pvl – parlament von links, Ausgabe 01/2011

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von Heft 1/2011 Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag Dokumente und Standpunkte Schwerpunktthema: Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge Weshalb gibt’s manchmal Zoff bei der „Hochzeit“ von Gemeinden? Wie viel Demokratie braucht die Mittelschule Kreischa? Womit will Schwarz-Gelb den Freistaat modernisieren? Was kommt nach Schnee und Frost für Sachsens Straßen? Wer ist Schuld am Crash der Sächsischen Landesbank? Wann fährt ein Zug von Sebnitz nach Dolní Poustevna? Warum muss der Flusslauf der Elbe geschützt werden? Wo sind die LINKEN MdL-Büros zwischen Bastei und Bobbahn Altenberg?

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Magazin der Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag

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von

Heft 1/2011

Fraktion DIE LINKEim Sächsischen LandtagDokumente und Standpunkte

Schwerpunktthema:

Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge

Weshalb gibt’s manchmal Zoff bei der „Hochzeit“ von Gemeinden?

Wie viel Demokratie braucht die Mittelschule Kreischa?

Womit will Schwarz-Gelb den Freistaat modernisieren?

Was kommt nach Schnee und Frost für Sachsens Straßen?

Wer ist Schuld am Crash der Sächsischen Landesbank?

Wann fährt ein Zug von

Sebnitz nach Dolní

Poustevna?

Warum muss der Flusslauf der Elbe geschützt werden?

Wo sind die LINKEN MdL-Büros zwischen Bastei und Bobbahn Altenberg?

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Bernhard-von-Lindenau-Platz 101067 DresdenTelefon: 0351/493 5800Telefax: 0351/493 5460E-Mail: [email protected]://www.linksfraktion-sachsen.de

Parlament von links (pvl) ist das Magazin der Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag. Pvl erscheint vier Mal im Jahr und ist kostenlos. Abo unter:

Editorial, Impressum } S. 2

Ein moderner Staat sieht anders aus! } S. 3

Elbeausbau? Es ist alles im Fluss } S. 4

Sandkörnchen im (Bank-)Getriebe } S. 5

Erpresserisches Aussitzen um Hartz IV } S. 6

Zwei von LINKS für Sie vor Ort } S. 7

Liebe Leserin, lieber Leser,

ist die Weltfinanzkrise wirklich vorbei? Kommt der Megawinter zurück? Und kann man auf unseren von Schlaglöchern zerfressenen Straßen überhaupt noch fahren?

Warum hat das Leipziger Zoo-Opossum Heidi mehr Facebook-Freunde als Angela Merkel? Und weshalb lächelt Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich immer so hintergründig?

Und warum haben Sie heute dieses blaue Heft von den „Roten“ im Briefkasten?

Fragen eins bis fünf können wir auch nicht beantworten, Frage sechs schon: Weil wir möchten, dass Sie wissen, was uns umtreibt. Damit Sie sich Ihre Meinung bilden und uns helfen können, Politik noch dichter am und fürs Leben zum machen. Nicht mehr und nicht weniger.

Damit grüßen wir unsere langjährigen treuen Pvl-Leserinnen und Leser und begrüßen alle Neu- und Zufallsleser, die diese erste Quartalsausgabe unseres Fraktionsmagazins vor allem im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge in der Hand halten. Mit Themen wie dem Kampf um die Mittelschule Kreischa oder dem Für und Wider zur geplanten Elbestaustufe bei Děčín ist dieses Magazin also nicht nur als greifbares Druckwerk in ihrer Region präsent.

Wir wünschen Ihnen allen eine angenehme und interessante Lektüre und falls am Ende (siehe oben) Fragen offen bleiben, kommen Sie auf uns zu und lassen uns gemeinsam nach Antworten suchen!

Ihre pvl-Redaktion

Dauerbrenner Schulschließungen } S. 8Die Gallier aus Kreischa } S. 9Geld ist nicht alles. Ohne Geld ist alles nichts. } S. 10Der lange Weg vom „Kampf der Kulturen“ zum „Markt der Kulturen“ } S. 11Der Schnee von gestern } S. 12Das ist eine Frage der Demokratie } S. 12

Dauerbrenner Schulschließungen } Seite 8Elbeausbau? Es ist alles im Fluss } Seite 4

600 Meter Peinlichkeit } S. 13

Serbska Strona / Sorbische Seite } S. 14

Das Sorbengesetz ist novellierungsreif } S. 14

Parlamentarische Initiativen } S. 15

3 x Glück mit „20 Jahre LINKE POLITIK für Sachsen“ } S. 15

Kreuzworträtsel } S. 16

IMPrESSuM:

V.i.S.d.P.: Marcel Braumannredaktion: Elke Fahr Layout: Carola MüllerDruck: DruckHaus Dresden GmbHAuflage: 124.200 Stück (1. Quartal 2011)

Die nächste Ausgabe erscheint Ende Mai 2011.

Die mit Namen oder Initialen gekennzeichneten Beiträge geben die Meinung des Autors, jedoch nicht unbedingt die Ansicht des Herausgebers wieder. Nachdruck nur mit Quellenangabe. Für Nachdruck signierter Beiträge ist die Genehmi-gung des Verfassers erforderlich.

Diese Publikation dient der Information und darf in einem Wahlkampf nicht zur Parteienwerbung eingesetzt werden.

Bildnachweis:Titelfoto: Protestbanner, gestaltet zur Unterstüt-zung im Kampf um den Erhalt der Mittelschule Kreischa. Gesehen und abgelichtet von: efaSeite 2, oben Mitte: © Thomas Siepmann/PIXELIO; Seite 2, unten links und unten Mitte: efa; Seite 2, unten rechts: © Himi/PIXELIO; Seite 3, oben rechts: www.factory-7.de; Seite 3, unten links: © M. Großmann/PIXELIO; Seite 4: efa; Seite 5: © Gerd Altmann/PIXE-LIO; Seite 6, oben links: © qay/PIXELIO; Seite 6, un-ten: © Gerd Altmann/PIXELIO; Seite 7, 8, 9: efa; Seite 10, oben: © Klaus-Uwe Gerhardt/PIXELIO; Seite 10, unten: © Ernst Rose / PIXELIO; Seite 11, oben: efa; Seite 12, links: © Daniel Rennen/PIXELIO; Seite 13, oben: © Paul Golla/PIXELIO; Seite 13, unten: © Ale-xandra H./PIXELIO; Seite 14, oben rechts: efa; Seite 14, oben links: DAK; Seite 15, unten: DAK; Seite 16: Cartoon: Harm Bengen/toonpool.com

Der Schnee von gestern } Seite 12

Auch aus Steinen,

INHALtSVErZEICHNIS

die einem

in den Weg gelegt werden,

kann man Schönes bauen.

Johann Wolfgang von Goethe

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Staatsmodernisierung tut in Sachsen wirk-lich Not. Am besten sollte man bei der am-tierenden Regierung anfangen, aber die wird wohl bis 2014 im Amt bleiben. Schon seit vielen Jahren wird darüber diskutiert, die dreistufige Verwaltung durch ein Zwei-Stufen-Modell zu ersetzen, weil die Re-gierungspräsidien als unkontrollierte Kon-trollinstanz und undurchsichtige Aufsicht der Kommunen empfunden werden. Mitt-lerweile heißen diese Behörden Landesdi-rektionen Dresden, Leipzig und Chemnitz, und was beschert uns die von CDU und FDP ausgerufene „Staatsmodernisierung“ jetzt? Die erneute Umbenennung zu einer Landesdirektion Sachsen, deren künftiger Präsident in Chemnitz sitzt, wobei alle drei Standorte fortleben – das ist nichts ande-res als Etikettenschwindel.

Andere Behörden werden ohne Sinn und Verstand zu kostspieligen Umzügen genö-tigt: So soll der Landesrechnungshof von Leipzig nach Döbeln ziehen, weil das ein geographisch zentraler Standort sei. Da ist man fast versucht zu fragen, wieso der Sächsische Landtag noch in Dresden tagt und nicht in Döbeln. Die Sächsische Auf-baubank wiederum, die aufs Engste mit den in der Landeshauptstadt ansässigen Minis-terien zusammenarbeiten muss, soll nach Leipzig umgesiedelt werden. Begründung: Dadurch solle der „Bankenstandort“ Leipzig gestärkt werden. Man darf ergänzen: Nach-dem er durch eine verfehlte Geschäftspoli-tik und dem dadurch verschuldeten Notver-kauf der sächsischen Landesbank gerade erst geschwächt worden ist.

Noch weniger nachvollziehbar ist eine Merkwürdigkeit, die sich schon beim ersten Blick auf die Karte mit den „SOLL-Standor-ten der Sächsischen Landesbehörden“ of-fenbart: Im Landkreis Leipzig soll es künftig

doppelt so viele Polizeistandorte geben wie im Landkreis Sächsische Schweiz/Osterz-gebirge, und das bei nahezu gleicher Ein-wohnerzahl! Dafür kann es eigentlich nur eine Erklärung geben: Der Landespolizei-präsident wohnt im Landkreis Leipzig …

Kein Wunder, dass Landräte (im Übrigen alle mit CDU-Parteibuch) und Bürgermeis-ter auf der ersten Informationsveranstal-tung von Justizminister Martens (FDP), dem Beauftragten für die so genannte „Staats-modernisierung“, ihrem Ärger über Konzep-tionslosigkeit und mangelnde Beteiligung der kommunalen Verantwortlichen freien Lauf ließen. Wir LINKE hatten Martens An-gebot, bei diesem Thema das Gespräch mit der Opposition zu suchen, begrüßt. Das kann aber nur heißen, dass dieses völlig un-ausgegorene Sammelsurium an Vorschlä-gen den Landtag nicht so verlässt, wie es jetzt vorgestellt wurde.

Das Hauptproblem von Schwarz-Gelb ist der fehlende strategische Kopf. Minister-präsident Tillich taucht – fast schon traditi-onell – bei allen Konflikten ab. Beim Schlüs-sel-Thema „Staatsmodernisierung“ gibt es offenbar eine unproduktive Konkurrenz zwi-schen Staatskanzlei und Justizministeri-um, und gleichzeitig wetteifern so genann-te Partei-Fachgruppen von CDU und FDP darum, wer den größeren inhaltlichen Ein-fluss auf dieses Projekt hat. Dabei müss-te es eigentlich darum gehen, die langfris-tige Handlungsfähigkeit des Freistaates zu sichern. Die aber gewinnt man nicht da-durch, dass man einfach im Verlauf zweier Wahlperioden ein Fünftel aller Arbeitsplät-ze im Landesdienst abbaut, munter zentra-lisiert, willkürlich verlagert, fusioniert und umstrukturiert.

