Pflanzenzüchtung für den Ackerbau von morgen Welche ... · 4 Tänikon Reckenholz Wädenswil...

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Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung WBF Agroscope www.agroscope.ch I gutes Essen, gesunde Umwelt 28. Januar 2020 7. Nationale Ackerbautagung Pflanzenzüchtung für den Ackerbau von morgen Welche Kulturen und welche Technologien brauchen wir? Roland Peter, Agroscope

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Eidgenössisches Departement für Wirtschaft,

Bildung und Forschung WBF

Agroscope

www.agroscope.ch I gutes Essen, gesunde Umwelt

28. Januar 2020

7. Nationale Ackerbautagung

Pflanzenzüchtung für den Ackerbau von morgen –

Welche Kulturen und welche Technologien brauchen wir?

Roland Peter, Agroscope

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1. PFLANZENZÜCHTUNG IN DER SCHWEIZ UND BEIAGROSCOPE

2. ZÜCHTUNGSPORTFOLIO UND ZUCHTZIELE

3. WELCHE ZÜCHTUNGSMETHODEN UND-TECHNOLOGIEN ALS REAKTION AUF DEN KLIMAWANDEL?

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• 7-8 Organisationen (1 öffentliche + 6-7 private)

• > 40 Arten in Bearbeitung (25 bei Agroscope)

• Investitionen: ca.10 Mio. pro Jahr (4 öffentlich / 6 privat)

ca. 50% der Investitionen pro Kopf in Deutschland

• Kosten pro Sorte:• Ackerkulturen CHF 200‘000 – 500‘000 pro Sorte

• Obst/Reben CHF 1.2 – 1.7 Mio./Sorte

Pflanzenzüchtung in der Schweiz

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4

Tänikon

Reckenholz

Wädenswil

Liebefeld

Posieux

Avenches

Changins

Conthey

Cadenazzo

Pflanzenzüchtung in der Schweiz

Agroscope Zuchtprogramme

Weizen

Soja

RebeAprikose

Medizinalpflanzen

Futtergräser & -

leguminosen

Apfel

• 25 Arten

• PPP – Public – Private – Partnerships (DSP, VariCom, MediPlant)

Züchtungsforschung

Pully

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1. PFLANZENZÜCHTUNG IN DER SCHWEIZ UND BEIAGROSCOPE

2. ZÜCHTUNGSPORTFOLIO UND ZUCHTZIELE

3. WELCHE ZÜCHTUNGSMETHODEN UND-TECHNOLOGIEN ALS REAKTION AUF DEN KLIMAWANDEL?

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Welche Arten züchten wir in Zukunft als

Reaktion auf den Klimawandel?

Ziel: die Arten «fit» machen für die neuen Herausforderungen!

Portfolio der Kulturarten muss sich nicht zwingend stark verändern :

- Züchtungsvorgehen anpassen, schneller werden!

- Verfügbare Technologien konsequent einsetzen

- Anbausysteme weiterentwickeln

Chancen für neue / wenig genutzte Arten bzw. Verschiebung der

Verbreitung:

Höhere Temperatursummen:

C4-Pflanzen werden kompetitiver (z.B. Mais, Sorghum, Amaranth,…)

Andere Wärmeliebende Arten (z.B. Soja, Sonnenblume) regional

anbauwürdiger

Mehr Trockenstress: z.B. Sorghum, Luzerne, trockentolerante

Futtergräser

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Negative Effekte auf Erträge durch reduzierte Photosynthese:

- Weizen: bei über 28 °C

- Mais: bei über 35°C

• Blattspalten schliessen Reduzierte Photosyntheserate

• Photorespiration von Kohlenhydraten

Photo

synth

esera

te

Alpines Gras

Weizen

Mais

0 10 20 30 40 50 Temperatur °C

Quelle: Weigel, 2007

Beispiel: Photosyntheserate bei zunehmenden Temperaturen (Hitzestress)

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Welche Zuchtziele gewinnen an Bedeutung?

