Regionet 21 07 2012 - NiedersachsenNr. 22 | Juli 2012 Editorial Inhalt Mobilität auf dem Land –...

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Nr. 22 | Juli 2012 Editorial Inhalt Mobilität auf dem Land – Herausforderungen und Trends 2 Studie Mobilität in ländlichen Räumen in Niedersachsen 3 Nahverkehrsplanung und Mobilität in ländlichen Räumen 3 Mehr Mobilität in ländlichen Räumen: Handlungsmöglichkeiten 5 Mobilitätsmanagement und Kommunikation 7 Elektromobilität, Internationales und Impressum 8 Liebe Leserinnen, liebe Leser! Ohne Auto mobil? Was für Städter selbstverständlich und mit Blick auf die Parkplatzsuche praktisch ist, ruft bei Menschen auf dem Lande oft nur Kopfschütteln hervor. Busse fahren zu selten, Geschäfte, Ärzte und Freizeitziele sind häufig nur für Sportliche per Rad oder zu Fuß zu erreichen. Das Problem ist nicht neu, auch sind bedarfsorientierte Mobilitätslösungen für ländliche Räume vielerorts im Praxisbetrieb: Rufbusse gehören in vielen Regionen zum Alltag, die ersten Bürgerbusse entstanden bereits in den 1980er Jahren. Doch: Durch demografischen Wandel, Klimaschutzziele im Verkehrssektor und steigende Treibstoffkosten wächst der Handlungsdruck. Und: Die gesellschaftliche Teilhabe aller Bevölkerungs- gruppen - also auch der „Nicht-Automobilen“ in ländlichen Räumen - bleibt ein wichtiges Ziel der Raumordnung und Landesentwicklung. Die vorliegende Ausgabe des RegioNet beschäftigt sich mit neuen Mobilitätsmodellen für ländliche Räume und blickt dabei unter anderem auf neue Informati- onstechnik, bürgerschaftliches Engagement und die Kombination von Rad und Bus. Ein Schwerpunkt ist die aktuelle Mobilitätsstudie des Landes, die die Mobili- tätssituation in den ländlichen Räumen Niedersachsens erstmals umfassend analysiert. Chancen für mobile Stadt-Land-Beziehungen bietet der Wachstumsmarkt Elektromobilität. Auch diesem Thema widmet sich die aktuelle Ausgabe unseres Newsletters. Wir wünschen Ihnen eine informative und anregende Lektüre Ihre RegioNet-Geschäftsstelle Mobilität in ländlichen Räumen

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  • Nr. 22 | Juli 2012

    Editorial

    InhaltMobilität auf dem Land – Herausforderungen und Trends 2

    Studie Mobilität in ländlichen Räumen in Niedersachsen 3

    Nahverkehrsplanung und Mobilität in ländlichen Räumen 3

    Mehr Mobilität in ländlichen Räumen: Handlungsmöglichkeiten 5

    Mobilitätsmanagement und Kommunikation 7

    Elektromobilität, Internationales und Impressum 8

    Liebe Leserinnen, liebe Leser!

    Ohne Auto mobil? Was für Städter selbstverständlich und mit Blick auf die Parkplatzsuche praktisch ist, ruft bei Menschen auf dem Lande oft nur Kopfschütteln hervor. Busse fahren zu selten, Geschäfte, Ärzte und Freizeitziele sind häufi g nur für Sportliche per Rad oder zu Fuß zu erreichen.

    Das Problem ist nicht neu, auch sind bedarfsorientierte Mobilitätslösungen für ländliche Räume vielerorts im Praxisbetrieb: Rufbusse gehören in vielen Regionen zum Alltag, die ersten Bürgerbusse entstanden bereits in den 1980er Jahren. Doch: Durch demografi schen Wandel, Klimaschutzziele im Verkehrssektor und steigende Treibstoff kosten wächst der Handlungsdruck. Und: Die gesellschaftliche Teilhabe aller Bevölkerungs-gruppen - also auch der „Nicht-Automobilen“ in ländlichen Räumen - bleibt ein wichtiges Ziel der Raumordnung und Landesentwicklung.

