Welche Zusammenhänge und Spannungsfelder sind zu beachten...

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Welche Zusammenhänge und Spannungsfelder sind zu beachten bei der Fusion zwischen einer Schweizer und einer deutschen Grossbank? Daniel Erni Christine Graf Anja Hotz Andrea Nastaj Rafael Wyss 1. Juni 2004 Interdisziplinäre Problemlösung Gruppe 28 D; Übungsleiter: Dr. Philip Schnedler Assessment-Stufe 2003/2004, Universität St. Gallen

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Welche Zusammenhänge und Spannungsfelder

sind zu beachten bei der Fusion zwischen einer

Schweizer und einer deutschen Grossbank?

Daniel Erni

Christine Graf

Anja Hotz

Andrea Nastaj

Rafael Wyss

1. Juni 2004

Interdisziplinäre Problemlösung

Gruppe 28 D; Übungsleiter: Dr. Philip Schnedler

Assessment-Stufe 2003/2004, Universität St. Gallen

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Grenzüberschreitende Fusion zweier Grossbanken

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Gruppe 28 D

Erni Daniel

Parkstrasse 16

9000 St. Gallen

[email protected]

Graf Christine

Guisanstrasse 66

9010 St. Gallen

Hotz Anja

Peter und Paulstrasse 2

9000 St. Gallen

Nastaj Andrea

Via Bastoria 16

6600 Locarno

Wyss Rafael

Heiligkreuzstrasse 43

9000 St. Gallen

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Grenzüberschreitende Fusion zweier Grossbanken

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Inhaltsverzeichnis

Abstract ............................................................................................... 2 1 Einleitung ....................................................................................2 2 Problemerkennung .....................................................................3

2.1 Definition der Fusion............................................................................3

2.2 Situation im europäischen Finanzmarkt ............................................3

2.3 Verbesserungsmöglichkeiten einer Fusion im Finanzmarkt ...........4

2.4 Spannungsfelder und Probleme einer Fusion...................................5

2.5 Komplexes Problem .............................................................................6 3 Problemaufbereitung..................................................................6

3.1 Unterschiedliche Standpunkte............................................................6 3.1.1 Perspektive des Managements.......................................................................7 3.1.2 Perspektive der Aktionäre...............................................................................8 3.1.3 Perspektive der Kunden..................................................................................9 3.1.4 Perspektive der Arbeitnehmer ......................................................................10 3.1.5 Perspektive von Staat und Politik..................................................................11

3.2 Entwicklung des Netzwerks...............................................................11 3.2.1 Der zentrale Motor ........................................................................................12 3.2.2 Die Teilbereiche des Netzwerks ...................................................................14 3.2.3 Das Gesamtnetzwerk....................................................................................16 4 Problembeurteilung ..................................................................18

4.1 Lenkbare Grössen ..............................................................................18 4.1.1 Zusatzleistungen...........................................................................................18 4.1.2 Zugänglichkeit...............................................................................................19 4.1.3 Arbeitsplätze .................................................................................................19 4.1.4 Fusion ...........................................................................................................20

4.2 Szenarien mit nicht lenkbaren Grössen ...........................................20

4.3 Früherkennungs- und Erfolgsindikatoren........................................21 5 Beurteilung möglicher Problemlösungsansätze ....................22 6 Meta-Kritik an der Methode ......................................................23 7 Schluss ......................................................................................24 Abbildungsverzeichnis ......................................................................26 Literaturverzeichnis ...........................................................................26

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Grenzüberschreitende Fusion zweier Grossbanken

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Abstract

Um die Zusammenhänge und Spannungsfelder einer Fusion zwischen einer

deutschen und einer Schweizer Grossbank zu erkennen, wird das Problem aus

verschiedenen Perspektiven der Anspruchsgruppen betrachtet, um danach das

Gesamtnetzwerk mit dem zentralen Motor erstellen zu können. Aus diesem

Netzwerk werden die lenkbaren Grössen identifiziert, möglich Szenarien mit nicht

lenkbaren Grössen durchgespielt, sowie Erfolgs- und Frühindikatoren bestimmt.

Zum Schluss werden die Auswirkungen möglicher Problemlösungen erläutert und

beurteilt.

Einleitung

Angesichts der immer weiter und schneller voranschreitenden Globalisierung und

Internationalisierung müssen in allen Branchen Restrukturierungsmassnahmen

eingeleitet werden. Auch vor dem Finanzmarkt macht dieser grundlegende Trend

nicht halt. Immer mehr Banken sehen sich auf Grund der erstarkenden Konkurrenz

gezwungen, Massnahmen zu ergreifen, die ihr langfristiges Überleben im

Finanzmarkt sichern. Als Beispiel soll nun in der folgenden Arbeit auf die

grenzüberschreitende Fusion zweier Grossbanken (Schweiz und Deutschland)

eingegangen werden. Durch die vergrösserte Wettbewerbsmacht, erreicht durch die

Kooperation, erhält die Unternehmung die Möglichkeit, gestärkt auf dem globalen

Markt aufzutreten.

Diese Arbeit entstand auf der Basis der Teamarbeit. Die Vorgehensweise der

Problemlösung orientierte sich an den Vorlesungs- und Übungsunterlagen, sowie

am Buch „Die Praxis des ganzheitlichen Problemlösens“ von Peter Gomez und

Gilbert Probst. In mehreren Gruppensitzungen wurden zuerst Informationen

ausgetauscht und diskutiert, auf denen anschliessend das Netzwerk zum Thema

Fusion nach der vorgestellten Methodik entstand. Auf dieser Basis wurden in einem

folgenden Schritt Wirkungszusammenhänge, sowie mögliche Szenarien und

Lösungsmöglichkeiten abgeleitet.

Das Ziel der Arbeit ist, durch die ganzheitliche Problembetrachtung mögliche

Zusammenhänge und Spannungsfelder zu erkennen, und denkbare

Lösungsansätze zu skizzieren.

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Grenzüberschreitende Fusion zweier Grossbanken

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Problemerkennung

2.1 Definition der Fusion Unter einer Fusion im wirtschaftlichen Sinne wird eine Verschmelzung von

Gesellschaften gleicher Haftungsart verstanden (Meyers Taschenlexikon, 1987).

Die Zusammenlegung der Unternehmungen erfolgt durch die

Vermögensvereinigung unter einheitlicher Leitung einerseits, und der Untergang

einer oder beider Gesellschaften andererseits, woraus ein „neues“, vergrössertes

Unternehmen entsteht (Mellinger, 1971, S.4). Möglich wird die

Unternehmenskonzentration durch den Kauf einer Unternehmung durch die andere,

oder das Zusammenlegen der beiden Aktienstöcke. Auf eine weitere Diversifikation

soll an dieser Stelle jedoch verzichtet werden.

Es ist ersichtlich, dass die Verschmelzung zweier oder mehrer Unternehmen

Implikationen im rechtlichen (Kartell- und Fusionsgesetzte), wie auch im

wirtschaftlichen (Wettbewerbsvorteile oder Gefahren) Sinn hat.

Die Fusion kann als Folgeerscheinung der wirtschaftlichen Entwicklung gesehen

werden. Das grenzüberschreitende Wirtschaftswachstum setzte zu Beginn des 19.

Jahrhunderts ein, und wird auch in Zukunft noch zu weiteren Umstrukturierungen im

Wirtschaftsmarkt führen (Mellinger, 1971, S.4).

2.2 Situation im europäischen Finanzmarkt Die Produkte und Dienstleistungen von Banken sind relativ homogen. Diese

Tatsache erschwert die Möglichkeit einer langfristigen Differenzierung. Der

anhaltende Trend der Globalisierung stellt dabei eine zusätzliche Schwierigkeit dar,

da sich die Konzentration von Banken im internationalen Finanzmarkt erhöht, was

längerfristig eine Intensivierung des Wettbewerbs zur Folge hat.

