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SCHRIFTENREIHE SCHIFFBAU Patrick Schiller Untersuchung der theoretischen Vermeidbarkeit von Seeunfällen durch die Anwendung der MSC.1/Circ. 1228 und MSC/Circ. 707 September 2010

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SCHRIFTENREIHE SCHIFFBAU

Patrick Schiller

Untersuchung der theoretischen Vermeidbarkeit von Seeunfällen durch die Anwendung der MSC.1/Circ. 1228 und MSC/Circ. 707

September 2010

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Diplomarbeit

Untersuchung der theoretischen Vermeidbarkeitvon Seeunfällen durch die Anwendung der

MSC.1/Circ. 1228 und MSC/Circ. 707

Technische Universität Hamburg-HarburgInstitut für Entwerfen von Schiffen und Schiffssicherheit

Vorgelegt von: cand. ing. Patrick SchillerMatrikelnummer: 29388

Erster Gutachter: Prof. Dr.-Ing. Stefan Krüger

Zweiter Gutachter: Prof. Dr.-Ing. Moustafa Abdel-Maksoud

September 2010

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Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis IV

Tabellenverzeichnis VII

Nomenklatur VIII

Zusammenfassung 1

1. Einleitung 2

2. Gefahren für Schiffe in schwerem Wetter 42.1. Große Rollwinkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42.2. Hohe Beschleunigungen (Rollbeschleunigungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . 92.3. Surfen und Querschlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

3. Die Richtlinien MSC.1/Circ. 1228 und MSC/Circ. 707 113.1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113.2. Die Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

3.2.1. Surfen und Querschlagen (K1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123.2.2. Auftreffen auf aufeinanderfolgende hohe Wellen (K2) . . . . . . . . . . 143.2.3. Synchrones Rollen und parametrische Rollbewegungen (K3) . . . . . . . 15

3.3. Ermittlung der Daten zur Anwendung der Richtlinien . . . . . . . . . . . . . . 153.4. Vorgehensweise bei der Anwendung der Richtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . 173.5. Weitere IMO Dokumente zur MSC/Circ. 707 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

3.5.1. SLF 44/INF.3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193.5.2. SLF 48/4/8 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

4. Bestimmungsmöglichkeiten der Rolleigenperiode vonSchiffen 224.1. Für kleine Rollwinkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244.2. Für große Rollwinkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244.3. Im Seegang (vereinfachte Methode) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

5. Seegangssimulationen mit E4-ROLLS 275.1. Darstellung von natürlichem Seegang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275.2. Theoretischer Ansatz der Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

6. Untersuchung und Auswertung 326.1. Untersuchte Schiffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326.2. Vorgehensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336.3. Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

6.3.1. Reale Kenterunfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356.3.2. Modelluntersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 596.3.3. Andere Unfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

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6.4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 696.4.1. Kriterium für Surfen und Querschlagen (K1) . . . . . . . . . . . . . . . 696.4.2. Kriterium für das Auftreffen auf aufeinanderfolgender hoher Wellen (K2) 706.4.3. Kriterium für synchrones Rollen und parametrische Rollbewegungen (K3) 70

7. Schwächen der Richtlinien 717.1. Auftreffen auf aufeinanderfolgende hohe Wellen (K2) . . . . . . . . . . . . . . 717.2. Synchrones Rollen und parametrische Rollbewegungen (K3) . . . . . . . . . . . 717.3. Surfen und Querschlagen (K1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 727.4. Aussagen zur Gültigkeit der Richtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72

8. Zusammenfassung 73

Literatur 74

Anhang 75

A. FIDAMUS 77

B. LOHENGRIN 78

C. IRENE OLDENDORF 79

D. HOHENEICHEN 80

E. WILHELM 81

F. HALSTENBEK 82

G. FINNBIRCH 83

H. COUGAR ACE 84

I. JRS CANIS 85

J. ANL PACIFIC 86

Erklärung 87

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Abbildungsverzeichnis

1. Durch Seeschlag beschädigte Container (links), überkommende Welle auf einemTanker (rechts), [1] und [2]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

2. M.V. Cougar Ace mit ca. 60° Krängung (links), APL China mit umge-stürzten Containerstapeln (rechts), [3] und [4]. . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

3. Schematische Darstellung des durch die Wellenschräge einer Querwelle hervor-gerufen krängenden Hebels, aus [5]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

4. Schematische Darstellung der Wellenberg- (grün) und der Wellentalsituation(blau), aus [5]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

5. Beispiel für extreme Hebelarmschwankungen und komplett negativer Stabilitätin der Wellenbergsituation für die Unfallsituation der Halstenbek. . . . . . . 7

6. Gegenüberstellung des Gefahrenbereichs für K1 (707 links und 1228 rechts). . . 137. Gegenüberstellung des Gefahrenbereichs für K2 (707 links und 1228 rechts). . . 148. Schematische Darstellung der Ablauffolge bei der Anwendung der Richtlinien

MSC/Circ. 707, aus [6]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189. Beispiel für ein Polardiagramm mit Resonanzlinien (durchgezogene Linien 1:1

Resonanz, gestrichelte Linien 2:1 Resonanz) für eine Rollperiode von 15 Sekun-den, aus [7]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

10. Beispiel für eine abklingende Rollschwingung mit großem Startrollwinkel, aus [8]. 2211. Verlauf der Glattwasserhebelarmkurve weit unter der Tangente im Nullpunkt,

aus [9]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2312. Verlauf der Glattwasserhebelarmkurve bis zu großen Winkeln nahezu wie ihre

Tangente im Nullpunkt, aus [9]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2313. Verlauf der Glattwasserhebelarmkurve weit über der Tangente im Nullpunkt, aus

[9]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2314. Schematische Darstellung der Ermittlung von GMeff , es gilt dabei A1 = A2. . 2515. Beispiel für die Ermittlung einer mittleren, im Seegang wirkenden, Hebelarm-

kurve. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2616. Langkämmiger (links) und kurzkämmiger Seegang (rechts), aus [10]. . . . . . . 2817. Beispiel für Polardiagramme mit langkämmigen (links) und kurzkämmigen See-

gang (rechts) für das Erreichen eines Rollwinkels von 50°, aus [11]. . . . . . . 2818. JONSWAP-Spektrum mit diskreten Stützstellen mit gleichem Energieinhalt, aus

[5]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2919. Prinzip der aquivalenten Welle nach Grim, aus [5]. . . . . . . . . . . . . . . . . 3120. Gerneralplan der SS Fidamus, aus [11]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3521. Polardiagramme für die Unfallsituation (oben) und den sicheren Ladefall (unten)

der Fidamus bei einer Wellenlänge von λ = 40m (707 linke, 1228 rechteDiagrammseite). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

22. Hebelarmkurven der Fidamus für die Unfallsituation (oben) und den sicherenLadefall (unten) in einer Referenzwelle mit λ = 40m und H = 2, 0m. . . . . . . 37

23. Seitenansicht der MV Lohengrin, aus [11]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3824. Polardiagramme für die Unfallsituation (oben) und den sicheren Ladefall (unten)

der Lohengrin bei einer Wellenlänge von λ = 57m (707 linke, 1228 rechteDiagrammseite). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

25. Hebelarmkurven der Lohengrin für die Unfallsituation (oben) und den siche-ren Ladefall (unten) in einer Referenzwelle mit λ = 57m und H = 2, 0m. . . . 40

26. Seitenansicht der SS Irene Oldendorf, aus [11]. . . . . . . . . . . . . . . 41

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27. Polardiagramme für die Unfallsituation (oben) und den sicheren Ladefall (unten)der Irene Oldendorf bei einer Wellenlänge von λ = 80m (707 linke, 1228rechte Diagrammseite). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

28. Hebelarmkurven der Irene Oldendorf für die Unfallsituation (oben) undden sicheren Ladefall (unten) in einer Referenzwelle mit λ = 80m und H = 5, 0m. 43

29. MV Hoheneichen vollständig abgeladen, aus [11]. . . . . . . . . . . . . . . . 4430. Polardiagramme für die Unfallsituation (oben) und den sicheren Ladefall (unten)

der Hoheneichen bei einer Wellenlänge von λ = 40m (707 linke, 1228 rechteDiagrammseite). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

31. Hebelarmkurven der Hoheneichen für die Unfallsituation (oben) und den si-cheren Ladefall (unten) in einer Referenzwelle mit λ = 40m und H = 4, 0m. . . 46

32. Seitenansicht der MV Wilhelm, aus [11]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4733. Polardiagramme für die Unfallsituation (oben) und den sicheren Ladefall (unten)

der Wilhelm bei einer Wellenlänge von λ = 57m (707 linke, 1228 rechteDiagrammseite). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

34. Hebelarmkurven der Wilhelm für die Unfallsituation (oben) und den sicherenLadefall (unten) in einer Referenzwelle mit λ = 57m und H = 2, 5m. . . . . . . 49

35. MV Halstenbek, aus [11]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5036. Polardiagramme für die Unfallsituation (oben) und den sicheren Ladefall (unten)

der Halstenbek bei einer Wellenlänge von λ = 77m (707 linke, 1228 rechteDiagrammseite). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

37. Hebelarmkurven der Halstenbek für die Unfallsituation (oben) und den si-cheren Ladefall (unten) in einer Referenzwelle mit λ = 77m und H = 4, 0m. . . 52

38. MV Finnbirch, [12]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5339. Polardiagramme für die Unfallsituation (oben) und den sicheren Ladefall (unten)

der Finnbirch bei einer Wellenlänge von λ = 113m (707 linke, 1228 rechteDiagrammseite). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

40. Hebelarmkurven der Finnbirch für die Unfallsituation (oben) und den sicherenLadefall (unten) in einer Referenzwelle mit λ = 113m und H = 5, 0m. . . . . . 55

41. Gerneralplan der M.V. Cougar Ace, aus [11]. . . . . . . . . . . . . . . . . 5642. Polardiagramme für die Unfallsituation (oben) und den sicheren Ladefall (unten)

der Cougar Ace bei einer Wellenlänge von λ = 172m (707 linke, 1228 rechteDiagrammseite). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

43. Hebelarmkurven der Cougar Ace für die Unfallsituation (oben) und den si-cheren Ladefall (unten)in einer Referenzwelle mit λ = 172m und H = 3, 0m. . 58

44. Seitenansicht der DFDS-Flower- Class RoRo-Schiffe, aus [11]. . . . . . . . . . . 5945. Polardiagramme für die Unfallsituation (oben) und den sicheren Ladefall (unten)

der Flower-Class Schiffe bei einer Wellenlänge von λ = 206m (707 linke, 1228rechte Diagrammseite). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

46. Hebelarmkurven der Flower-Class Schiffe für die Unfallsituation (oben) und densicheren Ladefall (unten) in einer Referenzwelle mit λ = 206m und H = 8, 8m. 61

47. Rumpfform des SINBAD-Modells, aus [11]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6248. Polardiagramme für die Unfallsituation (oben) und den sicheren Ladefall (unten)

des SINBAD-Modells bei einer Wellenlänge von λ = 160m (707 linke, 1228rechte Diagrammseite). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

49. Hebelarmkurven des SINBAD-Modells für die Unfallsituation (oben) und densicheren Ladefall (unten). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

50. C.V. JRS Canis, [13]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6551. Polardiagramm für die Unfallsituation der JRS Canis bei einer Wellenlänge

von λ = 172m (707 linke, 1228 rechte Diagrammseite) für einen maximalenRollwinkel von ϕ = 20°. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

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52. Hebelarmkurven der JRS Canis für die Unfallsituation in einer Referenzwellemit λ = 172m und H = 7, 0m. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

53. C.V. ANL Pacific, [14]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6754. Polardiagramm für die Unfallsituation der ANL Pacific bei einer Wellenlänge

von λ = 172m (707 linke, 1228 rechte Diagrammseite) für einen maximalenRollwinkel von ϕ = 15°. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68

55. Hebelarmkurven der ANL Pacific für die Unfallsituation in einer Referenzwellemit λ = 172m und H = 7, 0m. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68

56. Zusammenfassende Darstellung zur Auswertung des Kriteriums K1 (707 linke,1228 rechte Diagrammseite). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

57. Zusammenfassende Darstellung zur Auswertung des Kriteriums K2 (707 linke,1228 rechte Diagrammseite). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70

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Tabellenverzeichnis

1. Gegenüberstellung der Einzelkriterien und Maßnahmen für K1. . . . . . . . . . 132. Gegenüberstellung der Einzelkriterien und Maßnahmen für K2. . . . . . . . . . 143. Gegenüberstellung der Einzelkriterien und Maßnahmen für K3. . . . . . . . . . 154. Gegenüberstellung der zu ermittelnden Daten und deren Bestimmung zur An-

wendung der Richtlinien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165. Schiffsdaten, Fahrzustände und Umweltbedingungen der Schiffe während des

Unfalls. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326. Stabilitätswerte der untersuchten Schiffe und untersuchte Wellenlängen . . . . . 33

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Nomenklatur

α Begegnungswinkel des Schiffes mit den Wellen (α = 0◦ meint Seegang von vorn), [◦]

λ Wellenlänge (in den Richtlinien ist eine mittlere Wellenlänge gemeint), [m]

µ Begenungswinkel des Schiffes mit den Wellen (µ = 0◦ meint Seegang von achtern), [◦]

4 Deplacement [kg]

ϕ Rollwinkel bzw. Kränungswinkel des Schiffes []

B Breite des Schiffes, [m]

c Wellengeschwindigkeit, [m/s]

Cφ Rollzeitbeiwert [−]

d Tiefgang des Schiffes, [m]

Fn Froude-Zahl, [−]

GM Metazentrische Höhe, Abstand vom Gewichtsschwerpunkt zum Metazentrum, [m]

GZ Glattwasseraufrichthebelarm [m]

H Wellenhöhe, [m]

H1/3 signifikante Wellenhöhe, [m]

i Massenträgheitsradius [m]

Ixx Massenträgheitsmoment des Schiffes um die x-Achse [kg ·m2]

KG Höhe des Gewichtsschwerpunktes, Abstand vom Kiel zum Gewichtsschwerpunkt, [m]

KM Abstand vom Kiel zum Metazentrum, [m]

L Schiffslänge (in den Richtlinien ist Lpp gemeint), [m]

Lpp Länge zwischen den Loten, [m]

T ,TW Wellenperiode, [s]

TE Wellenbegegnungsperiode, [s]

TR Rolleigenperiode des Schiffes, [s]

v, vS Schiffsgeschwindigkeit, [kn]

B Auftriebsschwerpunkt des Schiffes

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BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung

FSG Flensburger Schiffbau-Gesellschaft

G Gewichtsschwerpunkt des Schiffes

HSVA Hamburgische Schiffbau-Versuchsanstalt

IMO International Maritime Organisatition

LaSSe Lasten auf Schiffe im Seegang

M Metazentrum

MSC Maritime Safety Committee

SLF Sub-Committee on Stability and Load Lines and on Fishing Vessels Safety

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Zusammenfassung

Ziel dieser Arbeit ist es zu überprüfen, ob durch die Anwendung der Richtlinie MSC/Circ.707 bzw. der Richtlinie MSC.1/Circ. 1228 reale Seeunfälle theoretisch hätten vermieden wer-den können. Die Untersuchung erfolgte anhand acht realer Kenterunfälle, zweier Unfällen mitContainerverlusten und zwei Modellversuchen. Dabei wurden die Richtlinien auf diese Fälle an-gewendet. Die Ergebnisse zeigen, dass die Anwendung der Richtlinien bei den untersuchtenFällen auf keinen Fall zur Vermeidung der Unfälle geführt hätte. Dieses liegt an den festge-stellten Schwächen der Richtlinien und lässt den Schluss zu, dass auch eine Ausweitung derUntersuchung auf weitere Unfälle zu der gleichen Erkenntnis führen wird.

Zusammenfassend kann dieses an folgenden Aussagen festgemacht werden:

• Die Richtlinien berücksichtigen Kriterien für die Bestimmung der Grenzen der Gefahren-zonen, die nicht relevant für das Verhalten des Schiffes im Seegang sind.

• Die bei der Ermittlung der Daten getroffen Vereinfachungen in den Richtlinien erleichternzwar die Anwendung, und die Erhebung ist mit Bordmitteln einfach auszuführen. Es istjedoch davon auszugehen, dass die Vereinfachungen in der Mehrheit der Fälle zu falschenErgebnissen führen und Gefahren nicht richtig erkannt werden.

• Das führt dazu, dass eine so bestimmte Gefahrenzone kein sicheres Indiz für eine wirklicheGefährdung ist. Der in der Realität gefährliche Bereich kann je nach Stabilitätszustanddes Schiffes die Gefahrenzone der Richtlinie überschreiten oder gar nicht vorhanden sein.Günstigstenfalls werden also Maßnahmen eingeleitet, die nicht notwendig wären, da keinetatsächliche Gefährdung besteht. Im Extremfall ist nicht auszuschließen, dass aus einererfolgten Geschwindigkeits- oder Kursänderung entsprechend der Richtlinien, die Situationfür das Schiff verschlimmert wird.

Um es vereinfacht auszudrücken: Das Verhalten nach den Richtlinien gleicht eher einem Glückss-piel, da in der Mehrheit der Fälle die gewünschte Verbesserung nicht eintrifft.

