Professionstheoretische Spannungsfelder von Forschung ... · Bachelor Master Ed....
Transcript of Professionstheoretische Spannungsfelder von Forschung ... · Bachelor Master Ed....
Bielefelder Lehrerbildung:praxisorientiert – forschungsbasiert – inklusionssensibel
BiProfessional wird im Rahmen der gemeinsamen QualitätsoffensiveLehrerbildung von Bund und Ländern aus Mitteln des Bundesministeriumsfür Bildung und Forschung gefördert (Förderkennzeichen 01JA1608).
Professionstheoretische
Spannungsfelder von Forschung, Praxis
und Professionalisierung in
Praxisstudien – exemplarische Fragen
und Antworten aus QLB-ProjektenProf. Dr. Martin Heinrich & Dr. Lilian Streblow
(Projektleitung QLB-Projekt „BiProfessional“ | Universität Bielefeld)
Workshop auf dem BMBF-Programmworkshop:
„Praxisorientierung in der Lehrerbildung – Innovationen und Befunde der
Qualitätsoffensive Lehrerbildung“
13. April 2018 an der Freien Universität Berlin
Bielefelder Lehrerbildung:praxisorientiert – forschungsbasiert – inklusionssensibel
Gliederung:
1. Allgemeine Einführung Praxissemester am Beispiel der landesweiten Evaluation zum Praxissemester NRW, der Bielefelder Panel-Studie und exemplarischen Bezugnahmen auf andere QLB-Standorte (Lilian Streblow)
2. Forschungsmethodisch inspirierte, aber hochschuldidaktisch gewendete Praxisreflexion am Beispiel der sequenzanalytischen Arbeit mit Dichten Beschreibungen (Martin Heinrich)
3. Videografie in der Lehrer_innenbildung zur Entwicklung hermeneutischer Kompetenz (Roswitha Ertl-Schmuck)
Bielefelder Lehrerbildung:praxisorientiert – forschungsbasiert – inklusionssensibel
Teil I:
Allgemeine Einführung Praxissemester am Beispiel der landesweiten
Evaluation zum Praxissemester NRW, der Bielefelder Panel-Studie und
exemplarischen Bezugnahmen auf andere QLB-Standorte
(Lilian Streblow)
Bielefelder Lehrerbildung:praxisorientiert – forschungsbasiert – inklusionssensibel
Rahmenkonzeption zur strukturellen und inhaltlichen Ausgestaltung des Praxissemesters (PS) in NRW
PS als integraler Bestandteil eines Professionalisierungsprozesses: wissenschaftliches Theorie- und Reflexionswissen soll in forschender Grundhaltungmit berufspraktischer Tätigkeit verknüpft werden
Schulpraktischer und Schulforschungsteil:Unterricht unter Begleitung (Unterrichtsvorhaben) und Studienprojekte
- der Schulpraktischer Teil wird durch ein Bilanz- und Perspektivgespräch abgeschlossen
- Studienprojekte als Grundlage der Prüfungen
Durchführung in Verantwortung der Universität und in Kooperation mit den Schulen und den Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung (ZfsL)
PS = Studienelement, kein vorgezogenes Referendariat
Institutionalisierung der Kooperation: Kooperationsverträge, Einrichtung von Steuer- und Arbeitsgruppen
Bielefelder Lehrerbildung:praxisorientiert – forschungsbasiert – inklusionssensibel
Auftrag war, „ein evidenzbasiertes Instrumentarium zu entwickeln, durch das die grundlegenden Rahmenbedingungen des Praxissemesters auf Landesebene evaluiert werden sollten“ (aus dem Abschlussbericht der AG landesweite Evaluation Praxissemester, S. 3)
Die AG landesweite Evaluation Praxissemester
Konstituierende Sitzung:
10. Juni 2015
Unterzeichnung der Zusatzvereinbarung zur Rahmenkonzeption:
21. Oktober 2016
Bielefelder Lehrerbildung:praxisorientiert – forschungsbasiert – inklusionssensibel
Vertreter*innen der landesweiten Gruppe Evaluation
Praxissemester (Leitung/Redaktionsgruppe)
VertreterInnen aus Hochschulen:
Prof.’ von Ackeren, Prof.’ Bellenberg, Dr. Görtz, Dr.' Fischer, Frau Fuß,
Dr. Görtz, Prof. Herzig, Prof. Hußmann, Frau Lotz, Dr. Jungwirth,
Dr.` Ratzka, Prof. Schaper, Dr.’ Streblow, Frau Strunk, Herr Hußmann,
Dr. Barsch
Vertreter aus dem Ministerium für Schule und Weiterbildung:
Herr Wehrhöfer, Herr Filmer
VertreterInnen der ZfsL:
Herr Heemeyer, Frau Lafloer-Schwarz, Frau von Waldthausen,
VertreterInnen aus Schulen:
Herr Menze, Herr Neuhaus, Frau Pelikan, Herr Puschmann, Herr
Salehian
Vertreterin aus der Bezirksregierung:
Dr.’ Rolshoven,
Vertreterin aus dem Landesprüfungsamt:
Frau Strack
Bielefelder Lehrerbildung:praxisorientiert – forschungsbasiert – inklusionssensibel
I--------I--------I--------I--------I--------I--------I--------I--------I--------I--------I
Standortbezogene Daten (Universität Bielefeld): „Für wie wichtig halten Sie persönlich die folgenden Elemente des Praxissemester für den Professionalisierungsprozess der angehenden Lehrkräfte?“
Die StudienprojekteI--------I--------I--------I--------I--------I--------I--------I--------I--------I--------I
Gar nicht wichtig
(min=0)
N = 22M = 7,86SD = 2,15
Lehrer/innen
Lehrende der Universität
N = 110M = 4,66SD = 2,41
Sehr wichtig (max=10)
Gar nicht wichtig (min=0)
I--------I--------I--------I--------I--------I--------I--------I--------I--------I--------I
FachleiterInnen der ZfsL
Gar nicht wichtig (min=0)
Sehr wichtig (max=10)
N = 24M = 3,88SD = 1,90
Sehr wichtig
(max=10)
Bielefelder Lehrerbildung:praxisorientiert – forschungsbasiert – inklusionssensibel
Die Studierendenbefragung Prof. Dr. Kerstin Göbel, Anna Ebert & Karl-Heinz Stammen (Universität Duisburg-Essen)
Eingesetzt wurde ein standardisierter Evaluationsfragebogen mit offenen und geschlossenen Antwortformaten
Die Befragung fand im Frühjahr 2016 an allen lehrerbildenden Hochschulen in NRW statt, zum Teil in Form von Paper-Pencil-Befragungen, zum Teil als Online-Befragungen
Rücklaufquote: 46,1%
N = 94066% Studentinnen42% GymGe, jeweils ca. 20% G oder HRGejeweils ca. 7-8% Berufskolleg oder Sonderpädagogische Förderung
Bielefelder Lehrerbildung:praxisorientiert – forschungsbasiert – inklusionssensibel
Die wichtigsten Befunde der AG landesweite Evaluation Praxissemester
Das Praxissemester wird insgesamt von den Studierenden als eine positive Erfahrung im Rahmen ihrer Ausbildung wahrgenommen.
Die positive Gesamtbeurteilung ist insbesondere auf die sehr positive Wahrnehmung der Betreuung in der Schule und auch auf die positive Beschreibung der Begleitung im ZfsL zurückzuführen.
Die Unterstützung durch die Hochschule wird von etwa einem Drittel der befragten Studierenden eher kritisch eingeschätzt.- Hauptgrund: mangelnde Praxisrelevanz der Hochschulveranstaltungen- bei den Vorbereitungsveranstaltungen von Hochschule und ZfsLkritisieren die Studierenden Redundanzen und mangelnde Abstimmung von Inhalten
Die inhaltlichen Anforderungen der Unterrichtsvorhaben werden für überwiegend angemessen gehalten, die Anforderungen und das große Gewicht der Studienprojekt wird hingegen als kritisch eingeschätzt.
Bielefelder Lehrerbildung:praxisorientiert – forschungsbasiert – inklusionssensibel
Forschendes Lernen als …
… theoriegeleitete und selbstreflexive Auseinandersetzung mit dem Handlungsfeld Schule
(eigene oder fremde Praxis, unterrichtlich oder außerunterrichtlich) unter einer klar formulierten Fragestellung und mittels eines auf Forschungsmethoden gestützten (Studienprojekte)
und/oder kriteriengeleiteten Vorgehens (Unterrichtsvorhaben).
