Raynaudsche Krankheit und Hypophyse

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5. M'~RZ x927 I~LINISCHE WOCHENSCHRIFT. 6. JAHRGANG. Nr. lO 457 188, 114 . 1921. _ 3) RONA und F. ARNHEISf, t3iochem. Zeitsehr. 48, 35- 1913. -- 4) H. HtRSCH-KAUFFMANN, Zeitschr. f. physiol. chem. I4o, 25. 1924. -- 5) G. EMBDEN, Zeitschr. f. physioh Chem. 143, 297. 1925. -- s) HA~EDORN und JExsEN, Biochem. Zeitschr. 135. 1923. -- ~) H. JosT, Naturforscherkongreg, D/jsseldorf 1926. -- s) E. GREENWALD, Journ. of biol. chem. 63, 339. 1925. -- ~) LAWA- CZEI~, Biochem. Zeitschr. 145. 1925. ZUR FRAGE DER HEMITETANIE. Von ERICH GUTTMANN und 5,IAx STE~R. Das Zustandekommen halbseitiger tetanischer Kr~impfe wird yon KEI~RER ant Ungleichheiten in der Verfassung der beiden H~tlften des Zentralnervensystems zurtickgeffihrt, w~hrend GOLANT-RATNER speziell in einer Differenz der vegetativen Innervation der beiden K6rperhSMten die Ursache daftir sieht. Uns ist es gelungen, experimentell das Bild der Hemitetanie zu erzeugen, indem wit Versuchspersonen in tiefer Hypnose hyperventilieren liel3en und ihnen gleichzeitig suggerierten, der eine Arm bzw. die eine K6rperseite bleibe yon dem Krampf frei. Unsere 4 Versuchspersonen waren Psychopathen mit mehr oder minder ausgepr~gten tetanoiden Erscheinungen ohne nachweisbare Seitendifferenz. Es gelang uns nicht, einen ausgebildeten tetanischen Krampfanfall dutch Suggestion zu 16sen; auch hatten wir bei 2 Versuchspersonen nur Erfolg beztiglich einer K6rper- seite. Die Differenzen in den KrampfzustS~nden zwischen den beiden Seiten waren ohne weiteres deutlich, wenn auch nicht immer die befohlene Seite ganz ihren ursprfinglichen Tonus behielt. Hier, wie in den yon KEI~RZ~ beschriebenen F~llen kann man eben nur yon einer relativen Hemitetanie sprechen. Versuche, gekreuzte Extremit~ten krampffrei zu halten, miBlangen ; auch konnten wir hie den tetanischen Anfall dutch Suggestion vollst~ndig hintanhalten oder hinausschieben. Bei einem derartigen Versuch h6rte die Versuchsperson zu atmen auf. Bei der am besten geschulten Versuchsperson lieBen sich die Erscheinungen noch nXher analysieren. Bei der Hyper- ventilation im Wachzustand vermochte sie die Spannung des krampfenden Gliedes willkiirlich nieht zu tiberwinden. W~hrend des Versuchs bestand ebensowenig wie im Habitual- zustand eine Differenz der elektrischen Erregbarkeit beider Seiten, und auch der Serumkalkgehalt differierte nur innerhalb der Fehlergrenze. Die BeeinfluBbarkeit in d~r Hypnose teilen demnach die tetanischen Zust~nde mit den vegetativen Erscheinungen, die ebensowenig wie diese wilikiirlich abge~ndert werden k6nnen. Andererseits deutet das Verhalten der Schwellenreizwerte darauf lain, dab nicht die Erregbarkeit, sondern die Erregung sich ~ndert. Schlieglich wissen wir, dab die extrapyrarnidal bedingten Tonusver~nderungen gleichfalls in der Hypnose beeinfluBbar sind. Vielleicht geben Beobachtungen wie die unseren einen gewissen Hinweis ant die spezielle Lokatisation der yon KEI~RER nachgewiesenen ,,Ungleichheit der Verfassung zwi- schen beiden Hglften des Zentralnervensystems". (Aus der psychiatrischen Abteilung des atiidtische~ Krankenhauses Mi~n- chen-Sehwabing [Pro/. Dr. JOHANNES LANCE].) KASUISTISCHE RAYNAUDSCHE KRANKHEIT UND HYPOPHYSE. Von Dr. ]~RNST BLOCH. In seizer bekazntez Monographie diskutiert CaSSIRER~) verschiedentlich die Frage, ob der Morbus Raynaud eine selb- st~ndige Krankheit darstellt oder nut den Wert eines Symptomen- komplexes besitzt. Macht man sich letztere Auffassung zueigez und verlegt damit den prim~ren Sitz der Korrelationsst6rung nicht in die Capillaren selbst, sondern in die den Capillartonus steuernden Faktoren, so kommen vegetatives Nervensystem uzd Blutdrfisen ursXchlich in Frage. Eine Reihe yon Beobaehtungen, tells