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1. Einleitung

Im Rahmen der globalisierenden Märkte und den damit verbunden Frachtaufkommen ist derAnteil der Warentransporte über den Seeweg überproportional gestiegen. Diesem Wachstumwurde einerseits durch Ausbau der Frachtkapazitäten der einzelnen Schiffe, besonders im Con-tainermarkt, begegnet. Aber auch der Aufbau der Flotten wurde wegen der geforderten Flexi-bilität durch die Reedereien vorangetrieben. Dazu erfolgt durch die Frachtgeber die Vorgabeder Zeiten, wann Frachten geladen werden können und wann diese einteffen müssen (just intime). Daraus leitet sich die Route der Schiffe und die Reisezeiten zwangsläufig ab und bindetdie Reedereie, sich daran zu halten. Die Wahl des sicheren Seeweges unter Berücksichtigungvon Jahreszeit und seewetterlichen Aspekten tritt oft dahinter zurück. Somit wächst auch dieWahrscheinlichkeit, dass Schiffe regelmäßig in schweres Wetter geraten. Andererseits ist auchbei sorfältigster Planung die Gefahr der Begegnung mit schwerem Wetter durch die Unvorher-sagbarkeit, insbesondere des zeitlichen Eintreffens der Vorhersagen, nicht zu vermeiden.

Die damit verbundenen Gefahren für die Schiffsbesatzungen und die Ladungen entstehen durchdas dynamische Bewegungsverhalten und die Stabilität der Schiffe besonders bei stark bewegterSee. Allerdings gibt es derzeit keine Stabilitätsvorschriften, die aus dem dynamischen Verhaltender Schiffe abgeleitet sind bzw. dieses berücksichtigen. Die Problematik ist jedoch nicht unbe-kannt. So gibt es in den geltenden Intakt-Stabilitätsvorschriften das “Wetterkriterium”, welchesnäherungsweise das dynamische Verhalten durch Windeinfluss berücksichtigt. Das Stabilitäts-verhalten durch Seegang wurde bisher wenig berüchsichtigt, weil es individuell für jedes Schiffzu ermitteln ist und sich nicht allgemein herleiten lässt. Daher sind entsprechende Kriterien inden Sicherheitsvorschriften nicht vorhanden.

Für Werften und Reedereien sind die durch schweren Seegang an Schiffen verursachten Schädenjedoch ein ständiges Problem. Zum einen werden die Reedereien den Kunden nicht gerecht,die mit dem sicheren Eintreffen der Ladung kalkulieren. Zum anderen sind die Verluste undderen monetären Aspekte ganz erheblich, von den Risiken denen die Besatzungen ausgesetztsind, ganz abgesehen. Daher ist den Sicherheitsorganen an verbindlichen Kriterien gelegen, diedas Risiko vermindern und an denen sich auch rechtlich richtiges Handeln ableiten lässt. Bisheute gibt es dazu Richtlinen der IMO (Internatinal Maritime Organisation, London). Dieseswar die MSC/Circ. 707 von 1995, die durch aktuelle Richtline MSC.1/Circ. 1228 von 2007ersetzt wurde. Bei genauer Betrachtung beziehen sich diese Richtlinien jedoch ausschließlichauf Gefahren bei achterlichem und schräg achterlichem Seegang. Dabei geben die RichtlinienHandlungsempfehlungen, mit denen die Gefahren vermieden oder vermindert werden sollen.Subjektive Erfahrungen und Aussagen haben jedoch immer wieder Zeifel an der Wirksamkeit derRichtlinen aufkommen lassen. Grund dafür ist auch die verallgemeinerte Fassung der Richtlinien,die die individuelle Stabilität der verschiedenen Schiffe und deren Verhalten im Seegang nichtberücksichtigt.

Das Ziel dieser Arbeit ist es daher, die Wirksamkeit dieser Richtlinien zu überprüfen. Diesesgeschieht anhand acht realer Kenterunfälle, zwei Unfällen mit Containerverlusten und zweiModellversuchen, bei denen das Kenterverhalten untersucht wurde. Dabei wird betrachtet, ob

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bei Anwendung der Kriterien aus den Richlinen die Gefahr des Kenterns oder der Verlust vonContainern verhindert würde. Diese Arbeit betrachtet zunächst die Gefahren bei schweremWetter und deren Ursachen. Dann erfolgt die Untersuchung nach den Kriterien der beidenRichtlinien und es werden die Unterschiede und die Wirksamkeit der Richtlinien herausgearbeitetund verglichen.

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2. Gefahren für Schiffe in schwerem Wetter

Schiffe, die in schwerem Wetter operieren, d.h. bei starkem Wind und hohem Seegang, sindgroßen Naturkräften ausgesetzt. Dabei können sie in Situationen geraten, welche sowohl eineGefahr für das Schiff und seine Ladung als auch für dessen Besatzung darstellen. Dabei gehendie Gefahren zum einen von großen Seegangslasten aus, wie z.B. aus Seeschlag oder Slamming.Diese können Beschädigungen an der an Deck gestauten Ladung oder an der Schiffsstrukturhervorrufen (Abbildung 1).

Abbildung 1: Durch Seeschlag beschädigte Container (links), überkommende Welle auf einemTanker (rechts), [1] und [2].

Zum anderen besteht eine Gefährdung aufgrund des dynamischen Bewegungsverhaltens desSchiffes und der sich periodisch ändernden Schiffsstabilität im Seegang. Diese können extremeFolgen haben, wie z.B.:

• große Rollwinkel

• hohe Beschleunigungen (Rollbeschleunigungen)

• Surfen und Querschlagen.

Es können dabei in Abhänigkeit der vorhandenen Stabilität des Schiffes bei gleichem Seegang,gleichem Kurs zur See und gleicher Schiffsgeschwingkeit entweder große Rollwinkel, oder hoheRollbeschleunigungen oder aber auch beides zu gleich auftreten. Andererseit kann das Schiffauch sicher sein.

Nachfolgend werden die Gefahren, die durch die genannten Schiffsbewegungen entstehen, unddie unterschiedlichen Ursachen bzw. Phänomene, die diese hervorrufen, näher erläutert. Die Ge-fährdung durch zu große Seegangslasten werden nicht weiter behandelt, weil dies kein Problemder Schiffsstabilität, sondern der Strukturfestigkeit ist.

2.1. Große Rollwinkel

Der Begriff „große Rollwinkel“ ist relativ und nicht an einer bestimmten Gradzahl festzumachen.Denn je nach Schiffstyp können unterschiedlich große Rollwinkel zur Gefährdung des Schiffesführen. Daher sind in diesem Zusammenhang „große Rollwinkel“ definiert als Rollwinkel diefolgende Situationen für das Schiff hervorrufen und somit zu Gefahren werden können:

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• Kentern des Schiffes,

• Tauchen von wichtigen, nicht wetterdichten Öffnungen,

• Verschiebung und / oder Verlust der Ladung,

• Ausfall von wichtigen Schiffssystemen oder

• eine Situation, die zu noch größeren Rollwinkeln führt.

Das Auftreten großer Rollwinkel ist somit ein Ereignis, welches große Schäden materieller undfinanzieller Art verursachen kann, bis hin zum totalen Verlust des Schiffes (Abbildung 2). DieUrsachen für das Entstehen großer Rollwinkel können folgende physikalische Effekte sein:

• direkte Erregung durch den Seegang

• Stabilitätsverlust auf dem Wellenberg (pure loss of stability)

• parametrische Erregung (Parametrisches Rollen).

In einem natürlichem Seegang (kurzkämmig und unregelmäßig) treten diese Effekte nicht ein-zeln, sondern meist in einer beliebigen Kombination auf. Dabei können sie sich gegenseitigverstärken. Im Folgenden werden die drei genannten Ursachen näher erläutert.

Abbildung 2: M.V. Cougar Ace mit ca. 60° Krängung (links), APL China mit umgestürztenContainerstapeln (rechts), [3] und [4].

Direkte Erregung durch den Seegang

Die direkte Erregung einer Rollbewegung durch den Seegang soll hier beispielhaft anhand einesquer zur See liegenden oder fahrenden Schiffes verdeutlicht werden. In Abbildung 3 ist einsimpler Spantquerschnitt eines Schiffes zu sehen, der von einer seitlichen Welle erfasst wird.Es ist deutlich zu erkennen, dass der Auftriebsschwerpunkt B dabei seitlich auswandert, wie esauch im Fall einer statischen Krängung des Schiffes ist. Durch den dadurch enstehenden Hebelh zwischen dem Auftriebsschwerpunkt und dem Gewichtsschwerpunkt G, wird ein Moment umdie Schiffslängsachse erzeugt, welches eine Rollbewegung des Schiffes bewirkt. In der Realitatkommen neben den hydrostatischen Kräften noch dynamische Anteile hinzu, die z.B. aus derWellengeschwindigkeit kommen.

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Abbildung 3: Schematische Darstellung des durch die Wellenschräge einer Querwelle hervorge-rufen krängenden Hebels, aus [5].

Die Gefahr, dass bei einem quer zur See liegendem Schiff allein durch eine direkte Erregungsehr große Rollwinkel entstehen oder es bis zum Kentern des Schiffes kommt, ist allerdings sehrgering. Dieses liegt daran, dass dafür eine Resonanz vorliegen muss, bei der die Erregungsfre-quenz sehr nahe an der Rolleigenfrequenz des Schiffes liegt. Dieses ist jedoch nur bei Wellenmit sehr großen Wellenlängen der Fall, die zum einen nur sehr selten auftreten und auch dannnur eine geringe Wellenschräge aufweisen. Ferner kommt hinzu, dass die Energie der Wellenzu einem großen Teil in eine seitliche Driftbewegung des Schiffes umgesetzt wird und nicht ineine Rollbewegung. Allerdings ist die direkte Erregung in einem natürlichen Seegang aufgrundverschiedener Laufrichtungen der Wellenanteile immer vorhanden und ist damit stets ein Initia-tor für eine Rollbewegung, die durch andere Effekte weiter angefacht werden kann. Dieses giltbesonders für Schiffe, die direkt gegen oder mit der See fahren.

Dass auch eine direkte Erregung durch den Seegang zur Gefahr werden kann, zeigt das Be-spiel des Containerschiffes Chicago Express [15]. Dieses erreichte in schräg von vornekommender See, aufgrund exzessiver Stabilität wegen geringer Beladung, allein durch direk-te Seegangsmomente und ohne das eine Resonanzsituation vorlag, große Rollwinkel und hoheRollbeschleunigungen.

Stabilitätsverlust auf dem Wellenberg (Pure loss of stability)

Das Phänomen „pure loss of stability“ ist ein Effekt der Schiffsform und deren Stabilität im See-gang, denn je nach Lage des Schiffes zur Welle kann die Stabilität gegenüber der im Glattwasserstark variieren. Vereinfacht unterscheidet man dabei zwei markante Situationen des orthogonalzu den Wellen fahrenden Schiffes: Dieses ist zum einen die Wellenberg- und zum andren dieWellentalsituation, bei der sich jeweils das Wellental bzw. der Wellenberg in der Schiffsmittebefindet (siehe Abbildung 4). Aufgrund des je nach Situation anderen Verdrängungskörpers desSchiffes, besitzt dieses auf dem Wellenberg eine geringere und in einem Wellental eine größereStabilität als im Glattwasserfall. Dieses ist sehr gut an den an den unterschiedlichen Hebel-armkurven für die unterschiedlichen Situationen in der Abbildung 5 zu erkennen. Dieser Effekt

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wächst mit zunehmender Wellenhöhe und ist am größten, wenn die Wellenlänge ungefähr dem0,7 - 1,3 fachen der Schiffslänge entspricht, wobei kürzere Wellen meist die gefährlichsten sind.

Abbildung 4: Schematische Darstellung der Wellenberg- (grün) und der Wellentalsituation(blau), aus [5].

Abbildung 5: Beispiel für extreme Hebelarmschwankungen und komplett negativer Stabilität inder Wellenbergsituation für die Unfallsituation der Halstenbek.

Vom Stabilitätsverlust auf dem Wellenberg spricht man in dem Fall, wenn die Stabilität einesSchiffes auf einem Wellenberg so weit abnimmt, dass diese negativ wird. Das Schiff besitzt indiesem Fall kein Aufrichtvermögen mehr und krängt solange (eine vorhandene Rollbewegungvorausgesetzt), bis es gekentert ist oder sich eine Wellensituation ergibt, bei der wieder genugStabilität vorhanden ist, um das Schiff aufzurichten. Währenddessen können jedoch sehr großeRollwinkel enstehen.

Stabilitätsverlust kann sowohl bei See von vorne als auch bei achterlichem Seegang auftreten.Dabei ist die zuletzt genannte Situation die häufigere und gefährlichere, da das Schiff dort durchdie geringere Relativgeschwindigkeit zwischen Schiff und Welle für eine längere Zeitspanne indem Zustand ohne Stabilität verweilt. Der Stabilitätsverlust auf dem Wellenberg tritt aber seltenin reiner Form auf, sondern wird meist von andren Effekten überlagert. So kann es dabei imExtremfall, bei eintretender großer Krängung im achterlichen Seegang, dazu kommen, dass das

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Schiff aufgrund dann unzureichender Manövrier- und Kurshaltefähigkeit querschlägt.

Parametrische Erregung (Parametrisches Rollen)

Von parametrischer Erregung spricht man, wenn eine Bewegung nicht direkt durch eine äußereangreifende Kraft angeregt wird, sondern indirekt über einen Parameter. Im Fall des para-metrischen Rollens bei Schiffen ist dieser Parameter der Aufrichthebelarm des Schiffes. Die-ser unterliegt, aufgrund des sich je nach Wellensituation ändernden Verdrängungskörpers desSchiffes, gewissen periodischen Schwankungen (vgl. auch Stabilitätsverlust auf dem WellenbergSeite 6). Die Änderungen bzw. Schwankungen der Stabilität sind dabei nur von der Schiffsformabhängig, nicht aber von der Stabilität selbst. Von großen Hebelarmschwankungen sind heutzu-tage besonders die modernen Container-, RoRo- und RoPax-Schiffe, mit ihren breiten, flachenHinterschiffen und schlanken Vorschiffen mit großem Spantausfall betroffen.

Besonders gefährlich ist die parametrische Erregung im vorlichen und achterlichem Seegang,wenn es zu den sogenannten Resonanzerscheinungen, die zu großen Rollwinkeln führen kön-nen, kommt. Bei diesen Resonanzerscheinungen fällt die Begegnungsperiode entweder mit dereinfachen (1:1) oder der doppelten (2:1) Rolleigenperiode des Schiffes zusammen.

Die sogenannte 2:1-Resonanz, ist daran zu erkennen, dass eine Rollperiode mit zwei Stampf-perioden zusammenfällt. Sie ist besonders gefährlich, weil sich immer dann der Wellenberg inetwa am Hauptspant befindet, wenn das Schiff fast aufrecht schwimmt und dadurch, wegender geringeren Stabilität, wieder auf die andere Seite krängt. Dabei wird die durch das Rollenaufgenommene Energie kaum abgebaut. Hat das Schiff die maximale Krängung erreicht, dannliegt in etwa eine Wellentalsituation mit einer größeren Stabilität vor und das Schiff wird wiederstark aufgerichtet. Im unregelmäßigen Seegang können durch dieses Wechselspiel in nur wenigenRollperioden große Rollwinkel entstehen. Damit nun die Begegnungsperiode des Schiffes mitdem Seegang hinreichend genau mit der doppelten Rolleigenperiode zusammenfällt, müssen beigegebenen Seegang bestimmte Verhältnisse zwischen der Stabilität des Schiffes, dem Begeg-nungswinkel und der Schiffsgeschwindigkeit vorhanden sein. Dabei sind generell zwei Fälle zuunterscheiden:

Fährt das Schiff im achterlichen Seegang, so ist eine 2:1-Resonanz im Allgemeinen nur beirelativ kleinen bis mittleren Schiffsgeschwindigkeiten und geringer Stabilität möglich. Dabeikommt es wegen der niedrigen Stabilität nicht zu sehr hohen Beschleunigungen, sondern ehrzu sehr großen Rollwinkeln, die bis zum Kentern führen können. Wesentlich für das Verstehender Abläufe im achterlichen Seegang ist weiterhin die Tatsache, dass die Rolleigenperiode desSchiffes selbst starken Schwankungen unterworfen sein kann. Der Grund dafür ist, dass nichtdie anfangsmetazentrische Höhe des Glattwasserzustandes relevant ist, sondern die jeweiligenZustände in der Wellenberg- Wellentalsituation. Daraus ergibt sich dann eine Anpassung derRolleigenperiode des Schiffes an die jeweilige Erregung. Dieser Effekt ist um so größer, je mehrsich die Stabilität im Seegang zwischen Berg- und Talsituation ändert. In der Praxis hat die-ses zur Folge, dass sich im unregelmäßigen Seegang keine scharfen Resonanzen ergeben wiebei einem regelmäßigen Seegang, sondern dass es eine gewisse Bandbreite von Kursen und

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Geschwindigkeiten gibt, bei denen es zu großen Rollwinkeln kommen kann. Im Falle großer Sta-bilitätsschwankungen zwischen Berg- und Talsituation und gleichzeitig sehr geringer Stabilitätkann es, aufgrund der Überlagerung des Stabilitätsverlustes auf dem Wellenberg und dem un-gefähren Treffen der doppelten Rolleigenperiode, im achterlichen Seegang in vielen Situationenzu großen Rollwinkeln kommen.