Gleichzeitig bleiben objektive Sparpoten-ziale ungenutzt. Wir haben während der Haushaltsberatungen mehr Kooperation zwischen Sachsen, Thüringen und Sach-sen-Anhalt angemahnt. Es gibt keinen ver-nünftigen Grund, warum jedes Bundesland ein separates Statistisches Landesamt und eine eigene Landesvertretung in Ber-lin und Brüssel unterhält. Alle drei Bundes-länder werden zurzeit noch von CDU-Minis-terpräsidenten regiert (was sich hoffentlich in Sachsen-Anhalt in Kürze ändert, wo DIE LINKE mit Wulf Gallert einen aussichtsrei-chen Kandidaten hat), doch das gemeinsa-me Parteibuch trägt keine Früchte für die Region.

Bevor Personal umhergeschoben oder ab-gebaut wird, braucht es eine unbefange-ne Aufgabenkritik: Welche Dienstleistun-gen sollen Verwaltung, Justiz und Polizei in welchem Umfang wo und wann für die Be-völkerung erbringen? Stattdessen werden

Tausende von Personalstellen abgebaut, obwohl Sachsen z.B. bei der Polizeidichte schon jetzt hinter Brandenburg liegt. Der zuständige Innenminister behauptet gleich-wohl, es werde künftig kein Polizist weniger auf der Straße sein, ohne jedoch dafür den Beweis antreten zu können.

Eine seriöse Polizei- und Verwaltungsre-form sieht anders aus. Die vorgelegten Plä-ne verdienen den Namen „Staatsmoderni-sierung“ nicht! Viele tausend Beschäftigte werden längere Arbeitswege bekommen, was nicht nur auf Kosten ihrer Famili-en geht, sondern nebenbei auch noch die Staatskasse belastet (Pendlerpauschale). Den Bürgern werden längere Wege zuge-mutet, z. B. zum Finanzamt.

Wir von der LINKEN drängen auf Verände-rungen und mehr Mitsprache von Gewerk-schaften, Personalräten und Kommunalpo-litikern, damit Bürgernähe im Sachsen des Jahres 2020 nicht zum Fremdwort wird.

MdL Dr. André Hahn Fraktions-vorsitzender

Ein moderner Staat sieht anders aus!

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hindern sie zudem an der Wanderung. Der Fischbestand, der seit 1990 von einst nur zwölf auf heute 43 Arten angewachsen ist, würde rapide schrumpfen.Auch wird sich die Wasserqualität ver-schlechtern, denn mangels Kläranlagen wird der Hauptteil der Schadstoffe auf tschechischer Seite in die Elbe eingebracht. Hinter einer Staustufe bewegt sich Wasser sehr langsam und verwirbelt nicht mehr. Sedimente setzen sich ab und mit ihnen bspw. organische Schadstoffe, die infolge des Sauerstoffmangels und der verkürzten Verwirbelungsstrecke nicht mehr abgebaut werden. Kommt es dann z. B. bei Hochwas-ser zum so genannten Selbstreinigungs-effekt, gibt es einen Schadstoffschub tal-abwärts. Dies hat nicht nur Auswirkungen auf Flora und Fauna, sondern auch auf die Rohwasserqualität von Dresdner Wasser-werken, die teils aus Uferfiltrat Trinkwasser produzieren.Mit dem Verbau der Elbe würde spürbar in den Landschaftscharakter der Sächsisch-Böhmischen Schweiz eingegriffen. Das wi-derspricht den länderübergreifenden Bemü-hungen, die einzigartige Erosionslandschaft des Elbsandsteingebirges als UNESCO-Weltnaturerbe unter Schutz zu stellen. Aber auch der beliebte Elberadweg am letzten naturnahen Fluss Deutschlands würde an Attraktivität verlieren.

pvl: Die Staustufe ist ein nationales Projekt, inwieweit kann Sachsen da überhaupt Ein-fluss nehmen?

Jana Pinka: Das Gesamtprojekt soll 160 Mio. Euro kosten. Hierfür soll ein beträcht-licher Teil aus EU-Mitteln kofinanziert wer-den. Da Deutschland von möglichen Aus-wirkungen betroffen sein kann, muss Tschechien nach Europäischem Recht eine Stellungnahme zum Vorhaben im Zuge einer Umweltverträglichkeitsprüfung einholen.

pvl: Wie ist der aktuelle Verhandlungsstand und welche Perspektive gibt es?

Jana Pinka: Nach anfänglichen Quere-len zwischen Tschechien und Sachsen wegen der Kürze der Auslegungsfrist und der übergebenen Unterlagen hat es eine Fristverlängerung zur Abgabe einer Stel-lungnahme bis Ende Februar gegeben. Ich rechne mit einer Ablehnung des Baus durch den Freistaat. Schon im November 2010 hatte Sachsens Umweltminister an-gekündigt, neue Elbestaustufen notfalls per Klage verhindern zu wollen. Ob dies Erfolg hätte, bleibt offen. Allerdings wur-den bereits in der Vergangenheit diver-se Elbausbaupläne nach Einsprüchen von deutscher Seite erfolgreich beerdigt. Dass es jetzt eine schnelle Entscheidung gibt, ist eher unwahrscheinlich.

Im Frühjahr, wenn Eis und Kälte gehen und die Natur langsam erwacht, interes-siert bei all ihrer Schönheit an der Elbe vor allem eins: Der Pegel. Bleibt dieser un-ter der kritischen Marke, können Elbanrai-ner zwischen Schöna und Pirna aufatmen und den Strom als das genießen, was er ist: Ein mäanderndes Naturwunder. Dem mit der geplanten Staustu-fe an der Oberelbe in Nordböhmen Gefahr droht, sagen die einen. Das wirtschaftlich aufgewertet würde, sagen die andern. Pvl befragte dazu Dr. Jana Pinka, Diplom-mineralogin und Expertin für umweltpolitik der Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag:

pvl: Wie beurteilen Sie das seit mehr als zehn Jahren verfolgte Ansinnen unserer tschechischen Nachbarn, die Elbe bei Děčín anzustauen?

Jana Pinka: Zunächst bin ich insoweit In-ternationalistin, als dass ich nicht gleich jede wirtschaftliche Anstrengung eines Landes – und da gehört auch die Anbin-dung an Transportwege dazu – angreife. Ich kann durchaus verstehen, dass ein Bin-nenland wie Tschechien nach kostengünsti-gen Lösungen sucht, um das Land über die Flussverbindung Elbe mit internationalen Handelswegen zu verbinden. Da dies nicht möglich ist, ohne die Elbe anzustauen, bleibt unserem Nachbarn also nur, dies an-zustreben. Aber: Der geplante Ausbau der Elbe ist nach meiner Auffassung weder öko-logisch noch volkswirtschaftlich vertretbar, denn mit ihm würden sich die Lebensbedin-gungen für Pflanzen, Tiere und Menschen

gravierend verschlechtern, und zwar auf tschechischer wie auf deutscher Seite.

Darüber hinaus wäre ein solches Bauvorha-ben wirtschaftlich nur dann sinnvoll, wenn nachfolgend auch auf deutscher Seite eine

rentable ganzjährige Schiffbarkeit für Güterschiffe gegeben wäre. Das aber ist mitnichten der Fall, denn die Elbe ist eigentlich ein Niedrigwasser-fluss, was keiner besser weiß, als die Elbanrainer zwischen Bad Schandau

und Dresden. Oft plätschert die Elbe hier monatelang mit einem der-art niedrigen Wasserstand da-hin, der regelmäßigen und wirtschaftlichen Güterverkehr schlicht nicht zulässt. Und: Die Sohlehöhe der Elbe begrenzt

die Masse der zu transportierenden Güter. Für einen durchgängigen Schiffsgüterver-kehr müsste also entweder das gesamte Flussbett tiefer gelegt oder weitere Stau-stufen gebaut werden. Diese Lösung für das sächsische Hoheitsgebiet lehnen wir von der LINKEN klar ab.

pvl: Welche Folgen könnte die Staustufe für Mensch und Natur auf sächsischer Sei-te haben?

Jana Pinka: Die Auswirkungen wären nicht nur für Sachsen, sondern für alle strom-abwärts befindlichen Länder immens. Ich möchte hier nur drei Aspekte nennen:

Der Bau von Staustufen würde die Arten-vielfalt der am und im Fluss lebenden Tier-arten gefährden. Durch Betonierung und Begradigung des Flusses würden die Fi-sche ihre Laichplätze verlieren, Staustufen

Elbeausbau? Es ist alles im Fluss

MdL Dr. Jana Pinka

Die Elbe, schützens- und bewahrenswertes Naturwunder oder auszubauender Transport- und Wirtschaftsweg?

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langfristige Häuserkredite im Paket (RMBS) erworben wurden. Der Zinsvorteil dafür er-wuchs aus der Differenz der Zinszahlung der amerikanischen Häuslebauer und dem staatlich garantierten Niedrigzins.

Bis zum Zusammenbruch des Geschäf-tes hatten es die Banker auf Giftpapiere im Wert von 17,3 Mrd. von möglichen 43 Mrd. Euro gebracht. Das Risiko, dass die Häuslebauer ihre Raten einmal nicht mehr zahlen könnten, wurde einfach ausgeblen-det. Der Wert der Häuser war in den letz-ten Jahren jedoch stets gestiegen. Soll hei-ßen, wer nicht zahlen kann, fliegt raus, und mit dem Verkaufserlös kommt der Kredit auf jeden Fall wieder rein. Das war auch der Grund, weshalb Rating-Agenturen die Bonität der Kreditverbriefungen überwie-gend positiv einschätzten. Dennoch gab es Mahner. Der Verband der Hypotheken-versicherer Amerikas (MICA) warnte schon 2005, die Kreditvergaben der Amerika-ner „ ... könnten sich wie böse große Wölfe benehmen, die die Kreditnehmer eines Ta-ges aus ihren Häusern treiben und in den Abgrund stoßen. (…) Die Kreditgeber, die sich auf die Verbriefung verlassen, könnten für Liquiditätsrisiken anfällig werden, wenn der Markt unerwartet austrocknet, weil die Risiken plötzlich offenbar werden.“

Ein kurzer Blick hinter die Kulissen dieser angeblich hochkomplexen Superproduk-te hätte gereicht, um zu bemerken, dass es sich hier um ein Schneeballsystem von gigantischem Ausmaß handelte. Die Funk-tionsweise des Ormond Quay war eine

Sommer 2005. In Leipzig tagt der Kredit-ausschuss des Verwaltungsrates der Sach-sen Landesbank (SLB). Die Mitglieder des erlauchten Gremiums haben schwerwie-gende Entscheidungen zu treffen, unter anderem darüber, ob einer Gesellschaft in Irland namens Ormond Quay ein Kredit über 1,8 Milliarden Euro eingeräumt wer-den soll. Dass es sich bei Ormond Quay um kein klassisches Unternehmen han-delt, wissen die Beteiligten. Und sie wis-sen auch, dass es diese „Einzweckge-sellschaft“ nur dafür gibt, die Bilanz zu umgehen und ohne eigenes Kapital mit Im-mobilienverbriefungen zu spekulieren. Der Rechtsrahmen hatte Irland zu einem Eldo-rado der Finanzwirtschaft gemacht. Gold-gräberstimmung herrschte. Fern der Hei-mat konnten munter Geschäfte mit neuen Finanzprodukten gemacht werden, ohne sich um die lästigen Kapitalvorschriften nach Basel II zu scheren. Es blühte der Handel mit CDO, CDS, RMBS und anderen Konstrukten, die nur wohlklingende Titel für miese Geschäfte waren.

