswerk einen Haupt- oder Realschul-abschluss, ein Drittel sind unter 18 Jahre und 26 Prozent haben einen Migra tionshintergrund bzw. kommen aus dem Ausland.

Das FSJ als attraktives soziales Bildungsjahr auszugestalten, war von Anfang an Anspruch des Wohlfahrtswerks. So werden die Freiwilli-

gen durch hauptamtliche Pädagogen/-innen begleitet und bei Fragen und Problemen unterstützt. In den Seminaren stehen Persönlichkeitsbildung und die Stärkung der sozialen Kompe-tenzen im Fokus. Bei den Seminartagen und Blockseminaren mit übernachtung sind die Freiwilligen die gestaltenden Akteure. Die Themenvielfalt und das Miteinander der Freiwilligen aus unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen machen sensibel für an-dere Lebenslagen, bauen Vorurteile ab und fördern die Bildung einer eigenen Meinung. Somit sind sie ein hervorragender ort für lebendiges und demokratisches Lernen.

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BFD für Lebensältere

Mit Einführung des BFD haben auch Menschen ab 27 Jahre die Möglichkeit erhalten, sich in einem geregelten Freiwilli-gendienst zu engagieren, der auch in Teilzeit möglich ist. „Der BFD für Lebensältere ist eine gute Sache“, sagt Simo-ne Laun, pädagogische Mit-arbeiterin, die ab der ersten Stunde im Jahr 2011 dieses Freiwilligenformat beim Wohl-fahrtswerk begleitet. Rund 250 Frauen und Männer haben seither beim Wohlfahrtswerk den BFD genutzt, um einer sinnvollen Beschäftigung nachzugehen, um für andere da zu sein, sich beruflich zu orientieren oder die deutsche Sprache zu erlernen. Der BFD für Lebensältere ist bunt: In ihm engagieren sich Menschen nach der aktiven Berufsphase, die eine sinnvolle Beschäftigung suchen, Frauen nach der Fa-

milienpause, Frauen und Män-ner, die eine neue berufliche Perspektive suchen, Incomer aus aller Welt sowie geflüch-tete Frauen und Männer. „Das Soziale hat bei mir immer eine geringe Rolle gespielt und ich habe ein Bedürfnis gehabt, so etwas zu machen“, berichtete ein BFD-Teilnehmer aus dem Jahr 2012.

Die Freiwilligen sind je nach Neigung im Bereich der Pfle-

ge und Betreuung oder im Bereich der Hauswirtschaft und technischen Dienste tätig. Menschen, die sich durch den BFD eine neue berufliche Perspektive versprechen, erhalten häufig

im Anschluss eine Anstellung oder einen Ausbildungsplatz. In den Regionalbüros in Stuttgart und Radolfzell trifft sich je eine Gruppe mit 15 bis 20 Teilnehmern/-innen pro Monat zu einem Seminartag. Die Inhalte umfassen den gegenseitigen Austausch, Fach- oder gesellschaftspolitische Themen, Besuche sozialer Institutionen oder das Kennenlernen kultureller Einrichtungen. Die Freiwilligen schätzen die Treffen sehr, da sie vielfältige persönliche Kontakte ermöglichen und durch neue Eindrü-cke den Horizont erweitern. Zudem erfahren die Freiwilligen durch die pädagogischen Mitarbeiter/-innen, die sie auch in den Einsatzstellen besuchen, Unterstützung bei der Bewältigung von Problemen.

Menschen aus dem Ausland und Geflüchtete

Während sich Ende der 1990er-Jahre noch hauptsächlich junge Frauen aus den ehemaligen GUS-Staaten nach ihrem Au-Pair-Jahr für ein weiteres Jahr Freiwilligendienst in Deutschland in-teressierten, sind es heute junge Menschen aus aller Welt. In der Regel sind sie hochmotiviert und bestrebt, schnell gute Deutsch-kenntnisse zu erlangen. Die Chancen, nach dem Freiwilligen-dienst eine Ausbildung beginnen zu können, sind gut. Im Sep-tember 2015 begannen erstmals zwei geflüchtete junge Männer

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Freiwilligendienste im PArITäTIScHEN Baden-Württemberg · Besetzte Plätze

2011 2014 2016

Träger FSJ BFD FSJ BFD FSJ BFD

Wohlfahrtswerk 1.079 151 1.248 139 1.267 202

KBF 262 239 222 323 277 279

Reha-Südwest 168 36 164 46 197 25

ASB 276 82 321 187 436 252

Lebenshilfe 39 40 167 34 180 65

EoS 64 6 209 12 180 62

Freunde (in BW) 0 79 0 96 72 162

Insgesamt 1.888 633 2.331 837 2.609 1.047

2.521 3.168 3.656

„Durch mein FSJ bin ich reifer

geworden, kann mich besser

in andere Menschen hinein-

versetzen und Probleme

aus anderen Blickwinkeln

betrachten.“

Jessica r., FSJ-Teilnehmerin in

einer Einrichtung für Menschen

mit geistiger Behinderung.

ein FSJ in einer Altenpflegeinrichtung des Wohlfahrtswerks. Schnell gewannen sie einen guten Zugang zu den Bewohnern/-innen und erfüllten die Aufgaben zuverlässig. Der Vollzeitdienst und der notwendige Besuch des Intensivsprachkurses führten jedoch zu starken Belastungen. Erfreulich war, dass die beiden Freiwilligendienste FSJ und BFD spezielle Formate für geflüch-tete Menschen entwickelten: den BFD mit Flüchtlingsbezug und das FSJ Integration. Auf der Grundlage dieser beiden Formate entwickelte das Wohlfahrtswerk eine Konzeption für geflüchtete Menschen. Diese sieht im ersten halben Jahr des Freiwilligen-dienstes einen Teilzeitdienst in den Einsatzstellen, Sprachkurse sowie eine intensive Einzelbegleitung vor. Erst danach findet die Integration in die Seminargruppen statt.

Derzeit engagieren sich 21 Männer und zwei Frauen in einem Freiwilligendienst beim Wohlfahrtswerk. Die Menschen sind aus verschiedensten Ländern geflüchtet, zum Beispiel aus Syrien, dem Iran, Afghanistan, Gambia und Togo. „Ich finde es schlimm, wenn junge Flüchtlinge nur in der Unterkunft sitzen und nichts machen“, sagt Ami Awline (26 Jahre) aus Togo. Neben der pä-dagogischen Begleitung durch das Wohlfahrtswerk sind die Einsatzstellen gefordert, die geflüchteten Menschen beson-ders zu unterstützen. Hilfreich hat sich dabei erwiesen, wenn

ehrenamtliche Betreuer/-innen weiterhin den Kontakt pflegen. Neben Spracherwerb und Integration sehen die geflüchteten Menschen den Freiwilligendienste als Sprungbrett in eine Aus-bildung oder als Vorbereitung auf ein Studium.

Neu hinzugekommen sind Einsatzstellen, die geflüchtete Men-schen begleiten, wie Unterkünfte für Flüchtlinge, Regelschulen mit Klassen für Kinder aus Flüchtlingsfamilien sowie Einrich-tungen für die Betreuung von unbegleiteten Minderjährigen. Derzeit unterstützen vier junge Männer und Frauen Kinder und Jugendliche bei den Schulaufgaben und dem Erlernen der deut-schen Sprache, begleiten sie zum Arzt und gestalten die Freizeit mit ihnen. Freiwilligendienste leisten einen wichtigen Beitrag für Geflüchtete und zu ihrer gesellschaftlichen Integration.

■ Kontakt Wohlfahrtswerk für Baden-Württemberg Freiwilliges Soziales Jahr und Bundesfreiwilligendienst Gisela Gölz · Telefon 0711 619 26-160 [email protected] · www.wohlfahrtswerk.de

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Tareq und Samer Jabbouli, zwei Syrer, die ihren BFD in der Else-Heydlauf-Stiftung leisten.

Freiwilligendienste-Träger im Überblick

■ Wohlfahrtswerk für Baden-Württemberg Stuttgart · www.wohlfahrtswerk.de

■ Arbeiter-Samariter-Bund Baden-Württemberg e.V. Stuttgart · www.asb-bw.de

■ KBF gemeinnützige GmbH Mössingen · www.kbf.de

■ Reha-Südwest gGmbH Karlsruhe · www.reha-suedwest.de

■ Landesverband Baden-Württemberg der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung e.V. Stuttgart · www.lebenshilfe-bw.de

■ EoS – Erlebnispädagogik e.V. Freiburg · www.eos-ep.de

■ Freunde der Erziehungskunst Rudolf Steiners e.V. Freiwilligendienste in Deutschland Karlsruhe (bundesweit tätig) · www.freunde-waldorf.de

Freiwilligendienste im PArITäTIScHEN Baden-Württemberg · Besetzte Plätze

500

1.000

1.500

2.000

2.500

3.000

02011 2014 2016

1.888

633837

1.047

2.331

2.609

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Politik inklusiv: Nichts über uns ohne uns!Veranstaltungsreihe: Politische Teilhabe für Menschen mit und ohne Behinderung

HEIDELBERG Die UN-Behindertenrechtskonvention fordert, dass Menschen mit Behinderung aktiv an der Gestaltung von öffentlichen Angelegenheiten beteiligt werden. Für die Betroffenen ist es jedoch nach wie vor nicht immer einfach, sich in Politik und Verwaltung Gehör zu verschaffen. Um hier Unterstützung anzubieten, hat der PARITÄTISCHE gemeinsam mit der Volkshochschule Heidelberg unter dem Titel „Politik inklusiv“ eine neue Fortbildungsreihe entwickelt.

„Wir arbeiten schon lange mit der Volkshochschule als Koopera-tionspartner zusammen“, so Ralf Baumgarth, Regionalgeschäfts-führer des PARITÄTISCHEN in Heidelberg. „Als dort das Thema „Gesellschaftliche Vielfalt“ auf der Agenda stand, haben wir eine Möglichkeit gesehen, unser Projekt „Anders? – engagiert!“, das aus dem Programm „Impulse Inklusion“ durch das Ministerium

für Soziales und Integration Baden-Württemberg gefördert wird, hier anzudocken. Bei der Suche nach passenden Ideen, sind wir auf ein Konzept aus Tübingen gestoßen, das dort von „Forum & Fachstelle Inklusion“ gemeinsam mit der Volkshochschule be-reits erprobt war“, so Baumgarth weiter. Nach Kontakt mit den dortigen Akteuren wurde das Angebot auf Heidelberger Bedarfe angepasst. Ziel der Reihe war es, in fünf Modulen Kenntnisse und Fertigkeiten zu vermitteln, um Menschen mit Behinderungen zu befähigen, in politischen Gremien und bei Veranstaltungen für die eigenen Interessen einzutreten. Als weitere Kooperations-partner konnten der Beirat von Menschen mit Behinderungen, die kommunale Behindertenbeauftragte, das Büro für Leichte Sprache der Lebenshilfe Heidelberg und die Theaterwerkstatt Heidelberg gewonnen werden.

Interessenvertretung von Menschen mit Behinderungen in Heidelberg

Das Thema der Interessenvertretung von Menschen mit Be-hinderungen hat in Heidelberg eine lange Geschichte, die mit dem Europäischen Jahr der Menschen mit Behinderungen 2003 begann. Ein Aktionsbündnis, das vom PARITÄTISCHEN koordiniert wurde, setzte 2004 erstmals das Thema für einen Behindertenbeirat auf die kommunale Agenda. Beauftragt vom Gemeinderat moderierte der PARITÄTISCHE den Prozess für ein Konzept für eine Interessenvertretung, das Ende 2006 vorgelegt und im November 2007 vom Gemeinderat verabschiedet wurde. Seit März 2008 hat die Stadt Heidelberg nun einen Beirat von Menschen mit Behinderungen (bmb). Damit gibt es für die über 20.000 Menschen mit Behinderung, die in Heidelberg wohnen, eine kontinuierliche kommunale Interessenvertretung. Der bmb arbeitet eng mit der seit 2016 eingesetzten kommunalen Behin-dertenbeauftragten zusammen. Er ist Ansprechpartner für die

Stadtverwaltung und setzt sich für die Interessen von Menschen mit Behinderung ein. Der 17-köpfige Beirat setzt sich zusammen aus 16 Menschen mit Behinderungen und einem Mitglied, das von der Liga der freien Wohlfahrtspflege bestimmt wird. Jeweils ein Mitglied des Beirats ist als beratendes Mitglied im Jugend-hilfe-, im Bau- und Umweltausschuss, im Ausschuss für Soziales und Chancengleichheit, im Ausschuss für Bildung und Kultur und im Stadtentwicklungs- und Verkehrsausschuss vertreten.

■ Weitere Informationen Geschäftsstelle des Beirats von Menschen mit Behinderungen · Fischmarkt 2 · 69117 Heidelberg Telefon 06221 58-38190 [email protected]

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Modulare Schritte zur politischen Partizipation

„Menschen mit Behinderung müssen sich für ihre Belange einsetzen“, ermutigte Ingeborg Sanwald-Kluge, Mitglied im Kreisvorstand des PARITÄTISCHEN, die Teilnehmenden, „denn, wenn Ruhe herrscht, wird man nicht mehr wahrgenommen.“ Sie war Gast im ersten Modul, bei dem es um unterschiedliche Möglichkeiten zum Engagement ging. Insgesamt hatten sich 13 Personen – Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen, aber auch Angehörige – angemeldet. Im zweiten und dritten Baustein ging es mit Hilfe des Theaterpädagogen Sebastian Schwarz sehr praktisch zu: Das eigene Auftreten und die Wirk-samkeit bestimmter Handlungs-, Bewegungs- und Kommu-nikationsmuster standen im Mittelpunkt. Auch die Wünsche der Teilnehmenden, die daran interessiert waren, Techniken zu erlernen, die eine stimmgewaltigere Präsentation in einer raumausfüllenden Lautstärke sowie eine deutliche Artikulation ermöglichen, wurden in diesen Modulen durch vielfältige, spie-lerisch gestaltete übungen aufgegriffen. „Nicht nur die schnell erzielten Erfolge bei den eigenen Umsetzungsversuchen der „kleinen Tricks und Kniffe für eine selbstsichere Präsentation“, sondern auch die lockere Atmosphäre in der Gruppe hat die theaterpädagogischen Veranstaltungselemente zu einem kurz-weiligen Vergnügen gemacht“, stellte Isabell Fenner fest, die im Rahmen ihres Studiums der Bildungswissenschaften in einem Praktikum die Fortbildungsreihe begleitet hat.

Wieder theoretischer ging es im vierten Modul zu. Patrick Alberti, kommunaler Behindertenbeauftragter des Rhein-Neckar-Kreises, stellte Gesetze und Aktionspläne und deren Bedeutung für die

Kommunalpolitik vor und präzisierte vor allem, wie wichtig das Wissen und die Aufgeklärtheit über die eigenen Rechte ist. Um einen Einblick in die konkrete Praxis der Interessenvertretung zu bekommen, war das letzte Modul der Veranstaltungsreihe der gemeinsame Besuch einer Sitzung des Heidelberger Beirates von Menschen mit Behinderung (bmb). Die Teilnehmenden konnten so vor ort einen Eindruck gewinnen, was „hinter den Kulissen“ der Sitzungen im Heidelberger Rathaus geschieht, welche Projekte und Vorhaben in Planung sind und wie sich deren Finanzierung gestaltet.

Das Fazit der Teilnehmenden aus dem Kurs: Die politische und gesellschaftliche Partizipation ist keine „hobbymäßige Beschäf-tigung mit der eigenen Behinderung“, sondern permanent notwendig, um mehr Zugangsmöglichkeiten zu öffentlichen Institutionen und Entscheidungen zu haben. Insbesondere die Möglichkeiten des gemeinsamen Dialogs und der Austausch über Missstände, anstehende Veränderungen und neue Wege und Ideen der Umsetzung haben die Teilnehmenden positiv be-wertet – auch der Wunsch nach einer Fortsetzung des Projektes wurde von mehreren Personen angeregt.

■ Kontakt Ralf Baumgarth, Regionalgeschäftsführer Der PARITÄTISCHE Regionalgeschäftsstelle Heidelberg Telefon 06221 72 62-177 · [email protected]

Fortsetzung der Fortbildungsreihe

Mit Blick auf die Bundestagswahl im Herbst 2017 wird es ab dem 19. Juni 2017 eine Fortsetzung der Fortbildungsreihe geben. In sechs Modulen geht es um folgende Themen:■ Wie funktioniert der Bundestag in Berlin und was

machen die Abgeordneten eigentlich? ■ Was Sie schon immer über politische Parteien

wissen wollten …■ Was hat die ganze Wahl überhaupt mit mir zu tun? ■ Was passiert am Wahltag?

Die Reihe wird vom PARITÄTISCHEN und der Lebenshilfe Hei-delberg gemeinsam mit der Volkshochschule durchgeführt und von der Aktion Mensch unterstützt. ● www.vhs-hd.de

Netzwerkkonferenz Inklusion Baden-Württemberg

TüBINGEN Die Selbstvertretung der Menschen mit Behinderung in den einzelnen Städten, Gemeinden und Landkreisen in Baden-Württemberg ist unterschiedlich ausgeprägt. Einige wenige Städte blicken auf eine langjährige Tradition von Behindertenbeiräten zurück, andere stehen bei der Entwicklung von wirksamen Betei-ligungsstrukturen noch am Anfang. Eine landesweite Vernetzung bestehender kommunaler Beteiligungs- und Selbstvertretungs-strukturen fehlt noch völlig. Anlässlich des 30-jährigen Jubiläums der Tübinger Interessenvertretung will die Netzwerk-Konferenz Impulse setzen, zentrale Fragestellungen aufgreifen und Mög-lichkeiten zum Austausch geben.

Netzwerkkonferenz Inklusion Baden-Württemberg – vor Ort aktiv für Barrierefreiheit und Teilhabe 12. Oktober 2017, 10 bis 17 Uhr, Sparkassen Carré Tübingen.

Der Veranstaltungsort ist barrierefrei. Eine Induktive Höranlage ist vorhanden.

■ Informationen Forum & Fachstelle Inklusion im Sozialforum Tübingen e.V. Telefon 07071 26969 · [email protected] www.sozialforum-tuebingen.de

Übersetzt vom

Politik inklusivNichts über uns ohne uns!Politische Teilhabe für Menschenmit und ohne Behinderung

in Leichter Sprache

Die Volkshochschule ist barriere·frei.Im Hof gibt es einen Aufzug.

Das Rathaus ist auch barriere·frei.

Infos und Anmeldung:

vhs HeidelbergBergheimer Straße 76

06221 911 911

[email protected]

In Zusammenarbeit mit:

Allgemeine Infos

Politik Inklusiv ist ein Kurs für Menschen mit und ohne Behinderung.

Wir lernen wie Politik gemacht wird. Wir lernen, was für Menschen mit Behinderung wichtig ist. Wir lernen, wie man mit·machen kann.Wir lernen, wie man sich einsetzt. Es gibt 5 Teile. Jeder Teil hat ein anderes Thema. Die Anmeldung ist für alle Teile.Nicht für einzelne Teile. Die Anmeldung kostet 10 Euro.

Teil 5Besuch beim bmb Beirat von Menschen mit Behinderungen

Der bmb setzt sich für die Interessen von Menschen mit Behinderung ein.Zum Beispiel bei der Stadt·verwaltung.Und bei dem Gemeinde·rat. Der bmb bespricht wichtige Themen bei seinen Sitzungen im Rathaus.Dort beschließt der bmb seine Vorhaben.

Wir sehen wie der bmb arbeitet.Wir besprechen Fragen mit dem bmb.Wie läuft so eine Sitzung ab? Wer kann teil·nehmen? Wer darf dort reden und mit·bestimmen?

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Foto: Medienbüro-Rhein-Neckar

Montag, 13. Februar 201716:30 bis 19:00 Uhr

Wir treffen uns im Eingangs·bereich vom Rathaus, Marktplatz 10.

Test·leser waren: Christian Weber, Marco Arnold, Hartmut Kabelitz© European Easy-to-Read Logo: Inclusion Europe. Mehr Information unter www.easy-to-read.eu© Bilder: Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung Bremen e.V., llustrator Stefan Albers, Atelier Fleetinsel, 2013

Foto: heidelberg hürdenlos

Politik inklusiv:Nichts über uns ohne uns!Politische Teilhabe für Menschen mit und ohne Behinderung

vhs HeidelbergBergheimer Straße 76Tel: 06221.911 911 [email protected]

VolkshochschuleHeidelberg e.V.

Infos und Anmeldung unter:

Die Volkshochschule ist barrierefrei. Vom Hof aus können alle Etagen mit einem rollstuhlgerechten Aufzug erreicht werden.Auch das Rathaus ist barrierefrei zugänglich.

1130.04Modul 4: Tricks und Kniffe für eine selbstsichere PräsentationWie kann ich wichtige Themen vor kleinen und großen Gruppen präsentieren? Was gehört zu der Kunst, eine Rede wirkungsvoll zu gestal-ten? Wie verbinde ich Inhalt und Vortrag? Wie bekomme ich Lampenfieber in den Griff, sodass es mich beim Vortrag nicht blockiert? Wie schaffe ich es, dass der Zuhörer das meiste von dem behält, was ich gesagt habe? Was für Präsentationsmöglichkeiten habe ich?

Sebastian Schwarz Theaterwerkstatt Heidelberg Donnerstag, 09.02.2017, 16:30 – 19:00 Uhr vhs, Raum 113

1130.05Modul 5: Besuch einer Sitzung des bmb(Beirat von Menschen mit Behinderungen)Der Beirat von Menschen mit Behinderungen (bmb) setzt sich für die Interessen von Men-schen mit Behinderung bei der Stadtverwaltung und gegenüber dem Gemeinderat ein. Er spricht über wichtige Themen bei seinen Sitzungen im Rathaus und beschließt dort seine Projekte und Vorhaben. Wie läuft so eine Sitzung ab? Wer kann daran teilnehmen? Wer darf dort reden und mitbestimmen? Diese Fragen werden beim Besuch der Sitzung besprochen.