Fährt das Schiff gegen die See, so tritt die 2:1-Resonanz nur bei relativ hoher Anfangsstabili-tät und ebenfalls bei geringen Schiffsgeschwindigkeiten auf. Wegen der dann allgemein hohenStabilität kommt es in solchen Situationen meist nicht zu großen Rollwinkeln, die zum Kenterndes Schiffes führen, dafür aber oft zu extrem großen Rollbeschleunigungen. Hinzu kommt, dasssich das Schiff im vorlichem Seegang wegen der geringeren Verweildauer in der Wellenberg-bzw. Wellentalsituation nicht so gut der Erregung anpassen kann wie im achterlichen Seegang.Dem zu Folge muss die 2:1-Resonanz schon sehr genau getroffen werden, um wirklich großeRollwinkel zu erzeugen.

Der Fall einer 1:1-Resonanz, welche dadurch gekennzeichnet ist, dass eine Rollperiode mit einerStampfperiode zusammenfällt, kommt bei üblichen Schiffen nur im achterlichen Seegang vor.Da aber wegen der relativ hohen Geschwindigkeit oftmals die Rolldämpfung sehr hoch sein kann,kommt es beim 1:1-Resonanzfall nicht so oft zu großen und damit gefährlichen Rollwinkeln wiebei der der 2:1-Resonanz. Ausnahmen bilden die Unfälle der Finnbirch [11] und der Fidamus

[11].

2.2. Hohe Beschleunigungen (Rollbeschleunigungen)

Hohe Beschleunigungen, vor allem sind damit hohe Rollbeschleunigungen gemeint, sind definiertals Beschleunigungen, die folgende gefährliche Zustände hervorrufen können:

• Massiver Ladungsverlust und / oder Beschädigung,

• Schwere Schäden an Maschienenanlagen oder sicherheitsrelevanten Systemen,

• Strukturelle Überlastung von sichherheitsrelevanten Bauteilen bzw. Verbänden,

• Großes Unbehagen oder hohes Verletzungsrisiko für die Passagiere oder die Schiffsbesat-zung.

Daraus wird ersichtlich, dass hohe Beschleunigungen zwar schwere Schäden am Schiff und / oderschwere Personenschäden verursachen können, aber nicht notwendigerweise zu einem totalenVerlust des Schiffes führen. Als Beispiel sei hier einmal der sehr schwere Seeunfall an Borddes Containerschiffs Chicago Express erwähnt, bei dem das Schiff während eines Taifunsmehrmals stark überholte und dabei Personen quer durch die gesammte Brücke geschleudertwurden [15]. Die Folgen waren eine tote und mehrere zum Teil schwer verletzte Personen. DasSchiff blieb dabei unbeschädigt.

Es sei darauf hingewiesen, dass hohe Rollbeschleinigungen nicht unbedingt mit großen Roll-winkeln einhergehen, sondern auch bei relativ kleinen Rollwinkeln entstehen können. HoheRollbeschleunigungen treten typischerweise bei hohen Anfangs-GM-Werten auf bzw. wenn die

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Rollzeiten klein sind, wie z.B. im 2:1-Resonanzfall bei See von vorne (siehe oben).

2.3. Surfen und Querschlagen

Das Ereignis des Surfens und des Querschlagens eines Schiffes tritt im achterlichen oder schrägachterlichen Seegang auf, wenn sich das Schiff auf einer steilen, vorderen Schräge einer großenWelle befindet. Die Geschwindigkeit der Welle, deren Länge gleich oder größer der Schiffslängeist, ist typischerweise schneller als das Schiff. In dieser Situation kann das Schiff derartig inSchiffslängsrichtung beschleunigt werden, dass es anfängt auf der Welle zu reiten. Dieses istauch unter dem Begriff des Surfens bekannt. Dabei besteht einerseits die Gefahr, dass, wennsich der Wellenkamm ungefähr mittig in Schiffslängsrichtung befindet, die Intaktstabilität jenach Schiffsform beträchtlich herabgesetzt werden kann. Dies kann zu großen Rollwinkeln undim schlimmsten Fall bis zum vollständigen Kentern des Schiffes führen (siehe auch Stabili-tätsverlust auf dem Wellenberg Seite 6). Ferner steigt durch die während des Surfens höhereSchiffsgeschwindigkeit die Verweildauerer des Schiffes auf einem Wellenberg und somit auchdie Zeit, die das Schiff der geringeren Stabilität ausgesetzt ist.

Andererseits besteht beim Surfen die Gefahr, dass das Schiff plötzlich querschlägt. Die Ursa-chen dafür können ein durch die Wellen eingeleitets starkes Giermoment und / oder eine her-abgesetzte Kursstabilität des Schiffes sein, welche sich z.B durch ein eintauchendes Vorschiffin einen vorauslaufenden Wellenberg ergibt. Gleichzeitig verringert sich wegen der Orbitalge-schwindigkeiten der mitlaufenden Welle die Anströmgeschwindigkeit des Ruders, wodurch dieRuderwirksamkeit und damit die Manövrierfähigkeit reduziert wird. Die mit dem Querschlageneinhergehende massive und schnelle Kursänderung des Schiffes führt zu sehr hohen Zentrifu-galkräften, die wegen der enstehenden großen Rollwinkel häufig bis zum Kentern des Schiffesführen. Hinzu kommt, dass das nun quer zur See liegende Schiff meist noch vom brechendemKamm der verursachenden Welle überrollt werden kann.

Das Phänomen des Querschlagen ist jedoch keine Problematik der Intaktstabilität eines Schiffes,da dessen Auftretenswahrscheinlichkeit nicht durch die Änderung irgendwelcher Stabilitätspara-meter, wie z.B. durch Reduzierung der Hebelarmschwankungen im Seegang, beeinflusst werdenkann, sondern ein Problem der Manövrierfähigkeit des Schiffes. Außerdem hat sich bei derAnwendung der beiden Richtlinien auf die untersuchten Unfälle gezeigt, dass der Aspekt desSurfens und Querschlagens eine untergeordnete Rolle spielt. Daher wird dieser im weiterenVerlauf der Arbeit nur am Rande bertrachtet.

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3. Die Richtlinien MSC.1/Circ. 1228 und MSC/Circ. 707

In diesem Teil der Arbeit werden die beiden Richtlinien MSC.1/Circ. 1228 [16] und MSC/Circ.707 [6] näher vorgestellt und miteinander verglichen. Dabei liegt das Augenmerk auf den darinenthaltenen Kriterien für das Erkennen von Gefahrensituation im schweren Wetter bzw. im ach-terlichen Seegang, den entsprechenden Gegenmaßnahmen zur Vermeidung dieser und den fürdie Anwendung der Richtlinien zu ermittelden Daten. Ferner werden kurz weitere IMO Doku-mente, die Bezug auf die Richtlinien MSC/Circ. 707 nehmen, beleuchtet. Die zwei Richtlinienwerden im weiteren mit 1228 bzw. 707 abgekürzt.

3.1. Allgemeines

Die Richtlinie MSC.1/Circ. 1228 , welche als Rundschreiben von der IMO am 11. Januar 2007erschienen ist, ersetzt die am 19. Oktober 1995 veröffentlichte MSC/Circ. 707. Wie anhand derTitel der Richtlinien zu erkennen ist, welche

„REVISED GUIDANCE TO THE MASTER FOR AVOIDING DANGEROUS SITUATIONS INADVERSE WEATHER AND SEA CONDITIONS“ (1228)

bzw.

„GUIDANCE TO THE MASTER FOR AVOIDING DANGEROUS SITUATIONS IN FOLLOWI-NG AND QUARTERING SEAS“ (707)

lauten, befassen sich beide mit Empfehlungen für den Kapitän zur Vermeidung gefährlicherSituationen bei widrigen Wetter- und Seegangsbedingungen bzw. beim Fahren in achterlichemund schräg achterlichem Seegang. Dabei geht es ausschließlich um das Bewegungsverhaltendes Schiffes und die damit verbundenen möglichen Gefahren bezüglich des Auftretens großerRollwinkel, die zum Kentern des Schiffes führen können (in 707 und 1228), Schäden an derSchiffsladung, den Schiffsystemen und den an Bord befindlichen Personen anrichten (wird nurin 1228 erwähnt). Dieses sind Surfen und Querschlagen, Stabilitätsverlust auf dem Wellenbergund synchrones sowie parametrisches Rollen. Die ebenfalls im schweren Wetter bestehendenGefahren, die die Strukturfestigkeit des Schiffes, Kollision oder Strandung betreffen, sind nichtTeil der Richtlinien, was explizit in der 1228 angemerkt wird.

Aufgrund des neuen Titels der 1228 und in Hinsicht, dass diese überarbeit worden ist und die 707ersetzt, könnte man vermuten, dass die 1228 sich deutlich umfangreicher und ausführlicher mitden Gefahren bei schweren Wetter, welches auch die gefährlichen Situationen im achterlicherund schräg achterlicher See beinhaltet, befasst. Bei genauerer Betrachtung der zwei Dokumen-te ist jedoch festzustellen, dass dieses nicht der Fall ist. Zwar wird etwas differenzierter aufdie einzelnen Phänomene, deren Auftretenssituationen sowie neue Erkenntnisse, wie z. B. beimparametrischen Rollen das Anpassen der Rolleigenfrequenz des Schiffes an die Begegnungsfre-quenz bzw. Erregung (siehe 2.1), eingegangen, aber trotzdem ist die Richtlinie allgemein und

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sehr knapp gehalten, ohne weiter ins Detail zu gehen. Daher geht es im Wesentlichen, wie inder 707, um die Gefahren in achterlicher oder schräg achterlicher See und deren Vermeidung.

3.2. Die Kriterien

Die beiden Richtlinien 707 und 1228 enthalten drei unterschiedliche Kriterien, die dazu beitragensollen nachfolgende Gefahrensituationen für Schiffe im schweren Wetter zu vermeiden:

• Surfen und Querschlagen (K1)

• Auftreffen auf aufeinanderfolgende hohe Wellen (K2)

• Synchrones Rollen und parametrische Rollbewegungen (K3).

Bei diesen Kriterien, im Weiteren mit K1, K2 und K3 bezeichnet, wird jeweils in Abhängigkeitbestimmter Parameter eine Gefahrenzone vorgegeben, die beim Navigieren in schwerer See zuvermeiden bzw. zu verlassen ist. Dieses ist aber zum Teil erst beim Eintreten weiterer Bedingun-gen notwendig. Als Voraussetzungen für die Anwendung dieser Kriterien fordern die Richtlinien,dass das Schiff die aktuellen Intaktstabilitätsvorschriften bzw. gleichwertige erfüllt. Die 707weist ferner darauf hin, dass mit achterlichem und schräg achterlichem Seegang ein Begeg-nungswinkel des Schiffes mit den Wellen von µ = 0°− 45° gemeint ist. Dieses wird in der 1228nicht mehr aufgeführt, da die Richtlinie sich nicht mehr ausschließlich auf Gefährdung durchachterlichen und schräg achterlichen Seegang bezieht. Allerdings wird diese Definition weiterhinin den Kriterien der 1228 verwendet. Im Folgenden werden die drei Kriterien vorgestellt.

3.2.1. Surfen und Querschlagen (K1)

Das erste Kriterium (K1) der Richtlinien befasst sich mit der Gefahr des Surfens und desQuerschlagens von Schiffen. Danach besteht die Möglichkeit einer Gefahr durch Surfen undQuerschlagen, wenn das Schiff im Verhältnis zu seiner Länge eine gewisse kritische Geschwin-digkeit überschreitet (siehe Tabelle 1). Daraus ergeben sich die in der Abbildung 6 gezeigtenGefahrenzonen, die jeweils bis zu einem Begegnungswinkel von µ = 45° zu beiden Seiten rei-chen. Die 707 verweist auf eine ebenfalls in der Abbildung dargestellte Grenzzone, in der es unterUmständen auch zu längerer andauerenden Beschleunigungen in Schiffslängsrichtung kommenkann. Diese ist in der 1228 nicht mehr enthalten, was schlussfolgern lässt, dass dieser Bereichnicht mehr als gefährlich angesehen wird. Um den Gefahrenbereich zu verlassen, falls sich dasSchiff in diesem befindet, sehen die Richtlinien als Maßnahme eine Geschwindigkeitsreduktionoder / und eine Kursänderung vor.

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MSC/Circ. 707 MSC.1/Circ. 1228Einzelkriterien

vs > 1.8√L

mit Grenzzone ab

vs > 1.4√L

Gefahrenzone siehe Abb. 6 links

vs >1.8√L

cos(180− α)

wenn 135° < α < 225°

Gefahrenzone siehe Abb. 6 rechts

Maßnahmen Geschwindigkeit reduzieren Geschwindigkeit oder / und Kurs ändern

Tabelle 1: Gegenüberstellung der Einzelkriterien und Maßnahmen für K1.

Abbildung 6: Gegenüberstellung des Gefahrenbereichs für K1 (707 links und 1228 rechts).

Der Abbildung 6 ist weiterhin zu entnehmen, dass die Grenzen der Gefahrenzonen abhängig vomVerhältnis v [kn]√

L [m]sind. Dabei sind die Grenzen durch ein konstantes Verhältnis der Schiffsge-

schwindigkeit in Wellenlaufrichtung zur Schiffslänge gekennzeichnet und damit für das jeweiligeSchiff konstant und unabhängig von anderen Einflussgrößen wie z.B. dem Seegang. DiesesVerhältnis kommt der Froude-Zahl fast gleich, die wie folgt definiert ist:

Fn =v√g · L

(1)

Rechnet man die Grenzen der Gefahrenzonen entsprechend um, so ergibt sich eine Froude-Zahl für das Schiff von Fn = 0, 296 für die Hauptgefahrenzone bzw. Fn = 0, 230 für dieGrenzzone bei einem Begegnungswinkel von µ = 0°. Für andere Begenungswinkel werden dieFroude-Zahlen entsprechend größer. Das heißt, dass die Richtlinien, in Bezug auf die Grenzeder Hauptgefahrenzone, erst verhältnismäßig schnelle Schiffe durch Surfen und Querschlagenals gefährtet ansehen.

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3.2.2. Auftreffen auf aufeinanderfolgende hohe Wellen (K2)

Die Gefahr, die durch das Auftreffen auf aufeinanderfolgende hohe Wellen entsteht, wie z.B.Reduktion der Stabilität auf dem Wellenberg, synchrones oder parametrisches Rollen oder eineKombination aus mehreren Phänomenen, soll durch das zweite Kriterium (K2) der Richtlini-en verhindert werden. Dabei muss der Kapitän erst handeln, wenn die Wellen eine bestimmteWellenlänge und signifikante Wellenhöhe in Bezug auf die Schiffslänge überschreiten (siehe Ta-belle 2) und zusätzlich Hinweise auf ein gefährliches Verhalten des Schiffes, welches nicht näherspezifiziert wird, klar zu erkennen sind. Sind diese Bedingungen erfüllt soll, der Kapitän daraufachten, nicht in die in Abbildung 7 gezeigte gefährliche Zone hineinzugeraten. Befindet sichdas Schiff jedoch in der Gefahrenzone, so ist diese zu verlassen. Als entsprechende Maßnahmendazu empfehlen die Richtlinien wieder eine Geschwindigkeitsreduktion, eine Kursänderung odereine Kombination aus beidem.

MSC/Circ. 707 MSC.1/Circ 1228Einzelkriterien

λ > 0.8 · L und H1/3 > 0.04 · L

und Hinweise auf ein gefährlichesVerhalten des Schiffes klar erkennbarsind.

Gefahrenzone siehe Abb. 7 links(entspricht TE ≈ 1.5− 2.8 · T )

λ > 0.8 · L und H1/3 > 0.04 · L

und Hinweise auf ein gefährlichesVerhalten des Schiffes klar erkennbarsind.

Gefahrenzone siehe Abb. 7 rechts(entspricht TE ≈ 1.8− 3.0 · TW )

Maßnahmen Geschwindigkeit reduzieren oder / undKurs ändern

Geschwindigkeit reduzieren oder Kursändern

Tabelle 2: Gegenüberstellung der Einzelkriterien und Maßnahmen für K2.

Abbildung 7: Gegenüberstellung des Gefahrenbereichs für K2 (707 links und 1228 rechts).

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Die Gefahrenzonen reichen auch dieses Mal wieder bis zu einem Begegnungswinkel von µ = 45°.Die obere und untere Grenze sind durch ein konstantes Verhältnis von Schiffsgeschwindigkeitin Wellenlaufrichtung zur Wellenperiode gekennzeichnet. Somit sind die Grenzen abhängig vonder jeweiligen den Seegang prägenden Wellenperiode. Vergleicht man die Gefahrenzonen derbeiden Richtlinien in der Abbildung 7 miteinander, so ist deutlich zu erkennen, dass diese bei derneueren 1228 kleiner ausfällt. Dieses trifft vor allem den Bereich mit kleineren Verhältnissen vonvTW

. Das bedeutet, dass die 1228 bei konstanter Wellenperiode (Wellenlänge) kleinere Schiffsge-schwindigkeiten bzw. bei konstanter Schiffsgeschwindigkeit größere Wellenperioden und somitgrößere Wellenlängen nicht mehr als Gefahr ansieht.