Wettbewerbsvorteile können in diesem Sektor nur durch ein effizientes

Kostenmanagement und „economies of scale“ erzielt werden.

Auf Grund dessen wurde in den letzte Jahren vermehrt versucht, Strukturen

effizienter zu gestalten und die Konsolidierung voranzutreiben. Dies geschah

Beispielsweise durch eine Verringerung der Bankenanzahl mittels Fusionen und

Übernahmen, was die Marktkonzentration erhöhte und Strukturen verbesserte.

Bezüglich der Wettbewerbsstrategie gibt es jedoch kein singuläres Erfolgsrezept. Im

Europäischen Markt ist von erfolgreichen Spezial- und Universalbanken, bis zu

rentablen Allfinanzunternehmen alles zu finden. Viele erfolgreiche Banksysteme

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Grenzüberschreitende Fusion zweier Grossbanken

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charakterisieren sich jedoch durch eine relativ niedrige Bankendichte, eine hohe

Zweigstellenzahl des Instituts und einen hohen Konzentrationsgrad. Bis heute

haben sich Banken normalerweise innerhalb der Landesgrenzen

zusammengeschlossen. Mit der fortschreitenden Konsolidierung und

Internationalisierung des Finanzmarktes werden jedoch auch grenzüberschreitende

Fusionen oder Kooperationen zunehmend an Bedeutung gewinnen.

(Deutsche Bank Research, 2004, S.1-3)

2.3 Verbesserungsmöglichkeiten einer Fusion im Finanzmarkt Eine gelungene Fusion öffnet Handlungsmöglichkeiten, die die Wettbewerbsposition

einer Unternehmung in einem Markt nachhaltig verbessern. Die angestrebten

Verbesserungsmöglichkeiten sind in diesem Fall häufig die Hauptgründe, die die

Leitungen der Unternehmungen zu einer Fusion veranlassen und sie legitimieren.

Auf diese zentralen Entscheidungsfaktoren soll im Weiteren näher eingegangen

werden.

Bei einer Verschmelzung von zwei Unternehmen wird grösstenteils mit

wertmaximierenden Zielen (d. h. Gewinnerzielung) argumentiert. Ein wichtiger Punkt

hinsichtlich dessen ist der Nutzen aus Synergieeffekten. Man geht davon aus, dass

durch den Zusammenschluss der Ertrag maximiert werden kann, weil einerseits

Know-how auf mehrere Einheiten übertragen (economies of scope), oder

andererseits Aufgaben zentralisiert werden können (economies of scale). Im

Finanzmarkt kann das beispielsweise in Bezug auf Zweigstellen und Standorte,

sowie auf Arbeitsstellen in der Organisation wichtig sein. Weiter ist es durch

Fusionen möglich, zusätzliche Marktanteile zu gewinnen, oder in neue Märkte zu

gelangen um Wachstumsziele umzusetzen. Dadurch kann einerseits der intensive

Wettbewerb einer Branche gemildert, und andererseits ein höherer Ertrag durch den

vergrösserten Marktanteil generiert werden. Zusätzlich können durch diese engen

Kooperationen mögliche Risiken und Kosten verteilt werden. Dies senkt die Gefahr

von Fehlschlägen, Fehlkalkulationen und finanziellen Risiken, die bei der

Implementation neuer Strategien oder Produkte auftreten können. Aus allen oben

genannten Vorteilen einer Fusion resultieren zusätzliche finanzielle Motive

(Steuervorteile, geringere Kapitalkosten), die die Entscheidung zur Fusion

legitimieren (Kleine, 1995, S. 15-24).

Jedoch können auch nicht wertsteigernde Ziele durch eine Fusion angestrebt

werden. Zum einen kann dies eine Aktion zum Machtausbau oder zur

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Risikobeschränkung des Managements darstellen. Speziell für die Schweizer

Banken könnte eine Fusion über die Landesgrenzen wichtig sein, um den

Anschluss an den Finanzmarkt der Europäischen Union nicht zu verlieren (Kleine,

1995, S. 24-29).

2.4 Spannungsfelder und Probleme einer Fusion Probleme und Spannungsfelder sind bei Fusionen vielfältig. Es gibt Spannungen die

bereits vor oder während der Fusion auftreten, wie zum Beispiel das Einhalten der

rechtlichen Grundlagen und Normen, sowie der Umgang mit dem Druck der

Öffentlichkeit, dargestellt durch Medien, Politik, NGO’s und Gewerkschaften.

Weitere Schwierigkeiten könnten die Unterschiede in den Strukturen der

Bankenlandschaft darstellen. In Deutschland ist der Finanzmarkt noch relativ stark

fragmentiert. Dies liegt unter anderem daran, dass ein grosser Teil der Banken

Rechtsformen besitzt, die nur sehr schwer übernommen werden können. Deswegen

ist die Konzentration im Deutschen Finanzmarkt vergleichsweise gering (Lahusen,

2004, S.3-4). In der Schweiz hingegen wird der Markt von zwei Grossbanken (UBS,

CS-Group) dominiert, die 60% des Marktes kontrollieren und zusätzlich global

agieren. Weitere schweizerische Institute sind Kantonal- und Regionalbanken, die

sich jedoch ausschliesslich auf den inländischen Finanzmarkt konzentrieren. Die

Konsolidierung ist in diesem Markt (im Gegensatz zu Deutschland) weitgehend

beendet und Kooperationen sind fast nur noch grenzüberschreitend möglich

(Deutsche Bank Research, 2004, S.11-12).

Die bedeutenden, lang anhaltenden Spannungsfelder und Problemen treten jedoch

erst später, bei der Integrationsphase und der Umsetzung der Ziele, auf. Dabei

können vor allem beim Umgang mit diversen Stakeholdern Probleme entstehen; sei

dies bei Kunden, Lieferanten oder verunsicherten Mitarbeitern. Sie befinden sich

während der Integrationsphase in einer Stresssituation und können durch zu viele

Neuerungen leicht ihre berufliche Identifikation verlieren. Dies führt zu einem

Werteverlust, was dem internen Klima schadet und nutzbare Vorteile verhindert.

Stark mit diesem Problemfeld verbunden sind auch die Möglichkeit eines

Kulturkonfliktes, sowie die Schwierigkeit der Implementierung einer neuen

Unternehmenskultur. Gerade bei grenzübergreifenden Verschmelzungen ist dieses

Problem von grosser Bedeutung, da die Unternehmung durch eine andere Kultur,

Sprache und Mentalität von ihrem Umfeld geprägt wurde. Unterschiede zwischen

der Schweiz und Deutschland sind vor allem in der sozialen Verantwortung des

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Managements, der Kommunikationskultur und der Einstellung zur Arbeit an sich

(Arbeitsethos) zu finden. Weitere Probleme können in der Umstrukturierung der

Führung und Organisation auftreten, da dieser Vorgang Zeit benötigt und immer

wieder Fragen und Spannungen in der Umsetzung aufwirft. Zusätzliche

Schwierigkeiten bereiten wohl auch die unterschiedlichen Rahmenbedingungen der

beiden Länder. Damit gemeint sind hauptsächlich gesetzliche Bestimmungen wie

zum Beispiel, das Kartellrecht, die Mitbestimmungsrechte der Mitarbeiter in der

Unternehmung, die Vergabe Arbeitsbewilligungen oder die

Sozialversicherungsrechte (Kleine, 1995, S. 40-61). Jedoch auch in wirtschaftlicher

Sicht können unterschiedliche Rahmenbedingungen längerfristig zu Problemen

führen.