physiologischer, tells klinischer Natur scheint der Hypophyse eine domiuierezde Stelluzg f/Jr die Regulation der Capillaren zuzuweisen, ihren Erkrankungen dementsprechend fflr die Ezt- stehung der vasomotorischez Neurosen. Die Bhtdrucksteigeruzg, die nach der Injektion yon Hinter- lappenpr~paraten der Hypophyse auitritt und erstmalig yon OLIVER und SCHX~'ER 2) beobachtet wurde, ist von TIGERSTEDT und AIRILAa) analysiert uzd auf Kontraktion der Get,Be zurfick- gefiihrt worden. Die V~Zirkung des Pituitrins und entsprechender Pr~parate auf die Get,Be ist in einer gr6geren Zahl voz Arbeiten teils an isoliertez Geff~Bstreifen, teils bei Durctlstr6mung fest- gestellt worden4-10): In der MehrzahI der Beobachtungez land sich Konstriktion, seltener Dilatation an den distalen Abschnitten yon Eingeweidearterien. Erst you KROGH n) wurde als der wesent- Iiche Angriffspunkt des ttypophyseninkrets die in den Rouget- zellen enthaltene contractile Substanz der Capillaren erkaznt. Ferner land KROGH, dab die yon ihm im Dialysat des Serums gefundeze Substanz, die normalerweise den Capillartonus auf- recht erh~lt, wahrscheinlieh mit Pituitrin identisch ist, da die W'irkung beider nicht nur auf die Rougetzellen, sozdern auch auf die Melanophoren des Frosches die gleiche ist. Eine wesentliche St/jtze f/jr diese Annahme ergab sich aus den Folgen, die die Ex- stirpation des Hypophysenhinterlappens ftir das GefXBsystem des Frosches hat: nach anf~nglicher Erweiterung der Capillarez bildet sich zach 1--2 VVochen eine Labilit~t des ttautkreislaufes MITTEILUNG. aus, so dab Zust~ncle ~uBerster Verezgerung mit ausgesprochener oder maximaler Erweiterung abwechselz. Da naeh Entfernung der Pars glandularis nur eine vorabergehende Erweiterung der Capillaren auftritt, schreibt KROGH der Pars intermedia oder nervosa die Bilduzg eines ,,Capillarhormons" zu. In schSnen Bildern hat I{ILLIAN I2) die Pituitrinwirkung auf die Rougetzellen festgehalten; HEIMBERCERla) hat die Capillarkontraktion nach Pituitrin capillarmikroskopisch beobachtet. Dez wichtigsten Hinweis auf die /jberragende Bedeutung der Hypophyse ffir die Regulierung des Capillartonus geben die Beobachtungen yon KROGH; alle Beobachtungen lassez sich mit seizer Aznahme erkl~ren, dab im I-Iinterlappen ein Capillarhormon gebildet wird, dessen Angriffsst~tte die Rougetzellen sind. Klinisch teilt CASSlRER I) eine Reihe ~tlterer Beobachtungen mit, die das Zusammentreffen yon Raynaudsymptomen mit hypo- phys~ren Erkrankungen zum Gegenstand haben. Weitere FMle sind mitgeteilt yon PRIBRAM14), I~OPFIg), B0CHLER16), V. BOGAERT und DELBEKEI?). Gflnstige Beeinflussung des Morbus Raynaud dnreh Injektion yon Hypophysin wurde yon PRIBRAM und KOPF beobachtet. HENIUS xs) sah capillarmikroskopisch das Verschwinden der GefXl3spasmen unter Hypophysinbehandlung in dem Falle yon PRIBRAM, einem Hypophysentumor mit Rayzazdscher Iirankheit. PRiBRAM zieht dann auch aus seizer klinischez Beobachtung den gleichez SchhB, zu dem spater KROGt~Sphysiologische Experimente ftihrten, dab namlich dem Illkret der ttypophyse domizierende Bedeutung zuzuschreibez sei f/jr die Regulation des GefXBtonus und des Capillarspiels, und spricht yon ,,hypophysXrem Raynaud". Umgekehrt weist KROGH auf die Azalogie hin, die zwischen den Folgen der Hypophysenexstirpation far den Kreislauf und den Capillarst6rungen der \~asoneurotiker besteht. Die Annahme, dab der Morbus Raynaud ein Symptom darstellt ft~r eine Hypophysenerkrazkung, d{e zu verminderter oder auf- gehobener Bildung des Capillarhormons f/jhrt, ist verft~hrerisch. Demgegenflber muB geltend gemacht werden, dab sich in der Mehr- zahl der Raynaud-F~lle keine hypophys~re StSruzg nachweisen l~gt, CURSCHMaNN 19) vertritt auch die Ansicht, dab mozo- oder pluriglandularen StSrungei1 keine ~tiologische Bedeutung ffir das

