Poetry Slam im Deutschunterricht Otto-Friedrich-Universität Bamberg Seminar Deutsch-Didaktik:...
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Poetry Slam im Deutschunterricht
Otto-Friedrich-Universität BambergSeminar Deutsch-Didaktik: Sprechanlässe
Dozentin: Frau Dr. K. PoppSommersemester 2007
4. Juli 2007Referent: Björn Dekrell
Gliederung
❑ Poetry Slam- Definition und Merkmale❑ Entwicklung des Poetry Slam❑ Gründe für die Verwendung des Poetry Slam
im Deutschunterricht❑ Konzepte für den Poetry Slam im Unterricht❑ Arbeitsmaterial❑ Literaturliste
Definition Poetry Slam – Allgemeines 1
❑ slam(engl.) = Volltreffer, Abschlag (Baseball), Schlagabtausch (Boxen), Schmettern, Zuschlagen einer Tür, harsche Kritik; Slam-Dance (Punkszene);
❑ selbst geschriebene Texte (meist Kurzgeschichten/ Lyrik) innerhalb eines Zeitlimits performt (Dtl. 5-10 min., USA 3 min.)
❑ Jeder kann mitmachen !❑ Wahl des besten „Live Poet“ durch Publikum (Applaus/
Punktvergabe)❑ Bewertung von Inhalt und Performance
(Hauptkriterium: Rhetorischer Charakter)❑ Lyrisches Ich = Autoren-Ich (Rollenbewusstsein mit
Authentizität
Definition Poetry Slam – Allgemeines 2
❑ Neue Formate: Poetry Clips (inszenierte Lyrik), Internet als Kommunikationsplattform, Musik und Lyrik (Bastian Böttcher-> Zentrifugal), Poetry Videos;
❑ Challenging system: Newcomer messen sich an „featured poets“
Poetry Clip Vogel
D:\video\vogel.wmv
Poetry Clip Nacht
D:\video\nacht.wmv
Definition Poetry Slam - Vorkommen
❑ Ursprung in Amerika❑ in über 70 deutschen Städten regelmäßig
ausgetragen❑ U20-Slam Stuttgart (2004): 60 Dichter, 500
Zuschauer❑ 2001/02 erste Entwicklungen in Kroatien,
Italien, Spanien, Frankreich und Schweiz;❑ vorher schon in Finnland und Schweden
sowie Großbritannien verbreitet
Definition Poetry Slam - Allgemeines
❑ Vernstaltungsort: gute Atmosphäre, von ambitioniertem Publikum frequentiert (Szene-Bar, Zirkuszelt, Unterführung, Blumenladen, Parkdeck)
❑ Zeit: meist Sonntagabend (keine konkurrierenden Veranstaltungen)
❑ Rollen der Beteiligten: Zuschauer, Juror, Slammer, Veranstalter; wechselnde Rollen
❑ Auftritt von „featured poets“, DJ oder Band in den Pausen
❑ Non-profit-events❑ Offene Liste, Auftrittsreihenfolge wird gelost;
Definition Poetry Slam - Beteiligte
❑ MC (Master of Ceremony, Slammaster): Kontrolle der Auftrittszeit (Eieruhr, Glas Bier), Ansage des Slammers (Anekdoten, Karriere), aufkommende Aggression verhindern;
Definition Poetry Slam - Beteiligte
Slammer:❑ auf Boden wälzen, ächtzen, stöhnen,
Auffordern zum Mitklatschen;❑ kreative Künstlernamen: „Slamburg, Sushi“❑ 10, 12 oder 15 Slammer pro Abend❑ Verbot von Fremdtexten, Hilfsmitteln (No
Props-Regel), Gesangspart (außer Rap und Zitat), Mimik;
❑ drei verschiedene Varianten: inhaltliche, technische und improvisierende Slammer
Definition Poetry Slam - Beteiligte
Jury:❑ meist unliterarische Personen oder
kompetente Jury, auf die die Wertung des Publikums kommt
Entwicklung des Poetry Slam (1)
❑ 50er-Jahre: Entstehung von „Spoken Word“ (Hiphop und Poetry Slam) in den USA
❑ Suche nach einer Ausdrucksform für sozialkritischen Protest (afroamerikanische und hispanische Minoritäten)
❑ Anfang der 60er-Jahre: „Poetry-Reading“-Szene (Manhattan)
❑ 1975 Gründung des Nuyorican Poets Cafe❑ 1980 Al Simmons: „I should do poetry bouts.