Die kleinste eigenständige Landesbank Deutschlands, die LB aus Sachsen hatte sich seit der Jahrtausendwende ein eige-nes Claim abgesteckt und wollte trotz ge-ringer Markterfahrung fix noch kräftig ins Geschäft einsteigen, bevor die „Goldader“ versiegt. Das Geschäftsmodell der Lan-desbank-Tochter in Dublin war simpel. Die staatliche Haftung für die Geschäfte der Bank ermöglichten besonders günstige und zumeist kurzfristige Kredite, über die weltweit, hauptsächlich aber in den USA,

einzige Wette auf steigende Immobilien-preise in den USA. In dem Moment, in dem die Immobilienpreise in sich zusammen-brechen und damit die Ausfallwahrschein-lichkeiten steigen, will auch niemand mehr diese Konstrukte kaufen. Und weil den letzten bekanntlich die Hunde beißen, hat-ten sich US-Großbanken schon 2005 von großen Teilen ihrer Verbriefungen getrennt. Mit Blick auf diesen Ausverkauf stellen die amerikanischen Kreditversicherer fest: „Die Frage bleibt, welche Kreditgeber das Risiko noch nicht erkannt haben. Das wer-den diejenigen sein, die noch engagiert sind, wenn es zu spät ist.“

Wie haben sich die Abnicker und Ja-Sager aus dem Kreditausschuss der SLB wohl gefühlt, als es 2007 zu spät war? Moral und Schuld scheinen keine Kategorien des Politischen zu sein. Die Palette der Aus-reden ist facettenreich. Die Hüter des öf-fentlichen Auftrages in den Gremien der Bank, insbesondere des Kreditausschus-ses, sind sich keiner besonderen Schuld bewusst. Mehr noch, sie streiten sie sogar ab. Nicht sie hätten grob fahrlässig gehan-delt, sondern die Vorstände seien an al-lem schuld, hätten diese doch solche Be-schlüsse gar nicht erst vorlegen dürfen. Allem Anschein nach war unseren „Hel-den“ im Aufsichtsgremium die Aufgabe eher eine Last. Und dann war da noch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen, die doch hätte sagen müssen, dass man so was nicht machen darf. Ist denn alles, was nicht ausdrücklich verboten ist auch erlaubt? Die Bundesbank, das Referat 44 des Sächsischen Finanzministeriums, sie alle sollen die Entscheider geblendet, be-logen, verwirrt haben. Abstreiten, Klein-reden und andere beschuldigen – die Trias jedes Skandalgetriebenen.

Der Rechnungshof hat es auf den Punkt gebracht. „Der Verwaltungsrat hat in sei-ner Funktion versagt.“ Dass dieses Versa-gen vom ehemaligen Eigentümer nun nicht mal nicht sanktioniert werden soll, ist eine weitere Tragödie. Ebenso wie die 2,75 Mrd. Bürgschaft, die seit dem Notverkauf der SLB auf Sachsen und somit auf jedem ein-zelnen Steuerzahler lastet.

Sandkörnchen im (Bank-)Getriebe

MdL Sebastian Scheel Sprecher für Finanzpolitik

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Als die Karlsruher Richter am 9. Februar 2010 ihr Urteil über die Verfassungswidrig-keit der Hartz-IV-Regelsätze sprachen, hoff-te so manch Betroffener, dass es endlich eine erhebliche Anhebung der Leistungen, vor allem aber für Kinder, geben würde. In den politischen Lagern gingen die Mei-nungen weit auseinander. Während CDU-Vertreter, nachdem sie die anfängliche Schockstarre ob der Karlsruher Klatsche

Erpresserisches Aussitzen um Hartz IVüberwunden hatten, gar darüber orakelten, dass die Regelleistungen unter Umständen nun gar sinken könnten, forderte DIE LINKE im Sächsischen Landtag, das Karlsruher Urteil konsequent umzusetzen, den Eck-regelsatz auf mindestens 420 Euro anzuhe-ben und einen eigenen Regelsatz für Kinder einzuführen. Allerdings traten wir schon vor Jahresfrist auf die Euphoriebremse und hegten Zweifel am schwarz-gelben Willen, die richterlichen Vorgaben bis zum 31. De-zember 2010 ernsthaft umzusetzen.

Mit Tricksereien durch die Bundesregie-rung war also von vornherein zu rechnen, und dass der sächsische Ministerpräsident dabei ehrfürchtig schweigend assistieren würde, konnte nicht überraschen. Lange wurden hinter den Kulissen Zahlen hin und her geschoben, bevor man viel zu spät die Katze aus dem Sack ließ und auf Hunder-ten von Seiten begründete, dass der Re-gelsatz eigentlich sogar sinken müsse, man aber gnädig ganze fünf Euro draufle-gen wolle. Dass diese Vorweihnachtsgabe auf Proteste von Gewerkschaften, Wohl-fahrtsverbänden, Kirchen und Oppositi-onsparteien stoßen würde, die umgehend schlüssige Gegenrechnungen präsentier-ten, mag die Bundesregierung einkalkuliert haben, es hielt sie aber nicht davon ab, un-beirrt weiter so zu tun, als sei alles seriös von ganzen Wissenschaftlerstäben berech-net worden. Da sich inzwischen die Mehr-heitsverhältnisse im Bundesrat zu Unguns-ten von Schwarz-Gelb verändert hatten,

war das Scheitern der Gesetzesnovelle vorprogrammiert.

Seither verlegt sich die Bundesregierung auf das Wechselspiel von Erpressung und Aussitzen, frei nach der Devise: Die Ande-ren sind schuld daran, dass die Hartz-IV-Betroffenen nun Monat um Monat um die zugesagten fünf Euro gebracht werden. Ganz gleich, wie das Hickhack im Vermitt-lungsausschuss von Bundestag und Bun-desrat ausgehen und wie lange es noch dauern wird, erneut bleiben die auf Hartz IV Angewiesenen auf der Strecke. Aller-dings dürfte ihnen wohl kaum verborgen bleiben, wer wirklich die Hauptschuld an dieser Schmierenkomödie, die sich immer mehr als Außerkraftsetzung jeglicher de-mokratischer Grundregeln erweist, trägt: die schwarz-gelbe Koalition. Sie hat nicht nur zeitlichen Druck provoziert, sondern den Karlsruher Richterspruch bewusst ignoriert. So werden wohl die Verfassungs-richter in Sachen Hartz IV alsbald wieder tätig werden müssen.

Edith Franke ist als Begründerin, Mo-tor und Seele der Sächsischen Tafeln be-kannt. Auch als Landtagsabgeordnete der Fraktion DIE LINKE kämpft die 68-Jährige Dresdnerin dafür, dass mit den Ärmsten inmitten unseres reichen Landes würde-voll umgegangen wird. Beim pvl-Lesetipp bleibt sich die Alterspräsidentin des Säch-sischen Landtags treu und empfiehlt den Diskussionsband:

tafelGesellschaft – zum neuen umgang mit Überfluss und Ausgrenzung

Franke: „Es ist ein Segen für viele Bedürfti-ge, dass es die Tafeln gibt. Und es ist eine Schande, dass es sie geben muss! Genau in diesem Spannungsfeld stehen die in dem Buch enthaltenen sehr aufschlussreichen

MdL Dr. Dietmar Pellmann Sprecher für Sozialpolitik

Analysen zur Armut in Deutschland. Im Ge-gensatz zu früheren Veröffentlichungen zu diesem Thema, richtet der Herausgeber seinen Blick auf die Ursachen und Wirkun-gen des erodierenden Sozialstaates und ordnet die Tafeln politisch und solidarisch ein. Deutliche Aussagen gibt es zum so-zialökologischen Zweck der Tafelarbeit, zu ihrem Kampf auch gegen die Verschwen-dung. Methodisch klar gegliedert wird un-tersucht, welche Rolle die Arbeitsmarkt-politik auf die Tafeln hat und wie die Tafeln gegen Armut mobilisieren. Mich haben be-sonders die unverstellten Aussagen zum tiefgreifendsten Strukturwandel des deut-schen Arbeitsmarktes und Sozialsystems auf der Grundlage der Hartz-IV-Gesetze beeindruckt, nach denen man schlussfol-gern muss, dass ein breiter Teil der Bevöl-kerung über Hartz IV systematisch von der

Mehrheitsgesellschaft abgekoppelt wird.Soziale Risiken werden individualisiert, die gesamtgesellschaftliche Solidarität kommt abhanden und die Tafeln werden zu einem professionellen und gesellschaftlich aner-kannten Almosensystem entwickelt. Das Buch liefert klare Aussagen über eigentlich unfassbare Zustände, und das macht es für mich so wertvoll.“

„TafelGesellschaft – Zum neuen Um-gang mit Überfluss und Ausgrenzung“Stephan Lorenz (Hg.)transcript Verlag Bielefeld, 2010240 S., kart., 22,80 € ISBN 978-3-8376-1504-3 Reihe Sozialtheorie

9 heute von: Dr. Edith Franke

Buchtipp„TafelGesellschaft – zum neuen Umgang mit Überfluss und Ausgrenzung“

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Zwei von LINKS für Sie vor OrtIm üppig grünen Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, der 2008 aus den Landkreisen Sächsische Schweiz und Wei-ßeritzkreis gebildet wurde, leben heute ca. 261 Tausend Menschen zwischen Wilsdruff, Bad Schandau, Sebnitz und Heidenau; zwi-schen Elbe und Weißeritz und zwischen den Ausläufern des Lausitzer Berglandes und den Hügeln am Ostrand des Erzgebirges.

Im Landkreis zu Hause sind auch Verena Meiwald und Dr. André Hahn. Die beiden Abgeordneten der Landtagsfraktion DIE LIN-KE sind ebenso leidenschaftliche Sachsen wie lokalpatriotische Kreisbewohner. Für Pvl beantworten sie drei Fragen zu ihrer Heimat:

1. Was macht den Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge liebens- und lebenswert?

2. Wo braucht der Kreis Hilfe, was ist verbesserungswürdig?

3. Wo und wie bist Du im Kreis politisch und gesellschaftlich aktiv, wo mischst Du mit und Dich ein?

MdL-Bürgerbüros DIE LINKE im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge

Bürgerbüro Pirna (MdL Dr. André Hahn)Gartenstraße 3701796 Pirna

+49 (0)3501 / 57 10 090 +49 (0)3501 / 46 08 78 [email protected]

Bürgerbüro Dippoldiswalde (MdL Verena Meiwald)Herrengasse 2001744 Dippoldiswalde

+49 (0)3504 / 61 05 61 +49 (0)3504 / 61 05 62

Bürgerbüro FreitalDresdner Straße 19001705 Freital

+49 (0)351 / 64 89 613 +49 (0)351 / 64 89 614 [email protected]

Bürgerbüro Sebnitz (MdL Hahn & MdL Meiwald)Lange Straße 3201855 Sebnitz

+49 (0)35971 / 80 29 27

MdL Dr. Andre Hahn:

1. Neben den in aller Regel freundlichen und offenen Menschen schätze ich natür-lich die traumhafte Landschaft: das Elbtal, die Berge, den Nationalpark. Ich betone überall, wo ich bin, immer wieder, dass ich das Glück habe, im schönsten Wahlkreis des Landes wohnen und arbeiten zu dürfen.

