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1 / 30 Prof. Dr. med. Joachim E. Fischer Mannheimer Institut für Public Health Medizinische Fakultät Mannheim Universität Heidelberg UNIVERSITÄT HEIDELBERG Herausforderungen im Kontext des demografischen Wandels

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Prof. Dr. med. Joachim E. Fischer Mannheimer Institut für Public Health

Medizinische Fakultät Mannheim

Universität Heidelberg UNIVERSITÄT HEIDELBERG

Herausforderungen im Kontext des demografischen Wandels

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•  Gesellschaftliche Rahmenbedingungen •  Stress und seine gesundheitlichen Folgen •  Messen von Softfaktoren •  Betriebsklima als Wettbewerbsfaktor •  Betriebliches Gesundheitsmanagement •  Lösungsansätze

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Allein die veränderte Altersstruktur (blau) führt zu einer Zunahme derMitarbeiter mit eingeschränkten Arbeitsfähigkeit (gelb) wegenchronischen Erkrankungen.

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Konsequenzen für die Volkswirtschaft - Das BIP muss mit im Durchschnitt 5-10 Jahre älteren

Mitarbeitenden erwirtschaftet werden.

- Der gesundheitliche Gradient wird zunehmen. - Die Solidarität zwischen Generationen wird unbezahlbar.

- Ohne bürgerschaftliches Engagement versagen Sozialsysteme. - Der Wettbewerb um die besten Köpfe wird

zur zentralen Aufgabe der Personalabteilungen. -  Ohne stärkeren Fokus auf Prävention dramatische Zunahme

pflegebedürftiger Mitbürger.

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1.8

2.3 2.6 2.6

1.0

1.5

2.0

3.0

4.0

Unteres Management

Angestellte Einfache Arbeiter

Nicht medizinisch Andere med. Gründe Bluthochdruck Rauchen Cholesterin

Manager

10-Jahres-Herzinfarktrisiko für 45-Jährige, britische Staatsangestellte, Whitehall-Studie

Gesundheitsgradient von Top-Management zu nachgeordneten Mitarbeitern R

elat

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Chronische Erkrankungen nehmen mit dem Alter zu. 80% der Krankheitslast insgesamt ist vermeidbar. - Rücken- und Muskelerkrankungen - Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes - Chronische Lungenerkrankung - Depression, Krebs

Schutzfaktoren für bis zu 15 Jahre gesunder Lebenszeit. - Nichtrauchen, körperliche Aktivität, mäßig Alkohol, Ernährung. - Arbeitsplatz mit Wertschätzung, Sicherheit, Teilhabe und gesunder

Herausforderung. - Stabile soziale Beziehungen.

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Zunahme der Unsicherheit und Instabilität - Klassische arbeitsmedizinische Risiken nehmen ab - Termin- und Produktivitätsdruck steigt - Bedeutung von Zusammenarbeit für Erfolg nimmt zu - Flexibilitätsanforderung steigt - Informationsmenge nimmt zu -  Psychische Belastung steigt -  Emotionale Anforderungen steigen -  Bereitschaft zur Solidarität nimmt ab.

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Veränderungen der AU-Tage in % zwischen 2000 und 2007.

DAK Gesundheitsreport 2008, S. 59

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Neurobiologische Grundgesetze

- Die ständige Regulation des Organismus Aufgrund unbewusster Beurteilung der Situation wurde evolutionsbiologisch zum entscheidenden Überlebensvorteil.

Tracey, Nature (2002), 420:853-59

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Der Preis der Produktivität - Jeder Dritte Deutsche ist häufig oder ständig gestresst.

- Chronischer Stress ist wesentlicher Mitverursacher vonRückenschmerzen, Herzinfarkt, Diabetes, Migräne,Erkältungskrankheiten, Unfällen, Depression, Angstattacken,Mangel an Kreativität und Fehlentscheidungen.

- Stress wird in der Zukunft zunehmen.

- Stress wird innerhalb eines Jahrzehnts zum wichtigstengesundheitlichen Risikofaktor für Unternehmen.

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Im Arbeitskontext Missverhältnis zwischen - wahrgenommener Leistungsmöglichkeit und wahrgenommener

Herausforderung (Schoch)

- Wertschätzung oder Anerkennung und erforderlichem Einsatz (Siegrist, Düsseldorf)

- Anforderungen und Handlungsspielraum (Karasek, Theorell) - körperlicher Beanspruchung und Leistungsvermögen

- körperliche / psychische Leistungsanforderung und Erholung

Messung indirekt (Fragebogen) oder direkt (Physiologie) - Veränderungen in stressregulatorischen oder stressregulierten

biologischen Systemen, z. B. Herzfrequenzvariabilität

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Fallkontrollstudie in 52 Ländern: 15152 Patienten mit Herzinfarkt, 14820 Kontrollen

Täglich Früchte / Gemüse Regelmässiger Alkohol

Regelmässige Bewegung Chronischer Stress

Diabetes

ApoB / Apo A1 Übergewicht (abdominell)

Hypertonie Rauchen

- 14 %

- 7 % - 12 %

33 % 10 %

49 % 20 %

18 % 36 %

0 +10 +20 +30 +40 +50

Anteilige Risikoveränderung in der Bevölkerung

Interheart Studie, Lancet 2004, 364:937-52

-10

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Herzfrequenzvariabilität als Index für autonome Balance

Mangel an Wertschätzung

Sorgen Antizipation

Sport Gutes Betriebsklima

< 35 Jahre

36 - 50 Jahre

> 50 Jahre

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Identifikation

Partn

ersc

haftl

iche

Führ

ung Top 25%

Low 25%

Rendite

adaptiert nach Folie 21, F. Netta, Bertelsmann, 2007 http://www.hsi-heidelberg.com/tagungen/507/vortrag/VF02.pdf

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Engagement erklärt 30% der Unterschiede im Erfolg. - Erfolgreiche Unternehmen haben doppelt so häufig

„Aktiv-Engagierte“ Mitarbeiter und dreimal weniger oft „Akut-Unzufriedene“ und „Desinteressierte“ als die Konkurrenz.

