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1 1 Dr. Stefan Sachtleben, Pirmasens Facharzt für Allgemeinmedizin Hausarzt Geriatrie, Suchttherapie, Jugendmedizin, Ernährungsmedizin DER GERIATRISCHE PATIENT DIE GERIATRISCHE PATIENTIN in der Hausarztpraxis TEIL 2 Lehrbereich Allgemeinmedizin Medizinische Fakultät Universität des Saarlandes www.uks.eu/amuh [email protected] Ver. 08 2 DIE HÄUFIGSTEN DIAGNOSEN HYPERTONIE 13% PROBLEME MIT DEM HERZ OHNE KHK 11,9% DIABETES MELLITUS 11,5% KHK mit vor allem CHRONISCHER HERZINSUFFIZIENZ 7,3% CHRONISCH-OBSTRUKTIVE-LUNGENERKRANKUNG 5,7% COPD = COLK = COLD = OAD BESCHWERDEN DES BEWEGUNGSAPPARATES 10,4% SCHMERZEN STÖRUNGEN DER GEHIRNFUNKTIONEN ?15-30% ( = DEMENZ) DURCHBLUTUNGSSTÖRUNGEN –peripher + zentral: Gehbehinderung, Demenz, Schlaganfall ALTERSSYNDROME : Inkontinenz, Depression, kognitive Störungen, Stürze, Schwindel, Immobilität 3 Probleme der hausärztlichen Betreuung geriatrischer Patienten Chronisch Krank Normales Altern – behandlungsbedürftige Krankheit? Multimorbidität + Multimedikation Demenz Angemessene Therapieziele + Kommunikation Alterssyndrome: Depression - Psychose, Schwindel, Immobilität + Stürze, Inkontinenz + Harnwegsinfekt, Atypische Symptomatiken - unklar schlechter Allgemeinzustand Schmerzen, Dekubitus, Kontrakturen Pflegebedürftigkeit, Heimversorgung, Sterben (Sterbehilfe) 4 Probleme der hausärztlichen Betreuung geriatrischer Patienten Demenz Angemessene Therapieziele + Kommunikation 5 Was ist Demenz? 6 Frau Johanna M., 77J. Demenz mit völliger Desorientierung Art. Hypertonus Herzinsuffizienz NYHA II Diabetes Mellitus, Tbl.-pflichtig, (HbA1c 6,2) Übergewicht (BMI 33) Frau Mayer wird von ihrem Ehemann, 72. J., versorgt Muss gefüttert, gekleidet, gewaschen werden Nässt + kotet ein - 5-7x am Tag sind Windeln +-Einlagen (+ evtl. Kleidung) zu wechseln Macht ständig die Wohnung durcheinander Ist mobil, läuft weg und findet sich nicht mehr zurecht, muss gesucht werden Ist glgtl. laut, schreit und greift ihren Mann tätlich an

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Dr. Stefan Sachtleben, PirmasensFacharzt für Allgemeinmedizin

HausarztGeriatrie, Suchttherapie, Jugendmedizin, Ernährungsmedizin

DER GERIATRISCHE PATIENT DIE GERIATRISCHE PATIENTIN

in der Hausarztpraxis

TEIL 2

Lehrbereich AllgemeinmedizinMedizinische FakultätUniversität des Saarlandes

www.uks.eu/[email protected]

Ver. 08

2

• DIE HÄUFIGSTEN DIAGNOSEN

• HYPERTONIE 13%

• PROBLEME MIT DEM HERZ OHNE KHK 11,9%

• DIABETES MELLITUS 11,5%

• KHK mit vor allem CHRONISCHER HERZINSUFFIZIENZ 7,3%

• CHRONISCH-OBSTRUKTIVE-LUNGENERKRANKUNG 5,7%

COPD = COLK = COLD = OAD

• BESCHWERDEN DES BEWEGUNGSAPPARATES 10,4%

• SCHMERZEN

• STÖRUNGEN DER GEHIRNFUNKTIONEN ?15-30%

( = DEMENZ)

• DURCHBLUTUNGSSTÖRUNGEN – peripher + zentral: Gehbehinderung, Demenz, Schlaganfall

• ALTERSSYNDROME: Inkontinenz, Depression, kognitive Störungen,

Stürze, Schwindel, Immobilität

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Probleme der hausärztlichen Betreuung geriatrischer Patienten

• Chronisch KrankNormales Altern – behandlungsbedürftige Krankheit?