2. Das Hauptproblem ist die völlig unzu-reichende Finanzausstattung durch das Land. Immer mehr Aufgaben werden an die Kreise und Gemeinden übertragen, ohne die dafür nötigen Mittel bereitzustel-len. Die Folgen sind unübersehbar: Kür-zungen bei der Jugend, der Kultur, im Bil-dungsbereich sowie beim Öffentlichen Personennahverkehr. Der Zustand der Straßen erinnert zunehmend an die End-zeit der DDR. Die CDU/FDP-Staatsregie-rung leistet sich Rücklagen in dreistelliger Millionenhöhe und lässt die Kommunen am steifen Arm verhungern. So darf es nicht weitergehen!

3. Ich bin seit 1994 Mitglied des Kreista-ges, war davon 14 Jahre Fraktionsvorsit-zender. Insofern kenne ich die Situation im Kreis recht gut. Als Mitglied des Aufsichts-rates der OVPS kämpfe ich seit Jahren er-folgreich gegen eine Privatisierung des Nahverkehrs. Als Vorsitzender der Land-tagsfraktion bin ich aber überall im Frei-staat Sachsen gefordert und kann mich nicht vorrangig auf die Arbeit in der Regi-on konzentrieren. Aber natürlich habe ich regelmäßig Bürgersprechstunden sowohl in Pirna wie auch in Sebnitz, und auch die Hilfe zur Selbsthilfe für Hartz-IV-Betroffene in meinem Pirnaer Büro wird immer bes-ser angenommen. Es tut gut, Menschen bei der Bewältigung Ihrer konkreten Sor-gen und Nöte helfen zu können.

MdL Verena Meiwald:

1. Der Landkreis vereint die landschaft-lich reizvollen Gegenden der Sächsischen Schweiz und des Osterzgebirges, die sowohl für Einheimische als auch für die vielen Tou-risten anziehend sind. Die vielfältigen Frei-zeitangebote in allen Teilen unseres Kreises bieten darüber hinaus für Jung und Alt ab-wechslungsreiche Möglichkeiten, sich in der nahen Umgebung sportlich und anderweitig zu betätigen oder sich zu erholen.

2. Der neue Landkreis wächst zusam-men. Das geht nicht von heute auf morgen und nicht ohne Reibung. Eine zweckmäßi-ge Verteilung der Ressourcen auf alle Teile des Kreises, um keine Region von vornher-ein zu schwächen, ist Voraussetzung für das Miteinander aller. Der Ruf des Landkreises hat in den letzten Jahren durch das Agieren rechtsradikaler und neofaschistischer Grup-pierungen gelitten. Nur durch weiteres kon-sequentes Auseinandersetzen mit rechtem Gedankengut und überall gelebter Demo-kratie können wir die Menschen in unserem Kreis weiter befähigen, sich für Toleranz und Mitmenschlichkeit zu entscheiden.

3. Als Kommunalabgeordnete versuche ich alle Ebenen miteinander zu verbinden, vom Ortschaftsrat über den Stadtrat bis zum Kreistag. Es ist mir besonders wichtig, mich für die Probleme und Interessen der Bür - ger innen und Bürger auf den dafür zuständigen Ebenen einzusetzen. Ein Schwerpunkt bildet hier für mich die Schulpolitik mit allem, was dazu gehört. Und nicht nur, weil ich sportpo-litische Sprecherin meiner Landtagsfraktion bin, liegen mir neben meinem eigenen Sport-verein die Interessen des Sports im gesam-ten Landkreis und die damit verbundene Stär-kung des Ehrenamtes besonders am Herzen. Zudem bietet der Sport auch die beste Mög-lichkeit, Demokratie zu erlernen und zu leben.

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8 pvl Heft1/2011

Wird in Sachsen eine bestimmte Schüler-zahl pro Klasse, Klassenstufe oder Schu-le unterschritten, verfügt das Ministerium für Kultus, dass diese Klasse, Klassenstu-fe oder Schule nicht weitergeführt oder gar nicht erst aufgemacht werden darf. Auf amtsdeutsch heißt das Mitwirkungsent-zug und verschleiert die Brutalität, die hin-ter dem angeblich alternativlosen Proze-dere steckt, das hierzulande bereits mehr als 1.000 Schulstandorten den Garaus machte.

Wird eine Klassenstufe abgeschafft oder eine Schule geschlossen, bedeutet das für die betroffenen Kinder, den vertrauten Lern-ort zu verlassen. Meist wird aus dem kur-zen Schulweg zu Fuß eine lange Fahrt mit dem Bus. Alles ändert sich: Lernumfeld, Schulweg, Tagesablauf. Schulische Nach-mittagsangebote, die das Lernen unterstüt-zen und Sozialbindungen fördern, können nur noch bedingt wahrgenommen werden. Keine Frage, so wird man das Problem der skandalös hohen Zahl der Schulabbrecher in Sachsen und andere Defizite bestimmt nicht lösen können!

Das schien endlich auch die CDU/FDP-Ko-alition begriffen zu haben und verkünde-te zum Jahresende 2010 ein Moratorium, nach dem bis 2014 keine Mittelschulen im ländlichen Raum mehr geschlossen wer-den sollen. Der Verkündung folgte hörbares Aufatmen im Land, blieben uns doch so we-nigstens die jetzigen Schulstandorte erhal-ten. Nur steckt auch hier der Teufel im De-tail. Während sich die FDP mal wieder selbst

Gesetz zu halten und das Schulgesetz ver-langt nun mal mindestens Zweizügigkeit, also mindestens 40 Schüler pro Jahrgang. Genau genommen fordern CDU und FDP mit dem Moratorium die Kreistage und das Ministerium auf, bei der Schulnetzplanung und im Genehmigungsverfahren gegen gel-tendes Recht zu verstoßen. Das ist absurd, denn diese „Rechtslage“ könnte der Landtag mit einfacher Mehrheit umgehend ändern.

Die Fraktion DIE LINKE hat gefordert, das Schulgesetz für den Freistaat Sachsen zu ändern, auch um in dieser Frage Rechtssi-cherheit herzustellen. Eine Gesetzespas-sage soll lauten: „Mittelschulen können einzügig, Gymnasien müssen mindestens zweizügig geführt werden.“ Der Gesetzent-wurf der LINKEN zur Änderung des Schul-gesetzes wurde jedoch abgelehnt. Und das nicht nur, weil er von LINKS kam. Nein, es ging um die Sache selbst. Man möchte das Thema in der Öffentlichkeit klein halten und man möchte keine Gesetzesänderung.

Nun kann das Staatsministerium so oder so entscheiden. Wir werden es bestimmt nicht anprangern, wenn Staatsminister Wöller die gesetzliche Mindestforderung ignoriert und Schulen am und im Leben lässt. Doch was ist das für eine Politik, die nicht die Kraft hat, vernünftige gesetzliche Grundlagen zu gestalten und nur über Druck aus der Öf-fentlichkeit zu vernünftigen Einzelfall-Ent-scheidungen findet?

Gestatten Sie mir an dieser Stelle einen kur-zen Blick zurück. Am 24. März 2007, also vor vier Jahren, titelte die Lausitzer Rundschau: „Kultusminister beendet Schulschließun-gen“. Steffen Flath – damals Kultusminister – wurde wie folgt zitiert: „Die Schulen sollen sich wieder ohne Unruhe von außen auf die inhaltliche Arbeit und den Unterricht kon-zentrieren können.“ Anfang 2010 und somit ein halbes Jahr nach der Landtagswahl, hat-ten wir trotzdem wieder eine Liste mit über 40 angekündigten Mitwirkungsentzügen auf dem Tisch. Es wurde und wird also weiter geschlossen.

Für den kommenden Wahlkampf soll sich nun also das „Moratorium“ bewähren. 2014 ist wieder Landtagswahl. Und dann?

wegen des genialen Schachzugs feiert, lacht sich die CDU halbtot – und schließt weiter Schulen.

Ein Moratorium ist eine Erklärung, nach der etwas für eine bestimmte Zeit ausge-setzt wird. Im konkreten Fall brachten CDU und FDP einen Entschließungsantrag in den Landtag ein und ersuchten die Staatsregie-rung, bis zur nächsten Landtagswahl im Jahr 2014 „von Mitwirkungsentzügen bei Mittel-schulen im ländlichen Raum abzusehen, wenn die Schülerzahl von 20 für die Ein-gangsklasse erreicht ist “. Danach soll es im ländlichen Raum also künftig erlaubt sein, eine Klassenstufe der Mittelschule auch „einzügig“, also mit nur einer Klasse, in der mindestens 20 Schüler lernen, weiterzufüh-ren. Bisher waren mindestens zwei Klas-sen und die doppelte Schülerzahl erforder-lich. Insofern scheint Schwarz-Gelb erkannt zu haben, dass das derzeit gültige Schulge-setz mit der Verpflichtung zur Zweizügigkeit an Mittelschulen nicht mehr anwendbar ist. Allerdings folgt dem zitierten Moratoriums-Satz noch ein Halbsatz, nachdem das nicht für Schulen gilt, „deren Aufhebung bereits in den Schulnetzplänen beschlossen ist.“ Konkret geht damit der Daumen für die Mit-telschulen in Kreischa, Seifhennersdorf und Bad Elster runter.

Ich frage mich, warum ein Weg, den man endlich als falsch erkannt hat, dennoch un-verdrossen weiter beschritten wird. Wobei dem Kultusministerium nicht mal ein Vor-wurf zu machen ist, denn wie jedes ande-re Ministerium hat es sich an das geltende

Dauerbrenner Schulschließungen

MdL Cornelia Falken Sprecherin für Bildungspolitik

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Lucas war aufgeregt. Im Sächsischen Land-tag war er zuvor noch nie gewesen. Und nun saß er mit Mutti Ina im grünen Pols-ter auf der Besuchertribüne und lauschte den Reden der Politiker. Als dabei von ei-nem „tapfereren gehbehinderten Fünft-klässler“ die Rede war, bekam er rote Oh-ren: „Mama, das bin ich!“

Der aufgeweckte Junge mit den quietsch-gelben Gehhilfen war zu diesem Zeitpunkt schon eine kleine Berühmtheit, Zeitun-gen hatten berichtet, das Fernsehen war da. Und all das nur, weil er sich in seiner Schule wohlfühlt – und eben diese Schu-le auf der Schließliste des Kultusministeri-ums steht.

