Prozessmodellierung mit BPMN - Medizin- · PDF fileDie Business Process Modelling Notation...

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Page 1: Prozessmodellierung mit BPMN - Medizin- · PDF fileDie Business Process Modelling Notation (BPMN) ist eine der verbreitetsten Mo-dellierungssprachen, um Prozesse gra-fisch zu dokumentieren.

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Wie funktioniert eigentlich ...?

Prozessmodellierung mit BPMN

Ausgabe 3/2011

beitsschritte in welcher Reihenfolge undin welchen gegenseitigen Abhängigkeitendurchführt. Wenn Sie jedoch auch unter-scheiden wollen, ob beispielsweise Abläu-fe alternativ oder parallel erfolgen, ob einAblauf auf den anderen warten muss undob ein Menschen oder ein Computersys-tem einen Arbeitsschritt ausführt, solltenSie besser mit den Notationselementen ver-traut sein.

Activities

Eine Activity ist eine fachliche Aufgabebzw. Tätigkeit, die Ressourcen wie Zeit

oder Geld benötigt und dazu dient, ein Unternehmensziel zu erreichen. Beispiele sind „Patient untersuchen“, „D iagnose dokument ie ren“ und „Fall abrechnen“. Man unterscheidet elementare Activities ( � Task) undkomplexere Activities ( � Subprocess),die selbst wieder mehrere Tätigkeiten

umfassen. Optional lässt sich angeben,wer den Task ausgeführt (z.B. Anwender,System), ob es sich um einen wiederver-wendbaren Prozess handelt und ob eineActivity (Task oder Prozess) n-fach ausge-führt wird ( � Multi Instance) oder solan-ge wiederholt wird, bis eine Abbruchbe-dingung erfüllt ist ( � Loop).

Gateways

Gateways dienen dazu, Kontrollflüsse auf-zuspalten oder zusammenzuführen. Manunterscheidet die Gateways ● XOR (dargestellt durch ein optionales „X“):genau eine der Möglichkeiten wird durchlaufen. ● OR: eine oder mehrere Möglichkeiten wer-den durchlaufen. Ein zusammenführendesOR-Gateway synchronisiert Flüsse, d.h. eswartet, bis alle aktiven Flüsse fertig durch-laufen sind.● AND: Erzeugt parallele Flüsse, die alledurchlaufen bzw. beim Zusammenführen syn-chronisiert werden.● Event: Diesem Gateway folgen Flüsse, dieEreignisse auffangen müssen, beispielswei-se eine Nachricht. Der Fluss, der zuerst das Ereignis fängt, wird durchlaufen.

Prozesse, Workflows, klinische Behandlungs-pfade. Jedes Krankenhaus, jeder Softwareher-steller, jedes Beratungsunternehmen wirbt mitden Vorteilen der Modellierung und Imple-mentierung von Geschäftsprozessen: Manschafft eine höhere Transparenz, beschleunigtdie Arbeitsabläufe, reduziert die Kosten, ver-einfacht die Ressourcenplanung und verbes-sert die Qualität (der Behandlungen), um nureinige Beispiele zu nennen. (Wie) kann dies gelingen? Mit diesem Artikel möchten wir Ihnen einen ersten Überblick verschaffen. Von Christian Johner und Harald Wenger

BPMN: Die Modellierungssprache

Die Business Process Modelling Notation(BPMN) ist eine der verbreitetsten Mo-dellierungssprachen, um Prozesse gra-fisch zu dokumentieren. Natürlich könn-te man Prozesse auch rein textuellbeschreiben. Aber die wenigen Sprach-elemente der BPMN zwingen dazu, sehreindeutig und einfach verständlich zu dokumentieren. Ein Bild (z.B. Abbildung1) sagt eben mehr als 1.000 Worte oderaktenschrankfüllende Ordner.

Selbst wenn Sie BPMN noch nicht ken-nen, verstehen Sie bereits, wer welche Ar-

Autor Prof. Dr. Christian Johner, Initiator und Leiterdes Konstanzer Instituts für IT im Gesundheitswe-sen: „Damit können Sie Ihre Ziel erreichen: Dassdie IT das umsetzt, was die medizinischen Abtei-lungen wünschen, dass Ihr Softwarehaus das liefert,was Sie benötigen und dass Ihnen Ihre Berater nichtnur Präsentationen und Dokumente, sondern kon-krete Hilfe geben können.“

Abbildung 1: Das Business-Prozess-Diagramm BPD beschreibt Prozesse und deren Zusammenspiel mit Hilfe derBusiness Process Management Notation BPMN.

Abbildung 2: Verschiedene Ausprägungen von Activities

Abbildung 3: Gateways spalten Kontrollflüsse aufoder führen sie zusammen.

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[1] Beispiel für einen Integrationsserver fürdas Gesundheitswesen, der via BPMNkonfiguriert wird: http://orchestra.emds-ag.de

[2] Kostenloses Modellierungswerkzeugund weitere Informationen zu BPMN:http://www.bizagi.com

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Wie funktioniert eigentlich ...?Ausgabe 3/2011

Events

Ein Ereignis ist das „Eingetretensein“ einesbetriebswirtschaftlich relevanten Zustandes,der den (weiteren) Ablauf des Geschäftspro-zesses startet, steuert, beeinflusst oder be-endet. Im Gegensatz zu einer Activity, dieein Zeit verbrauchendes Geschehen darge-stellt, ist ein Ereignis auf einen Zeitpunktbezogen. Beispiele sind „Patient diagnosti-ziert“, „Telefonat angenommen“ und „Arti-kel bestellt“. Man unterscheidet Startereignisse, Zwi-schenereignisse und Endereignisse. Davonabhängig, ob ein Timer, eine Ausnahme,eine Nachricht usw. das Ereignis auslöstoder fängt, zeichnet man in die Kreise ei-ne Uhr, einen Blitz, ein Briefsymbol usw. Essind allerdings nicht alle Kombinationenerlaubt. So darf ein Timer kein Endereig-nis auslösen. Für sendende/werfende/aus-lösende Events nutzt man ausgefüllte Sym-bole, für (emp-)fangende offene Symbole.