2.5 Komplexes Problem Bei einer Fusion an sich, handelt es sich um ein komplexes Problem.

Grenzübergreifende Fusionen können als komplexe bezeichnet werden, da noch

weitere Problemfelder durch die unterschiedlichen Rahmenbedingungen, wie zum

Beispiel die Sprache, die Gesetze oder die Mentalität, entstehen. Wie schon

aufgezeigt, kennzeichnet sich eine Fusion durch eine Vielzahl von Einflussgrössen,

die eng miteinander verknüpft sind. Durch die Eigendynamik und die Interaktion der

verschiedenen Elemente ist es schwierig, mögliche Probleme ganzheitlich zu

erfassen. Die Interessen des Managements, müssen im ständigen Dialog mit den

Anspruchsgruppen (die beiden Staaten, Kunden, Mitarbeiter) und deren

Bedürfnissen umgesetzt werden, was die angestrebten Pläne erschweren, oder

sogar verhindern können.

Problemaufbereitung

3.1 Unterschiedliche Standpunkte Bei der Frage, ob eine internationale Fusion zweier Grossbanken zu begrüssen ist,

gehen die Meinungen weit auseinander. Um das Problem in seiner ganzen Breite

und Tiefe erfassen zu können, ist es daher notwendig, sich mit den Standpunkten

der wichtigsten Anspruchsgruppen im Detail auseinander zu setzen. Eine

befriedigende Problemlösung kann nur erzielt werden, wenn möglichst viele

verschiedene Sichtweisen einbezogen werden.

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In diesem Kapitel sollen die wichtigsten Perspektiven bezüglich der Problemstellung

eingenommen werden und der Hauptzweck sowie die Schlüsselfaktoren aus den

entsprechenden Sichtweisen aufgedeckt werden. Im Zusammenhang mit der zu

behandelnden Thematik sind die Perspektiven des Managements, der Aktionäre,

der Kundschaft, des Staates sowie der Arbeitnehmer von Interesse.

3.1.1 Perspektive des Managements

Zweck Finanzieller Erfolg

Schlüsselfaktoren - hoher Cash Flow

- hohe Produktivität

- Marktmacht durch hohe Börsenkapitalisierung

- Wachstum(schancen); Globalisierung; Wettbewerb

- viele Kunden

Die Sichtweise des Managements, worunter die oberen Stufen des Kaders der

beiden Unternehmungen verstanden werden soll, ist bei der Prüfung einer Fusion

zweifelsohne von grosser Bedeutung. Dabei ist zu beachten, dass das Management

als ausführendes Organ der Unternehmung einerseits die Interessen der Aktionäre

und anderer Stakeholder zu vertreten hat, andererseits aber auch in der eigenen

Person liegende Zwecke verfolgt werden. An dieser Stelle wird jedoch davon

ausgegangen, dass sich die erfolgreiche Führung eines Unternehmens auch positiv

auf die Position der verantwortlichen Manager auswirkt und somit die Anliegen aus

diesen beiden Sichtweisen weitgehend decken.

Hauptzweck der Unternehmensführung ist das Erzielen eines finanziellen Erfolges.

Keine in einem marktwirtschaftlichen Umfeld tätige Unternehmung wird aus reinem

Selbstzweck betrieben; es liegt stets das Streben nach ökonomischem Nutzen zu

Grunde. Die aussagekräftigste Kennzahl, um diesen Erfolg zu beschreiben und ihn

mit anderen Unternehmungen vergleichen zu können, ist jene des Cash Flows.

Daher soll seine Steigerung als wesentlicher Schlüsselfaktor des Managements in

Vertretung der Interessen der Aktionäre dienen.

In einer dynamischen und ständig wachsenden Wirtschaft genügt es jedoch nicht,

sich auf erzielten Erfolgen auszuruhen. Vielmehr sind das Vorhandensein und

Ausnützen von Wachstumschancen (z.B. durch Kundenakquisition in neuen

Märkten), sowie die Wahrnehmung derselben essentiell für ein nachhaltiges

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Gedeihen der Unternehmung. Durch die im Zuge der Globalisierung fallenden

Grenzen zwischen unabhängigen Staaten ergeben sich weitere

Wachstumschancen unter anderem durch grenzüberschreitende Fusionen. Die

positiven Folgen von Gross-Fusionen liegen aus Sicht des Managements einerseits

in den damit zu erzielenden Skaleneffekten (Economies of Scale), die durch erhöhte

Produktivität zu Vorteilen im freien Wettbewerb führen. Langfristig gesehen führen

Fusionen aber auch zu mehr Macht der grösseren Unternehmung, gegenüber der

Konkurrenz, den Kunden oder den Lieferanten durch die Börsenkapitalisierung aus

den erzielten Erfolgen.

3.1.2 Perspektive der Aktionäre

Zweck hohe Rentabilität des Investments

Schlüsselfaktoren - hoher Cash Flow

- Rentabilität

- Vertrauen

- hohe Börsenkapitalisierung

Obwohl sich die Sichtweise der Aktionäre wie oben erwähnt zu einem grossen Teil

mit jener des Managements deckt, lohnt sich eine gesonderte Analyse der

Perspektive der Kapitalgeber. Auch wenn diese Gruppe keineswegs homogen ist –

gewisse Aktionäre halten aus Verbundenheit zur Unternehmung Anteile, andere aus

markt-strategischen Gründen, gewisse aus rein monetären Anreizen –, kann als

Hauptziel der Kapitalgeber die möglichst hohe Rentabilität ihres Investments

bestimmt werden. Zur Erzielung einer hohen Rendite gehört eine Vielzahl von

Faktoren. So ist der Cash Flow ein unmittelbares Mass für eine aktuell hohe

Rendite; je höher die frei verfügbaren Mittel der Unternehmung, desto mehr kann in

Form von Dividenden an die Geldgeber ausgeschüttet werden.

Wichtig ist aber auch das Vertrauen in die zukünftige Entwicklung des

Unternehmens. Basis des Vertrauens sind einerseits „harte“ Faktoren wie der

aktuelle finanzielle Erfolg, andererseits aber auch „weiche“ Faktoren (Soft Skills) wie

das Image, welches die Firma bei der Kundschaft hat, das die zukünftige

Entwicklung der Unternehmung direkt beeinflusst. Nebst den Gewinnen durch

ausgeschüttete Dividenden kann die Investition für den Kapitalgeber auch lukrativ

sein, indem er die Aktien zu einem höheren Preis verkauft, als er sie gekauft hat.

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Aus diesem Grund liegt eine hohe Börsenkapitalisierung (was einem hohen

Aktienkurs entspricht) im Interesse der Aktionäre.

3.1.3 Perspektive der Kunden

Zweck optimales Preis-/Leistungsverhältnis

Schlüsselfaktoren - gutes Image

- Vertrauen in die Bank

- Bekanntheit

- Zugänglichkeit

Die Kunden sind das Kapital jeder erfolgreichen Unternehmung. Der Einbezug der

Sichtweise dieser Anspruchsgruppe ist deshalb besonders wichtig. Die Reaktionen

der Kundschaft auf eine mögliche Fusion sollen so gut wie möglich ausfallen.

Hauptanspruch des Kunden gegenüber der Bank ist ein optimales Preis-

/Leistungsverhältnis beim Bezug von Dienstleistungen. Für die Kundschaft ist es

wichtig, dass das Preisniveau der Angebote nicht steigt, wenn möglich sogar sinkt.

Gleichzeitig darf die Qualität der Produkte nicht leiden, was beispielsweise durch die

Fusion mit einer Bank in einem weniger entwickelten Finanzmarkt möglich wäre.