• Multimorbidität + Multimedikation

• Demenz Angemessene Therapieziele + Kommunikation

• Alterssyndrome: Depression - Psychose, Schwindel, Immobilität + Stürze, Inkontinenz + Harnwegsinfekt,

• Atypische Symptomatiken - unklar schlechter Allgemeinzustand Schmerzen,

• Dekubitus, Kontrakturen

• Pflegebedürftigkeit, Heimversorgung,

• Sterben (Sterbehilfe) 4

Probleme der hausärztlichen Betreuung geriatrischer Patienten

DemenzAngemessene Therapieziele + Kommunikation

5

Was ist Demenz?

6

Frau Johanna M., 77J.

Demenz mit völliger Desorientierung

Art. Hypertonus

Herzinsuffizienz NYHA II

Diabetes Mellitus, Tbl.-pflichtig, (HbA1c 6,2)

Übergewicht (BMI 33)

Frau Mayer wird von ihrem Ehemann, 72. J., versorgtMuss gefüttert, gekleidet, gewaschen werdenNässt + kotet ein - 5-7x am Tag sind Windeln +-Einlagen (+ evtl. Kleidung) zu wechseln Macht ständig die Wohnung durcheinanderIst mobil, läuft weg und findet sich nicht mehr zurecht, muss gesucht werdenIst glgtl. laut, schreit und greift ihren Mann tätlich an

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Demenz 1

• 7,2% der Über-65-Jährigen sind dement = 935.000

• Die jährliche Inzidenz beträgt 1,9% = 230.000

• Alzheimer Demenz (70%): schleichend, ohne zerebrovasculäre Anamnese

• Vasculäre Demenz (ca. 20%): mit und ohne neurolog. Symptomatik, aber

entsprechenden Gefäßbefunden

• Andere Demenzformen (ca. 10%): Parkinson, Lewy-Body, SHT und andere

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Demenz 1• Orientierung: zeitl., örtl., zur Situation, zur Person

• Kognitive Defizite:

Gedächtnisbeeinträchtigung, Zusammenhangsverständnis,

Fähigkeit Komplexität von Problemen gerecht zu werden (z.B. Autofahren)

PLUS eine der folgenden Störungen:

- Aphasie: Sprach- und Sprechstörung

- Apraxie: motorische Beeinträchtigungen

- Agnosie: Gegenstände werden nicht erkannt

- Störung von Planen, Organisieren, Reihenfolgen = Exekutivfunktionen

(nach dem DSM IV =

Diagnostisches statistisches Manual)

Ordnung und Bewältigung des Alltags

(Klagen und Beurteilungen der Angehörigen)

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Demenz 1

• Stadien: gering - mittel - schwer

gering: kognitiv beeinträchtigt, aber kommt alleine

zurecht

mittel: braucht ab und zu Hilfe

schwer: braucht immer Hilfe

Das heißt, die Alltagsbewältigung spielt in der hausärztlichen Demenz-

Einschätzung eine große Rolle.

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Demenz 1Ausmaß und Bedeutung sind bei geringen und mittleren Demenzen schwer einzuschätzen – das ist

eines der hausärztlichen Probleme.

Screenings:

- Minimal mental status

- DemTect

- (TFDD mit Abgrenzung gegen Depression)

- Geriatr. Basis-Assessment

Ihre Ergebnisse schwanken!

Ihre Beurteilung braucht viel Erfahrung und klaren Bezug zur Klinik. Sie dürfen nicht isoliert betrachtet

werden.

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Demenz 2• An behandelbare Ursachen denken!!

Herzinsuffizienz, HWI, Schilddrüse, Exsikkose, Elektrolyte [Diuretika!], Diabetes m.,

Ernährungsstörung mit Vitaminmangel (B12), Alkohol (und anderer

Substanzkonsum), ZNS-TU‘n;

• An Seh- + Hörstörung denken!

• Medikamente!!!

Vor allem: alle Psychopharmaka, auch sog. Antidementiva, „Blasenmittel“ (gefürchtet:

Oxybutinin, Tamsulosin u. a.), NSAID‘e, Gyrasehemmer; im Prinzip aber jedes

Medikament, da alte Menschen regelmäßig niereninsuffizientsind – dran denken!