Mit Lucas waren am 19. Januar ca. 250 wei-tere Kinder, Eltern und Schulvertreter aus Seifhennersdorf, Bad Elster und Kreischa nach Dresden gereist, um vorm Landtag ihrem Unmut Luft zu machen. Konkret der „Fall Kreischa“ schlug hohe Wellen, hatten doch DIE LINKE, SPD und GRÜNE einen ge-meinsamen Antrag dazu auf die Tagesord-nung der 28. Landtagssitzung gesetzt.

Rückblick: 2006 musste sich der dama-lige Weißeritzkreis aufgrund harscher Auf-lagen für eine der beiden Mittelschulen im Bereich Bannewitz/Kreischa entscheiden. Man entschied sich für Bannewitz mit Au-ßenstelle Kreischa. Genehmigt wurde nur Bannewitz, für Kreischa gab es in den Fol-gejahren Ausnahmegenehmigungen zum Weiterbetrieb. Also wurden hier Ganz-tagsangebote und der behindertengerech-te Ausbau des Schulhauses mit Grund-, Mittelschule und Hort weitergeführt und insgesamt 4,5 Mio. Euro investiert. 2010 kam das plötzliche Aus, die Bildung neu-er fünfter Klassen wurde untersagt. Die Gemeinde zog vor Gericht und bekam im Fall der fünften Klassen Recht. Das Schul-jahr begann mit zwei neuen „Fünften“, wo-gegen das Kultusministerium Beschwerde

einlegte, Recht bekam und sich anschick-te, die beiden Schulklassen zum Halbjahr aufzulösen. Ein Protest- und Mediensturm brach los — und machte unter anderem Lu-cas „berühmt“.

Inzwischen ist der Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge für den Schulstand-ort zuständig und hat sich klar für dessen Erhalt ausgesprochen. Die Trennung der Fünftklässler mitten im Schuljahr ist vom Tisch, um den Schulerhalt wird noch ge-rungen. Der ganze Ort steht dahinter, die Elternschaft kämpft mit ebenso großer Lei-denschaft wie das Pädagogenteam und die Gemeinde. Bis 11. März können sich neue Fünftklässler in Kreischa anmelden. Je-der neue Schüler stärkt die Wurzeln dieser Schule — und hilft auch Lucas, weiter dort zu lernen, wo er sich verstanden, geborgen und zuhause fühlt. efa

Die Gallier aus Kreischa

Steckbrief: Mittelschule Kreischa

Die Gemeinde Kreischa liegt südlich von Dresden im Lockwitztal. Unweit des Ortszentrums steht die Mittelschule, an der z.Zt. 112 Schüler lernen, darunter 4 integrierte Förderschüler.

Das Schulhaus ist behindertengerecht eingerichtet, es gibt u.a. Schülerarbeitsplätze für Kinder mit Rechen- sowie Lese-Rechtschreib-Schwäche, zwei Unterrichtsräume haben induktive Hörschleifen. An der Mittelschule Kreischa können mehrere Ganzta-gesangebote wahrgenommen werden, darunter Reiten, Gitarre, Schach, Kunst, Bas-ketball oder Zirkus. Traditionelle Höhepunkte im Schuljahr sind der Bad- und Sporttag, Hochsprung- und Lesewettbewerb, Weihnachtsmarkt und Weihnachtssingen.

Nach einem Beschluss der Gemeinde Kreischa als Schulträger sind neben den Bü-chern künftig auch die Arbeitsmaterialien für die Grund- und Mittelschule kostenfrei. Zudem sollen noch in diesem Jahr Planungen zum Anbau neuer Sanitäranlagen und Umkleiden für die Turnhalle auf den Weg gebracht werden.

Beste Gelegenheit, die Schule kennenzulernen, ist der Tag der offenen Tür am 4. März 2011. Von 16 bis 19 Uhr gibt es fachkundige Infos über Arbeit und Angebot der Schu-le. Daneben steigt in der Turnhalle die große Zirkusshow der Projektgruppe Zirkus, an die sich die lange Lesenacht der Viertklässler anschließt. Schulanmeldungen sind auch an diesem Tag möglich! Weitere Infos unter: www.ms-kreischa.de

Zitate & Meinungen„Wir haben über das Moratorium eine klare Aussage, dass das derzeit gültige Schul-gesetz mit der Zügigkeit in den Mittel-schulen – 40 Kinder, zweizügig – über-holt ist. Hier muss das Gesetz geändert werden. Und das liegt auf unserem Tisch. Wir können es weder an den Kreistag de-legieren noch sonst irgendwohin.“

MdL Cornelia Falken (DIE LINKE), 19.1.2011 im Landtag

„Wie Teilhabe an der Mittelschule Kreischa gelebt wird, ist beispielgebend. Gerade eine solche Schule zu schließen, wäre ein fatales Signal und kontraproduktiv für un-seren Weg hin zur inklusiven Beschulung gehandicapter Kinder und Jugendlicher.“

Horst Wehner (DIE LINKE), Vizepräsident des Sächsischen Landtags,

17.1.2011 in Kreischa

„Der Kreistag des Landkreises Sächsische Schweiz-Osterzgebirge hat sich im Som-mer 2010 und am 6.12.2010 erneut für die Mittelschule in Kreischa, zum Erhalt des Schulstandortes und eine Aufnahme in die Fortschreibung des Schulnetzplanes aus- gesprochen. Wenn das Ministerium ein weiteres Bekenntnis der zuständigen kommunalen Ebene braucht: Das ist es!“

MdL Verena Meiwald (DIE LINKE), 19.1.2011 im Landtag

Kämpfen für die Mittelschule Kreischa: Bürgermeister Frank Schöning (li.) und Eltern- sprecher Ingo Lerche

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10 pvl Heft1/2011

Mit dem Doppelhaushalt 2011/2012 stampfte Sachsens schwarz-gelbe Koalition das Sonderzahlungsgesetz ein und mach-te damit den Weg für eine Einkommens-kürzung der besonderen Art frei: Ab sofort gibt es für Sachsens Beamte, Richter und sonstige Versorgungsempfänger kein 13. Gehalt mehr, landläufig besser bekannt als Weihnachtsgeld.

Die Betroffenen sind stocksauer, Protest von anderer Seite aber bleibt aus. Was beim Stammtischbild des „klassischen Beam-ten“ mit Ärmelschonern und Wohlstands-wampe nun wirklich nicht überrascht. Ver-wundert hat wohl eher, dass ausgerechnet DIE LINKE heftig protestierte und im Parla-ment sogar die Wiedereinsetzung des Son-derzahlungsgesetzes beantragte, was freilich von der CDU/FDP-Mehr-heit emotionslos niedergestimmt wurde.

Richtig so! Richtig so? Finden Sie’s raus — am Besten im fiktiven Thesen-Gespräch mit Klaus tischendorf, Gewerkschaf-ter und parlamentarischer Geschäftsführer der Landtags-fraktion der LINKEN.

These 1: Weihnachtsgeld? Davon kann Otto Normalbürger nur träumen. Beamte kriegen doch genug Geld, da wird’s doch wohl auf die paar Euro nicht ankommen.

K. tischendorf: Der in diesem Zusammen-hang immer wieder verwendete Begriff Weihnachtsgeld ist nicht richtig, denn wirk-lich gemeint ist die jährliche Sonderzah-lung. Dass es diese überhaupt gibt, hat eine Vorgeschichte, die ich in der monatelangen öffentlichen Debatte um ihre Abschaffung leider vermisst habe. Bis zum Jahr 2003 er-hielten Beamte – übrigens ebenso wie die Angestellten des Öffentlichen Dienstes — jährlich Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Damals wurde das Bundesbesoldungs-gesetz in der Form geändert, dass das Ur-laubs- und Weihnachtsgeld ab 2004 entfal-len solle, es dafür aber am Jahresende eine Sonderzahlung geben könne, worüber wie-derum die jeweiligen Bundesländer selbst entscheiden konnten. In Sachsen entschied man sich für die jährliche Sonderzahlung, andere Bundesländer hatten das Geld da-gegen in die monatliche Gehaltstabelle übernommen, so dass es dort zwar keine Sonderzahlungen mehr gab, dafür aber ein höheres Monatsgehalt. Und genauso hat das DIE LINKE in der Beratung zum Landes-haushalt gefordert. Mit der jetzt durch die

CDU/FDP-Koalition beschlossenen ersatz-losen Streichung der Sonderzahlung ohne jeden Ausgleich haben die sächsischen Beamten also eine knallharte Einkom-menskürzung in Höhe von ca. vier Prozent hinzunehmen.

These 2: Was die sich überhaupt aufregen! Beamte sind doch privilegiert, die sitzen in ihren warmen Büros und lassen Punkt Fünf den Kuli fallen. Keine Überstunden, keine Schichten, keine langen Arbeitswege und auf Lebenszeit unkündbar…

K. tischendorf: Ein weit verbreitetes Vor-urteil, welches in den letzten Monaten im-mer wieder unterschwellig bedient wurde, um die Gehaltskürzung auf dem Rücken

der Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes medienwirksam rechtfer-tigen zu können. Wie haltlos das ist, wird deutlich, wenn man sich mal an-schaut, welche Bereiche denn von der Gehaltskürzung in großer Zahl be-

troffen sind. Das sind z. B. Feuer-wehrbeamte, Ärzte und Tierärz-te in den Gesundheitsämtern, Lebensmittelkontrolleure, Stra-ßenwärter, die Männer und Frau-en der Forstbehörden und viele weitere Berufsgruppen, die für

die allen Bürgerinnen und Bürgern zugute kommenden Bereiche der Daseinsvorsorge unverzichtbar sind.Nicht zu vergessen die Polizistinnen und Polizisten! So erhält beispielsweise ein Po-lizeimeister in Sachsen als Einstiegsgehalt monatlich 1.856,97 Euro brutto. Das ist an-gesichts der Bedeutung seiner Aufgaben für die öffentliche Sicherheit wahrlich kein

Spitzenverdienst. Ministerpräsident Tillich war dennoch der Meinung, dass die Polizis-ten zu viel verdienen. Mit seiner im Landtag durchgesetzten Streichung der Sonderzah-lung geht dem Polizeimeister nunmehr jähr-lich ein zusätzlicher Bruttobetrag in Höhe von 1025 Euro verloren.

These 3: Ministerpräsident Tillich hat sich zum Jahresende schriftlich bei denen vom öffentlichen Dienst bedankt! Der Beamten-bund hat sich trotzdem heftig über den Brief aufgeregt. Das beweist: Sachsens Beamte sind total undankbar.

K. tischendorf: Wer 40.000 Beschäftig-ten in Sachsen das Gehalt mit der Begrün-dung kürzt, dass alle wegen der Finanz- und Wirtschaftskrise der letzten Jahre Verzicht üben sollen, gleichzeitig aber dafür sorgt, dass die eigenen Abgeordnetendiäten im August dieses Jahres wieder kräftig steigen, der kann wohl kaum drei Tage vor Weih-nachten erwarten, dass sein geheuchelter Brief Applaus erhält. Dieser misslungene Versuch zeigt deutlich, wie weit sich Minis-terpräsident Tillich (mit 16.861 EUR brutto im Monat der bestbezahlte Landeschef in Ostdeutschland; Anm. d. Red.) von der Le-bensrealität der Bürgerinnen und Bürger entfernt hat. Entweder ist ein solches Vor-gehen Absicht oder Unvermögen. Beides ist nicht akzeptabel.Wir müssen in den nächsten Jahren um gut ausgebildete, junge Fachkräfte werben. Hier stehen wir in harter Konkurrenz mit der frei-en Wirtschaft. Mit der Kürzung der Gehäl-ter hat die CDU/FDP-Regierung das falsche Signal für einen zukunftsfähigen Öffentli-chen Dienst in Sachsen gesetzt.