Stärkere «Epidemien» bereits verbreiteter Schädlinge & Krankheiten

möglich, ebenso aber auch Verlangsamung der Populations- /

Infektionsdynamik einzelner Pathogene

Risiko von neuen Schädlinge & Krankheiten

Einfluss auf Anbauwürdigkeit von Kulturen

(Marmorierte Baumwanze, Heerwurm (Spodoptera frugiperda),

auf Mais)

Grundlegend:

Veränderungen der Umwelt durch Klimawandel sind graduell

Pflanzenzüchtung geschieht kontinuierlich in enger Interaktion mit der

Umwelt:

die Umwelt hilft bei der Selektion: graduelle Anpassungen werden

«eingepreist»

Wichtig: Selektionsumwelten gezielt nutzen! Wahl der Orte

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Welche Zuchtziele gewinnen an Bedeutung?

Umfang der Zuchtziele nimmt zu

1. Ertragspotenzial und

Ertragsstabilität

Kornertrag

Standfestigkeit

Winterhärte

Bestandesdichte

Kornzahl je Ähre

TKG

Nährstoffeffizienz

Blüte und Abreife

Hitzetoleranz

Trockentoleranz

Wassereffizienz

2. Resistenzen

Septoria

Ährenfusarien

Roste (Gelb-, Braun-,

Schwarz-)

Mehltau

Virosen: neue

Vektoren?

Schädlinge: neue?

3. Qualität

Eiweissgehalt

Fallzahl /

Auswuchsneigung

Sedimentationswert

Zeleny

Wasseraufnahme

Teigeigenschaften

Backvolumen

Sele

kti

on

sg

ew

inn

Anzahl Merkmale

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Lolium multiflorum Trockenstress-Versuch

in Agroscope Futterpflanzenzüchtung

2019-07-25 2019-09-03

2.7.

Vig

or fi

rst g

rowth

(NS)

25.7

. Vigor

2nd

gro

wth

(NS)

21.8

. Vigor

3rd

gro

wth

(S)

12.9

. Vigor

4th

gro

wth

(S)

3.10

. Vigor

4th

gro

wth

(NS)

29.1

0. V

igor 4

th g

rowth

(NS)

Bewässerung

Schnitt

Simulation Trockenperiode

im Sommer

Genetische Unterschiede

bezgl. Trockentoleranz

feststellbar, jedoch

geringere Erblichkeit

Diploides Material stärker

von Trockenheit betroffen

als tetraploides Material

Nächste Schritte:

Offene Abblüte zwischen

besten Pflanzen

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1. PFLANZENZÜCHTUNG IN DER SCHWEIZ UND BEIAGROSCOPE

2. ZÜCHTUNGSPORTFOLIO UND ZUCHTZIELE

3. WELCHE ZÜCHTUNGSMETHODEN UND-TECHNOLOGIEN ALS REAKTION AUF DEN KLIMAWANDEL?

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Der Züchtungszyklus Erzeugung von neuer Variation & wiederholte Selektion

Kreuzung

Prüfung

Selektion

Offizielle Versuche

Sorte

Jahre, Orte, Wiederholungen

Ertrag, Resistenzen, Qualität

2 bis 6 Jahre

6 bis >8 Jahre

V a

r i a

t i o

n

Genetische Ressourcen

Evaluierung: gibt es neue Eigenschaften?

Variation durch neue Kombination

Beschreibung und Kandidatenentwicklung

Prüfung in Feldversuchen

Eliteeltern

Prü

fung &

Sele

ktion

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Was benötigt eine wirkungsvolle Züchtung?

Variation, Methodik, Geschwindigkeit & Präzision!

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Was braucht es? Eine geeignete Zuchtmethode!

Die Fortpflanzungsbiologie bestimmt!

Klonbare Arten: Klonzüchtung Selbstbefruchter: Linienzüchtung

Pedigree- oder Ramschmethode

Fremdbefruchter: Populationszüchtung

oder Hybridzüchtung

Der Trend geht zur

Hybridzüchtung !

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Geschwindigkeit

Genomische Selektion: Zuchtwertschätzung

Vorhersagemodell erstellen

Zuchtwert

“Breeding Value”

Entscheidungen

Vorhersage des Zuchtwerts

von (neuen!)

Kandidatenlinien

Genotypisierung:Markeranalyse der Linien im

FeldversuchPhänotypisierung: Feldversuche

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Präzision der Phänotypen

Exakte Feldbeobachtungen wichtiger denn je!

Foto: KWS

In Kombination mit

genomischen Methoden

erhält die Phäno-

typisierung im Feld

zusätzliches Gewicht!

Foto: ETH

Foto: Hyphen

Foto: Lemnatec

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Was braucht es? Neue Eigenschaften als

Antwort auf neue Anforderungen!

Neue Variation!

Startpunkt jeder erfolgreichen Selektion ist geeignete

Ausgangsvariation!

Für ändernde Anforderungen benötigt die Züchtung auch neue

Eigenschaften – neue Variation ist grundlegend!

Woher bekommen wir diese?

Die Züchtung nutzt Rekombination und Mutation für neue Variation

Die Natur kopieren: Methoden für neue Variation, welche wir

ungerichtet oder gezielt nutzen können.

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Neue Variation

Kreuzungszüchtung«Zeit, (grosse) Zahlen & Zufall !»

Quelle: transgen.de

Kreuzung zweier

Eltern

Neue Variation: Pflanzen mit neu

«zusammengewürfelten»

Genvarianten

Selektionsschritte

Darstellung: nach transgen.de

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Neue Variation

Mutationszüchtung«Traditionelle Methode für neue Eigenschaften»

Vor- und Nachteile:

• Genetische Variation wird „künstlich“ erhöht

• Großer Aufwand nötig, um Sorten nur mit der erwünschten Mutation

zu züchten

• Keine Regulierung der ungerichteten Mutationszüchtung!

Quelle: transgen.de

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Stress

und

kontrollierter “TE burst”

BUNGEE

Schritt 1

Selektion

Schritt 2

TE GenStress

aktives Gen

Die Art des Stress definiert, welche Transposons (TE) aktiviert werden!

Neue Variation

Transposons «Springende Gene unter Stress»BUNGEE: breeding using jumping genes

Quelle: E. Bucher, Agroscope

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Neue Variation – Neue Züchtungstechnologien

Genome Editing

Vor- / Nachteile:

• Präziser als klassische Züchtungsverfahren und klassische Gentechnik

• Macht u.a. gezielte punktuelle Mutationen möglich, wie sie in der Natur

entstehen können.

• Regulierung: - EU und Schweiz GVO

- USA, Kanada, Brasilien, Australien,… kein GVO bei

Punktmutationen

z.B. mit DNA-Schere «Crispr/Cas9»

Quelle: transgen.de

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Kernaussagen & Fazit

Ziel der Agroscope-Züchtung: Die Arten durch Züchtung «fit» machen für

die neuen klimatischen Herausforderungen!

Neue Anforderungen machen neue nutzbare Eigenschaften notwendig –

neue Variation ist grundlegend für die Züchtung!

Technologien bekommen grösseres Gewicht:

Züchtung muss schneller und präziser werden

Umfangreiche und genaue Phänotypisierung und Genotypisierung als

Grundlage für markergestützte und genomische Selektionsmethoden

Neue Variation kann ungerichtet (klassische Mutation oder

Rekombination) oder gezielt (z.B. durch Genome Editing) erzeugt werden

“Werkzeuge” sind verfügbar, um schneller zu sein, als die kommenden

Veränderungen. Wie wollen wir sie einsetzen?

Schweiz: Potenziale der Züchtung besser nutzen

Umsetzung «Strategie Pflanzenzüchtung 2050»

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Danke für Ihre Aufmerksamkeit

Roland [email protected]

Agroscope gutes Essen, gesunde Umwelt

www.agroscope.admin.ch