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Demenz 3

• Intensive Ergo, KG, Ansprache, alltagsbezogene Aktivierung bessert

• Optimale internistische Einstellung

• Pharmakotherapie ist umstritten

• Angehörige, Pflegedienste (Leitlinie der DEGAM)

• Hausbesuche

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Demenz 4

• Agitation, Unruhe, aktive psychotische Symptomatik, Aggressivität:

folgende Medikamente können verwendet werden:

- Risperidon

- Olanzapin

- Carbamazepin

- Tiaprid

- Citalopram

17www.degam.de 18

Es fehlt PDF LL DEGAM „pflegende Angehörige“(PDF ist so hoch geschützt, dass sie sich nicht kopieren, nicht umwandeln, nicht abbilden läßt

www.degam.de

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Therapieleitlinie derArzneimittelkommission der deut. Ärzteschaft

www.akdae.de

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• ARZNEIMITTELKURSBUCHA.V.I-Arzneimittel-Verlags-GMBH, Berlin;www.arznei-telegramm.de

• Leitlinien der DEGAM (Deut. Ges. für Allgemeinmedizin)www.degam.de

• „Nationale Versorgungsleitlinien“ des „Ärztlichen Zentrums für Qualitätin der Medizin“www.aezq.de + www.versorgungsleitlinien.de

• Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaftwww.akdae.de

Leitlinien, die in der Hausarztmedizin zur Zeit als führend gelten

Nebenbemerkung

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MERKE!DEMENZ erfordert:

Angemessene Therapieziele =

Konkordanz nicht Compliance =

Gespräch und Einfühlen =

Begleitung über Jahre als „medizinische Instanz“ und vertrauensvoller Partner (unbedingt auch der Angehörigen) 22

Probleme der hausärztlichen Betreuung geriatrischer Patienten

• Chronisch KrankNormales Altern – behandlungsbedürftige Krankheit?

• Multimorbidität + Multimedikation

• Demenz Angemessene Therapieziele + Kommunikation

• Alterssyndrome: Depression - Psychose, Schwindel, Immobilität + Stürze, Inkontinenz + Harnwegsinfekt,

• Atypische Symptomatiken - unklar schlechter Allgemeinzustand Schmerzen,

• Dekubitus, Kontrakturen

• Pflegebedürftigkeit, Heimversorgung,

• Sterben (Sterbehilfe)

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Probleme der hausärztlichen Betreuung geriatrischer Patienten

Alterssyndrome:

Depression - Psychose, Schwindel,

Immobilität + Stürze,

Inkontinenz + Harnwegsinfekt

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PSYCHIATRISCHE KRANKHEITEN

Frau Luise H., 81 J.

Angst + DepressionSchwere AgoraphobieMultiple somatoforme Störungenmilder Verfolgungswahn

OsteoporoseschmerzenPolyarthritis

Großer Bauchdeckenbruch, 2x operiertZ.n. nach Dünndarm-Perforation

bei MesenterialvenenthromboseOp-Komplikation Leberabszess

Harninkontinenz

Medikamentöse Therapie:Euphorbium comp. NSHepar stannum D6Pankreon f.Toxi-Loges TblCrataegus Tr.GallosanolSab SimplexGingium NKorodin Tr. Neurobion A.Qcculotect ATPepzitratBroncho novoKytta Salbe PCalcium Dura D3 BT

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SCHWINDEL• Sehr häufige Klage

• Differentialdiagnostik der möglichen Ursachen nicht vergessen (v a Medikamente)

• Häufig Ausdruck eines überfordert, überanstrengt Seins. Aber auch

psychiatrisch bedingt.

• Unbefriedigendes Problem für den Hausarzt – Rückversicherung des

Patienten über die Harmlosigkeit (wenn man sich davon mit entsprechender

Diagnostik überzeugt hat)

• Symptomatische Therapie: „Schwindelmittel“, Neuraltherapie,

Chirotherapie, Eigenübungen, etc.

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Probleme der hausärztlichen Betreuung geriatrischer Patienten

Alterssyndrome:

Depression - Psychose, Schwindel,

Immobilität + Stürze,

Inkontinenz + Harnwegsinfekt

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IMMOBILITÄT UND STÜRZE

Frau Anneliese H., 87 J.Mittelgradige Demenz

Polyarthritis, Dauerschmerzen

Art. Hypertonie

Herzinsuffizienz III

Chron. Venöse Stauung III, bds.

Medikamentöse Therapie:

M-Dolor 10 1 – 0 – 1Ibuprofen 800 1 – 0 - 1Captopril 12,5 ½ - 0 – ½Furosemid 40 1 – 0 – 1Promethazin 10 b. Bed.