Let'em put up or shut up. We'll have judges, a boxing ring, ring girls etc.“
❑ Gründung der WPA: World Poetry Association
Entwicklung des Poetry Slam (2)
❑ Marc Smith: „Open-Mike“ Lesungen, „Pong-Jams“, „Team Pieces“ und „Chicago Poetry Ensemble“(später ersetzt durch „The Uptown Poetry Slam“ ->Publikumsattraktivität)
❑ 1990 erster National Poetry Slam der USA❑ 1992 „MTV Poetry Unplugged“❑ 1994 erster Poetry Slam in Berlin❑ 90er Jahre: Literaturkrise (Fernsehen, Kino, Video) =>
Das Publikum will Tempo und Effekte!❑ Social Beat Literatur kommt zum Publikum (Hallen,
Discos)
Entwicklung des Poetry Slam (3)Einflüsse des Hip Hop
❑ „rap“ (engl.) = predigen❑ sozialkritische Texte und Randgruppen❑ rhythmischer Vortrag❑ Klang des Textes (Hip Hop: „flow“)❑ Respekt der Interpreten; sog. „battles“❑ stakkatoartiger Rapgesang, hartes
rhythmisches Sprechen
Entwicklung des Poetry Slam (4)
❑ Poetry Slam ist in der BRD ein Exportartikel => Mischung aus Lyrik, Prosa, Comedy, Hip Hop und Ka barett
❑ 1997 Treffen der Slammaster Hamburgs, Münchens und Berlins zur Begründung einer deutschen Szene
❑ 1998 Erscheinen der Kinofilme: „Slam“ und „Slam Nation“
❑ Ausbreitung auf weitere europäische Staaten
Warum Slam im Deutschunterricht?
Produktion❑ mangelnde Erfahrung mit Leben und Wirkung von
Literatur❑ poetische Qualität eigener Produktionen besser
bewerten❑ Unterhaltungswert❑ sensibilisiert auf eigene Wahrnehmungen,
Produktions- und Rezeptionsmuster und das gesellschaftlich-politische Umfeld
❑ Persönlichkeitsbildung (eigene Erfahrungen verarbeiten, Auswahl von Themen)
❑ schult rethorische Präsentationstechniken (Texte frei vortragen)
❑ Produkt- und Handlungsorientierung
Warum Slam im Deutschunterricht?
Rezeption
❑ Literatur als den gesellschaftlichen und geselligen Teil unserer Kultur kennenlernen
❑ hohe Schule des Zuhörens❑ Gedichte als kulturelle Praxis, leicht zugänglich; -
>motivierend!❑ Bewertung fördert Kritikfähigkeit und Artikulation
von begründeten Urteilen❑ Gesellschaftliche Praxisrelevanz (soziale Kritik)❑ Einbeziehen vieler Sinne
Warum Slam im Deutschunterricht?
Projekt
❑ gesellschaftliche Praxisrelevanz (demokratisches Verhalten)
❑ Selbstorganisation und Selbstverantwortung (Lehrer nur Lernberater)
❑ Interdisziplinarität (Musik, Kunst, Fremdsprachen, Geographie)
Slam-Konzepte für den Deutschunterricht
❑ bei Prosa und Lyrik integrierbar❑ Ziel des Projekts: Veranstaltung eines Slams❑ Projektnoten für einzelne Gruppen
(Kriterium: Gelingen der Veranstaltung)❑ Aufgaben: selber Texte verfassen, Texte
und Biographien bekannter Slammer analysieren, Abend organisieren/moderieren, Flyer produzieren, Clips vorbereiten
Slam-Konzepte für den DeutschunterrichtStundeneinteilung
1.Stunde:❑ Brainstorming an der Tafel❑ Trailer Petra Anders, Clips sehen und hören❑ erste Eindrücke sammeln und bewerten
(analysieren?)❑ im Internet eigene Clips suchen
Trailer von Petra Anders
D:\video\trailer.wmv
Slam-Konzepte für den DeutschunterrichtStundeneinteilung
2. Stunde:❑ Slamtexte hören, lesen, sehen und in einen
Zeitungstext umwandeln❑ Anhand von Paratexten die Texte
analysieren❑ Relevanz für das heutige Leben und
Schreibstiele herausarbeiten❑ Selber Texte verfassen
Slam-Konzepte für den DeutschunterrichtStundeneinteilung
3. Stunde❑ Schüler überlegen Performance zu drei
Texten❑ analysieren Clips, Text und Hörspiel auf
Performance, Stilmittel❑ bekommen Schreibaufgaben❑ schreiben einen eigenen Text und tragen ihn
vor
Aufgabe: Lies dir den Text genau durch und überlege dir kurz eine Performance! Trage
den Text dann vor dem Kurs vor!