Treffpunkt: Rathaus Foyer Montag, 13.02.2017, 16:30 – 19:00 Uhr

Foto: Medienbüro-Rhein-Neckar

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Menschen stärken MenschenPatenschaften geben Vertrauen, aus denen sich Freundschaft entwickeln kann

KARLSRUHE Der Freundeskreis-Asyl Karlsruhe e.V. (fka) ist eine Menschenrechtsorganisation, die seit genau 30 Jahren in der Beratung von Flüchtlingen und Asylsuchenden in Karlsruhe aktiv ist. Aufgrund der hohen Zahl in Deutschland ankommender Geflüchteter wurde der fka im Jahr 2015 mit der Verfahrens- und Sozialberatung in Erstaufnahmeeinrichtungen in Stadt- und Landkreis Karlsruhe und in Mannheim beauftragt.

Johannes Riegsinger aus Keltern ist mit seiner Familie Pate einer Familie aus der Nähe von Homs/Syrien: „Mit uns Bürgern wird alles möglich. Wir haben die Kraft und das Improvisationstalent und das Herz“ (Bernd Riegsinger 2017).

Im Frühjahr 2016 begann für den fka die Vorbereitung für die zunächst sogenannte Integrationsberatung kommunal un-tergebrachter Geflüchteter in ausgewählten Gemeinden in Karlsruhe-Land. Aufgrund der Uneinigkeit zwischen Landkreis und Kommunen hinsichtlich der Finanzierung konnte der Ein-satz nicht wie abgesprochen realisiert werden. Zum Zeitpunkt dieses Dissenses erreichte den fka die Einladung zu dem Paten-schaftsprogramm „Menschen stärken Menschen“ vom PARITÄ-TISCHEN Baden-Württemberg. Das Programm bot dem fka die Möglichkeit, die Arbeit auf kommunaler Ebene fortzusetzen und kreativ weiterzuentwickeln. Das Patenschaftsprogramm (www.menschen-staerken-menschen.de) des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend dient dazu, Ehrenamtliche in ihrem Engagement für Geflüchtete zu unterstützen. Durch den Abschluss und die Einreichung von Patenschaftsvereinbarungen über den Landesverband an das Bundesministerium erhalten die Träger einen Beitrag zur Förderung der Arbeit von und mit Ehrenamtlichen und Geflüchteten. Sie dokumentieren zugleich die Freundschaft, Patenschaft oder auch Vormundschaft eines Ehrenamtlichen mit einer geflüchteten Person oder Familie.

Regionaler Einsatz- und Kontaktraum

Im Jahr 2016 betreute der fka 117 Patenschaften in den Städten Karlsruhe, Mannheim, Landau/Pfalz sowie in den Landkreisen

Karlsruhe, Rhein-Neckar, Enz, Südliche Weinstraße und Südwest-Pfalz. Das Bundesprogramm beschränkt die Aktivität nicht auf Baden-Württemberg. Seit vielen Jahren suchen Geflüchtete und Ehrenamtliche aus der linksrheinischen Südpfalz das Be-ratungsbüro des fka im Menschenrechtszentrum in der Durla-cher Allee auf. Die südliche Grenzregion von Rheinland-Pfalz ist Einzugsgebiet der Metropole Karlsruhe. Die Kontakte zu den Tandems ergeben sich oft aus lokalen Engagements der fka-Mitarbeiter/-innen in der Flüchtlingshilfe. Mitte 2016 gab es vielerorts Helferkreise mit bereits gut organisierten Struk-turen. Patennetze waren bereits aktiv oder befanden sich in der Entstehung. Ein Matching, das heißt die Vermittlung von ehrenamtlichen Paten/-innen mit geflüchteten Personen oder Familien war für den fka somit keineswegs der Schwerpunkt in der Arbeit mit „Menschen stärken Menschen“. Vielmehr war und ist man darauf konzentriert, die Geflüchteten in Zusammenar-beit mit den Ehrenamtlichen in ihrem Alltag zu unterstützen.

Arbeitsstruktur und Hauptaktivitäten

In der Situation mit enormen Beratungs- und Betreuungsbe-darfen in der kommunalen Flüchtlingsarbeit können Geflüch-tete und Ehrenamtliche durch das Patenschaftsprogramm unterstützt werden. Entstandene Unkosten können somit ab-gedeckt werden. Die Ausgestaltung der Leistungen des fka ist

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so vielfältig und facettenreich wie die Menschen, die sich in Tandems zusammenfinden. Zu konkreten Anlässen werden Sprach- und Kulturmittler/-innen gestellt, Alltagsbegleitungen, therapeutische Betreuung, Schulungen, Kreativworkshops und andere Projekte werden ermöglicht. Besondere Bedeutung ha-ben Rechtsberatungen, Anhörungsvorbereitungen und -beglei-tungen, die durch das Bundesprogramm auch an kommunal untergebrachte Geflüchtete gerichtet werden. Zuständig für das Patenschaftsprogramm sind beim fka Kerstin Müller und Jörg Weinerth. Um die externe Kontaktarbeit mit den Tandems kümmern sich insbesondere Saeed Riazati und Liza Ramoja.

Eine besondere Rolle im Leistungsspektrum des fka spielt die Empowerment-Arbeit der migrantischen Mitarbeiterinnen mit geflüchteten Frauen im muttersprachlichen Kontakt. Schwer-punkte hierbei sind Gewaltprävention, Gesundheit, Familien-planung, Bildung und Beruf, Kindererziehung und -betreuung. Geflüchtete aus Eritrea bilden einen relativ großen Anteil der Patenschaftsvereinbarungen. Zion Melak, die selbst Anfang der 1980er-Jahre aus Eritrea nach Deutschland floh, betreut in vielen Alltagsfragen geflüchtete Eritreer/-innen in der Pfalz. Seit oktober 2016 führt sie als fka-Mitarbeiterin gemeinsam mit der Somali sprechenden, in Ludwigshafen aufgewachsenen Jasmin Hassan eine Sprechstunde und ein Begegnungscafé für geflüchtete Somalierinnen und Eritreerinnen im Frauenzentrum des Aradia e.V. in Landau durch.

Synergien und Perspektiven des Programms

Das Programm ist sehr wichtig, weil es außerordentlich flexibel und kreativ eingesetzt werden kann. Wertvolle Kontakte zu Eh-renamtlichen werden eröffnet. Das Ziel der Arbeit liegt in der Stärkung und Entwicklung der in Patenschaften verbundenen Menschen. Auch die hauptamtliche Expertise und Kompetenz kann von der ehrenamtlichen Vernetzung und dem Engagement der Helfer/-innen profitieren. Das Programm ermöglicht die Sy-nergie und optimierung der Zusammenarbeit der Haupt- und Ehrenamtlichen, was den Geflüchteten zugute kommt.

Besonderen Wert legt der fka auf die Vermittlung und den Einsatz von Beratern/-innen und Dolmetschern/-innen mit Mi-grations- und Fluchterfahrung. Die muttersprachliche Unter-stützung der fka-Mitarbeitenden reicht von rein sprachlicher bis hin zur interkulturellen und menschlichen Vermittlung. Im muttersprachlichen Kontakt wird die Integration der Geflüch-teten durch das Vorbild, die Erfahrung und Expertise der Mit-arbeitenden gefördert.

■ Kontakt fka – Freundeskreis Asyl Karlsruhe e. V. Telefon 0721 96 49 48 96 www.freundeskreis-asyl.de www.facebook.com/freundeskreisasylkarlsruhe/ [email protected]

Nähwerkstatt im Flüchtlingszentrum

Aus Programmmitteln wird eine Nähwerkstatt im Flüchtlings-zentrum im Alten Rathaus Eggenstein-Leopoldshafen betrieben. Die Bekleidungsingenieurin Claudia Lehel lehrt und ermögli-cht Geflüchteten und Ehrenamtlichen das kreative Nähen und Schneidern. Das niedrigschwellige Angebot eröffnet einen ort zum Kennenlernen, Austauschen und zur Vernetzung von Eh-renamtlichen, Geflüchteten und Berater/-innen. So konnte durch die Kooperation des Projekts mit dem Staatstheater Karlsruhe unter anderem auch ein Praktikumsplatz für einen Geflüchteten vermittelt werden.

Zion Melak (an ihrer Seite der Ehrenamtliche Job Maasho) bei dem Workshop „Interkulturell kompetent im Tandem“ in Landau, Dezember 2016. Die Workshops in Koporation mit Volute dem Verein für interkulturelle und erfahrungsorientierte Bildung dienen der Stärkung und Entwicklung der Tandemarbeit. (Foto: Christian Ernst)

Petra Andresen ist Patin eines geflüchteten Syrers in Eggen-

stein-Leopoldshafen. Sein Werdegang – er hat mittlerweile im

Ordnungsamt der Gemeinde eine Anstellung gefunden – ist

eine Erfolgsgeschichte für eine gelungene Patenschaft und

Integration. „Die Patenschaft zwischen Nazir und mir (…) ist

wertvoll für beide Seiten. Es ist ein hohes Maß an Vertrauen

entstanden und es entwickelt sich daraus Freundschaft.

Die hauptamtliche Unterstützung durch den fka war dabei

außerordentlich wichtig und hilfreich. Eine Kombination aus

ehrenamtlichem Engagement und hauptamtlicher Kompetenz

ist ein Gewinn für alle“, erklärt Andresen.

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Engagement braucht LeadershipBeratung und Qualifizierung ehrenamtlicher Vereinsvorstände

Die sieben ausgewählten Partner

■ Heidelberg (FreiwilligenAgentur Heidelberg) · Partner: Stadtjugendring Heidelberg, ARGE Heidelberger Stadtteilvereine, Sportkreis Heidelberg, Stadt Heidelberg

■ Schwäbisch Gmünd (Volkshochschule Schwäbisch Gmünd) · Partner: Stadtverwaltung Schwäbisch Gmünd, Stadtjugendring, Stadtverband Sport, Stadtverband Musik und Gesang, Integrationsbeirat, Frauenforum

■ Ehingen/Donau (Ehinger Freundeskreis für Migranten) · Partner: Museumsgesellschaft Ehingen, Deutscher Kinderschutzbund oV Ehingen/Donau, Partnerschaftsverein Ehingen-Esztergom, Netzwerk Ehrenamt

■ Rottenburg am Neckar (Lebenshilfe Rottenburg) · Partner: Narrenzunft Rottenburg, Skiclub Rottenburg 1966, Verein zur Steigerung der Lebensfreude

■ Sinsheim (Stadtverwaltung Sinsheim) · Partner: Rheuma-Liga, ARGE Sinsheim, Russische Schule „alpha betiki“, Schützengesellschaft 1862 Sinsheim, Sportverein Hilsbach

■ Igersheim (Gemeinde Igersheim) · Partner: Fußballclub Igersheim 1946, Förderverein der Johann-Adam-Möhler-Schule Igersheim, Fastnachtsgesellschaft Kalrobia Igersheim, DRK ortsverein Igersheim, Sängerkranz Igersheim 1844

■ Karlsruhe (Freundeskreis Asyl Karlsruhe) · Partner: Verein Initiativa, Hilfe zur orientierung und Problem Evaluation für Asylsuchende

STUTTGART Warum sollte es in ehrenamtlichen bürgerschaftlichen Gruppen, Initiativen oder Vereinen anders sein als im Profilager: Ohne eine gute Führung sind die Ideen, Anliegen, Vorhaben oder auch Geschäfte nicht oder nur mühsam zu verwirklichen. Dennoch schwächelt es in den Vereinen oder in anderen eh-renamtlich bzw. bürgerschaftlich geführten Gruppen schon seit Jahren, wenn es um die Besetzung von Führungspositionen geht. Was früher in vielen Vereinen selbstverständlich schien, nämlich dass das Führungspersonal organisch aus der Mitgliederschaft generieren und sich in längere Vorstandskarrieren wählen lässt, ist zum Auslaufmodell geworden.

Die Aufgaben eines Vereinsvorstandes sind heute fraglos viel-fältiger und komplexer: Beim Vorstand laufen die Fäden zusam-men, er repräsentiert den Verein nach innen und außen. oft wird betont, dass der zeitliche Umfang der Tätigkeit und die Haftungsrisiken Hinderungsgründe für kein Engagement sind: Die ehrenamtliche Führung eines Vereins zu übernehmen, setzt Kompetenz, Verantwortungsbereitschaft, Investition von Zeit und Energie und auch Risikobereitschaft voraus. ohne Vorbe-reitung auf das Amt und Möglichkeiten der Weiterqualifizierung wird sich diese Zukunftsaufgabe aber nicht bewältigen lassen.

Stärkung von Strukturen und Prozessen

Das Paritätische Bildungswerk Baden-Württemberg hat sich im Rahmen des Förderprogramms „Engagement braucht Leadership“ der Robert Bosch Stiftung diesem Thema mit vielen weiteren Part-nern angenommen: Im Fokus stand die Stärkung von Strukturen und Prozessen in ge meinwohlorientierten Vereinen in Baden-Württemberg, die überwiegend eh-renamtlich arbeiten. Ausgangspunkt für das Projektsetting war, vorhandene landesweite Netzwerke zusammenzuführen, die alle In-teresse daran hatten, in ihren Strukturen die Vereine und besonders die Vorstandsarbeit in den Blick zu nehmen und Veränderungen zu bewirken. Die beteiligten Netzwerke haben sich in einer Steuerungsgruppe des Projekts zusammengeschlossen: Der Städ-tetag Baden-Württemberg mit dem Städ-tenetzwerk, der Gemeindetag Baden-Würt-temberg mit dem Gemeindenetzwerk, die Arbeitsgemeinschaft für Bürgerschaftliches

Engagement Baden-Württemberg (ARBES), die Landesarbeitsge-meinschaft der Freiwilligenagenturen (LAGFA), die Kontakt- und Informationsstellen für Selbsthilfe (KISS), der Landesjugendring Baden-Württemberg und das Ministerium für Soziales und Inte-gration Baden-Württemberg. Schon alleine dies war ein Erfolg, denn in dieser Konstellation gab es bisher keine gemeinsame Zusammenarbeit zum Thema Vereinsentwicklung. Zirka 30 örtliche Partner haben sich für das Projekt beworben; sieben wurden in einem differenzierten Verfahren von der Steuerungs-gruppe ausgewählt.

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Ziele und Erwartungen

In Baden-Württemberg gibt es seit über 20 Jahren eine gezielte Förderung des bürgerschaftlichen Engagements, die überwie-gend die Neuentwicklung von Initiativen im Fokus hat. Die klassische Vereinslandschaft war nicht im Fokus. Das Projekt hat diese in den Blick genommen mit den Zielen:

■ Generieren eines Innovationsschubes in Vereinen zur Stärkung der Führungsstruktur (Vereinsvorstände),

■ Motivation zur Veränderung der Vereinsstrukturen schaffen,■ neue Vorstandsmodelle auch zur effektiveren Arbeit und

zeitlichen Entlastung der Vorstände entwickeln,■ wertschätzende übergangsformen von alten zu neuen

Vorständen entwickeln,■ Vorstände in der Bewältigung ihrer Aufgabe stärken:

intern (Demokratisierung und Beteiligung) und extern (PR Strategien, neue Medien),

■ Schaffen von Netzwerken/Kooperationen zur Verbesse-rung der Zusammenarbeit von Vereinen vor ort

Wie geht es weiter?

Nach Ende der Förderphase ist das Thema keineswegs vom Tisch. Selbst in den beteiligten Vereinen ist überwiegend die Erkenntnis vorhanden, dass man sich zwar mit Unterstützung

der Robert Bosch Stiftung auf den Weg gemacht hat, aber noch nicht am Ziel angekommen ist. Beteiligt war nur ein kleiner Aus-schnitt aus der großen Vereinslandschaft in Baden-Württemberg. Für die Mehrzahl der Vereine sind solche Qualifizierungs- und Beratungsprozesse noch Zukunftsmusik.

Kommunen können einen Teil dazu beitragen, indem sie die Vereinsförderung überdenken und Unterstützungsformen ent-wickeln, die Qualifizierungs- und Beratungsangebote beinhalten. Der Städtetag hat das Thema weiterhin auf der Agenda und will solche Angebote entwickeln. Das Paritätische Bildungswerk hat unter www.vereinsvorstaende.org eine Webseite eingerichtet, um auch nach der Projektphase zu beraten und Coaching oder Weiterbildungsangebote zu vermitteln. Die FreiwilligenAgentur Heidelberg hat im Rahmen des Projekts ein Video produziert, das auf youtube zu finden ist. Darüber hinaus kann die Paritätische Akademie Süd auf Anfrage maßgeschneiderte Fortbildungs- und Inhouse-Angebote zum Thema entwickeln.

■ Kontakt Paritätisches Bildungswerk Landesverband Baden-Württemberg Martin Link · Telefon 0711 2155-188 [email protected] · www.vereinsvorstaende.org

Zentrale Erkenntnisse aus dem Projekt

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Veränderungswünsche sind nicht deckungsgleich mit Veränderungsbereitschaft

Einige beteiligte Vereine, die mit hoher Motivation am Projekt teilgenommen haben, wurden im Prozess von Coaching- und organisationsentwicklungsprozessen zurückhaltend, als klar wurde, dass Erneuerung auch bedeutet, sich auf neue Gestal-tungselemente einzulassen und gewisse Traditionen über Bord zu werfen.

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Das Zusammenführen der Vereine vor Ort hat längerfristige gemeinsame Perspektiven des Austauschs, des Voneinanderlernens und der Kooperation generiert

über gemeinsame Veranstaltungen und Fortbildungen ist Ver-trauen zu anderen beteiligten Vereinen gewachsen, die vorher nichts miteinander zu tun hatten. Es wurden gemeinsame Projekte verabredet und Synergien geschaffen, die jeweiligen Stärken für andere Vereine nutzbar zu machen.

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Vereinsführung ist mehr als sachorientierte Aufgabengestaltung und -verantwortung

Sie beinhaltet Mitgliedermotivation, Personalführung und Struk-turentwicklung. obwohl so mancher Vereinsvorstand dies als „Naturtalent“ schon immer verstanden hat, gab es hier vielleicht den größten Gewinn für die Beteiligten. Ein systematisches und reflektiertes Erkennen worauf es in der Führungsaufgabe an-kommt und wie dieses im eigenen Verein angewendet werden kann. In einigen Vereinen hat dies zu einem Führungswechsel geführt.

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Die Vereine haben Nachholbedarf in den Kommunikationsstrukturen

Intern bedeutet dies, dass mehr Transparenz notwendig ist. Mitglieder wollen verstehen, wie der Vorstand zu seinen Ent-scheidungen kommt und fordern gleichzeitig die Beteiligung in vielen Fragen, die den Alltag oder die Zukunft des Vereins betreffen. Extern gab es ein großes Interesse an Fortbildungen zu moderner PR-Arbeit (zur Gestaltung vereinsübergreifender Webauftritte und sinnvoller Nutzung von Social Media).

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Sinnvolle Delegationsformen und attraktive Aufgabenzuschnitte sind

Herausforderungen für die Vereine Das Vorstandsamt wird oft als zeitlich sehr belastend empfun-den, dabei gibt es viele Möglichkeiten, Aufgaben zu delegieren oder die gesamte Vorstandsarbeit in der Struktur zu überdenken.

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Anerkennungs- und Wertschätzungskultur muss permanent weiterentwickelt werden

Anerkennungskultur gibt es auf sehr unterschiedliche Weise: von der Ehrung langjähriger Mitgliedschaft bis zur Würdigung besonderer Verdienste. Den Vereinen war schnell klar, dass hier Entwicklungsbedarf besteht. Eine wichtige Erkenntnis war: Noch so schöne Modell von anderen müssen für den eigenen Verein nicht die richtigen sein. Am besten wird die passende Form mit Beteiligung der Mitglieder entwickelt. Das wirkt identitäts-stiftend nach dem Motto „das ist mein Verein und ich bin ein aktiver Teil davon“.

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Bürgerengagement in der PflegeUnterstützung alleinlebender Senioren und Entlastung pflegender Angehöriger

STUTTGART Pflegende Angehörige und Zugehörige sind der größte Pflegedienst in Deutschland. Sie sind im Rahmen der häuslichen Pflege allerdings oft auf sich alleingestellt. Knapp 300.000 Menschen waren 2013 in Baden-Württemberg pfle-gebedürftig im Sinne des SGB XI. Der überwiegende Teil wird im häuslichen Umfeld gepflegt, viele davon ausschließlich von Angehörigen und Zugehörigen. Auch die nicht pflegebedürftigen hochbetagten Menschen benötigen zum Teil Hilfe beim Einkauf oder für einen Fahrdienst zum Arzt. Für beide Zielgruppen sind Kommunen und das Land gefordert, ange-messene Angebote zu entwickeln. Für die Angebotsgestaltung hat der Bundesgesetzgeber mit den Leistungen gemäß §§ 45a bis 45d SGB XI Zuschüsse ermöglicht.

Dabei kommt dem Engagement pflegender Angehöriger auch in der Selbsthilfe eine immer größere Bedeutung zu als Alltags-bewältigungshilfe und als Möglichkeit zur gesellschaftlichen Teilhabe. Selbsthilfegruppen stärken Eigenverantwortung und Selbstbestimmung, sie fördern die Entwicklung von Strategien zur Bewältigung der besonderen, herausfordernden Problem-stellungen in der Pflegesituation, insbesondere bei der Pflege im häuslichen Bereich. Selbsthilfegruppen wirken gesundheits-fördernd und entlastend durch gegenseitige Hilfe innerhalb der Gruppen, sie helfen aktiv bei der Bewältigung der Lebenssitua-tion und wirken dem Risikofaktor Einsamkeit pflegebedürftiger Menschen und pflegender Angehöriger entgegen.

Die Bewältigung der hohen An forderungen, denen sich pflegen de Angehörige schon bei der Gestaltung des täglichen Lebens mit der Pflegetätigkeit, Familie und Berufstätigkeit zu stellen haben, bedarf einer ganz besonderen Unterstützung von Selbsthilfe-gruppen pflegender Angehöriger durch Selbsthilfekontaktstellen vor allem bei organisatorischen und administrativen Aufgaben. Mit finanzieller Förderung gemäß § 45d SGB XI können sich Selbsthilfekontaktstellen dieser Aufgabe stellen.

