PFLEGE˜VON˜ MENSCHEN˜MIT˜ CHRONISCHEN˜ WUNDEN · Zielsetzung Jeder Patient/Bewohner mit einer...
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Experten-Thema_Wundmanagement_Newsletter 1611_Landespfl egekammer RLP Seite 1
PFLEGE VON MENSCHEN MIT CHRONISCHEN WUNDEN
• Schmerz
• Mobilitätseinschränkungen
• Schlafproblem
• Macht- und Kontrollverlust
• Gefährdung der sozialen Teilhabe
• Berufl iche und fi nanzielle Belastung
• Verändertes Körperbild
• Angst und Depressionen
• Geruchs- und Exsudatbelästigung
Chronische Wunden sind häufi g Symptome einer
chronischen Krankheit, die maßgeblich den Alltag der
betroff enen Person beeinfl usst.
Durch Anleitung und Beratung der Patienten/Bewohner und ihrer
Angehörigen zu alltagsorientierten Maßnahmen im Umgang mit
der Wunde und den wund- und therapiebedingten Auswirkun-
gen können die Fähigkeiten zum gesundheitsbezogenen
Selbstmanagement so verbessert werden, dass sich positive
Eff ekte für die Wundheilung und Lebensqualität ergeben unter
Berücksichtigung der Sichtweise der Patienten/Bewohner auf
ihr Kranksein.
NEWSLETTER 11/2016
von 2009 des deutschen Netzwerks für Qualitätsentwicklung in
der Pfl ege (DNQP) verfolgt nicht das Ziel, detaillierte Angaben zur
Behandlung von Wunden und Produkten zur Wundversorgung
anzubieten.
Bereits der Titel sagt aus, dass nicht nur die Wunde, sondern der
ganze Mensch gesehen wird. Der Fokus liegt vielmehr auf den
Einschränkungen der Betroff enen durch die Wunde, etwa durch
die Beeinträchtigungen des Selbstwertgefühls, durch Abhängig-
keit und Einschränkungen im Alltag, durch Veränderungen im
sozialen Bereich und durch Schmerzen. Auch in der Aktualisie-
rung 2015 wurde dieses Ziel beibehalten und noch ergänzt. Nach
Schätzungen von Fachexperten leiden in Deutschland ca. 3 bis 4
Millionen Menschen an chronischen Wunden. In der Fach-
literatur besteht weitgehende Einigkeit darüber, Wunden als
chronisch zu bezeichnen, wenn diese innerhalb von 4 bis 12
Wochen nach Wundentstehung unter fachgerechter Therapie
keine Heilungstendenzen zeigen.
Der Expertenstandard fokussiert konkret und praktikabel die
Versorgung von Menschen mit einer chronischen Wunde vom
Typ Dekubitus, Ulcus cruris venosum/arteriosum/mixtum oder
Diabetischem Fußulcus für alle Bereiche der pfl egerischen Ver-
sorgung. Damit werden die drei häufi gsten Wundarten aufgegrif-
fen, mit denen Pfl egekräfte in ihrer Praxis befasst sind und
die gesundheitspolitisch von hoher Relevanz sind.
DER EXPERTENSTANDARD PFLEGE VON MENSCHEN MIT CHRONISCHEN WUNDEN
MIT CHRONISCHEN WUNDEN LEBEN, BEDEUTET…
Experten-Thema_Wundmanagement_Newsletter 1611_Landespflegekammer RLP Seite 2
Jeder Patient/Bewohner mit einer chronischen Wunde erhält eine
pflegerische Versorgung, die das individuelle Krankheitsverständ-
nis berücksichtigt, die Lebensqualität fördert, die Wundheilung
unterstützt und die Rezidivbildung von Wunden vermeidet.