    Die vorliegende Ausgabe des RegioNet beschäftigt sich mit neuen Mobilitätsmodellen für ländliche Räume und blickt dabei unter anderem auf neue Informati-onstechnik, bürgerschaftliches Engagement und die Kombination von Rad und Bus. Ein Schwerpunkt ist die aktuelle Mobilitätsstudie des Landes, die die Mobili-tätssituation in den ländlichen Räumen Niedersachsens erstmals umfassend analysiert.

    Chancen für mobile Stadt-Land-Beziehungen bietet der Wachstumsmarkt Elektromobilität. Auch diesem Thema widmet sich die aktuelle Ausgabe unseres Newsletters.

    Wir wünschen Ihnen eine informative und anregende Lektüre

    Ihre RegioNet-Geschäftsstelle

    Mobilität in ländlichen Räumen

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    „Wichtige Einrichtun-gen der Infrastruktur, wie etwa Geschäfte, Ärzte oder Kulturzen-tren sowie Arbeits- und Ausbildungsstätten, müssen auch ohne eigenes Auto erreichbar sein. Nur so lässt sich die hohe Lebensqualität in unseren ländlichen Regionen erhalten. Daher spielt die Sicherung der Mobilität in den ländlichen Räumen auch im Handlungskonzept „Demografischer Wandel“ der niedersächsischen Landesregierung eine bedeutende Rolle.“

    Minister Gert Lindemann, Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung

    Mobilität auf dem Land - Herausforderungen und Trends

    Auf dem Land mobil – ohne Auto? Herausforderungen der Mobilitätssicherung in ländlichen Räumen

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    Die Mobilität in ländlichen Regionen ist seit jeher stark vom (motorisierten) Individualverkehr, einem geringen Angebot an öffentlichen Verkehrsmit-teln und einer ausgeprägten Nachbarschaftshilfe gekennzeichnet. In ländlichen Kreisen nutzen 75 % der Bevölkerung Busse und Bahnen nie oder selten, in Großstädten hingegen verzichten nur 33 % weit-gehend auf den ÖPNV - zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Mobilität in Deutschland 2008“ des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtent-wicklung (BMVBS).

    Schon früher waren abgelegene Dörfer und Regionen nur schlecht mit Bus und Bahn zu erreichen. Aber: Was hat sich in den vergangenen Jahrzehnten verän-dert? Warum ist das Thema „Mobilität in ländlichen Räumen“ hochaktuell? Insbesondere durch den demografischen Wandel, aber auch aus anderen Gründen steigt zurzeit der Handlungsbedarf:

    • Bei sinkender Bevölkerungszahl wird es immer schwieriger, bestehende Angebote der Daseinsvor-sorge - also Einzelhandel, Gesundheits-, Kultur-, Bildungs- und Freizeitangebote - wohnortnah aufrecht zu erhalten.

    • Alternde Gesellschaft: Einerseits bleibt die ältere Generation zwar immer länger „automo-bil“, andererseits sind immer mehr Menschen alters- oder krankheitsbedingt auf (öffentliche) Mobilitätsangebote angewiesen.

    • Abnehmende Schülerzahlen: Der rückläufige Schülerverkehr - bislang das ökonomische Rück-grat des ÖPNV in ländlichen Räumen - gefährdet die Wirtschaftlichkeit des ÖPNV.

    • Selbsthilfekultur im Wandel: Gerade in Gebieten mit stärkerer Abwanderung der jüngeren Generation ist die Hilfe durch nah wohnende Ver-wandte bedroht. Auch Zugezogene, die im Alter ihr Auto abgeben wollen oder müssen, können nicht auf unterstützende ortsnahe Familienstrukturen zurückgreifen. Wichtiger werden daher Angebote, die mit ehrenamtlichem Einsatz und unabhängig von familiären oder nachbarschaftlichen Bezügen Mobilität, aber auch soziale Kontakte ermöglichen, zum Beispiel Bürgerbusse.