MdL Klaus tischendorf

Geld ist nicht alles. Ohne Geld ist alles nichts.

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11pvl Heft 1/2011

Innenministers im Jahr 2010 im Kreisgebiet auf. Im Februar 2010 brannte das Auto des Kreisgeschäftsführers der Kreis-LINKEN. Be-

drohungen gibt es noch immer, auch wenn deshalb kaum noch jemand Anzeige erstattet.

Die Situation bleibt angespannt. Auch zehn Jahre nach dem Verbot der SSS. Und sie wird es auch bleiben, wenn weiterhin zwi-schen „Guten“ und „Bösen“ im Kampf gegen die extreme Rechte unterschieden wird. Zu-mindest verdachtswürdig erscheint Sach-sens Innenminister – Ex-Stadtchef von Pirna – das Alternative Kultur- und Bildungszent-rum, kurz AKuBiZ. Der Pirnaer Verein schlug Ende 2010 den Sächsischen Förderpreis für Demokratie aus, weil dafür eine „Verfas-sungstreueklausel“ hätte unterschrieben werden müssen, nach der der Verein dazu verpflichtet wäre, seine sämtlichen Bünd-nispartner zu durchleuchten.

Heribert Prantl, Leitartikler der „Süddeut-schen Zeitung“ sah sich damit an den „Ra-dikalenerlass des Jahres 1972“ erinnert und verwies darauf, dass die Arbeit der verdäch-tigten jungen Leute so erfolgreich gewesen sei, dass sie drei Jahre hintereinander von der Bundesregierung als „Botschafter der Toleranz“ ausgezeichnet worden waren.

Wie geht es weiter? „Kampf der Kulturen“ – nur mit etwas weniger Gewalt? „Markt der Kulturen“ als weitgehend entpolitisiertes Fest? Kampf um die Fördermittel? Kampf gegen „alle Formen des Extremismus“ nach Art der CDU? Von der Antwort wird es ab-hängen, ob der Kreis sein Image als Hoch-burg der extremen Rechten erfolgreich und dauerhaft abstreifen kann.

Ein Aufatmen ging durch die Sächsische Schweiz. Nach Jahren des Terrors und dem Versuch der Schaffung einer „national be-freiten Zone“ wurden die Skinheads Sächsi-sche Schweiz (SSS), eine Neonazi-Organisa-tion mit mehr als 150 Mitgliedern, verboten.

Fast ein Jahr hatte es gedauert, nachdem aus einer groß angelegten Razzia Schluss-folgerungen gezogen worden waren. Im Juni 2000 waren unter anderem Spreng-stoff, Granaten, Gewehre und Pistolen bei Mitgliedern gefunden worden. Polizisten aus der Region waren in die Aktion weder einbezogen noch im Vorfeld darüber infor-miert worden. Die Polizeiführung wollte da-mit ausschließen, dass die Verankerung der Skinheads womöglich bis in die örtliche Polizei reicht.

Und mehr als ein Verdacht war die Annah-me, dass enge Verbindungen zwischen den Skinheads und der NPD im Kreis bestanden. Besonders deutlich war das beim damaligen NPD-Kreisgeschäftsführer, der später für die NPD in den Landtag einzog. Aber die alten Bande sind fest wie eh und je. Thomas Sat-telberg, der frühere Anführer der SSS, ist heute Mitarbeiter der NPD-Landtagsfraktion, ein anderer ehemaliger SSS-Aktivist ist heu-te Gemeinderat der NPD in Stolpen.

Die Gruppe hatte den „Kampf der Kulturen“ auf ihre eigene, militante Art und Weise ge-führt und damit das Bild der Sächsischen Schweiz auf Jahre hinaus geprägt. Bundes-weit war der Kreis seitdem als Hochburg der extremen Rechten verschrien. Und die Er-eignisse schienen das immer wieder zu be-stätigen: Eine NPD, die bei den Kreistags-wahlen stärker abschneidet als die SPD. Eine NPD, die bei Wahlen in Reinhardts-dorf-Schöna immer wieder bundesweite

Spitzenwerte einfährt. Eine Nachfolgegrup-pe der SSS, die noch drei Jahre nach dem Verbot gewalttätige Störversuche gegen eine antifaschistische Demonstration, die auf Nazi läden in der Kreisstadt Pirna auf-merksam machen will, durchführt.

All das gehört der Vergangenheit an. Wirk-lich? Ist der „Kampf der Kulturen“ der SSS erfolgreich abgelöst durch den (welt-)of-fenen „Markt der Kulturen“, den die „Ak-tion Zivilcourage“ jährlich auf dem Pir-naer Marktplatz veranstaltet und der am 28. Mai zum neunten Mal über die Bühne geht? „Durch reichhaltige Angebote ver-schiedenster Vereine, Institutionen und Na-tionalitäten sollen Toleranz für Menschen mit anderen kulturellen Hintergründen so-wie Verständnis für deren Sitten und Ge-bräuche bei den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt und deren Besuchern gestärkt werden“, schreiben die Veranstalter. Man sei „zu einer professionellen, stabilen und erfolgreichen Organisation“ geworden, so Vereinsvorsitzender Sebastian Reißig, der inzwischen mit fünf Hauptamt lichen und ei-nem Helfer im Freiwilligen Sozialen Jahr ar-beiten kann. „In Pirna wird nicht nur davon gesprochen, sondern Zivilcourage gelebt. Dafür ein Dankeschön!“, lobt der Leiter des Polizeireviers, Polizeirat Thieme.

In der Tat zieht der „Markt der Kulturen“ je-weils mehrere tausend Menschen an. Die „Aktion Zivilcourage“ ist heute ein wichtiges Markenzeichen der Kreisstadt und scheint Garant dafür, dass die Region nicht immer nur negativ mit den Neonazis in Verbindung gebracht wird. Ist also alles gut? Haben sich Toleranz und Mitmenschlichkeit durchge-setzt? Immerhin neun Fälle von Körperverlet-zung durch Neonazis führt die Statistik des

Der lange Weg vom „Kampf der Kulturen“ zum „Markt der Kulturen“

Zirkelstein, Sächsische Schweiz

MdL Kerstin Köditz Sprecherin für antifaschistische Politik

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12 pvl Heft1/2011

ADAC-Präsident Meyer hätte es nicht besser formulieren können, als er anlässlich des 49. Verkehrsgerichtstages in Goslar vom „Land der Schlaglöcher“ sprach. Meyer rügte da-mit die jahrelange Vernachlässigung der Straßenpflege in Deutschland.

Auch in Sachsen haben die letzten zwei Winter und der heiße Sommer vom Vorjahr Spuren hinterlassen. 2010 gab es einen 75-Prozent-Vorschuss aus dem Instandhal-tungsetat, um noch im ersten Quartal die

Straßen notdürftig zu flicken. Mit dem klägli-chen Rest des Geldes wurden die Fahrzeug-trassen übers Jahr hinweg mehr schlecht als recht in Schuss gehalten, auch deshalb fal-len die Straßenschäden nach dem Winter 2010/2011 ungleich größer aus.

Nein, der Winter ist nicht schuld an den Löchern, er legt sie nur frei. Und er offenbart, dass auf allen drei staatlichen Verwaltungs-ebenen mittlerweile Geldmangel herrscht. Sachsens Straßenerhaltung und -sanierung ist chronisch unterfinanziert. Die Kommu-nen haben längst keine Reserven mehr, sie können ihre Straßen schlichtweg nicht mehr grundhaft erneuern.

Ginge es nach der LINKEN, müsste den Kommunen das ihnen im Kompromiss zum Finanzausgleichsgesetz als Investitionspau-schale versprochene Geld umgehend und in voller Höhe ausgezahlt werden, denn es steht ihnen zu. Dass die Staatsregierung im skandalösen Wortbruch die zugesagten Gel-der vom Landtag um knapp 19 Mio. Euro kürzen ließ, darf nicht zulasten der Kommu-nen gehen. Sachsen braucht ein mindes-tens 20 Mio. Euro starkes Sofortprogramm für die Sanierung der dringendsten Straßen-schäden im Land.

MdL Enrico Stange Sprecher für Verkehrspolitik

Der Schnee von gestern

Das ist eine Frage der Demokratie

MdL Marion Junge Sprecherin für Kommunalpolitik

Verkehrsminister Sven Morlok (FDP) ließ sich unlängst dafür feiern, vorfristig Mittel zur Schlaglochreparatur frei gegeben zu haben. Diese scheinheilige Offerte ist der blanke Hohn, denn mit den vorgeschossenen 28 Mio. Euro lässt er die Kommunen Bundes- und Staatsstraßen sanieren, kommunale Straßen bleiben außen vor. Und noch mal: Es han-delt sich NICHT um zusätzliches, sondern um den Kommunen ohnehin zustehendes Geld.

Will der Landkreis Sächsische Schweiz- Osterzgebirge noch vor Ostern touristisch stark frequentierte Strecken, wie bspw. die Durchgangsstraßen in Langburkersdorf und Lohmen, wieder in Schuss bringen, bleibt ihm wie den anderen sächsischen Kommu-nen nur die Form von Flickschusterei, wie sie mit den wenigen verbliebenen Mitteln eben möglich ist. Und nach dem Schnee von heu-te, rächen sich die Sünden von vorgestern und gestern Jahr um Jahr aufs Neue.

Anfang Februar fand auf Antrag der Frakti-on DIE LINKE eine Anhörung im Sächsischen Landtag zu ihren beiden Anträgen „Konzepte der Staatsregierung für eine neue Gemein-degebietsreform im Freistaat Sachsen of-fenlegen – Beteiligung des Landtags und der Öffentlichkeit sicherstellen!“ (Drs 5/1048) und „Stand der Erarbeitung von Grundsätzen für freiwillige Zusammenschlüsse von Ge-meinden im Freistaat Sachen“ (Drs 5/3784) statt. Damit beschäftigen sich die Abge-ordneten erstmals öffentlich und auf Land-tagsebene mit diesem wichtigen kommu-nalpolitischen Thema. Die Staatsregierung hatte es bislang nicht als notwendig erach-tet, den Sächsischen Landtag als Gesetzge-ber bei den angestrebten Gebietsänderun-gen zu beteiligen.

Bei der Anhörung mit 13 Sachverständigen wurden Probleme debattiert, die die sach-senweit voranschreitenden Gemeindefusi-onen mit sich bringen. Insbesondere ging es um die Art und Weise der Bürgerbeteili-gung, den Inhalt von Eingemeindungsverträ-gen, die Rolle der Ortschaftsverfassung, die Maßstäbe der Gebietsreform, die Zukunft der Kommunalen Selbstverwaltung und

das umstrittene Verbot von Verwaltungsge-meinschaften, Verwaltungsverbänden sowie Zweckverbänden.