3.2.3. Synchrones Rollen und parametrische Rollbewegungen (K3)

Das letzte und dritte Kriterium (K3) der beiden Richtlinien behandelt die Gefahr durch syn-chrones Rollen und parametrische Rollbewegungen. Dabei soll der Kapitän darauf achten, dasser mit der Begegnungsperiode des Schiffes mit den Wellen nicht in die Nähe der einfachen oderder halben Eigenrollperiode des Schiffes kommt, um so den 1:1 bzw. den 2:1-Resonanzfall zuvermeiden. Als Maßnahme, um die Resonanzen zu verhindern, schlagen die Richtlinien vor, dieSchiffsgeschwindigkeit zu reduzieren bzw. Geschwindigkeit und Kurs so zu wählen, dass sich mitder dann vorhandenen Begegnungsperiode keine Resonanzsituation ergibt. Wie groß dabei derAbstand zwischen den beiden Perioden sein soll, um auf der sicheren Seite zu sein, ist in denRichtlinien nicht näher spezifiziert. Außer den leicht verschiedenen Maßnahmen zur Vermeidungder Gefahr, weisen die beiden Richtlinien keine Unterschiede in Bezug auf das Kriterium K3auf, wie die Tabelle 3 zeigt.

MSC/Circ. 707 MSC.1/Circ 1228Einzelkriterien zu vermeiden:

TE ≈ TR

oderTE ≈ TR/2

zu vermeiden:

TE ≈ TR

oderTE ≈ TR/2

Maßnahmen Geschwindigkeit reduzieren Geschwindigkeit oder / und Kurs sowählen, dass die oben genanntenSituation nicht auftritt

Tabelle 3: Gegenüberstellung der Einzelkriterien und Maßnahmen für K3.

3.3. Ermittlung der Daten zur Anwendung der Richtlinien

Um die beiden Richtlinien anwenden zu können, müssen vorher einige wichtige Daten, die sowohldas Schiff als auch die Seegangsbedingungen betreffen, ermittelt bzw. bestimmt werden. DieseDaten und die Empfehlung der Richtlinien, wie diese zu bestimmen sind, sind in der Tabelle 4für die beiden Richtlinien aufgelistet und gegenübergestellt.

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Wert MSC/Circ. 707 MSC.1/Circ 1228v Abschätzen der aktuellen

Schiffsgeschwindigkeit mit einemgängigen Verfahren.

keine Angaben

µ, α Durch Beobachtung zu erhalten. DieWindrichtung kann als die gleiche wiedie Wellenrichtung angesehen werden.Falls der Seegangszustand nichterkennbar ist, zeigt das Radarbild dieZüge der Wellenkämme und dieWellenrichtung an.

keine Angaben

T, TW Messen der Periode des Anhebens derSchaumkämme auf der Seeoberfläche,die durch das Brechen der Welle erzeugtwerden, mit Hilfe einer Stoppuhr. DieZeit von N Zyklen ist zu messen unddurch N zu dividieren, um diedurchschnittliche Wellenperiode zuermitteln.

siehe MSC/Circ. 707

λ Die Bestimmung der Wellenlänge λerfolgt entweder durch Beobachtung undVergleich mit der Schiffslänge oderdurch Ablesen des mittleren Abstandesaufeinander folgender Wellenkämme aufdem Radarbild. T kann dann ausfolgender Formel errechnet werden:

T = 0.8√λ

Die Bestimmung der Wellenlänge λerfolgt entweder durch Beobachtung undVergleich mit der Schiffslänge oderdurch Ablesen des mittleren Abstandesaufeinander folgender Wellenkämme aufdem Radarbild. Zwischen WellenpriodeTW und Wellenlänge λ gilt folgenderZusammenhang:

λ = 1.56 · T 2W oder TW = 0.8

√λ

TE Messen einer erzwungenenSchiffsbewegung, wie z.B. dieStampfbewegung, mit einer Stoppuhr.

Messen der Stampfperiode mit einerStoppuhr oder durch Berechnunganhand folgender Formel:

TE =3T 2

W

3TW + v · cos(α)

TR Messen der Rollbewegung vorzugsweisebei glatter See, alternativ: grobeAbschätzung mit folgender Formel:

TR = 2 · C ·B/√GM

mitC = 0.373 + 0.023(B/d)− 0.43(L/100),oder einer gleichwertigen Bestimmungdes Koeffizienten C.

Abschätzung der Rolleigenperiode duchBeobachtung der Rollbewegung inglatter See.

H 13

keine Angaben Die Höhe der signifikanten Wellen sollabgeschätzt werden.

Tabelle 4: Gegenüberstellung der zu ermittelnden Daten und deren Bestimmung zur Anwendungder Richtlinien.

Dabei fällt auf, dass die Bestimmung durchweg mit einfachen Bordmitteln, wie z.B. der Stopp-uhr, oder Formeln durchzuführen ist. Dieses bringt den theoretischen Vorteil, die Richtlinien auf

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jedem Schiff anwenden zu können. Dieses ist jedoch in der Praxis nicht immer möglich. So istz.B. eine Bestimmung der Wellenperiode oder der Wellenhöhe in der Nacht sehr schwer bis gar-nicht durchführbar, da man die Wellen nicht sehen und beobachten kann. Auch leidet darunterdie Genauigkeit einiger zu ermittelnder Werte, wie z.B. die der signifikanten Wellenhöhe. Fernerist auffällig, dass die 1228 zum Teil keine Angaben über die Ermittlung der Werte macht, wiebei der Schiffsgeschwindigkeit und dem Begegnungswinkel. Des Weiteren ist die 1228 teilweisesehr allgemein und ohne konkrete Empfehlung für die Ermittlung der Werte, wie anhand der inder Formulierung „Abschätzung“ bzw. „abschätzen“ zu sehen ist.

3.4. Vorgehensweise bei der Anwendung der Richtlinien

Bei der Anwendung der Richtlinie 707 ist der in der Abbildung 8 gezeigte Ablauf vorgesehen.Dabei werden die einzelnen Kriterien K1 bis K3 nacheinander durchlaufen und es wird geprüft,ob sich das Schiff in einer Gefahrenzone befindet oder nicht. In dem Falle, dass sich das Schiffin einer Gefahrenzone befindet, sind die entsprechenden Maßnahmen zu treffen, um den ge-fährlichen Bereich zu verlassen. Danach wird mit den nun neuen Bedingungen zum nächstenKriterium gegangen. Befindet sich das Schiff hingegen nicht in einer Gefahrenzone, so wirddirekt zum nächsten Kriterium übergegangen. Dieses Vorgehen wird bis zum letzten KriteriumK3 beibehalten. In der 707 wird ausdrücklich darauf hingewiesen (in der 1228 nicht mehr), dassdarauf geachtet werden soll, dass bei einer erforderlichen Geschwindigkeitsreduktion, egal beiwelchem der drei Kriterien, die Minimalgeschwindigkeit, die für ein sichere Kursstabilität desSchiffes bei Wind und Wellen notwendig ist, nicht zu unterschreiten ist.

Die 1228 gibt dahingegen kein Ablaufschema bzw. eine Reihenfolge vor, wie die einzelnen Krite-rien angewendet werden sollen. Der Grund dafür ist wahrscheinlich die Tatsache, dass die 1228sich nicht mehr ausschließlich auf Gefahren in achterlichem oder schrägachterlichem Seegangbezieht, auf die die Kriterien K1 und K2 abzielen, sondern allgemein auf Gefahren für Schiffe,die im schweren Wetter operieren. Damit wird das Kriterium K3 für alle Begegnungswinkel desSchiffes mit den Wellen gültig und passt somit nicht mehr in das Ablaufschema der 707, dadas Kriterium grundsätzlich immer überprüft werden muss. Beschränkt man die Sichtweise aufachterliche und schrägachterliche See, so könnte man die vorgesehenen Abfolge der 707 auchbei der 1228 anwenden.

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Abbildung 8: Schematische Darstellung der Ablauffolge bei der Anwendung der RichtlinienMSC/Circ. 707, aus [6].

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3.5. Weitere IMO Dokumente zur MSC/Circ. 707

In der Zeit zwischen der Veröffentlichung der MSC/Circ. 707 und der Ersetzung dieser durchdie MSC.1/Circ. 1228, sind von der IMO zwei weitere Dokumente, die Bezug auf die 707nehmen, herausgegeben worden. Dabei handelt es sich zum einem um die SLF 44/INF.3 [7]und zum anderen um die SLF 48/4/8 [17]. Beide Dokumente sind von Deutschland eingereichtworden und werden in den folgenden beiden Abschnitten kurz vorgestellt. Der Grund dafürist, dass diese Dokumente verdeutlichen, welche neuen Erkenntnisse es bei der Anwendung der707 und bezüglich des Verstehens der unterschiedlichen Phänomene im schweren Wetter in derZwischenzeit gegeben hat. Ferner wird erkennbar, wie die 1228 hätte aussehen können.

3.5.1. SLF 44/INF.3

Die SLF 44/INF.3, veröffentlicht am 13. Juni 2001, enthält Ergänzungen und Verbesserungenzur Richtlinie 707. Dabei geht es vor allem um den Einfluss der Hebelarmkurve eines Schiffes aufdessen Rolleigenfrequenz, die je nach dem Charakter der Hebelarmkurve bei großen Rollwinkelndeutlich von der bei kleinen abweichen kann (vgl. Kapitel 4), und um eine genauere Darstellungder verschiedenen Rollresonanzerscheinungen in vorlicher, seitlicher und achterlicher See, dadiese in der 707 nur sehr knapp beschrieben werden.

Ferner wird in dem IMO Schreiben darauf hin gewiesen, dass sich Sturm- und Schwellwellen inihrer Charakteristik bei gleicher Periode unterscheiden. Es gilt folgender simpler Zusammenhangfür die Wellenlänge λ bzw. die Wellengeschwindigkeit c bezüglich der Wellenperiode T :

λ = q · T 2 [m] (2)

c = q · T [m/s] (3)

Dabei hat der Parameter q den Wert 1,3 für Sturmwellen und 1,56 für Schwellwellen. DieseWerte sind Ergebnis empirischer Beobachtung bzw. der linearen Wellentheorie.

Als letztes wird in der SLF 44/INF.3 eine Darstellungsweise vorgestellt, die das Erkennen erleich-tern soll, ob ein Schiff sich in der Nähe einer 1:1 oder 2:1 Resonanz befindet oder nicht, bzw.der prinzipiellen Darstellung des Kriteriums K3 den anderen beiden Kriterien der Richtlinie 707gleichkommt. Dazu werden in einem Polardiagramm, welches die Schiffsgeschwindigkeit überden Begegnungswinkeln darstellt, Resonanzlinien für eine bestimmte Rollperiode und verschie-dene Wellenperioden eingetragen. Die Lage dieser Linien wird mittels der Geschwindigkeitskom-ponente des Schiffes in die Wellenlaufrichtung Vr bestimmt, die sich aus den nachstehendenFormeln ergibt:

Vr =

(q · T −

(q · T 2

TR

))/0.514 für 1:1 Resonanz [kn] (4)

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Vr =

(q · T −

(2 · q · T 2

TR

))/0.514 für 2:1 Resonanz [kn] (5)

Negative Werte für Vr kennzeichnen dabei eine Geschwindigkeit gegen die Wellenlaufrichtungund positive Werte eine Geschwindigkeit mit der Wellenlaufrichtung. Ein Beispiel für ein sol-ches Diagramm ist in Abbildung 9 zu sehen, in dem durchgezogene Linien die 1:1 Resonanzund gestrichelte Linien die 2:1 Resonanz repräsentieren. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dassfür eine aussagekräftige Bestimmung der Resonanzlinien vor allem eine richtige Ermittlung derRolleigenperiode TR von besonderer Wichtigkeit ist. Dieses ist jedoch nicht trivial, da die Rol-leigenperiode eines Schiffes von verschiedenen Faktoren abhängt, wie z.B. von den vorhandenenSeegangsbedingungen (siehe Abschnitt 4).

Abbildung 9: Beispiel für ein Polardiagramm mit Resonanzlinien (durchgezogene Linien 1:1 Re-sonanz, gestrichelte Linien 2:1 Resonanz) für eine Rollperiode von 15 Sekunden,aus [7].

Ein Vergleich der SLF 44/INF.3 mit der MSC.1/Circ. 1228 zeigt jedoch, dass keine der Amer-kungen bzw. Verbesserungen den Weg in die Richtlinie 1228 gefunden hat.

3.5.2. SLF 48/4/8

Die SLF 48/4/8 enthält einen Entwurf bzw. Vorschlag für eine überarbeitete Version derMSC/Circ.707 und wurde am 10. Juni 2005 publiziert. Der wesentliche Unterschied des neuenEntwurfs, im Vergleich zur Richtlinie 707, besteht in der genaueren und ausführlicheren Behand-

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lung der unterschiedlichen Phänomene, die beim Operieren eines Schiffes in schwerem Wetterbzw. schwerer See, zur Gefahr werden können, und deren Ursachen. Dabei kommt es wieder,wie auch schon in den Ergänzungen durch die SLF 44/INF.3, vor allem auf den Einfluss derHebelarmkurve auf die Rolleigenfrequenz und auf die verschiedenen Rollresonanzerscheinungenin vorlicher, seitlicher und achterlicher See an. Für nähere Details zu diesen Themen sei an die-ser Stelle auf das Dokument selbst oder auf die Abschnitte 4 und 2.1 dieser Arbeit verwiesen.Die Kriterien zur Vermeidung gefährlicher Situationen haben sich dahingehend nicht geändertund wurden eins zu eins von der 707 für den Entwurf übernommen. Die in der SLF 44/INF.3vorgestellte Darstellungsweise für das Kriterium K3 hat keinen Weg in den Vorschlag gefunden.

Vergleicht man abschließend den in der SLF 48/4/8 vorgeschlagenen Entwurf mit der späterveröffentlichten MSC.1/Circ. 1228, so ist festzustellen, dass diese eine stark gekürzte und allge-mein gehaltene Version des Entwurfs ist, in die nur einige der relevanten Passagen übernommenwurden. Somit wird nur ein Teil des aktuellen Wissensstands weitergegeben bzw. vermittelt.

Aus meiner Sicht ist damit ein Schritt in die falsche Richtung gemacht worden, denn erstderjenige, der das Verhalten eines Schiffes im Seegang und die verschiedenen Phänomene, diezu gefährlichen Situationen führen können, genauestens kennt und einzuschätzen weiß, kanndas Schiff sicher in schwerer See führen. Dieses ist ja das eigentliche Ziel der Richtlinie 1228.

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4. Bestimmungsmöglichkeiten der Rolleigenperiode vonSchiffen

Die Rolleigeneigenperiode eines Schiffes ist die Zeit, die ein Schiff, das vorher gekrängt wurde,ohne äußeren Krafteinfluss braucht, um eine vollständige Rollbewegung durchzuführen. DieRollzeit ist dabei von den folgenden Faktoren abhängig:

• der Stabilität des Schiffes,

• dem Massenträgheitsmoment um die Rollachse,

• dem Rollwinkel.

Die Stabilität des Schiffes im Allgemeinen beeinflusst die Rollzeit in dem Maße, dass mit grö-ßer werdender Stabilität, d.h. großem Aufrichtvermögen des Schiffes, die Rollzeit abnimmt.Wird die Stabilität hingegen geringer, nimmt die Rollzeit zu. Ein Beispiel für den Einfluss desRollwinkels auf die Rollzeit ist sehr gut in der Abbildung 10 zu erkennen. Im dargestellten Fall ei-ner abklingenden Rollschwingung ist zu sehen, dass bei gleichbleibender Schwerpunktslage undMassentägheit des Schiffes die Rollzeit bei großen Rollwinkeln (3 Perioden in 50s entsprichtTR ≈ 16, 7s) größer ist als bei kleinen Rollwinkeln (4 Perioden in 50s entspricht TR ≈ 12, 5s).Dieses liegt an der Charakteristik der Hebelarmkurve eines Schiffes im Vergleich zu seiner An-fangsstabilität. Man kann folgende drei Fälle unterscheiden: Verläuft die Hebelarmkurve beigroßen Krängungswinkeln unterhalb ihrer Tangente im Nullpunkt, wie in Abbildung 11, so istdie Rollzeit bei großen Winkeln aufgrund des nicht mehr so stark ansteigenden Aufrichtver-mögens bzw. Hebelarms größer als bei kleinen Winkeln. Folgt die Hebelarmkurve dahingegenihrer Tangente im Nullpunkt auch bis hin zu großen Krängungswinkeln (vgl. Abbildung 12), sobleibt die Rollperiode für alle Rollwinkeln bis dahin fast konstant. Im dritten Fall, welcher inAbbildung 13 zu sehen ist, verläuft die Hebelarmkurve bei großen Krängungswinkeln oberhalbihrer Tangente im Nullpunkt. Damit ist die Rollzeit bei großen Rollwinkeln wegen des stär-ker anwachsenden Aufrichtvermögens als bei kleinen Krängungswinkeln geringer als bei kleinenRollwinkeln.