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5. M'~RZ x927 I ~ L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 6. J A H R G A N G . N r . lO 457

188, 114 . 1921 . _ 3) RONA und F. ARNHEISf, t3iochem. Zeitsehr. 48, 35- 1913. -- 4) H. HtRSCH-KAUFFMANN, Zeitschr. f. physiol. chem. I4o, 25. 1924. -- 5) G. EMBDEN, Zeitschr. f. physioh Chem. 143, 297. 1925. -- s) HA~EDORN und JExsEN, Biochem. Zeitschr. 135. 1923. -- ~) H. JosT, Naturforscherkongreg, D/jsseldorf 1926. -- s) E. GREENWALD, Journ. of biol. chem. 63, 339. 1925. -- ~) LAWA- CZEI~, Biochem. Zeitschr. 145. 1925.

ZUR FRAGE DER HEMITETANIE. Von

ERICH GUTTMANN und 5,IAx STE~R.

Das Z u s t a n d e k o m m e n halbse i t iger t e t an i sche r Kr~impfe wird yon KEI~RER an t Ung le ichhe i t en in der Ver fassung der be iden H~tlften des Z e n t r a l n e r v e n s y s t e m s zurtickgeffihrt , w~hrend GOLANT-RATNER speziell in einer Differenz der v e g e t a t i v e n I n n e r v a t i o n der be iden K6rperhSMten die Ursache daftir sieht. Uns ist es gelungen, exper imen te l l das Bild der H e m i t e t a n i e zu erzeugen, i ndem wi t Versuchspersonen in t iefer H y p n o s e hype rven t i l i e r en liel3en und ihnen gleichzeit ig sugger ier ten, der eine A r m bzw. die eine K6rperse i t e bleibe yon dem K r a m p f frei.

Unsere 4 Ver suchspe r sonen waren P s y c h o p a t h e n mi t m e h r oder m inde r ausgepr~gten t e t ano iden Er sche inungen ohne nachwei sba re Sei tendifferenz.

Es gelang uns nicht , e inen ausgebi lde ten t e t an i s chen Krampfan fa l l d u t c h Suggest ion zu 16sen; auch h a t t e n wir bei 2 Versuchspersonen nur Erfo lg beztiglich einer K6rper - seite.

Die Dif ferenzen in den KrampfzustS~nden zwischen den beiden Sei ten waren ohne wei teres deutl ich, wenn auch n ich t

i m m e r die befoh lene Seite ganz ihren ursprf ingl ichen Tonus behiel t . Hier, wie in den yon KEI~RZ~ beschr iebenen F~llen kann m a n eben nu r yon einer re la t iven H e m i t e t a n i e sprechen. Versuche, gekreuz te E x t r e m i t ~ t e n k rampf f re i zu hal ten, miBlangen ; auch k o n n t e n wir hie den t e t an i s chen Anfal l d u t c h Suggest ion vo l l s t~nd ig h i n t a n h a l t e n oder h inaussch ieben . Bei e inem d e r a r t i g e n Versuch h6r te die Versuchsperson zu a t m e n auf.

Bei der am bes t en geschul ten Versuchsperson lieBen sich die E r sche inungen noch nXher analys ieren. Bei der Hype r - ven t i l a t ion im W a c h z u s t a n d v e r m o c h t e sie die S p a n n u n g des k r a m p f e n d e n Gliedes willkiirlich n ieh t zu t iberwinden. W~hrend des Versuchs b e s t a n d ebensowenig wie im Hab i tua l - zus tand eine Dif ferenz der e lek t r i schen E r r e g b a r k e i t be ider Seiten, und auch der Se rumka lkgeha l t d i f fer ier te nur i nne rha lb der Fehlergrenze .

Die Beeinf luBbarkei t in d~r H y p n o s e te i len d e m n a c h die t e t an i schen Zus t~nde mi t den vege t a t i ven Ersche inungen , die ebensowenig wie diese wilikiirlich abge~nde r t werden k6nnen . Andererse i t s d e u t e t das Ve rha l t en der Schwel lenre izwer te da rauf lain, dab n i ch t die Er regbarke i t , sondern die E r r e g u n g sich ~nder t . Schliegl ich wissen wir, dab die ex t r apy ra rn ida l bed ing t en T o n u s v e r~n d e ru n g en gleichfalls in der H y p n o s e beeinf luBbar sind.

Viel leicht geben B e o b a c h t u n g e n wie die unse ren e inen gewissen Hinweis an t die spezielle Loka t i sa t ion der yon KEI~RER nachgewiesenen , ,Ungle ichhe i t der Ver fas sung zwi- schen be iden H g l f t en des Z e n t r a l n e r v e n s y s t e m s " . (Aus der psychiatrischen Abteilung des atiidtische~ Krankenhauses Mi~n- chen-Sehwabing [Pro/. Dr. JOHANNES LANCE].)

K A S U I S T I S C H E

RAYNAUDSCHE KRANKHEIT UND HYPOPHYSE.

Von

Dr. ]~RNST BLOCH.

In seizer bekazntez Monographie diskutiert CaSSIRER~) verschiedentlich die Frage, ob der Morbus Raynaud eine selb- st~ndige Krankheit darstellt oder nut den Wert eines Symptomen- komplexes besitzt. Macht man sich letztere Auffassung zueigez und verlegt damit den prim~ren Sitz der Korrelationsst6rung nicht in die Capillaren selbst, sondern in die den Capillartonus steuernden Faktoren, so kommen vegetatives Nervensystem uzd Blutdrfisen ursXchlich in Frage. Eine Reihe yon Beobaehtungen, tells physiologischer, tells klinischer Natur scheint der Hypophyse eine domiuierezde Stelluzg f/Jr die Regulation der Capillaren zuzuweisen, ihren Erkrankungen dementsprechend fflr die Ezt - stehung der vasomotorischez Neurosen.

Die Bhtdrucksteigeruzg, die nach der Injektion yon Hinter- lappenpr~paraten der Hypophyse auitr i t t und erstmalig yon OLIVER und SCHX~'ER 2) beobachtet wurde, ist von TIGERSTEDT und AIRILAa) analysiert uzd auf Kontraktion der Get,Be zurfick- gefiihrt worden. Die V~Zirkung des Pituitrins und entsprechender Pr~parate auf die Get,Be ist in einer gr6geren Zahl voz Arbeiten teils an isoliertez Geff~Bstreifen, teils bei Durctlstr6mung fest- gestellt worden 4-10): In der MehrzahI der Beobachtungez land sich Konstriktion, seltener Dilatation an den distalen Abschnitten yon Eingeweidearterien. Erst you KROGH n) wurde als der wesent- Iiche Angriffspunkt des t typophyseninkrets die in den Rouget- zellen enthaltene contractile Substanz der Capillaren erkaznt. Ferner land KROGH, dab die yon ihm im Dialysat des Serums gefundeze Substanz, die normalerweise den Capillartonus auf- recht erh~lt, wahrscheinlieh mit Pituitrin identisch ist, da die W'irkung beider nicht nur auf die Rougetzellen, sozdern auch auf die Melanophoren des Frosches die gleiche ist. Eine wesentliche St/jtze f/jr diese Annahme ergab sich aus den Folgen, die die Ex- stirpation des Hypophysenhinterlappens ftir das GefXBsystem des Frosches hat: nach anf~nglicher Erweiterung der Capillarez bildet sich zach 1--2 VVochen eine Labilit~t des ttautkreislaufes

M I T T E I L U N G .

aus, so dab Zust~ncle ~uBerster Verezgerung mit ausgesprochener oder maximaler Erweiterung abwechselz. Da naeh Entfernung der Pars glandularis nur eine vorabergehende Erweiterung der Capillaren auftritt , schreibt KROGH der Pars intermedia oder nervosa die Bilduzg eines ,,Capillarhormons" zu. In schSnen Bildern hat I{ILLIAN I2) die Pituitrinwirkung auf die Rougetzellen festgehalten; HEIMBERCERla) hat die Capillarkontraktion nach Pituitrin capillarmikroskopisch beobachtet. Dez wichtigsten Hinweis auf die /jberragende Bedeutung der Hypophyse ffir die Regulierung des Capillartonus geben die Beobachtungen yon KROGH; alle Beobachtungen lassez sich mit seizer Aznahme erkl~ren, dab im I-Iinterlappen ein Capillarhormon gebildet wird, dessen Angriffsst~tte die Rougetzellen sind.

Klinisch teilt CASSlRER I) eine Reihe ~tlterer Beobachtungen mit, die das Zusammentreffen yon Raynaudsymptomen mit hypo- phys~ren Erkrankungen zum Gegenstand haben. Weitere FMle sind mitgeteilt yon PRIBRAM14), I~OPFIg), B0CHLER16), V. BOGAERT und DELBEKEI?). Gflnstige Beeinflussung des Morbus Raynaud dnreh Injektion yon Hypophysin wurde yon PRIBRAM und KOPF beobachtet. HENIUS xs) sah capillarmikroskopisch das Verschwinden der GefXl3spasmen unter Hypophysinbehandlung in dem Falle yon PRIBRAM, einem Hypophysentumor mit Rayzazdscher Iirankheit. PRiBRAM zieht dann auch aus seizer klinischez Beobachtung den gleichez SchhB, zu dem spater KROGt~S physiologische Experimente ftihrten, dab namlich dem Illkret der t typophyse domizierende Bedeutung zuzuschreibez sei f/jr die Regulation des GefXBtonus und des Capillarspiels, und spricht yon ,,hypophysXrem Raynaud". Umgekehrt weist KROGH auf die Azalogie hin, die zwischen den Folgen der Hypophysenexstirpation far den Kreislauf und den Capillarst6rungen der \~asoneurotiker besteht.

Die Annahme, dab der Morbus Raynaud ein Symptom darstellt ft~r eine Hypophysenerkrazkung, d{e zu verminderter oder auf- gehobener Bildung des Capillarhormons f/jhrt, ist verft~hrerisch. Demgegenflber muB geltend gemacht werden, dab sich in der Mehr- zahl der Raynaud-F~lle keine hypophys~re StSruzg nachweisen l~gt, CURSCHMaNN 19) vertri t t auch die Ansicht, dab mozo- oder pluriglandularen StSrungei1 keine ~tiologische Bedeutung ffir das

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Zustandekommen des Morbus Raynaud beizumessen set. Es ist deshalb yon Interesse, einen Fall yon Morbus Raynaud zu ver- 6ffentliehen, in dem die gtiologische Bedeutung der Hypophyse sichergestellt zu sein scheint.

Da dieser Fall uur ambulant behandelt wurde, sind die Be- obachtungen ltickenhaft und unvollkommen, besonders hinsichtlich der Stoffwechseluntersuchungen.

59j~hr. Pat . ; deutsche Jtidin; Menses wenig, alte 4 Wochen, Dauer I Tag; Klimakterium mit 53 Jahren, 1919/2o; bis 1918 v611ig gesund; Winter i918/i 9 Mtidigkeit und Ged~chtnlsschw~che, An- schwellung yon Gesicht und H~.nden. Frtihjahr 1919 wurde die Diagnose l~{yx6dem gestellt und Pat. mit Thyreoidin behandelt. Darauf schwanden die Beschwerden innerhalb yon 14 Tagen; zu- gleich Gewichtsabnahme yon I o Pfund. BehandIung mit Thyreoidea fortgesetzt mit Pausen bis Ende 1924 . Pat. erhielt dann Ovariin- tabletten.

]Beginn der Raynaud-Symptome 1924, nut an den H~nden, bleiben auch fernerhin nur auf die H~nde beschrXnkt. Finger dauernd blaB; die Synkope nahm im Laufe des Jahres 1925 all- m~hlich zu; kein anfallsweises Erblassen; An~mie in der IIMte st~irker ausgepr~gt. Zugleich wurden die Finger dicker; insbeson- dere umschriebene Verdickungen der Endglieder. Asphyxie an- fallsweise an den Endgliedern, dann auch Schmerzen; diese Anfalle yon der AuBentemperatur unabh~ngig. Trophische St6rungen an den N~geln seit Sommer I925, zuletzt AufhSren des Wachstums. Friihjahr 1925 Durst und Lockerung der Z~hne, die zum Tell ab- brachen. Im Urin wurde kein Saccharum gefunden, die Symptome auf die Hypophyse bezogen, Pat. mit Hypophysis cerebri-Tabletten per os behandelt. Darauf sehwanden der Durst und die Zahn- symptome. Die Raynaudsymptome blieben yon der perorMen Itypophysendarreichung unbeeinfluBt. Pat. hat vim unter dem Geft~hl innerlieher I(~ilte zu leiden.

Belung (Anfang Oktober 1925): Inhere Organe o. t3. Visus und Augenhintergrund normal, lBlutstatus: Eosinophilie yon 5%, sonst o. B. R.R. iOO/TO. Urin o. B. Aufnahme des Schgdels: Sella turcica normal. Finger weiB, ktihl, stark verdickt, yon teigiger tionsistenz, kein eindr/iekbares ()dem. Synkope am ausgesprochen- sten in der Gegend des ersten Interphalangealgelenkes. Verdickung betrifft besonders den Zeigefinger und Mittelfinger, die auch druckschmerzhaft sind. An der Kuppe des linken Zeigefingers Meine, eingezogene, schwarz pigmentierte Narbe. Nggel verdickt, geriffelt, glanzlos.

Behanclluag: Ovarialtabletten per os; subcutane Injektion yon I-Iypophysin-H6chst eine Ampulle in Abstgnden yon zungchst 2 Tagen, dann mit steigenden Zwischenrgumen, so dab Pat. im Laufe yon 2 lVionaten io Injektionen erhglt. Die Injektionen bessern die Durchblutung der Finger fast momentan; die bessere Durch- blutung hglt 5 - - i o Minuten an. Im Laufe der 13ehandlung erheb- liche lBesserung aller Symptome; auch die Nagel wachsen wieder.

Be/und (Anfang Dezember 1925): Finger zeigen normales For- mat mit Ausnahme des noch leicht verdickten rechten Mittelfingers. Schmale angmische Zone in der Gegend der ersten Interphalangeal- gelenke, sonst gute Durchblutung. Die pigmentierte Narbe am linken Zeigefinger hat sich ohne Residuen abgestossen. Nggel yon normalem Glanz, ohne Riffelung. R.R. 12o/9o. Injektionsbehand- lung wird ausgesetzt, da die Pat. nach der letzten Injektion tiber Schwindelgeft~hl und eingenommenen Kopf klagte.

15. I.: Seit i. I. 1926 Schmerzen am Nagelbett des rechten Mittelfingers. Endglied des rechten Mittelfingers etwas geschwollen und livid verfgrbt, hoch empfindlich. Am Nagel kleine griinlich verfgrbte Stelle. Pat. erhglt zweimal Pituglandol subcutan, um die Nebenwlrkungen des I-Iypophysins zu vermeiden. Die Injek- tionen sind ohne Einflug auf die asphyktischen Symptome, ebenso peroral gegebene Ovarien- und Hypophysenpraparate.

25. I.: Starke Schmerzen am rechten Mittelfinger. Endglied stark geschwollen und druckschmerzhaft, blaurot verfgrbt. Nagel in toto gr rn und braun verf~rbt. Es hat sieh das typische ]3ild der lokalen Asphyxie entwickelt. I ccm t typophysin subcutan: SVenige Minuten post injectionem schwillt das befallene Glied ab und wird blasser. Zugleich lassen die Schmerzen prompt naeh. Nach zwei weiteren Hyp0physininjektionen sind die asphyktischen Symptome beseitigt, der Nagel regeneriert sich yon der Matrix her.