Botschafter für die Anliegen der Menschen

Bürgerschaftlich Engagierte und ehrenamtlich Tätige kümmern sich im sozialen Bereich um Menschen, die Unterstützung be-nötigen. Als Ergänzung der Unterstützung von Familien und pflegenden Angehörigen begleiten sie alleinlebende Senioren/-innen und Menschen mit Behinderung. Ziele der Initiativen sind, die Selbstständigkeit und Gesundheit zu fördern, Men-schen soziale Teilhabe zu ermöglichen und die Begleitung und Entlastung von pflegenden Angehörigen und vergleichbar na-hestehenden Personen.

Ich schenke dir Zeit in Wiesloch

Die Bürgerstiftung Wiesloch mit dem Schwerpunkt „Pluspunkt Alter“ fördert Eigeninitiative und freiwilliges Engagement. So beispielsweise im Angebot „Zeitgeschenk“. Zeitschenker be-suchen regelmäßig Menschen, die einsam sind, und verbrin-gen mit ihnen Zeit, ob beim Kaffee trinken, Schach spielen oder bei einem gemeinsamen Spaziergang mit „Bello“ Mein Hund – dein Freund, ein weiteres Projekt der Bürgerstiftung. Bei „Bücher auf Rädern“ werden Menschen, die nicht selbst zur Bibliothek gehen können, mit den gewünschten Medien versorgt. Im Sommer gibt es ein offenes „Singen im Park“ für Jung und Alt, die gemeinsam Volkslieder und Schlager zum Besten geben. Bis zu 170 Bürger und Bürgerinnen kommen zu den Treffen, was eindeutig für deren Beliebtheit spricht. Die „Patien-tenbegleiter“ sind Ansprechpartner auf Zeit für Menschen, die krank sind und helfen bei der Vorbereitung für das Krankenhaus, besuchen die Menschen dort und unterstützen beim übergang vom Krankenhaus nach Hause und wieder in den Alltag zurück.

■ Weitere Informationen [email protected]

Eine Förderung der Selbsthilfe pflegender Angehöriger

erfolgt gemäß § 45d SGB XI (Grundlage: Betreuungsangebote-

Verordnung). Im Jahr 2015 hat das Land Baden-Württemberg

nur 7.000 Euro abgerufen, möglich wäre ein Zuschuss der

Pflegekassen in Höhe von mehr als einer Million Euro

gewesen. Die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements

und des Ehrenamtes ist seit Januar 2017 in § 45c Abs. 1 Nr. 2

und Abs. 4 SGB XI geregelt.

• Weitere Informationen · Ursula Helms · [email protected]

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Die Betätigungsfelder der Freiwilligen sind vielfältig: Besuchs- und Fahrdienste, kleine Reparaturen im Haushalt, Wohnberatung und Hilfe beim „Schriftkram“, Geselligkeit wie Spielnachmittage oder Mittagstische, die Begleitung zum Arzt oder die Unterstüt-zung nach einem Krankenhausaufenthalt, die Begleitung von pflegenden Angehörigen und das Brücken bauen zu Diensten. Sie sind Botschafter für die Anliegen der Menschen durch Ver-anstaltungen und Öffentlichkeitsarbeit.

Seit 2008 fördern die Pflegeversicherung, das Land Baden-Würt-temberg, die Landkreise, die Städte und Gemeinden das bürger-schaftliche Engagement im Bereich Pflege. Seither ist die Anzahl der geförderten Initiativen auf etwa 140 in Baden-Württemberg angestiegen. Alle sind in einem begrenzten Sozialraum tätig, in einer Stadt oder einem Stadtteil, in einer Gemeinde oder in einer Teilgemeinde oder sie haben einen ausgewiesenen Quartiers-bezug. Initiativen sind in einem bestimmten Raum nie „alleine“ unterwegs, sie sind in lokalen Netzwerken eingebunden und haben Kooperationspartner.

Pflege engagiert

Die Vielfalt der Träger, die organisationen und Einrichtungen machen die jeweiligen Angebote und Projekte so interessant. Den Ideen sind keine Grenzen gesetzt. Was alle bewegt, ist die Absicht, die Welt für Menschen, die Unterstützung brauchen, freundlich und lebenswert zu machen. Und Menschen, die etwas Sinnvolles tun wollen und Ideen haben, die Möglichkeit zu eröff-nen, dies zu verwirklichen und anderen Menschen Freude da-mit zu bereiten. Weitere schöne und interessante Beispiele sind unter www.pflege-engagiert.de zu finden. Die Agentur „Pflege

engagiert“ ist eine Kontakt- und Informationsmöglichkeit des Landesseniorenrats Baden-Württemberg in Zusammenarbeit mit dem Paritätischen Bildungswerk Landesverband Baden-Würt temberg und wird aus Mitteln des Ministeriums für So-ziales und Integration Baden-Württemberg und der sozialen und privaten Pflegeversicherung gefördert.

■ Kontakt Regina Steinkemper, Bereichsleitung Bürgerschaftliches Engagement, Selbsthilfe und Gesundheit Telefon 0711 21 55-136 · [email protected]

Leselust bei LEA in Ulm

In Ulm Wiblingen gibt es ein ehrenamtliches Angebot „den inklusiven Kegelclub“. Menschen mit und ohne Behinde-rung treffen sich monatlich in der Kegelbahn des Wiblin-ger Bürgerzentrums zu ihrem gemeinsamen Hobby. oder das Angebot des Ulmer LEA Leseklubs (LEA = Lesen Ein-mal Anders). Bei der Lesegruppe geht es nicht darum, dass Menschen ohne Behinderung den Menschen mit Behinde-rung vorlesen, sondern um gemeinsames Lesen und Zeit verbringen. Die Gruppe entscheidet, was sie lesen möch-te und wo sie sich wöchentlich trifft. Lesen zu können ist keine Pflicht, nur die Lust auf Bücher, Bilder und Geschich-ten verbindet die Gruppe.

■ Weitere Informationen Karin Hanekamp · [email protected]

PAULA – für eine lebendige Nachbarschaft

Die Pfullinger haben „PAULA“ – Pfullingens Alltagsunterstüt-zung für das Leben im Alter und bei Behinderung. Eine le-bendige Nachbarschaft soll entstehen, sich kennen und nach einander schauen. Es wurde ein Besuchsdienst aufge-baut für Menschen, die Einschränkungen haben und nicht zu Treffen kommen können oder sich einsam fühlen. Die Nachbarschafts treffen finden an jedem ersten Montag im Monat in den Räumlichkeiten einer Kirchengemeinde statt. Hier treffen sich Nachbarn aus demselben Stadtteil, bringen selbstgebackenen Kuchen mit oder veranstalten etwas ge-meinsam, getreu dem Motto: „jeder kann mitmachen und mithelfen“. In unregelmäßigen Abständen wird das soge-nannte „Permanent Breakfast“ (immerwährendes Frühstück) organisiert. Dort trifft man sich, um in gemütlicher Runde zu frühstücken, sich kennenzulernen und zu erzählen. Bei gutem Wetter findet das ganze sogar im Freien statt. Eingeladen ist jedermann, es kostet nichts und jeder kann gerne eine Klei-nigkeit mitbringen.

■ Weitere Informationen [email protected]

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Leben ohne SuchtmittelSelbsthilfegruppen als Wegbereiter für eine zufriedene Abstinenz

Der Sinn einer Selbsthilfegruppe gegen Sucht besteht darin, durch den Erfahrungsaustausch praktikable Lösungen für die eigene Lebensgestaltung ohne Suchtmittel zu finden. Ehrenamtliches Engagement kann aber nicht als genereller Ersatz für eine professionelle Versorgung betrachtet werden. Vor allem im Suchtbereich ist es notwendig, dass sich beide Seiten zum Wohle der Menschen sinnvoll ergänzen. Oliver Kaiser, Bereichsleiter Krisenintervention und Existenzsicherung, sprach für PARITÄTinform zum Thema Suchtselbsthilfe mit Manfred Geiger, erster Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Selbsthilfegruppen für Suchtkranke e.V. in der Region Heilbronn-Franken (ArGe).

Selbsthilfe gegen Sucht – das klingt so, als könne man Suchtprobleme leicht selbst in den Griff bekommen. Braucht man keine therapeutische oder ärztliche Hilfe, wenn man suchtkrank ist?

Selbsthilfe ist eigentlich genau das Gegenteil davon, seine Suchtprobleme alleine in den Griff zu bekommen. Man versucht, sein Suchtproblem mit der Gemeinschaft der Gruppe zu lösen. Es ist sehr individuell, wie Menschen ihren Weg in eine zufrie-dene Abstinenz finden. Es gibt einige, die benötigen therapeu-tische Hilfe. Und es gibt Beispiele in unseren Gruppen, in denen Menschen nur durch die Selbsthilfe abstinent geworden sind. Wobei der eine Weg genauso gut ist wie der andere. Wichtig ist nur, dass man den für sich persönlich richtigen Weg wählt. Der Besuch einer Gruppe ersetzt keine Therapie, ist jedoch therapeu-tisch höchst wirksam. Wir arbeiten daher mit der professionellen Suchthilfe eng zusammen. Den Entzug vom Suchtmittel sollte man aber auf jeden Fall mit ärztlicher und therapeutischer Hilfe machen, denn dabei eventuell auftretende Komplikationen sind nicht vorhersehbar.

Was bringt es mir, wenn ich mir in der Gruppe die Probleme von anderen Suchtkranken anhöre?

Es hilft zu erkennen, dass man nicht der Einzige ist, der Probleme hat, und darüber an sich zu reden, ist schon eine Hilfestellung. Der eigentliche Sinn einer Selbsthilfegruppe besteht für mich darin, durch den Erfahrungsaustausch praktikable Lösungen für die eigene Lebensgestaltung ohne Suchtmittel zu finden. Voraussetzung dafür ist, dass man seinem Gegenüber zuhört und die eigene Problematik in die Gruppe einbringt.

Ist die Selbsthilfe bei Gesundheitspolitikern und Kostenträgern deshalb so beliebt, weil sie kaum etwas kostet?

Tatsache ist: Wenn alle ehrenamtlichen Tätigkeiten in die-sem Land vom Staat als professionelle Arbeit bezahlt werden müssten, wäre dies schlichtweg nicht finanzierbar. Ehrenamt-liches Engagement kann aber nicht generell als Ersatz für pro-fessionelle Tätigkeit betrachtet werden. Vor allem im Suchtbe-reich ist es notwendig, dass sich beide Seiten zum Wohle der

Den richtigen Weg für sich findenSuchtselbsthilfe- und Abstinenzgruppen als Teil bürgerschaftlichen Engagements

STUTTGART In Baden-Württemberg wirken rund 1.000 Selbst-hilfe- und Abstinenzgruppen der in der Landesstelle für Suchtfragen zusammengeschlossenen Verbände. Hinzu kommen noch viele Gruppen der anonymen Alkoholiker und sonstiger Selbsthilfegruppierungen im Suchtbereich. Die Selbsthilfe- und Abstinenzgruppen erfüllen Aufgaben der Vor- und Nachsorge und bieten ambulante Hilfe für die-jenigen Suchtkranken an, die aus eigener Einsicht und ohne stationäre Behandlung ihre Abhängigkeit überwinden wollen.

Für die Betroffenen bietet die Gruppe in erster Linie einen „Schutzraum“ für die krankheitsbedingt notwendige sucht-mittelfreie Lebensweise und damit die Chance für eine posi-tive Persönlichkeitsentwicklung. Bedingungen für eine erfolg-reiche Rehabilitation als Abschluss der Behandlung sind hier optimal gegeben. Für die Familie der Suchtmittelabhängigen bietet die Gruppe Erfahrungsaustausch, einen Freundeskreis, ein Trainingsfeld für Lebensprobleme durch diverse Angebote von Familienfreizeiten, Gespräche etc. Darüber hinaus bedeuten

die Selbsthilfe- und Abstinenzgruppen für die Gesellschaft ein Potenzial, das dem steigenden Suchtmittelmissbrauch und den damit verbundenen Gefahren entgegenwirkt.

■ Kontakt und Informationen oliver Kaiser, Bereichsleitung Krisenintervention und Existenzsicherung · [email protected]

Suchtselbsthilfe – Was ist das eigentlich?

Was in einer Selbsthilfegruppe geschieht, zeigt das Er-klärvideo der Hessischen Landesstelle für Suchtfragen e.V., das in Kooperation mit der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen und mit Unterstützung der Techniker Kran-kenkasse in Hessen erstellt wurde:

www.hls-online.org/aktuelle-meldungen/ sucht-selbsthilfe-was-ist-das-eigentlich/

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Menschen sinnvoll ergänzen. Von daher gehe ich davon aus, dass vor allem die Bereitschaft der Menschen, einen Teil ihres Lebens unserer Gemeinschaft zur Verfügung zu stellen, gewür-digt werden sollte. Natürlich wäre es aber falsch, wenn der Staat sich seinen sozialen Verpflichtungen entziehen würde, indem er ausschließlich auf ehrenamtliches Engagement setzt.

Welche Erfahrungen haben Sie persönlich in den Selbsthilfe-gruppen für Suchtkrankenhilfe gemacht?

Die nachhaltigste Erfahrung war sicherlich, dass ich über den Gruppenbesuch die Chance bekam, ein selbstbestimmtes Leben zu führen und mich über die neu gewonnenen Erfahrungen austauschen konnte. ob man diese Chance nutzt, kann jeder nur für sich selbst entscheiden. Es waren aber nicht nur ange-nehme Erfahrungen, die ich gemacht habe. Das meiste über mich selbst habe ich durch die gemeinsame Verarbeitung der unangenehmen Erlebnisse gelernt.

Sie sind Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft. Welche Aufgaben hat diese?

Im Bereich der Gesundheits- und Sozialpolitik vertreten wir die Interessen unserer Mitglieder, leisten Aufklärungsarbeit, fördern präventive Maßnahmen und setzen suchtpolitische Interessen um. Die ständige Qualifizierung der ehrenamtlichen Helfer durch Aus- und Weiterbildung ist eine wichtige Aufgabe. Durch Öf-fentlichkeitsarbeit und Suchtprävention in Schulen, Vereinen und Betrieben versuchen wir zusammen mit der Drogenei-senbahn (www.drogeneisenbahn.de) auf die Suchtprobleme in unserer Gesellschaft aufmerksam zu machen. Die partner-schaftliche Zusammenarbeit mit den Fachkliniken Wilhelmsheim

in oppenweiler und dem Klinikum am Weissenhof in Weinsberg sowie den Beratungsstellen der professionellen Suchthilfe und den Suchtkoordinationsstellen des Stadt- und Landkreises Heil-bronn, des Landkreises Schwäbisch Hall und dem Hohenlohe-kreis ist für uns eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg unserer Arbeit. Als Mitglied der Baden-Württembergischen Arbeitsgemeinschaft der Selbsthilfe- und Abstinenzverbände (BWAG) stehen wir mit dieser in regelmäßigem Erfahrungsaus-tausch und unterstützen deren Arbeit und Ziele.

Alkoholabhängigkeit

Rund 70 Prozent der Deutschen trinken regelmäßig Alkohol, also mindestens einmal im Monat. Viele schätzen die anre-gende und stimmungssteigernde Wirkung von Bier, Wein, Sekt und Spirituosen. Dabei wird gerne vergessen, wie gefährlich das Zellgift Ethanol bei übermäßigem Konsum und auf lange Sicht werden kann. Wissen Sie, wie viel Sie trinken dürfen, ohne ein hohes gesundheitliches Risiko einzugehen? Kennen Sie Ihr persönliches Limit und halten es auch immer ein? Und haben Sie sich schon Mal Gedanken darüber gemacht, welche Auswirkungen Ihr Konsum auf andere haben kann?

Zirka 1,8 Millionen Menschen in Deutschland sind alkoho-labhängig (Pabst 2013). Die Krankheitsdiagnoseklasse F10 (ICD-10) „Psychische und Verhaltensstörungen durch Alko-hol“ ist bei Männern der häufigste Behandlungsanlass in Krankenhäusern (Statistisches Bundesamt Deutschland 2016). Der Pro-Kopf-Konsum an reinem Alkohol beträgt in Deutsch-land zwischen neun und zehn Litern. Damit gehört Deutsch-land zu den Hochkonsumländern (DHS 2016).

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Resozialisierung als gesamtgesellschaftliche AufgabeBürgerschaftliches Engagement im Strafvollzug – eine Brücke zwischen drinnen und draußen

STUTTGART Im Jahr 2017 ist bürgerschaftliches Engagement wichtiger denn je. Angesichts rechtspopulistischer Tendenzen, die auf Ausgrenzung von Randgruppen und Abgrenzung gegenüber dem Staat zielen, schafft eine starke Bürgergesell-schaft ein Gegengewicht zu diesen Demokratie schädigenden Positionen. Sie ist Prävention vor einem autoritären Staat. Der weitere Ausbau des bürgerschaftlichen Engagements auch bei der Resozialisierung Straffälliger ist daher das Gebot der Stunde.

Der Verband Bewährungs- und Straffälligenhilfe Württemberg hat 2009 die Geschäftsführung

des „Fortbildungsverbunds Straf fäl ligenhilfe Baden-Württem-berg“ übernommen – einem Zusammen schluss bisher getrennt agierender organisationen unter Beteiligung des Justizministe-riums Baden-Württemberg. Dieser Verbund hat sich zur Aufgabe gemacht, ehrenamtliches Engagement im Strafvollzug zu be-gleiten und zu fördern. Mitglieder des Fortbildungsverbunds sind das Netzwerk Straffälligenhilfe Baden-Württemberg, die badische und württembergische Landeskirche, das Schwarze Kreuz und der SKM. Zunächst wurde ein gemeinsames Quali-tätskonzept vereinbart.

Einblicke in die Lebenswelt der Justiz

Der Fortbildungsverbund bietet Einführungskurse, welche Inte-ressierten und neu zugelassenen Ehrenamtlichen einen Einblick in die Lebenswelt des Justizvollzugs geben und sie für die Arbeit vorbereiten. Eine fachliche Begleitung des Bürgerengagements

wird durch hauptamtliche Fachkräfte in jeder Vollzugsanstalt und bei den organisationen und Vereinen des Fortbildungs-verbunds abgesichert. Zudem werden ein regelmäßiger Erfah-rungsaustausch und verschiedene Fortbildungen für Ehrenamt-liche angeboten.

Ziel ist es, eine „Brücke zwischen drinnen und draußen“ zu schlagen und den Strafgefangenen den Weg zurück in die Gesellschaft zu ermöglichen. Zahlreiche Ehrenamtliche unter-schiedlichen Berufs, Alters und Kompetenz begleiten daher straffällig gewordene Menschen in ganz Baden-Württemberg. Für die Betroffenen hat diese Hilfe von Mensch zu Mensch einen sehr hohen Stellenwert. Auch der Strafvollzug ist in besonderem Maße auf die Mitwirkung von Ehrenamtlichen angewiesen. Eh-renamtliche bringen Zeit und zusätzliche Kompetenzen ein, die hauptamtliche Mitarbeiter/-innen nur begrenzt zur Verfügung stellen können. Die Inhaftierten erfahren während der Haft und darüber hinaus Zuwendung und persönliche sowie praktische Hilfen. Dies ist eine wesentliche Voraussetzung für ein Leben in Freiheit ohne neue Straftaten.

„Ich würde mich über

mehr Angebote von

Ehrenamtlichen freuen.

Ich spreche, so denke ich,

für die Allgemeinheit

in Haft.“

Aus der repräsentativen

Gefangenen-Befragung 2015

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Ehrenamtliche ermöglichen persönliche Gespräche und Brief-kontakt, Gruppenangebote wie Freizeitgruppen und Gesprächs-kreise, Unterstützung bei schwierigen Entscheidungen, wirken einem Rückfall in die erneute Straffälligkeit entgegen und för-dern die Entfaltung und Stabilisierung der Persönlichkeit der Gefangenen. Häufig sind die Ehrenamtlichen die einzige Ver-bindung zum Leben „draußen“. Doch nicht nur für straffällige Menschen sind die Ehrenamtlichen eine Bereicherung – auch für die Gesellschaft ist diese Arbeit wichtig. Ehrenamtliche tra-gen dazu bei, Vorurteile abzubauen und schaffen Chancen für Menschen am Rande der Gesellschaft.

Gefangenenbefragung: Wünsche nach ehrenamtlicher Unterstützung

Um die Bedürfnisse der Gefangenen nach ehrenamtlicher Un-terstützung kennenzulernen, gab der Fortbildungsverbund 2015 eine repräsentative Untersuchung in Auftrag. Sie wurde von den Professorinnen an der Hochschule für Sozialwesen in Esslingen Dr. Andrea Janßen und Dr. Sabine Schneider durchgeführt. Männ-liche Gefangene aus zwölf Vollzugsanstalten wurden in einem

repräsentativen Stichprobenverfahren befragt. Die Rücklaufquo-te war mit 70,5 Prozent sehr hoch. Dies zeigt das rege Interesse der Gefangenen, die bei dieser Umfrage zudem eine hohe Zu-friedenheit mit den bereits angebotenen Kursen äußerten. Auf der Hitliste ganz vorne stand der Wunsch nach „Kochen und Ba-cken“. Dies hat selbst die Experten/-innen überrascht. Sofern es die räumlichen Gegebenheiten in der Vollzugsanstalt zulassen, bietet dieser Wunsch ein hervorragendes Betätigungsfeld, um mit Gefangenen ins Gespräch zu kommen. Der Nutzen ist groß – schließlich stehen die meisten Gefangenen nach der Entlassung ganz alleine da. Grundkenntnisse in Kochen und Haushaltsfüh-rung sind daher wichtig, um über die Runden zu kommen. Die Hälfte der Befragten hätte gerne den persönlichen Kontakt zu einer ehrenamtlichen Betreuungsperson. Die Spannbreite der Wünsche lag zwischen „Briefkontakt“ bis zur „Begleitung bei Ausgängen zur Entlassungsvorbereitung“.

■ Kontakt Verband Bewährungs- und Straffälligenhilfe Württemberg e.V. Hilde Höll · Hauptstraße 28 · 70563 Stuttgart Telefon 0179 215 73 25 · [email protected]

Das vier-Säulen-Modell des Qualitätskonzepts

„Bürgerschaftliches Engagement im Justizvollzug“.

Quelle: Qualitätskonzept.

Die „Hitliste“ der Gefangenenbefragung 2015. Quelle: Gefangenenbefragung 2015.