Ein weiteres wichtiges Kriterium aus Sicht der Kunden ist, gerade im sensiblen

Bereich der Geldangelegenheiten, das Vertrauen in einen Anbieter. Der Kunde will

auch nach einer Grossfusion „seiner“ Bank weiterhin vertrauen können. Einen

grossen Beitrag zum Vertrauen in eine Unternehmung leistet, neben den

zweifelsohne sehr wichtigen persönlichen Kontakten zwischen Anbieter und Kunde,

das Image, das sich die Unternehmung durch Werbung und gute Presse aufbaut.

Ebenso wirkt ein grosses Unternehmen durch eine breite Bekanntheit und den

grossen Kundenstamm in der Regel vertrauenswürdiger als ein Kleinunternehmen,

da die Aktionen der grossen Firma durch Medien, NGOs und Gewerkschaften unter

ständiger Beobachtung stehen. Ein weiteres Anliegen der Kunden liegt mit

Sicherheit in einer möglichst einfachen Zugänglichkeit der Dienstleistung, was im

konkreten Fall einer Bank durch eine grosszügige Gebietsabdeckung mit Filialen

erreicht wird.

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3.1.4 Perspektive der Arbeitnehmer

Zweck Zufriedenheit

Schlüsselfaktoren - gutes Arbeitsklima und Unternehmenskultur

- Arbeitplatz-Sicherheit

- erfolgsabhängige Zusatzleistungen und Lohn

Die Mitarbeiter bilden eine Anspruchsgruppe, die bei einer Fusion stark belastet

werden kann. Zudem sind sie für den Arbeitgeber von grosser Bedeutung, dienen

sie doch zur qualitativ guten und effizienten Erbringung der Dienstleistungen, die

der Kunde von der Unternehmung bezieht. Aus diesen Gründen ist den

Arbeitnehmern, aus der Sicht des Managements, ebenfalls eine grosse Bedeutung

beizumessen.

Von besonderer Bedeutung für die Arbeitnehmer ist die Zufriedenheit und die

Beziehung zum Arbeitgeber und zu anderen Mitarbeiter. Finanzielle Interessen

können daher oftmals als zweitrangig betrachtet werden. Zu dieser Zufriedenheit

tragen mehrere Faktoren bei. Zum einen ist sicherlich ein angenehmes Arbeitsklima

zu nennen, das durch positive Beziehungen unter den Mitarbeitenden entsteht.

Damit in nahem Zusammenhang steht auch die Unternehmenskultur. Gerade bei

grenzüberschreitenden Kooperationen können kulturelle Unterschiede zum

Vorschein kommen, die einen negativen Einfluss auf die Unternehmenskultur und

das Arbeitsklima haben können. Was für Arbeitnehmer ebenfalls eine grosse

Bedeutung hat, ist die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes. Ist eine ständige

Ungewissheit vorhanden, ob die Stelle auch in Zukunft noch gesichert ist, so wirkt

sich das negativ auf die Zufriedenheit der Mitarbeiter aus.

Was von Arbeitnehmern ebenfalls geschätzt wird und sie zufriedener mit ihrem Job

macht, ist die Anerkennung von Leistung. So sind erfolgsabhängige

Zusatzleistungen in Form von Boni, speziellen Incentives oder zusätzlichen

Ferientagen ein grosser Motivationsfaktor für Mitarbeiter, was sich schliesslich in

noch besseren Arbeitsleistungen positiv für die Unternehmung auswirkt.

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3.1.5 Perspektive von Staat und Politik

Zweck hohe volkswirtschaftliche Leistung

Schlüsselfaktoren - freier Wettbewerb

- Regulierung der Wirtschaft zum Schutz vor Monopolisten

- einschränkende gesetzliche Vorschriften

- viele Arbeitsplätze

- Steuereinnahmen

Die Interessen des Staates spielen in der Entscheidungsfindung ebenfalls eine

wichtige Rolle, da er die Macht hat, den Handlungsspielraum von Unternehmen

einzuschränken oder auszuweiten. Allerdings sind die Interessen des Staates

(vertreten durch die Politik) nicht einfach zu erfassen, da diese teilweise stark von

den politischen Denkweisen der Repräsentanten geprägt sind. Die anschliessend

beschriebene Position soll die aktuelle Situation in der Schweiz möglichst genau

abbilden.

Das Primärinteresse des Staates liegt darin, dass die Unternehmen eine möglichst

hohe volkswirtschaftliche Leistung erzielen, da dies in der Regel indirekt zu

Wohlstand der Bevölkerung führt. Zur Erzielung einer hohen Gesamtwohlfahrt

bevorzugt der Staat einen freien Wettbewerb, da monopolistische

Grossunternehmen den eigenen Nutzen maximieren, nicht aber zu einem hohen

Wohlstand der Bevölkerung beitragen. Ebenfalls hat der Staat ein grosses Interesse

an möglichst vielen Arbeitsplätzen, um die Kosten für Sozialwerke, wie die

Arbeitslosenversicherung, so klein wie möglich zu halten und die Zufriedenheit der

Bevölkerung zu garantieren.

Der Wunsch nach freiem Wettbewerb hat jedoch aus der Sicht des Staates seine

Grenzen. So ist er an Steuereinnahmen interessiert, die ihm zur Erfüllung seiner

Aufgaben dienen. Durch gesetzliche Vorschriften sollen übermässige

Machtpositionen von einzelnen Unternehmen, wie sie zum Beispiel, durch Fusionen

entstehen können, verhindert werden. Einerseits soll die Wirtschaft durch

entsprechende Regulierungen vor stark dominierenden Grossfirmen geschützt

werden, andererseits soll teilweise auch ein zu grosses Angebot aus dem Ausland

verhindert werden.

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3.2 Entwicklung des Netzwerks Nachdem im vorhergehenden Schritt der Zweck und die Schlüsselfaktoren der

einzelnen Perspektiven erörtert wurden, gilt es nun, die erarbeiteten

Schlüsselfaktoren in ein Netzwerk zu integrieren. Die komplexen

Wirkungszusammenhänge sollen erfasst werden, damit die Auswirkungen auf den

weiteren Verlauf ersichtlich werden.

Das Netzwerk kann nach der Verknüpfung sämtlicher Schlüsselfaktoren zum

Durchspielen einzelner Szenarien dienen, damit die Wirkungen unterschiedlicher

Lösungsansätze abgeschätzt werden können.

3.2.1 Der zentrale Motor

Zu Beginn jeder Ermittlung eines Beziehungsmusters gilt es, einen zentralen

Wirkungskreislauf, passend zur Problemsituation festzulegen. Die Wichtigste der

beschriebenen Perspektiven wird in den Mittelpunkt gestellt, damit mit den

dazugehörigen Zielen und Schlüsselfaktoren der zentrale Motor konstruiert werden

kann. Die einzelnen Elemente stehen in Verbindung zu ihren Nachbarn, indem sie

sich bei einer Veränderung verstärken (+) oder den Effekt umkehren (-).

Bezogen auf die Aufgabenstellung „Welche Zusammenhänge und Spannungsfelder

sind zu beachten bei einer Fusion zwischen einer Schweizer und einer deutschen

Grossbank“ scheint die Perspektive des Managements zentral und geeignet für den

Ausgangskreislauf, da schlussendlich diese Personen über die Zukunft des

Unternehmens, Fusion ja oder nein, entscheiden.

Wettbewerbsbedingt hat die Steigerung des Gewinnes, respektive des Cash Flows,

immer eine sehr hohe Priorität in der Bankbranche. Durch die ausgeprägte und

mächtige Stellung einiger weniger Grossbanken wird die Behauptung im

Finanzsektor immer schwieriger. Obwohl eidgenössische Grossbanken weiterhin

vom Status der Schweiz, mit dem Bankgeheimnis, der stabilen, eigenständigen

Währung und der hohen Sicherheit profitieren kann, werden gute Kennzahlen

gefordert, um gegenüber der Konkurrenz nicht ins Hintertreffen zu geraten.