Die IBehandlung kann nunmehr infolge unregelm~gigen Er- scheinens der Pat. nut in irregul~iren Abst~nden durchgeffihrt wet- den. Die Hypophysenwirkung auf die Synkope sowohl wie auf die Asphyxie l~Bt sich mit der .Regelm~gigkeit eines Experimentes beobaehten. Je gr613er die Abst~nde zwischen den Injektionen sind, desto ausgesprochener stellen sich Synkope und trophische St6run- gen wieder ein. Zu den letzten Injektionen wurde tIypophen intramuskul~r benutzt, das die gleiche Wirkung auf die Raynaud- Symptome zeigt wie Hypophysin und yon der Pat. besser vertragen wurde.

R I F T . 6. J A H R G A N G . N r . IO 5. MARZI927

Ein am 27. VII. 1926 angestellter Grundumsatzversuch ergab eine leichte Erh6hung, die wahrscheinlieh auI die Erregung der psychisch labilen Pat. zu beziehen ist; klinisch yon Bedeutung ist nur das Fehlen ether irgendwie betrXchtlichen Erniedrigung des Grundumsatzes.

Fassen wir das Wesentliche des ganzen ltrankheitsbildes zu- sammen, so ist die Diagnose des chronischen Morbus Raynaud: Synkope Asphyxie, trophische St6rungen ohne Mutilationen - - sicher gestellt. Die hypophys~ren St6rungen in der Vorgeschichte und die therapeutische Hypophysinwirkung sprechen fur eine hypophys/ire Erkrankung yon chronischem und wahrscheinlich benignem Charakter; Lues liegt nicht vor, fflr Tumor oder ent- ziindliehe Prozesse fehlt jeder Anhaltspunkt. Durch die eingangs er6rterten Beobachtungen l~gt sich somit eine einheitliche Auf- fassung der vorliegenden Erkrankung gewinnen. Durch den pathologischen ProzeB, der sich in der t typophyse abspielt, wird die ]3ildung des Capillarhormons herabgesetzt oder aufgehoben, und als Folge treten die Raynaud-Symptome an den Fingern auf. Die Hypophysinwirkung ist eine Substltutionstherapie und h~lt nut so lange an, als unverbrauchtes Capillarhormon im t~6rper vorhanden ist. PeroraI wird das wirksame Prinzip nicht resorbiert, verh~lt sich also wie der antidiuretisehe und der uteruswirksame K6rper der Hinterlappenextrakte. Das Capillarhormon ist im Hypophysin und Hypophen vorhanden, scheint aber dem Pitu- glandol zu fehlen. DaB die ttinterlappenpr~iparate wirksam sind, deckt sich lair KROGHS Anschauung yon der Bildung des Capillar- hormons in der Pars nervosa bzw. intermedia. Der Fall kann als ,,hypophys~rer Raynaud" ganz im Sinne PRIBRA~S aufgefagt werden. Es diirfte jetzt auger Zweifel stehen, dab aus der Gesamt- gruppe des Morbus Raynaud eine Zahl yon F~llen abgetrennt werden kann, in denen die Erkrankung ein hypophys~res Symptom darstellt. Vielleieht ist eine Differenzierung in hypophys~r und nieht hypophys~r bedingte F~ille ex iuvantibus m6glich; ein thera- peutischer Versuch mit Hypophysin is~c bet unserer sonstigen Machtlosigkeit in jedem Falle indiziert. Die nicht hypophys~tr bedingten F~lle werden als Krankheitsbild sui generis betrachtet werden m~ssen, solange eine andere tibergeordnete Ursache un- bekannt ist; vielleicht bleibt CASSlRZRS Ansicht zu recht bestehen, dab der Morbus Raynaud sowohl als Symptom eiuer anderen Erkrankung wie als selbstXndige Krankheit auftreten kOnne.

Bemerkenswert ist, dab Hypophysin die asphyktischen Sym- ptome ebenso prompt beeinflugt wie die Synkope. Die Ents tehnng der lokalen Asphyxie ist bekanntlieh eine der umstri t tenen Teil- fragen des Morbus Raynaud. RAYNAUD selbst nahm einen ar- teriellen Spasmus bet gteichzeitiger Venenerweiterung an, so dab ein venSser IRtickfluB gegen die kleinen Hautvenen stat tf indet CASSlRE~ drtickt sich etwas unbest immt ans, indem er Asphyxie und Synkope als ,,nicht toto coelo different, sondern prinzipiell gleichartig" bezeichnet. WEiss ~0) nahm dagegen einen ven6sen Spasmus als Ursache der Asphyxie an; ihm haben sich dann ERBEN 2I) und PAR~ISlUS~) angeschlossen. Die Frage geht zurtick auf das Problem ether spontanen Contractilit~t der Venen fiber- haupt. Mit Sieherheit nachgewiesen sind rhythmische Venen- kontraktionen in der Flughaut der FledermXuse2a), ferner hat HEIMBERGER "4) capillarmikroskopisch eine den Rougetzellen ent- sprechende contractile Substanz der kleinsten Venen beobachtet. Andererseits h~lt K R O ~ eine Venenkontraktion ftir unbewiesen und unwahrscheinlich. Ebenso differieren die Augaben yon t(ILLIAN12), der keine Venenwirkung des Pituitrins sah, und I-IEIMBERGER24), der ]Kontraktion der Venulae unter Pituitrin- wirkung beobachtete. Es mug danach bis zur Klgrung der zu- grundeliegenden physiologischen und path01ogischen Vorg~nge offenbleiben, ob bet der in unserem Falle beobachteten Beseitigung der Asphyxie dureh Hypophysin der Angriffspunkt des Hy!0o- physins im arteriellen Teile des Gefagsystems liegt und die Ein- wirkung auf die Asphyxie sich prinzipiell nicht yon der Beein- flussung der Synkope unterscheidet, oder ob ein zweiter "Wirkungs- oft des Hypophysins in der supponierten contractilen Substanz der kleinsten Venen zu suchen ist und die therapeutische Wirkung der L6sung eines venSsen Spasmus entsprieht.