Gerade auch im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge ist diesbezüglich ei-niges in Bewegung. Während die Landesre-gierung einerseits Gemeindefusionen for-ciert und mit limitierter „Hochzeitsprämie“ lockt, wird andererseits auf die Bremse ge-treten, wenn Fusionsabsichten bspw. über Kreis- und Landesdirektionsgrenzen hin-ausgehen, wie es bei Hartmannsdorf-Rei-chenau und Hermsdorf der Fall ist, die mit Frauenstein im Mittelsächsischen fusionie-ren möchten. Während Hartmannsdorf noch die Zustimmung von Verwaltungsgemein-schaftspartner Pretzschendorf fehlt, scheint bei Hermsdorf das Innenministerium ab-geneigt. Dem Vernehmen nach verhandelt auch Wilsdruff zurzeit mit Triebischtal im Landkreis Meißen – dessen Landrat übri-gens in Wilsdruff zuhause ist.

Für DIE LINKE gilt: Keine Gemeindezu-sammenschlüsse ohne Bürgerbeteili-gung! Das ist eine Frage der Demokratie. Das einzige Kriterium für den Erfolg eines

Gemeindezusammenschlusses ist nicht die Größe, sondern deren Leistungsfähigkeit und die Mitsprache aller von der Fusion Be-troffenen. Bis Ende 2010 schlossen sich in Sachsen 26 Kommunen zu elf Gemeinden zusammen. 15 Kommunen hatten damit ihre Selbstverwaltung aufgegeben. Ob ein Ge-meindezusammenschluss wirklich erfolg-reich war, wird man erst in den nächsten Jahren merken.

n Broschüre „Keine Gemeindezusammen-schlüsse ohne Bürgerbeteiligung! – Handlungsempfehlungen zu freiwilligen Zusammenschlüssen“ Download kostenfrei unter www.linksfraktion-sachsen.de

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13pvl Heft 1/2011

Wie lang sind eigentlich 600 Meter? An-genommen, ein großer Schritt entspräche etwa einem Meter, dann käme man mit 600 Schritten in einer durchschnittlichen Klein-stadt vielleicht bis zum Bahnhof. Erwan-dert man sich seine 600 Schritte im tsche-chischen Dolní Poustevna, war’s das auch schon. Einen Zug ins benachbarte Sebnitz kann man nicht nehmen, weil der 1945 still-gelegten Strecke ganze 600 Meter Bahn-gleis fehlen.

Schon 2009 sollte der grenzüberschreiten-de Bahnverkehr zwischen den unterdessen europäisch zusammengewachsenen Nach-barstädten nach einem 600-Meter Lücken-schluss wieder aufgenommen werden. Aller-dings warten die Menschen hier – hüben wie drüben – noch heute auf den Zug. Während auf tschechischer Seite alles für den An-schluss fertig ist, wird auf sächsischer Seite ausdauernd um die Finanzierung gestritten.

Längst ist die Posse um das fehlende Bahn-gleis ein Politikum, schreiben die Bürger-meister beider Städte besorgte Briefe und begehrt Tschechiens zuständige Regionsprä-sidentin – aufgeschreckt durch Strecken-

Stilllegungspläne der Deutschen Bahn – Auskunft von Sachsens Ministerpräsident Tillich. Und auch im Landtag ist das Thema omnipräsent. Neben André Hahn ist auch Heiko Kosel, Europaexperte der Fraktion DIE LINKE, seit zwei Jahren am Thema dran, weil „eine grenzüberschreitende Infrastruktur notwendige Voraussetzung für grenzüber-schreitende Wirtschaftsbeziehungen ist.“ Nach Vor-Ort-Terminen und einem Gespräch mit Poustevnas Bürgermeister Jemelka, stell-te Kosel der Staatsregierung mehrere Anfra-gen zur nicht existenten Bahnverbindung. Laut Verkehrsminister Morlok (FDP) werde das Projekt nicht aus Mitteln des Freistaats finanziert, sondern aus Bundesmitteln, die Sachsen anteilig zustehen. Der Freistaat rei-che diese Mittel dann – freilich ohne Zweck-bindung – an die Zweckverbände des ÖPNV

aus und es obläge den Zweckverbänden, wofür

diese die Gelder einset-zen. Sprach’s und reich-te den Schwarzen Peter

an den für die Stre-

cke zu-ständi-

gen Verkehrsverbund Oberelbe (VVO) weiter, der dem Lückenschluss Sebnitz–Dolní Pous-tevna aufgrund fehlender Mittel unterdessen eine Absage erteilte.

DIE LINKE sieht Sachsens Staatsregierung in der Pflicht. Zum einen, weil es sich hier nicht um eine x-beliebige Bahnverbindung, sondern einen internationalen Grenzüber-gang handelt. Zum zweiten, weil sich die Bundesrepublik zum Lückenschluss und gemeinsamen Betrieb verpflichtet hat und drittens, weil sogar schon das Baurecht für den Streckenabschnitt vorliegt. Minis-ter Morloks abwehrender Verweis auf das Fehlen einer Betriebsvereinbarung mit dem Zweckverband verfängt laut Kosel nicht: „Selbst aus der Verbandsversammlung der VVO kam die Anregung, eine entsprechen-de Vereinbarung mit tschechischen Bahnan-bietern zu schließen, damit diese nach Voll-endung des Lückenschlusses die Strecke Sebnitz–Dolní Poustevna bedienen könnten.“

Es scheint, als vervielfältigten sich die ab-wesenden 600 Meter mit jedem Tag, der un-genutzt verstreicht und mit jedem Stück Be-hördenpapier, das in der Sache gelocht und abgeheftet wird. Schon heute aber steht fest: Das werden vermutlich die peinlichsten 600 Meter der Geschichte Sachsens. efa

600 Meter Peinlichkeit

Dolní Poustevna ist eine tschechische Kleinstadt im Bezirk Děčín in Nordböhmen. Der knapp 2.000-Seelen-Ort liegt im Tal des Flusses Luční potok, der hier in den Sebnitzbach mündet. Seit dem 19. Jahrhundert war Dolní Poustevna wie das sächsische Sebnitz ein Zentrum der Produktion von Kunstblumen. Nach 1989 brachen die Absatzmärkte weg, heute werden nur noch im benachbar-ten Velký Šenov Kunstblumen hergestellt. Dolní Poustevna lädt jedes Jahr zum Puppentheater-Festival ins stadt-eigene Puppentheater ein.

Sebnitz

ist als Kunst- und Seidenblumenstadt bekannt. Die Große Kreisstadt liegt im

Landkreis Sächsische Schweiz- Osterzgebirge an der Grenze zwischen Sächsischer und

Böhmischer Schweiz und ist Sachsens größter anerkannter

Erholungsort. In Sebnitz (ca. 8.500 Einwohner) gibt es u.a.

ein Amateurtheater, mehrere Chöre und Orches-ter und drei Museen, darunter das Haus „Deut-sche Kunstblume Sebnitz“. In Sebnitz entstand Anfang des 19. Jahrhunderts eine weltweit ein-malige Volkskunst, das Sebnitzer Schattenspiel.Quelle: Wikipedia

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14 pvl Heft1/2011

Das Sorbengesetz ist novellierungsreifIn diesem Jahr ist es genau zehn Jahre her, dass die Sorben mit dem so genannten „Crostwitzer Aufstand“ eindringlich dar-auf aufmerksam machten, dass es in Sach-sen mit der Gewährung der Rechte für das sorbische Volk nicht zum Besten steht. Die Sorbische Mittelschule in Crostwitz wur-de geschlossen – ein alarmierendes Signal nicht nur für die Lausitz. Mittlerweile wurde auch die Schule in Panschwitz-Kuckau, dem Heimatort von Ministerpräsident Tillich, der verwerflichen sächsischen Schulpolitik ge-opfert. Überhaupt: Sorbische Einrichtun-gen sind in ihrer Existenz oder in ihrer Ar-beit und ihrem Wirken bedroht.

Die Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Novellierung des geltenden Sorbenge-setzes auf den Weg zu bringen. Nicht erst seit der Veranstaltung der Fraktion zum 60. Jahrestag des ersten Sorbengesetzes 2008 in Bautzen ist klar, wie notwendig das ist.

Die LINKEN Landtagsfraktionen in Sachsen und Brandenburg arbeiten bei sorbischen Angelegenheiten seit Jahren eng zusam-men. Regelmäßig trifft man sich zu „Sor-bentagen“, um Erfahrungen zur Minderhei-tenpolitik der Länder auszutauschen, die praktische Umsetzung der beiden Sorben-gesetze auszuwerten, Defizite aufzuzeigen und nach Lösungen zu suchen.

Ende Januar legte der brandenburgische Sor-benrat einen Vorschlag für ein „Gesetz zur Ausgestaltung der Rechte der Sorben/Wen-den im Land Brandenburg“ vor, der alle für die Entwicklung des sorbischen Volkes mo-mentan absehbaren wesentlichen Aspekte enthält. Sämtliche 17 Paragrafen dieses Ge-setzentwurfs lassen sich auch auf die Lage der Sorben in Sachsen übertragen. Zu nen-nen wären hier nur der nach den bitteren Er-fahrungen der Schließung sorbischer Mittel-schulen besonders wichtige Bildungsbereich und konkrete Regelungen zur sorbischen Kulturautonomie. Aber auch die Wahl eines

Sorbenrates steht zur Debatte, bei dessen Wahl in Sachsen die Landtagsmehrheit die Empfehlung der Domowina missachtet hatte.

Die Fraktion DIE LINKE forciert die Novel-lierung des Sächsischen Sorbengesetzes, auch um ihrer Verantwortung den Sorben gegenüber gerecht zu werden. Es ist an der Zeit, dass auch die anderen demokrati-schen Fraktionen den sächsischen Sorben-rat und die Staatsregierung in dieser Frage um Zusammenarbeit ersuchen.

MdL Heiko Kosel Sprecher für Europa- und Minderheitenpolitik

Sorbische SeiteSerbska Strona

Lětsa budźe tomu dźesać lět, zo Serb-ja z „Chróšćanskim zběžkom“ na dorazne wašnje na to skedźbnichu, zo w Sakskej na mnohich polach ze zaručenjom prawow za

serbski lud klaca. Serbska srjedźna šula w Chrósćicach měješe so zawrěć – to bě alar-mowacy signal do zjawnosće nic jenož we Łužicy. Mjeztym bu tež šula w Pančicach-Kukowje zahubnej šulskej politice wopro-wana. Scyła: Serbske zarjadnišća su w ek-sistency abo w skutkowanju wohrožene.