Die Respektierung der in die Untersuchungen involvierten Lehrkräfte und Schüler/-innen muss dabei immer gewahrt werden.
Definition in Anlehnung an BOELHAUVE 2004
Standortspezifika – Konzeption Universität BielefeldZiele des Praxissemesters
Bielefelder Lehrerbildung:praxisorientiert – forschungsbasiert – inklusionssensibel
Zentrale Elemente des PraxissemestersSchulpraktischer und Schulforschungsteil
an der Universität Bielefeld
Schulpraktischer Teil
4 Unterrichtsvorhaben
wichtig: keine Benotung
der Unterrichtsvorhaben
mind. 2 Unterrichts-
beratungen
Bilanz- und
Perspektivgespräch (BPG)
Begleitung durch ZfsL und
Schule
Schulforschungsteil
2 Studienprojekte
Studienprojekte als
Grundlage für Prüfungen
Begleitung durch
Universität in Abstimmung
mit den Schulen
Bielefelder Lehrerbildung:praxisorientiert – forschungsbasiert – inklusionssensibel
Bielefelder Lehrerbildung:praxisorientiert – forschungsbasiert – inklusionssensibel
Portfolio Praxisstudien
1. 2. 3. 4. 5. 6.
Ober-
stufe
7. 8. 9. 10. 18 Monate
Berufs-
feld
Schule Bachelor Master Ed. Vorbereitungsdienst
Pra
xis
-
se
meste
r
Orie
ntie
ren
de
Pra
xis
stu
die
mit
Eig
nun
gsre
flexio
n*
Eig
nun
gsp
raktiku
m*
Be
rufs
feld
be
zog
en
e
Pra
xis
stu
die
Studienverlaufsbegleitende Evaluation
t1 t2 t3 t4 t5 t6
Begleitforschung – die Bielefelder Panelstudie
*2016 Änderung der Rahmenbedingungen (LABG, LZV):
Abschaffung des Eignungspraktikums, Erweiterung der
Orientierenden Praxisstudie
Bielefelder Lehrerbildung:praxisorientiert – forschungsbasiert – inklusionssensibel
Zentrale Fragestellungen für die BiSED-Befragungen im Rahmen des Praxissemester
Wie beurteilen die Studierenden…
… die Einbindung des Praxissemesters in den Verlauf ihres Studiums?
… die Vorbereitung auf das Praxissemester?
… die Lerngelegenheiten im Praxissemester im Hinblick auf die in den
Standards der LZV beschriebenen Fähigkeiten?
… die Arbeit mit dem Portfolio Praxisstudien im Praxissemester?
Welche Hinweise zur Optimierung ergeben sich aus der Befragung?
Wie nehmen die Studierenden die Verbindung von Theorie, Empirie und Praxis im
Praxissemester wahr?
Wie empfinden die Studierenden die mit dem Praxissemester verknüpften
Anforderungen? Fühlen sie sich in besonderem Maße belastet?
Wie entwickeln sich die berufsbezogenen Interessen und die Überzeugungen
bezüglich der Natur des Wissens im Praxissemester?
Bielefelder Lehrerbildung:praxisorientiert – forschungsbasiert – inklusionssensibel
Stichprobe t4 (SoSe 15 – SoSe 17) nach Lehramtstyp (N = 348; Rücklauf 39,6%)
38,8
7,5
18,7
29
6
0
10
20
30
40
50
GymGe (n=135) HRGe (n=26) G (n=65) GISP (n=101) HRGe/ISP (n=21)
Lehramtstyp(Angaben in Prozent)
Standortbezogene Befunde dazu aus der Bielefelder Panelstudie
Bielefelder Lehrerbildung:praxisorientiert – forschungsbasiert – inklusionssensibel
Ergebnisse der standortbezogenen Evaluation (BiSED)
„Im Praxissemester wurden mir Bezüge zwischen theoretischen und
praktischen Inhalten meiner Ausbildung deutlich“ (n=348)de
4,6
29,3
52,9
13,2
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
trifft nicht zu (n=16) trifft eher nicht zu (n=102)
trifft eher zu (n=184) trifft zu (n=46)
Angaben in Prozent
Bielefeld School of Education
1,5
1,7
1,9
2,1
2,3
2,5
2,7
2,9
t1 t3 t4
Epistemologische Überzeugungen im Zeitverlauf, differenziert nach FEMOLA-
Rechtfertigung: Autorität
Berufene (n=23)
Pragmatiker (n=44)
Unconvinced (n=53)
Total (n=120)
Es gibt einen Effekt des Messzeitpunktes (p =.000, part. Eta²= .073)
t1 > t3/t4 (p = .001/.002)
Bielefelder Lehrerbildung:praxisorientiert – forschungsbasiert – inklusionssensibel
Eigene Befunde der Bielefelder Panel-Studie: „Clustermittelwerte (z-standardisiert,
n = 780) der drei Typen „Studienwahlmotive“ (FEMOLA, Pohlmann & Möller, 2010).