D:\video\bonn.wmv
Slam-Konzepte für den DeutschunterrichtEigenproduktion (1)
❑ drei Fragen: Was ist mir wichtig? Wie will ich das Thema verkörpern? Wen möchte ich erreichen?
❑ Portfolio: Ideen, Wörter, alltägliche Erlebnisse und Sprachspiele eintragen: 1.Präsentationsrubrik (auch auswendig) 2.Patienten (Überarbeitung kennzeichnen, dokumentieren, Alternativen) 3.Papierkorb (Nachruf zu Texten, andere Vortragende erfolgreicher?)
Slam-Konzepte für den DeutschunterrichtEigenproduktion (2)
Ideenfindung:❑ Kopf entleeren (Themen und Gefühle assoziieren und
clustern)❑ Themen-Collage (Zeitungstexte)❑ Zitate-Puzzle (Gedichte, Romane, Medien)Interview (PA!):1.Worüber hast du dich sehr gefreut?2.Was hat dir den letzten Nerv geraubt?3.Was beschäftigt dich auf dem Schulweg?4.Was wolltest du der Klasse schon immer sagen?5.Welches politische Ereignis hat dich wütend/froh
gemacht?6.Wovon träumst du vor dem Einschlafen?
Slam-Konzepte für den DeutschunterrichtEigenproduktion (3)
Schatztruhen:❑ Thematisch: Liebe, Zukunft❑ Wortschatz/ Ort-Schatz (aus Slam-Texten)❑ Alltags-Schatz❑ Reim-Pool (Gruppe im Kreis;jeder schreibt
ein Reimwort auf; danach daraus Gedicht schreiben)
Slam-Konzepte für den DeutschunterrichtEigenproduktion (4)
❑ Klassische Formen: Hymne, Ode, Ballade; z.B.: Schreibe eine Hymne auf einen alltäglichen Vorgang (Abwasch, Mittagessen, Telefonieren) und überlege dir eine Performance!
❑ Alliteration❑ Assonanz (Vokalreihen)❑ Dialoge (Gesprächsfetzen, verschiedene
Stimmlagen)❑ Personifikation (der karrieresüchtige Badeanzug)❑ Lautpoesie
Slam-Konzepte für den DeutschunterrichtEigenproduktion (5)
❑ Lautfolgen mit Charakter (knutschen, knausern, knien)
❑ Chiasmus, Parallelismus❑ Vokalwechsel (wo das wort was wert wird)❑ ähnliche Klänge (Jesus, User)❑ Rhythmus im Sinne des Rap (4/4 Takt,
Silben auf den 2. und 4. Schlag, Abwechslung)
❑ klangliches Brainstorming (wärmen, schwärmen, lärmen, schwirren)
Slam-Konzepte für den DeutschunterrichtPerformance (1)
Fragen zur Performance:❑ Welche innere Haltung/welches Gefühl
möchte ich im Text rüberbringen?❑ Wie kann ich dies körpersprachlich
umsetzen?❑ Wie bewege ich mich auf der Bühne?❑ In welchem Tonfall/Rhythmus spreche ich
die Textstellen?❑ Welche emotionalen Reaktionen erwarte ich
vom Publikum?
Arbeitsblätter (1)
D:\pdf\ab_s_048.pdf
Arbeitsblätter (2)
D:\pdf\ab_s_066.pdf
Arbeitsblätter (2)
D:\pdf\ab_s_070.pdf
Arbeitsblätter (3)
D:\pdf\ab_s_078.pdf
Arbeitsblätter (4)
D:\pdf\ab_s_094.pdf
Arbeitsblätter (5)
D:\pdf\ab_s_144.pdf
Slam-Konzepte für den DeutschunterrichtPerformance (2)
❑ Auswendiglernen von Texten: Begriffe unterstreichen, auditiv lernen, Loci-Methode (Begriffe an verschiedenen Plätzen verteilen)
❑ Aussprache, Betonung und Körperhaltung üben (vor dem Spiegel, in Gruppen, Tipps der Lehrkraft)
❑ Übungen mit dem Mikrofon (selber einstellen, nicht zu nah am Körper!)