    • Klimaschutz: Der motorisierte Individualverkehr ist ein wesentlicher Verursacher des Klimawandels. Um klimaschädliches CO2 einzusparen, wollen vor allem jüngere und umweltbewusste Menschen auf den „Umweltverbund“ aus Bus, Bahn, Rad und „Zu-Fuß-gehen“ umsteigen.

    • Steigende Energiekosten lassen die indi-viduelle Mobilität mit dem Auto immer teurer werden und können zu einer Neubewertung der Wohn- und Standortqualität in ländlichen Räumen führen. In der Folge kann die Attraktivität ländlicher Räume sinken - betroffen sind dabei vor allem solche Regionen, die ohnehin bereits

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    mit Leerständen, Bevölkerungsverlusten und sinkenden Immobilienpreisen zu kämpfen haben.

    In diesem Spannungsfeld bewegt sich die Mobilitäts-sicherung in ländlichen Räumen. Im Fokus stehen vor allem Menschen, die ohne Auto mobil sein wollen oder müssen, also vorrangig Jugendliche, Ältere und Familienmitglieder, die nicht auf einen Zweitwagen im Haushalt zurückgreifen können. Beim Thema Mobilität geht es demnach nicht nur um die Frage, wie man am schnellsten, (preis-)günstigsten oder um-weltfreundlichsten von „A nach B“ kommt. Vielmehr ist die Mobilitätssicherung in ländlichen Räumen ein komplexes Handlungsfeld mit Querbezügen zum demografischen Wandel sowie zu den Themen Daseinsvorsorge, Wirtschaft und Klimaschutz. Folglich ist es auch aus Perspektive von Raumordnung, Landes- und Regionalentwicklung hoch interessant.

    Automobile Generation 65plus: Hatten 2002 nur 50 % der über 65-Jährigen ständig einen PKW zur Verfügung, so waren es 2008 bereits 62 % (Studien „Mobilität in Deutschland“ 2002/2008).

    Statussymbol Auto weniger wichtig: Die jüngere Generation hat eine geringere emotio-nale Bindung zum Auto, macht den Führerschein später und nutzt das Auto weniger (Mobilitäts-panel 2011).

    Klimaschutz beeinflusst Mobilitätswahl: 76 % der jungen Menschen sehen im Klimawan-del ein großes Problem; 44 % möchten mehr Fahrrad statt Auto fahren und 39 % ein kleineres Auto kaufen (16. Shell-Jugendstudie 2010).

    Wir werden multimodaler: Immer mehr Menschen sind „multimodal“, das heißt, sie nutzen mal Auto, mal Bus oder Rad - und wählen dabei die beste Kombination. Auffällig ist ein deutliches Altersgefälle: Während sich über die Hälfte der 18- bis 25-Jährigen multimodal fortbewegt, sind es bei den über 60-Jährigen nur 16 % (Mobilitätspanel 2011).

    MOBILITÄT IM UMBRUCH: AUSGEWÄHLTE MOBILITÄTSTRENDS

    Studien „Mobilität in Deutschland“ 2002 und 2008 im Auftrag des BMVBS: www.mobilitaet-in-deutschland.de

    Mobilitätspanel des Karlsruher Instituts für Technologie im Auftrag des BMVBS: www.mobilitaetspanel.ifv.uni-karlsruhe.de

    Nahversorgung und Nahmobilität, BMVBS-Online-Publikation 08/2011: www.bbsr.bund.de

    Entwurf Handlungskonzept „Demografischer Wandel“ der Niedersächsischen Landesregierung 2012: www.stk.niedersachsen.de

    TIPPS ZUM WEITERLESEN

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    Studie Mobilität in ländlichen Räumen in Niedersachsen

    Mobilität sichern – Attraktivität ländlicher Räume erhalten Studie „Mobilität in ländlichen Räumen in Niedersachsen“ veröffentlicht

    Wie kann es vor dem Hintergrund des demografi-schen Wandels gelingen, Erreichbarkeit und Mobilität in den ländlichen Räumen Niedersachsens zu sichern und zu verbessern?