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Es fehlt PDF LL DEGAM „ Stürze “

www.degam.de

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Probleme der hausärztlichen Betreuung geriatrischer Patienten

Alterssyndrome:

Depression - Psychose, Schwindel,

Immobilität + Stürze,

Harnwegsinfekt + Inkontinenz

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Rezidivierende Harnwegsinfekte

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Von 25 AB sind nur 2 wirksam, und die können nur parenteral gegeben werden32

Rezidivierende Harnwegsinfekte

• KEINE DAUERKATHETER SOLANGE IRGEND MÖGLICH!!

• Wenn irgend machbar (und Laborbudget-mäßig vertretbar) Antibiogramme anfertigen.

Wenigstens 1x/Jahr.

• Therapie nach Antibiogramm. Ansonsten Antibiotika der ersten Reihe verwenden: TMP, Cotrim,

Amoxicillin, Nitroxolin, Nitrofurantoin (Ciprofloxacin)

• AB-gabe bis Patient wirklich beschwerdefrei. Das kann auch mehrere Wochen dauern!

• Bei Schlaganfallpatienten an neurogene Blasenentleerungsstörung denken.

Hier hilft nur regelmäßiges Einmalkathetern. Regelmäßig heißt: täglich bis 2-täglich.

• Alle Harnwegsinfekte müssen einmal auf behandelbare Ursachen abgeklärt werden

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Es fehlt PDF LL DEGAM „Harnwegsinfekt“

www.degam.de 34

MERKE!

ALTERSSYNDROME

sind typische Versorgungsprobleme geriatrischer

Patienten, die auf komplexe Weise organisch,

funktionell, kognitiv, sozial, medizinisch verursacht sind

Und

sich kausalem Denken oft entziehen

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Probleme der hausärztlichen Betreuung geriatrischer Patienten

• Chronisch KrankNormales Altern – behandlungsbedürftige Krankheit?

• Multimorbidität + Multimedikation

• Demenz Angemessene Therapieziele + Kommunikation

• Alterssyndrome: Depression - Psychose, Schwindel, Immobilität + Stürze, Inkontinenz + Harnwegsinfekt,

• Atypische Symptomatiken - unklar schlechter Allgemeinzustand Schmerzen

• Dekubitus, Kontrakturen

• Pflegebedürftigkeit, Heimversorgung,

• Sterben (Sterbehilfe) 36

PROBLEMATISCHER HAUSBESUCH

Anruf um 14:00 Uhr : dringender Hausbesuchswunsch. 84 jährige Pflegepatientin sei seit am Morgen nicht mehr ansprechbar. Die Frau wird von ihrem Ehemann sehr gut versorgt.

Bekannte Diagnosen: DemenzDesorientiertheit zu Zeit, Ort, Person und SituationZ n Schlaganfall, geringe Hemiparese re

Marcumartherapieart. HypertonusDiabetes Mellitus. – Tablettenpflichtig, HbA1c 7,1M. Parkinsonrez. Harnwegsinfekte

Medikamente:Atenolol 100 comp. 1x1/2,

Glibenclamid 3,5 2x1, TMP 100 2x1 seit 4 Tagen, Levodopa C. 100/200 mg 4x1, Marcumar (Quick zuletzt 27,4)

Was ist zu tun?

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Untersuchen

• ?Bewußtheitszustand• ?RR ?BZ• ?Neurologie• ?Pulmo ?Cor ?Ödeme ?Exsikkose• ?Bauch

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Untersuchungsergebnisse

• Bewußtheitszustand: tief somnolent

• Neurologie: grob orientierent unauff.

• RR 140/75,

• BZ 91

• Pulmo: frei, keine Dyspnoe,

• Cor: 80 reg, bekanntes Systolikum über Ao

• Ödeme: keine

• Exsikkose: mäßig

• Bauch: kein auffälliger Befund

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Behandlung / Procedere

Abwendbar gefährlicher Verlauf

= Diagnose? – keine!

unklar schlechter AZ(klare Diskrepanz zwischen üblichen Befinden und akutem

Befinden)

= Krankenhauseinweisung

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unklar schlechter Allgemeinzustand

KENNZEICHENsind unspezifisch

• Nahrungsverweigerung, Gewichtsverlust

• Verschlechterung der Mobilität, Bettlägerigkeit

• Unruhe, Verschlechterung der geistigen Leistungsfähigkeit, zunehmende Desorientierung

• Verminderte Ansprechbarkeit, Desinteresse, Somnolenz

• Evtl. Fieber

Ursachen u.a.