Im direkten Zusammenhang mit dem Cash Flow steht auch die

Börsenkapitalisierung, welche den Wert eines Unternehmens angibt. Weist eine

kotierte Bank mehr Gewinn aus, kann mehr Eigenkapital gebildet werden, was

wiederum bedeutet, dass der innere Wert der Aktien zunimmt. Die Titel des

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Grenzüberschreitende Fusion zweier Grossbanken

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Unternehmens gewinnen dadurch an der Börse an Attraktivität und die Kurse,

respektive die Börsenkapitalisierung, steigt an.

Das Vermögen wirkt sich wie in vielen Situationen auch in der Bankenbranche direkt

auf die Machtverhältnisse aus. „Macht“ öffnet Türen, um sich international weiter

auszubreiten, neue Märkte zu erschliessen und das bestehende Filialnetz weiter zu

optimieren. Um auf der ganzen Welt gewinnbringend arbeiten zu können, sind die

Banken daran interessiert, dass ihnen der Zugang zu bisher verschlossenen

Märkten gewährleistet wird. Durch den Einfluss und den Drang nach Wachstum und

Marktvergrösserung, wird daher die Globalisierung entscheidend vorangetrieben.

Da dadurch jedoch auch alle anderen Banken die Chance erhalten ihr Wachstum

anzutreiben, wird durch die Globalisierung der Wettbewerb zusätzlich verstärkt. Die

Konkurrenz wird grösser, die Kundenakquisition immer schwieriger. Organisches

Wachstum ist durch die hohe Bankendichte fast nicht mehr möglich. Will sich ein

Unternehmen trotzdem weiterentwickeln, um sich temporär entscheidend von der

Konkurrenz absetzen zu können, muss ein Weg gefunden werden, um die

Expansion weiter anzutreiben. Da die Vergangenheit zeigt, dass eine

Wachstumsstagnation von der Konkurrenz sofort bestraft wird, streben immer mehr

Unternehmen eine expansive Politik an. Banken fusionieren oder akquirieren ihre

Konkurrenz, um schnell an Grösse zu gewinnen. Fusionen bringen jedoch nicht nur

ein grösseres Kundennetz und verringern die Konkurrenz im gesamten Wettbewerb.

Synergien werden auch beim Management frei, das nur noch einmal besetzt

werden muss. Ähnlich verhalten sich das Filialnetz und die EDV. Sämtliche parallel

geführten Kostenstellen können zusammengelegt werden, was Skalenerträgen

entspricht. Letztendlich wirken sich diese Synergien positiv auf den Cash Flow aus

und schliessen damit den zentralen Kreislauf.

Börsenkapi-talisierung

Wachstums-möglichkeiten

Globalisierung

Wettbewerb Fusion

Economies of Scale

+

+

+

+

+

+

Cash Flow +

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Abbildung 1: Der zentrale Motor

3.2.2 Die Teilbereiche des Netzwerkes

An den zentralen Motor können nun die weitern Teilbereiche, respektive

Perspektiven angeknüpft werden.

Da von den Kunden das gesamte Geschäft und die erzielten Erträge abhängen, darf

in der Finanzbranche diese Anspruchsgruppe nicht vernachlässigt werden. Vor

allem weil die Kunden viel Vertrauen in die Banken haben müssen, gilt es, sorgfältig

mit Implikationen dieser Anspruchsgruppe umzugehen. Die Bekanntheit einer Bank

in der Öffentlichkeit steht in enger Verbindung mit der Macht und der damit

verbundenen Börsenkapitalisierung, was viel zur Bekanntheit und wiederum zum

Vertrauen beiträgt. Beispielsweise die UBS, welche für Schweizer Verhältnisse

durch ihre grosse Börsenkapitalisierung bei einem Grossteil der Bevölkerung das

Image einer typischen Grossbank hat, kann gerade dank diesem Image auf ein

grosses Vertrauen und einen hohen Bekanntheitsgrad zählen. Diese beiden Effekte,

die Bekanntheit und das Vertrauen, wirken sich positiv auf den Kundenstamm aus

und leisten somit wichtige Dienste bei den Wachstumsmöglichkeiten. Die Quantität

der Kunden kann aber auch durch ein strategisches platziertes Filialnetz vergrössert

werden. Erfolgsversprechende Niederlassungen in den finanzkräftigsten Gebieten

können jedoch nur durch eine ausgeprägte Globalisierung erreicht werden.

Die Aktionäre, eine weitere wichtige Anspruchsgruppe, sind hauptsächlich an der

Wertsteigerung ihrer Aktien interessiert. Ausgelöst durch den erhöhten Cash Flow,

kann ein Unternehmen mehr Gewinn in Form von Dividenden „verteilen“ und die

Rentabilität aus der Sicht der Aktionäre steigern. Viel stärker ins Gewicht fällt jedoch

der steigende Aktienkurs. Macht ein Unternehmen mehr Gewinn, wird der

Aktienkurs ansteigen und die Rentabilität der Aktien weiter erhöht. Dadurch wägen

sich die Aktionäre in Sicherheit, was sich sofort auf ihre Stimmung und das

Vertrauen auswirkt. Vertrauen die Kapitalgeber dem Unternehmen, wird vermehrt

investiert, was sich wiederum auf die Börsenkapitalisierung auswirkt.

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Grenzüberschreitende Fusion zweier Grossbanken

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Abbildung 2: Zentraler Motor mit Teilnetzwerken Aktionäre und Kunden

Neben den Kunden und den Aktionären wollen jedoch auch die betreffenden

Staaten (Schweiz & Deutschland) ihre Interessen durchsetzten. Entgegen deren

Willen hat eine Fusion in der Regel einen Stellenabbau im grösseren Rahmen zur

Folge, da wie bereits erwähnt, einzelne Stellen sonst doppelt besetzt wären.

Weniger Arbeitsplätze bewirken ein Ansteigen der Arbeitslosigkeit und daraus folgt,

dass der Staat weniger Steuereinnahmen verbuchen kann. Aus diesem Grund wird

auch die volkswirtschaftliche Leistung darunter leiden. Fusionen haben zudem

Einfluss auf neue Gesetzesvorschriften. Man bedenke, dass in Kürze das neue

Fusionsgesetz in der Schweiz in Kraft tritt, welches durch die unzähligen Fusionen

in den letzten Jahren entstanden ist.

Die volkswirtschaftliche Leistung wie die gesetzlichen Vorschriften haben beide

Einfluss auf die Deregulierung der Wirtschaft. Während die sinkende

Image

Sicherheit

Börsen-kapitalisierung

Globalisierung

Wettbewerb Fusion

Zugänglichkeit

Kunden

Vertrauen

+

+

+

+

+

+

+

+ +

+

+

+

+

+

+

Vertrauen

+

+

+

Wachstums-möglichkeiten

Cash Flow

Bekanntheit

Rentabilität

+

Economies of Scale

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Grenzüberschreitende Fusion zweier Grossbanken

Seite 18

volkswirtschaftliche Leistung die Deregulierung verstärkt behindert, lösen auch die

zusätzlichen gesetzlichen Vorschriften einen negativen Effekt auf die Deregulierung

aus. Ein offener Markt würde sich aber wieder positiv auf den Wettbewerb ausüben

und somit neue Fusionen ankurbeln.