Frakcija Lěwicy w Sakskim krajnym sejm-je je sej tuž za nadawk stajiła, so wo nowělěrowanje nětčišeho Serbskeho zakon-ja prócować.Hižo na swjedźenskim zarja-dowanju frakcije w lěće 2008 składnostnje 60. róčnicy schwalenja prěnjeho sakske-ho Serbskeho zakonja w Budyšinje je so na tutu trěbnosć pokazało. Mjeztym so přičiny za to kopja. Sakska a braniborska frakcija Lěwicy kraj-neho sejma stej sej při tym přezjednej: hižo při wólbach do krajneho sejma bě nowelěrowanje wobstatk wólbneho pro-grama. Lěta hižo dźěłatej frakciji wus-ko hromadźe. Prawidłownje přewjedźe so Serbski dźeń wobeju frakcijow jako fo-rum wuměny myslow a předewzaćow. Zhro-madnje hódnoćitej praktiske přesadźenje Serbskeju zakonjow. Při tym so jewjace, husto bolostne straty jasnje mjenujetej. Serbska rada Braniborskeje je kónc januara namjet „Zakonja k wuhotowanju prawow Serbow w kraju Braniborska“ předpołožiła

z komen -tarom, zo wobsahuje „aktualny naćisk wšě za wuwiće serbske-ho ludu tuchwilu widźomne byto-stne aspekty“.Štož so w 17 para-grafach namjetuje, hodźi so tež na połoženje Serbow w Sakskej nałožować. „Předewšěm mjenować měli so hórke naz-honjenja na polu kubłanja w zwisku ze zawr-jenjom serbskich srjedźnych šulow, ale tež wólba Serbskeje rady“, (hdźež wjetšina krajneho sejma njehladajo namjetow Do-mowiny zestawu tuto gremija narodneje mjeńšiny postaja ), „kaž tež konkretne zrja-dowanje serbskeje kulturneje awtonomije“, je stejišćo frakcije.Frakcija Lěwicy napomina sakske stat-ne knježerstwo, „zo by mjeńšinoprawnisku dynamiku, kotraž nětko z Braniborskeje wuchadźa, pozitiwnje přijimała“. Kaž hižo do schwalenja nětčišeho Serbske-ho zakonja w lěće 1999 budźe lěwa frakci-ja nětko nowelěrowanje pohonjeć a zhro-madne dźěło z tamnymi demokratiskimi frakcijemi, sakskej Serbskej radu a statnym knježerstwom a wězo z Domowinu pytać. Štož je na času, měło so sčasom stać.

Serbski zakon polěpšic

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15pvl Heft 1/2011

Gesetzentwurf

Drs 5/4819 Gesetz zur Änderung des Geset-zes über den öffentlichen Gesundheitsdienst im Freistaat Sachsen (SächsGDÄG)

Der Gesetzentwurf beinhaltet Regelungen zur öffentlichen Information der Verbraucherin-nen und Verbraucher über Rechtsverstöße im Bereich des Lebensmittel- und Bedarfsge-genständeverkehrs und über bestehende Ge-fahren für deren Gesundheit, Sicherheit und wirtschaftliche Interessen. Dazu werden die Behörden ermächtigt, unter Angabe der be-treffenden Erzeugnisse, Hersteller- und Han-delsfirmen in öffentlich allgemein zugängli-cher Form zu informieren. Zugleich wird ein Informationsanspruch der Verbraucherinnen und Verbraucher auf Zugang zu den bei den für die Überwachung im Bereich des Lebensmit-tel- und Bedarfsgegenständeverkehrs zustän-digen Behörden in Sachsen normiert.

Anträge

Drs 5/4513 Programm „Soziale Stadt“ mit ganzheitlichem Ansatz erhalten

Drs 5/4653 gemeinsamer Antrag der Frakti-onen DIE LINKE, GRÜNE, SPD zum Erhalt der 5. Klassen an der Mittelschule Kreischa (s. auch Seiten 8 und 9)

Drs 5/4749 Umgang mit Opfern rechter Ge-walt in Sachsen seit 1990

Drs 5/4750 Konsequenzen der Staatsre-gierung aus aktuellen Studien zu gruppen-bezogener Menschenfeindlichkeit, Rassis-mus und anderen Einstellungsmustern der extremen Rechten (s. auch Seite 11)

Rassistische Übergriffe bis hin zu Tötungsver-brechen und Angriffen auf Vertreter anderer Lebensentwürfe sowie gegen vermeintliche po-litische Gegner, die Missachtung der Integrität und Anerkennung anderer Menschen haben in Sachsen ein Ausmaß erreicht, das offenkundig prinzipielle Schlussfolgerungen, Politikschritte und gesetzgeberische Maßnahmen gegen die verschiedenen Erscheinungsformen gruppen-bezogener Menschenfeindlichkeit dringend er-forderlich macht. Diese aber werden nur dann erfolgreich in Angriff genommen werden kön-nen, wenn den im Antrag genannten Studien vergleichbare Studien sowohl mit regionaler Schwerpunktsetzung als auch mit Langzeitcha-rakter durch die Staatsregierung in Auftrag ge-geben werden. Dies dient auch einer besseren Evaluation und damit höheren Effektivität der bereits ergriffenen Maßnahmen und einer ge-sicherten Abschätzung der Wirksamkeit künfti-ger Maßnahmen.

Drs 5/4754 Auf Bewährtes zurückgrei-fen – Sonderprogramm zur Beseitigung von

Winterschäden an Straßen kommunaler Bau-lastenträger erneut auflegen (s. auch Seite 12)

Das Sonderprogramm zur Unterstützung der Beseitigung der Winterschäden an kommuna-len Straßen soll aus Landesmitteln finanziert werden und ein Volumen von 20 Mio. Euro ein-nehmen. Mit der Bereitstellung des Hilfepro-gramms kann die Staatsregierung gleichzeitig ihren Wortbruch gegenüber den kommunalen Spitzenverbänden heilen, den Sie im Rahmen der Verhandlungen zum kommunalen Finanz-ausgleich der Jahre 2011/2012 begangen hat.

Drs 5/4757 Folgen von Haushaltskürzun-gen 2011/2012 abwenden – Zukunft des An-tidiskriminierungsbüros Sachsen langfristig sichern

Drs 5/4788 Projekt zur Verbesserung der Beschäftigungschancen Langzeitarbeitsloser neu ausrichten – „Ideenwettbewerb“

Drs 5/4806 Friedlichen und zivilgesellschaft-lichen Protest gegen die Naziaufmärsche am 13. und 19. Februar in Dresden unterstützen!

Dringlicher Antrag

Drs 5/4904 Deutlich spürbare Anhebung des Hartz-IV-Regelsatzes beschließen – Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 9. Feb-ruar 2010 endlich umsetzen (s. auch Seite 6)

Drs = Drucksache

Parlamentarische LINKE InitiativenDezember 2010 bis Anfang Februar 2011

3 x Glück mit „20 Jahre LINKE POLITIK für Sachsen“Im Vorjahr war die Fraktion DIE LINKE seit genau 20 Jahren im Landtag des Freistaa-tes Sachsen vertreten, wenn auch nicht von Anfang an unter diesem Namen. Das Jubi-läum wurde mit Freunden und Mitstreitern gefeiert – und war Anlass und Grund für ein Preisrätsel in der pvl-Ausgabe 11-12/2010.

Viele Rätselfreunde hatten sich ans Kno-beln gemacht – und fast alle wussten, dass 20 Jahre Linksfraktion ein Garant für 20 Jahre LINKE POLItIK für Sachen ist!

Anfang Februar wurden unter Ausschluss des Rechtsweges die drei Gewinner üppig gefüllter Präsentkörbe gezogen:Günter Sehmisch aus Pirna,Gertrud Gärtner aus radebeul undChristiane Geißler aus Freital.

Alle Gewinner wurden benachrichtigt, die Präsentkörbe wurden unterdessen von den MdL Verena Meiwald, Dr. André Hahn und Annekatrin Klepsch persönlich übergeben.

Allen Einsendern vielen Dank fürs Mit-machen und allen Gewinnern Herzlichen Glückwunsch!

Irmgard und Günter Sehmisch freuen sich über ihren pvl-Rätselgewinn, überreicht durch den Fraktions-vorsitzenden der LINKEN, Dr. André Hahn. (v. re.).

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pvl Heft1/2011

„Nur nicht unterkriegen lassen!“, so der aktu-elle Lebenstipp dieser beiden Fellträger vom Verein „Leben mit Tieren“, die wie ihre an-deren Artgenossen regelmäßig underco-ver (!) auf dem Platz für den Adressaufkle-ber zum Postversand zum Einsatz kommen.

Waagerecht: 1. sächs. Kneippkurort im Nationalpark Sächsische Schweiz, direkt an der Elbe gelegen (Bad …), 9. nordischer Hirsch, Haustier der Lappen, 10. einer Person auf Grund von Arbeits-leistungen regelmäßig zufließendes Geld; für dessen lebensfeste Mindesthöhe sich DIE LINKE seit langem einsetzt, 12. zu keiner Zeit, 13. Bergstock bei St. Moritz, 15. Schornstein, 18. Opernsologesang, 19. chem. Zeichen: Natrium, 20. Stadt an der Mosel, Geburtsort von Karl Marx, 21. eh. DDR Kinder-Comicmagazin, 23. Elementarteilchen, dessen Kernspaltung auch im „sichersten“ AKW nie ohne Rest-risiko möglich ist, 26. eh. Kfz-Z. der Re-gion Torgau-Oschatz, 27. Fußballtreffer, 30. bekanntester freistehender Felsen im sächs. Teil des Elbsandsteingebirges (42,7m hohe „Felsnadel“), 31. Erzge-birgsstadt, deren bekannter Fußballclub die Teamfarbe lila trägt, 33. UNESCO- Titel, den Dresden für die Waldschlös-schenbrücke „opferte“.

Senkrecht: 2. Kleinmünzen, 3. Zeit-raum, Weltalter, 4. schlagkräftigste Schachfigur, 5. Bewohner des schweizer Kantons Uri, 7. Vorname des Vorsitzen-den der Fraktion DIE LINKE im Sächsi-schen Landtag (Dr. Hahn); dessen Bürger-büros sich in Pirna und Sebnitz befinden, 8. Vorname der sportpolit. Sprecherin der Fraktion DIE LINE im Sächs. Landtag (Meiwald), die in Freital, Dippoldiswalde und Sebnitz Anlaufstellen für die Bürge-rinnen und Bürger des Landkreises Sächs.

Schweiz-Osterzgebirge unterhält, 11. kl. Arbeitsverhältnis, dessen Entlohnung für den Lebensunterhalt nicht reicht, für vie-le aber die einzige Möglichkeit ist, ihr Alg II minimal „aufzubessern“, 14. Vorname des Sprechers für Innenpolitik der Frakti-on DIE LINKE im Sächs. Landtag (Dr. Geb-

hardt), 16. ohne Hunger, 17. Tanzfigur der Quadrille, 18. großer Papagei, 22. edles Pelztier (Sibirien), 24. junger Pflanzen-spross, 25. großes Gewässer, Ozean, 27. anhänglich, loyal, 28. Teilzahlungsbetrag, 29. asiat. Hochgebirgsrind, 32. Abk.: un-ter Umständen.