❑ Ich-Gedichte: Gedichte mit Mimik und Gestik füllen
Slam-Konzepte für den DeutschunterrichtPerformance (3)
Improvisationsspiele:❑ Körpergefühl aufbauen: durch den Raum
laufen, alle Körperteile fühlen, strecken, abklopfen
❑ Ziel fixieren❑ Assoziationsbilder komponieren❑ Geschichte erzählen lassen (schnippen)❑ Eine Stimmung auf der Bühne etablieren
(Mitspieler ergänzt Handlung/Satz)
Bewertung beim Poetry Slam (1)
❑ „The point is not the point, the point is poetry“ =>Dichtungsforum ist wichtiger!
❑ Respect for the poets! ❑ Mit den Videos Bewertungskriterien erarbeiten❑ Akustische Dimension der Dichtung betonen, durch
Identifizierung für Unterhaltung sorgen und zum Nachdenken anregen
❑ Auswertungsbogen (Bemerkungen möglich)❑ Bewertung vor und nach dem Workshop❑ Videoaufzeichnung analysieren
Bewertung beim Poetry Slam (2)
Auswertung formulieren:❑ Beschreibe die beste Performance des Slam mit
drei Adjektiven! Schildere deine Eindrücke!❑ Pointen im Text?❑ Welche Texte hältst du in Inhalt oder Vortrag für
ausbaufähig?❑ Wer bekommt warum die höchste Punktzahl?Wirkung:❑ Welches Bild ist in mir entstanden?❑ Hat der Text Mut gemacht?❑ Hat mich der Text innerlich berührt?❑ Welche Fragen sind beim Zuhören entstanden?
Aufgabe: Bewerte die folgenden Clips anhand deines Bewertungsbogens und
überlege dir, wie du dein Urteil artikulieren kannst!
D:\VIDEO_TS\VTS_05_1.VOB
Bewertungsclips (2)
D:\VIDEO_TS\VTS_08_1.VOB
Bewertungsclips (3)
D:\VIDEO_TS\VTS_07_1.VOB
Bewertung des Poetry Slam (4)
Abstimmungsmöglichkeiten:❑ Moderator zählt bis 10. Jeder gibt bei seiner
Punktzahl Applaus. 10 Punkte für den, der einen „kollektiven Orgasmus auslöst“ (Zitat: Bob Holman; New York)
❑ Der größte Applaus kommt eine Runde weiter -> basisdemokratischer Charakter des Slams
❑ Zuschauer mit Punktekarten (Summe notieren, Endwerte streichen)
❑ Publikum klatscht wie oben; mit Jurywertung addieren!
Literaturverzeichnis:
❑ Anders, Petra: Poetry Slam. Live-Poeten in Dichterschlachten. Ein Arbeitsbuch. Mülheim: Verlag an der Ruhr, 2004.
❑ Bylanzky Ko und Rayl Patzak(Hg.): Planet Slam. Das Universum Poetry Slam. München: Yedermann-Verlag, 2002.
❑ Westermayr, Stefanie: Poetry Slam in Deutschland. Theorie und Praxis einer multimedialen Kunstform. Marburg: Tectum-Verlag 2004.
❑ Hager, Stefanie: Literarische Texte rezipieren, produzieren und präsentieren. Poetry Slam im integrativen Deutschunterricht der Realschule. Pädagogische Hochschule Ludwigsburg, 1. Staatsprüfung WS 2005/06.
❑ Anders, Petra: Poetry Slam. Bühnenpoesie und Publikumsbewertung. In: Praxis Deutsch 32(2005), Heft 198, S.46-54.
Medienverzeichnis:
❑ POESIE AUF ZEIT. German International Poetry Slam. Sprechstationverlag 2003.
❑ „Trailer“, „Ich hab doch keinen Vogel“ „Nacht“ und „Bonn“ (Quelle: Anders, Petra: Poetry Slam. Live-Poeten in Dichterschlachten. CD-Rom.
Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit!