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Radsport / Triathlon
Typische Verletzungen und
Erstversorgung bei Radunfällen
Dr. Markus Stuhr
Abt. für Anästhesie, Intensiv- und Rettungsmedizin
Fallbericht
Erfahrener Triathlet (3xHawaii)
Frontalkollision mit Auto während Rad-Trainingsausfahrt
Verletzungen:
SHT II° mit frontalen Kontusionsblutungen
Thoraxtrauma mit Rippenserienfraktur bds.
Hämatopneumothorax bds.
BWK 2,3,6 Querfortsatzfraktur
BWK 9 Fraktur
Scapulafraktur li.
Radiusfraktur li.
Hypothermie
Schürfwunden
Einleitung
Verletzungen im Radsport
Cyclassics – Studie
Tipps für die erste Hilfe bei der
Radausfahrt
• 1910: ca. 1% aller Unfälle waren sportbedingt (Förster)
• heute: ca. 30% der Gesamtunfälle!!!
• 1,5 - 2 Millionen Sportverletzungen/Jahr in ärztlicher
Behandlung
• vergleichbar mit Anzahl häuslicher und gewerblicher Unfälle
• Kosten/Jahr für Tx von Sportverletzungen: 1,5 Milliarden Euro
= 1% der Kosten im Gesundheitswesen
(Steinbrück 1999, Henke 2004)
Sportverletzungen - Epidemiologie
Radsportverletzungen - Epidemiologie
Einbezug eines relativen RF: Radsport auf Rang 6!
Tendenz deutlich steigend!
(Steinbrück 1999, Henke 2004)
Pierre Michaux - Pedalantrieb ab 1867
1. Radrennen der Geschichte
veranstaltet von
Pierre Michaux
am 30. Mai 1868
in Parc de Saint Cloud
über 1200 m
Preisgeld: 600 Franc
Tour de France:
seit 1903 grösste jährliche und
drittgrösste Sportveranstaltung überhaupt!
1903: Durchschnittsgeschwindigkeit: 25,7 km/h
1999: > 40 km/h
Preisgeld Gesamtsieger: 400.000 Euro
Radsport• statische Sitzposition
• hochfrequenter Bewegungsablauf (60-180 U/min)
• Tempo 38-45 km/h
• Maxgeschwindigkeiten bis 75 km/h, Abfahrt 115 km/h
• Schutz lediglich Helme
• Fixierung in Klickpedal
• Vortrieb v.a. durch M. quadrizeps und Mm. glutaei
Über-
lastung
akute
Verletzung
• Stürze sind häufig
• trainiert wird im öffentlichen Verkehr
• im Mountainbike durch Hindernisse häufiger
• bei Profis Stürze seltener, aber Frakturen häufiger (Temme
2003)
Ursache: höheres Tempo, grössere Fahrerfelder
• auch durch Materialfehler, v.a. Lenker- und Gabelbrüche,
lösende Schlauchreifen
Verletzungen
Verletzungen• typisch: AC-Gelenksprengungen und Klavikulafrakturen
• Olecranon- und Handgelenksfrakturen
• selten Schenkelhalsfrakturen
• bei tödlichen Unfällen meist SHT als Ursache (oft unbehelmte Fahrer Thompson 2001, Rosenkranz 2003)
• oft Mittelgesicht einbezogen (Exadaktylos 2004)
Cyclassics-Studie
Fragestellungen
• typische Unfallmechanismen und
Verletzungsmuster
• Rahmenbedingungen
• (z.B. Streckenführung, Rennsporterfahrung)
• Identifikation von Unfallschwerpunkten
• Konsequenz für rettungsdienstliche Vorhaltung
• Ableitung präventiver Strategien
Studiendesign
Retrospektiv 1996 – 2005
- Sichtung und Analyse von Klinikunterlagen
Prospektiv 2007