    Eine aktuelle im Auftrag des Referates Landesent-wicklung im Ministerium für Ernährung, Landwirt-schaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung erstellte Studie geht dieser Frage nach, analysiert die Mobilitätssituation in den niedersächsischen Regionen und gibt Handlungsempfehlungen für zukunftsweisende Mobilitätsmodelle.

    Die Verfasser der Studie identifizierten strukturelle und verkehrliche „Ungunsträume“, also Regionen, in denen ein hoher Handlungsbedarf zur Sicherung der Mobilität mit öffentlichen und gemeinschaftlich gestalteten Angeboten besteht. Grundlage für die Herleitung der Ungunsträume ist eine Strukturda-tenanalyse, die auf Indikatoren zur Bevölkerung und Altersstruktur, zu Beschäftigten und Pendlerbewe-gungen sowie zur Siedlungs- und Verkehrsstruktur beruht (siehe Karte). Eine Befragung der Aufga-benträger für den ÖPNV und eine Auswertung der niedersächsischen Nahverkehrspläne ergänzen die Untersuchung.

    Die Analyse mündet in Empfehlungen mit drei zentralen Handlungssäulen:

    • dieWeiterentwicklungdesöffentlichfinanziertenÖPNV-Systems durch flexible Bedienformen,

    • MobilitätsangeboteaufehrenamtlicherBasis,

    • intermodaleAngebote,alsobeispielsweisedieKombination von ÖPNV mit Fahrrad oder Park-&-Ride-Angeboten ( g zu den drei Handlungssäulen siehe Seite 5).

    Für die Umsetzung der Maßnahmen empfehlen die Autoren ein Mobilitätsmanagement, das speziell auf die Bedürfnisse ländlicher Räume zugeschnitten wird. Es soll Angebot und Nachfrage im Bereich Mo-

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    bilität koordinieren und die Erreichbarkeit ländlicher Infrastruktureinrichtungen für alle Bevölkerungs-gruppen sichern (g zum Mobilitätsmanagement siehe Seite 7).

    Die rund 170 Seiten starke Studie richtet sich an Pla-ner, Entscheidungsträger und weitere Akteure in den Kommunen und ländlichen Regionen Niedersachsens, die aktuell am Thema Mobilität arbeiten und für ihre Region maßgeschneiderte und zukunftsfähige Lö-sungen entwickeln möchten. „Mit unserer aktuellen Mobilitätstudie möchten wir den niedersächsischen Kommunen, Landkreisen, regionalen Kooperationen und ehrenamtlich Aktiven eine Arbeitshilfe mit einer Vielzahl an guten Beispielen an die Hand geben. Nur durch eine gemeinsame, regional abgestimmte und an die jeweiligen örtlichen Bedürfnisse angepasste Mobilitätsstrategie kann es gelingen, zukünftig die Mobilität in ländlichen Räumen zu sichern“, so Elke Reimann, Projektleiterin der Studie.

    Die Mobilitätsstudie ist erhältlich beim Niedersäch-sischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung, Referat 302, Calenberger Str. 2, 30169 Hannover oder digital unter www.raumordnung.niedersachsen.de (Menü-punkt Regionalmonitoring).

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    Mit der Einführung des Regionalisierungsgesetzes des Bundes 1993 sind bundesweit die Landkreise und kreisfreien Städte für den straßengebun-denen öffentlichen Nahverkehr zuständig. Als Aufgabenträger für den ÖPNV sind sie verpflich-tet, Nahverkehrspläne aufzustellen. Nach dem Niedersächsischen Nahverkehrsgesetz sind die Pläne im fünfjährigen Turnus fortzuschreiben. Alle Aufgabenträger in Niedersachsen haben einen Nahverkehrsplan, teils noch in der ersten Genera-tion (um 1998), teils in der zweiten (ab ca. 2003) und in einigen Fällen bereits in der dritten Gene-ration (ab ca. 2008). Die erste Generation enthält eine systematische Bestandsaufnahme sowie ein Leitbild für den künftigen ÖPNV. Die zweite Generation arbeitete in der Regel an einer neuen Systematisierung des ÖPNV, während die dritte Generation Lösungen für aktuelle Anforderungen, unter anderem Barrierefreiheit, entwickelt.

    Nahverkehrspläne dienen als Grundlage für die Genehmigung der Linien und sind behördenver-bindlich. Sie unterscheiden sich von Verkehrsent-wicklungsplänen, die freiwillig erstellt werden und den ÖPNV als Teil des gesamten Verkehrssystems behandeln.

    KURZ ERKLÄRT: NAHVERKEHRS-PLANUNG IN NIEDERSACHSEN

    Ergebnisse der Strukturdatenanalyse

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    Nahverkehrsplanung und Mobilität in ländlichen Räumen

    Nahverkehrsplanung Ein Steuerungsinstrument für die Mobilität in ländlichen Räumen?

    Bus und Bahn sind im Aufwind: Seit 1996 ist der Anteil der mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückge-legten Wege kontinuierlich gestiegen und lag 2010 im bundesweiten Schnitt bei 11,7 %. Der motorisierte Individualverkehr hat zwar einen deutlich höheren Anteil von 54,4 %, ist aber seit Mitte der 1990er Jahre gesunken, so ein Ergebnis des Deutschen Mobilitätspanels, einer kontinuierlichen Erhebung zur Alltagsmobilität des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), die seit 1994 durchgeführt wird.

    Nahverkehrspläne schaffen den Rechtsrahmen für den Wettbewerb im ÖPNV. Als Fachplanung der Landkreise und kreisfreien Städte stehen sie im Span-nungsverhältnis zwischen öffentlichen Interessen, der Wirtschaftlichkeit der Verkehrsunternehmen und den Fahrgastinteressen. Doch inwieweit können sie die Mobilität in ländlichen Räumen steuern? Können sie dazu beitragen, die in den Regionalen Raumord-nungsprogrammen verankerten Ziele der räumlichen Entwicklung, zu denen auch die Daseinsvorsorge in ländlichen Räumen zählt, umzusetzen?

    Diese und andere Fragen waren leitend für eine Aus-wertung der aktuellen Nahverkehrspläne im Rahmen

    der Mobilitätsstudie Niedersachsen (siehe Seite 3). In Niedersachsen sind derzeit drei Plantypen anzutreffen: Erstens bestandsorientierte Nahverkehrspläne, die in starkem Maße das wirtschaftliche Interesse der Verkehrsunternehmen in den Vordergrund stellen, zweitens landkreisübergreifende Nahverkehrspläne

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    der Zweckverbände, die durch vernetzte Stadt-Umland-Verkehre und einen regionalen Blickwinkel geprägt sind, und drittens Nahverkehrspläne, die Handlungserfordernisse in Bezug auf die Erreichbarkeit nicht nur transparent machen, sondern auch Lösungs- und Handlungsansätze bieten. Letztere sind bislang noch selten. Einen inhaltlich anspruchsvollen Nahver-kehrsplan dieses neuen Typs hat beispielsweise der Landkreis Celle 2011 verabschiedet (siehe Interview).

    „Nahverkehrspläne sind vielfach eher Planungen, die den Status quo optimieren, anstatt dass sie eine Transformation zu einer anderen, postfossilen Mobili-tätskultur aufzeigen“, so ein Fazit aus der Mobilitäts-studie. Die stark formalisierten Nahverkehrspläne sind bislang kaum Impulsgeber für innovative Ansät-ze. Für die ländliche Mobilität interessante Projekte wie Bürgerbusse oder Ansätze des Mobilitätsma-nagements entstehen daher häufig nicht innerhalb der Nahverkehrsplanung, sondern durch lokale oder regionale Entwicklungsprojekte. Doch: Nahverkehrs-pläne enthalten meist eine fundierte Analyse der regionalen Verkehrssituation, so dass eine stärkere Verzahnung von Nahverkehrsplanung und Regio-nalplanung bzw. -entwicklung zu einer integrativen Mobilitätsentwicklung führen könnte. Auch sollten stärker als bisher die intermodale Infrastruktur und der Service an den Schnittstellen Fahrrad, PKW und ÖPNV einbezogen werden, denn die multimodale Mobilität ist im Trend und bietet durch ihre Flexibilität besondere Chancen für ländliche Räume.

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    Auch andere Landkreise müssen demnächst ihren Nahverkehrsplan fortschreiben. Welche Hinweise möchten Sie aus Ihren aktuellen Erfahrungen anderen ländlichen Regionen mit auf den Weg geben?

    Eine Unterstützung von externen Fachleuten ist für einen qualitativ hochwertigen Nahverkehrs-plan unabdingbar. Dies fördert seine Akzeptanz. Ebenso wichtig ist eine rechtzeitige Beteiligung der Gemeinden. Nur dadurch konnten wir die örtliche Kenntnis von Beförderungsbedarfen und anderen Einflüssen frühzeitig erkennen und berücksichtigen. Entscheidend für den Erfolg ist es daher, den Nahverkehrsplan ohne Zeitdruck fortzuschreiben.

    2011 hat der Landkreis Celle einen neuen Nahverkehrsplan verabschiedet. Welche Strategie verfolgen Sie für die dünner besiedelten Bereiche des Landkreises?

    Wir sind ein Flächenlandkreis mit geringer Bevölkerungsdichte, die von Süden nach Norden abnimmt. Der demografische Wandel verschärft diese Situation. Ziel der Nahverkehrsplanung war es daher, Mindeststandards festzulegen, um auch in den dünn besiedelten Bereichen eine ÖPNV-Grundversorgung sicherzustellen, also diese Bereiche nicht „abzukoppeln“. Aus diesem Grund fi-nanziert der Landkreis Celle einzelne nicht rentable Fahrten im ländlichen Raum. Dies umfasst auch Anruf-Linien-Fahrten, die wir in kleineren Sied-lungen eingeführt haben, in denen kein ständiger Beförderungsbedarf besteht. Für das Stadtgebiet Celle stellt der örtliche Verkehrsunternehmer für „Randzeiten“ zusätzlich ein Anruf-Sammeltaxi. Daneben fördern wir auch die Einrichtung von Bürgerbuslinien, indem wir die Bürgerbusvereine bei der Gründung, dem Fahrzeugkauf oder der Fahrerausbildung finanziell unterstützen.

    NAHVERKEHRSPLAN LANDKREIS CELLEReinhard Toboll, Amtsleiter Bildung, Sport und Zentrale

    Dienste des Landkreises Celle

    Stand der Nahverkehrsplanung in Niedersachsen, Studie „Mobilität in ländlichen Räumen in Niedersachsen“

  • „Flexibler, mit ehrenamtlichem Einsatz und kombinationsfähiger!“ So lässt sich in Kurzform der strategische Handlungsansatz zukunftsorientierter Mobilitätskonzepte für ländliche Räume skizzieren. Denn das auf dem traditionellen Linienverkehr basierende ÖPNV-System ist künftig, besonders mit Blick auf den demografischen Wandel, in den ländli-chen Regionen weder bezahlbar, noch entspricht es den Mobilitätsbedürfnissen der Menschen vor Ort. Ein regionales Mobilitätskonzept kann und sollte Elemente aus den folgenden drei Handlungssäulen miteinander verknüpfen:

    1. „Flexibler,… Nach den Ergebnissen der Mobilitätsstudie des Landes Niedersachsen (siehe Seite 3) ergänzen fast alle Landkreise den Linienverkehr durch bedarfso-rientierte Angebote. Je nach Einwohnerdichte und Siedlungsstruktur variieren unterschiedliche Formen: vom Anrufbus, der nach Fahrplan auf einer festen Linie verkehrt, aber nur auf Anmeldung Haltestel-len anfährt, über zahlreiche Mischformen wie das

    Mehr Mobilität in ländlichen Räumen: Handlungsmöglichkeiten

    Flexibler - gemeinschaftlicher - multimodaler Handlungsmöglichkeiten für mehr Mobilität in ländlichen Räumen

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    Anruf-Sammeltaxi, das fahrplangebunden Fahrgäste von Haltestellen bis zur Haustür bringt, bis hin zum Anrufbus im Flächenbetrieb, der die höchste Flexibi-lität erlaubt. Er fährt ohne Fahrplan von der Haustür zum Fahrtziel.