Abbildung 10: Beispiel für eine abklingende Rollschwingung mit großem Startrollwinkel, aus [8].

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Abbildung 11: Verlauf der Glattwasserhebelarmkurve weit unter der Tangente im Nullpunkt, aus[9].

Abbildung 12: Verlauf der Glattwasserhebelarmkurve bis zu großen Winkeln nahezu wie ihreTangente im Nullpunkt, aus [9].

Abbildung 13: Verlauf der Glattwasserhebelarmkurve weit über der Tangente im Nullpunkt, aus[9].

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4.1. Für kleine Rollwinkel

Die Rolleigenperiode eines Schiffes im glatten Wasser lässt sich für kleine Rollwinkel (bis et-wa 5°-10°) auf verschiedene Wege bestimmen. Ein Weg ist die Durchführung eines typischenRollschwingungsversuches. Dabei wird das Schiff zu einer Seite gekrängt und losgelassen. Esschwingt dann um die Gleichgewichtsschwimmlage mit seiner Rolleigenperiode, welche dabei ge-messen werden kann. Ein zweiter Weg zur Bestimmung der Rolleigenperiode ist die Idealisierungdes Schiffes als ein Schwingungssystem mit einem Freiheitsgrad. Bei diesem kann die Eigen-frequenz anhand des charakteristischen Rückstellmomentes und des Massenträgheitsmomentesermittelt werden. Dieses führt dann für die Rollperiode eines Schiffes auf folgende wohlbekannteFormel nach Weiss:

TR =2 · π · i√g ·GM

[s], i =

√Ixx4≈ 0.4B (6)

Dabei ist der GM-Wert die charakteristische Rückstellgröße und i der Trägheitsradius, welchersich aus dem Massenträgheitsmoment Ixx und dem dazugehörigen Deplacement des Schiffesergibt. Für die meisten Schiffe kann der Rollträgheitsradius (inklusive der hydrodynamischenMassen) ungefähr durch die 0,4-fache Schiffsbreite abgeschätzt werden. Bei Schiffen mit einergroßen Menge an Decksladung oder einem hohen Aufbau, kann der Wert bis auf 0,45B anstei-gen. Die Formel ist dann für größere Rollwinkel gültig, wenn die Glattwasserhebelarmkurve derTangente im Nullpunkt, also dem Anfangs GM-Wert, folgt (vgl. Abbildung 12).

4.2. Für große Rollwinkel

Die Eigenrollperiode für große Rollwinkel lässt sich auch wieder auf verschiede Weisen ermit-teln. Theoretisch wäre es möglich, einen Rollschwingungsversuch dafür zu nutzen. Allerdingsist dieses aus praktischen Gründen bei einem realen Schiff nicht durchführbar, da die aufzu-bringenen Kräfte dafür zu groß wären. Auch ist eine Simulation im Zeitbereich eines solchenVersuches denkbar. Des Weiteren gibt es die Möglichkeit die Rollperiode durch Formeln, dieden charakteristischen Verlauf der Hebelarmkurve berücksichtigen, zu berechnen. Solche sindz.B. in [9] aufgeführt und sehen für 30° bzw. 40° wie folgt aus:

T30° =Cφ ·B

9, 4

(2, 2√w

+2, 5√x

+4√y

+1, 5√z

)[s] (7)

T40° =Cφ ·B

9, 4

(2, 2√v

+2√w

+4√x

+4√y

+1√z

)[s] (8)

Darin ist Cφder Rollzeitbeiwert und v, w, x, y und z Variablen, die sich aus Glattwasserhebel-armwerten bei verschiedenen Neigungswinkeln zusammensetzen. Für nähere Einzelheiten dazu,sei auf die Quelle [9] verwiesen. Zudem sei an dieser Stelle erwähnt, dass es völlig unklar ist,wie genau diese Formeln sind, da keiner bisher diese auf ihre Richtigkeit überprüft hat.

Ferner ist bei der Anwendung der oben genannten Formeln zu berücksichtigen, dass diese auf

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der Glattwasserhebelarmkurve beruhen und daher bei Schiffen im Seegang nur für die beidennachstehenden Situationen gelten:

• bei nahezu quer einkommender See, weil dabei für alle praktischen Überlegungen genaugenug die Glattwasserhebelarmkurve gilt.

• beim Fahren in von vorn einkommender See, wenn die mittlere Hebelarkurve aus derWellenberg- und Wellentalsituation in etwa der Glattwasserhebelarmkurve entspricht. DieSchwankungen der Stabilität sind dann begrenzt und die durchschnittlich wirksame Sta-bilität bleibt dabei in der Nähe der Glattwasserstabilität.

Dieses gilt auch für eine weitere Möglichkeit, bei der die Rollperiode bei großen Rollwinkelnnäherungsweise mit Hilfe eines sogenannten effektiven GM-Wertes ermittelt wird. Der Ansatzdabei ist, dass die Fläche unter der Hebelarmkurve ein Maß für die während einer Rollbewe-gung gespeicherte Energie ist. Über das Prinzip der Flächengleichheit bis zu einem bestimmtenKrängungswinkel, wie z.B. bis 40°, wird, wie in der Abbildung 14 zu sehen, ein mittlerer bzw.effektiver GMeff -Wert ermittelt. Mit diesem lässt sich die Rollperiode dann mit der Formelnach Weiss (Formel 6) berechnen.

Abbildung 14: Schematische Darstellung der Ermittlung von GMeff , es gilt dabei A1 = A2.

4.3. Im Seegang (vereinfachte Methode)

Die Ermittlung der Rolleigenperiode eines Schiffes, welches in einem unregelmäßigen Seegangfährt, ist schwer bis gar nicht möglich. Dieses liegt an der Tatsache, dass im Seegang nichtnur die oben beschriebenen Effekte bezüglich der Charakteristik der Hebelarmkurve auf dieRollperiode wirken, sondern sich auch zusätzlich die Hebelarmkurve und ihre Charakteristikperiodisch ändern (vgl. Abbildung 15). Dieses hat zur Folge, dass sich die Rolleigenperiodedes Schiffes, je nach Seegangszustand und den damit einhergehenden Hebelarmschwankungen,ändert. Ferner kommt es bei allgemein geringer Stabilität eines Schiffes zur Anpassung derRolleigenperiode an die Begegnungsperiode. Der Grund dafür ist, dass in diesem Fall, wegen

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der geringen Stabilität in der Wellenbergsituation, die Rollbewegung, besser gesagt der Beginndes Aufrichtens, allein durch die Wellentalsituation bzw. deren Beginn bestimmt wird. Und diesetritt mit der Begegnungsperiode auf.

Trotz des sehr komplexen Vorgangs sei an dieser Stelle eine vereinfachte Methode aus [8] vor-gestellt, um näherungsweise die Rolleigenperiode eines Schiffes im Seegang zu bestimmen. Weildas Rollverhalten im Wesentlichen durch die Hebelarmkurven in den beiden ExtremsituationWellenberg und Wellental eines Schiffes bestimmt wird, werden diese für eine dem Seegang ent-sprechende Referenzwelle berechnet. Anschließend wird aus den beiden Hebelarmkurven, durcheinfache arithmetische Mittelung der Aufrichthebelarme, eine mittlere, im Seegang wirkende,Hebelarmkurve bestimmt (siehe Abbildung 15). Für diese wird dann, nach dem in der Abbil-dung 14 dargestellten Verfahren der Flächengleichheit, ein effektiver GMeff -Wert bestimmtund mit der Formel nach Weiss (Formel 6) die Rollperiode berechnet. Wie in [8] gezeigt wird,führt diese Methode zu besseren Ergebnissen als allein durch die einfache Approximation mitder Anfangsstabilität.

Abbildung 15: Beispiel für die Ermittlung einer mittleren, im Seegang wirkenden,Hebelarmkurve.

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5. Seegangssimulationen mit E4-ROLLS

Um die Wirksamkeit der beiden Richtlinien 707 und 1228 festzustellen bzw. zu beurteilen, alsoum herauszufinden, ob durch die Anwendung dieser, reale Seeunfälle hätten vermieden werdenkönnen, sind Bewegungssimulationen für verschiedene Seegangs- und Fahrsituationen durchge-führt worden. Das Ergebnis der Simulationen, welche mit dem Seegangscode E4-ROLLS durch-geführt wurde, ist ein Polardiagramm. In den Polardiagrammen ist die signifikante Wellenhöhe,bei der ein vorher festgelegtes Kriterium erreicht wird, mittels einer Farbskala über verschiedeneBegegnungswinkel und Schiffsgeschwindigkeiten aufgetragen. In den folgenden beiden Abschnit-ten wird die Darstellung des Seegangs sowie der theoretische Ansatz der Seegangssimulationkurz vorgestellt.

5.1. Darstellung von natürlichem Seegang

Der natürliche Seegang, kurzkämmig und unregelmäßig, ist ein stochastischer Vorgang, der ab-hängig von vielen verschiedenen Faktoren ist, wie z.B. Windwirklänge (Fetch), Wassertiefe etc..Nach der linearen Wellentheorie, näher beschrieben in [10], kann dieser durch Überlagerung vie-ler Einzelwellen dargestellt werden. Dabei werden die Einzelwellen als sinusförmig angenommenund durch die Wellenhöhe, die Wellenperiode und einer zufälligen Phasenverschiebung zueinan-der für den unregelmäßigen Charakter gekennzeichnet. In der Realität trifft die Annahme vonsinusförmigen Wellen nicht zu. Dieses gilt besonders für kurze und hohe Wellen, bei denen dieWellentäler länger und flacher, die Wellenberge hingegen kürzer und steiler sind als bei einerreinen Sinuswelle. Unter der hier gegebenen Prämisse relativ langer Wellen, kann dieser Un-terschied jedoch vernachlässigt werden. Auch können brechende Wellen mit diesem Verfahrennicht dargestellt werden.

Um keinen lang-, sondern einen kurzkämmigen Seegang zu generieren, der einen natürlichenSeegang am besten wiedergibt (vgl. Abbildung 16), weisen die Einzelwellen zusätzlich zu derWellenhöhe, der Periode sowie der Phasenverschiebung eine Streuung in der Laufrichtung auf.In der Natur tritt ein langkämmiger Seegang, welcher durch die Dominanz einer einzigen Lauf-richtung geprägt ist, als reine Dünung auf. Kurzkämmiger Seegang gibt dahingegen die meistvorherrschende Windsee bzw. deren Überlagerung mit der Dünung wieder. Die Darstellung ei-nes natürlichen Seegangs ist wichtig für die Simulation, da es sonst, wie in Abbildung 17 zuerkennen, zu deutlich anderen Ergebnissen kommt. Der Grund dafür ist, dass durch die un-terschiedlichen Laufrichtungen der Wellen Störmomente in das Schiff eingebracht werden, diedas Rollen einleiten, welches dann erst für andere Effekte wie z.B. die auftretenden Hebel-armschwankungen anfällig wird. Dieses gilt besonders für kleine Begegnungswinkel um µ = 0°herum.

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Abbildung 16: Langkämmiger (links) und kurzkämmiger Seegang (rechts), aus [10].

Abbildung 17: Beispiel für Polardiagramme mit langkämmigen (links) und kurzkämmigen See-gang (rechts) für das Erreichen eines Rollwinkels von 50°, aus [11].

Die unterschiedlichen Seegänge werden in der Regel durch ihr Energiespektrum beschrieben,welches die Anteile einzelner Wellen an der Gesamtenergie des Seegangs in normierter Form überder Wellenfrequenz darstellen. Dabei weist ein Spektrum eines relativ regelmäßigen Seegangs,wie z.B. einer Dünung, bei der Wellenfrequenz einen einzelnen, schmalen Peak auf, die diesenprägt. Dahingegen besitzt ein Spektrum eines unregelmäßigen und kurzkämmigen Seegangs einwesentlich breiteres und flacheres Maximum. Informationen über die Verteilung der einzelnenWellenlaufrichtungen sind in einem Spektrum nicht mehr enthalten. Um aus einem Spektrumeinen Seegang beschreiben zu können, sind zusätzliche Kenngrößen neben dem qualitativenVerlauf des Spektrums nötig. Mit diesen wird eine den Seegang prägende Welle beschrieben.Normalerweise werden dafür die signifikante Wellenhöhe, welche das Mittel der 1

3 größten Wellenist, und die signifikante Wellenperiode angegeben. Die signifikante Wellenperiode befindet sichim Flächenschwerpunkt des Spektrums.

In der Simulation wird für die Beschreibung des Seegang ein JONSWAP-Spektrum (siehe Ab-bildung 18) benutzt, welches auf Langzeitmessungen in der Nordsee basiert. Um daraus einenkünstlichen Seegang zu generieren, müssen zu dem Spektrum die Parameter Wellenhöhe, Wel-

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lenlänge, und die Wellenlaufrichtung bekannt sein. Ferner muss das Spektrum durch eine Anzahldiskreter Komponenten angenähert werden. Dazu können Streifen mit konstantem Frequenzab-stand oder mit gleichem Energieinhalt verwendet werden. Letzteres ist zu bevorzugen, weil diehohen und niedrigen Frequenzen andernfalls überbewertet werden. Die Qualität des künstlichenSeegangs ist umso besser, je mehr verschiedene Wellenkomponenten verwendet werden. Fürdas JONSWAP-Spektrum sind explizite Formeln und Randbedingungen erarbeitet worden, mitdenen die jeweilige Verteilung der Wellen als Funktion errechnet werden kann.

Abbildung 18: JONSWAP-Spektrum mit diskreten Stützstellen mit gleichem Energieinhalt, aus[5].

5.2. Theoretischer Ansatz der Simulation

Der der Seegangsmethode zugrunde liegende Seegangscode ROLLS wurde am ehemaligen Insti-tut für Schiffbau der Universität Hamburg im Rahmen der Untersuchung des Kenterunfalls derE.L.M.A. TRES 1982 von Söding und später von Kröger (1987) und Petey (1988) entwickelt.Mit der Zeit ist die Methode im Zuge der vom BMBF geförderten Verbundvorhaben ROLLS,SinSee und LaSSe durch das Konsortium FSG und TUHH konsequent zu der in der jetzigenForm vorliegenden Methode E4-ROLLS weiterentwickelt und durch umfangreiche Modellversu-che in der HSVA validiert worden. Diese Version ist vollständig in das Schiffsentwurfsystem E4implementiert, welche für die vorliegende Arbeit benutzt wurde.

Der Seegangscode ROLLS wurde speziell für die Berechnung großer Rollwinkel in vorlichem undachterlichem Seegang entwickelt. Dort kommt es vor allem auf das Erfassen der Nichtlinearitätender Rollbewegung an, welche zum einen aus der Hebelarmkurve des Schiffes selbst und zumanderen aus der Schwankung der Hebelarmkurve im Seegang stammt. Daher werden bei demProgramm die Schiffsbewegungen in allen sechs Freiheitsgeraden beschrieben, wobei nur dieRollbewegung und die Längsbewegung als nichtlinear behandelt und im Zeitbereich ausgewertetwerden. Die Rollbewegung wird dabei anhand folgender Formel berechnet:

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ϕ̈ =

∑M −Md −m · (g − ζ̈) · hs −Θxz ·

[(ϑ̈+ ϑϕ̇2

)· sinϕ−

(ψ̈ + ψϕ̇2

)· cosϕ

]Θxx −Θxz · (ψ · sinϕ+ ϑ · cosϕ)

(9)

mit

∑M Summe der erregende Momente, wie z.B. aus Wind, Wellen und etc.

Md nichtlineares Dämpfungsmoment

ϕ, ϑ, ψ, ϕ̈, ϑ̈, ψ̈ Roll-, Stampf- und Gierwinkel sowie deren Beschleunigungen

ζ̈ Tauchbeschleunigung

m Schiffsmasse

hs Aufrichthebelarm

Θxx,Θxz Massenträgheitsmomente

Die anderen vier Freiheitsgerade, sprich Stampfen, Tauchen, Gier- und Querbewegung, werdendurch lineare Übertragungsfunktionen (engl. response amplitude operator, RAO) ermittelt. DieKopplung mit den nichtlinearen Bewegungen wird dabei berücksichtigt (siehe Formel 9). DieRAOs werden mit Hilfe einer Streifenmethode berechnet, welche die hydrodynamischen Massenmittels Rankine-Quellen nach Yeung berechnet. Dieses bringt gegenüber der alten Methode,die mit Lewis-Spanten arbeitete, den Vorteil, dass die Schiffsform dadurch insgesamt besserberücksichtig wird. Dieses trifft besonders auf Schiffe mit großem Breiten-Tiefgangsverhältniszu, wie sie z.B. für RoRo-Schiffe und Fähren üblich sind.