Sequence und Message Flows

Sequence Flows verbinden Activities, Gate-ways und Events und bestimmen dadurch dieReihenfolge der Ausführung. Message Flowsverbinden hingegen nie Elemente innerhalbeines Pools, sondern entweder Pools oder Ele-mente verschiedener Pools miteinander. Se-quence Flows zeichnet man als durchgezo-gene, Message Flows als gestrichelte Pfeile.

Pool und Swimlanes

Der Pool ist ein Container für einen ein-zelnen Prozess. Swimlanes können denProzess weiter unterteilen. Sowohl Poolsals auch Swimlanes repräsentieren füreinen Prozessteilnehmer wie Unterneh-men, Organisationseinheiten, Rollen

oder Systeme. Ein Business-Prozess-Dia-gramm BPD besteht aus mindestens ei-nem Pool.

Artifacts

Man nutzt Artefakte, um zusätzliche In-formationen über den Prozess darzustel-len. Zu den bereits standardisierten Ar-tefakten zählen Datenobjekte wieDokumente, E-Mails, Briefe usw., Anno-tationen und Gruppen.

BPMN: Anwendung und Nutzen

Mit diesem Wissen über die Notationsele-mente ausgestattet, können Sie nun demDiagramm (Abbildung 1) entnehmen, dassder Arzt nach der Diagnose dem Patientenein Medikament verschreibt oder eine CT-Untersuchung beauftragt oder beides tutoder weder noch. Sie sehen auch, dass dasEinreichen der Abrechnung bei der KV au-tomatisiert durch ein Computersystem er-folgt. Doch, so hält mir neulich ein Kran-kenhaus-IT-Leiter vor, „die Modellierung vonGeschäftsprozessen bringt doch gar nichts.Man muss die Prozesse verbessern und dannauch leben.“ Das hört sich logisch an, stimmtaber nicht ganz. Die Erfahrung zeigt, dassbereits das gemeinsame Modellieren zu Er-kenntnissen führt. Beispielsweise die Er-kenntnis, dass jeder Mitarbeiter ein etwas an-deres Verständnis des Prozesses hat(te). Oderdie Erkenntnis, dass der Prozess (unnötig)kompliziert gestaltet ist. So begriffen die Mit-arbeiter eines Universitätsklinikums erst beimModellieren, dass das Prozessmodell einerHernien-OP ausgedruckt zehn Meter (!) langist – die eigentliche Operation aber nur 5cmin diesem Diagrammausmacht. Es gab of-fensichtlich viele über-flüssige Arbeitsschritte.

Die Modellierungschafft noch mehr alsnur ein Bewusstsein da-für, dass Ist-Prozesseverbesserungsbedürftigsind. Die Modellierungdient ebenso der Beschreibung von Soll-Prozessen und der Spe-zifikation von IT-Sys-temen: Sie als IT-Leiterprogrammieren einenmodernen Integrations-server [1] mit BPMN so,

Autor Harald Wenger leitet das Geschäftsfeld Integration Services der EMDS AG undverantwortet Architektur, Design und Implementierung leistungsfähiger Integrati-onssysteme: „Modellieren Sie Ihre Prozesse mit Hilfe der BPMN. Das fördert Ihreinterne Kommunikation und das gegenseitige Verständnis.“

Abbildung 4: Es gibt verschiedene Formen von Start-,Zwischen- und Endereignissen, die hier nicht alledargestellt sind

dass er Patientendaten aus einem Praxis-verwaltungssystems PVS in das KIS impor-tiert. Mit Hilfe der BPMN würden Sie be-schreiben, dass er eine BDT-Datei eines PVSseinliest, die Daten vom BDT ins HL7-For-mat konvertiert und dann mit Hilfe des Mi-nimal Lower Layer Protokolls (MLLP) insKIS übermittelt.

Integrationsserver [1] sind zum einen inder Lage, verschiedenste Formate wie HL7,DICOM, XML, csv, SAP usw. zu wandeln.Zum anderen lesen und schreiben sie nichtnur Dateien, sondern greifen auch auf Da-ten aus Datenbanken, E-Mails, HTTP-Stre-ams, Sockets, Webservices und über FTP zu.

Fazit: Die Geschäftsmodellierung kannin der Tat der Schlüssel sein, um die Prozes-se in Ihrem Krankenhaus schneller, kosten-günstiger und mit höherer Qualität zu leben.Modellieren Sie gemeinsam Ihre Prozesse mitHilfe der BPMN. Das fördert Ihre interneKommunikation und das gegenseitige Ver-ständnis. Und schließlich können Sie in derIT das umsetzen, was die medizinischen Ab-teilungen wünschen und Ihr Softwarehausdas entwickeln, was Sie wirklich benötigen.

KontaktProf. Dr. Christian Johner:

[email protected] www.johner-institut.de

Harald Wenger: [email protected]

www.emds-ag.de