Schliesslich dürfen die Anliegen der Mitarbeiter nicht vergessen werden. Durch

einen gesteigerten Cash Flow dürfen sie auf mehr Zusatzleistungen in Form von

Bonussystemen, Rabatten, usw. rechnen. Nimmt ein Unternehmen mehr Rücksicht

auf die Mitarbeiter, kann eine gesteigerte Zufriedenheit am Arbeitsplatz festgestellt

werden, was sich direkt auf die Produktivität auswirkt. Da die Angestellten dadurch

effizienter Arbeiten, wird der Gewinn langfristig ansteigen.

Die Mitarbeiter sind jedoch nicht nur an Zusatzleistungen interessiert. Ihr

Hauptanliegen ist ein gesicherter Arbeitsplatz. Wie bereits erörtert, sinkt in der

Regel die Zahl der Arbeitsplätze nach einer Fusion. Werden Kündigungen

ausgesprochen, sinkt auch die Arbeitsplatzsicherheit, was sich ungünstig auf das

Arbeitsklima ausübt. Die Folgen daraus sind oftmals Mobbing und andere

Konkurrenzkämpfe, mit negativen Auswirkungen auf die Mitarbeiterzufriedenheit.

Zu beachten ist auch, dass durch die zunehmende Globalisierung ein Unternehmen

Angestellte aus der ganzen Welt beschäftigt und somit kulturelle Unterschiede

zusammenführt. Da sich jedoch nicht alle Länder und Gebiete derselben

Arbeitsmoral bedienen, führt das oftmals zu Problemen und folglich zu einem

schlechteren Arbeitsklima.

3.2.3 Das Gesamtnetzwerk

Nicht alle Massnahmen oder Tatsachen bewirken gleich schnell eine Veränderung

bei den verknüpften Elementen. Aus diesem Grund sind im Gesamtnetzwerk (vgl.

Abbildung 3, S. 17) zusätzlich zeitlichen Abhängigkeiten eingebaut, damit das

System aussagekräftiger ist und die Wirkungszusammenhänge deutlicher sichtbar

macht. Die Reaktionszeiten sind unterteilt in: kurzfristig (bis ein Jahr), mittelfristig

(ein bis drei Jahre) und langfristig (ab drei Jahren).

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Grenzüberschreitende Fusion zweier Grossbanken

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Grenzüberschreitende Fusion zweier Grossbanken

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Problembeurteilung

4.1 Lenkbare Grössen

Im Folgenden wird beschrieben, welcher Spielraum das Management einer Bank

hat, um mit möglichen Problemen, die bei einer Fusion zwischen zwei Banken

entstehen, umgehen zu können. Das Management hat dabei direkte und indirekte

Mittel und Instrumente zur Verfügung, um solche Schwierigkeiten beseitigen zu

können. Dabei handelt es sich um die so genannt lenkbaren Grössen. Sie sind vom

Management unmittelbar beeinflussbar und haben eine unmittelbare Wirkung auf

die zu behandelnden Probleme. Für die Planung und Anwendung der Strategien

und der Maßnahmen stellen sie die Bausteine der Banken dar. Bei unserem

Netzwerk sind folgende lenkbare Grössen erkennbar: Zusatzleistungen,

Zugänglichkeit, Arbeitsplätze und Fusion. Wie man sofort bemerken kann, sind

diese lenkbaren Grössen nicht zahlreich, und man stellt fest, dass die Spannungen

und Probleme nicht einfach durch unmittelbare Mittel beseitigt werden können.

4.1.1 Zusatzleistungen

Wie wir später feststellen werden, ist die Mitarbeiterzufriedenheit in unserem

Netzwerk ein Früherkennungsindikator. Die Mitarbeiter sind in einer Bankenfusion

eine wichtige Anspruchsgruppe, und ihre Zufriedenheit darf deshalb nicht

vernachlässigt werden. Das Arbeitsklima vor einer Fusion kann sich verschlechtern,

durch drohende Entlassungen oder die Ungewissheit, die von den Mitarbeitern

wahrgenommen wird. Auch nach der Fusion kann das Arbeitsklima aufgrund

verschiedener Änderungen negativ beeinflusst werden. Diese können

beispielsweise durch eine neue Führung, neue Aufgaben- bzw. Funktionsverteilung

oder eine neue Unternehmenskultur ausgelöst werden. Diese Nebenerscheinungen

einer Fusion tragen häufig nicht zu einem guten Ablauf der Geschäfte bei.

Deswegen kann die Mitarbeiterzufriedenheit ein messbarer Indikator für

gegenwärtige und zukünftige Probleme sein. Die Motivation der Mitarbeiter kann

und sollte also unterstützt und positiv beeinflusst werden. Letzteres ist natürlich

nicht unmittelbar lenkbar, da es sich nur um einen Seelenzustand handelt. Mit

Motivation bzw. Mitarbeiterzufriedenheit werden in diesem Kontext verschiedene

Faktoren gemeint, die durch lenkbare Grössen beeinflussbar sind. Das können

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Grenzüberschreitende Fusion zweier Grossbanken

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beispielsweise Zusatzleistungen für Mitarbeiter sein, mit denen die Bank ihren

Mitarbeitern verschiedene günstige Dienstleistungen oder sogar Lohnerhöhungen

anbieten kann. Wie Gomez und Probst (1999) deutlich machen, lässt sich die

Motivation der Mitarbeiter, wie auch ihre Zufriedenheit, durch Anreizsysteme, wie

Förderung der Mitarbeiter und einen guten Führungsstil, erreichen (S. 121).

4.1.2 Zugänglichkeit

Mit der Fusion zweier Banken kann die Reaktion der Kunden ambivalent sein. Im

negativen Fall können beispielsweise die Kunden unzufrieden sein, denn sie

befürchten, dass die Banken, aufgrund einer Restrukturierung, verschiedene

Zweigstellen schließen könnten. Soweit Filialschließungen betriebswirtschaftlich

sinnvoll sind, können hier keine Kompromisse eingegangen werden, auch wenn

dadurch vereinzelt Kunden mit einem Bankenwechsel reagieren. Sie müssen

entscheiden, welche Wahlmöglichkeit für sie den größeren Nutzen und Gewinn

bringt, und dementsprechend handeln. Die Banken können über diesen Faktor frei

entscheiden und in diesem Bereich unmittelbar tätig werden. Wesentlich für die

Beseitigung der möglichen Unzufriedenheit der Kunden, ist die offene

Kommunikation mit Kunden und Medien, die so von der Vorteilhaftigkeit und

Notwendigkeit einer Fusion überzeugt werden können.

4.1.3 Arbeitsplätze

Die Entlassung von Mitarbeitern stellt ein Problem dar, das durch eine Fusion

entstehen kann. Auch hier kann Widerstand seitens der Mitarbeiter gegen die

Fusion ausgeübt werden. Ein wesentlicher Grund ist dabei natürlich ihre Angst vor

dem Verlust des Arbeitsplatzes, da Entlassungen bei einer Fusion praktisch

unvermeidbar sind. Sie stellen durch die Kostensenkungen und das Sparen von

Lohnkosten einen wesentlichen Teil der Kostenvorteile dar. Die Entlassungen

werden also bei einer Fusion bewusst durchgesetzt und sind lenkbare Größen, die

die Banken unmittelbar tätigen können. Um solche Probleme zu beschränken,

sollten die Banken mit den Mitarbeitern offen, frühzeitig und ausführlich

kommunizieren. Durch eine solche Kommunikation kann das Management die mit

Entlassungen verbundenen Probleme unmittelbar beeinflussen.

