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Jörg Bensch Praktische Lernsituationen INDUSTRIE Geschäfts- und Produktionsprozesse Aufgabenteil Lernfeld 2 Marktorientierte Geschäftsprozesse erfassen Lernfeld 5 Leistungserstellungsprozesse planen, steuern, kontrollieren Verlag Europa-Lehrmittel Nourney, Vollmer GmbH & Co. KG Düsselberger Straße 23 42781 Haan-Gruiten Europa-Nr.: 97798

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Jörg Bensch

Praktische Lernsituationen INDUSTRIE

Geschäfts- und Produktionsprozesse

Aufgabenteil

Lernfeld 2

Marktorientierte Geschäftsprozesse erfassen

Lernfeld 5

Leistungserstellungsprozesse planen, steuern, kontrollieren

Verlag Europa-Lehrmittel Nourney, Vollmer GmbH & Co. KG Düsselberger Straße 23 42781 Haan-Gruiten Europa-Nr.: 97798

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Verfasser: Jörg Bensch, StR, Berufskolleg Hilden 1. Auflage 2010 Druck 5 4 3 2 1 ISBN 978-3-8085-9779-8 Alle Rechte vorbehalten. Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der gesetzlich geregelten Fälle muss vom Verlag schriftlich genehmigt werden. © 2010 by Verlag Europa-Lehrmittel, Nourney, Vollmer GmbH & Co. KG, 42781 Haan-Gruiten http://www.europa-lehrmittel.de Satz: Jörg Bensch, 42699 Solingen Druck: Media-Print Informationstechnologie, 33100 Paderborn

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Lernsituationen Industrie Geschäftsprozesse

Vorwort

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Vorwort

Lernprozesse finden heute unter anderen Bedingungen statt. Insbesondere in der Didaktik der Be-triebswirtschaftslehre hat sich das Lernen an konkreten, praxisorientierten Situationen etab-liert. Die zukünftigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen eigenverantwortlich und funktions-übergreifend begründete Entscheidungen zum Wohl des Unternehmens treffen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die Lernenden mithilfe von konkreten Fallsituationen an die Anforderun-gen des beruflichen Alltags herangeführt werden. Das vorliegende Buch ist Lern- und Arbeitsheft zugleich. Anhand von konkreten Fällen werden berufliche Handlungssituationen simuliert und die Schüler/innen zur Handlung aufgefordert. Begründete Handlungen bedürfen jedoch fundierter Kenntnisse. Auch diese werden in diesem Buch erarbeitet. Erst aus dem Zusammenspiel von Fachkenntnissen und Handlungsabwägung er-gibt sich der entsprechende Lernerfolg. Die modular aufgebaute Konzeption dieser Buchreihe entspricht dem Lernfeldgedanken. So wird mit jedem Buch auch (mindestens) ein Lernfeld abgebildet. Alle Bücher dieser Reihe greifen sodann inhaltlich ineinander und komplettieren den Lernfortschritt. Daneben ist aber auch jedes Modul in sich geschlossen und kann daher unabhängig von den anderen genutzt werden. Auf die-se Weise erhält der Anwender beispielsweise die Möglichkeit, die Module als Ergänzung zum eingeführten Informationsbuch einzusetzen. In diesem Fall übernehmen die abgebildeten Fälle die gesamte Arbeit der Unterrichtsvorbereitung. Der Lehrer wird zum Moderator, der den Lernprozess überwacht, den Handlungsfortschritt moderiert und anleitet sowie letztlich bei der Lernsicherung behilflich ist. Anstelle zeitintensiver Unterrichtsvorbereitung kann der Lehrer sich somit mehr auf die Förderung der Handlungsqualifikation seiner Schüler/innen konzentrieren. Alle Module dieser Reihe beziehen sich auf ein einheitliches Modellunternehmen. Die Schü-ler/innen werden auf diese Weise zu Auszubildenden dieses Unternehmens. Damit folgt die didak-tische Konzeption dem bekannten Leitbild einer Übungsfirma. Jede Lerneinheit ist einheitlich aufgebaut. Die Schüler/innen werden mithilfe einer praktischen Si-tuation in eine Handlungssituation eingeführt. Im nächsten Schritt müssen sich die Lernenden das notwendige Fachwissen aneignen. Neben den umfangreichen Informationen, die in diesem Buch enthalten sind, spricht nichts gegen die Nutzung von Sekundärliteratur. Letztendlich sollen die Schüler/innen dann in der Lage sein, Entscheidungen zu treffen und die gestellten Handlungs-aufgaben zu lösen. Die Lerneinheiten werden mit Vertiefungsaufgaben abgeschlossen. Hier können die Schü-ler/innen ihr erworbenes Wissen unter Beweis stellen und ihr Können selbst kontrollieren. Autor und Verlag Frühjahr 2010

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Lernsituationen Industrie Geschäftsprozesse

Inhaltsverzeichnis

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Inhaltsverzeichnis

Lernfeld 2: Marktorientierte Geschäftsprozesse erfassen

Kapitel Thema Seite

1 Der Markt als Auslöser eines Geschäftsprozesses/Zielsysteme des Unternehmens 5

2 Aufbauorganisation als eine traditionelle Organisationsform des Betriebes 21

3 Ziele der Geschäftsprozessorientierung 27

4 Geschäftsprozesse 33

5 Geschäftsprozessmodellierung 39

6 Geschäftsprozessanalyse und -optimierung 43

7 Übungsaufgaben Geschäftsprozesse 49

Lernfeld 5: Leistungserstellungsprozesse planen, steuern, kontrollieren

Kapitel Thema Seite

1 Prozess der Produktentstehung 51

2 Produktionsbedingungen kennen lernen 67

3 Gewerbliche Schutzrechte 83

4 Beschäftigung und Kosten 101

5 Produktionsplanung 107

6 Produktionssteuerung 127

7 Ganzheitliche Rationalisierungsmaßnahmen 149

8 Einzelmaßnahmen zur Rationalisierung 159

9 Qualitätsmanagement 173

10 Übungsaufgaben Leistungsprozesse 183

Lernsicherung

11 Übungsaufgaben zur Komplettwiederholung 191

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Lernfeld 2: Marktorientierte Geschäftsprozesse erfassen

Kapitel 1: Der Markt als Auslöser eines Geschäftsprozesses/Zielsysteme des Unternehmens

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Sie machen eine Ausbildung zum Industriekauf-mann/zur Industriekauffrau bei der Heller Natur GmbH in Düsseldorf. Das Unternehmen produziert und handelt mit Damen-, Herren- und Kinderbeklei-dung. Das Verwaltungsgebäude und eine kleine Produktionshalle liegen im Düsseldorfer Stadtteil Bilk. Das Unternehmen betreibt in der Düsseldorfer Innenstadt ein unternehmenseigenes Verkaufsge-schäft (Factory Outlet Store). Da die Herstellung von Bekleidungsartikeln vor allem wegen der hohen Lohnkosten in Deutschland kaum möglich ist, be-

Verwaltungsgebäude Suitbertusstraße in Düsseldorf

Produktionshalle Suitbertusstraße in Düsseldorf

schränkt die Heller Natur GmbH die Herstellung in Düsseldorf auf ein eng begrenztes Produktprogramm. Ein Großteil der Produkte wird in Lizenz in Tschechien, Ungarn und den USA ge-fertigt und importiert. Das Angebots-programm wird um Handelswaren er-gänzt, die unter dem unternehmensei-genen Label von diversen Lieferanten bezogen werden.

Ihr Ausbildungsunternehmen firmiert in der Rechtsform der „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“. Dies bedeutet,

dass das Unternehmen eine eigene Rechtspersönlich-keit hat, es ist eine so genannte juristische Person.

Das Unternehmen wurde 1999 von Klaus Hess ge-gründet. Heute ist Herr Hess nur noch als Gesell-schafter tätig, da er die Leitung zwei Geschäftsführern übergeben hat. Wegen seines hohen Anteils am Stammkapital hält er jedoch weiterhin die „Fäden in der Hand“.

Verkaufsladen Shadowstraße in Düsseldorf

Heller Natur steht konsequent für hautfreundliche und umweltgerechte Bekleidung mit höchstem Tragekomfort. Die ökologischen Anforderungen reichen vom Faseranbau bis hin zum fertigen Textil. Es werden bevorzugt Naturfasern aus ökologischem Landbau verwendet. Die Textilien werden regelmäßig von unabhängigen Instituten auf textilrelevante Schadstoffe überprüft. Sämtliche Zukaufteile und Accessoires wie Schnallen, Verschlüsse und Nieten sind auf Haut-freundlichkeit getestet. Die angewandten Sozialstandards basieren auf den Kernarbeitsnormen der internatonalen Arbeitsorganisation (www.ilo.org).

Marktvorteil: hautfreundliche ökologische Bekleidung

Dies bedeutet zum Beispiel, dass mehr als 80 % der Produktion in Europa durchgeführt wird. Das Unterneh-men ist zertifiziert mit dem Qualitätszeichen des Interna-tionalen Verbandes der Naturtextilwirtschaft e.V. Wegen des hohen Qualitätsstandards gewährt die Heller Natur GmbH eine dreijährige Garantie auf alle Produkte.

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Lernfeld 2: Marktorientierte Geschäftsprozesse erfassen

Kapitel 1: Der Markt als Auslöser eines Geschäftsprozesses/Zielsysteme des Unternehmens

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1. Erstellen Sie eine Übersicht über mögliche Formalziele der Heller Natur GmbH. Zeigen Sie sodann Zielharmonien und Zielkonflikte auf.

2. Formalziele werden auch als strategische Ziele bezeichnet. Diese Ziele sollen die langfristige Entwicklungsrichtung des Unternehmens vorgeben. Die Planung dieser Ziele eröffnet Chan-cen und birgt Risiken, da sie über das Überleben und die zukünftige Entwicklung des Unter-nehmens entscheidet. Aus den strategischen Zielen werden dann taktische und operative Ziele abgeleitet, wobei die Konkretisierung der Ziele ständig zunimmt.

Fristigkeit der Zielplanung

Zielart

Strategische Ziele

Taktische Ziele

Operative Ziele

Planungs- horizont

langfristig (Gesamtbetrachtung des Unternehmens)

mittelfristig (Teilbe-trachtung inklusive Schnittstellen)

kurzfristig (Betrachtung eines Ar-beitsvorgangs)

Organisations- einheit

Geschäftsleitung (Top-Management)

Bereichs-, Abteilungsleitung (Middle-Management)

Gruppenleiter, Meister, Vorarbeiter etc. (Lower Management)

Zielvorgaben

existenziell, grund-sätzlich

Konkretisierung und Umsetzung der strate-gischen Ziele

Konkretisierung und Umsetzung der takti-schen Ziele

Konkretisierung

allgemein, tenden-ziell

mittel, relativ detailliert und ansatzweise ope-rationalisiert

genau, detailliert und operatio-nalisiert

Risikograd

hoch

mittel

niedrig

Erfolgs- potentiale

Chancen/Risiken

Vor-/Nachteile

Bestimmen Sie für die Heller Natur GmbH ein mögliches strategisches Ziel und leiten Sie dann aus diesem Oberziel taktische und operative Ziele ab. Beachten Sie dabei die einzel-nen in der Anlage beschriebenen Phasen eines Zielbildungsprozesses und dabei insbeson-dere die Operationalisierbarkeit der Unterziele.

3. Sie sollen zusammen mit einigen anderen Mitarbeitern/innen für die Heller Natur GmbH eine Corporate-Identity (CI) entwickeln. Vielleicht können Sie dabei auf ein in Ihrem Ausbildungs-unternehmen real existierendes Unternehmensleitbild zurückgreifen.

a) Bestimmen Sie dabei zunächst die notwendigen Schritte, die Sie bei der konkreten Be-stimmung der gewünschten CI-Elemente durchführen müssen.

b) Stellen Sie nun für die Heller Natur GmbH Inhalte für ein mögliches Unternehmensleitbild zusammen.

c) Was halten Sie persönlich von einer CI? Halten Sie die Schaffung einer Unternehmensphi-losophie für sinnvoll? Begründen Sie Ihre persönliche Meinung.

4. In der Anlage finden Sie vier Situationsaufgaben. Welche betrieblichen Probleme werden aus Ihrer Sicht in den vier Situationen geschildert?

5. In wie weit haben sich die Anforderungen des Absatzmarktes eines Unternehmens in den letzten Jahren geändert? Nennen Sie Marktbedingungen, die zu einem Umdenken bei den Unternehmen führen müssen.

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Lernfeld 2: Marktorientierte Geschäftsprozesse erfassen

Kapitel 1: Der Markt als Auslöser eines Geschäftsprozesses/Zielsysteme des Unternehmens

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Übersicht über die wichtigsten Daten der Heller Natur GmbH

Hauptgesellschafter Geschäftsführer

Dipl. Kfm. Klaus Hess Dr. Dieter Mertens Marianne Gerfurth Hochdahler Straße 210 Niederkasseler Str. 12 Werstener Dorfstr. 322 40724 Hilden 40547 Düsseldorf 40591 Düsseldorf Tel.: 02103 / 2117 Tel.: 0211 / 744785 Tel.: 0211 / 765547

Bankverbindung: Bankverbindung: Bankverbindung: Postbank Essen, BLZ 360 100 43, Deutsche Bank 24, BLZ 300 700 24, Trinkaus und Burkhardt, BLZ 300 308 80 Kto.-Nr. 607955298 Kto.-Nr. 4112695211 Kto.-Nr. 9877885106 Adresse/Anschrift Produktion und Verwaltung Adresse/Anschrift Verkaufsladen

Lieferadresse: Postanschrift: Heller Natur GmbH Heller Natur GmbH Heller Natur GmbH Auf’m Hennekamp 39 Postfach 12 10 Shadowstraße 135 40225 Düsseldorf 40001 Düsseldorf 40213 Düsseldorf Lage des Unternehmens

Die Produktionsstätte und die Verwaltungsgebäude der Heller Natur GmbH liegen im Stadtteil Bilk der Landeshauptstadt Düs-seldorf. Das Unternehmen liegt in einem Gebiet mit gemischter Bebauung (Wohn- und Gewerbegebiet). Zu erreichen ist das Unternehmen durch den Individualverkehr und durch den öffentlichen Personen- und Güterverkehr. Die Distanz zur Autobahn A44 beträgt rund 2 km. Von hier aus findet eine Anbindung an die A3 in die Richtungen Ruhrgebiet und Frankfurt statt. Güter können des Weiteren über den Güterbahnhof Düsseldorf-Bilk verfrachtet werden, der ebenfalls circa 2 km vom Betriebgelände entfernt liegt. Die Mitarbeiter können das Unternehmen mit Pkw und öffentlichen Verkehrsmitteln errei-chen. Auf dem Betriebgelände stehen nur begrenzt Parkplätze zur Verfügung. 300 Meter vom Betriebsgelände halten die Bahn-Linien 707 und 712, mit denen beispielsweise der Düsseldorfer Hauptbahnhof zu erreichen ist.

Das Unternehmen unterhält auf der Shadowstraße, einer Querstraße der bekannten „Modemeile“ Königsallee („Kö“) einen Ver-kaufsladen mit 600 qm Verkaufsfläche. Hier werden ausschließlich Produkte des Unternehmens verkauft. Kommunikationsverbindungen

Telefonzentrale: 0211 / 21 55 - 0 Internetadresse: heller-natur.de Telefax: 0211 / 21 55 - 22 E-Mail-Adresse: [email protected] Bankverbindungen

Deutsche Bank AG, BLZ 340 400 00, Kto.-Nr. 745 211 233 Commerzbank Düsseldorf, BLZ 300 400 00, Kto.-Nr. 2101104748 Postbank Essen, BLZ 360 100 43, Kto.-Nr. 604649431 Externe Klassifizierungen

Handelsregistereintr. Amtsgericht Düsseldorf , Neubrückstraße 3, 40213 Düsseldorf, Tel.: 0211 / 8306-0 HR B 26381, Gründung: 01. März 1999 Betriebsnummer: 785112541 Steuernummer: 322/185/3477 Zuständiges Finanzamt: Finanzamt Düsseldorf Süd, Nr. 5105, Kruppstraße 155, 40227 Düsseldorf Tel.: 211 / 779-9, Kto.-Nr. 25114114 bei Deutsche Bank Düsseldorf, BLZ 300 700 10 Krankenkassen

Deutsche Angestellten Krankenkasse (DAK) Allgem. Ortskrankenkasse (AOK) Innungskrankenkasse (IKK) Immermannstraße 51 Kasernenstraße 61 Ludwig-Erhard-Allee 7 40210 Düsseldorf, Tel.: 0211 / 1755-0 40213 Düsseldorf, Tel.: 0211 / 8225-0 40227 Düsseldorf

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Lernfeld 2: Marktorientierte Geschäftsprozesse erfassen

Kapitel 1: Der Markt als Auslöser eines Geschäftsprozesses/Zielsysteme des Unternehmens

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Geschäftsfelder/Geschäftsbereiche und Materialien

Geschäftsfelder (Produktsparten)

Geschäftsbereich Herrenbekleidung

Geschäftsbereich Damenbekleidung

Geschäftsbereich Kinderbekleidung

Herrenoberbekleidung

Damenoberbekleidung

Kinderoberbekleidung

Hemden

Blusen

Hemden

T-Shirts

T-Shirts

T-Shirts

Sweat-Shirts

Sweat-Shirts

Sweat-Shirts

Jeansjacken

Jeansjacken

Jeansjacken

Herrenhosen

Damenhosen/-röcke

Kinderhosen

Jeanshosen

Jeanshosen

Jeanshosen

Baumwollhosen

Baumwollhosen

Cargo-Hosen

Bundfaltenhosen

Röcke

Mädchenröcke

Herrenschuhe

Damenschuhe

Kinderschuhe

Schnürschuhe

Pumps

Schnürschuhe

Boots

Stiefel

Boots

Sportschuhe

Sportschuhe

Sportschuhe

Accessoires

Accessoires

Accessoires

Ledergürtel

Leder-/Stoffgürtel

Mützen/Kappen

Baseballkappen

Handtaschen

Armbänder/Ketten

Eigenfertigung

Fremdbezug

Werkstoffe und Zukaufteile Jeansherstellung

Rohstoffe

Hilfsstoffe

Betriebsstoffe

Vorprodukte

Rohdenim aus gefärbtem und natur-farbenem Ringgarn, Open-End-Denim, Ring-Ring-Denim, Ring-Open-End-Denim, Cordstoffe

Farbstoff Indigo, sonstige Farbstoffe, Nähgarne, nickelfreie Kupfernieten

Öle, Fette, Waschmittel, Bimssteine, En-zyme

Reißverschlüsse, Leder-Label

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Lernfeld 2: Marktorientierte Geschäftsprozesse erfassen

Kapitel 1: Der Markt als Auslöser eines Geschäftsprozesses/Zielsysteme des Unternehmens

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Situationsaufgaben zu Aufgabe 4

Situation 2

Franka Bergmann ist nun seit fast vier Monaten Aus-zubildende bei einem Küchengerätehersteller. Zur Zeit ist sie in der Einkaufsabteilung eingesetzt. Nach einer kurzen Einweisung durch ihren Ausbilder er- hielt sie sehr schnell die Gelegenheit, selbst Einkäufe durch-zuführen. Sie erhält von der Dispositionsabteilung eine Materi-alanforderungsmeldung und muss dann die benötigten Werk-stoffe beschaffen. Sie ist speziell für die Beschaffung von Plas-tikgranulat zuständig. Aus der Lieferantenkartei hat sie ent-nommen, dass ihr Unternehmen bisher von sechs verschiede-nen Lieferanten Angebote eingeholt hat. Dieses Vorgehen hat sie übernommen. Liegt ein Bedarf vor, schreibt sie sechs An-fragen an die Lieferanten und wartet deren Angebote ab. Lie-gen diese vor, vergleicht sie diese und wählt den günstigsten Anbieter aus. Dabei ist ihr aufgefallen, dass die Angebote fast immer von anderen Sachbearbeitern unterschrieben sind. Mit diesen Personen hat sie noch nie in persönlichem Kontakt ge-standen. Ein bisschen anonym findet sie das schon...

Situation 3

Sebastian Fischer ist zurzeit in der Verkaufsabteilung seines Ausbildungsbetriebes eingesetzt. Sein Unternehmen stellt hochpreisige Pumpen für den Maschinenbau her. Obwohl die Anforderungen der Kunden an die Pumpen sehr speziell sind, hat sich das Unternehmen auf dreißig standardisierte Modelle spezialisiert, um die Kosten zu reduzieren. In der Einkaufsabteilung hatte Klaus gelernt, dass mit steigen-der Anzahl der Varianten die Kosten "explodieren" würden. Man habe daher das Angebotsprogramm gestrafft. In der Verkaufsabteilung bemerkt Klaus nun, dass viele Ange-bote seines Unternehmens von den Kunden abgelehnt werden, da entweder die Verkaufspreise zu hoch oder die Leistungen der Pumpen nicht den Anforderungen der Kunden entspre-chen. Gerade in letzter Zeit verlor sein Unternehmen deshalb viele Aufträge an die Konkurrenz.

Situation 1

Der Auszubildende Klaus Schmitt kaufte sich vor gut einem Jahr eine Festplatte von einem namen-haften Hardwareproduzenten. Nachdem die Fest- platte circa sechs Monate nach dem Einbau nicht mehr funkti-onierte, wandte er sich an den Händler, bei dem er die Fest-platte gekauft hatte. Dieser ersetze ihm die Festplatte an-standslos, da der Mangel innerhalb der Gewährleistungsfrist aufgetreten war. Bedauerlicherweise konnte Klaus auch diese Festplatte nicht lange nutzen; sie ging nun bereits nach zwei Monaten kaputt. Wieder wandte er sich Hilfe suchend an den Händler. Dieser konnte sich das Problem nicht erklären und er-setzte die Platte erneut. Als auch diese Festplatte bereits nach vier Monaten "ihren Geist aufgab", reichte es Klaus. Er beschloss, sich nun direkt an den Hersteller zu wenden. In einem Brief beschrieb er aus-führlich seine Probleme mit den Festplatten des Unter-nehmens und bat um einen Rat, worauf die Probleme zurück-zuführen sein könnten. Das Schreiben sandte er an die im In-ternet auf der Homepage angegebene Service-Adresse. Nun hieß es warten. Nachdem er auch drei Monate später keine Antwort erhalten hatte, wandte er sich erneut schriftlich an den Hersteller. Auch dieses Schreiben blieb unbeantwortet. Ob-wohl sich Klaus in der Zwischenzeit schon längst die Festplatte eines anderen Herstellers gekauft hatte und diese einwandfrei ihren Dienst tat, ärgerte er sich doch über das Verhalten des Herstellers. Er beschaffte sich die Hotline-Nummer des Kun-denservice und versuchte es nun auf diesem Weg, obwohl es sich um eine kostspielige "0185"-Nummer handelte. Zu seinem Erstaunen wurde er von einer Computerstimme empfangen, die ihn langwierig durch ein verwirrendes Netz von Ansprech-partnern lotste. Nach mehr als 20 Minuten wurde Klaus dann endlich mit einem Service-Mitarbeiter verbunden. Dieser kann-te natürlich den Fall gar nicht, er versprach jedoch, sich der Sache anzunehmen. Mehr als zwei Wochen später erhielt Klaus dann ein Schreiben von dem Hersteller, indem dieser sich bei seinem Kunden für die entstandenen Probleme entschuldigte. Klaus wunderte sich beim Lesen schon sehr darüber, dass mit keinem Wort auf die von ihm geschilderten Probleme eingegangen wurde. Dann bemerkte er, dass es sich bei dem Schreiben um einen Brief handelte, der nur aus in persönlichen Textbausteinen bestand und der anscheinende jedem Kunden in gleicher Form zuge-sandt wird. Klaus entschied sich nun, die Sache auf sich beru-hen zu lassen. Mit den Produkten anderer Hersteller ist er schließlich sehr zufrieden. Letztendlich hatten seine Bemü-hungen schließlich keinen Erfolg, so dass er über das betref-fende Unternehmen enttäuscht sagen konnte "Ich Bin Müde!"

Situation 4

Martina Eggert hat einen Ausbildungsplatz bei einem Unter-nehmen der chemischen Industrie erhalten. Das Unternehmen beschäftigt in der Niederlassung mehr als 6.000 Mitarbeiter. Allein in der Abteilung "Rechnungswesen", in der sie zur Zeit eingesetzt ist, arbeiten mehr als 100 Personen. In ihrem Büro sitzt Martina zusammen mit fünf Sachbearbeite- rinnen und Sachbearbeitern. Zu deren Aufgabe ge-hört es, die Kosten der einzelnen Aufträge abzu-rechnen. Unterstellt sind die Kollegen Herrn Dellmer. Er ist Abteilungsleiter des Bereichs "Haushaltspro-

dukte". Häufig betritt er das Büro und erkundigt sich über den aktuellen Bearbeitungsstand einzelner Aufträge. Manchmal lässt sich auch die Hauptabteilungsleiterin, Frau Gundlach, in der Abteilung sehen. Sie redet jedoch nur selten mit den Mit-arbeitern. Martina sieht sie fast nur im Gespräch mit Herrn Dellmer. Martinas Kollegen nennen Frau Gundlach daher auch nur "die graue Eminenz". Vor ein paar Tagen hat es dann einmal Ärger gegeben. In einer Auftragsabrechnung waren Herrn Dellmer zahlreiche Fehler aufgefallen. Frau Meise, die für die Abrechnung zuständig war, wies jedoch alle Schuld von sich. Man habe ihr aus der Controllingabteilung falsche Daten übergeben, so dass sie nicht für die fehlerhafte Abrechnung verantwortlich sei. Herr Dellmer war außer sich, da er selbst befürchtete, Ärger mit Frau Gundlach zu bekommen. Er drohte an, den Schuldigen herauszufin-den. In der Controllingabteilung gab jedoch niemand die Schuld zu. Man verwies Herrn Dellmer an die Einkaufsabteilung. Von dort habe man falsche Angaben über die Materialkosten erhalten. Herr Dellmer war es satt: Er gab die Abrechnung zur Ablage weiter, oh-ne Frau Gundlach in Kenntnis zu setzen.

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Lernfeld 2: Marktorientierte Geschäftsprozesse erfassen

Kapitel 1: Der Markt als Auslöser eines Geschäftsprozesses/Zielsysteme des Unternehmens

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Lego krempelt seine Wertschöpfungskette radikal um

28.03.2008 - Entwickler erfinden vor sich hin, ohne an die Herstellungs-kosten zu denken. In Lager und Pro-duktion herrscht oft Chaos. Liefer-pannen sind keine Seltenheit. Lego war 2004 ein rückschrittliches Fami-lienunternehmen in den roten Zah-len. Die Rettung: Eine radikale Um-strukturierung der gesamten Wert-schöpfungskette.

Der Lego-Baustein wurde im Januar 2008 50 Jahre alt. Das Unternehmen Lego, 1932 als kleine dänische Tischlerei für Holz-spielzeug gegründet, ist heute der sechst-größte Spielwarenhersteller der Welt. Der Baustein aus Plastik ist das Hauptprodukt und hat die Marke Lego berühmt gemacht. 1999 wählten das U.S. Fortune Magazine und der Britische Verband des Spielzeug-fachhandels den Lego-Baustein zum „Spielzeug des Jahrhunderts“. Legosteine sind Kult. Sie erfreuen sich bei Jung und Alt großer Beliebtheit – auch im Zeitalter von Computerspielen, Spielkonsolen und elektronischen Spielzeugartikeln.

Der Lego Gruppe geht es heute gut. Doch zwischen 1998 und 2004 machte das Un-ternehmen große Verluste. Wie schaffte es das Unternehmen, mit seinem klassischen Produkt wieder Gewinne einzufahren und diese auch 2007 weiter zu steigern? Auf der Suche nach den Ursachen für die einbrechenden Verkaufszahlen und Ge-winnmargen stieß das Management auf

eine viel zu breite Produktpalette,

Konkurrenz durch Videospiele und Billigprodukte aus China,

schlechtes Innovationsmanagement und

eine schlecht organisierte Wertschöp-fungskette.

Ohne moderne Wertschöpfungskette kei-ne Zukunft

Da die Wertschöpfungskette auch die anderen Probleme zu beeinflussen schien, beschloss man die Verbesse-rung des Supply Chain Managements. In diesem Bereich hatte Lego längst den Anschluss an die Konkurrenz verloren. Das bestehende Supply Chain-System war seit mindestens zehn Jahren überholt. Fast 60 Jahre lang hatte das Unternehmen die-selbe Vertriebsstrategie verfolgt: Beliefe-rung vor allem kleiner Händler genau nach deren Wünschen. Doch seit 90er Jahren dominierten Handelsriesen wie Wal-Mart und Metro den Markt. Legos Wettbewer-ber optimierten Kosten und lieferten Ser-vice und Produkte für die Großkunden auf den Punkt.

Bevor das Unternehmen die große Verän-derung anging, löste Jørgen Vig Knudstorp 2004 Kjeld Kirk Kristiansen, den Enkel des Legogründers Ole Kirk Christiansen, nach 25 Jahren als Hauptgeschäftsführer ab. Die Familie sollte fortan außerhalb der Unternehmensführung bleiben.

Das Untenehmen wurde 1932 von Ole Kirk Christiansen in Dänemark gegründet. 1949 stieg Christiansen von Holzspielzeug auf farbige Kunststoffbausteine um. 1958 mel-dete er die Legosteine mit hohlen Röhren an der Unterseite zum Patent an. Mit die-sen wurde Lego zu einem internationalen Unternehmen, das 2007 mit 4.199 Mitarbei-tern 1,076 Milliarden Euro Umsatz erzielte. Der Firmensitz befindet sich im dänischen Billund.

Heute gibt es unterschiedliche Produkte für Kinder jedes Alters sowie das Manage-mentschulungsprogramm Lego serious play. Außerdem vergibt Lego Lizenzen für Computerspiele oder Kleidung. Die weltweit vier Legoland-Freizeitparks gehören seit 2005 zu der Merlin Entertainments Gruppe.

Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung

„Aus meiner Sicht ist die Supply Chain das Kreislaufsystem eines Unternehmens. Man muss sie re-novieren, um das Blut am Fließen zu halten.“

Das ist die Auffassung Knudstorps. Daher suchte er mit den anderen Mitgliedern der Geschäftsführung und einem Team aus Führungskräften nach den Problemen in der logistischen Kette. Das Ergebnis: Jedes einzelne Glied musste umgestaltet werden. Das Ziel war,

Ineffizienz zu beheben,

Innovationspotenziale dem Markt anzu-passen,

den Verkauf auf die neuen Großkunden, die Einzelhandelskonzerne, auszurich-ten.

Die riesige, ständig wachsende Produktpa-lette hatte die Supply Chain hoch komplex gemacht. Man wollte sich zukünftig auf das absatzstärkste Produkt beschränken, für das Lego bekannt ist: Die qualitativ hochwertigen und stets innovativen Lego-Bausysteme. Weitere Aufgaben waren Kostensenkung und besserer Service. Die-se erste Analyse zeigte: Es bedurfte Ver-änderungen in Produktentwicklung, Ein-kauf, Produktion und Vertrieb.

Wenn sich die Produktentwicklung falsch entwickelt

„Die Küche“, Legos Produktentwick-lungslabor, ist des Unternehmens ganzer Stolz. Es gab immer mehr Farben, immer ausgeklügeltere Produkte, immer zahlrei-chere Figuren. Doch die immer neuen Produkte sorgten für immer weniger Ge-winn. Denn die kreativen Entwickler achteten nicht auf die Produktionskosten, die ihre Erfindungen verursachten. Das kann sich auf dem globalisierten Spielwa-renmarkt kein Unternehmen leisten. Ein weiteres Problem: Wenn die logistische Kette nicht auf solch schnelle Angebots-wechsel ausgelegt ist, wächst der Platz-bedarf für Restbestände ins Unermessli-che. Bei Lego lieferten 30 Produkte 80 Prozent des Absatzes – und zwei Drittel der Lagerhaltung wurden für Posten be-nötigt, die nicht mehr hergestellt wurden.

Einkaufen als Hobby - nicht für Pro-duktentwickler

Lego hatte über 11.000 Zulieferer – fast doppelt so viele wie Boeing. Solch eine Zahl entsteht natürlich nicht schlagartig. Die Produktentwickler hatten für die vie-len neuen Produkte stets neue Materialien gekauft. Dabei hatte jeder seine Lieb-lingshändler, und da Lego keine Ein-kaufsvorschriften für Entwickler hatte, kamen immer neue Lieferanten hinzu. Doch das war nicht die einzige negative Folge: Brauchte jemand für sein neustes Produkt einen besonderen Rohstoff, so wurde dieser angeschafft, ungeachtet der Kosten und Liefermenge. So kam es vor, dass nur Bruchteile eines angeschafften Materials verarbeitet wurden und das Unternehmen auf dem Rest – manchmal im Wert von 10.000 Euro – sitzen blieb.

Chaotische Zustände in der Produktion

Die Abläufe in den Produktionswerk-stätten waren sehr schlecht organi-siert. Obwohl Lego in seiner Däni-schen Fertigungsanlage einen der größten Spritzgussbetriebe der Welt unterhielt, arbeiteten darin viele ei-genständige Teams, tätigten willkür-lich Bestellungen und änderten diese regelmäßig. In der Folge war es un-möglich, sich ein Bild zu verschaffen von Bedarf, Lagerkapazitäten und Vorratsbeständen. Dieses zerstückel-te System erschwert langfristiges Planen und führt zu chaotischen Ar-beitsabläufen. Oft mussten in letzter Minute teure Umstellungen vorge-nommen werden. Ein weiterer Nach-teil waren die Produktionsstandorte in „teuren“ Ländern wie Dänemark, der Schweiz und den USA.

http://www.business-wissen.de/logistik/supply-chain-management/fachartikel

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Lernfeld 2: Marktorientierte Geschäftsprozesse erfassen

Kapitel 1: Der Markt als Auslöser eines Geschäftsprozesses/Zielsysteme des Unternehmens

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Der Menschenveredler

Götz Werner, der Chef der Drogeriemarktkette dm, strebt eine besondere Unternehmenskultur an

DIE WELT: Wollen Sie vielleicht erst gar keine Begehr-lichkeiten bei Ihren Mitarbeitern wecken? Sie beteiligen Ihre Mitarbeiter kaum am Gewinn.

Werner: Von Leistungsbezogenen Zusatzgratifikationen halte ich nichts. Einzelgratifikationen schüren nur Neid und gegenseitige Belauerung. Solche Zahlungen un-terstellen auch, dass nicht jeder ohnehin schon so gut er kann arbeitet. Wir alle sind genetisch dazu aufgerufen, mit unseren Talenten zu wuchern. Teile des Gewinns ge-ben wir aber dennoch an die Mitarbeiter weiter.

DIE WELT: Sie betonen immer wieder, Sie hätten sich der „ästhetischen Unternehmensführung“ verschrieben, und Sie gelten als Antrophosoph (Der Autor: Antrophologie = Lehre von der Entstehung des Menschen). Kann man mit dem Ver-kauf von Zahnpasta, Rasiercreme und Windeln die Welt verändern?

Werner: Als Unternehmer wird man ja nicht nur über die Produkte wirksam, die man verkauft. Ich habe eine ge-

Der Manager

DM-Marktgründer Götz Werner gilt als Antroposoph des deutschen Einzelhandels. „Zutrauen veredelt den Men-schen“, diesen Spruch des Freiherr von Stein hat der Gründer und Chef von Deutschlands zweitgrößter Droge-riemarktkette zum Leitungsprinzip erhoben. Während Marktführer Schlecker immer wieder durch den Streit mit den eigenen Beschäftigten und auch den Gewerkschaften Schlagzeilen macht, genießen Werners Mitarbeiter be-sondere Freiheiten. Eigenverantwortung und Selbstorga-nisation werden in den europaweit über 1600 dm-Filialen besonders geschätzt. Fester Bestandteil der Lehrlings-ausbildung sind Theater-Workshops zur Entfaltung der Persönlichkeit. „Hier bin ich Mensch, hier kauf ich ein“, heißt der zentrale Werbeslogan des 61jährigen Vaters von sieben Kindern.

sellschaftliche Wirkung über die Art, wie ich mit Men-schen umgehe. Direkt oder indirekt. So wie ich meine Mitarbeiter behandele, behandeln sie auch unsere Kun-den. Wir bringen auch ein Stück unserer Kultur in die Beziehung zu unseren Lieferanten, zu Banken, zu Ver-mietern und so weiter.

DIE WELT: Was genau macht denn Ihren speziellen Stil aus? Stellen Sie Ihr Sortiment nach Moralkriterien zu-sammen?

Werner: Nein, wir sind keine Missionare. Wir richten un-ser Sortiment konsequent an den Bedürfnissen unserer Kunden aus. Aber es gibt auch einige Gestaltungsmög-lichkeiten. Eine Jugendserie mit dem Namen „Zoff“ zum Beispiel gefiel mir nicht. Diese haben wir deshalb auch nicht in unser Sortiment aufgenommen. In erster Linie unterscheiden wir uns von anderen Unternehmen aber durch die interne Organisation. Wir wollen unseren Mit-arbeitern keine Begrenzungen setzen, sondern ihnen Handlungsräume eröffnen. Bei uns können sie kreativ sein, sich auch mal Fehler erlauben.

Auszug aus dem Beitrag in DIE WELT, 12/2005

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Lernfeld 2: Marktorientierte Geschäftsprozesse erfassen

Kapitel 1: Der Markt als Auslöser eines Geschäftsprozesses/Zielsysteme des Unternehmens

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Definition

Ziele sind vom Entscheidungsträger angestrebte Zustände.

Sie stellen Orientierungsgrößen dar, an denen sich alle Entscheidungen ausrichten (Ko-ordinierungsfunktion) und deren Erfolg am Grad der Zielerreichung gemessen werden kann (Bewertungsfunktion).

Bei der Festlegung von Zielen ist zu beachten:

Zielinhalt: Ziele müssen so genau wie möglich und für den Adressaten verständlich definiert werden.

Zielausmaß: Ziele müssen einen messbaren Zielerreichungsgrad aufweisen.

Zielerreichungszeitraum: Für die Zielerreichung muss ein konkreter Zeitrahmen vor-gegeben werden.

Zielerreichbarkeit: Ziele müssen für den Adressaten erreichbar sein.

Zielkoordination: Ziele müssen in einem Zielsystem aufeinander abgestimmt sein.

Zielakzeptanz: Ziele müssen von den Adressaten akzeptiert werden, damit diese an der Zielerreichung interessiert und motiviert sind.

Zieloperationalisierbarkeit: Ziele müssen überprüfbar sein, damit man den Grad der Zielerreichung messen und ggf. Entscheidungsänderungen herbeiführen kann.

Prozess der Zielplanung

Der Zielplanungsprozess durchläuft folgende Schritte:

Zielsuche

Ermittlung sämtlicher denkbarer Ziele, dann Bestimmung sinnvoller Ziele.

Zieldefinition

Klare Definition der anzustrebenden Ziele nach den oben genannten Kriterien.

Zielanalyse

Ermittlung der Abhängigkeit zwischen den einzelnen Zielen.

Zielhierarchie

Erstellung eines Zielsystems mit Haupt- und Nebenzielen.

Zielplausibilität

Zuordnung der Zeile zu Unternehmensbereichen (Zieladressaten) und Über-prüfung, inwieweit die festgelegten Ziele von den Unternehmensbereichen er-reicht werden können (ggf. in kooperativer Abstimmung mit den Mitarbeitern).

Zielfestlegung

Obligatorische Vorgabe der Ziele und Zuweisung an die Zieladressaten.

Zielkontrolle

Nach fest definierten Zeitintervallen Überprüfung des Zielerreichungsgrades und Aufdeckung eines Korrekturbedarfs.

Zielanpassung

Korrektur von verbesserungsbedürftigen Zielen unter Beachtung der übrigen Ziele und der zuvor bestimmten Zielkriterien (ggf. kooperativ mit Zieladressaten).

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Lernfeld 2: Marktorientierte Geschäftsprozesse erfassen

Kapitel 1: Der Markt als Auslöser eines Geschäftsprozesses/Zielsysteme des Unternehmens

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Unternehmensziele

Das oberste Ziel eines jeden erwerbswirtschaftlichen*) Unternehmens ist die Gewinn-maximierung. Dieses Ziel basiert auf dem unternehmerischen Drang, Leistungen zu er-stellen und diese gegen Bezahlung an den Markt abzugeben. Um die Leistung jedoch zu erbringen und damit Erträge zu erzielen, müssen im Unternehmen Produktionsfaktoren eingesetzt werden, durch deren Einsatz Kosten entstehen**).

Dem Oberziel der Gewinnmaximierung sind somit zwei Unterziele untergeordnet, die Kostenminimierung und die Erlösmaximierung*

). Bei den bisher genannten Zielen handelt es sich um so genannte Formalziele, da sie allgemeine Zielsetzungen beschreiben. Die-se müssen auf die spezielle Unternehmenssituation herunter gebrochen werden. Durch die Konkretisierung der Formalziele entstehen sodann Sachziele.

Neben der Gewinnmaximierung existieren noch weitere ökonomische Formalziele. Hier-unter fallen z. B. Ziele wie Erhöhung des Marktanteils, Akquisition neuer Zielgruppen, Er-haltung der Zahlungsfähigkeit (Liquidität), Wirtschaftlichkeit (Verhältnis Ertrag zu Auf-wand), Produktivität (Verhältnis Ausbringungs- zu Einsatzmenge).

Neben den ökonomischen Zielen existieren für Unternehmen jedoch auch noch weitere Formalziele. Hierzu gehören die sozialen und ökologischen Formalziele.

In Unternehmen werden Menschen beschäftigt. Sie verbringen im Betrieb einen Großteil ihres Lebens. In erster Linie arbeiten Sie, um Einkünfte zur Existenzsicherung zu erzielen. Im Rahmen ihrer Tätigkeit sind sie in ein soziales System eingebunden, in dem sie sich in gewisser Weise anpassen müssen. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erbringen eine Leistung und verlangen dafür nicht nur eine angemessene Bezahlung (Löh-ne/Gehälter) sondern auch angenehme Arbeitsbedingungen (soziale Anerkennung, Ent-scheidungsspielräume etc.). Hieraus folgen typische soziale Formalziele wie die ge-rechte Entlohnung, Mitbestimmung der Mitarbeiter/innen, Sicherung/Erhaltung von Ar-beitsplätzen, Schaffung/Erhaltung eines positiven Betriebsklimas.

Über den gesamten Leistungsprozess (von der Beschaffung bis zum Absatz) können des Weiteren Auswirkungen auf die Umwelt entstehen. Um Werkstoffe einsetzen zu können müssen beispielsweise Rohstoffe an- und abgebaut sowie transportiert werden. Im Rah-men der Produktion können Abfälle entstehen (Reststoffe, Abwässer, Abgase etc.), die die Umwelt belasten. Ökologische Formalziele können sodann die Abfallvermeidung, die Umweltverträglichkeit des Produktes oder die Emissionsverringerung sein.

Weitere denkbare Formalziele eines Unternehmens können sein: Imageziele (Außenwir-kung des Unternehmens und der Produkte - Fremdbild), Identitätsziele (Leitbild für das handeln aller Mitarbeiter - Eigenbild) usw.

*)

Neben den erwerbswirtschaftlichen Unternehmen existieren auch gemeinwirtschaftliche Unternehmen. Diese haben nicht die Gewinnmaxi-mierung sondern die Kostendeckung zum Ziel (z. B. Stadtwerke in öffentlicher Trägerschaft).

**)

An dieser Stelle wird eine weitgehende inhaltliche Übereinstimmung der Begriffe Aufwendungen und Kosten bzw. Erträge und Leistungen unterstellt. Diese definitorische Unschärfe dient hier zur Vereinfachung des Themenzugangs.

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Lernfeld 2: Marktorientierte Geschäftsprozesse erfassen

Kapitel 1: Der Markt als Auslöser eines Geschäftsprozesses/Zielsysteme des Unternehmens

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Betriebsarten unterschieden nach Sachzielen

Betriebsarten

Sachleistungsbetriebe

Dienstleistungsbetriebe

Ziel: Erstellung von Sachgütern (feste, flüssige oder gasförmige Stoffe)

Ziel: Erbringung von nutzenbringenden Handlungen ohne körperlichen Wert

Industriebetriebe: Verarbeitungs- oder Veredlungsbe-

triebe in der

Urerzeugungsbetriebe: An- und Abbauindustrie (Land-, Forst-

und Fischereibetriebe mit industriel-len Fertigungsmethoden)

Grundstoff- und Produktionsgüter-erzeugung:

Herstellung von Erzeugnissen, die andere Unternehmen be- oder verar-beiten (z. B. Eisen).

Investitionsgüterindustrie: Herstellung von Betriebsmitteln, die in

anderen Unternehmen zur Herstel-lung benötigt werden.

Konsumgüterindustrie: Produktion von Ge- oder Verbrauchs-

gütern, die in privaten Haushalten be-nötigt werden.

Handwerksbetriebe: Be- und Verarbeitung, Reparatur mit

geringerem Personal- und Maschinen-einsatz

Handelsbetriebe: Absatz eines zusammengesetzten Sorti-

ments

Banken: Zahlungsverkehr, Einlagenverwaltung

und Kreditvergabe

Versicherungen: Risikoübernahme

Verkehrsbetriebe: Transport

Kommunikationsunternehmen: Beschaffung und Verbreitung von Infor-

mationen (Telekommunikation, Post, Rundfunk und Fernsehen)

Sonstige: Hotel- und Gaststätten, Bildungs-, Kul-

tur-, Touristik-, Reinigungs- und Pflege-betriebe, Beratungs- und Werbeunter-nehmen, Makler etc.

Zielharmonien und -konflike

Unternehmen erstellen Zielsysteme, die sich aus verschiedenen Ober- und Unterzielen zusammensetzen (Zielhierarchie). Die einzelnen Ziele können dabei jedoch nicht isoliert betrachtet werden sondern sie stehen in Beziehung zueinander. Grundsätzlich unter-scheidet man zwischen

Zielharmonien: Hierunter fallen Ziele, die miteinander vereinbart werden können. Die Erreichung des einen Zieles führt zu einer gleichzeitigen Annäherung an das andere Ziel.

Zielkonflikte: Hierzu zählen Ziele, die sich gegenseitig behindern oder gar ausschlie-ßen. Im Fall der konkurrierenden Ziele führt die Annäherung an das eine Ziel gleich-zeitig zur Verschlechterung der Zielerreichung des anderen Zieles. Liegen hingegen antinomische Ziele vor, so schließt die Annäherung an ein Ziel die Zielerreichung ei-nes anderen Zieles grundsätzlich aus.

Zielneutralität: In diesem Fall können zwei Ziele unabhängig voneinander erreicht werden. Die Erreichung des einen Ziels hat keinerlei Auswirkung auf das andere Ziel.

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Lernfeld 2: Marktorientierte Geschäftsprozesse erfassen

Kapitel 1: Der Markt als Auslöser eines Geschäftsprozesses/Zielsysteme des Unternehmens

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Zielumsetzung

In der Regel werden die grundlegenden Ziele eines Unternehmens von der Unterneh-mensleitung (Geschäftsinhaber bzw. Geschäftsführer) getroffen. Da die meisten Ziele je-doch von den Mitarbeitern erreicht werden sollen und diese somit von der Zielsetzung be-troffen sind, sollten sie im Rahmen des Zielbildungsprozesses ein Mitgestaltungsrecht ha-ben. Die Unternehmensleitung wird als Top-Management bezeichnet.

Der Begriff Management lässt sich somit einfach mit Unternehmensführung gleichset-zen, wobei sich die Führung des Unternehmens auf die Willensbildung und die Willens-durchsetzung bezieht.

Der Management-Prozess besteht aus folgenden Schritten:

Initiativphase: Der Führungsprozess beginnt damit, dass Ziele bestimmt werden. Pla-nung wird dabei als vorausschauendes gedankliches Handeln verstanden. Erst durch die Zielfindung und -setzung wird ein Prozess in Gang gesetzt. Die Ziele geben die Richtung der Entwicklung vor. Durch die Planung wird das spätere praktische Handeln spezifiziert.

Entscheidungsphase: Zwischen den einzelnen angestrebten Zielen bestehen Bezie-hungen. Durch die Entscheidung wird zwischen mehreren alternativen Möglichkeiten so ausgewählt, dass festgelegte Oberziele optimal erreicht werden können. Entschei-dungen können dabei nur von festgelegten Führungspersonen mit entsprechender Weisungskompetenz getroffen werden.

Durchsetzungsphase: Das Führungspersonal hat nun die Aufgabe, die Mitarbeiter anzuweisen, die getroffenen Entscheidungen durchzusetzen. Um eine reibungslose Durchsetzung zu gewährleisten, muss in einem Unternehmen eine eindeutige Organi-sation der Führungskräfte und Weisungsempfänger vorliegen (festgelegte Weisungs-wege).

Kontrollphase: Die anordnenden Personen müssen über eine Rückmeldung die Er-gebnisse der Anordnung kontrollieren, in dem sie Soll-/Vorgabewert mit Istwerten ver-gleichen. Auf dieser Basis können die Entscheidungsträger nun die weitere Entwick-lung bestimmen. Wurden die Ziele erreicht, so können neue Ziele gesteckt werden. Wird ein Ziel nicht bzw. nicht im angestrebten Umfang oder innerhalb des angestreb-ten Zeithorizonts erreicht, muss entweder das Ziel neu (ggf. realistischer) formuliert oder aber im Rahmen der Zielumsetzung müssen geeignete Maßnahmen eingeleitet werden.

Der Managementprozess ist dabei als Kreislauf zu betrachten, da im Anschluss an den Kontrollprozess Konsequenzen für die weitere Zieldefinition bzw. die Zielumsetzung ge-zogen werden müssen.

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Lernfeld 2: Marktorientierte Geschäftsprozesse erfassen

Kapitel 1: Der Markt als Auslöser eines Geschäftsprozesses/Zielsysteme des Unternehmens

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Unternehmenskultur

Unternehmen sind sozio-ökonomische Systeme. Dies bedeutet nichts anderes, als dass Menschen sich hinter allen unternehmerischen Aktionen verbergen. Die Mitarbeiter/innen des Unternehmens agieren und interagieren mit anderen Menschen im Unternehmen und außerhalb des Unternehmens. Durch das Zusammentreffen der direkt und indirekt betei-ligten Menschen entsteht eine mehr oder weniger statische Gemeinschaft. Und wie alle Gemeinschaften, so bildet sich auch in Unternehmen eine bestimmte Kultur heraus. Eine Kultur setzt sich dabei aus folgenden Elementen zusammen:

Wertvorstellungen/Grundwerte: Diese Zielvorgaben geben im Groben vor, welche Handlungen befürwortet, welche abgelehnt werden. Sie legen die grundsätzliche Ori-entierungsrichtung der Gemeinschaft fest und geben dabei einen Orientierungspunkt.

Europäische Kultur

Unternehmenskultur

Jeder Mensch lebt in individueller Freiheit. Die Freiheit des Einzelnen wird nur durch die Frei-heit des Anderen beschränkt.

Unsere Produkte sollen die Bedürfnisse der Kunden optimal befriedigen. Die Wünsche und Bedürfnisse unserer Kunden sind der Auslöser für unser Handeln.

Verhaltensregeln/Normen: Diese Vorgaben sorgen dafür, dass sich die Gesell-schaftsmitglieder so verhalten, dass die Wertvorstellungen bzw. Grundwerte eingehal-ten werden. Sie werden bestimmt durch Gesetzte, Ge- und Verbote, Richtlinien, Leit-sätze usw.

Europäische Kultur

Unternehmenskultur

Jeder Mensch hat die Verfügungsgewalt über sein Eigentum. Der unrechtmäßige Eigentums-erwerb wird unter Strafe gestellt.

Bei der Herstellung unserer Produkte werden Abfälle weitgehend verhindert und keinerlei E-missionen erzeugt.

Kennzeichen/Symbole: Sie sind der nach außen sichtbare Ausdruck der Wertvorstel-lungen und Normen. Diese unternehmenstypischen Erkennungszeichen werden durch Verhalten (behavior), Kommunikation (communication) und Erscheinungsbild (design) geäußert.

Europäische Kultur

Unternehmenskultur

Verhalten: Die Menschen gehen höflich mitein-ander um. Es existieren Höflichkeitsregeln. Kommunikation: Abhängig vom gewählten Kommunikationskanal werden unterschiedliche Verhaltensregeln gepflegt. Erscheinungsbild: Der deutsche Staat verwendet auf offiziellen Schreiben den Bundesadler.

Verhalten: Die Probleme des Kunden müssen unverzüglich gelöst und der Kunde zufrieden gestellt werden. Kommunikation: Unabhängig von der Art des Anliegens und der Art, wie der Kunde dieses vorbringt, reagieren wir sachlich und nicht emo-tional. Erscheinungsbild: Unser Firmenlogo wird auf allen visuellen Kommunikationskanälen verwen-det (Briefkopf, Produktverpackung etc.)

Durch die Gestaltung einer Unternehmenskultur soll - wenn auch durch grobe Vorgaben - aus dem „neutralen“ Unternehmen eine für alle Mitarbeiter „Persönlichkeit“ kreiert wer-den. Sie macht das abstrakte Verhalten des Gesamtsystems „Unternehmen“ für alle Be-teiligten transparent und nachvollziehbar. Dabei gehen in die Unternehmenskultur traditi-onelle Elemente (z. B. Führungsverhalten des Unternehmensgründers) genau so ein wie aktuelle Entwicklungen (z. B. Führungsstil des aktuellen Vorstandes).

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Lernfeld 2: Marktorientierte Geschäftsprozesse erfassen

Kapitel 1: Der Markt als Auslöser eines Geschäftsprozesses/Zielsysteme des Unternehmens

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Aktuelle Unternehmenssituation

Die Unternehmenskultur ist die tatsächlich praktizierte Unternehmensphilosophie. Da die-ser Ist-Zustand jedoch weiter entwickelt werden soll und muss, erstellen Unternehmen so genannte Unternehmensleitbilder. Diese stellen Visionen für einen anzustrebenden Soll-Zustand dar. Die derzeitige Unternehmenskultur wird somit um Zukunftsperspektiven er-gänzt.

Der Zwang zur Festlegung eines Leitbildes wird durch viele aktuelle Bedingungen ge-prägt, den sich moderne Unternehmen ausgesetzt sehen. Hierzu zählen

Hoher Wettbewerbsdruck: Die meisten Unternehmen stehen unter einem enormen Konkurrenzdruck. Auf der einen Seite produzieren sie Produkte für Käufermärkte (weitgehend homogene Produkte für gesättigte Märkte), auf der anderen Seite steigt die Zahl der Konkurrenten durch die Globalisierung (Zusammenwachsen der regiona-len Märkte dieser Welt).

Dynamische Märkte: Durch die modernen Kommunikationsmedien und deren welt-weite Vernetzung hat sich der Informationsaustausch ernorm beschleunigt. Unterneh-men müssen bei diesem „Rennen“ mithalten. Konkret führt dies zu immer kürzer wer-denden Produktzyklen (Dauer, in der ein Produkt unverändert im Markt angeboten wird). Dies wiederum hat zahlreiche Auswirkungen auf die betrieblichen Bedingungen (Kosten, Mitarbeiterqualifikation, Anforderungen an Produktionsanlagen). Nur Unter-nehmen, die in der Lage sind, sich flexibel an Marktveränderungen anzupassen, blei-ben im Wettbewerb bestehen.

Kritische Konsumenten: In vielen Märkten treffen Unternehmen mit ihrem Angebot auf immer sensiblere Kunden. Dabei bezieht sich die Sensibilität auf die ökonomi-schen, ökologischen und sozialen Bedingungen des anbietenden Unternehmens (Kunden haben eine Marktübersicht und kaufen beim günstigsten Anbieter, sie achten auf ökologisch produzierte Waren und lehnen sozial bedenkliche Herstellungsverfah-ren wie Kinderarbeit ab).

Emanzipierte Mitarbeiter: Die Qualifikation der Mitarbeiter nimmt in den meisten Un-ternehmensbereichen ständig zu. Gleichzeitig steigen jedoch auch deren soziale An-forderungen (eigenverantwortliches Handeln, Entscheidungsbefugnisse etc.). Nutzt man diese Potenziale nicht und gibt man den Mitarbeitern keine Leitziele, so können diese ihr Leistungsfähigkeit nicht optimal ausnutzen.

Die Entwicklung eines Leitbildes hat folgende Auswirkungen:

Analyse der Ist-Situation

Maßnahmenbestimmung

Orientierungshilfe

Durch die Entwicklung von kurz-, mittel- und langfristi-gen Zielen (Soll-Zustand) und dem Abgleich mit dem Ist-Zustand werden Schwachstellen in der ak-tuellen Unternehmensaus-richtung aufgedeckt. Erst durch diese Analyse kön-nen Probleme aufgedeckt und bearbeitet werden.

Aus den Zielvorgaben können konkrete Maß-nahmen abgeleitet wer-den. Da insbesondere die kurzfristigen Ziele operationalisiert (nach-prüfbar) formuliert wer-den, können die einge-setzten Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit hin un-tersucht werden.

Da alle unternehmerischen Handlungen auf das Unter-nehmensleitbild ausgerichtet sind, werden die Handlungen für Jeden (Mitarbeiter, Liefe-ranten, Kunden) transparent. Und da alle Beteiligten ihrer-seits ihre Handlungen am Leitbild ausrichten, entsteht ein „Wir“-Gefühl und es folgt eine Motivation aller Beteilig-ten.

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Lernfeld 2: Marktorientierte Geschäftsprozesse erfassen

Kapitel 1: Der Markt als Auslöser eines Geschäftsprozesses/Zielsysteme des Unternehmens

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Unternehmensleitbild

Das Unternehmensleitbild stellt eine Orientierung für alle intern und extern am Unterneh-men Beteiligten dar. Im Einzelnen hat es folgende Auswirkungen.

Das Unternehmensleitbild

klärt grundsätzliche Zielkonflikte, indem es verdeutlicht, welche grundsätzliche Ein-stellung die Unternehmensleitung einnimmt.

ist die Grundlage für die Formulierung aller Ziele des Unternehmens.

stellt eine Orientierung für das Handeln und Entscheiden aller Mitarbeiter/innen dar.

führt letztendlich zu einem einheitlichen Auftreten des Unternehmens in

Taten (corporate behavior)

Worten (corporate communication)

Erscheinung (corporate design) *)

und erhält dadurch eine unverwechselbare “Persönlichkeit” (corporate identity).

Ein umfassend und unternehmensindividuell kreiertes Unternehmensleitbild hilft Unter-nehmen, sich den Bedingungen des Käufermarktes anzupassen und den damit verbunde-nen Problemen Lösungen entgegenzubringen. Dies gelingt z. B. auf folgenden Wegen:

Wettbewerbsvorteile: Wenn es schon nicht gelingt, die eigenen Produkte gegenüber denen der Konkurrenz

zu individualisieren, dann kann dies zumindest durch die Nutzung der Corporate Identity geschehen. Gelingt es, den Kunden die eigene Unternehmenspersönlichkeit zu vermit-teln, kann dies auf allen Kommunikationskanälen genutzt werden (z. B. durch die Nut-zung einer einheitlichen Schriftart wie bei DaimlerChrysler im Rahmen des Corporate Design).

Öffentlichkeitswirkung: Durch die Corporate Identity intendiert das Unternehmen, dass die Öffentlichkeit ihm

Vertrauen entgegenbringt. Sie verbinden mit dem Unternehmen bestimmte positive Ei-genschaften, die sie auf alle Leistungen übertragen.

„Wir“-Gefühl der Mitarbeiter: Alle Mitarbeiter erhalten eine gemeinsame Vision. Ihnen werden die grundsätzlichen

Ziele des Unternehmens und ihr Beitrag an der Möglichkeit der Zielerreichung deutlich gemacht. Auf diese Weise erhalten die Mitarbeiter den Eindruck, „an einem Strang zu ziehen.“

Im Absatzbereich kann die Corporate Identity sinnvoll in das Public Relations (Öffentlich-keitsarbeit) eingebunden werden.

*) Das Corporate Design bezieht sich auf die Gestaltung der Firmenelemente, also Schriftart und grafische Gestaltung des Firmennamens, Symbole oder Logos sowie auf die verwendeten Farben.

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Lernfeld 2: Marktorientierte Geschäftsprozesse erfassen

Kapitel 1: Der Markt als Auslöser eines Geschäftsprozesses/Zielsysteme des Unternehmens

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Veränderungen der Marktbedingungen

Die Bedingungen auf den meisten Absatzmärkten haben sich nach dem zweiten Welt-krieg drastisch geändert:

50er-Jahre: Phase der Produktionsorientierung

Es lag die Situation des Verkäufermarktes vor. Dies bedeutet, dass die Nachfrage nach Gütern bedeutend größer war als das Angebot. Die fehlenden Produktionskapa-zitäten stellten den Engpass dar, die Konsumenten kauften, was man ihnen anbot. Die Unternehmen hatten nur ein Ziel: Ausweitung der Produktionskapazitäten. Die Bedin-gungen des Absatzmarktes wurden nicht beachtet.

60er-Jahre: Phase der Handelsorientierung

Nachdem die Produktionsmenge kontinuierlich gesteigert worden war, stellte nun der Handel den Engpass dar. Die hergestellten Güter mussten an den Kunden gelangen. Die Handelsketten, die über ein großes Distributionsnetz verfügten, erhielten Macht gegenüber den Güterproduzenten.

70er-Jahre: Phase der Kundenorientierung

Das immer weiter steigende Güterangebot führte langsam zu einer Marktsättigung. In einigen Märkten kam es sogar zu einem Überangebot. In diesem Käufermarkt, in dem das Angebot größer als die Nachfrage ist, wird die Erfassung und Befriedigung der Be-dürfnisse des Kunden immer wichtiger.

80er-Jahre: Phase der Wettbewerbsorientierung

Die Bedingungen des Käufermarktes verschärften sich immer weiter. Nur denjenigen Unternehmen, die die Bedürfnisse der Kunden optimal befriedigen konnten, gelang es, sich im Wettbewerb durchzusetzen. Die Abgrenzung der eigenen Leistung gegenüber den Konkurrenten rückte in das Zentrum der Absatzplanung.

90er-Jahre: Phase der Nischenorientierung

Mit dem ständig zunehmenden Wettbewerb wurde es für die Unternehmen immer wichtiger, Marktnischen zu erkennen und diese monopolartig zu besetzen. Je einzigar-tiger die Nischenposition, desto größer ist der erzielte Wettbewerbsvorteil. Für die Ab-grenzung zu den übrigen Konkurrenten dienten vor allem Umwelt- und Technologie-faktoren ("Biowelle", "Innovationsschübe").

Beginn des 21. Jahrhunderts: Phase der Preisorientierung

In den zurückliegenden Jahren ist vor allem bedingt durch die Verschlechterung wirt-schaftlicher Rahmendaten (Massenarbeitslosigkeit, Inflation durch Euro-Einführung, Aufhebung des Rabattgesetzes, Terrorangst etc.) ein enormer Preisdruck auf Herstel-ler und Handel ausgeübt worden. Wettbewerbsvorteile erzielten vor allem diejenigen Unternehmen, denen es gelang, vernünftige Qualität zu niedrigen Preisen anzubieten. Parallel dazu ist ein gegenläufiger Trend festzustellen: Anbieter von so genannten Premiummarken (hochpreisige Markenartikel) erzielen hohe Gewinn bei einkommens-starken Zielgruppen.

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Lernfeld 2: Marktorientierte Geschäftsprozesse erfassen

Kapitel 1: Der Markt als Auslöser eines Geschäftsprozesses/Zielsysteme des Unternehmens

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