Die 15 häufigsten Wünsche nach ehrenamtlicher Unterstützung · Angaben in Prozent

70

60

50

40

30

20

10

0

Kochen und Backen

Computer

Fremdsprachen

Fußball

Handwerken

Krafttraining

Spiele

Gesunde Ern

ährung

Fitnesst

raining

Volleyball

Musik m

achen

offene G

ruppen

Erste-H

ilfe-K

urs

Tischtennis

Fitnessb

oxen

65,1

52,7

45,9 45,642,0 40,7 39,8 39,6

37,634,6 33,0 33,0

31,3 31,029,1

B ü r g e r s c h a f t l i c h e s e n g a g e m e n t i m J u s t i z v o l l z u g

K o o p e r a t i o n u n d z u s a m m e n a r B e i t d e r B e t e i l i g t e n

Gewinnung

und

Auswahl

Qualifizierung

und

Fortbildung

Betreuung

und

Begleitung

Anerkennung

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Nachhaltige Netzwerkstrukturen führen zum ErfolgPositive Abschlussbilanz bei der Integration von Flüchtlingen in Arbeit

STUTTGART Das Projekt NIFA- Netzwerk zur Integration von Flüchtlingen in Arbeit, das als Netzwerkverbund aus elf Part-nerorganisationen unter der Koordination der Werkstatt PARITÄT in der Region Stuttgart-Tübingen-Pforzheim besteht, gibt Hilfestellung bei der nachhaltigen Integration von Asylsuchenden und anderen Geflüchteten in Ausbildung, Arbeit und schulischer Bildung. Es ist Teil des Handlungsschwerpunkts „Integration von Asylbewerbern/-innen (n) und Flücht-lingen“ (IvAF) der ESF-Integrationsrichtlinie Bund des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.

Im Mittelpunkt der Projektaktivitäten stehen teilnehmerbezo-gene Maßnahmen der speziell auf die Zielgruppe ausgerich-teten Beratung, betriebsnahen Aktivierung und Qualifizierung sowie Vermittlung in Arbeit, Ausbildung und schulische Bildung. Zudem gehören Maßnahmen zur Strukturverbesserung zum Aufgabenprofil, um die Einstellungsbereitschaft für die Zielgrup-pe zu erhöhen, Ausbildungs- und Beschäftigungsverhältnisse zu stabilisieren sowie die Qualität der arbeitsmarktlichen För-derung zu steigern.

Zahlreiche Geflüchtete individuell beraten und unterstützt

Während der Projektlaufzeit Juli 2015 bis Dezember 2016 konn-ten bereits 872 Geflüchtete hinsichtlich der Arbeitsmarktinte-gration beraten und individuell unterstützt werden, darunter 223 Frauen. Das besondere hierbei ist, dass die Beratungs- und Unterstützungs angebote allen Personen mit Aufenthaltsgestat-tung, Duldung bzw. Aufenthaltserlaubnis mit mindestens nach-rangigem Arbeitsmarktzugang und unabhängig vom Herkunfts-land oder Alter offen stehen, da die ESF-Integrationsrichtlinie Bund keine Einschränkungen macht. Dies spiegelt sich auch bei den Herkunftsländern der Teilnehmenden wieder, die vorwiegend aus den Ländern Syrien, Irak, Afghanistan und Gambia stammen.

In dem sehr dynamischen Feld sich vermehrender und wan-delnder Angebote, Formate und gesetzlicher Bestimmungen sowie deren unterschiedlicher lokaler Umsetzung ist es beson-ders wichtig, sich fortlaufend mit relevanten Akteuren zu ver-netzen und somit Parallelstrukturen zu vermeiden. Runde Tische mit Arbeitsmarktakteuren und Betrieben wurden sowohl auf lokaler als auch landesweiter Ebene initiiert, um passgenaue, ar-beitsmarktgerechte Angebote und Maßnahmen zu entwickeln. Insbesondere durch die gute lokale Vernetzung vor ort ist es möglich, die Förderketten ganzheitlich zu verbessern und die Teilnehmenden zielgerichtet zu vermitteln. Während der Pro-jektlaufzeit konnten bereits 210 Personen erfolgreich in Schule, Ausbildung und Arbeit vermittelt werden.

Ehrenamtliche Ausbildungs- und Jobpaten

Die Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen ist von hoher Bedeu-tung. Im Hinblick auf die Stabilisierung von Arbeitsverhältnissen und Vermeidung von Ausbildungsabbrüchen wurde das Modul „ehrenamtliche Ausbildungs- und Jobpaten/-innen“ konzipiert. Die Fortbildung baut auf dem Wissen und den Praxiserfah-rungen der Netzwerkträger auf und bietet den Ehrenamtlichen einen überblick über die rechtlichen Grundlagen und prak-tischen Handlungsmöglichkeiten. Die Ehrenamtlichen können selbstständig Geflüchtete im arbeitsmarktlichen Integrations-prozess begleiten und unterstützen. Sie treffen sich regelmäßig mit den Anleitern/-innen der Netzwerkträger zum Erfahrungs-austausch und zur Fallbesprechung. In Tübingen werden enga-gierte Geflüchtete als interkulturelle Vermittler/-innen bei der Fortbildung miteinbezogen. Weitere Fortbildungen sind an den drei Projektstandorten im Sommer und Herbst 2017 geplant.

■ Kontakt Werkstatt PARITÄT gGmbH Kirsi-Marie Welt, NIFA-Projektkoordination Telefon 0711 2155-419 · [email protected]

Pro

jekt

e

Das Projekt „NIFA- Netzwerk zur Integration von Flüchtlingen in Arbeit“ wird im Rahmen der „Integrationsrichtlinie Bund“ im Handlungsschwerpunkt „Integration von Asylbewerberinnen, Asylbewerbern und Flüchtlingen“ (IvAF) durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Europäischen Sozialfonds gefördert.

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Sozialraumorientierte QuartierszentrenTages- und Nachtpflege als vernetztes Wohn- und Pflegearrangement im Quartier

STUTTGART Mit den Pflegestärkungsgesetzen intendiert der Gesetzgeber die stringente Umsetzung des § 3 SGB XI: der Vorrang der häuslichen Pflege („ambulant vor stationär“)1. Die Leistungsausweitungen werden zur weiteren „Ambulanti-sierung“ beitragen, die ambulante Versorgung Pflegebedürftiger verbessern und pflegende Angehörige/Bezugspersonen durch zusätzliche Angebote zur Unterstützung im Alltag entlasten. Diese Entwicklungen eröffnen Möglichkeiten, sich vermehrt den ambulanten Wohn- und Pflegearrangements zu widmen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Dies betrifft auch vollstationäre Angebote, die sich mit zurückgehender Belegung konzeptionell verändern und sich der veränderten Nach-frage anpassen werden. Insgesamt werden zukünftig abgestuften modularisierten Betreuungs- und Pflegearrangements und finanzierbaren „neuen“ Wohnformen wachsende Bedeutung zukommen. Gefragt sind sozialraumorientierte integra-tive Quartierszentren, deren wesentlicher Bestandteil Tages- und Nachtpflegeeinrichtungen als Solitäreinrichtungen, im Verbund mit ambulanten Pflegeeinrichtungen oder als Bestandteil von vernetzten Wohn- und Pflegearrangements sind.

Seit dem 1. Januar 2015 können Leistungen individueller in Anspruch genommen werden. Die Höhe der Leistungsbeträge ist insgesamt gestiegen (siehe Abb. 1). Mit den Leistungserhö-hungen durch das Pflegestärkungsgesetz II wird die Nachfrage nach Tagespflegeplätzen erheblich wachsen. Die Leistungen der Tages- und Nachtpflege können nun neben der ambulanten

Pflegesachleistung/dem Pflegegeld in vollem Umfang in An-spruch genommen werden. Eine Anrechnung der Leistungen aufeinander erfolgt nicht mehr. Seit dem 1. Januar 2017 haben Versicherte der Pflegegrade 2 bis 5 Anspruch auf Tages- und Nachtpflege (siehe Abb. 3). Personen im Pflegegrad 1 können ihren Entlastungsbetrag2 hierfür einsetzen. Die Pflegekasse

Inklusive Quartiere zum Wohnen und LebenSTUTTGART Neben Berichten über das aktuelle Geschehen in den einzelnen Fachbereichen stand im Mittelpunkt der Sitzung des Paritätischen Fachbeirates am 22. Februar 2017 das Themenfeld „Inklusive Quartiere zum Wohnen und Leben“.

Achim Uhl, Leiter des Bereichs Ältere Menschen und Pflege, führte in das Themenfeld inhaltlich ein. Im Mittelpunkt seiner Ausführungen standen die Entwicklungen, die angestoßen durch das PSG II zukünftig zur Einbindung der Kommune in die Strukturen der Pflege ab 2017 führen. Uhl erläuterte, dass den Kommunen bei der Gestaltung von Strukturen der Pflege und Unterstützung in Baden-Württemberg eine besondere Verant-wortung zukommt: Ihre Aufgabe sei es, das Zusammenwirken von familiären, nachbarschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Ressourcen mit professionellen Dienstleistungen zu ermögli-chen und zu gestalten.

Ziel ist es, eine angemessene Lebensqualität und gesellschaft-liche Teilhabe im Alter und bei Pflegebedürftigkeit zu beför-dern. Dies beinhaltet auch eine Gestaltung und organisation der sozialräumlichen Bedingungen hin zu einem demokratisch legitimierten Aushandlungsprozess zwischen Bürgerinnen und Bürgern in den Kommunen. Simone Fischer und Benjamin La-chat vom Städtetag Baden-Württemberg stellten fortführend das Projekt „Lebensraum Stadt: Quartiere inklusiv“ vor. Im Mit-telpunkt ihrer Ausführungen standen die Prozesse in den Kom-munen zur Gestaltung von Quartieren.

Pfleg

e

1 · Leistungen der teilstationären Pflege und der Kurzzeitpflege gehen den Leistungen der vollstationären Pflege vor.

2 · Der Entlastungsbetrag nach § 45 b SGB XI kann für Hotel- und Investitionskosten eingesetzt werden.

Bereichsleiter Achim Uhl (links) im Gespräch mit Benjamin Lachat vom Städtetag Baden-Württemberg.

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A b 2 0 17

Die typische Tages- und Nachtpflege als vernetztes Wohn- und Pflegearrangement im Quartier ist eine (solitäre) Schwer punkteinrichtung, bietet flexible Öffnungszeiten und ein „breites Leistungs- spektrum“ an. Die Platzzahl beträgt 20 und mehr.

übernimmt im Rahmen der Leistungsbeträge die pflegebe-dingten Aufwendungen und die Fahrtkosten3. Der Anteil für Unterkunft und Verpflegung sowie Investitionskosten werden in der Regel „privat“ finanziert. Mit den Entlastungsleistungen (§ 45b SGB XI), der Verhinderungspflege und einem anteiligen Pflegegeld bei Nichtinanspruchnahme der ambulanten Sach-leistungen kann der Pflegebedürftige die Kosten für Unterkunft und Verpflegung und Investitionskosten refinanzieren.

Strukturelle Anpassungen

Die neuen Entwicklungen werden dazu beitragen, dass die Strukturen der Tages- und Nachtpflegeeinrichtungen sich an die veränderten Möglichkeiten und an den mit den Pflegestär-kungsgesetzen einhergehenden Anforderungswandel anpassen werden. Derzeit zeichnet sich durch das veränderte Nachfra-geverhalten bereits ab, dass „neuere“ Tages- und Nachtpflege-einrichtungen höhere Platzzahlen (18 bis 30 Plätze) aufweisen und diese sich mehr zu einem „eigenständigen-solitären“ am-bulanten Infrastrukturangebot für Pflegebedürftige und ihre Bezugspersonen weiterentwickeln. Damit verbunden sind ge-stiegene Herausforderungen an den Betrieb der Tages- und Nachtpflegeeinrichtung: unterschiedliche Gästestrukturen, die Planung des Fahrdienstes und der Personaleinsatz.

Quartierzentrum als vernetztes Wohn- und Pflege-arrangement zwischen ambulant und stationär

Zukünftig spielen die Stützung des sozialen Umfelds, abgestufte bedarfsorientierte Betreuungs-, Pflege- und Unterstützungsan-gebote und finanzierbare „neue“ Wohnformen in der Quartiers-entwicklung eine bedeutende Rolle. Gefragt sind sozialraum-

orientierte, integrative und vernetzte kleine Infrastrukturzentren: das Quartierszentrum als vernetztes Wohn- und Pflegearrange-ment. Tages- und Nachtpflegeeinrichtungen sind wesentliche Schnittstelle dieser Zentren. Die Tages- und Nachtpflege ent-wickelt sich zu einem Bindeglied zwischen ambulanter und vollstationärer Pflege. Unter dem Dach des Quartierszentrums sind idealerweise ein/eine Bürgerzentrum/Begegnungsstätte, ein ambulanter Pflegedienst, eine Tages- und Nachtpflegeeinrich-tung, ein Dienstleis tungszentrum/Ärzte und Wohnungen vereint.

Das Quartierszentrum bietet mit abgestuften Service-, Wohn- und Pflegearrangements eine bedarfsgerechte Unterstützung und Betreuung. Kern eines solchen kleinräumigen „Infrastrukturzen-trums“ ist die Tages- und Nachtpflege, in deren Räumlichkeiten ergänzend zusätzliche Angebote zur Unterstützung im Alltag an-geboten oder mit einem/einer Bürgerzentrum/Begegnungsstätte gekoppelt werden. Hinzu kommen Wohnungen und Wohnge-meinschaften und zusätzliche Kapazitäten für Verhinderungs- und Nachtpflege, welche eine 24-Stunden-Betreuung ermöglichen. Die Tages- und Nachtpflege übernimmt im Quartierszentrum vernetzende, beratende und unterstützende Funktionen. Konzep-tionell kommen Tages- und Nachtpflegeeinrichtung im Verbund mit ambulanten Pflegediensten (12 bis 15 Plätze) oder als solitäre Einrichtung (20 und mehr Plätze) in Frage.

Tages- und Nachtpflege, Bürgerzentrum/Begegnungsstätte

Bei der Tages- und Nachtpflege handelt es sich um eine Pflege-einrichtung entsprechend dem Rahmenvertrag gemäß § 75 Abs. 1 SGB XI zur teilstationären Pflege. Daneben können Tages- und Nachtpflegeeinrichtungen auch Angebote zur Unterstützung

Pflegebedürftigkeit In Stufen

Leistungen seit 2015 Max. Leistungen pro Monat

Pflegebedürftigkeit In Graden

Leistungen ab 2017 Max. Leistungen pro Monat

- - Pflegegrad 1bis zu 125 Euro einsetzbarer Entlastungsbeitrag

sogenannte „Pflegestufe 0“ (mit Demenz)

231 Euro Pflegegrad 2 689 Euro

Pflegestufe I 468 Euro Pflegegrad 2 689 Euro

Pflegestufe I (mit Demenz) 689 Euro Pflegegrad 3 1.298 Euro

Pflegestufe II 1.144 Euro Pflegegrad 3 1.298 Euro

Pflegestufe II (mit Demenz) 1.298 Euro Pflegegrad 4 1.612 Euro

Pflegestufe III 1.612 Euro Pflegegrad 4 1.612 Euro

Pflegestufe III (mit Demenz) 1.612 Euro Pflegegrad 5 1.995 Euro

Pfleg

e

2 0 1 4 b i s 2 0 16

Die typische Tages- und Nachtpflege bietet durchschnitt-lich 12 bis 14 Plätze. Die Mehrheit ist einem ambulanten Pflegedienst angeschlossen, hat von montags bis freitags zwischen 8 und 16 Uhr geöffnet und versorgt bis zu 80 Prozent demenziell erkrankte pflegebedürftige Ältere.

Abbildung 1 • Teilstationäre Leistungen der Tages- und Nachtpflege4

3 · Die teilstationäre Pflege umfasst auch die notwendige Beförderung des Pflegebedürftigen von der Wohnung zur Einrichtung der Tages- und Nachtpflege und zurück.

4 · Quelle: http://www.pflegestaerkungsgesetz.de/finanzielle-leistungen/teilstationaere-leistungen-der-tages-nachtpflege/, Zugriff: 09.02.2017.

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Pflegegrad 1 Pflegegrad 2 Pflegegrad 3 Pflegegrad 4 Pflegegrad 5

f i n a n z i e r u n g d e r t a g e s p f l e g e

1. Pflegebedingte Aufwendungen inkl. Fahrtkosten

§ 41 SGB XI Tagespflege keine 689 Euro 1.298 Euro 1.612 Euro 1.995 Euro

§ 38 SGB XI Verhinderungspflege keine 201,50 Euro 201,50 Euro 201,50 Euro 201,50 Euro

2. Unterkunft, Verpflegung, Investitionskosten

§ 45 SGB XI Entlastungsbetrag 125 Euro 125 Euro 125 Euro 125 Euro 125 Euro

3. Gesamtbetrag für Tagespflege (ohne Pflegegeld) 125 Euro 1.015,50 Euro 1.624,50 Euro 1.938,50 Euro 2.321,50 Euro

W e i t e r e l e i s t u n g e n z u r h ä u s l i c h e n p f l e g e

§ 36 SGB XI Pflegesachleistungen keine 689 Euro 1.298 Euro 1.612 Euro 1.995 Euro

§ 37 SGB XI Pflegegeld für selbst beschaffene Pflegehilfen keine 316 Euro 545 Euro 728 Euro 901 Euro

4. Gesamtbetrag für Tagespflege und Pflegesachleistung 125 Euro 1.704,50 Euro 2.922,50 Euro 3.550,50 Euro 4.316,50 Euro

5. Gesamtbudget für Tagespflege und Pflegegeld 125 Euro 1.331,50 Euro 2.169,50 Euro 2.666,50 Euro 3.222,50 Euro

6. Gesamtbudget für Vollstationäre Pflege

§ 43 SGB XI Vollstationäre Pflege 125 Euro 770 Euro 1.262 Euro 1.775 Euro 2.005 Euro

im Alltag als Einzel-, Gruppen- und Tagesbetreuung anbieten und das Leistungsangebot damit erheblich erweitern. In diesem Kontext bietet sich eine Erweiterung des Raumangebotes der Einrichtung und eine Nutzung zusätzlicher Räumlichkeiten für eine/ein Tages- oder Begegnungsstätte/Bürgerzentrum an. Die Angebote zur Unterstützung im Alltag benötigen eine Anerken-nung durch die zuständige Behörde nach Maßgabe des Landes-rechts. Dies können insbesondere sein: Betreuungsgruppen für an Demenz erkrankte Menschen, Helferkreise zur stundenwei-sen Entlastung pflegender Angehöriger im häuslichen Bereich, die Tagesbetreuung in Kleingruppen oder Einzelbetreuung durch anerkannte Helfer/-innen, Agenturen zur Vermittlung von Betreuungs- und Entlastungsleistungen, Familienentlastende

Dienste, Alltagsbegleiter/-innen, Pflegebegleiter/-innen und Serviceangebote für haushaltsnahe Dienstleistungen. Nähe-res zu den Voraussetzungen und der Anerkennung in Baden-Württemberg regelt die Verordnung der Landesregierung über die Anerkennung der Angebote zur Unterstützung im Alltag nach § 45 a Absatz 3 SGB XI, zur Förderung ehrenamtlicher Strukturen und Weiterentwicklung der Versorgungsstrukturen und Versorgungskonzepte nach § 45 c Absatz 7 SGB XI sowie über die Förderung der Selbsthilfe nach § 45 d SGB XI (Un-terstützungsangebote-Verordnung – UstA-Vo5). Daneben sind Kooperationen mit Selbsthilfegruppen, Kommunen und Verei-nen mit dem Ziel denkbar, die Räumlichkeiten auch für andere Zwecke wie Kultur- und Freizeitangebote zu nutzen.

Abbildung 3 • Finanzierungsmöglichkeiten der Tagespflege

Abbildung 2 • Das Quartierszentrum bietet abgestufte Service-, Wohn- und Pflegearrangements

5 · Vgl. www.landesrecht-bw.de/jportal/portal/t/cop/page/bsbawueprod.psml?doc.hl=1&doc.id=VB-BW-GBl201749-1&documentnumber=3&numberofresults=7&doctyp

=Verkuendungsblatt%3Abw-gbl&showdoccase=1&doc.part=D&paramfromHL=true#focuspoint.

Wohnen

Wohnen

Wohnen

Wohnen

Wohnen

WohnenWohnenWohnen

Ambulante WG

Ambulante WG

Ambulante WG

P�ege stationär

Betreutes WohnenBetreutes Wohnen

Betreutes Wohnen

QUARTIERSZENTRUM( I N F R A S T R U K T U R Z E N T R U M )

Ambulanter P�egedienstTages-/Nachtp�egeeinrichtung

P�egehotel/Kurzzeitp�egeBürgerzentrum/Begegnungsstätte

Dienstleistungszentrum/ÄrzteWohnungen

©2017 Achim Uhl, M.Sc. – Grafische Gestaltung: www.kreativplus.com

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Wohnen – Seniorenwohnungen und Betreutes Wohnen

Die Wohnkonzepte sollen durch die systematische Verknüpfung von Wohnen und Dienstleistungen den Bedürfnissen pflegebe-dürftiger Menschen entsprechen. Das Konzept der barrierefreien „Seniorenwohnungen“ ist die konsequente Umsetzung einer quartiersbezogenen ambulanten Versorgung hilfe- und pfle-gebedürftiger Menschen im Alter. Zielgruppe sind hilfe- und pflegebedürftige Menschen, die ihr Alter in einer barrierefreien Wohnung in einer sozialen Gemeinschaft gestalten wollen. Ziel des quartiersbezogenen Wohnkonzepts ist der langfristige Erhalt der Selbstständigkeit mit der Versorgungssicherheit, im Bedarfs-fall auf alle erforderlichen Hilfen und Unterstützungen zurück-greifen zu können. Das Konzept des „Betreuten Wohnens“ sieht neben der überlassung von Wohnraum (barrierefreie, teilweise rollstuhlgerechte Zwei-Zimmerwohnungen) eine Betreuungs-pauschale vor. Die Höhe der Betreuungspauschale (Grund- und Wahlleistungen) variiert je nach Leistungsumfang monatlich. Die vertraglichen Regelungen des Miet- und Betreuungsvertrages sollen klar definieren, welche Anbieter für welche Leistungen zuständig und welche Leistungen Grund6- und Wahlleistungen7 sind. Die notwendigen Einkaufs- und Versorgungsangebote so-wie öffentliche Verkehrsmittel sollten „fußläufig“ erreichbar sein.