Der aktualisierte Expertenstandard beinhaltet Standardkriterien,
die Aussagen zur Versorgung von Menschen mit chronischen
Wunden, zur Wiedererlangung von Unabhängigkeit, Lebensquali-
tät und Wohlbefinden treffen. Obwohl viele Leitlinien und
Studien gesichtet und bewertet wurden, findet man in den
Standardempfehlungen nicht viel wirklich „Neues“. Dagegen
haben sich jedoch Empfehlungen der 1. Version zum pflegeri-
schen Assessment weiter verstärkt. Damit ist nicht der somati-
sche Blick auf die Wunde ist gemeint, sondern der Fokus auf den
Patienten und seinen Angehörigen und ihr individuelles
Krankheitsverständnis. Diese „Botschaft“ des Expertenstandards
kommt in der Praxis an, wie die Rückmeldungen in der Konsulta-
tionsphase zum Standard belegen (lt. Prof. Dr. Eva- Maria Panfil).
Für verschiedene Begrifflichkeiten wie z. B. Wundrand oder
Wundumgebung wurde eine neue Definition erstellt. Es wurden
zahlreiche redaktionelle und sprachliche Anpassungen vorge-
nommen. Neu ist die Forderung, dass Einrichtungen künftig über
einen pflegerischen Fachexperten verfügen müssen, sobald ein
Klient mit chronischer Wunde betreut wird. Fachexperte kann ein
Mitarbeiter der Einrichtung sein, der über eine Zusatzqualifikati-
on in der Wundbehandlung verfügt. Ein pflegerischer Fachexper-
te kann auch extern hinzugezogen werden. Die Expertenarbeits-
gruppe betrachtet die alleinige Kooperation mit Sanitätshäusern
oder Home-Care-Unternehmen jedoch äußerst kritisch.
Änderungen in der Aktualisierung 2015
Zielsetzung Jeder Patient/Bewohner mit einer chronischen Wunde vom Typ Dekubitus, Ulcus cruris venosum/arteriosum/mixtum oder Diabetischem Fußulcus erhält eine pflegerische Versorgung, die das individuelle Krankheitsver-ständnis berücksichtigt, die Lebensqualität fördert, die Wundheilung unterstützt und die Rezidivbildung von Wunden vermeidet.
Begründung Chronische Wunden sind häufig Symptome einer chronischen Krankheit, die maßgeblich den Alltag der betroffenen Person beeinflusst. Sie führen (…).
Standardebene 1 S1a Die Pflegefachkraft verfügt über aktuelles Wissen und kommunikative Kompetenz, Menschen mit einer chronischen Wunde zu identifizieren und deren Einschränkungen, Krankheitsverständnis und gesundheitsbezogene Selbstmanagementfähigkeiten sensibel und verstehend zu erkunden.
P1a Die Pflegefachkraft erfasst im Rahmen der pflegerischen Anamnese bei allen Patienten/Bewohnern mit einer chronischen Wunde das Krankheitsverständnis, wund- und therapiebedingte Einschränkungen sowie Möglichkeiten des gesundheitsbezogenen Selbstmanagements.
E1 Die Dokumentation enthält differenzierte Aussagen zu den Punkten: Mobilitäts- und andere Ein-schränkungen, Schmerzen, Wundgeruch, Exsudat, Ernährungsstatus, psychische Verfassung, individu-elles Krankheitsverständnis, Körperbildstörungen, Ängste (…).
Standardebene 2 S2 Die Pflegefachkraft verfügt über aktuelles Wissen zur Behandlung wundbedingter Einschränkungen (…) sowie zum Hautschutz und zur Hautpflege.
P2 Die Pflegefachkraft plant gemeinsam mit dem Patienten/Bewohner und seinen Angehörigen unter Einbeziehung der beteiligten Berufsgruppen.
E2 Eine individuelle alltagsorientierte Maßnahmenplanung (…) liegt vor.
Standardebene 3 P3b Die Pflegefachkraft gewährleistet eine hygienische und fachgerechte Wundversorgung sowie eine kontinuierliche Umsetzung der Maßnahmenplanung (…).
Standardebene 4 S4b Die Einrichtung stellt zielgruppenspezifische Materialien für Information, Beratung, Schulung und Anleitung zur Verfügung
ZIELSETZUNG IST DAHER:
WAS IST NEU?
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Tabelle 1: Änderungen am Expertenstandard „Pflege von Menschen mit chronischen Wunden“, 1. Akt. 2015
Die Stärkung und Aufgaben der Pflegefachkraft liegen gemäß
den Statuten des Expertenstandards in der Schulung/Beratung
von Patienten und Angehörigen.