Schlieglich mug erSrtert werden, ob es sich in dem vorliegenden Fall um eine rein hypophysgre St6rung handelt oder eine Be- teiligung der Schilddriise anzunehmen ist, wie das in der frtiher von anderer Seite gestellten Diagnose: MyxOdem zum Ausdruck

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kommt. Auch fiir den Zusammenhang von 0demen n i t Hypo- physensch~digungen liegen experimentelle und klinische Befunde vor. PO~LE~) hat das Auftreten yon Odemen bei FrSschen nach Hypophysenexstirpation beobachtet. JU~a~ANN und BE~NEARD~S) haben als diesen 0demen zugrundeliegend eine St6rung des Salz- und Wasserstoffwechsels festgestelIt Von JUNG~ANN eT) wurde auch die I(ombination einer r6ntgenologisch sichergesteltten Hypophysenerkrankung n i t allgemeinen Hydrops klinisch be- obachtet, der sich prompt dutch Thyreoidin beseitigen liel3. Als patho-physiologische Grundlage des Hydrops fand sich eine n i t Hypochlor~mie vergesellschaftete St6rung des Salzstoffwechsels, die zur quanti tat iven Retention yon Salzzulagen ffihrte. Aus dieser Beobachtung geht hervor, dab die Reaktion yon 0demen auf Schilddrfisenmedikation nicht ohne weiteres auf eine zugrunde- liegende Schilddriisenst6rung schlie13en l~iBt, sondern nur ant eine 0demtendenz der Gewebe, die sich dutch Thyreoidin im Sinne EPPINGERS beeinflussen lxgt. Gegen Myx6dem spricht in unserem Falle die fehIende Herabsetzung des Grundumsatzes. Somit t~13t sich auch der yon der Patientin in der Anamnese angegebene Hydrops als hypophys~ires Symptom verwerten, und es ergibt sich ein einheitliches KrankheitsbiId, in dem die St6rung des Salz-

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stoffwechsels und die Capillarst6rung Ausdruck eines iibergeord- neten, schleichend in der Hypophyse verlaufenden Krankheits- prozesses sind.

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PRAKTISCHE ERGEBNISSE. DIE CHIRURGISCHE BEHANDLUNG DER BOS-

ARTIGEN BLASENGESCHWULSTE*). V o n

Prof . Dr . A. v. LICHTENBERG, Ber l in . Aus der urologischen Abteilung des St. Hedwig-Xrankenhauses in BeNin.

Es is t der Zukunf t vorbeha l ten , die wich t igs ten Baus te ine fiir die B e h a n d l u n g der b6sar t igen Geschwfilste zu liefern. Unse re Therapie , so wie sie heu te ausgei ib t wird, is t nur Not- behelf . Sie s t e h t u n d f~illt n i t der Lokal i sa t ion und Aus- b re i tung des Leidens. Darf iber b r ing t uns auch die m/icht igs te En twick lung der Chirurgie n ich t hinweg, da die Grenzen der Operabi l i t~ t d u t c h rein technische Le i s tungen n i ch t m e h r wesent l ich ve r schoben werden k6nnen. Das W o r t , , i n o p e r a b e l "

b e d e u t e t das Schei te rn chirurgischer Bes t rebungen , ist das res ignier tes te Versagen / irztl ichen St rebens . U n d wie h~ufig miissen wir unsere O h n m a c h t mi t d iesem Wor te ein- gestehen.

B e t r a c h t e n wi t aber eine b6sar t ige Geschwuls t als ope- rabel, so s ind die Erfolge du rch eine h6here opera t ive Mor- talit~it ge t r i ib t als in allen ande ren Gebie ten der fibrigen Hei lkunde, und eine Dauerhe i lung ist n u t in einer verh~iltnis- m/il3ig niedr igen Zahl der F~ille zu erreichen, welche se lbs t un t e r den gf inst igsten Bed ingungen 4O}/o der oper ie r ten F~lIe n i ch t f iberschrei te t . W i t k6nnen also nur eine verh~iltnism~iBig geringe Zahl der Geschwuls tk ranken opera t iv heilen.