unconvinced
„Berufenen“
(n = 160, 20.3 %)
„Pragmatiker/innen“
(n = 161, 20.5 %)
„indifferent“
(n = 466, 59.2 %)
Bielefeld School of Education
1,5
1,7
1,9
2,1
2,3
2,5
2,7
2,9
t1 t3 t4
Epistemologische Überzeugungen im Zeitverlauf, differenziert nach FEMOLA-
Sicherheit
Berufene (n=23)
Pragmatiker (n=44)
Unconvinced (n=51)
Total (n=118)
Es gibt einen Effekt des Messzeitpunktes (p =.001, part. Eta²= .061)
t1 > t3/t4 (p=.001/p=.021)
Bielefelder Lehrerbildung:praxisorientiert – forschungsbasiert – inklusionssensibel
Intensität der Portfolionutzung nach Messzeitpunkt
50%*
29,7%
19,8% 19,8%
0
10
20
30
40
50
60
t1 t2 t3 t4
Anteil der Studierenden, die sich “eher intensiv” oder “sehr intensiv” mitdem Bielefelder Portfolio Praxisstudien auseinandergesetzt haben (n =111, nur Fälle, von denen Informationen zu allen 4 Messzeitpunkten
vorliegen)
* t1: nur Studierende mit bereits erfolgtem Eignungspraktikum
Bielefelder Lehrerbildung:praxisorientiert – forschungsbasiert – inklusionssensibel
Beispiele für QLB-Projekte mit Schwerpunkten im Praxissemester (Auswahl)
BiProfessional (Universität Bielefeld)
Fokus: Fachdidaktische Konkretisierung Forschenden Lernens (Cluster II) und
Praxisreflexion (Cluster I)
[KolBi] Kohärenz in der Lehrerbildung (Bergische Universität Wuppertal)
Fokus: Kohärente Ausgestaltung des Praxissemesters: 1. Abstimmung und
Kommunikation, 2. Reflexion und Feedback, 3. Inklusion
LeaP@CAU „Lehramt mit Perspektive an der CAU zu Kiel) (Universität Kiel)
Fokus: Teilprojekt „Praxissemester und Praxiscurriculum“
ProfJL „Professionalisierung von Anfang an im Jenaer Modell der Lehrerbildung“
(Friedrich-Schiller-Universität Jena)
Fokus: Teilprojekt „Praxissemester im Ausland“
Bielefelder Lehrerbildung:praxisorientiert – forschungsbasiert – inklusionssensibel
Fazit
die Umsetzung des Praxissemesters wird durch vielfältige standortbezogenen und standortübergreifende Studien begleitet, insbesondere auch durch Projekte, die im Rahmen der QLB durchgeführt werden und umfangreich evaluiert werden
standortbezogene Evaluationen werden häufig als Selbstevaluationen kritisiert (zudem die fehlenden Kontrollgruppen) – sie liefern u. E. aber wichtige Erkenntnisse über den Professionalisierungsprozess der angehenden Lehrkräfte, da hier genauer die Umsetzung in den Blick genommen werden kann.
besonders wichtig erscheint uns die Berücksichtigung verschiedener Perspektiven der beteiligten Akteure – und: es muss Formate geben, in denen vorliegende Befunde gemeinsam diskutiert werden.