- Konkret gefordert ist die Förderung und Erhaltung des
gesundheitsbezogenen Selbstmanagements und das
Wohlbefinden des Betroffenen. Sie sollten – soweit als
möglich – Maßnahmen zur Heilung der Wunde, zur
Symptom- und Beschwerdenkontrolle und zur Rezidivpro-
phylaxe erlernen und das Erlernte in ihren Alltag integrieren
und nachhaltig umsetzen.
- Die Einrichtung ist verpflichtet, zielgruppenspezifische
Materialien für Information, Beratung, Schulung und
Anleitung zur Verfügung zu stellen.
- Vermittelt werden Bewegungstraining, Raucherentwöh-
nung sowie Informationen zu Schmerzerkennung und
Schmerzmanagement. Patienten sollten die sachgerechte
Durchführung notwendiger Maßnahmen zur Wundheilung,
z. B. Einsatz steriler Materialien, adäquate Hautpflege und
Hautschutz, kennen. Auch Kontakte zu Selbsthilfegruppen
können eine wichtige Hilfe sein.
- Ziel ist die Vermittlung von Wissen und somit Sicherheit im
Umgang mit der Wunde sowie Möglichkeiten der Selbst-
pflege. Das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten soll
gestärkt werden, seine Kompetenzen erweitert.
- Ein unabdingbarer Bestandteil der Pflege von Menschen
mit chronischen Wunden ist die Evaluation, also die
Überprüfung der Wirksamkeit und Effizienz der geleisteten
Maßnahmen und Tätigkeiten. In diesen Vorgang sollte
unbedingt wieder der pflegerische Fachexperte Wunde mit
eingebunden sein. Der Expertenstandard empfiehlt, die
Wirksamkeit der Therapie in 4-wöchigem Abstand zu
überprüfen.
Zur Versorgung von Menschen mit chronischen Wunden ist die
Heranziehung von „pflegerischen Fachexperten“ zwingend
notwendig. Eine allgemeine pflegerische Ausbildung alleine ist
nicht ausreichend für die Erfüllung aller notwendigen Aufgaben
zur Versorgung von Patienten mit chronischen Wunden. Für
spezielle Aufgaben in der Wundversorgung, wie z. B. die
differenzierte Erfassung und Dokumentation der Wunde, sind
speziell fortgebildete bzw. weitergebildete Pflegefachkräfte mit
reflektierter praktischer Erfahrung notwendig.
In Deutschland gibt es drei führende Organisationen, an denen
beruflich Pflegende eine Fort- und Weiterbildung zum
„Wundspezialisten“ absolvieren können (s. Abb. Tabelle 2).
Alle bearbeiten in ihren curricularen Seminaren neben den
fachlichen Inhalten zu Wundarten und -heilung, Wundversor-
gung, Wundbeurteilung und -dokumentation, Hygiene, rechtliche
Aspekte, Schmerz, Ernährung, Kommunikation auch den
aktualisierten Expertenstandard. Sie erkennen so mit weitrei-
chenden Aspekten die Problemstellung im Gesamten und lernen
„verstehend“ zu pflegen. Alle „pflegerischen Fachexperten
Wunde“ sind verpflichtet, sich ständig fortzubilden und sich
immer auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft zu bringen.
Es gibt deutschlandweit zahlreiche Möglichkeiten der Re-Zertifi-
zierung, um diesen Nachweis zu erbringen.
Standardebene 5 P5a Die Pflegefachkraft beurteilt in individuell festzulegenden Abständen, spätestens nach 4 Wochen, die lokale Wundsituation (Wiederholung des wundspezifischen Assessments).
P5b Die Pflegekraft überprüft unter Beteiligung eines pflegerischen Fachexperten spätestens alle 4 Wochen die Wirksamkeit der gesamten Maßnahmen und nimmt in Absprache mit dem Patienten/Bewohner und allen an der Versorgung Beteiligten ggf. Änderungen daran vor.
E5 (…) Änderungen in der Maßnahmenplanung sind dokumentiert.