Die Aufrichthebelarme des Schiffes werden vor der eigentlichen Simulation für verschiedeneTiefgänge, Trimmwinkel und bestimmte Wellensituationen berechnet. In der Simulation wirddann, nach dem bewährtem Konzept der äquivalenten Welle nach Grim, die exakte Wellen-kontur entlang des Schiffes durch eine äquivalente Welle ersetzt (vgl. Abbildung 19), so dassdie Hebelarme mit hinreichender Genauigkeit der exakten Lösung entsprechen. Dieses hat denVorteil, dass die Methode dadurch sehr schnell wird, da während der Simulation die Aufricht-hebelarme nicht über die Druckverteilung auf die Schiffsaußenhaut für die vielen verschiedenenWellenkomponenten bestimmt werden müssen, sondern direkt auf vorhandene Werte zurück-gegriffen bzw. zwischen diesen Interpoliert werden kann. Dadurch wird es erst möglich, eineVielzahl von Situationen in kurzer Zeit zu berechnen.

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Abbildung 19: Prinzip der aquivalenten Welle nach Grim, aus [5].

Allerdings kann ROLLS das Querschlagen eines Schiffes nicht beschreiben, da die Quer- undGierbewegung des Schiffes nur linear erfasst werden. Aus dem gleichen Grund werden auch dieRollbewegungen durch ROLLS bei einem nahezu quer zur See mit geringer Geschwindigkeitfahrendem Schiff überschätzt, weil die durch den Seegang in das Schiff eingebrachte Energienicht ausreichend in eine Driftbewegung umgesetzt wird, sondern in die Rollbewegung. DieseTatsachen sind für die Untersuchung dieser Arbeit nicht von großer Relevanz, da es hier aus-schließlich auf Begegnungswinkel bis µ = 45° ankommt und das Querschlagen eines Schiffeseine untergeordnete Rolle spielt.

Weitere Details zu der Methode E4-ROLLS sind in [18] und [5] zu finden.

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6. Untersuchung und Auswertung

6.1. Untersuchte Schiffe

Insgesamt werden 12 Schiffe untersucht. Unter diesen befinden sich acht reale Kenterunfälleund zwei Modellversuche, bei denen das Kenterverhalten untersucht worden ist. Bei den letztenbeiden hier untersuchten Schiffen sind während einer Reise Container in schwerem Wetter überBord gegangen. Alle Unfälle fanden in achterlicher und schrägachterlicher See statt. NähereDetails zu den Unfallumständen und Ursachen der Schiffe sind in [11], [19] und [20] aufgeführt.

Die Tabelle 5 gibt die wesentlichen Schiffsdaten, die Fahrzustände und die Umweltbedingun-gen zum Unfallzeitpunkt wieder. In Tabelle 6 sind die Stabilitätswerte für die Unfallsituation,einen sicheren Ladefall und die untersuchten Wellenlängen aufgeführt, dabei sind diejenigenWellenlängen hervorgehoben, die der Unfallsituation entsprechen.

Nr. Name Unfalljahr Lpp [m] B [m] vs [kn] µ [°] TW [s] H 13[m]

1 Fidamus 1950 55,90 8,20 9,5 22,5 5,0 2,0

2 Lohengrin 1963 59,65 9,60 10,0 15,0 6,0 2,0

3 Irene Oldendorf 1951 81,60 13,20 10,0 45,0 7,15 mindestens 5,0

4 Hoheneichen 1959 55,00 9,60 10,5 30,0 5,0 4,0

5 Wilhelm 1973 55,00 9,60 10,0 30,0 6,0 2,5 - 3,0

6 Halstenbek 1996 55,00 9,60 9,0 25 7,0 4,0 - 4,5

7 Finnbirch 2006 137,00 22,70 16,0 - 17,0 15 8,0 - 8,5 5,0 - 6,0

8 Cougar Ace 2006 190,00 32,26 18,6 10 9,1 - 10,8 3,0 - 4,0

9 Flower Class(Modellversuch)

2005 189,70 26,50 12,0 5 11,47 8,8

10 SINBAD(Modellversuch)

2005 156,00 28,00 6,5 und 16,0 5 10,17 8,4

11 JRS Canis 2007 120,34 20,60 15,5 45 10,0 - 11,0 6 - 8

12 ANL Pacific 2004 244,80 32,24 21,0 10 9,0 - 10,5 6,5 - 7,0

Tabelle 5: Schiffsdaten, Fahrzustände und Umweltbedingungen der Schiffe während des Unfalls.

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Nr. Name GMUnfall [m] GMsicher [m] i [−] λ [m]

1 Fidamus 0,298 0,700 0,38 32, 40 , 48

2 Lohengrin 0,130 0,314 0,38 48, 57 , 66

3 Irene Oldendorf 0,145 0,387 0,40 69, 80 , 92

4 Hoheneichen 0,391 0,946 0,38 32, 40 , 48

5 Wilhelm 0,476 0,953 0,38 48, 57 , 66

6 Halstenbek 0,720 0,969 0,39 66, 77 , 88

7 Finnbirch 1,690 1,900 0,38 88, 113 , 141

8 Cougar Ace 0,650 2,090 0,47 113, 141, 172 , 206

9 Flower Class(Modellversuch)

1,040 1,490 0,42 206

10 SINBAD(Modellversuch)

2,178 3,360 0,42 160

11 JRS Canis 1,410 - 0,39 141, 172 , 206

12 ANL Pacific 0,95 - 0,42 141, 172 , 206

Tabelle 6: Stabilitätswerte der untersuchten Schiffe und untersuchte Wellenlängen

6.2. Vorgehensweise

Alle Unfälle haben sich bei achterlicher bzw. schrägachterlicher See ereignet, so dass sich dieAuswertung ausschließlich auf diesen Bereich konzentriert. Dabei ist als Vorgehensweise die in3.4 dargestellte Ablauffolge der Richtlinie 707 gewählt worden. Da diese im Hinblick auf die ein-zelnen Kriterien eine sinnvolle Reihenfolge darstellt und nur achterlicher bzw. schrägachterlicherSeegang betrachtet wird, findet die Feststellung bzw. die Beurteilung der Wirksamkeit der Richt-linien 1228 auch anhand dieser Ablauffolge statt. Um eine Bewertungsgrundlage zu erhalten,werden für die zu untersuchenden Schiffe Bewegungssimulationen in natürlichem Seegang fürverschiedene Schiffsgeschwindigkeiten und Begegnungswinkel von µ = 0° bis 90°durchgeführt.Dieses geschieht für verschiedene Wellenlängen, um zum einen die Unsicherheit bei der Angabeder Wellenperiode (vor allem bei den älteren Unfällen) zu berücksichtigen bzw. zum anderenden gegebenfalls angegebenen Wellenperiodenbereich abzudecken.

Ferner ist für die Simulationen als Kriterium, bei dem das Schiff als gekentert bzw. der Unfall alsgeschehen gilt, ein Überschreiten eines Rollwinkels von ϕ = 50° bzw. des Rollwinkels, bei demdie Container über Bord gegangen sind, angesetzt worden. Die Ergebnisse dieser Simulationenwerden in einen Poladriagramm dargestellt. Dabei entsprechen die konzentrischen Halbkreise ei-ner konstanten Geschwindigkeit und die orthogonal dazu verlaufenden Achsen einem konstantenBegegnungswinkel. Die Schnittpunkte dieser Linien stellen die in einer Simulation berechnetenSituationen dar. Die signifikante Wellenhöhe, bei dem das Grenzkriterium erreicht wird, wirdanhand einer Farbskala dargestellt. Bei dieser kennzeichnet die Farbe Pink den dargestelltenMinimalwert und die Farbe Blau den Maximalwert.

Die Rolleigenperiode der Schiffe nach den Richtlinien wird über die Formel nach Weiss (Formel6) und dem Anfangs GM -Wert bei Glattwasser bestimmt, da dieses dem empfohlenen Verfahrender beiden Richtlinien (vgl.3.3) am nächsten kommt. Die Geschwindigkeiten, bei denen die1:1- und 2:1-Resonanz auftreten, werden in den Polardiagrammen nach der Methode, welche

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in der SLF 44/INF.3 vorgestellt wurde (siehe 3.5.1), kenntlich gemacht. Dabei sind nur dieGeschwindigkeiten für Resonanzfälle eingetragen, die innerhalb des betrachteten Bereichs liegen.

Des Weiteren werden für die Beurteilung der Wirksamkeit der Richtlinien 707 und 1228 fürdie Fälle, bei denen es zum Kentern kam, ein nach [11] als sicher identifizierter Ladefall mitgrößerer Stabilität herangezogen. Für diesen werden ebenfalls für die gleichen Wellenlängenund Fahrzustände Bewegungssimulationen durchgeführt und ausgewertet. Die oben genanntenVersagenskriterien bleiben dabei ebenfalls dieselben.

6.3. Auswertung

Im Folgendem werden die Richtlinien für die 12 untersuchten Schiffe im Einzelnen ausgewertet.Dabei wird das Kriterium K1 nicht für jedes Schiff einzeln aufgeführt, sondern später für allezusammengefasst betrachtet, weil bei keinen Schiff das Kriterium für Surfen und Querschlageneine entscheidende Rolle spielt (siehe 6.4.1) und somit keine neuen Bedingungen bezüglich derSchiffsgeschwindigkeit für die anderen Kriterien gegeben sind.

Ferner wird für die Unfallbedingung geprüft, welche Situation die Richtlinien als sicher empfehlenwürden und überprüft, ob diese den Unfall hätte vermeiden können. Die Geschwindigkeit desSchiffes für die „sichere“ Situation wird dabei so bestimmt, dass diese ca. einen Knoten inBegegnungswinkelrichtung außerhalb der Gefahrenzone liegt. Liegt dort jedoch eine von denRichtlinien vorhergesagte Resonanz vor, so wird die Geschwindigkeit um einen weiteren Knotenreduziert. Eine Änderung des Kurses wurde nicht untersucht.

Des Weiteren sind für jedes Schiff neben den Polardiagrammen für die Unfallsituation unddem sicheren Ladefall, auch die entsprechenden Hebelarmkurven in einer Referenzwelle, diedem Seegang zum Unfallzeitpunkt entspricht, dargestellt. Damit wird deutlich, wie sich dieErhöhung der Stabilität positiv auf die Hebelarmkurven auswirkt.

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6.3.1. Reale Kenterunfälle

6.3.1.1. FIDAMUS leer

Abbildung 20: Gerneralplan der SS Fidamus, aus [11].

Kriterium K2:

Einzelkriterium erfüllt Grund

Wellenlänge nein λ = 48m < 0, 8 · L = 44, 72m

Wellenhöhe nein H = 2m < 0, 04 · L = 2, 24m

Schiff in der Gefahrenzone (707) jaSchiff in der Gefahrenzone (1228) ja

Nach den Richtlinen besteht somit kein Handlungsbedarf.

Verbessert sich die Situation wenn gehandelt wird?

707 nein siehe Polardiagramm

1228 nein siehe Polardiagramm

Liegt im sicheren Ladefall des Schiffes in den Gefahrenzonen der Richtlinien eine Gefährdungfür das Schiff vor?

707 ja, aber nur in einem kleinen Bereich

1228 nein

Kriterium K3:

Werden die Resonanzfälle von der Richtline klar und richtig erfasst?

707 nein siehe Polardiagramm

1228 nein siehe Polardiagramm

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Zusammenfassung:

Hätte der Unfall durch die Anwendung der Richtlinien Vermieden werden können?

707 nein weil das Schiff durchweg im achterlichen Seegang gefährdet ist1228 nein und die Richtlinen keinen Handlungsbedarf sehen.

Die restlichen Polardiagramme sind im Anhang A zu finden.

Abbildung 21: Polardiagramme für die Unfallsituation (oben) und den sicheren Ladefall (unten)der Fidamus bei einer Wellenlänge von λ = 40m (707 linke, 1228 rechteDiagrammseite).

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Abbildung 22: Hebelarmkurven der Fidamus für die Unfallsituation (oben) und den sicherenLadefall (unten) in einer Referenzwelle mit λ = 40m und H = 2, 0m.

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6.3.1.2. LOHENGRIN leer

Abbildung 23: Seitenansicht der MV Lohengrin, aus [11].

Kriterium K2:

Einzelkriterium erfüllt Grund

Wellenlänge ja λ = 57m > 0, 8 · L = 47, 72m

Wellenhöhe nein H = 2m < 0, 04 · L = 2, 24m

Schiff in der Gefahrenzone (707) jaSchiff in der Gefahrenzone (1228) ja

Nach den Richtlinen besteht somit kein Handlungsbedarf.

Verbessert sich die Situation wenn gehandelt wird?

707 ja siehe Polardiagramm

1228 nein siehe Polardiagramm

Liegt im sicheren Ladefall des Schiffes in den Gefahrenzonen der Richtlinien eine Gefährdungfür das Schiff vor?

707 nein

1228 nein

Kriterium K3:

Werden die Resonanzfälle von der Richtline klar und richtig erfasst?

707 ja, aber nicht eindeutig siehe Polardiagramm

1228 ja, aber nicht eindeutig siehe Polardiagramm

Zusammenfassung:

Hätte der Unfall durch die Anwendung der Richtlinien Vermieden werden können?

707 nein weil die Richtlinie kein Handlungsbedarf sieht

1228 nein weil die Richtlinie kein Handlungsbedarf sieht

Die restlichen Polardiagramme sind im Anhang B zu finden.

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Abbildung 24: Polardiagramme für die Unfallsituation (oben) und den sicheren Ladefall (unten)der Lohengrin bei einer Wellenlänge von λ = 57m (707 linke, 1228 rechteDiagrammseite).

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Abbildung 25: Hebelarmkurven der Lohengrin für die Unfallsituation (oben) und den sicherenLadefall (unten) in einer Referenzwelle mit λ = 57m und H = 2, 0m.

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6.3.1.3. IRENE OLDENDORF leer

Abbildung 26: Seitenansicht der SS Irene Oldendorf, aus [11].

Kriterium K2:

Einzelkriterium erfüllt Grund

Wellenlänge ja λ = 80m > 0, 8 · L = 65, 28m

Wellenhöhe ja H = 5m > 0, 04 · L = 3, 26m

Schiff in der Gefahrenzone (707) jaSchiff in der Gefahrenzone (1228) nein

Nach der Richtline 707 besteht somit Handlungsbedarf, bei der 1228 nicht.

Verbessert sich die Situation wenn gehandelt wird?

707 nein siehe Polardiagramm

1228 nein siehe Polardiagramm

Liegt im sicheren Ladefall des Schiffes in den Gefahrenzonen der Richtlinien eine Gefährdungfür das Schiff vor?

707 nein

1228 nein

Kriterium K3:

Werden die Resonanzfälle von der Richtline klar und richtig erfasst?

707 nein siehe Polardiagramm

1228 nein siehe Polardiagramm

Zusammenfassung:

Hätte der Unfall durch die Anwendung der Richtlinien Vermieden werden können?

707 nein weil die Richtlinie das Schiff in einen gefährlicheren Bereich geschickt hätte

1228 nein weil die Richtline keinen Handlungsbedarf sieht

Die restlichen Polardiagramme sind im Anhang C zu finden.

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Abbildung 27: Polardiagramme für die Unfallsituation (oben) und den sicheren Ladefall (unten)der Irene Oldendorf bei einer Wellenlänge von λ = 80m (707 linke, 1228rechte Diagrammseite).

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Abbildung 28: Hebelarmkurven der Irene Oldendorf für die Unfallsituation (oben) und densicheren Ladefall (unten) in einer Referenzwelle mit λ = 80m und H = 5, 0m.

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6.3.1.4. HOHENEICHEN leer

Abbildung 29: MV Hoheneichen vollständig abgeladen, aus [11].

Kriterium K2:

Einzelkriterium erfüllt Grund

Wellenlänge nein λ = 40m < 0, 8 · L = 44, 00m

Wellenhöhe ja H = 4m > 0, 04 · L = 2, 20m

Schiff in der Gefahrenzone (707) jaSchiff in der Gefahrenzone (1228) ja

Nach den Richtlinen besteht somit kein Handlungsbedarf.

Verbessert sich die Situation wenn gehandelt wird?

707 nein siehe Polardiagramm

1228 nein siehe Polardiagramm

Liegt im sicheren Ladefall des Schiffes in den Gefahrenzonen der Richtlinien eine Gefährdungfür das Schiff vor?

707 nein

1228 nein

Kriterium K3:

Werden die Resonanzfälle von der Richtline klar und richtig erfasst?

707 nein siehe Polardiagramm

1228 nein siehe Polardiagramm

Zusammenfassung:

Hätte der Unfall durch die Anwendung der Richtlinien Vermieden werden können?

707 nein weil die Richtline keinen Handlungsbedarf sieht

1228 nein weil die Richtline keinen Handlungsbedarf sieht

Die restlichen Polardiagramme sind im Anhang D zu finden.

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Abbildung 30: Polardiagramme für die Unfallsituation (oben) und den sicheren Ladefall (unten)der Hoheneichen bei einer Wellenlänge von λ = 40m (707 linke, 1228 rechteDiagrammseite).

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Abbildung 31: Hebelarmkurven der Hoheneichen für die Unfallsituation (oben) und den si-cheren Ladefall (unten) in einer Referenzwelle mit λ = 40m und H = 4, 0m.