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Grenzüberschreitende Fusion zweier Grossbanken

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4.1.4 Fusion

Was unter Fusion als lenkbare Größe zu verstehen ist, sind die Faktoren, die nötig

sind, um eine Fusion erfolgreich durchführen zu können. Was also die Banken

unmittelbar beeinflussen können, ist zum Beispiel, ihre eigene Strategie, durch

welche sie auch ihre zukünftige Positionierung bestimmen. Wichtig ist, dass die

positiven Auswirkungen der Fusion nicht übergeschätzt werden und gleichzeitig die

Informations- und Koordinationskosten nicht untergeschätzt werden. Alle

Vorbereitungen, die vor einer Fusion gemacht werden müssen, spielen ebenso eine

Rolle, denn dadurch wird der Erfolg der Fusion bestimmt. Es geht dabei

hauptsächlich um die Fusionsplanung, die Innenorientierung und die

Organisationsstruktur. Wie man feststellt, werden alle diese Faktoren unmittelbar

vom Management gestaltet und beeinflusst. Die bestehenden

Organisationsstrukturen der zwei Banken müssen integriert, und die erforderlichen

Maßnahmen geplant werden. Die Art, wie die Planung und Durchführung der Fusion

ausgeführt wird, wirkt sich unmittelbar auf die Endresultate aus.

4.2 Szenarien mit nicht lenkbaren Grössen

Die meisten Elemente im Netzwerk sind nicht direkt vom Management lenkbar.

Diese nicht lenkbaren Grössen geben somit dem Management

Rahmenbedingungen vor und stellen Szenarienbereiche für die Fusion dar.

Szenarien können für jede Tätigkeit und jedes Phänomen erstellt werden, denn sie

helfen über zukünftige Konstellationen Prognosen zu machen. Da es nicht absehbar

ist, wann dieses oder jenes Szenario eintritt, ist es wichtig, dass die

Verantwortlichen vorausschauen, um entsprechende Risiken einschätzen zu

können. In diesem Sinne gilt es Risiken und Problemfelder zu minimieren und

eliminieren, wenn man diese definiert und erkannt hat.

Bei einer Bankfusion sind unter anderen, folgende drei wichtige Szenarien

festzustellen:

Als erstes ist die verstärkte Globalisierung zu nennen. Dadurch dass die

Handelsgrenzen der Schweiz, Deutschland und auch anderer Länder geöffnet

werden, wird eine vermehrte grenzüberschreitende Konsolidierung stattfinden. Was

zur Konsequenz hat, dass es zu mehr Gesetzesvorschriften kommen wird und das

Bankgeheimnis der Schweiz zunehmend unter Verschluss geraten wird. Dies kann

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Grenzüberschreitende Fusion zweier Grossbanken

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negative Folgen bezüglich den Kunden und Konkurrenten haben. Auf der anderen

Seite treten durch die Globalisierung kleinere- und grössere Banken hinzu, die den

Wettbewerb erschweren. Die anderen Unternehmungen können möglicherweise

effizienter und kostengünstiger arbeiten als die fusionierenden Banken, wodurch

Kunden zum Konkurrenten abwandern könnten. Durch die verstärkte Globalisierung

entstehen, von allen Seiten her, für das Management ein hoher Druck und

Spannungsfelder.

Ein weiteres Szenario, dass einer Fusion entspringen kann, ist ein schlechtes

Arbeitsklima. Dadurch, dass Banken verschiedener Länder fusionieren, findet eine

grössere kulturelle Interaktion statt. Diese kulturellen Unterschiede, wie Mentalität

und Motive der Mitarbeiter, haben einen enormen Einfluss auf die Zusammenarbeit

und die Arbeitsweise in einer Bank. Zusätzlich hat auf die Arbeitsproduktivität auch

die Arbeitsplatzsituation Einfluss, denn häufig werden bei Fusionen Stellen und

Filialen gestrichen, damit Synergien besser genutzt werden können. Diese durch die

Fusion entstandenen negativen Begleiterscheinungen bedeuten Angst und

Unsicherheit bei den Mitarbeitern. Wenn diese Faktoren nicht durch geeignete

Massnamen schnell zu überbrücken versucht werden, kann dadurch

Unzufriedenheit unter den Mitarbeitern entstehen und daraus folgt ein schlechtes

Arbeitsklima. Dies kann den nachhaltigen Erfolg einer Fusion zum Scheitern

verurteilen.

Ein anderes Szenario wäre die Möglichkeit des Beitritts der Schweiz zur EU.

Obwohl das zurzeit noch nicht zur Debatte steht, sollte in Zukunft diese Möglichkeit

in Betracht gezogen werden. Tritt nämlich die Schweiz der Europäischen Union bei,

kann dies zu erheblichen Problemen führen. Lange Verhandlungen, mehr

Gesetzesvorschriften, Unsicherheiten innerhalb der Bank, bei den Kunden und

Bevölkerung sind die Folgen. Dass die Banken dabei auch Verlust erleiden (zum

Beispiel das Bankgeheimnis), ist eine grosse Wahrscheinlichkeit und daher zu

berücksichtigen.

Da man diese Szenarien eben nicht genau planen und lenken kann, gilt es diese

möglichen Problemfelder und Szenarien im Hinterkopf zu haben, damit bei Bedarf

gute Lösungen und Massnahmen getroffen werden können.

4.3 Früherkennungs- und Erfolgsindikatoren

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Grenzüberschreitende Fusion zweier Grossbanken

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Früherkennungsindikatoren dienen dem Management, die Veränderungen bzw. die

Probleme, die entstehen können, rasch zu erkennen, sodass entsprechende

geeignete Maßnahmen rechtzeitig getroffen werden können. Auf Grund des

Netzwerks kann man feststellen, dass die Mitarbeiterzufriedenheit als solcher

Indikator betrachtet werden kann. Es gibt eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die

Mitarbeiter gegen Entlassungen und tief greifende Veränderungen protestieren

können, und dass dieser Widerstand eher problematisch für eine erfolgreiche

Fusion sein wird. Die Banken können durch die Indikatoren schon Maßnahmen im

Voraus abchecken.

Der Indikator „volkswirtschaftliche Leistung“ macht seinerseits darauf aufmerksam,

dass die Fusion dem Staat Probleme verursachen könnte, denn eine zu grosse

Entlassung könnte die volkswirtschaftliche Leistung in ihrer Gesamtheit reduzieren.

Das Management sollte also vorab die Auswirkungen der Entlassung auf die

volkswirtschaftliche Leistung einschätzen, um dann einen möglichen Widerstand

des Staates zu vermeiden.

Die Erfolgsindikatoren unterscheiden sich von den Früherkennungsindikatoren

dadurch, dass sie den Erfolg der getroffenen Maßnahmen messen. Sie zeigen den

Banken, ob sie sich auf den richtigen Weg befinden oder nicht. Die Daten und die

Informationen, die diese Indikatoren schaffen, müssen messbar und sie sollten mit

den vorherigen Indikatoren leicht vergleichbar sein. Werte und Indikatoren wie zum

Beispiel, Börsenkapitalisierung und Cash Flow haben also eine zweifache

Bedeutung: Sie zeigen den Erfolg und den Nutzen, die die Fusion bringen sollte,

und sie können gemessen werden. Diese Indikatoren haben aber auch Nachteile:

„Die Zahlen der Rechnungswesen liegen meist reichlich spät vor, so dass allfällige

negative Abweichungen erst mit Verzögerung erkannt werden“ (Gomez & Probst,

1996, S. 125). Mit den Erfolgsindikatoren Image und Bekanntheit sieht man

andererseits, dass es schwieriger ist, konkrete Zahlen zu haben, denn sie sind nicht

messbar. Trotzdem kann das Management durch Befragung der Kunden wichtige

Informationen sammeln, die auch für die Ausweitung und die Verbesserung des

Angebots nützlich sein können.