stärker berücksichtigt werden müssten lange Wirksamkeitsketten
unterschiedliche forschungsmethodische Zugänge und disziplinäre Sichtweisen liefern wichtige Erkenntnisse, die auch für die Theoriebildung genutzt werden müsste
Bielefelder Lehrerbildung:praxisorientiert – forschungsbasiert – inklusionssensibel
Teil II:
Forschungsmethodisch inspirierte, aber hochschuldidaktisch
gewendete Praxisreflexion am Beispiel der sequenzanalytischen
Arbeit mit Dichten Beschreibungen (Martin Heinrich)
Biprofessional wird im Rahmen der gemeinsamen Qualitätsoffensive Lehrer-
bildung von Bund und Ländern aus Mitteln des Bundesministeriums für
Bildung und Forschung gefördert (Förderkennzeichen 01JA1608).
• Habitusreflexion (Qualitätsoffensive Lehrerbildung Bielefeld)
• Supervision Studierender in der Arbeit mit Schüler*innen mit
Fluchterfahrung (Qualitätsoffensive Lehrerbildung Bielefeld)
• Systemisch-lösungsorientierte PeerBeratung (Bi-Train & Qualitätsoffensive Lehrerbildung Bielefeld)
Bessere Passungsverhältnisse durch paradigmatisch divergierende Formate kritisch-reflexiver Praxisorientierung?
(vgl. Heinrich, Valdorf & Streblow 2018)
Biprofessional wird im Rahmen der gemeinsamen Qualitätsoffensive Lehrer-
bildung von Bund und Ländern aus Mitteln des Bundesministeriums für
Bildung und Forschung gefördert (Förderkennzeichen 01JA1608).
• Habitusreflexion Studierender im Rahmen der Arbeit
mit benachteiligten Schüler/innen & Tabula e.V.
(Qualitätsoffensive Lehrerbildung Bielefeld)
• Supervision Studierender im Rahmen der Arbeit mit
Schüler/innen mit Fluchterfahrung (Berufskolleg TOR 6)
(Qualitätsoffensive Lehrerbildung Bielefeld)
Sequenzanalytische Arbeit mit
„Dichten Beschreibungen“ (Geertz 1983)
als Reflexionsanlass
Habitusreflexion Studierender im Rahmen der Arbeit mit benachteiligten Schüler/innen & Tabula e.V.
(Prof. Martin Heinrich & Prof. Annette Textor; Wiebke Fiedler-Ebke)
• Deutliche Nicht-Repräsentativität unter den Teilnehmenden im Seminar zur „Habitusreflexion“ (!)
– Alle (!) Teilnehmenden der ersten Kohorte haben Deutsch als Zweitsprache oder sind zweisprachig aufgewachsen
– Gymnasiallehramt ist deutlich unterrepräsentiert, Grund-/Haupt-/Realschullehramt deutlich überrepräsentiert
• Anerkennungsfragen mit Fokus auf die „ganze Person“ oftmals zentraler Aspekt der Berichte aus dem Praktikum
• Primat der Förderung der Sprachfähigkeit & kognitiver Leistungsfähigkeit als zentraler Aspekt beim Umgang mit Antinomien des Lehrerhandelns (Helsper 1996): Bsp. Person-Sachantinomie & Tagebucheintrag (vgl. Frohn & Heinrich 2018a,b)
Erste Befunde Tabula Seminar im Rahmen von Biprofessional
Supervision Studierender im Rahmen der Arbeit mit Schüler/innen mit Fluchterfahrung (Berufskolleg TOR 6)
(Prof. Martin Heinrich & Prof. Katharina Gröning; Dr. Denise Klenner)
Biprofessional wird im Rahmen der gemeinsamen Qualitätsoffensive Lehrer-
bildung von Bund und Ländern aus Mitteln des Bundesministeriums für
Bildung und Forschung gefördert (Förderkennzeichen 01JA1608).