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6.3.1.5. WILHELM leer

Abbildung 32: Seitenansicht der MV Wilhelm, aus [11].

Kriterium K2:

Einzelkriterium erfüllt Grund

Wellenlänge ja λ = 57m > 0, 8 · L = 44, 00m

Wellenhöhe ja H = 2, 5m > 0, 04 · L = 2, 20m

Schiff in der Gefahrenzone (707) jaSchiff in der Gefahrenzone (1228) ja

Nach den Richtlinen besteht somit Handlungsbedarf.

Verbessert sich die Situation wenn gehandelt wird?

707 nein siehe Polardiagramm

1228 nein siehe Polardiagramm

Liegt im sicheren Ladefall des Schiffes in den Gefahrenzonen der Richtlinien eine Gefährdungfür das Schiff vor?

707 nein

1228 nein

Kriterium K3:

Werden die Resonanzfälle von der Richtline klar und richtig erfasst?

707 nein siehe Polardiagramm

1228 nein siehe Polardiagramm

Zusammenfassung:

Hätte der Unfall durch die Anwendung der Richtlinien Vermieden werden können?

707 nein weil das Schiff durchweg im achterlichen Seegang gefährdet ist

1228 nein weil das Schiff durchweg im achterlichen Seegang gefährdet ist

Die restlichen Polardiagramme sind im Anhang E zu finden.

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Page 58: Patrick Schiller Diplomarbeit - SSI · SCHRIFTENREIHE SCHIFFBAU Patrick Schiller Untersuchung der theoretischen Vermeidbarkeit von Seeunfällen durch die Anwendung der MSC.1/Circ.

Abbildung 33: Polardiagramme für die Unfallsituation (oben) und den sicheren Ladefall (unten)der Wilhelm bei einer Wellenlänge von λ = 57m (707 linke, 1228 rechteDiagrammseite).

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Page 59: Patrick Schiller Diplomarbeit - SSI · SCHRIFTENREIHE SCHIFFBAU Patrick Schiller Untersuchung der theoretischen Vermeidbarkeit von Seeunfällen durch die Anwendung der MSC.1/Circ.

Abbildung 34: Hebelarmkurven der Wilhelm für die Unfallsituation (oben) und den sicherenLadefall (unten) in einer Referenzwelle mit λ = 57m und H = 2, 5m.

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6.3.1.6. HALSTENBEK leer

Abbildung 35: MV Halstenbek, aus [11].

Kriterium K2:

Einzelkriterium erfüllt Grund

Wellenlänge ja λ = 77m > 0, 8 · L = 44, 00m

Wellenhöhe ja H = 4m > 0, 04 · L = 2, 2m

Schiff in der Gefahrenzone (707) jaSchiff in der Gefahrenzone (1228) nein

Nach der Richtline 707 besteht somit Handlungsbedarf, bei der 1228 nicht.

Verbessert sich die Situation wenn gehandelt wird?

707 nein siehe Polardiagramm

1228 nein siehe Polardiagramm

Liegt im sicheren Ladefall des Schiffes in den Gefahrenzonen der Richtlinien eine Gefährdungfür das Schiff vor?

707 nein

1228 nein

Kriterium K3:

Werden die Resonanzfälle von der Richtline klar und richtig erfasst?

707 nein ermittelte 1:1-Resonanz bei realer 2:1-Resonanz (bei ca. 4kn),1228 nein reale 1:1-Resonanz bei ca. 10kn, siehe Polardiagramm

Zusammenfassung:

Hätte der Unfall durch die Anwendung der Richtlinien Vermieden werden können?

707 nein weil die Richtlinie das Schiff in einen ebenfalls gefährlichen Bereich geschickt hätte

1228 nein weil die Richtline keinen Handlungsbedarf sieht

Die restlichen Polardiagramme sind im Anhang F zu finden.

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Page 61: Patrick Schiller Diplomarbeit - SSI · SCHRIFTENREIHE SCHIFFBAU Patrick Schiller Untersuchung der theoretischen Vermeidbarkeit von Seeunfällen durch die Anwendung der MSC.1/Circ.

Abbildung 36: Polardiagramme für die Unfallsituation (oben) und den sicheren Ladefall (unten)der Halstenbek bei einer Wellenlänge von λ = 77m (707 linke, 1228 rechteDiagrammseite).

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Page 62: Patrick Schiller Diplomarbeit - SSI · SCHRIFTENREIHE SCHIFFBAU Patrick Schiller Untersuchung der theoretischen Vermeidbarkeit von Seeunfällen durch die Anwendung der MSC.1/Circ.

Abbildung 37: Hebelarmkurven der Halstenbek für die Unfallsituation (oben) und den siche-ren Ladefall (unten) in einer Referenzwelle mit λ = 77m und H = 4, 0m.

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6.3.1.7. FINNBIRCH leer

Abbildung 38: MV Finnbirch, [12].

Kriterium K2:

Einzelkriterium erfüllt Grund

Wellenlänge ja λ = 113m > 0, 8 · L = 109, 60m

Wellenhöhe ja H = 6m > 0, 04 · L = 5, 48m

Schiff in der Gefahrenzone (707) jaSchiff in der Gefahrenzone (1228) ja

Nach den Richtlinen besteht somit Handlungsbedarf.

Verbessert sich die Situation wenn gehandelt wird?

707 nein siehe Polardiagramm

1228 nein siehe Polardiagramm

Liegt im sicheren Ladefall des Schiffes in den Gefahrenzonen der Richtlinien eine Gefährdungfür das Schiff vor?

707 nein

1228 nein

Kriterium K3:

Werden die Resonanzfälle von der Richtline klar und richtig erfasst?

707 nein siehe Polardiagramm

1228 nein siehe Polardiagramm

Zusammenfassung:

Hätte der Unfall durch die Anwendung der Richtlinien Vermieden werden können?

707 nein weil die Richtlinie das Schiff in einen ebenfalls gefährlichen Bereich geschickt hätte

1228 nein weil die Richtlinie das Schiff in einen ebenfalls gefährlichen Bereich geschickt hätte

Die restlichen Polardiagramme sind im Anhang G zu finden.

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Page 64: Patrick Schiller Diplomarbeit - SSI · SCHRIFTENREIHE SCHIFFBAU Patrick Schiller Untersuchung der theoretischen Vermeidbarkeit von Seeunfällen durch die Anwendung der MSC.1/Circ.

Abbildung 39: Polardiagramme für die Unfallsituation (oben) und den sicheren Ladefall (unten)der Finnbirch bei einer Wellenlänge von λ = 113m (707 linke, 1228 rechteDiagrammseite).

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Page 65: Patrick Schiller Diplomarbeit - SSI · SCHRIFTENREIHE SCHIFFBAU Patrick Schiller Untersuchung der theoretischen Vermeidbarkeit von Seeunfällen durch die Anwendung der MSC.1/Circ.

Abbildung 40: Hebelarmkurven der Finnbirch für die Unfallsituation (oben) und den sicherenLadefall (unten) in einer Referenzwelle mit λ = 113m und H = 5, 0m.

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6.3.1.8. COUGAR ACE leer

Abbildung 41: Gerneralplan der M.V. Cougar Ace, aus [11].

Kriterium K2:

Einzelkriterium erfüllt Grund

Wellenlänge ja λ = 172m > 0, 8 · L = 152, 0m

Wellenhöhe nein H = 3m < 0, 04 · L = 7, 6m

Schiff in der Gefahrenzone (707) jaSchiff in der Gefahrenzone (1228) ja

Nach den Richtlinen besteht somit kein Handlungsbedarf.

Verbessert sich die Situation wenn gehandelt wird?

707 nein siehe Polardiagramm

1228 nein siehe Polardiagramm

Liegt im sicheren Ladefall des Schiffes in den Gefahrenzonen der Richtlinien eine Gefährdungfür das Schiff vor?

707 nein

1228 nein

Kriterium K3:

Werden die Resonanzfälle von der Richtline klar und richtig erfasst?

707 nein siehe Polardiagramm

1228 nein siehe Polardiagramm

Zusammenfassung:

Hätte der Unfall durch die Anwendung der Richtlinien Vermieden werden können?

707 nein weil die Richtline keinen Handlungsbedarf sieht

1228 nein weil die Richtline keinen Handlungsbedarf sieht

Die restlichen Polardiagramme sind im Anhang H zu finden.

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Page 67: Patrick Schiller Diplomarbeit - SSI · SCHRIFTENREIHE SCHIFFBAU Patrick Schiller Untersuchung der theoretischen Vermeidbarkeit von Seeunfällen durch die Anwendung der MSC.1/Circ.

Abbildung 42: Polardiagramme für die Unfallsituation (oben) und den sicheren Ladefall (unten)der Cougar Ace bei einer Wellenlänge von λ = 172m (707 linke, 1228 rechteDiagrammseite).

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Page 68: Patrick Schiller Diplomarbeit - SSI · SCHRIFTENREIHE SCHIFFBAU Patrick Schiller Untersuchung der theoretischen Vermeidbarkeit von Seeunfällen durch die Anwendung der MSC.1/Circ.

Abbildung 43: Hebelarmkurven der Cougar Ace für die Unfallsituation (oben) und den si-cheren Ladefall (unten)in einer Referenzwelle mit λ = 172m und H = 3, 0m.

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6.3.2. Modelluntersuchungen

6.3.2.1. FLOWER CLASS leer

Abbildung 44: Seitenansicht der DFDS-Flower- Class RoRo-Schiffe, aus [11].

Kriterium K2:

Einzelkriterium erfüllt Grund

Wellenlänge ja λ = 205m > 0, 8 · L = 151, 76m

Wellenhöhe ja H = 8, 8m > 0, 04 · L = 7, 59m

Schiff in der Gefahrenzone (707) jaSchiff in der Gefahrenzone (1228) nein

Nach der Richtline 707 besteht somit Handlungsbedarf, bei der 1228 nicht.

Verbessert sich die Situation wenn gehandelt wird?

707 nein siehe Polardiagramm

1228 nein siehe Polardiagramm

Liegt im sicheren Ladefall des Schiffes in den Gefahrenzonen der Richtlinien eine Gefährdungfür das Schiff vor?

707 nein

1228 nein

Kriterium K3:

Werden die Resonanzfälle von der Richtline klar und richtig erfasst?

707 nein siehe Polardiagramm

1228 nein siehe Polardiagramm

Zusammenfassung:

Hätte der Unfall durch die Anwendung der Richtlinien Vermieden werden können?

707 nein weil die Richtlinie das Schiff in einen ebenfalls gefährlichen Bereich geschickt hätte

1228 nein weil die Richtline keinen Handlungsbedarf sieht

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Page 70: Patrick Schiller Diplomarbeit - SSI · SCHRIFTENREIHE SCHIFFBAU Patrick Schiller Untersuchung der theoretischen Vermeidbarkeit von Seeunfällen durch die Anwendung der MSC.1/Circ.

Abbildung 45: Polardiagramme für die Unfallsituation (oben) und den sicheren Ladefall (unten)der Flower-Class Schiffe bei einer Wellenlänge von λ = 206m (707 linke, 1228rechte Diagrammseite).

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Abbildung 46: Hebelarmkurven der Flower-Class Schiffe für die Unfallsituation (oben) und densicheren Ladefall (unten) in einer Referenzwelle mit λ = 206m und H = 8, 8m.

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6.3.2.2. SINBAD leer

Abbildung 47: Rumpfform des SINBAD-Modells, aus [11].

Kriterium K2:

Einzelkriterium erfüllt Grund

Wellenlänge ja λ = 160m > 0, 8 · L = 124, 8m

Wellenhöhe ja H = 8, 4m > 0, 04 · L = 6, 24m

Schiff in der Gefahrenzone (707) jaSchiff in der Gefahrenzone (1228) ja

Nach den Richtlinen besteht somit Handlungsbedarf.

Verbessert sich die Situation wenn gehandelt wird?

707 nein empfohlene Situation entspricht sogar der untersuchten Unfallsituation bei 6,5kn,siehe Polardiagramm

1228 nein siehe Polardiagramm

Liegt im sicheren Ladefall des Schiffes in den Gefahrenzonen der Richtlinien eine Gefährdungfür das Schiff vor?

707 nein

1228 nein

Kriterium K3:

Werden die Resonanzfälle von der Richtline klar und richtig erfasst?

707 nein siehe Polardiagramm

1228 nein siehe Polardiagramm

Zusammenfassung:

Hätte der Unfall durch die Anwendung der Richtlinien Vermieden werden können?

707 nein weil die Richtlinie das Schiff in einen ebenfalls gefährlichen Bereich geschickt hätte

1228 nein weil die Richtlinie das Schiff in einen ebenfalls gefährlichen Bereich geschickt hätte

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Abbildung 48: Polardiagramme für die Unfallsituation (oben) und den sicheren Ladefall (unten)des SINBAD-Modells bei einer Wellenlänge von λ = 160m (707 linke, 1228rechte Diagrammseite).

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Abbildung 49: Hebelarmkurven des SINBAD-Modells für die Unfallsituation (oben) und densicheren Ladefall (unten).

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6.3.3. Andere Unfälle

Für die beiden nachfolgenden Unfälle, bei denen es zu Verlust von Containern kam, ist keinsicherer Ladefall betrachtet worden, da die Schiffe nicht durch Kentern gefährdet waren unddemnach eine ausreichende Stabilität hatten.

6.3.3.1. JRS CANIS leer

Abbildung 50: C.V. JRS Canis, [13].

Kriterium K2:

Einzelkriterium erfüllt Grund

Wellenlänge ja λ = 172m > 0, 8 · L = 96, 27m

Wellenhöhe nein H = 6m > 0, 04 · L = 4, 81m

Schiff in der Gefahrenzone (707) jaSchiff in der Gefahrenzone (1228) nein

Nach der Richtline 707 besteht somit Handlungsbedarf, bei der 1228 nicht.

Verbessert sich die Situation wenn gehandelt wird?

707 nein siehe Polardiagramm

1228 nein siehe Polardiagramm

Kriterium K3:

Werden die Resonanzfälle von der Richtline klar und richtig erfasst?

707 nein siehe Polardiagramm

1228 nein siehe Polardiagramm

Zusammenfassung:

Hätte der Unfall durch die Anwendung der Richtlinien Vermieden werden können?

707 nein weil die Richtlinie das Schiff in einen gefährlicheren Bereich geschickt hätte

1228 nein weil die Richtline keinen Handlungsbedarf sieht

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Die restlichen Polardiagramme sind im Anhang I zu finden.

Abbildung 51: Polardiagramm für die Unfallsituation der JRS Canis bei einer Wellenlängevon λ = 172m (707 linke, 1228 rechte Diagrammseite) für einen maximalenRollwinkel von ϕ = 20°.

Abbildung 52: Hebelarmkurven der JRS Canis für die Unfallsituation in einer Referenzwellemit λ = 172m und H = 7, 0m.

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6.3.3.2. ANL PACIFIC leer

Abbildung 53: C.V. ANL Pacific, [14].

Kriterium K2:

Einzelkriterium erfüllt Grund

Wellenlänge nein λ = 172m < 0, 8 · L = 195, 84m

Wellenhöhe nein H = 7m < 0, 04 · L = 9, 79m

Schiff in der Gefahrenzone (707) jaSchiff in der Gefahrenzone (1228) ja

Nach den Richtlinen besteht somit kein Handlungsbedarf.

Verbessert sich die Situation wenn gehandelt wird?

707 nein siehe Polardiagramm

1228 nein siehe Polardiagramm

Kriterium K3:

Werden die Resonanzfälle von der Richtline klar und richtig erfasst?

707 nein siehe Polardiagramm

1228 nein siehe Polardiagramm

Zusammenfassung:

Hätte der Unfall durch die Anwendung der Richtlinien Vermieden werden können?

707 nein weil die Richtline keinen Handlungsbedarf sieht

1228 nein weil die Richtline keinen Handlungsbedarf sieht

Die restlichen Polardiagramme sind im Anhang J zu finden.

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Abbildung 54: Polardiagramm für die Unfallsituation der ANL Pacific bei einer Wellenlängevon λ = 172m (707 linke, 1228 rechte Diagrammseite) für einen maximalenRollwinkel von ϕ = 15°.

Abbildung 55: Hebelarmkurven der ANL Pacific für die Unfallsituation in einer Referenzwellemit λ = 172m und H = 7, 0m.

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6.4. Zusammenfassung

6.4.1. Kriterium für Surfen und Querschlagen (K1)

Die Auswertung der zwölf Unfallsituationen ergibt für das Kriterium K1, dass sich die Schiffein allen Fällen deutlich außerhalb des durch die Richtlinie ausgewiesenen Gefahrenbereichsbefunden haben. Dieses ist deutlich in der Abbildung 56 zu erkennen.

Abbildung 56: Zusammenfassende Darstellung zur Auswertung des Kriteriums K1 (707 linke,1228 rechte Diagrammseite).