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Grenzüberschreitende Fusion zweier Grossbanken

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Beurteilung möglicher Problemlösungsansätze

Die erste Frage, die sich die Manager der Banken stellen sollten ist, ob überhaupt

eine Fusion zwischen einer Schweizer und Deutschen Bank durchgeführt werden

soll. Falls dafür entschieden wird, muss herausgefunden werden, welche Strategien

für eine Fusion zu wählen sind. Dabei werden als Angriffspunkte die lenkbaren

Grössen verstanden. Ist es für eine Bank wichtig, dass Zusatzleistungen den

Mitarbeiter angeboten werden, dass Arbeitsplätze zugunsten der Mitarbeiter und

Bevölkerung erhalten werden, oder ist die Zugänglichkeit der Bank von grösserer

Bedeutung? Hier muss eine Abwägung zwischen den verschiedenen Elemente und

Möglichkeiten stattfinden. Verständlicherweise können nicht alle Bedürfnisse

berücksichtigt und befriedigt werden, dennoch sollte niemanden zu kurz kommen.

Denn dies kann wiederum schlechte Auswirkungen auf die Fusion haben.

Die Frage ist, wie weit Planung in die Zukunft sinnvoll ist. Kurzfristig ist es bei einer

Fusion wichtig, dass die entstandenen Synergien genutzt werden können. Dies wird

häufig durch das Zusammenlegen von Filialen und Stellenabbau vorangetrieben.

Kurzfristig sollte jedoch auch auf die Mitarbeiter Rücksicht genommen werden.

Indem ihnen Zusatzleistungen angeboten werden, können die Unsicherheiten, die

bei einer Fusion entstehen, überwunden werden.

Mittelfristig ist die Zugänglichkeit zu den Banken für die Kundenakquisition und

–bindung von grosser Bedeutung, da das Ziel einer Fusion darin besteht, sich gut

im internationalen Markt zu Positionieren. Dies bedingt unter anderem ein gutes

Image und ein effizientes, profitables Unternehmen. Welche Strategie ist nun zu

wählen?

Bei der Planung und Entscheidung von kurz-, mittel- oder langfristigen Strategien,

ist es stets wichtig, dass das Ziel und der Zweck nicht aus den Augen verloren

werden. Welches der Ziele jedoch Priorität hat und umgesetzt wird, ist von den

Verantwortlichen und der Marktsituation abhängig. Das heisst, es kann nicht im

Voraus abschliessend bestimmt werden, was die beste Strategie der Banken sein

wird, denn je nach Situation und Möglichkeit muss wieder eine andere Lösung

gefunden werden.

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Grenzüberschreitende Fusion zweier Grossbanken

Seite 26

Meta-Kritik an der Methode

Ein komplexes Problem, wie zum Beispiel die grenzüberschreitende Fusion zweier

Grossbanken mit Hilfe eines Modells in seinem ganzen Umfang erfassen zu

können, ist wohl unmöglich. So bietet auch die in dieser Arbeit angewandte

Methode nur eine grobe Übersicht über Zusammenhänge, Dependenzen und

Spannungsfeldern zwischen den einzelnen relevanten Faktoren. Auch sind eine

genaue Abbildung eines Problems, in dem sozio-psychologische Faktoren eine

wichtige Rolle spielen, und eine exakte Vorhersage des Verhaltens der Betroffenen

nie möglich. Zusätzlich müssen heterogene Sichtweisen zahlreicher Individuen zum

Standpunkt einer Gruppe zusammengefasst werden, um die Grösse des Netzwerks

nicht allzu unübersichtlich werden zu lassen.

Trotz diesen Mängeln weist die Methode aber zahlreiche Aspekte auf, die der

Ermittlung von möglichen Problemlösungsansätzen durchaus dienen. So gelingt es

mit Hilfe der Arbeit am Modell, verschiedene Standpunkte, Meinungen und

Ansichten in die Gesamtbetrachtung einfliessen zu lassen. Ferner hilft eine

Beschränkung auf wesentliche Grössen, sich nicht in kleinsten Details des

Problems zu verfangen, sondern den Blick für das Ganze zu behalten. Ebenfalls

kann die Bestimmung von möglichen Szenarien, die von nicht lenkbaren Grössen

ausgehen, die Entscheidungsfindung oder im Falle eines positiven Entscheides zur

Fusion die Eventualplanung, vereinfachen.

Alles in allem kann diese Methode sicherlich als hilfreiches Werkzeug dienen, um

ein komplexes Problem, wie eine Fusion zweier Grossbanken zu beurteilen und

mögliche Lösungsansätze aufzuzeigen. Allerdings bleibt immer eine gewisse

Unsicherheit, ob sich die getroffenen Annahmen in der Realität auch tatsächlich so

bestätigen werden, sodass positive oder negative Überraschungen nie ganz

auszuschliessen sind.

Schluss

Die ausgeprägte Stellung der vier weltgrössten Banken zwingt die kleineren

Finanzinstitute immer öfters zu einschneidenden Massnahmen. Aus diesem Grund

wird in der Öffentlichkeit immer lauter von einer Fusion zwischen einer Schweizer

und einer deutschen Grossbank gesprochen. Wie jedoch eine M&A-Transaktion

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Grenzüberschreitende Fusion zweier Grossbanken

Seite 27

aussehen könnte und welche Folgen daraus resultieren würden, ist kaum

abzuschätzen.

Mithilfe eines Netzwerkes ist es jedoch möglich, das komplexe Problem aus einer

Perspektive darzustellen und die Auswirkungen wenigstens theoretisch zu

simulieren. Bezogen auf die Fusion zwischen einer Schweizer und einer deutschen

Grossbank, können beispielsweise die Folgen von zunehmender Globalisierung, der

Beitritt der Schweiz zur Europäischen Union oder sehr konkret, die Auswirkungen

auf das Arbeitsklima abgeschätzt werden. Daraus resultiert, dass die verstärkte

Globalisierung aus der Sicht des Managements positive Wirkungen entfaltet,

während bei einem EU-Beitritt und einem veränderten Arbeitsklima vermehrt

Probleme und Kosten auftreten werden.

Das erstellte Netzwerk ermöglicht zudem, dass die selbst beeinflussbaren Grössen

gezielt geplant werden können und mithilfe von Indikatoren deren Auswirkungen

abgeschätzt werden können. So kann das Management am Netzwerk die Fusion

zwischen den betreffenden Grossbanken durchspielen und anhand von

Früherkennungs- und Erfolgsindikatoren die Folgen im Voraus abschätzen. Ob die

Prognosen dann wirklich mit der Realität übereinstimmen, hängt jedoch alleine von

der Vollständigkeit des Netzwerkes ab.

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Grenzüberschreitende Fusion zweier Grossbanken

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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Der zentrale Kreislauf.......................................................................S. 13

Abbildung 2: Zentraler Motor mit Teilnetzwerken Aktionäre und Kunden .............S. 15

Abbildung 3: Das Gesamtnetzwerk.......................................................................S. 17

Literaturverzeichnis

Kleine, C. (1995). Unternehmensübernahmen in Deutschland durch Käufer aus der

Schweiz: Probleme bei der Zielerreichung. Nicht publizierte Diplomarbeit,

Universität St. Gallen.

Deutsche Bank Research. (2004). EU- Monitor: Finanzmarkt Spezial. Bankerfolg in

Europa: Grosse Fortschritte durch Konsolidierung – mit Ausnahme

Deutschlands. Frankfurt am Main: Selbstverlag.

Gomez, P. & Probst, G. (1999/2004). Die Praxis des ganzheitlichen Problemlösens.

(3. Aufl.). Bern: Haupt Verlag.

Mellinger, L. (1971). Die Fusion von Aktiengesellschaften im schweizerischen und

deutschen Recht. Dissertation, Universität St. Gallen. München:

Dissertationsdruck Schön.

Meyers Taschenlexikon. (1987). Fusion. Mannheim/Wien/Zürich: BI-Taschenbuch-

verlag.