Pflegehotel und Kurzzeitpflege

Bei dieser Angebotsform geht es darum, das Pflegebedürftige in Krisensituationen tageweise entweder nachts oder 24-stündig für mehrere Tage im „Pflegehotel“ betreut und gepflegt werden. Bei einer 24-stündigen Betreuung werden die Pflegebedürftigen bei Bedarf tagsüber in der Tagespflege und nachts im „Pflege-hotel“ versorgt. Die pflegerische Versorgung im „Pflegehotel“ wird durch den ambulanten Pflegedienst sichergestellt. Die Re-finanzierung erfolgt über § 39 SGB XI. Ergänzend können bis zu 50 Prozent des Leistungsbetrags für die Kurzzeitpflege gemäß § 42 SGB XI zusätzlich für die Verhinderungspflege in Anspruch genommen werden. Die Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Investitionskosten müssen privat bezahlt werden oder werden über einen Entlastungsbetrag refinanziert.

Angebote zur Unterstützung im Alltag

Mit dem Pflegestärkungsgesetz II ist es möglich, das Pflegebe-dürftige in häuslicher Pflege mit mindestens Pflegegrad 2 eine Kostenerstattung zum Ersatz von Aufwendungen für Leistungen der nach Landesrecht anerkannten Angebote zur Unterstützung im Alltag unter Anrechnung auf ihren Anspruch auf ambulante Pflegesachleistungen nach § 36 SGB XI erhalten können, soweit für den Leistungsbetrag in dem jeweiligen Kalendermonat keine ambulanten Pflegesachleistungen bezogen wurden. Der hier-für verwendete Betrag darf je Kalendermonat 40 Prozent des nach § 36 SGB XI für den jeweiligen Pflegegrad vorgesehenen

Höchstleistungsbetrags nicht überschreiten. Angebote zur Un-terstützung im Alltag sind:

Angebote, in denen insbesondere ehrenamtliche Helfer/-innen unter pflegefachlicher Anleitung die Betreuung von Pflegebedürftigen mit allgemeinem oder mit besonderem Betreuungsbedarf in Gruppen oder im häuslichen Bereich übernehmen (Betreuungsangebote: Betreuungsgruppen insbesondere am Wochenende),

Angebote, die der gezielten Entlastung und beratenden Un-terstützung von pflegenden Angehörigen und vergleichbar nahestehenden Pflegepersonen in ihrer Eigenschaft als Pfle-gende dienen (Angebote zur Entlastung von Pflegenden: Angebote in der Häuslichkeit),

Angebote, die dazu dienen, die Pflegebedürftigen bei der Bewältigung von allgemeinen oder pflegebedingten Anfor-derungen des Alltags oder im Haushalt, insbesondere bei der Haushaltsführung, oder bei der eigenverantwortlichen organisation individuell benötigter Hilfeleistungen zu un-terstützen (Angebote zur Entlastung im Alltag: Arztbegleit-dienste, Fahrdienste, haushaltsnahe Dienstleistungen).

Inwieweit diese Angebotsformen von ambulanten Pflegediens-ten oder von der Tages- und Nachtpflegeinrichtung erbracht und abgerechnet werden, ist von der organisationsform und Struk-tur des Trägers abhängig. Denkbar ist ebenfalls die Gründung einer eigenständigen Servicegesellschaft (zum Beispiel Con-ciergedienst), in der alle in der Tages- und Nachtpflege als ver-netztes Wohn- und Pflegearrangement im Quartier anfallenden Planungs- und Koordinierungsaufgaben, Beratungsleistungen für Angehörige/Bezugspersonen und Pflegebedürftige sowie Kurierdienst und Begleitungen auf diesen übertragen werden.

Innerhalb vernetzter Wohn- und Pflegearrangements im Quar-tier erfüllt die Tages- und Nachtpflege eine zentrale Funktion: Wie bei keinem anderen Angebot in der pflegerischen Unter-stützung und Betreuung lassen sich diese flexibel an geänderte Bedarfe anpassen und erweitern. Es ist überlegenswert im Sinne eines Gesamtversorgungsvertrags neben der Architektur und Raumplanung und zur Sicherung der Qualität und Wirtschaft-lichkeit eine flexible Personalplanung umzusetzen.

Pfleg

e

Kontakt Achim Uhl, M.Sc. Bereichsleitung Ältere Menschen und Pflege Telefon 0711 2155-125 [email protected] www.paritaet-bw.de

6 · Zu den Grundleistungen gehören z.B.: soziale Beratung, organisation regelmäßiger Treffen, Hilfen, Klärung und Beratung in Behördenangelegenheiten, Hilfestellung bei der

Entwicklung und Gestaltung der Hausgemeinschaft, Information und Beratung zu entlastenden Dienstleistungen und Pflegenageboten bei Hilfe- und Pflegebedürftigkeit,

Weiterleitung von Informationen über Reparaturen in den Gemeinschaftsanlagen und den Wohnungen an Hausmeister oder Hausverwaltung, wöchentlich gemeinsame

themenzentrierte Veranstaltungen, Vermittlung von haushaltsnahen Dienstleistungen, Hilfs- und Unterstützungsleistungen bei Pflegebedürftigkeit.

7 · Zu den möglichen Wahlleistungen zählen z.B.: Hauswirtschaftliche Versorgung wie Wohnungsreinigung, Hausarbeiten, Einkaufshilfe, Betreuung von Haustieren bei Urlaub und

Krankheit; Allgemeine Betreuungsleistungen wie Behördengänge, Besuchs- und Fahrdienste; Essensversorgung; Freizeitaktivitäten sowie Leistungen nach dem SGB V und SGB XI.

31

Änderung der Medizinprodukte-BetreiberverordnungBeauftragter für Medizinproduktesicherheit in Gesundheitseinrichtungen

STUTTGART Am 1. Januar 2017 ist die Zweite Verordnung zur Änderung medizinprodukterechtlicher Vorschriften in Kraft getreten, die in wesentlichen Teilen neugefasst worden ist. Ziel der Änderungen ist es, mehr Sicherheit beim Einsatz und bei der Nutzung von Medizinprodukten zu schaffen sowie Gefahren die von Medizinprodukten ausgehen zu minimieren.

Betreiber von Medizinprodukten (§ 2 MPBetreibV) sind die Ein-richtungen der stationären oder teilstationären Pflege (Gesund-heitseinrichtungen) im Hinblick auf die eigenen wie auch der von den Patienten/-innen in die Einrichtung mitgebrachten Me-dizinprodukte. Auf die Eigentumsverhältnisse kommt es dabei nicht an. Die Betreiber- und Anwenderpflichten gehen auf die jeweilige Einrichtung über, sobald die Medizinprodukte durch die Mitarbeiter/-innen angewendet werden.

Die Einrichtungen sind für die sichere Anwendung und Instand-haltung des Medizinprodukts verantwortlich (§ 3 MPBetreibV). Besondere Regelungen gelten für die Versorgung mit Medi-zinprodukten in der häuslichen Umgebung oder im sonstigen privaten Umfeld. Gesetzliche oder private Kranken- und Pfle-gekassen sind laut Begründung der Verordnung zwar keine Betreiber von Medizinprodukten, haben aber im Interesse der Versicherten dennoch die Pflichten eines Betreibers wahrzuneh-men. Die damit verbundenen Pflichten und Aufgaben können von den Kranken- oder Pflegekassen aber auch vertraglich an Dritte, wie beispielsweise Sanitätshäuser, übertragen werden. Das Anwenden im sonstigen privaten Umfeld betrifft Medizin-produkte, die zur Anwendung außerhalb der häuslichen Umge-bung vorgesehen sind. Dies sind zum Beispiel Elektrofaltfahrer oder mechanische Rollstühle zur Nutzung „im Freien“.1

Neu: Beauftragter für Medizinproduktesicherheit

Gesundheitseinrichtungen mit mehr als 20 Beschäftigten müssen sicherstellen, dass eine sachkundige und zuverlässige Person als Beauf-tragte für Medizinproduktesicherheit bestellt wird, die als zentrale Kontakt- und Koordinations-person nach innen und außen wesentliche Auf-gaben für den Betreiber unter anderem auch gegenüber Behörden, Herstellern und Vertrei-bern wahrnehmen soll, beispielsweise in Zu-sammenhang mit Risikomeldungen und kor-rektiven Maßnahmen bei Rückrufaktionen der Hersteller. Eine Funktions-E-Mail-Adresse des Beauftragten für

Medizinproduktsicherheit ist auf der Homepage der Einrichtung bekanntzumachen.

Daneben gibt es noch Änderungen beim Medizinproduktebuch (§ 12 MPBetreibV) sowie bei der Führung des Bestandsverzeich-nisses (§ 13 MPBetreibV). Aktive Medizinprodukte bedürfen ei-ner Einweisung durch eine beauftragte Person des Herstellers im Rahmen der Inbetriebnahme. Der Betreiber muss den Nach-weis führen können, dass diese Person tatsächlich dazu befähigt war, ähnlich wie bei sicherheitstechnischen (§ 11 MPBetreibV) und messtechnischen Kontrollen (§ 14 MPBetreibV).

Fazit

Innerhalb der Medizinprodukte-Betreiberverordnung haben sich einige Änderungen und Neuregelungen ergeben. In ihrer Stellungnahme zum Gesetzesentwurf hatten die in der Bun-desarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) kooperierenden Verbände vor allem mit Blick auf die praktische Umsetzung der Änderungen im ambulanten und stationären Bereich auf notwendige überarbeitungen und Konkretisierun-gen hingewiesen. Dies betraf unter anderem die erforderliche Klarstellung dazu, wer als „Betreiber“ anzusehen ist, wenn ein Versicherter ein verordnetes Medizinprodukt in eine Einrich-tung mitbringt oder die Mitarbeitenden eines Pflegedienstes ein patienteneigenes Medizinprodukt im häuslichen Bereich anwenden. In der Endfassung der Verordnung wurden einige wesentliche Anregungen der BAGFW aufgenommen. 2

■ Kontakt Dr. Steffi Hunnius, Servicebereich Recht Telefon 0711 21 55-205 · [email protected]

Akt

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Rec

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1 · Vgl. Verordnung des Bundesministeriums für Gesundheit zur Zweiten Verordnung zur Änderung medizinproduktrechtlicher Vorschriften, Drucksache 397/16, S. 31.

2 · Vgl. https://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/mpbetreibv/gesamt.pdf.

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Die Mitwirkenden beim Jubiläumsbuch.

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Tradition und Innovation Das Wohlfahrtswerk für Baden-Württemberg feiert sein 200. Jubiläum

STUTTGART Am 7. Januar 1817 wurde das Wohlfahrtswerk von Königin Katharina von Württemberg ins Leben gerufen. Auf dem Höhepunkt von Wirtschaftskrise und Hungersnot gründete die tatkräftige Monarchin im Alten Schloss die „Zentral-leitung des Wohltätigkeitsvereins“ und legte damit den Grundstein für die Sozialpolitik im Land. 200 Jahre später gehört das Wohlfahrtswerk zu den großen Altenhilfeträgern in Baden-Württemberg und feierte seinen runden Geburtstag am 9. Januar 2017 mit rund 250 Gästen bei einer Festveranstaltung in der Sparkassenakademie.

In seinem Grußwort würdigte Sozialminister Manfred Lucha die Rolle der Stiftung: „Das Wohlfahrtswerk war, ist und bleibt ein wichtiger und verlässlicher Partner der Landesregierung in Fragen der Sozial- und Gesellschaftspolitik. Uns verbindet das Ziel, die Menschen in unserem Land dazu zu befähigen, ihre Existenz und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben aus eigener Kraft oder – falls dies nicht möglich ist – mit Unterstützung selbstverantwort-lich zu gestalten. ob in der Altenhilfe, der Jugendarbeit oder bei Fragen des generationenübergreifenden Zusammenhalts – das Wohlfahrtswerk ist seit Jahrzehnten Impulsgeber für soziale Inno-vationen, die den Alltag vieler tausender Menschen erleichtern.“

Das Buch zum Jubiläum

Das Wohlfahrtswerk blickt auf eine lange und ungewöhnliche Geschichte zurück, die sich nicht in wenigen Sätzen zusammen-fassen lässt. Sie findet ihren Niederschlag in dem umfänglichen Jubiläumsbuch „Hilfe zur Selbsthilfe – 200 Jahre Wohlfahrtswerk für Baden-Württemberg“. Das von Sabine Holtz, Professorin für Lan-desgeschichte an der Universität Stuttgart, herausgegebene, hoch-wertig illustrierte Buch zeichnet die historischen Entwicklungs-linien des Wohltätigkeitsvereins und seiner Folge institutionen nach und hebt deren zentrale Bedeutung für die Sozialgeschichte (Baden-)Württembergs hervor. Es ist erschienen im Nomos-Verlag.

Engagement für das Gemeinwohl schafft Werte

Den zentralen Festvortrag hielt Professor Andreas Kruse, Direk-tor des Instituts für Gerontologie an der Universität Heidelberg

und einer der führenden Altersforscher in Europa. Sein Thema lautete „Hilfe zur Selbsthilfe in der heutigen Zeit – Ethische Implikationen und Formen der Umsetzung“. Der Experte hielt ein leidenschaftliches Plädoyer für eine Bürgergesellschaft, in der Gemeinwohl und Verantwortung im öffentlichen Raum von allen Menschen gelebt werden sollten. „Ein Bekenntnis zu jenen Menschen, die nicht viel haben oder alt sind, ist auch ein Bekenntnis zur Demokratie“, so Professor Kruse. Er forderte außerdem, dass die bewährten Strukturen in der Altenhilfe, bestehend aus hauptamtlichen Kräften und Ehrenamtlichen, bewahrt und ausgebaut werden müssten.

Was bringt die Zukunft?

Ihre überlegungen zu dieser Frage teilte Ingrid Hastedt, Vor-standsvorsitzende des Wohlfahrtswerks, in ihrer Schlussrede mit dem Publikum. Mithilfe der langjährigen Erfahrungen, der nötigen Ruhe, mit Kraft und in Zusammenarbeit mit anderen Trägern gehe man verschiedene Themen an: so zum Beispiel neue Pflegeheimangebote mit häuslichem Charakter und mehr Wahlmöglichkeiten von Leistungen, die Aufhebung der Tren-nung zwischen ambulant und stationär, mehr individuelle Ein-zelbetreuung (24h) sowie die Gewinnung von jungen Menschen und „jungen Senioren/-innen“ für die Freiwilligendienste. Ihre „Mission“ an die Stiftung und die Mitarbeitenden definierte sie so: „Wir müssen passgenaue Angebote entwickeln, damit alte Menschen zu Hause bleiben können. Wir müssen Hilfe zur Selbsthilfe immer neu definieren und Leistungen am Individuum ausrichten.“

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Neue Technologien in der Altenpflege

Seit rund zehn Jahren ist das Wohlfahrtswerk an Projekten betei-ligt, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung ge-fördert werden. Unter dem Motto „Technikunterstütztes Wohnen und Alltagsassistenz“ geht es bei allen Projekten darum, neue Technologien und soziales Umfeld so miteinander zu verbinden, dass ein Nutzen für Senioren/-innen und pflegende Angehörige entsteht. Aktuelle Beispiele:

■ Das digitale Musikprojekt NurMut soll Menschen mit Demenz individuell anregen, sich positiv auf ihre Gefühle auswirken und ihnen Gruppenangebote trotz räumlicher Entfernung ermöglichen. Dazu wird ein „lernendes Musiksystem“ entwi-ckelt, das in der Lage ist, Lieblingsstücke von Pflegebedürf-tigen zu erkennen und zu speichern, sodass automatisch eine personalisierte Playlist entsteht. Das System soll sowohl im Pflegeheim als auch in der Versorgung durch Angehörige zu Hause eingesetzt werden können.

Das Wohlfahrtswerk für Baden-Württemberg ist eine Stiftung des bür-gerlichen Rechts und einer der großen Altenhilfeträger in Baden-Würt-temberg. Mit rund 1.400 Mitarbeitenden werden insgesamt etwa 2.000 Menschen betreut. Hinzu kommen aktuell 156 Auszubildende, davon 102 Altenpflegeschüler/-innen. An 19 Standorten bietet das Wohlfahrtswerk die gesamte Bandbreite an Dienstleistungen für Ältere an: Für Menschen, die zu Hause leben, gibt es zum Beispiel die Tagespflege, ambulante Pflegedienste, Hilfe im Haushalt oder eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung. Senioren/-innen, die sich für einen Umzug entscheiden, finden beim Wohlfahrtswerk Pflege-heime, Betreutes Wohnen, Senioren-Wohngemeinschaften und ein Genera-tionenhaus. Daneben gibt es spezielle Pflegebereiche für jüngere Menschen sowie für Menschen mit schwerer Demenz. Als nicht-konfessioneller Träger ist das Wohlfahrtswerk Mitglied im PARITÄTISCHEN Baden-Württemberg.

Pionier für neue Wohnformen

Zum Stiftungsauftrag des Wohlfahrtswerks gehört es, Innovationen auf sozialem Gebiet anzuregen und durchzusetzen. Viele neue Be-treuungs- und Wohnangebote für ältere Menschen gehen auf die Stiftung zurück wie zum Beispiel: ■ die erste Tagespflege in Süddeutschland

(im Ludwigstift in Stuttgart-West · Eröffnung 1981)■ das erste Betreute Wohnen für Senioren/-innen in Deutschland

(Betreutes Wohnen Stuttgart-West · Eröffnung 1987) ■ eine der ersten ambulanten Wohngemeinschaften

für Menschen mit Pflegebedarf in Baden-Württemberg

(in Fellbach · Gründung 2000)

■ Das Projekt KommmiT soll Senioren/-innen in Stuttgart über neue Medien einen Zugang zu Informationen, Veranstal-tungen und Dienstleistungen zur Verfügung stellen. Auch das In-Kontakt-Bleiben mit anderen Menschen soll dadurch vereinfacht werden. Dies funktioniert mittels einer dafür ent-wickelten, modularen App auf einem Tablet.

Das Bildungszentrum Wohlfahrtswerk

Das 1982 gegründete Bildungszentrum Wohlfahrtswerk im Stutt garter Westen bietet neben Fort- und Weiterbildungen in der Altenhilfe auch mehrere grundständige Ausbildungen an: So gibt es seit 2013 eine eigene Altenpflegeschule, in der Altenpfleger/-innen und Altenpflegehelfer/-innen ausgebildet werden. Hauptschul absolventen/-innen können seit 2008 eine Ausbildung „Servicehelfer/-in im Sozial- und Gesundheitswe-sen“ absolvieren. Die zunächst als Modellprojekt der Robert Bosch Stiftung begonnene Ausbildung läuft seit 2010 im Re-gelbetrieb. Junge Menschen mit Hauptschulabschluss erhalten hier die Möglichkeit, einen staatlich anerkannten Abschluss zu erwerben, der ihnen den Einstieg in den ersten Arbeitsmarkt er-möglicht. Die Servicehelfer/-innen entlasten in Krankenhäusern, Pflegeheimen oder Behinderteneinrichtungen das Fachpersonal, indem sie unterstützende Tätigkeiten übernehmen.

■ Kontakt und weitere Informationen Wohlfahrtswerk für Baden-Württemberg Falkertstraße 29 · 70176 Stuttgart · Telefon 0711 61926-0 [email protected] · www.wohlfahrtswerk.de

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Schritt haltenNeue Seminarreihe: Veränderungsprozesse erfolgreich initiieren und managen

Schritt halten – Mitarbeiter/-innen mitnehmen Führungskräfte gestalten aktiv Veränderungen in einer sich immer schneller verändernden Arbeitswelt

■ Seminarumfang · Drei Module à zwei Tage Veranstaltungsort: Stuttgart · Beginn: 26. Juni 2017

■ Kontakt und Beratung · Paritätische Akademie Süd Julia Kienzle-Schwarz · Telefon 07961 95 98 81 [email protected]

STUTTGART Die Arbeitswelt ist im ständigen Wandel: Gesetze ändern sich, Trä-ger wechseln, alte Mitarbeiter/-innen gehen und neue Führungskräfte kommen. Organisationen können diesen Veränderungen erfolgreich begegnen, wenn ihre Führungskräfte, die Schlüsselrolle, die sie bei dem Prozess einnehmen, auch aus-füllen können und über die notwendigen Kompetenzen verfügen, souverän mit sich rasch veränderten Herausforderungen umzugehen. Sie sollten also nicht nur die betriebswirtschaftlichen Aspekte im Blick haben, sondern auch die sozialen Ressourcen, aktives Gestalten, die Mitarbeitenden ernst- und mitnehmen, ihnen Sicherheit und Sinnhaftigkeit vermitteln. Veränderung sollte nicht als Bedrohung, sondern als Chance verstanden werden, wenn eine Neuausrichtung gelingen soll.

In der von der Paritätischen Akademie Süd neu entwickelten Seminarreihe „Schritt halten“ wird Führungskräften vermit-telt, wie das erfolgreiche Initiieren und Managen eines Verän-derungsprozesses im Sinne des Reifens und Wachsens einer organisation, eines Unternehmens, der Führungskräfte und deren Mitarbeitenden gelingt. Die Paritätische Akademie Süd sprach für PARITÄTinform mit der Dozentin Kathrin Falkenberg, Wirtschaftsmediatorin und organisationsentwicklerin, über die neue Seminarreihe.

Frau Falkenberg, warum sollen Führungskräfte diese geschlos-sene Kursreihe besuchen?

Unsere Arbeitswelt ist immer mehr geprägt von Unbeständig-keit, Komplexität und mehrdeutiger Faktenlage. Rahmenbedin-

gungen, zum Beispiel in Form von gesetz-lichen Änderungen, werden uns von außen zur Umsetzung vorgegeben. In dieser geschlossenen Kursreihe werden wir die Aufgaben und Rollen von organisationen einerseits sowie von Führungskräften und Mitarbeitern andererseits beleuchten. Die-sem breiten Spektrum wollen wir mit den entsprechenden thematischen Schwer-punkten pro Modul gerecht werden.

Warum muss eine soziale Einrichtung „Schritt halten“?