Sequenzanalytische Arbeit und Lesartenbildung mit
„Dichten Beschreibungen“ (Geertz 1983)
als Reflexionsanlass
1
2
3
4
5
1
2
3
4
5
1
2
3
4
5
1
2
3
4
5
1
2
3
4
5
1
2
3
4
5
Klage einer Studentin über mangelnde Fortschritte des
Schülers trotz vielfältiger Interventionsversuche:
„Weil ich halt auch so eine ähm Vorstellung habe, wie ich ihm
etwas beibringe,
aber wenn es dann wo komplett anders hakt, dann ist das für
mich auch schwierig,
nochmal zu gucken, ok, wo genau ist denn das Problem…“
Frage der Supervisorin:
„Was hat das denn mit dem eigenen Anspruch eigentlich zu
tun, etwas zu schaffen?“
Sequenzanalyse am Beispiel Supervision & Reflexion(Heinrich & Klenner i.Vorb.)
„Also ich war schon immer zielstrebig, bin auch in der Schule
immer=wollte immer alles perfekt machen, vor allem was Sprachen
angeht. Ich liebe Sprachen, und deswegen strenge ich mich
persönlich da immer sehr an, und wenn ich dann sehe er macht das
nicht, dann (-) dann macht das so meine Welt kaputt (-) und ich kann
das überhaupt nicht nachvollziehen, warum man das nicht lernen will.
Also (-) das ist für mich schwierig=aber ich kenn auch viele Leute, die
gar nichts mit Sprachen anfangen können und die das auch gar nicht
interessiert, ob das jetzt so geschrieben wird oder so, aber mein
eigener Anspruch ist immer, alles perfekt zu machen und wenn er
dann halt ähm (-) also genau das Gegenteil zeigt, dann ((seufzt))
dann bin ich schon frustriert.“
Supervision als passende Intervention?(Heinrich & Klenner i.Vorb.)
Supervision als Reflexionsformat zur professionellen
Erarbeitung von Deutungs- und Handlungsmustern
anhand von Fällen aus der Praxis.
Rekurs auf eigenes professionelles Selbst und
professionelles Ethos möglich und notwendig!
Studentin: stark biographisch projektive Annahmen, die
aufseiten des Schülers rollenförmiges Verhalten i.S.d.
„Schüler-Jobs“ (Breidenstein 2008) voraussetzt.
Supervision Professioneller versus
Supervision von Lehramtsstudierenden (Heinrich & Klenner i.Vorb.)
Konsequenzen der stark biographisch projektiven
Annahmen der Studentin:
• Leistungsbereitschaft, Interesse & Ehrgeiz als
Voraussetzung aufseiten des Schülers!
• kein pädagogisches Konzept, wie
Leistungsbereitschaft, Interesse & Ehrgeiz stimuliert
werden können.
• Responsibilisierung des Schülers
Eigene Zuschreibung: Fachlehrerin, aber keine
Pädagogin!
Supervision Professioneller versus
Supervision von Lehramtsstudierenden (Heinrich & Klenner i.Vorb.)
Konsequenzen aus eigener Zuschreibung, dass Fachlehrerin, aber
keine Pädagogin:
• Mit diesem Selbstverständnis keine Konzeptionalisierung eines
„Arbeitsbündnis“ (Oevermann 1996) möglich.
• Keine Vorstellung vom eigenen Anteil am Problem, sodass dies
auch nicht zum „Fall“ werden kann.
Aufgrund mangelnden professionellen Selbst und fehlendem
Professionsethos kann die Studentin kein „pädagogisches
Anliegen“ präsentieren oder zum Fall machen, das in Form einer
Reflexion im supervisorischen Setting bearbeitbar würde.
Grenzen innerhalb hochschuldidaktischer Formate in so kurzer
Zeit Veränderung herbeizuführen, aber ggf. Langzeiteffekte durch
Irritation…
Supervision Professioneller versus
Supervision von Lehramtsstudierenden (Heinrich & Klenner i.Vorb.)
Bielefelder Lehrerbildung:praxisorientiert – forschungsbasiert – inklusionssensibel
Teil III:
Videografie in der Lehrer_innenbildung zur
Entwicklung hermeneutischer Kompetenz
(Roswitha Ertl-Schmuck)
Bielefelder Lehrerbildung:praxisorientiert – forschungsbasiert – inklusionssensibel
BiProfessional wird im Rahmen der gemeinsamen QualitätsoffensiveLehrerbildung von Bund und Ländern aus Mitteln des Bundesministeriumsfür Bildung und Forschung gefördert (Förderkennzeichen 01JA1608).