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6.4.2. Kriterium für das Auftreffen auf aufeinanderfolgender hoher Wellen (K2)

In der Abbildung 57 sind die Positionen der Schiffe bezüglich der Lage zum Gefahrenbericht desKriteriums K2 der beiden Richtlinien zu sehen. Ferner ist durch die Farbe der Positonsmarkie-rungen gekennzeichnet, ob auch die Einzelkriterien, in Bezug auf die erforderliche Wellenlängeund Wellenhöhe, erfüllt sind (rotes Kreuz) oder nicht (grünes Kreuz). Es wird deutlich, dassvon der Richtlinie 707, aufgrund der größeren Gefahrenzone, mehr Fälle als gefährdet einge-stuft werden. Trotzdem werden nicht alle Schiffe als gefährdet angesehen, obwohl bei allenUnfallsituationen eine latente Gefahr vorausgesetzt werden kann.

Anders sieht das Bild aus, wenn man die sicheren Ladefälle als Grundlage nimmt. In diesem Fallbleibt die Bewertung der Unfallbedingungen, wie in Abbildung 57 zu sehen, durch das KriteriumK2 unverändert, da es in keinster Weise die Stabilität des Schiffes berücksichtigt. Daher würdeneinige Schiffe als gefährdet angesehen, obwohl keine Gefährdung vorliegt.

Abbildung 57: Zusammenfassende Darstellung zur Auswertung des Kriteriums K2 (707 linke,1228 rechte Diagrammseite).

6.4.3. Kriterium für synchrones Rollen und parametrische Rollbewegungen (K3)

Beim Auswerten des Kriteriums für die untersuchten Fälle ist festzustellen, dass in allen Fällendie Resonanzsituationen nicht richtig erfasst werden. Zudem sind in den meisten Fällenauch keine eindeutigen Resonanzerscheinungen erkennbar, da die Schiffe über einen größerenGeschwindigkeitsbereich gefährdet sind.

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7. Schwächen der Richtlinien

Die Untersuchung der Wirksamkeit der Richtlinien MSC/Circ. 707 und Richtline MSC.1/Circ.1228 in den betrachteten Fällen endet mit dem Ergebnis, dass in keinem der untersuchten Fälleeine Verbesserung durch Anwendung der Kriterien erreicht würde.

Die Schwächen der Richtlinien resultieren einerseits aus den verschieden Kriterien, die betrachtetwerden, andererseits aus den vorgeschlagenen Wegen der zur Ermittlung für die Anwendungder Kriterien erforderlichen Daten. Jedes der drei durch die Richtlinien betrachten Kriterien sollnachstehend erläutert und bewertet werden, um zu konkreteren Aussagen zu kommen.

7.1. Auftreffen auf aufeinanderfolgende hohe Wellen (K2)

Bei der Beurteilung des Kriteriums K2 geht es um das Auftreffen auf aufeinanderfolgende hoheWellen. Ein Handlungsbedarf wird in den Richtlinien nur bei dem Zusammentreffen von dreizu bewertenden Faktoren abgeleitet: Diese sind der Aufenhalt in der Gefahrenzone, die Wellen-länge und die Wellenhöhe. Die Auswertung hat gezeigt, dass es auch bei nicht gleichzeitigemAuftreten der definierten Größen zur Gefährdung gekommen ist. Damit ist festzuhalten, dass dieRichtlinie eine bestehende Gefährdung nicht immer erkennen lässt. Hier ist eine Schwachstelle,dass die definierte Gefahrenzone bei der Richtlinie 707 sich an dem Verhältnis der Schiffs-geschwindigkeit zur Wellenperiode festmacht. Die Gefährdung ist jedoch stets abhängig vomStabilitätszustand des Schiffes und nicht von dem definierten Verhältnis in der Vorschrift. Sozeigen die Auswertungen, dass sich ein Schiff trotz Befolgen der Richtlinie nach wie vor ge-fährdet sein kann, obwohl man sich außerhalb der in der Richtlinie definierten Gefahrenzonebefindet. Andererseits gibt es durch die Richtline angezeigten Handlungsbedarf, ob wohl beieiner ausreichenden Stabilität des Schiffes kein Handlungsbedarf besteht.

Neben den oben genannten Handlungsfaktoren bezüglich Wellenhöhe und Wellenlänge wirddie Aussage getroffen, dass gleichzeitig Hinweise auf ein gefährliches Verhalten des Schiffes klarerkennbar sein sollen, um Handlungen daraus abzuleiten. Es ist jedoch aus anderen und den hieruntersuchten Unfällen bekannt, dass lange Zeit keine Anzeichen einer Gefährdung des Schiffesgegeben waren. Bei ersten Anzeichen von gefährlichem Verhalten des Schiffes ist die Gefahrschon vorhanden und lässt keine Zeit für Handlungen, die einen Unfall vermeiden. Dieses liegtan dem stochastischen Verhalten des Seeganges, bei dem es zu Wellenkonstellationen kommt,die für ein Schiff extrem gefährlich sind.

7.2. Synchrones Rollen und parametrische Rollbewegungen (K3)

Das Erkennen von gefährlichen Rollresonanzen wird in den Richtlinien im Kriterium K3 be-trachtet. Bei der Auswertung der untersuchten Unfälle wurde festgestellt, dass die nach derRichtline vorhergesagten Rollresonanzen mit den real aufgetretenen Fällen grundsätzlich nichtübereinstimmten. Die Feststellung lässt sich dahingehen erweitern, dass über einen großen Ge-schwindigkeitsbereich eine Gefährdung vorliegt, so dass man von einer eindeutigen Resonanz-

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situation nicht sprechen kann. Das gilt gleichermaßen für den 1:1- und den 2:1-Resonanzfall.Dieses liegt an der Ermittlungsweise der Rolleigenperiode, wie sie die Richtline vorsieht. Es wirddabei davon ausgegangen, dass die Rolleigenperiode auch für große Rollwinkel durch die Linea-risierung der Anfangsstabilität der Glattwasserhebelarmkurve des Schiffes abgeschätzt werdenkann. Für Schiffe, die in Wellen fahren, führt dieses jedoch zu falschen Ergebnissen (siehe 4).Außerdem kann die Bestimmung nicht wie vorgesehen durchgeführt werden, da sich die Rollei-genperiode des Schiffes aufgrund der vorhanden Hebelarmschwankungen, gerade bei Schiffenmit geringer Stabilität, an die jeweilige Anregungsperiode des Seeganges anpasst. Bei allen un-tersuchten Kenterunfällen war geringe Stabilität gegeben, und der Effekt der Anpassung an dieErregungsperiode ist deutlich in den Polardiagrammen für die Unfallsituation erkennbar.

7.3. Surfen und Querschlagen (K1)

Letztlich verbleibt das Kriterium K1, welches die Gefahr durch Surfen und Querschlagen desSchiffes behandelt. Dieses soll hier der Vollständigkeit halber aufgeführt werden, da in allen be-trachten Fällen keine Gefährdung durch eines dieser beiden Phänomene gegeben war. Konkretgibt es also keine Aussagen oder Hinweise, dass Surfen oder Querschlagen eine Gefährdung fürdie Schiffe zum Zeitpunkt des Unfalls darstellte. Wenn überhaupt trat ein Querschlagen erstnach dem ersten starken Rollen auf. Auch die Anwendung der Richtlinien auf die untersuch-ten Fälle kommt jeweils zu dem Ergebnis, dass man sich in keinem Fall im Gefahrenbereichdes Kriteriums K1 befunden hat. Für die betrachteten Fälle kann also hier keine Bewertungerfolgen. Überdies ist die Gefahr des Querschlagens eher an den Fähigkeiten des Kurshaltensfestzumachen und nicht an in dieser Untersuchung betrachteten Stabilitätsverhalten der Schiffe.Zusammenfassend kann als Schwachpunkt der Richtlinien angesehen werden, dass nicht hin-reichend genau auf das Verhalten des Schiffes im Seegang und die verschiedenen Phänomeneund deren Ursachen, die zu gefährlichen Situationen führen können, eingegangen wird. Erst einVerständnis der verschiedenen Phänomene versetzt die Schiffsführung in die Lage, die jeweiligeSchiffssituation richtig einzuschätzen und so das Schiff sicher zu führen.

7.4. Aussagen zur Gültigkeit der Richtlinien

Grundsätzlich gibt es in den Richtlinien schon Aussagen zum unterschiedlichen Verhalten vonSchiffen mit der Erkenntnis und dem Hinweis, dass dadurch eine Allgemeingültigkeit zu denVerhaltensregeln und deren Wirksamkeit nicht gegeben ist (Abschitt 2.1 in [16] und Abschnitt1.3 und 2 in [6]) So liegt ein Schwachpunkt sicherlich schon darin, dass trotzdem versucht wird,Handlungsempfehlungen zu geben.

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8. Zusammenfassung

Das Ziel dieser Arbeit ist es gewesen, zu überprüfen, ob durch die Anwendung der Richtli-nie MSC/Circ. 707 bzw. der Richtlinie MSC.1/Circ. 1228 reale Seeunfälle theoretisch hättenvermieden werden können. Die Untersuchung erfolgte anhand acht realer Kenterunfälle, zweiUnfällen mit Containerverlusten und zwei Modellversuchen. Dabei wurden die Richtlinien aufdiese Fälle angewendet. Die Ergebnisse zeigen, dass die Anwendung der Richtlinien bei denuntersuchten Fällen nicht zur Vermeidung der Unfälle geführt hätte. Dieses liegt an den fest-gestellten Schwächen der Richtlinien und lässt den Schluss zu, dass auch eine Ausweitung derUntersuchung auf weitere Unfälle zu der gleichen Erkenntnis führen wird.

Zusammenfassend kann dieses an folgenden Aussagen festgemacht werden:

Die Richtlinien berücksichtigen Kriterien für die Bestimmung der Grenzen der Gefahrenzonen,die nicht relevant für das Verhalten des Schiffes im Seegang sind.

Das führt dazu, dass eine so bestimmte Gefahrenzone kein sicheres Indiz für eine wirkliche Ge-fährdung ist. Der in der Realität gefährliche Bereich kann je nach Stabilitätszustand des Schiffesdie Gefahrenzone der Richtlinie überschreiten oder gar nicht vorhanden sein. Günstigstenfallswerden also Maßnahmen eingeleitet, die nicht notwendig wären, da keine tatsächliche Gefähr-dung besteht. Im Extremfall ist nicht auszuschließen, dass aus erfolgten Geschwindigkeits- oderKursänderung entsprechend der Richtlinie, die Situation für das Schiff verschlimmert wird.

Die bei der Ermittlung der Daten getroffen Vereinfachungen in den Richtlinien erleichtern zwardie Anwendung und die Erhebung ist mit Bordmitteln einfach auszuführen. Es ist jedoch davonauszugehen, dass die Vereinfachungen in der Mehrheit der Fälle zu falschen Ergebnissen führenund Gefahren nicht richtig erkannt werden.

Um es vereinfacht und flach auszudrücken: Das Verhalten nach den Richtlinien gleicht ehereinem Glücksspiel, da in der Mehrheit der Fälle die gewünschte Verbesserung nicht eintrifft.

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Literatur

[1] www.containerhandbuch.de/chb/stra/index.html?/chb/stra/stra_02_03_03.

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[2] www.voranker.de/pages/seemanns-welt/monsterwellen/seeschlag.php.(24.09.2010)

[3] www.commons.wikimedia.org/wiki/File:Cougar_Ace_on_side_(starboard_side)

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[4] www.voranker.de/pages/seemanns-welt/monsterwellen/parametric-rollings.

php. (24.09.2010)

[5] Kluwe, F.: Development of a Minimum Stability Criterion to Prevent Large AmplitudeRoll Motions in Following Seas. In: Dissertation, TUHH (2010)

[6] IMO: MSC/Circ. 707, GUIDANCE TO THE MASTER FOR AVOIDING DANGEROUSSITUATIONS IN FOLLOWING AND QUARTERING SEAS. (19 October 1995)

[7] IMO: SLF 44/INF.3, ANY OTHER BUSINESS Guidance to the Master for avoidingdangerous situations in following and quartering seas. (13 June 2001)

[8] Krüger, S. ; Kluwe, F.: A Simplified Method for the Estimation of the Natural RollFrequency of Ships in Heavy Weather. In: HANSA Bd. 145 (2008)

[9] N.N.: Richtlinien für die Überwachung der Schiffsstabilität. (Stand 14.04.2003)

[10] Söding, H.: Bewegungen und Belastungen der Schiffe im Seegang. Hamburg. In: Vorle-sungsskript Nr 18, Institut für Schiffbau der Universität Hamburg (September 1982)

[11] Krüger, S. ; Kluwe, F.: Development of Threshold Values for a Minimum StabilityCriterion based on Full Scale Accidents. In: Schriftenreihe Schiffbau (März 2010)

[12] www.safeair.dk/graphics/interface/pic_587.jpg. (24.09.2010)

[13] www.ijmond.web-log.nl/photos/uncategorized/2009/02/26/1jrs_canis_mc.

jpg. (24.09.2010)

[14] www.flotilla-australia.com/images/anl%20pacific.jpg. (24.09.2010)

[15] BSU: Untersuchungsbericht 510/08, Tötlicher Personenunfall an Bord des CMS CHICA-GO EXPRESS während des Taifuns "HAGUPITäm 24. September 2008 im Seegebiet vorHongkong. (1. November 2009)

[16] IMO: MSC.1/Circ. 1228, REVISED GUIDANCE TO THE MASTER FOR AVOIDINGDANGEROUS SITUATIONS IN ADVERSE WEATHER AND SEA CONDITIONS. (11January 2007)

[17] IMO: SLF 48/4/8, REVISION OF THE CODE ON INTACT STABILITY Proposed revi-sion of MSC/Circ.707. (10 June 2005)

[18] Söding, H.: Simulation der Bewegungen intakter und lecker Schiffe. In: 23. Fortbildungs-

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kurs, Institut für Schiffbau der Universität Hamburg (1987)

[19] BSU: Untersuchungsbericht 45/7, Verlust von 10 Containern von Bord der JRS CANISin der Elbmündung am 12. Januar 2007 um 2:40 Uhr. (1. Oktober 2008)

[20] Krüger, S.: Evaluation of the cargo loss of a large container vessel due to parametricroll. In: Proceedings of the the Ninth International Maritime Design Conference (2006)

[21] Boie, C.: Gedanken zur Sicherheit gegen Kentern. Hamburg. In: HANSA Nr. 18 (1962)

[22] Jensen, G.: Schiffe im Seegang II. In: Vorlesungsskript WS 06/07, TU Hamburg-Harburg(WS 06/07)

[23] Krüger, S.: Zur Frage des Erkennens von gefährlich großen Rollwinkeln im praktischenBordbetrieb. In: HANSA Nr. 9 (2006)

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Anhang

Im folgendem Anhang sind weitere Polardiagramme zu den einzelnen Schiffe aufgeführt.

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A. FIDAMUS

Polardiagramme für die Unfallladezustand (oben) und den sicheren Ladefall (unten) der Fidamus bei einer Wellenlänge von λ = 32m (links), λ = 40m

(Mitte) und λ = 48m (rechts).

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B. LOHENGRIN

Polardiagramme für die Unfallladezustand (oben) und den sicheren Ladefall (unten) der Lohengrin bei einer Wellenlänge von λ = 48m (links), λ = 57m

(Mitte) und λ = 66m (rechts).

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C. IRENE OLDENDORF

Polardiagramme für die Unfallladezustand (oben) und den sicheren Ladefall (unten) der Irene Oldendorf bei einer Wellenlänge von λ = 69m (links),λ = 80m (Mitte) und λ = 92m (rechts).

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D. HOHENEICHEN

Polardiagramme für die Unfallladezustand (oben) und den sicheren Ladefall (unten) der Hoheneichen bei einer Wellenlänge von λ = 32m (links), λ = 40m

(Mitte) und λ = 48m (rechts).

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E. WILHELM

Polardiagramme für die Unfallladezustand (oben) und den sicheren Ladefall (unten) der Wilhelm bei einer Wellenlänge von λ = 48m (links), λ = 57m

(Mitte) und λ = 66m (rechts).

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F. HALSTENBEK

Polardiagramme für die Unfallladezustand (oben) und den sicheren Ladefall (unten) der Halstenbek bei einer Wellenlänge von λ = 66m (links), λ = 77m

(Mitte) und λ = 88m (rechts).

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G. FINNBIRCH

Polardiagramme für die Unfallladezustand (oben) und den sicheren Ladefall (unten) der Finnbirch bei einer Wellenlänge von λ = 88m (links), λ = 113m

(Mitte) und λ = 141m (rechts).

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H. COUGAR ACE

Polardiagramme für die Unfallladezustand (oben) und den sicheren Ladefall (unten) der Cougar Ace bei einer Wellenlänge von λ = 113m (links),λ = 141m (Mitte links), λ = 172m (Mitte rechts) und λ = 206m (rechts).

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I. JRS CANIS

Polardiagramme für die Unfallladezustand der JRS Canis bei einer Wellenlänge von λ = 141m (links), λ = 172m (Mitte) und λ = 206m (rechts).85

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J. ANL PACIFIC

Polardiagramme für die Unfallladezustand der ANL Pacific bei einer Wellenlänge von λ = 141m (links), λ = 172m (Mitte) und λ = 206m (rechts).86

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Erklärung

Hiermit erkläre ich, dass ich die Arbeit selbstständig verfasst habe und keine anderen als dieangegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt habe.

Ort, Datum Unterschrift

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