Außer Frage steht, dass sich Unternehmen wandeln müssen, um ihren Erfolg zu wah-ren. Gerade im Gesundheitswesen wurden in den vergangenen Jahren bei allen be-triebswirtschaftlichen Diskussionen die sozialen Aspekte und Ressourcen eines Unternehmens vernachlässigt oder gar übersehen. Einige Auswirkungen sind hohe Krankheits- und Ausfallzeiten. oder denken Sie an den teilweise herrschenden Fachkräftemangel. Wenn soziale Einrich-tungen eine entsprechende Wertebasis

und Vertrauenskultur initiieren und leben, eine sinnstiftende Firma sind, fällt es den Mitarbeitern und damit der Einrichtung leichter, Schritt zu halten.

Was genau sind die Veränderungen der Arbeitswelt, die in der Ausschreibung angesprochen werden, können Sie uns konkrete Beispiele nennen?

Nur Transparenz, offenheit und Vertrauen im gesamten Fusions-prozess sind die Basis dafür, dass Mitarbeiter aktiv den Prozess mitgestalten können, dass wertvolles Wissen erhalten bleibt, Gerüchte und Unsicherheit erst gar nicht aufkommen und somit die Konzentration weiterhin auf wertschöpfender Arbeit liegt. Wenn alle Verantwortlichen dies im Bewusstsein haben und in der Umsetzung berücksichtigen, ist die übernahme erfolgreich.

Wo liegt der Mehrwert für die Einrichtungen?

Der Mehrwert für die Einrichtungen liegt in der Beantwortung der Frage: Was befähigt Führungskräfte und Mitarbeiter, fernab von konkreten Verhaltensanforderungen intuitiv und konstruk-tiv mit täglichen Herausforderungen umzugehen? Eigenverant-wortliche, motivierte Mitarbeiter, die in der Lage sind, Verän-derungen nicht als Gefahr, sondern als Chance anzuerkennen, sind der Lohn.

Dozentin Kathrin Falkenberg

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Willkommen im LandesverbandDer PARITÄTISCHE Baden-Württemberg zählte 38 neue Mitgliedsorganisationen in 2016

STUTTGART Erstmalig veranstaltete der PARITÄTISCHE Ba-den-Württemberg in der Landesgeschäftsstelle eine Will-kommensveranstaltung für neue Mitgliedsorganisationen. Allein 2016 gab es einen Zuwachs an 38 Vereinen, vor allem aus den Bereichen Kinder und Migration, Frauen aber auch Altenhilfe und Menschen mit Behinderung.

Vorstandsvorsitzende Ursel Wolfgramm warf in ihrer Begrü-ßungsrede vor rund 40 Gästen einen kurzen Blick auf die Histo-rie und die Grundwerte des Verbandes und erläuterte die neue Beteiligungskultur für Mitgliedsorganisationen bei der strate-gischen Ausrichtung ihres Spitzenverbandes. Sie informierte über das breite Spektrum an Dienst- und Serviceleistungen der Landesgeschäftsstelle, Rahmenverträge und Förderprogramme, die vielfältigen Aufgaben des PARITÄTISCHEN als Lobbyverband aber auch die Mitwirkungsmöglichkeiten für Mitglieder in der Gremienarbeit auf Landes- und örtlicher Ebene. Ein weiterer in-haltlicher Schwerpunkt galt den verschiedenen Verbandsme dien und exklusiven Fachinformationen für Mitglieder wie die Pari-tätische Homepage, Parinews sowie Newsletter und Infobriefe einzelner Fachbereiche. Die Verbandszeitschrift PARITÄTinform greift zusätzlich sozialpolitisch relevante Querschnittthemen auf und berichtet aus der Arbeit des Verbandes.

Die Informationsveranstaltung ermöglichte den neuen Mit-gliedern, in persönlichen Kontakt mit den Mitarbeitern/-innen der Landesgeschäftsstelle zu treten und sich untereinander auszutauschen. Die Infobörse mit Informationsständen der Pa-ritätischen Dienstleister Werkstatt PARITÄT, Akademie Süd und Kreativplus und einem Beratungsangebot zu Förderprogrammen von Aktion Mensch, GlücksSpirale und Deutsches Hilfswerk wur-de sehr gut angenommen.

Leben und Arbeiten unter einem DachEin Haus der Parität – Architekturstudierende entwerfen Ideen für ein soziales Zentrum

HEILBRoNN Der PARITÄTISCHE Baden-Württemberg ist in Besitz eines Grundstücks in der Heilbronner Südstadt, auf dem sich die Tochterunternehmen ARKUS – Arbeit Kultur und Selbsthilfe und Paritätischen Pflege- und Sozialdienste sowie die Paritätische Regionalgeschäftsstelle Heilbronn befinden.

Die Beschaffenheit der beiden Bestandsgebäude ist sehr unter-schiedlich und entspricht nicht mehr den aktuellen Ansprüchen der Nutzer. Deshalb und im Zuge der aktuellen städteplane-rischen und baulichen Entwicklungen in der Südstadt haben neunzehn Studierende der Architekturfakultät an der Universität Stuttgart Entwürfe und Modelle für ein „Haus der Parität“ erstellt.

Die Herausforderung bestand darin, Ideen für ein nachhaltiges, mustergültiges Baukonzept für verschiedene Nutzergruppen wie soziale Einrichtungen und Dienste, Beratungsstellen freier Träger, ein gastronomisches Angebot und innovative Wohnkon-zepte für Menschen mit geringem Einkommen zu entwickeln. Die Architektur sollte Ausdruck sein für offenheit, Vielfalt und Toleranz, getragen von der Idee der Parität.

Die jetzt im Heilbronner Rathaus vorgestellten Ergebnisse zei-gen eine Vielfalt architektonischer Entwürfe und Modelle, die-

se komplexe Bauaufgabe zu lösen und mit dem baulichen Bestand auf dem Areal umzuge-hen. Im Dialog mit der Stadt Heilbronn soll jetzt die Idee von einem „Haus der Parität“ als sozia les Zentrum unter dem Motto „Leben und Arbeiten unter einem Dach“ für die Heilbronner Südstadt konkretisiert werden. Ziel ist, ein offenes Haus für die Bürgerschaft mit vielfältigen Hilfe- und Beratungsangeboten, Veranstaltungsräumen, eine Arbeitsstätte für Langzeitar-beitslose oder Menschen mit Behinderung und Wohnun-gen für Menschen mit gerin-gem Einkommen zu schaffen. Die Ausstellung wurde mit rund sechzig Gästen von Sozialbürgermeisterin Agnes Christner eröff-net. Auch Baubürgermeis ter Wilfried Hajek begrüßte die Initi-ative des Verbandes. Eine Dokumentation der Studienarbei ten gibt es online unter www.paritaet-bw.de.

Ein Entwurf, der Altes und Neues verbindet, von dem Studenten Johannes-Andreas Rau.

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■ N e u e M I T g l I e d s o R g A N I s A T I o N e N ■

Natur mit allen Sinnen kennenlernen

Der Verein „Naturkinder Flacht“ hatte sich das Ziel gesetzt, ei-nen Waldkindergarten zu gründen. Inzwischen sind es zwei Waldkindergärten: die „Waschbären“ starteten im September 2016 in Mönsheim, zwei Monate später folgten die „Wilden Wichtel“ in Heimsheim. Erklärtes Ziel ist es, ein hohes pädago-gisches und kommunikatives Niveau zu erreichen und zu halten und die Kinder individuell in ihrer ganzheitlichen Persönlich-keit zu sehen. Den Kindern wird Natur- und Umweltschutz auf natürliche Weise vermittelt, getreu dem Motto „man kann nur schützen, was man liebt und man kann nur lieben, was man kennt“. Deswegen ist es so wichtig, dass Kinder die Natur mit allen Sinnen kennenlernen.

■ Kontakt Naturkinder Flacht e.V. Weissach [email protected] · www.naturkinder-flacht.de

www.facebook.com/naturkinderflacht/

Hilfen bei Schwangerschaft und bei sexualisierter Gewalt

„Mit uns können Sie reden“, dieses Motto setzt die pro familia Waiblingen mit umfassenden Angeboten zum Thema Schwan-gerschaft und Leben mit dem Neugeborenen um. Im Zentrum stehen dabei Mütter und Familien, die von den üblichen Ange-boten schwer erreicht werden. Angebote gibt es in der Sexu-alpädagogik für Menschen mit Einschränkungen, auch in Ko-operation mit Bildungseinrichtungen. Weitere Aufgaben sind die Beratung von opfern häuslicher Gewalt für das Polizeirevier Waiblingen und die Beratung erwachsener Frauen, die sexuali-sierte Gewalt erfahren haben.

■Kontakt pro familia Waiblingen · [email protected] www.profamilia-waiblingen.de

Flüchtlingsintegration auf Beziehungsebene

„Ihr habt uns wieder ein Lächeln auf unser Gesicht gebracht!“ Diese Aussage zeigt die Auswirkungen der Vereinsarbeit auf die Geflüchteten. Die Engagierten bieten Gemeinschaft, leben intensive Beziehungen und bauen Freundschaften auf. Sie hören zu, trösten und ermutigen, verbinden kulturelle und religiöse Anschauungen, geben Hoffnung und stiften Frieden zwischen den Nationen. Die Vernetzung mit den Herkunftsländern er-öffnet den Rückkehrern neue Perspektiven für den Aufbau ihres Heimatlandes. Wie geht das am besten? Indem man den Anderen höher achtet als sich selbst, so wie es die christliche Nächstenliebe lehrt.

■ Kontakt International Community of Integration (ICoI) e.V. Iffezheim · [email protected] · www.icoi.info

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Gemeinsam leben – gemeinsam lernen

Die Arbeitsgemeinschaft Inklusion Gemeinsam leben – gemein-sam lernen Heidenheim e.V. wurde 1988 als Elternselbsthilfe-verein gegründet. Ihr Ziel: Unterstützung von Familien mit Kin-dern mit Behinderung mit dem Wunsch nach umfassender, selbstverständlicher Teilhabe.

Da es nicht immer einfach ist, einen Bildungsweg jenseits der Sonderein-richtungen zu verwirklichen, bietet der Verein im Rahmen der Selbsthilfe Aus-tauschmöglichkeiten für Eltern. Als aner-kannter Träger der Jugendhilfe unterhält der Verein Fachpersonal für Assistenz, Schulbegleitung für Kinder und Jugendliche mit (drohender) Behinderung und eine unab-hängige Aufklärungs- und Beratungsstelle für Eltern.

■ Kontakt Arbeitsgemeinschaft Inklusion Gemeinsam leben – gemeinsam lernen Heidenheim e.V. [email protected] www.gemeinsamleben-hdh.de.

Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.*

Der Freundeskreis Asyl Rottweil setzt sich seit Jahren für Ge-flüchtete ein, seit Juni 2016 als eingetragener Verein. Er versteht sich als Fürsprecher für die Schutzsuchenden und steht solida-risch für deren Interessen ein. Der Verein sorgt für Begegnungen zwischen den Einheimischen und den neuen Mitbürgern/-innen, kümmert sich um Weiterbildung, Seminare und Vorträge, die helfen sollen, einander kennenzulernen und zu verstehen.

■ Kontakt Freundeskreis Asyl Rottweil e.V. [email protected] www.freundeskreis-asyl-rottweil.de www.facebook.com/freundeskreis.asyl.rottweil

„Ihr habt uns wieder ein Lächeln auf unser Gesicht gebracht!“ Diese Aussage zeigt die Auswirkungen der Vereinsarbeit auf die Geflüchteten. Die Engagierten bieten Gemeinschaft, leben intensive Beziehungen und bauen Freundschaften auf. Sie hören zu, trösten und ermutigen, verbinden kulturelle und religiöse Anschauungen, geben Hoffnung und stiften Frieden zwischen den Nationen. Die Vernetzung mit den Herkunftsländern er-öffnet den Rückkehrern neue Perspektiven für den Aufbau ihres Heimatlandes. Wie geht das am besten? Indem man den Anderen höher achtet als sich selbst, so wie es die christliche Nächstenliebe lehrt.

■ Kontakt International Community of Integration (ICoI) e.V. Iffezheim · [email protected] · www.icoi.info

Beraten – Bilden – Begleiten

Der Verein für christliche Lebenshilfe möchte Menschen in unterschiedlichsten Lebenssituationen durch Beratung, Semi-nare, Vorträge oder Begleitung Hilfestellung geben. Verantwor-

tet wird die überkonfessionelle Arbeit von zwölf ehrenamtlich engagierten Mitgliedern mit unterschiedlichen beruflichen Hintergründen. Im Bereich der Einzel- und Paarberatung ar-beiten Fachkräfte insbesondere aus dem psychosozialen Bereich mit verschiedenen Zusatzaus-bildungen. Geleitet werden die

Beratungsstelle und das interne Beratungsnetzwerk von einer Diplom-Sozialpädagogin. Im Bereich Bildung werden unter an-derem Elterntraining-Seminare nach dem Step-Konzept durch-geführt. Alle weiteren Angebote werden von ehrenamtlichen Teams verantwortet.

■ Kontakt In Kontakt – Verein für christliche Lebenshilfe e. V. Weinsberg · [email protected] · www.in-kon-takt.de

move on – solidarische Hilfe für Geflüchtete

Der im April 2016 gegründete Verein move on – menschen.rech-te Tübingen e. V. engagiert sich in der solidarischen Flüchtlings-hilfe und in der politischen Menschenrechtsarbeit. Der Verein begleitet Geflüchtete im Alltag und im Asylverfahren und setzt sich für deren soziale und politischen Rechte ein. Neben der praktischen Flüchtlingsarbeit wendet sich der Verein aktiv gegen Rassismus, Sexismus und andere Menschenfeindlichkeiten. Die Gründer/-innen waren und sind aktiv im Arbeitskreis Flücht-lingshilfe im Französischen Viertel, das ein wöchentliches „Café

Mondial“ betreibt. Aus einem gemeinsam mit Geflüchteten or ga nisierten „infocafé“ in der VHS Tübingen entwickelte sich ein Afghanistan Abend, aus dem heraus die landesweite online-Petition „Keine Abschiebungen nach Afghanistan – Gegen Krieg und Terror überall“ entstand. Vereinsmitglieder sind zudem

aktiv im „Solifonds Perspektiven“, der für Menschen aus „si-cheren Herkunftsstaaten“, insbesondere Roma, eintritt, die aus Deutschland ausreisen mussten oder abgeschoben wurden.

■ Kontakt move on – menschen.rechte Tübingen e.V. [email protected] · www.menschen-rechte-tue.org www.solifonds-perspektiven.org.

* West-östlicher Divan,

Johann Wolfgang von Goethe (1819)

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■ n a c h r i c h t e n u n d s c h l a g l i c h t e r a u s d e m v e r B a n d ■

Bereich | Ältere Menschen und Pflege

Tages- und Nachtpflege als vernetztes Wohn- und Pflegearrangement im QuartierMit dem PSG 1 und besonders dem PSG 2 gewinnt die Tages-pflege an Bedeutung. Die „quantitative“ Zukunft der Pflege liegt im „häuslichen“ Bereich. Der Stützung des Umfeldes und die Schaffung neuer Wohnformen bzw. des Ausbaus von Tages-pflegeeinrichtungen und von quartiersbezogenen Wohn- und Pflegeangeboten wird in Zukunft eine besondere Bedeutung zukommen. In diesem Seminar wird der Aufbau von Verbund-systemen anhand von Beispielmodellen vorgestellt. Hierbei geht es um den schrittweisen Aufbau von fachlich und wirtschaftlich sinnvollen Versorgungsmodulen.

Workshop am 10. Mai 2017

Jugendherberge Stuttgart International

Zielgruppe: Geschäftsführer/-innen, Vorstände, Pflegedienst-

leitungen, Trägervertreter, Leitungsverantwortliche

Referent: Udo Winter, Diplom-Sozialgerontologe

Musterprüfbericht der obersten Heimaufsicht veröffentlichtDie oberste Heimaufsichtsbehörde soll im Rahmen der Umset-zung des Gesetzes für unterstützende Wohnformen, Teilhabe und Pflege (WTPG) darauf hinwirken, dass die Prüfberichte der unteren Heimaufsichtsbehörden nach einheitlichen Struk-turmerkmalen erstellt werden und dem Adressatenkreis eine umfassende Einschätzung ermöglichen, auch im Hinblick auf Umfang und allgemeine Verständlichkeit. Zwischenzeitlich hat das Sozialministerium einen Musterprüfbericht erarbeitet, der auf der Website des PARITÄTISCHEN heruntergeladen werden kann.

■ Weitere Informationen bei Achim Uhl · [email protected] | Bürgerschaftliches Engagement, Selbsthilfe und Gesundheit

Dr. Hermann Frank verabschiedet sich zur Jahresmitte in die nachberufliche Phase. Nachfolger in seiner Funktion als Be-reichsleitung und für das Referat Bürgerschaftliches Engage-ment wird Ralf Baumgarth. Er wird neben seinen Aufgaben der regionalen Verbandsarbeit in Heidelberg mit einem weiteren Stellenanteil auf der Landesebene tätig. Im Feld bürgerschaft-lichen Engagements ist Baumgarth seit vielen Jahren aktiv. Zusätzlich zu dem von ihm bereits verantworteten Referat So-ziales und Wirtschaft übernimmt er ab Juli 2017 gemeinsam mit Regina Steinkemper die Bereichsleitung.

Bereich | Krisenintervention und Existenzsicherung

Zum Februar 2017 hat im Fachbereich VI Dr. Katrin Lehmann das Referat „Frauen“ übernommen. Mit ihr konnte der Landesver-band eine Expertin insbesondere im Bereich „Häusliche Gewalt“ gewinnen. Sie steht dem PARITÄTISCHEN mit einem Stellenum-fang von 30 Prozent zur Verfügung. Die bisherige Referentin Sabine Brommer wird sich zukünftig um die Querschnittthemen im Verband kümmern.

Bereich | Jugend und Bildung

Die neu geschaffene Referentenstelle Bildung im Bereich „Jugend und Bildung“ ist aktuell ausgeschrieben. Inhaltliche Schwerpunkte des Bildungsreferates sollen neben der Lobby-arbeit für die Landesarbeitsgemeinschaft Waldorfschulen das Thema Inklusion in den verschiedenen sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren sowie die Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Schule, insbesondere mit den Inhalten Ganz-tagsbetreuung und Schulsozialarbeit/Jugendsozialarbeit sein. Da Bildung lebenslang zu verstehen und als Querschnittthema für alle Handlungsfelder bedeutsam ist , ist eine Vernetzung und Zusammenarbeit über die Bereiche hinaus angedacht.

Bereich | Arbeit und Qualifizierung

Als stellvertretender Vorsitzender der „AG Arbeit“ nahm Be-reichsleiter Ralf Nuglisch an einem persönlichen Austausch mit der Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau, Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, teil. Hauptthema war die künftige Ausrichtung der sozialen Arbeitsmarktpolitik für junge Men-schen und Langzeitarbeitslose. Karl Schiewerling, arbeits- und sozialpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundes-tag, stellte das von Ralf Nuglisch mit verfasste Policypaper der Konrad-Adenauer-Stiftung zu Jugendberufsagenturen vor. Plädiert wird darin für eine individuelle Förderung junger Menschen, die den Prinzipien des Kinder- und Jugendhilfege-setzes gerecht wird.

Paritätische Akademie Süd

Unternehmerisches Denken und Handeln in Non-Profit-OrganisationenDie Nonprofit-Welt und unternehmerisches Denken schließen sich nicht aus, im Gegenteil: Spielend werden in diesem PAS-Seminar betriebswirtschaftliche Zusammenhänge nicht nur vermittelt, sondern auch lebendig erlebt. Die brettspielbasierte NoSoLo-Simulation visualisiert anschaulich die betrieblichen Prozesse einer Non-Profit-organisation.

■ Betriebswirtschaftliche Unternehmenssimulation NOSOLO – kompakt & praxisnah, 26. und 27. Juni 2017 in Stuttgart. Information und Anmeldung: Telefon 0711 2155-188.

Werkstatt Parität

Das Projekt EPM – ESF-Projekte managen – Erfolge sichern unter-stützt Projektträger in Baden-Württemberg mit einem vielfäl-tigen und praxisnahen Schulungsangebot dabei, die komplexen Anforderungen und Zielsetzungen des Europäischen Sozialfonds zu erfüllen. Neben Einführungen zum ESF-Projektmanagement gibt es verschiedene Aufbauseminare u. a. zum Risikomanage-ment oder zur Projektevaluation. Neu in 2017 ist ein Workshop zum Thema Diversity und Europäischer Sozialfonds. Ferner bietet EPM ein Seminar zur Kooperation mit Migrantenorganisationen und eine Einführungsveranstaltung für Migrantenorganisatio-nen zum Einstieg in die ESF-Förderung an.

■ Weitere Informationen: www.esf-epm.de

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Bereich | Kinder, Familie und Migration

Im Januar 2017 hat Svenja Hasenberg ihre Tätigkeit als Referen-tin für Migration aufgenommen. Sie steht den Mitgliedsorga-nisationen gemeinsam mit Basri Aşkın als Ansprechpartnerin im Referat Migration zur Verfügung. Zurzeit werden im Referat Migration alle Themenfelder gemeinsam bearbeitet. Langfristig werden die Zuständigkeitsbereiche in „Migration und interkul-turelle Öffnung“ (Basri Aşkın) bzw. „Flucht und Asyl“ (Svenja Hasenberg) aufgeteilt.

Die erste gemeinsame Fachgruppensitzung Migration, bei der Fachgruppenvorsitz und Stellvertretung neu gewählt werden, findet am 6. April 2017 ab 11:00 Uhr im Paritätischen Mehrge-nerationenzentrum in Stuttgart-Vaihingen statt.

■ Kontakt [email protected] [email protected]

Stabsstelle | Regionale Verbandsarbeit

Die bisherige Stabsstelle „Regionalisierung“ wurde zu Jahres-beginn in einen eigenen Bereich „Regionale Verbandsarbeit“ umstrukturiert und personell neu besetzt. Stephanie Schultz und Dr. Ilse Winter (Regionalgeschäftsführerin Ulm/Alb-Donau) haben mit einem Deputat von jeweils 50 Prozent als Doppel-spitze die Bereichsleitung übernommen. Sie sind die verant-wortlichen Leitungspersonen und Ansprechpartnerinnen für den Bereich der regionalen Verbandsarbeit und damit für die Kreisverbände, die dort engagierten Kreisvorstände und die regionalen Geschäftsstellen zuständig. Stephanie Schultz be-treut den badischen, Dr. Ilse Winter den württembergischen Landesteil.