- Fragebögen an Teilnehmer via
- Internet, Rettungsdienst, Kliniken
Ergebnisse 1996 -2005• 278 Verletzte
• 247 Männer (88,8%) und 31 Frauen (11,2 %)
• 80 Frakturen
• 37 Clavicula (46,3%), 4 Scapula (5%) >> insg. 51,3%
• dazu 10 AC-Gelenk-
Sprengungen und
eine Schulterluxation
Frakturen nach Körperregionen
3
41
15
10
5
5
1
0 10 20 30 40 50
Schädel/Gesicht
Schultergürtel
Obere Extremität
Thorax
Becken
Untere Extremität
BWS
Anzahl Frakturen
Ergebnisse 2007 - Verletzungen
• 157 Verletzte
• 330 Einzelverletzungen
• 18 Frauen (11,5%)
• 139 Männer (88,5%)
• mittl. Alter 42 Jahre (Range 14 – 67)
• 130 med. Versorgungen
• 57 Rennabbrüche
• 41 RD-Transporte
• 63 Klinikbehandlungen •13 stationär (ø 6 Tage)
•14 operative Behandlungen
Verletzungsrate 0,8%, bzw. 0,32%
(klinikbeh.) 0,37%
63
156
5520
4922228
104
0 10 20 30 40 50 60
Anzahl Verletzte
14-20
21-30
31-40
41-50
51-60
61-67
Alt
ers
gru
pp
en
Verletzte - Altersverteilung
(nKlinik=63, nGesamt=157)
Ergebnisse 2007Einzelverletzungen I
• in 110 Fällen Extremitäten betroffen
• v.a. Schultergürtel, Ellenbogen, Kniegelenke
• 81% Prellungen und Schürfungen (AIS 1)
• 34 Frakturen (32), 1 offene (5)
• Verletzungsrate 0,8, bzw. 0,32% (0,37%)
• MAIS 1,28 (Range 1-3) (1,34, R 1-4)
• ISS 2,25 (Range 1-14) (2,86, R 1-20)
• 6 Teilnehmer mit ernsten Verletzungen (AIS≥3) (7)
• linke Seite und obere Extremitäten häufiger (idem)
• 1,15 Verletzte/1000h Sport
(rot = retrospektive Ergebnisse 2006)
Frakturen nach Körperregionen
3
12
12
4
4
0 2 4 6 8 10 12 14
Schädel/Gesicht
Schultergürtel
Obere Extremität
Thorax
Becken/Hüfte
Anzahl Frakturen
81,2%
10,8%2,5% 3,7% 1,8%
0,0%
20,0%
40,0%
60,0%
80,0%
100,0%
Pre
llungen/S
chürf
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Verletz
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ungen
(Dehnung, S
pre
ngung)
Einzelverletzungen (n=330)
Ergebnisse 2007 Einzelverletzungen II
7 (2,19%)35 (10,94%)330 (100%)Gesamt
--95 (28,79%)Untere Extremität
2 (5%)4 (10%)40 (12,12%)Becken/Hüfte
---Abdomen
-12 (11,01%)109 (33,03%)Obere Extremität
2 (4,88%)12 (29,27%)41 (12,42%)Schultergürtel
1 (6,25%)4 (25%)16 (4,85%)Thorax
--4 (1,21%)Wirbelsäule
2 (8%)3 (12%)25 (7,58%)Gesicht/Schädel
davon
Verletzungen
AIS ≥ 3
davon
Frakturen
Einzelverletzungen
der 157 Verletzten
7 (2,19%)35 (10,94%)330 (100%)Gesamt
--95 (28,79%)Untere Extremität
2 (5%)4 (10%)40 (12,12%)Becken/Hüfte
---Abdomen
-12 (11,01%)109 (33,03%)Obere Extremität
2 (4,88%)12 (29,27%)41 (12,42%)Schultergürtel
1 (6,25%)4 (25%)16 (4,85%)Thorax
--4 (1,21%)Wirbelsäule
2 (8%)3 (12%)25 (7,58%)Gesicht/Schädel
davon
Verletzungen
AIS ≥ 3
davon
Frakturen
Einzelverletzungen
der 157 Verletzten
Ergebnisse 2007 – Ursachen
• 55,4% aller Verletzten >> Interaktion mit anderem Fahrer (Auffahren,
seitl. Kollision, Behinderung, etc.)