• Harnwegsinfekte• Exsikkose• Arzneimittelnebenwirkungen• Schmerzen (Osteoporose

Frakturen nach unbemerktem Sturz, Arthritis)

• Verschlechterung Herzinsuffizienz

• Entgleister Diabetes• Pneumonien• Tumoren

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Auch bei Menschen, die sich nicht mehr äußern können, kann man Schmerzen feststellen

• erhöhter Blutdruck• Tachykardie

• ständige Anspannung der Gliedmaßen, angespanntes Gesicht

• Unruhezustände, Jammern, Rufen, laut sein, schaukeln

Atypische SymptomatikSCHMERZEN

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MERKE!

ATYPISCHE SYMPTOMATIKEN

sind auch für erfahrene Ärzte schwierig – es

hilft sich an die Liste zu halten. Im Zweifel

symptomatisch behandeln und kurzfristig

wiedervorstellen (!) oder einweisen.

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Probleme der hausärztlichen Betreuung geriatrischer Patienten

• Chronisch KrankNormales Altern – behandlungsbedürftige Krankheit?

• Multimorbidität + Multimedikation

• Demenz Angemessene Therapieziele + Kommunikation

• Alterssyndrome: Depression - Psychose, Schwindel, Immobilität + Stürze, Inkontinenz + Harnwegsinfekt,

• Atypische Symptomatiken - unklar schlechter AllgemeinzustandSchmerzen

• Dekubitus, Kontrakturen,

• Pflegebedürftigkeit, Heimversorgung,

• Sterben (Sterbehilfe) 44

DEKUBITUS

• 1° = superficial

• 2° = half thickness

• 3° = full thickness

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1° Dekubitus

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Es fehlt Foto Dekubitus

2° Dekubitus

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3° Dekubitus

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DEKUBITUS

• Pflegeproblem = Therapie durch Pflege, aber initial kann chirurg.

Therapie nötig sein (=Debridement, solange bis Wunde sauber!)

• Eiweißmangel, aber schwer behebbar

• Therapieresistente Dekubiti sind ein schlechtes Zeichen

• Beliebte Spielwiese für das Marketing der Verbandsmittelindustrie –

einfache Verbandstechniken genügen fast immer

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Kontrakturen

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Kontrakturen

• Manche entwickeln welche, manche nicht - ?Grund

• Nur intensive Beübung kann das Schlimmste lindern – d.h., mindestens tgl.,

evtl. mehrfach tgl. - im Alltag schwer machbar

• Medikamente helfen nicht!

• Meist ist der Verlauf nicht aufhaltbar.

• Lagerungsprobleme und Dekubiti an schwierigen Stellen sind die Folge

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MERKE!

DEKUBITUS + KONTRAKTUREN

sind Pflegeprobleme

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Probleme der hausärztlichen Betreuung geriatrischer Patienten

• Chronisch KrankNormales Altern – behandlungsbedürftige Krankheit?

• Multimorbidität + Multimedikation

• Demenz Angemessene Therapieziele + Kommunikation

• Alterssyndrome: Depression - Psychose, Schwindel, Immobilität + Stürze, Inkontinenz + Harnwegsinfekt,

• Atypische Symptomatiken - unklar schlechter Allgemeinzustand Schmerzen

• Dekubitus, Kontrakturen

• Pflegebedürftigkeit, Heimversorgung,

• Sterben (Sterbehilfe)54

HEIMUNTERBRINGUNG• Die Heimunterbringung hat sich enorm

verbessert. Dennoch:

• Fast 60 % der Menschen, die in ein einem Seniorenheim untergebracht werden, sterben im ersten Jahr.

• Praktisch alle erleiden ein so genanntes Durchgangsyndrom.

• Steter Verfall der Persönlichkeit, sowie der geistigen und körperlichen Leistungsfähigkeit mangels Ansprache und vor allem wegen des Verlustes der vertrauten Umgebung – bis auf wenige Ausnahmen. Der Mensch ist ein animal sociale!

Alternative:Dauer-Haushaltshelferinnen aus Osteuropa, v.a. aus Polen

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MERKE!

Heimeinweisung ist, wenn sie nicht freiwillig geschieht, der persönliche GAU.