■ Kontakt [email protected] · Telefon 0711 2155-138 und [email protected] · Telefon 0711 2155-139.

Bereich | Menschen mit Behinderung

Aufbruch: Bereich startet mit neuem KernteamEnde Januar lud der Bereich seine Mitgliedsorganisationen aus den Referaten Behindertenhilfe und Psychiatrie erstmals zu einem „Jahresempfang“ ein. Rund 100 Gäste folgten der Einladung. Als „special guest“ besuchte Sozialminister Manfred Lucha MdL im Rahmen einer „Stippvisite“ die Versammlung, um zum Thema „Inklusion in Baden-Württemberg aktiv gestalten“ zu sprechen. Das Kernteam wurde nach dem neuen Wahlverfahren neu gewählt.

Dem Fachbereich gehören an (v. l. n. r.): Udo Holland-Letz, Ingo Pezina, Manfred Schöniger, Cornelia Meyer-Lentl, Reinhold Eisenhut, Christian Mahl, Andreas Ullrich, Jutta Pagel-Steidl, Albrecht Hegener, Matthias Hacker, Christine Rauscher, vorne: Michaela Schadeck.

Vorstandsvorsitzende Ursel Wolfgramm freut sich über die Stippvisite von Sozialminister Manfred Lucha.

Gewählte Vertreter/-innen aus Mitgliedsorganisationen

Fachgruppe Matthias Hacker • Tennentaler GemeinschaftenBehindertenhilfe Christian Mahl • Stiftung KBZO

Jutta Pagel-Steidl • Landesverband für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderung Baden-Württemberg Ingo Pezina • Landesverband Baden-Württemberg der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung Michaela Schadeck • Individualhilfe – Ambulanter Dienst Heidelberg

Fachgruppe  Reinhold Eisenhut • VSP – Verein für Sozialpsychiatrie Psychiatrie Udo Holland-Letz • Psychiatrischer Wohn- und Betreuungs verbund „Haus Schönblick“

Christine Rauscher • Hilfsverein für psychisch Kranke Rems-Murr Manfred Schöniger • Sozialpsychiatrischer Hilfsverein Rhein-Neckar Andreas Ullrich • Arkade Ravensburg

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FREIBURG Rund drei Jahre lang führte der PARITÄTISCHE das Projekt für inklusive Freizeit Freiburg, kurz PFIFF durch. Ausgehend von dem Kongress „Wege in eine inklusive Kom-mune“ im Jahr 2013 entstand die Idee, den Artikel 30 der UN-Behindertenrechtskonvention mit Leben zu füllen, also das Recht von Menschen mit Behinderung auf Teilhabe am kulturellen Leben sowie an Erholung, Freizeit und Sport. Am 21. Februar 2017 fand die Abschlussveranstaltung des Projektes PFIFF statt.

PFIFF steht für einen „Anpfiff“, einen Beginn sich dem Thema inklusive freie Zeit für alle Menschen – mit und ohne Behinde-rung – verstärkt anzunehmen. Es steht aber auch für „pfiffige“ Ideen, die gesucht wurden, um eine Teilhabe von Menschen mit Behinderung an inklusiven Freizeitangeboten zu ermöglichen. Das Projekt zielte darauf ab, zirka 20 Vereine und Einrichtungen aus dem Freizeitbereich und fern von der klassischen Behin-dertenhilfe darin zu schulen, ihr Angebot inklusiv auszurichten. Den teilnehmenden Einrichtungen (Sportvereine, Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe sowie Quartiersarbeit und Kultur) bot PFIFF eine neunteilige Fortbildungsreihe und individuelle Begleitseminare an.

PFIFF lieferte vielfältige Impulse

Pia Federer, Geschäftsführerin des PARITÄTISCHEN Freiburg, Boris Gourdial, Leiter Amt für Soziales und Senioren der Stadt Freiburg und Bärbl Mielich, Staatssekretärin im Sozialministe-rium, betonten in ihren Eingangsreden, wie wichtig und oft auch unterbewertet der Freizeitbereich neben Themen wie Wohnen und Arbeit in der Inklusionsdebatte ist. Bei der Podi-umsdiskussion mit der freien Journalistin Anita Rüffer berich-teten organisationsvertreter/-innen von ihren Erfahrungen mit Inklusion im Freizeitbereich. „Inklusion ist manchmal ganz einfach, es gibt aber auch Grenzen“, erklärte Eva von Rekowski, Direktorin der Volkshochschule Freiburg. Eine blinde Frau wollte vor einiger Zeit einen Dänisch-Kurs belegen. Was zunächst un-möglich erschien, wurde möglich gemacht, denn das Lehrbuch gab es auch in Blindenschrift. Die Grenzen von Inklusion lägen aber aus ihrer Sicht beispielsweise bei der Teilnahme eines lernbehinderten Menschen in einem Kurs zur Erlangung des Cambridge Zertifikats. Die Begleitseminare von PFIFF hätten dazu beigetragen, dies zu erkennen.

Inklusion ist eine Frage der Haltung

Dr. Clemens Back von der Quartiersarbeit Rieselfeld stellte den Vernetzungs aspekt des Projektes in den Vordergrund. Eine Anre-gung des Projektes, der Einbau einer Induktionsschleife, musste allerdings aus Kostengründen aufgeschoben werden. Der Verein „Tritta“ für feministische Mädchenarbeit hat das PFIFF Projekt ge-nutzt, um Inklusion intern strukturell zu verankern. Martina Hocke berichtete, dass es nun einen Selbstverteidigungskurs für Mädchen mit und ohne Behinderung gibt. „Inklusion ist eine Haltungsfrage“, meinte Christoph Cassel vom Jugendbildungswerk Freiburg, die das Projekt zum Anlass nahmen, die Sensibilisierung der Mitarbei-tenden und Kursleitenden in den Blick zu nehmen.

An der Podiumsdiskussion beteiligte sich ebenfalls Ramon Ka-threin, der blind ist. Er war bei mehreren Begleitseminaren dabei und bereicherte sie durch seine Sichtweise auf die Dinge. Er sah sich dabei als „der Blinde zum Anfassen“, der Berührungs-ängste abbaute, denn Inklusion fange seiner Meinung nach in den Köpfen an. Die Podiumsteilnehmer/-innen waren sich alle einig, dass das Projekt PFIFF viele wichtige Impulse lieferte und zu einem neuen inklusiven Bewusstsein beitrug. Die Veranstal-tung schloss mit stimmungsvollen Liedern vom Bettlerchor Frei-burg und einem Umtrunk beim anschließenden Jahresempfang des PARITÄTISCHEN.

■ Kontakt Der PARITÄTISCHE Regionalgeschäftsstelle Freiburg Iris Heindl · Telefon 0761 12 02 31-00 [email protected] · www.inklusive-freie-zeit.de

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Freizeit inklusiv Projekt PFIFF trägt zu einem neuen inklusiven Bewusstsein bei

PARITÄTinform Das Nachrichtenmagazin des PARITÄTISCHEN

ISSN 2198-9575

Herausgeber Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband

Landesverband Baden-Württemberg e. V.

Hauptstraße 28 · 70563 Stuttgart · Telefon 0711 2155-0

www.paritaet-bw.de · [email protected]

Verantwortlich Ursel Wolfgramm, Vorstandsvorsitzende

Redaktion Rolf Schaible (Gesamtredaktion), Ralf Baumgarth, Gabi Buch,

Dr. Hermann Frank, Dr. Steffi Hunnius, oliver Kaiser, Hina Marquart,

Regina Steinkemper, Achim Uhl, Dr. Ilse Winter u.v.a.

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Satz & Gestaltung: Kreativ plus, Gesellschaft für Werbung und

Kommunikation mbH, Stuttgart

Anzeigenmarketing: Kreativ Plus GmbH · Telefon 0711 2155-105 · [email protected]

Druck: Druckerei Raisch GmbH + Co. KG Reutlingen

Erscheinungsweise: vierteljährlich

Bezugspreis: Im Mitgliedsbeitrag enthalten.

Jahresabonnement 8,- Euro für Nichtmitglieder

Auflage: 4.600 Exemplare

Fotos: Archiv · Mitgliedsorganisationen · iStockphoto · fotolia

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Bitte beachten Sie die Beilage der Paritätischen Akademie Süd.

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Herausragendes EngagementGerd Hurst mit Ehrennadel des Landes Baden-Württemberg ausgezeichnet

KARLSRUHE „Ehrenamt ist nicht nur ein wichtiger Pfeiler der Demokratie, sondern auch der Kitt einer jeden Gesell-schaft.“ Das lebendige Gemeinwesen in Baden-Württemberg sei ohne selbstlosen und verlässlichen Einsatz undenkbar. Das betonte Oberbürgermeister Frank Mentrup am Donners-tag in Karlsruhe, wo er verdiente Persönlichkeiten mit der Ehrennadel des Landes Baden-Württemberg auszeichnete.

Unter den Geehrten war auch Gerd Hurst. Der langjährige ehren-amtliche Kreisvorsitzende des PARITÄTISCHEN Kreisverbandes Karlsruhe erhielt die Ehrennadel für sein breit gefächertes eh-renamtliches Engagement, das er über viele Jahre hinweg über die eigentlichen beruflichen Pflichten hinaus erbrachte. Bereits 1955 trat Hurst in den Posaunenchor der Hoffnungsgemeinde ein und übernahm kurze Zeit später mit dem Dirigat die Leitung. Hurst, der sich das Miteinander von Jung und Alt zur Herzenssa-che machte, arbeitet seit 1972 im Kuratorium des Herrmann-Eh-lers-Kollegs mit, wo er seit 2001 Vorsitzender des Evangelischen Studentenwohnheims Karlsruhe ist. Seit 2008 gehört Hurst dem Vorstand des Wohnstifts Karlsruhe an. Auch die Gründung des Hardtwaldzentrums in der Karlsruher Nordstadt ist eng mit sei-nem Namen verbunden. Seinem außergewöhnlichen Einsatz ist es zu verdanken, dass das ehemalige Kasernengebäude im September 1999 nach umfangreicher Modernisierung als So-zialzentrum des PARITÄTISCHEN eröffnet werden konnte. Für seine verdienstvolle ehrenamtliche Arbeit erhielt Hurst schon

im Jahr 2005 die Goldene Ver-dienstnadel des PARITÄTISCHEN Baden-Württem berg. 22 Jahre lang war Hurst Vorsitzender des Kreisvorstandes Karlsruhe und engagierte sich im Beirat des Landesverbandes. Gerne nahm der Karlsruher oberbürgermeis-ter die Auszeichnung mit der Landesehrennadel zum Anlass, Hurst für das Geleistete seine Anerkennung auszusprechen und für dessen Verbundenheit mit Karlsruhe herzlich zu danken.

Die Ehrennadel wird vom Ministerpräsidenten als Dank und Anerkennung für Bürger und Bürgerinnen des Landes Baden-Württemberg verliehen, die sich für die Gesellschaft besonders durch langjährige ehrenamtliche Tätigkeit in verantwortlicher Funktion in Vereinen und organisationen mit kulturellen, sport-lichen oder sozialen Zielen einsetzen.

■ Kontakt Der PARITÄTISCHE Kreisverband Karlsruhe Telefon 0721 9123021 · [email protected]

Goldene Ehrennadel für Marie-Luise Stöger STUTTGART Im Rahmen der Mitgliederversammlung des Kreisverbandes Stuttgart am 7. März 2017 wurde Marie-Luise Stöger, Geschäftsführerin von Wildwasser Stuttgart, für ihr herausragendes ehrenamtliches Engagement mit der Goldenen Ehrennadel des PA-RITÄTISCHEN Baden-Würt temberg ausgezeichnet.

Marie-Luise Stöger war zwanzig Jahre lang Mitglied im Kreisvor-stand, außerdem Mitglied im Landesvorstand (2001 bis 2009) und langjährige Sprecherin der Fachgruppe Frau en im PARITÄ-TISCHEN. „Marie-Luise Stöger hat mit großem persönlichen Einsatz und hoher Kompetenz die Interessen der Mitglieder insbesondere aus dem Bereich Frau en vertreten und damit die

verbandliche Arbeit maßgeblich mitgestaltet und geprägt. Das verdient höchste Anerkennung“, be-tonte Kreisvorsitzende Judith Vowinkel. „Ferner hat sie als fachkundige Expertin und Lobbyistin für von Gewalt betroffene Frauen für den Verband in der Gremienarbeit auf kommunalpolitischer Ebene und in der Kreisliga viel bewirkt.“

Regionalgeschäftsführerin übernimmt neue Aufgabe beim LandesverbandoFFENBURG Über zehn Jahre war Stephanie Schultz mit einem Stellendeputat von 50 Prozent als Regionalgeschäftsführerin für den PARITÄTISCHEN Kreisverband Ortenau zuständig. Die Tätigkeit endete zum 28. Februar 2017. Seit Jahresbeginn hat Stephanie Schultz zusätzlich die Bereichsleitung „Regionale Verbandsarbeit“ beim Landesverband für den badischen Landesteil übernommen. In diesem Rahmen ist sie auch zukünftig mit der Unterstützung des Kreisverbandes und seinen Mitgliedern betraut.

„Ich freue mich im Rahmen meiner neuen Tätigkeit auf eine weitere gute,

konstruktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Kreisverband.

In vielen wunderbaren Projekten, spannenden Prozessen und anregenden

Gesprächen haben wir erfolgreich zusammengearbeitet“, betonte Ste-

phanie Schultz. „Das hat den PARITÄTISCHEN in Stadt und Landkreis vo-

rangebracht, den Kreisverband gestärkt und mich persönlich gefördert.“

„Wir danken Stephanie Schultz ausdrücklich für ihre hervorragende Arbeit, die immer für und im Interesse unserer Mitglieder war. Wir be-mühen uns, die Stelle rasch neu zu besetzen und sind zurzeit mit allen Mitgliedsorganisationen im Dialog, um eine strukturelle Weiterentwick-lung vorzubereiten“, erklärte Dr. Christoph Jopen, Vorsitzender des Kreis-verbandes ortenau. „Dazu gehört die gemeinsame Interessenvertretung der Mitgliedsorganisationen gegenüber der Politik und Verwaltung so-wie die Mitarbeit in den örtlichen Arbeitsgemeinschaften der Liga der freien Wohlfahrtspflege und in Fachausschüssen und Arbeitskreisen“, so Dr. Jopen.

Oberbürgermeister Frank Mentrup zeichnete Gerd Hurst (erster von rechts) mit der Ehrennadel des Landes Baden- Württemberg aus. Foto: Ulrike Sinner

Marie-Luise Stöger (links) mit der Kreisvorsitzenden

Judith Vowinkel.

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Vielfalt ist Stärke – Verbindungen schaffen MehrwertRegionalgeschäftsstelle: Gutes Miteinander in Ulm und um Ulm herum

ULM Der PARITÄTISCHE Kreisverband Ulm/Alb-Donau repräsentiert 30 Mitgliedsorganisationen und -einrichtungen aus unterschiedlichen sozialen Arbeitsbereichen: Alten- und Behindertenhilfe, Beratungsstellen/Hilfeangebote für Familien und Frauen, Kindertagesstätten, Bewährungs- und Straffälligenhilfe, Drogenhilfe, Selbsthilfegruppen und anderes mehr. Die regionale Verbandsarbeit wird in der Ulmer Regionalgeschäftsstelle koordiniert und nach innen und außen vertreten. Die Regionalgeschäftsstelle ist eingebunden in die Räumlichkeiten der PARITÄTISCHEN Sozialdienste gGmbH in der Ulmer Oststadt.

Dem dreiköpfige ehrenamtliche Vorstand mit Günter Fröscher, Ute Bezner-Unsöld und Heiner Schrottenbaum steht seit 2008 mit Dr. Ilse Winter eine hauptamtliche Geschäftsführerin zur Seite. Hierdurch konnten, so der amtierende Kreisvorsitzende Günter Fröscher, die Schlagkraft und Nachhaltigkeit der Ver-bandsarbeit in den letzten Jahren sichtbar verstärkt werden. Seit 2017 ist Dr. Ilse Winter zusätzlich vom Landesverband mit der Bereichsleitung Regionale Verbandsarbeit für den württem-bergischen Landesteil betraut, um diese in der Fläche weiterzu-entwickeln. „Hieraus werden sich auch für Ulm weitere Impulse ergeben“, erwartet Fröscher.

Doppelspitze – mehr Präsenz in der Region

Vorstandskollegin Ute Bezner-Unsöld, Geschäftsführerin der Paritätischen Sozialdienste gGmbH, stellt fest: „Mit der Ulmer Doppelspitze – der PARITÄTISCHEN Verbandsarbeit und den PARITÄTISCHEN Sozialdiensten – hat der Verband zusätzliche Präsenz gewonnen. Und in der laufenden Arbeit ergeben sich immer wieder hervorragende Synergien.“ Zudem habe der Vor-stand schon seit langem darauf hingearbeitet, regionale Arbeits-strukturen zielgerichtet weiterzuentwickeln, um auf die Kom-munalisierung sozialer Arbeitsbereiche angemessen antworten

Wirtschaft und Gemeinnützige: Kooperationen pflegen

Im Nachgang zu dem erfolgreichen Ulmer Aktionstag 2015 „Gutes Miteinander in Ulm und herum – Wirtschaft und Ge-meinnützige als Partner“, gefördert von der GlücksSpirale, wurde im April 2016 der Workshop für Gemeinnützige „Unternehmen haben mehr zu bieten“ in Ulm angeboten. Die Schulung wurde von Ralf Baumgarth, Fachreferent für Soziales und Wirtschaft im PARITÄTISCHEN Baden-Württemberg, durchgeführt. Die Teilnehmenden kamen regional und überregional aus pari-tätischen und anderen sozialen Einrichtungen. Ziel war es, sie zu befähigen, eigenständig Kooperationspartnerschaften zu Wirtschaftsunternehmen aufzubauen.

Aus den Aktionsformaten für Wirtschaft und Gemeinnützige, die der PARITÄTISCHE in Ulm 2013 und 2015 durchgeführt hat, ist eine gute Basis für weitere Kooperationskontakte entstanden: So ist der PARITÄTISCHE von der Südwestmetall eingeladen, sich im April 2017 an einer Renten-Debatte zu beteiligen. Der

Vorstandsvorsitzende Günter Fröscher wird mit dem Thema „Rentenalter – dritte Lebensphase oder Abstellgleis?“ die soziale Dimension in die Diskussion einbringen. Solche Kooperations-partnerschaften über den Tellerrand hinaus weiter zu pflegen, ist das gemeinsame Ziel des PARITÄTISCHEN Ulm/Alb-Donau-Kreis.

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zu können, so zum Beispiel in der Kinder- und Jugendarbeit, der Behindertenhilfe und künftig auch in der Altenhilfe.

Vorstandsmitglied Heiner Schrottenbaum sieht als Geschäftsfüh-rer des RehaVereins für soziale Psychiatrie die aktuelle Herausfor-derung, sich gemeinsam auf die sich künftig völlig verändernde Landschaft in der Behinderten- und Altenhilfe einzustellen. „Der PARITÄTISCHE mit seinem breiten Spektrum der sozialen Ar-beit bietet dazu gute Voraussetzungen, um den notwendigen zukunftsorientierten strategischen Austausch anzustoßen“, so die Einschätzung Schrottenbaums. Diese Vielfalt erweise sich für die Mitgliedsorganisationen wie auch für den Verband in der Arbeit vor ort als sehr befruchtend.

Aufgaben und Aktivitäten

Der von der Kreismitgliederversammlung im dreijährigen Tur-nus gewählte Vorstand hat außerdem einen Kreis an Fachbei-räten berufen, die sich aktiv in die laufende Arbeit einbringen: Margarita Straub, Beratungsstelle für Schwangerschaftsfragen und Familienplanung, Angelika Glaschick, Frauen helfen Frauen, Hans-Peter Strobel von der Bewährungs- und Gerichtshilfen und Professor Richard Böker, Stadtrat in Ulm. Der Vorstand trifft sich im Jahr etwa viermal und zusätzlich dreimal zusammen mit den Beiräten. In den jährlichen Mitgliederversammlungen tauschen sich die Mitgliedsorganisationen über aktuelle und künftige Ar-beitsschwerpunkte aus und bringen sich mit ihren Anliegen ein.

„Qualität und Durchschlagskraft gewinnt soziale Arbeit heute nur, wenn man über den eigenen Tellerrand hinaus schaut.“ Die-se überzeugung teilt Regionalgeschäftsführerin Dr. Ilse Winter übereinstimmend mit Vorstand und Beirat. Gemeinsames Anlie-gen ist es, die Mitgliedsorganisationen innerhalb des Verbandes und auch extern gut zu vernetzen. So gibt es viele gute Gründe, warum sich eine Mitgliedschaft im PARITÄTISCHEN lohne, so

der PARITÄTIsCHe ulm/alB-donau

Kreisvorstand

Günter Fröscher Ute Bezner-Unsöld Heiner Schrottenbaum

■ Günter Fröscher Vorsitzender Waldorfschule Römerstraße/Kindertagesstätte [email protected]

■ Ute Bezner-Unsöld Geschäftsführerin Paritätische Sozialdienste [email protected]

■ Heiner Schrottenbaum Geschäftsführer RehaVerein für sozial Psychiatrie Donau-Alb [email protected]

Fachbeirat■ Professor Dr. Richard Böker

Stadtrat in Ulm [email protected]

■ Angelika Glaschick Geschäftsführerin Frauen helfen Frauen [email protected]

■ Margarita Straub Geschäftsführerin Beratungsstelle für Schwanger schaftsfragen und Familienplanung · [email protected]

■ Hans-Peter Strobel Bewährungs- und Gerichtshilfe Baden-Württemberg [email protected]

Regionalgeschäftsstelle UlmDr. Ilse Winter, Geschäftsführerin Eberhardtstraße 3 · 89073 UlmTelefon 0731 968 [email protected] [email protected]

Winter: Kurze Wege der Information, kompetente Unterstützung bei strukturellen oder rechtlichen Problemen, Unterstützung beim (Selbst-) Controlling durch die Pflicht zur Prüfung der Ge-schäftsführung und der Finanzen, Vertretung sozialpolitischer Anliegen. Dies ist insbesondere für Einrichtungen wichtig, die keine Vertretung auf Landesebene haben.