• 17,2% Hindernis (z.B. Fahrbahnkante, umgekipptes Schild)
• 5,7% Untergrund (z.B. Schienen, Rollsplit, Kopfsteinpflaster
• 2,5% Materialprobleme (Sattelbruch, Reifenschaden)
• 2,6% sonstige (z.B. Verbremsung)
• 16,6% keine Angabe
Ergebnisse 2007 - Wettkampferfahrung
40 25,5%45 28,7%
12 7,6%54 34,4%
63 40,1%22 14,0%
11 7,0%
2 1,3%31 19,7%
34 21,7%
0 10 20 30 40 50 60 70
Anteil der Verletzten
keine Angabe
0
1-6
7-9
≥ 10
An
za
hl
Re
nn
en
/RT
F
Verletzte und Wettkampferfahrung (n=157)
Radrennen Radtourenfahrten
Tipps zum Umgang mit Verletzungen – Der Helm
Der Helm
íst durch nichts zu ersetzen,
außer …
… durch den Helm
Mache ich den Helm ab oder nicht?
Ja, bei Sachkenntnis, sonst nein
Was könnte passieren, wenn mal kein Helm getragen wird?
… (s. Anfang und Ende des Vortrags)
Blutgruppe auf dem Helm?
eher nicht, Wirkung könnte „martialisch“ sein
> besser: Blutspenderausweis (incl. BG) unterm Sattel
Tipps zum Umgang mit Verletzungen
Grundsätzliches:
- Unfallopfer beruhigen
- Rettungsdienst rufen
- Vor Auskühlung schützen
- Atemweg frei machen
- ggf. stabile Seitenlage
- starke Blutungen stoppen
Tipps zum Umgang mit Verletzungen
Was darf der Ersthelfer, was darf er nicht?
… alles was er kann (muss?)
Wie versorge ich welche Wunden?
… sauber (steril) abdecken
Starke Blutungen, was tun?
… abhängig vom Ort des Geschehens.
Druckverband, Abdrücken, ggf. Abbinden
Tipps zum Umgang mit Verletzungen
Was sollte im First Aid Kit für Radfahrer enthalten sein?
- Rettungsdecke
- Mullbinde
- Wundabdeckung (Kompresse)
- Dreiecktuch
Tipps zum Umgang mit Verletzungen
Wie erkenne ich WS-Verletzungen?
Sehr schwer, außer der Verletzte berichtet von
Lähmungen. Bei schweren Verletzungen: Stufenbildung
Wann sollte man eine stabile Seitenlage machen, wann
nicht?
Bei Bewußtlosigkeit mit Gefahr der Atemwegverlegung:
Immer!
Professioneller Rettungsdienst
Wie lange braucht ein Rettungswagen zur Unfallstelle?
Gesetzliche Hilfsfrist > LänderRettDGes
Situation in Hamburg:
2 Hubschrauber
11 bodengebundene Notärzte
bis zu 74 Rettungswagen
„Außenbereiche“ (Vierlanden, Teil der Walddörfer):
Freiwillige Feuerwehr als sog. First Responder
Der belgische Radprofi Wouter Weylandt erliegt seinen Verletzungen
nach einem schweren Unfall bei der Abfahrt. SZ, 10.05.2011
dazu Jan Frodeno: …makes me realize how fragile life on a bike is … twitter, 09.05.2011
Aktuelle Studienlage
Todesfallrisiko im Triathlon?
- Untersuchung an 959.214 Teilnehmern an 2971 Triathlon-
Veranstaltungen in den USA
- 14 Todesfälle
- Risiko von 1.5 auf 100.000 Teilnehmer
- Marathon: 0.8/100.000
- aber: 13 Tote beim Schwimmen, nur einer beim Radfahren
Harris et al. 2010
x
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Fragen ?