Dies liegt NICHT an den Heimen, sondern daran, dass ihre Umgebung für alte Menschen die einzige Quelle von Struktur und Halt ist. Der Mensch ist ein „Sozial-Tier“ –dies trägt ihn viel mehr, als alles individuelle.

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Probleme der hausärztlichen Betreuung geriatrischer Patienten

• Chronisch KrankNormales Altern – behandlungsbedürftige Krankheit?

• Multimorbidität + Multimedikation

• Demenz Angemessene Therapieziele + Kommunikation

• Alterssyndrome: Depression - Psychose, Schwindel, Immobilität + Stürze, Inkontinenz + Harnwegsinfekt,

• Atypische Symptomatiken - unklar schlechter Allgemeinzustand Schmerzen

• Dekubitus, Kontrakturen

• Pflegebedürftigkeit, Heimversorgung,

• Sterben (Sterbehilfe)

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Sterbebegleitung ist schwerFrau Rosel N., 79 J.Exulcerierendes Mamma-Ca re, multiple

Metastasierung und Einwachsung in die re. Schulter

DauerschmerzsyndromAlgetische Persönlichkeitsstörung

Schwere AngsterkrankungTodespanikAgoraphobie

DepressionCholezystolithiasis

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Sterbebegleitung ist schwer

• Astrid Lindgren, „Ronja Räubertochter“ als einer der Räuber stirbt klagt laut weinend

der Räuberhauptmann Mattis:

„Er ist immer da gewesen! Und jetzt ist er nicht mehr da“

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Sterbebegleitung ist schwer

• Tod und Sterben entziehen sich unserem Verstehen

• Tod und unser eigenes Sterben müssen wir hinnehmen – egal was wir uns dazu

denken

• Wir sind aufgefordert die Gefühle, die Tod in uns auslöst, zuzulassen – Schmerz,

Wut, Trauer, Verzweifelung, Hilflosigkeit, Angst. Erst, wenn diese Gefühle in uns

lebendig werden, wir sie nicht mehr unterdrücken und trotzdem angemessen bleiben,

dann finden wir den richtigen Ton im Umgang mit dem Sterben unserer

Mitmenschen, insbesondere unserer Patienten und unserem eigenen Tod.

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STERBENDE

• daran denken! Es ist nicht immer offensichtlich! Früh alle Medikamente absetzen.

• sehr schwierige Abwägung- nicht zu viel, nicht zu wenig tun

• Verläufe oft dramatisch, weil Sterben schwer auszuhalten ist – für alle, auch für den Arzt, die Ärztin!

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Sterbewunsch Patiententestament

• Viele alte, demente Menschen äußert ihren Sterbewunsch durch Verweigerung von Nahrung und Flüssigkeit. Zwangsernährung ist auch hier Körperverletzung! Den Sterbewunsch sehen! Keine Allein-Entscheidungen – mit Angehörigen, Pflege, Kollegen diskutieren UND dokumentieren!!

Manchmal ist die Abgrenzung gegen unklar schlechten Allgemeinzustand schwierig.

• Patiententestament wird als Instrument zur aktiven Sterbehilfe missverstanden, auf der einen Seite; auf der anderen Seite wird es von Ärztinnen/Ärzten nicht ernst genug genommen!

• Mindesttherapie: Wasser, Pflege, Schmerzbefreiung (es gibt Leute, die selbst dies bestreiten)

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Der TOD wird verdrängt• Vorbereitende Gespräche mit

Angehörigen sind oft schwierig:- der Tod wird verdrängt- seine Tatsächlichkeit ist schwer mit

Worten zu fassen- eigene Unsicherheiten + Ängste: auch Ärzte und Ärztinnen haben Angst vor dem Tod und haben sich nur in den seltensten Fällen schon mal ernsthaft Gedanken über die persönlich- philosophische, ethische und menschliche Bedeutung des Todes gemacht- Trauer mitfühlen hilft – beiden! Patient und Arzt

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MERKE!

In der Sterbebegleitung tritt das technisch-pharmazeutisch Machbare ganz zurück und die menschliche Begleitung ganz in den Vordergrund.

Hier wird das Betreuende, Begleitende der Allgemeinmedizin besonders deutlich.

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In der stationären Medizinsteht die Krankheit und die

Möglichkeiten der Medizin im Vordergrund

In der allgemeinen Medizinsteht das Kranksein und die Möglichkeiten des Menschen im Vordergrund

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Besten Dank für Ihr Interesse und Ihre Geduld!

Weiterhin viel Erfolg!