Auf der örtlichen und regionalen Ebene sind der formelle und informelle Informations- und Erfahrungsaustausch sowie die persönlichen Kontakte zwischen den Mitgliedern von beson-derem Gewinn. Die frei gemeinnützigen Träger haben ähnliche organisationsstrukturen in unterschiedlichen sozialen Feldern – gerade deshalb können sich die Akteure gut kollegial beraten und strategisch unterstützen. Bei Veranstaltungen lernt man Personen und die Arbeit der anderen organisationen kennen, kann Informationen im Netzwerk einholen und verteilen. Dies stärkt die Lotsenfunktion in der Beratungstätigkeit: „Die Klienten können verlässlich an vertraute, kompetente Ansprechpartner vermittelt werden“, betonen die Beirätinnen Straub und Gla-schick. Zudem entfaltet die Bündelung von Aktivitäten und Fachkompetenzen, insbesondere bei gemeinsamen Veranstal-tungen, eine besondere öffentliche Wirkung.

Der Fachbeirat (v.l.n.r.) Hans-Peter Strobel, Angelika Glaschick, Margarita Straub und Professor Dr. Richard Böker

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Soziale Arbeit vor ort vernetzen Gemeinsam sind wir stärker: Zusammenarbeit in der Liga der Wohlfahrtsverbände

Lokale Kooperationsbeziehungen werden auch über die ei-gene Mitgliederstruktur hinaus aktiv gepflegt: mit der ört-lichen Liga der Wohlfahrtsverbände, mit der Stadt Ulm, dem Alb-Donau-Kreis und vielen anderen Netzwerkpartnern. Seit 2013 hat der PARITÄTISCHE mit Regionalgeschäftsführerin Dr. Ilse Winter den Liga-Vorsitz inne – und diesen nunmehr im zweiten Jahr der Verlängerung übertragen bekommen.

Die Liga versteht sich als Sachwalter der sozialen Anliegen be-nachteiligter Menschen, die der sozialen Unterstützung und Interessensvertretung bedürfen. In dieser Funktion ist die Liga auch gesetzlich beauftragter Kooperationspartner bei der Er-füllung sozialer Aufgaben für Kommune und Kreis. Mit der Stadt Ulm und dem Alb-Donau-Kreis pflegen die Ligaverbände re-gelmäßigen Austausch in gemeinsamen Gesprächsrunden. Die regionalen Partner der Liga, Arbeiterwohlfahrt, Caritas, Diakonie, Deutsches Rotes Kreuz und der PARITÄTISCHE, sind in Ulm eng zusammengerückt, um diesem Auftrag und dem Prinzip der Subsidiarität gemeinsam Gewicht zu verleihen und dem So-zialen eine Stimme zu geben. Alle sind davon überzeugt, dass gemeinsam mehr erreicht werden kann: Durch kooperatives Tun entsteht mehr Kreativität, Kompetenz, Vielfalt an Lösungswegen und Angeboten. Dadurch werden die Akteure der Vielfältigkeit menschlicher Lebenslagen und Bedürfnisse am besten gerecht.

Zentrale Themen und Aktivitäten

Die Liga ist in verschiedenen sozialpolitischen Ausschüssen vertreten, zum Beispiel im Jugendhilfeausschuss, den ESF-Aus-schüssen Ulm und Alb-Donau-Kreis, in den Beiräten der Jobcen-ter, im Inklusionsbeirat, im Gemeindepsychiatrischen Verbund

und im Dialogforum Soziales. Aktuelle Themen, wie Sozialraum-orientierung, Armutsprävention, Wohnungsproblematik, Teilha-beplanung, Se nioren- und Behindertenarbeit, Flüchtlingsarbeit/Integration, werden ins Dialogforum Soziales eingebracht – ein beratendes Gremium mit Vertretern/-innen der Stadtverwal-tung, Stadtpolitik und den Liga-Verbänden. Dieses Gremium könnte sich zu einer Plattform kooperativer Sozialplanung und Gestaltung des Gemeinwesens weiterentwickeln. Im oktober 2017 ist zusammen mit dem DGB eine Veranstaltung zur Liga-Armutswoche geplant. Es wird ebenfalls eine gemeinsame Ver-anstaltung zur Bundestagswahl geben. Zum Internationalen Tag gegen Rassismus veröffentlicht die Liga eine Pressemitteilung. Aktuell ist die Liga angefragt, sich an dem DGB-Bündnis für Rente zu beteiligen.

Bietergemeinschaft Flüchtlingssozialarbeit

Im Auftrag der Stadt Ulm hat die regionale Liga der Wohlfahrts-verbände seit Sommer 2015 als Bietergemeinschaft die Flücht-lingssozialarbeit in den fünf Ulmer Sozialräumen übernommen – und sich damit den außergewöhnlichen Herausforderungen mit größter Flexibilität und hohem Engagement gestellt. Die Aufgaben werden in den Ligasitzungen koordiniert und in enger Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung abgestimmt. Feder-führend ist der Diakonie-Verband. Im Sommer 2016 wurde ein Austauschtreffen für die Flüchtlingssozialarbeiter durchgeführt, um die Arbeit auf ein gutes gemeinsames Fundament zu stellen, tragfähige kooperative Arbeitsstrukturen zu verstetigen, einheit-liche Standards und gemeinsames Auftreten zu definieren. Nach der 18-monatigen Beauftragung für die Flüchtlingssozialarbeit geht es nun darum, die Flüchtlingsarbeit entsprechend des von

RehaVerein für soziale Psychiatrie engagiert sich für Geflüchtete

Für den PARITÄTISCHEN hat im Rahmen der Liga-Bietergemeinschaft der RehaVerein für soziale Psychiatrie die Verantwortung für die Flüchtlingsso-zialarbeit im Sozialraum Mitte-ost übernommen. Der RehaVerein bringt als Träger des Behandlungszentrums für Folteropfer langjährige Erfahrungen in der Traumabehandlung von Flüchtlingen mit ein. Hierzu wurden Sozialarbeiter mit Fachexpertise sowie eine weitere junge Sozialarbeiterin mit Schwerpunkt in der Flüchtlingssozialarbeit eingestellt. Im Laufe des letzten Jahres wurden vom RehaVerein 354 Flüchtlinge in der Gemeinschaftsunterkunft sowie in kleineren Wohneinheiten in Mitte-ost betreut. Davon konnten 160 besonders Schutzbedürftige, wie Alleinerziehende, Familien mit Kindern und unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, aus dem Akutprogramm des Bundes mit einem höheren Personalschlüssel intensiver betreut werden. Ulm hat eine hohe Schutzquote Bleibeberechtigter von 60 bis 70 Prozent. So wird in Kürze für bislang alleinlebende Familienväter der Familiennachzug zu begleiten sein. Ebenso zeigt sich, dass Traumata erst zu einem späteren Zeitpunkt in den Beratungsstellen benannt werden. Die Integration unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge bringt längerfristige Betreuungsanforderungen mit sich. Hier bedarf es besonderer Anstrengungen, um ehrenamtliches Engagement ergänzend zur professionellen Sozialbetreuung aufrechtzuerhalten. Es wäre geboten, die in der Flüchtlingssozialarbeit eingesetzte Expertise der Fachkräfte für nachhaltige Integrationsarbeit weiter zu nutzen.

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der Landesregierung geschnürten Integrationspaktes in eine nachhaltige Integrationsarbeit zu überführen.

Wohnraumdebatte im Dialogforum Soziales

Angesichts des explodierenden Wohnungsmarktes und ver-schärft durch den Wohnraumbedarf für Geflüchtete hat die Liga dieses Thema in das Dialogforum Soziales als Schwer-punktthema eingebracht und im November 2016 diskutiert. Erfreulich ist, dass nun Bewegung in das Thema gekommen ist und Bau- und Sozialverwaltung es gemeinsam bearbeiten.

Neben der Forcierung des sozialgebundenen Wohnungsbaus braucht es aus Sicht der Sozialverbände insbesondere neue For-men der Kooperation und der gemeinsamen Problemlösung zwischen Wohnungswirtschaft, potenziellen Vermietern/-innen, Wohnungssuchenden und sozialen Trägern. Als besonderes Pro-blem erweisen sich zudem die Ulmer Mietobergrenzen, die nach einem wissenschaftlich berechneten Schlüssel für Bezieher von Sozialleistungen auf dem Wohnungsmarkt keine bezahlbaren Wohnungen erschließen. Die Liga wird 2017 die Wohnproble-matik zum Aktionsthema machen.

Gemeinsam aktiv in Sachen Wohnraumproblematik

Die Wohnraumproblematik für sozial Benachteiligte ist in vielen

sozialen Arbeitsfeldern paritäti scher Mitglieds organisationen ein

brennendes Thema. Problematisch sind die zu niedrig angesetzten

Mietobergrenzen in Ulm, fehlende bezahlbare Wohnungsangebote,

und Engpässe in der Vermittlung von kostengüns tigem Wohnraum.

Einkommensschwache und Menschen mit besonderen sozialen

Problemlagen haben schlechte Karten auf dem Wohnungsmarkt:

Frauen in häuslicher Gewalt, Drogenkranke, Straffällige, Menschen

mit Behinderungen/seelischen Erkrankungen, Arbeitslose, obdach-

lose etc. Selbst junge Familien mit begrenztem Budget finden

praktisch keine angemessene Wohnung. Soziale Problemlagen

wie Sucht, Gewalt, Kriminalität werden reproduziert – mit abseh-

baren gesellschaftlichen Folgekosten wie Spaltung, Ausgrenzung

und Radikalisierung mit sozialem Sprengstoff. Mit diesem Hand-

lungsdruck haben sich auf Einladung des PARITÄTISCHEN etwa

zehn Mitgliedsorganisationen zusammengefunden, um das The-

ma gemeinsam voranzutreiben. Es wurde eine Lagebeschreibung

erstellt und der Stadtverwaltung sowie der

Stadtpolitik zugesandt.

Bei der dritten paritätischen Austausch-

runde am 6. März 2017 haben sich die Teil-

nehmenden auf einen Aktionsplan 2017

verständigt. „Dieses brennende Problem

verlangt dringend nach Lösungen, denn

ansonsten wird unsere soziale Arbeit ad

absurdum geführt. Klienten, die auf dem

Wohnungsmarkt keine Chance haben,

bleiben im „no exit-Drehkreuz“ ihrer sozialen Problemlagen

stecken“, sind sich die Teilnehmenden einig. So wollen die Mit-

gliedsorganisationen im Verbund nachhaltige Lösungen suchen.

„Nicht zuletzt wäre dies auch eine Herausforderung für anstehen-

de Quartiersentwicklungen in den Sozialräumen in Ulm“, meinen

die Kreisvorstände Bezner-Unsöld und Schrottenbaum.

Zusammenarbeit in der Liga

H i n t e r g r u n d g e s p r ä c H e

Stadt Ulm und Landkreis ADKJobcenter Ulm und ADK

g r e m i e n v e r t r e t u n g e n

Dialogforum Soziales/JugendhilfeausschussBeiräte Jobcenter Ulm und ADKESF-Ausschüsse Ulm/ADK Inklusionsbeirat/Gemeindepsychiatrischer Verbund

L i g aVorsitz:

PARITÄTISCHER

2013 bis einschl. 2017

s c H w e r p u n k t t H e m e n■ Liga Bietergemeinschaft Flüchtlingssozialarbeit/Integration ■ Wohnraumproblematik für sozial Benachteiligte/Armutsprävention■ Veranstaltungen zur Armutswoche und Bundestagswahl■ Kooperation im DGB-Bündnis für Rente■ Teilhabeplanung■ Subsidiarität/Sozialraumorientierung

k o o p e r a t i o n s v e r a n s t a L t u n g e nm i t d e r s t a d t u L m

Planungsgruppe/Fachtagung/Workshopinterkulturell älter werden

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Am Ball bleiben!Senioren-Netzwerk „Neue Wege“ wird dank regionaler Fördermittel fortgeführt

Im Jahr 2017 wird das Senioren-Netzwerk „Neue Wege“ fortgeführt, das der PARITÄTISCHE Kreisverband Ulm/Alb-Donau seit 2011 aufgebaut hat. Dieses unterstützt ältere Menschen mit und ohne Behinderung, auch im Alter trotz und mit Handicaps und Behinderungen aktiv am Leben teilzunehmen. Nach der dreijährigen Projektförderung durch die Baden-Württemberg Stiftung konnte das Senioren-Netzwerk aufgrund anhaltendem Interesses und neuer Nachfragen verstetigt werden. Regionale Fördermittel unter anderem von den Familienentlastenden Diensten der Stadt Ulm, des Alb-Donau-Kreises und des Landes Baden-Württemberg sowie von Spenden aus der Südwestpresse-Aktion „100.000/Ulmer helft“, der Samariter für Ulm und anderer Institutionen sind dabei hilfreich.

Die Seniorengruppe zeichnet sich durch hohe Motivation und persönliches Engagement aus: Die Teilnehmenden setzen sich füreinander ein, geben sich Hilfestellungen, pflegen ihre sozialen Kontakte, Interessen und Alltagsbedürfnisse. So kommen gera-de alleinstehende ältere Menschen mit Behinderungen und oft nur knappen finanziellen Ressourcen raus aus der Einsamkeit. Gemeinsame Gruppenaktivitäten, wie offene Treffs, Kochtreffs, Lebensumfelderkundungen, Ausflüge und Fortbildungen bie-ten Möglichkeiten, sich kennenzulernen, Vertrauen zu fassen, sich auszutauschen und am öffentlichen Leben teilzuhaben. Ein besonderes Highlight war eine parlamentarische Besuchsrei-se nach Berlin. In Fortbildungen erhalten die Teilnehmenden Informationen und Unterstützung bei Fragen der Alltagsor-ganisation, zu sozialrechtlichen Themen sowie bei zwischen-

menschlichen Problemen im Rahmen des ehrenamtlichen Engagements. Gerade in persönlichen Krisensituationen bietet die Gruppe den Betroffenen seelischen Halt und orientierung. Diejenigen, die mittlerweile im Seniorenheim leben, bleiben weiter in die Kontakte und Aktivitäten einbezogen.

Geben und Nehmen macht stark

Darüber hinaus erhalten die Teilnehmenden Hilfe zur Selbsthilfe: Sie finden sich in Tan-dems und Kleingruppen zusammen und jede/r kann seine persönlichen Fähigkeiten einbringen und weiterentwickeln. Die indi-

viduellen Fähigkeiten werden auch in die Selbstorganisation der Gruppenaktivitäten eingebracht: übernahme von Betreu-ungs- und Besuchsdiensten, Planung, organisation und Kommu-nikation der Aktivitäten. Ein Teilnehmer konnte durch wieder-gewonnenes Selbstvertrauen an seine alte Theaterleidenschaft anknüpfen und ist seitdem wieder aktiv in einer Theatergruppe engagiert. Mit dem Grundprinzip „Geben und Nehmen macht stark“ erhalten die Beteiligten Unterstützung und Hilfestellung – gleichzeitig leisten sie einen gesellschaftlichen Beitrag für ein verantwortliches Miteinander. „Erfreulich ist die offenheit der Gruppe für neue Teilnehmende“, betont Dr. Ilse Winter als Projekt-leiterin. Mit der Lebenshilfe ist eine enge Zusammenarbeit mit guten Synergien entstanden. Die Sozialbetreuer/-innen nutzen die Angebote des Projekts mit ihren Klienten/-innen.

Pilotphase Netzwerk Bildung und soziale Teilhabe

Der PARITÄTISCHE Ulm/Alb-Donau bringt sich mit diesem Se-nioren-Netzwerk auch in die Pilotphase des Netzwerks „Bildung und soziale Teilhabe“ des Zentrums für allgemeine wissenschaft-liche Weiterbildung der Universität Ulm ein. Gemeinsam mit anderen Bildungsträgern soll eine Broschüre erstellt werden, um die bestehenden Bildungsangebote für Senioren/-innen gemeinsam bekannt zu machen und den Austausch unter den Trägern zu fördern. Ziel ist es, auch für sozial benachteiligte Gruppen niederschwellige Teilhabeangebote zu eröffnen und diese mit anderen Bildungsangeboten zu vernetzen. Nach der Startphase können weitere Träger angesprochen und einbe-zogen werden.

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Die Leistungen und Dienste des PARITÄTISCHEN für Mitgliedsorganisationen

Verbandliche Grundangebote (unentgeltlich)

Information und BeratungFach- und Konzeptberatung, fachlicher Austausch

• Fachspezifische Beratung und konzeptionelle Entwicklungen

• Austausch und Qualifizierung in Fachgruppen

Unterstützung bei der Finanzierung / Entgeltberatung

• Erschließung von Finanzmitteln / Fundraising

(z. B. AKTIoN MENSCH, GlücksSpirale, Deutsches Hilfswerk;

Auskünfte allgemeiner und grundsätzlicher Art zur Finanzierung

von Einrichtungen und Diensten

Unterstützung in Personal- und Rechtsfragen

• Grundberatung und Unterstützung in rechtlichen

Angelegenheiten (insbesonders in den Bereichen Arbeits-,

Gemeinnützigkeits-, Sozial- und Vereinsrecht, Haftungsrecht)

• Grundberatung in Tariffragen (TVÖD VKA/Bund, TV-L, AVB Parität)

• Grundberatung in personalwirtschaftlichen Themen

• Bereitstellung verbandseigener Arbeitsvertragsrichtlinien

(AVB Parität)

Unterstützung bei fachlichen Fragen zur qualitativen

und organisatorischen Entwicklung

• Grundberatung zu Qualitätsentwicklung

• Grundberatung zu Personal- und organisationsentwicklung

Regelmäßig erscheinende Publikationen

• Verbandsmagazin „PARITÄT inform“

• Newsletter „PARINEWS“

Unregelmäßig erscheinende Publikationen

• Newsletter/Rundschreiben der Kernteams und Servicebereiche

• Broschüren mit Fachinformationen / zu sozialpolitischen Themen

• Arbeitshilfen aus den einzelnen Ressorts

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

• Initiierung, Planung und Durchführung von Pressegesprächen

und -konferenzen zusammen mit Mitgliedern

• Beratung und Unterstützung bei Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Vernetzung• zwischen den Mitgliedsorganisationen auf regionaler

und überregionaler Ebene

• mit anderen Verbänden und Interessengruppen

(Freie Wohlfahrtspflege, Selbsthilfe, Landesnetzwerk BE,

Landesfamilienrat, Landesseniorenrat usw.)

• Fachveranstaltungen zu Querschnitts- und bereichsüber-

greifenden Themen mit (vertiefenden) Folgeveranstaltungen,

die über die paritätischen Dienstleister angeboten werden.

• Partizipation an verbandlichen und überverbandlichen

Projekten

• Gemeinsame Umsetzung von Jahreskampagnen

Sozialpolitische Interessenvertretung und Mitgestaltung auf Landes- und regionaler Ebene

• Positionierung des Verbandes in der öffentlichen Diskussion

• Mitwirkung in Gremien der öffentlichen freien Wohlfahrtspflege

• Vertretung in Arbeitsgruppen von Behörden und Ministerien

• Vertretung in Kommissionen und parlamentarischen Ausschüssen

• Vertretung in weiteren sozialpolitischen Zusammenhängen

(z. B. Sozialversicherungsträger, Arbeitsagenturen usw.)

• Kreisverbandsarbeit – regionale Beteiligungs-, Unterstützungs-

und Vertretungsstruktur für die Mitglieder

Weitere LeistungenFort-und Weiterbildung

• Bereitstellung einer Angebotsstruktur für Fort- und Weiterbil-

dung (Mitgesellschafter der PARITÄTISCHEN Akademie Süd)

Freiwilligendienste

• Koordination von Freiwilligendiensten (FSJ, BFD), Information

und Beratung der Mitglieder

• Werbung von Bürgerinnen und Bürgern für ein Engagement

in paritätischen (Freiwilligendienste-)Einsatzstellen

Günstig wirtschaften

• Beschaffungswesen (Rahmenverträge über den Gesamtverband)

• UNIoN-Versicherungsdienst (Allg. Versicherungsfragen und

Vermittlung günstiger Versicherungen; www.union-verdi.de)

• PariSERVE –Dienstleistungen für soziale organisationen

(www.pariserve.de)

Anerkennungskultur für Ehrenamtliche

• verbandliche Ehrenabzeichen, Anerkennungswettbewerbe

Individuelle Leistungen (gegen Entgelt)

Kostenpflichtige Dienstleistungen sind grundsätzlich alle Serviceleis-

tungen der Mitarbeiter/-innen des Landesverbands, die außerhalb der

allgemeinen Grundleistungen des Verbandes liegen. Alle individuellen,

entgeltpflichtigen Leistungen werden zu Vorzugskonditionen von der

Landesgeschäftsstelle des PARITÄTISCHEN durch deren Mitarbeiter/-

innen exklusiv nur für die Mitgliedsorganisationen des PARITÄTISCHEN

Baden-Württemberg erbracht.

Grundsätzlich können die jeweiligen Referate und Servicebereiche der

Landesgeschäftsstelle in Anspruch genommen werden:

Servicebereich Entgelt

Servicebereich Recht

Servicebereich Personal

Referate der fachlichen Bereiche

Servicebereich Qualität, organisations- und Personalentwicklung

über die Paritätische Akademie Süd

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Kontakt: Telefon 0711 2155-410

Paritätisches Bildungswerk e. V. (PBW)• Konzepte und Projekte im Bereich des bürgerschaftlichen

Engagements

Kontakt: Telefon 0711 2155-192 · [email protected]

Paritätische Akademie Süd gGmbH• Fort- und Weiterbildung

Kontakt: Telefon 0711 2155-188 · www.akademiesued.org

Paritätisches Jugendwerk e. V. Fachverband der freien Kinder- und Jugendarbeit

• Fach- und Konzeptberatung, Förderberatung

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E 13795 ISSN 2198-9575

PARITÄTinformBaden-WürttemBerg | märz 2017

Gemeinwohl und VerantwortungBürgerengagement als Fundament unserer Gesellschaft