WEITERBILDUNGSMÖGLICHKEITEN
Tab. 2: Anerkannte Qualifi kation zur pfl egerischen Fachexpertise Wunde zum Beispiel
FAZIT ZUR UMSETZUNG DES EXPERTENSTANDARDS:Pfl ege von Menschen mit chronischen Wunden bedeutet
„verstehend“ zu pfl egen, nicht „wissend“ oder „besserwissend“
(lt. Prof. Dr. Eva-Maria Panfi l).
Ein Team von berufl ich Pfl egenden im ambulanten und stationä-
ren Bereich, Pfl egefachexperten für Wunden, Haus- und
Fachärzte, Schmerztherapeuten, moderne Wundaufl agen,
Podologen, Diabetesberatungen, Selbsthilfegruppen Kranken-
und Pfl egekassen usw. tragen dazu bei, den Patienten ganzheit-
lich zu sehen und nicht nur seine Wunde.
Hinter jeder Wunde verbirgt sich ein Mensch …
Das Leben mit einer chronischen Wunde, den Alltag und die
alltagsbezogene Expertise der Patienten und ihrer Angehörigen in
den Vordergrund zu stellen und genauso zu würdigen wie die
eigene Fachexpertise ist die Aufgabe für alle im Wundmanage-
ment Tätigen. Sich gemeinsam auf die Suche zu begeben nach
einer dem Patienten/Bewohner und Angehörigen in deren Alltag
passende Lösung ist die Pfl icht. Nicht nur die Wunde zu
behandeln, sondern den Menschen mit einer Wunde, das ist ein
Kernauftrag des aktualisierten Expertenstandards.
Alle Einrichtungen im ambulanten und stationären Bereich sind
verpfl ichtet, die geforderten Rahmenbedingungen des aktuali-
sierten Expertenstandards umzusetzen, da ansonsten bei
Überprüfungen durch den Medizinischen Dienst der Kranken-
kassen (MDK) oder auch in juristischen Fällen erhebliche
Probleme anstehen. Dies ist eine große Herausforderung für alle
Einrichtungen und Pfl egenden sowie alle im Wundmanagement
tätigen Berufsgruppen angesichts der ökonomischen Rahmenbe-
dingungen. Der vorliegende aktualisierte Expertenstandard zeigt
uns für die Notwendigkeit jedoch ausreichend Argumente. Er gibt
uns den Weg zu einer weiteren Verbesserung der Versorgungssi-
tuation sowie der Lebensqualität von Menschen mit chronischen
Wunden vor.
Organisation/ Fachgesellschaft
Qualifi kation Unterrichtseinheiten Weitere Informationen
Deutsche Gesellschaft für Wundheilung und Wundbehandlung e. V.
Wundassistent – WAcert DGfW
Wundtherapeut –WTcert DGfW
84
236
www.dgfw-akademie.de
Fachgesellschaft Stoma Kontinenz Wunde
Pfl egeexperten Stoma,Kontinenz und Wunde
720 www.fgskw.org
Initiative Chronische Wunden e. V.
Wundexperte ICW
Pfl egetherapeut Wunde ICW
Fachtherapeut Wunde
48 plus 16 Std. Hospitation
168 plus 40 Std. Hospitation
120
www.icwunden.de
Experten-Thema_Wundmanagement_Newsletter 1611_Landespfl egekammer RLP Seite 4
Literaturverzeichnis
DNQP Expertenstandard/Pfl ege von Menschen mit chronischen Wunden1. Aktualisierung 2015/Hochschule Osnabrück www.dnqp.de
PPM Pro Pfl egemanagement Verlag und Akademie
Kerstin Protz/Moderne Wundversorgung 7. Aufl age/www.pfl egeheute.de
Zeitschrift: Die Schwester/Der Pfl eger Artikel 2/2016
MDS/Expertenstandards § 113a SGB XI
Monitor Pfl ege.De/Aktualisierung des Expertenstandards Pfl ege von Menschen mit chronischen Wunden
Kontaktadresse:
Angelika BrodaPraxisanleitung & Wundmanagement angelika.broda@pfl egekammer-rlp.de