So sind die Vorausse tzungen der geist igen Einste l lung, wenn wi t uns n i t der F rage der chi rurgisehen ]3ehandtung der b6sar t igen Blasengeschwfi ls te beschMtigen wollen. Hinzu- zuffigen w/ire noeh, dab die bei dieser E r k r a n k u n g erziel ten Heilerfolge an der u n t e r s t e n Grenze der s t a t i s t i schen Stufen- lei ter sich be f inden und dab Dauererfolge dabei n i t A u s n a h m e der sog. , , chemischen" Geschwfilste fas t als Znfallserfolge zu bew er t en sind.

Unse re Aufgabe ist, die Ursachen dieser Mil3erfolge zu be- leuchten . Ob wir d a d u r c h F o r t s c h r i t t e erzielen k6nnen, is t fraglich. I m m e r h i n b e s t e h t die M6glichkeit , die Ver te id igung wi rksamer e inzur ichten . Auf die a l lgemein ungf ins t igen Be- d ingungen, welche ffir j eden Geschwuls tk ranken zutreffen, kann hier n i e h t e ingegangen werden . Wir mfissen uns auf die speziellen M om en te beschr/ inken, welche sieh auf die an Blasen- geschwfi ls ten E r k r a n k t e n beziehen, die also

I. im speziellen ana tomischen und topograph i schen Aufbau der I-Iarn- und Geschlechtsorgane,

2. in der phys io logischen Aufgabe dieser Organe,

*) Nach einem beim VII I . K0ngreg der Deutschen Gesellschaff ffir Urologie am r. Oktober 1926 erstatteten Referat.

3. in der Auswi rkung der E r k r a n k u n g auf d iesem Organ- sys tem,

4- in den pa tho log ischen Eigen t f imt ichke i ten der b6sar t igen Geschwfilste der H a r n b t a s e de t e rmin ie r t erscheinen.

ad I. Die Bedingungen , welche fiir das rechtze i t ige Er- k en n en der b6sar t igen Geschwfilste f6rder l ich sind, e rgeben sich a) aus einer gfinstigen, also oberflXchlichen Lagerung, b) aus Ereignissen, welche darf iber h inaus geeignet sind, die A u f m e r k s a m k e i t des E r k r a n k t e n auf sein Leiden zu lenker/, d . h . aus solchen, welche die Lebens f reude und den Lebens- genuB st6ren.

Bei der v e r s t e c k t e n Lage der Blase fitllt die M6glichkei t der frf ihzeit igen Diagnose aus d e m ers ten Grunde weg. Als ana tomisch bed ing tes S y m p t o m kann zwar eine S t6rung der H a r n e n t l e e r u n g v o r h a n d e n sein, abe t auch dieses S y n d r o m geh6r t zu den Sp~tzeichen und t r i t t - - wenn t ibe rhaup t - - ers t in Ersche inung , wenn es als W a r n e r n ich t mehr in F rage k o mmt . Eine Frf ihopera t ion , deren Veran lassung d u t c h die geschi lder ten Bed ingungen gebo ten w~re, k o m m t ffir die b6sar t igen Geschwfi ls te der Ha rnb l a se n ich t in Be t r ach t . I m Gegenteil . Die A n a t o mi e der Blase ges ta l t e t die ope- r a t iven M6glichkei ten yon vornhere in auBerordent l ich un- giinstig. Geschwfilste, die am Blasenboden liegen, z iehen die Harnle i ter , die Vors teherdr f i se und Samenblasen , fe rner die Nachbarorgane , bei der F rau die inne ren Genital ien, be im Manne den M a s t d a r m in lVEtleidenschaft und dies u m so eher, da innige Bez iehungen in Blur- u n d L y m p h v e r s o r g u n g und I n n e r v a t i o n v o r h a n d e n sind. Die Organbeg renzung d e r a r t lokal is ier ter b6sar t iger Blasengeschwi i l s te is t also eine sehr besch rgnk te und is t hSmfig und frf ihzeit ig du rchbroehen . Giinst iger l iegen die Verh/ i l tnisse bei den Geschwfi ls ten an der Blasenkuppe , die lange Zeit an t das Organ lokal is ier t b le iben und durch ihre Lage eher e n t d e c k t werden k6nnen. Zwischen diesen be iden Gruppen s t ehen die Geschwfilste, die die mi t t l e r en Teile der Blase e innehmen. F / i t die ana to - misch bed ing te Opera t ionsm6gl ichke i t dieser drei topo- g raph ischen Gruppen der Blasengeschwfi ls te b e s t e h e n / i h n l i e h e Relaf ionen. Die Gruppe am Blasenboden b i e t e t t echn isch fas t unf iberwindl iche Schwierigkei ten. Schon der Zugang ist ein wahres Hindern is re i ten . Die Wahl des Weges, ob supra- pub isch oder sakral oder kombin ie r t sup rapub i sch und perineal , is t un t e r U m s t ~ n d e n yon sch icksa lsbr ingender Be- deutung . Die Zahl der Fitlle, bei welehen die t opograph i schen Verh~iltnisse allein schon eine Opera t ionsm6gl ichke i t mi t Auss ich t auf Erfo lg ausschl iegen, iss unverh/iltnism~tBig groB. Technisch gt inst ig liegen die Verh~iltnisse bei den Geschwfi ls ten an der Blasenkuppe , n ich t ungfinst ig bei denen an der Sei ten-