Engagierte Mitarbeiter sind gesünder. - Wer Engagement fördert wird Gesundheit ernten.

Engagement Ertrag

Gesundheit

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Belastungen

Ressourcen Individuum

Gesundheit

Individuelle Erschöpfungsreaktion

Ressourcen Team

Ressourcen Unternehmen

Ressourcen Führung

Organisatorische Erschöpfungsreaktion

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Level 1: Klassische Arbeitsmedizin und Arbeitsschutz. - Fokus gesetzlich vorgeschriebenen Untersuchungen,

Unfallverhütung, individuellen Präventionsangebote Level 2: Systematische krankheitsbezogene Prävention. - Beispiel: Muskeltraining mit Kraftwerk-Center am Band Level 3: Individuelle ganzheitliche Betreuung. - Berücksichtigung von Softfaktoren, Work-Life-Balance, Coaching von

Mitarbeitern, individuelle Gesundheitsförderung Level 4: Umfassende strategische Ausrichtung. - Unternehmenskultur und Werte, gesundheitsorientierte Führung zur

Steigerung der Leistungsbereitschaft, Weiterbildung zur Verbesserung von Leistungskompetenz sowie Sozialmarketing für veränderte Gesundheitshaltungen

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Qualitative Ansätze - Gesundheitszirkel - Arbeitsplatzbegehung und objektive Arbeitsplatzanalyse

Strategische Kombination bisheriger Ansätze - Mitarbeiterbefragung - Vorsorgeuntersuchung - Stresserfassung - persönlicher Gesundheitsbericht - Gesundheitsradar für Institution oder Abteilungen - Work-Health-Check und Work-Health-Profiler

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Index = 5.3 Index = 7.1

Index = 6.5

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Evidenz zum Return on Investment - Mangel an gut durchgeführten Studien - Schätzungen aus systematischen Reviews - ROI für Krankheitskosten 1:2,3 bis 1:5,9 (Chapman, 2005) - Gesamt ROI bis 1:26 (Fritz, Fehlzeitenreport, 2008) Beispiel für mutmaßlich Nutzloses oder fehlendem ROI - Alleinige Information in Unterrichtsform, ärztliche Ermahnung - Rückenschulen, individuelles Stressmanagement Beispiele für Investitionen mit hoher Rendite - Aufsuchende arbeitsplatznahe Programme zum Training - Mehrkomponentenprogramme - Wandel zu partizipativem, gesundheitsorientiertem Führungsstil

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-  Wertschätzung -  Handlungsspielraum -  Teilhabe und Verantwortung -  Sinnhaftigkeit -  Entwicklungsmöglichkeit -  Soziales Netz -  Sicherheit -  Partnerschaft -  Schlaf -  Bewegung -  Ernährung / massvoll Alkohol / Rauchverzicht

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Gesundheitsorientierte Führung -  stärkt Vertrauen und informelle Kommunikation -  mindert biologische Stressreaktion -  mindert Risiko Erschöpfung - Burnout bei

Leistungsträgern -  fördert Engagement -  stärkt Ressourcen des Teams -  steigert die Wettbewerbsfähigkeit

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Leitung - Konsens über langfristige strategische Priorität - Investitionsbereitschaft Mitarbeiter - Mitverantwortung und Abschied von Besitzstandswahrung. Personalabteilung und Finanzvorstand - Konsens über monetäre Bewertungsmodelle - Fokus auf Themen Engagement und Stress - Kennziffernbasierte Zielvereinbarungen Betriebsmedizin - Erweitern von klassischer Arbeitsmedizin und Arbeitsschutz zur ganzheitlichen Gesundheitsförderung

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Acht Gründe, warum BGM Projekte versanden. - Fehlende Dringlichkeit und Investitionsbereitschaft - Mangel an mächtigen Koalitionspartner in der Organisation - Fehlen einer überzeugenden strategischen Vision - Mangelnde Kommunikation - Unzureichendes Ausräumen vorhersehbarer Hindernisse - Ungenügendes Einbinden von Multiplikatoren - Mangel an kurzfristigen, sichtbaren Erfolgen - Keine Verankerung in der Unternehmenskultur

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Kultur

Mit dem richtigen Geist, Verstand, Gefühl und Körper

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Dank an mehrere Tausend Teilnehmer, unsere Doktoranden, Mitarbeiter und

Ad Appels Psychologie, Universität Maastricht Eric Brunner Whitehall II, London Jos Bosch Altern des Immunsystems, Birmingham Firdaus Dhabhar Immunologie, Stanford University Johannes Fischer Progenitorzellen, Universitätsklinikum Düsseldorf Roland von Känel Psychosomatik, Inselspital Bern Ichiro Kawachi Sozialepidemiologie, Harvard School of Public Health Clemens Kirschbaum Cortisolregulation, Universtität Dresden Brigitte Kudielka Experimentelle Stressforschung, Universität Bremen Julian Thayer Herzfrequenzvariabilität, Ohio State University Johannes Siegrist Soziologie und Public Health, Universität Düsseldorf SVS Subramanian Statistik, Harvard School of Public Health

W. Schmid, D. Mauss, R. Schulze, U. Meckenstock – EADS; H. Schuster - Eurocopter W. März, C. Hilgarth – Synlab