Professionstheoretische
Spannungsfelder von Forschung, Praxis
und Professionalisierung in
Praxisstudien – exemplarische Fragen
und Antworten aus QLB-ProjektenProf. Dr. Martin Heinrich & Dr. Lilian Streblow
(Projektleitung QLB-Projekt „BiProfessional“ | Universität Bielefeld)
Workshop auf dem BMBF-Programmworkshop:
„Praxisorientierung in der Lehrerbildung – Innovationen und Befunde der
Qualitätsoffensive Lehrerbildung“
13. April 2018 an der Freien Universität Berlin
Literatur/Referenzen:• Breidenstein, Georg (2006): Teilnahme am Unterricht. Ethnographische Studien zum Schülerjob. Wiesbaden: VS.• Breidenstein, Georg (2012): Ethnographisches Beobachten. In: H. de Boer und S. Reh (Hrsg.), Beobachtung in der Schule –
Beobachten lernen, Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 7-44.• Frohn, J. & Heinrich, M. (2018a/i.Dr.): Bildungsstandards und die vermeidbare Verkürzung individueller
Kompetenzorientierung auf kognitive Leistungsfähigkeit. Konsequenzen des ‚neuen Allgemeinbildungsprogramms‘ für die Lehrkräftebildung. In: Zuber, J./ Altrichter, H. & Heinrich, M. (Hrsg.): Bildungsstandards zwischen Politik und schulischem Alltag. Wiesbaden: VS Verlag.
• Frohn, J. & Heinrich, M. (2018b/i.Dr.): Inkompetente Kompetenzorientierung? Mangelnde Akzeptanz der Kompetenzorientierung und Konsequenzen für die Lehrkräftebildung. In: DDS – Die Deutsche Schule. 110. Jahrgang 2018, Heft 2.
• Geertz, C. (1983): ‚Deep Play‘: Bemerkungen zum balinesischen Hahnenkampf. In: Ders. Dichte Beschreibung: Beiträge zum Verstehen kultureller Systeme. Frankfurt/M., 202–260.
• Heinrich, M. & Klenner, D. (2018/i.Vorb.): Alphabetisierung und Reflexivität. Empirische Befunde zur kritisch-reflexiven Praxisorientierung in der Lehrerbildung. (Arbeitstitel) In: Fabel-Lamla, Melanie/Kunze, Katharina/Moldenhauer, Anna/Rabenstein, Kerstin (Hrsg.): Kasuistik – Lehrer_innenbildung – Inklusion. Empirische und theoretische Verhältnisbestimmungen. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.
• Heinrich, M. & Klewin, G. (2018/i.Dr.) Forschendes Lernen im Praxissemester – Governanceanalysen eines bildungspolitischen Programms. In: Ukley, N. & Groeben, B. (Hrsg.): Forschendes Lernen im Praxissemester Begründungen, Befunde und Beispiele aus dem Fach Sport. Springer VS.
• Heinrich, M. & Störtländer, J. C. (2017). PISA als epochaltypisches Schlüsselproblem der Erziehungswissenschaft? Zur Befähigungsdeprivation angesichts der Verkürzung allgemeiner Bildung auf kognitive Leistungsfähigkeit am Beispiel von Fluchterfahrungen. In K.-H. Braun, F. Stübig & H. Stübig (Hrsg.), Erziehungswissenschaftliche Reflexion und pädagogisch-politisches Engagement. Wolfgang Klafki weiterdenken (S. 93–108). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
• Heinrich, M., Valdorf, Nicole & Streblow, Lilian (2018): Reflektierte (Ausbildungs-)Praxis für „Reflektierte Praktiker*innen“? Erscheint in „Schule NRW“ (2018)
• Helsper, W. (1996): Antinomien des Lehrerhandelns in modernisierten pädagogischen Kulturen: Paradoxe Verwendungsweisen von Autonomie und Selbstverantwortlichkeit. In: Combe, A./ Helsper, W. (Hrsg.): Pädagogische Professionalität. Frankfurt a.M., S. 521-570.
• Oevermann, U. (1996). Theoretische Skizze einer revidierten Theorie professionellen Handelns. In: Combe, A., Helsper, W. (Hrsg.): Pädagogische Professionalität. Untersuchungen zum Typus pädagogischen Handelns. Frankfurt: Suhrkamp, S. 70-182.