    Mehr Flexibilität kann aber auch bedeuten, Produkte und Dienstleistungen zu den Menschen zu bringen, etwa über rollende Supermärkte oder mobile Arzthel-ferinnen, und so nicht nur den Mobilitätsbedarf zu vermindern, sondern auch die Versorgungsqualität zu verbessern. Oder umgekehrt: Menschen zu den Produkten bringen, etwa über Einkaufsbusse, die gezielt Supermärkte ansteuern.

    2. …mit ehrenamtlichem Einsatz… Bundesweit sind bereits über 190 Bürgerbusse im Einsatz, und es werden immer mehr: Über 100 fahren in Nordrhein-Westfalen, dem Ursprungs-land der Bürgerbusbewegung; mehr als 20 sind es in Niedersachsen. Bürgerbusse entstehen auf Initiative von Bürgern, häufig aktive Ruheständler, die ehrenamtlich „von Bürgern für Bürger“ fahren.

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    „Die Mobilität mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist entscheidend für die Zukunft unserer Region. Gerade für die Anbindung der Dörfer müssen wir den Umstieg vom Auto, Fahrrad oder E-Bike auf Bus und Bahn ermöglichen und für genügend Parkraum und sichere Abstellplätze an den Haltestellen sorgen. Seit Jahren arbeiten wir an der Verbesserung des ÖPNV, sowohl als Gemeinde Ostercappeln, als auch mit unseren Nachbargemeinden unter dem Dach der ILEK-Region Wittlager Land. Aktuell erstellen wir einen regionalen Verkehrsentwicklungsplan, in dem wir alle Facetten - vom Schwerlastverkehr bis zum ÖPNV - betrachten.“

    Rainer Ellermann, Bürgermeister Gemeinde Ostercappeln (Landkreis Osnabrück)

    Sie sind in das ÖPNV-Angebot integriert, fahren meist nach Fahrplan und auf einer festen Route, in Einzelfällen auch als Anrufbürgerbus. Das Land Niedersachsen fördert die Anschaffung und den Ersatz der Kleinbusse im Linienverkehr. Unterstützt werden sie oftmals von den Verkehrsunternehmen, Landkreisen oder Kommunen, die sich beispielsweise um die Linienkonzession und Wartung kümmern. Im Bürgerbusmodell verbindet sich also ehrenamtliches und kommunales Engagement.

    Fahrgemeinschaften und Mitnahmen im Privatauto sind bislang vorrangig privat organisiert. Eine zen-trale Herausforderung ist es, Kontakte mit zunächst fremden Mitfahrern zu knüpfen und die Fahrtzeiten zu koordinieren. Mitfahrerbörsen im Internet können dabei unterstützen, wie etwa das bundesweite Pendlerportal, das seit 2007 in mittlerweile 27 nieder-sächsischen Landkreisen besteht (www.pendlerportal.de). Noch bleiben diese Angebote ausschließlich im privaten Bereich. Doch: Wie erste Pilotprojekte zeigen, geht der Trend dahin, das eigene Auto mehr und mehr zu öffnen, dadurch Mobilität für alle zu ermöglichen und sich die steigenden Spritkosten zu teilen.

    3. …und kombinationsfähiger!“ Multimodale Mobilität, also verschiedene Verkehrs-mittel zu kombinieren, liegt gerade bei der jungen

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    FLEXIBEL UND BEDARFSGERECHT - MOBILITÄT IM LANDKREIS SCHAUMBURGIm Landkreis Schaumburg haben sich einige beispielhafte flexible Mobilitätsangebote etabliert, die den Linienverkehr ergänzen und aus Regionalisierungsmitteln des ÖPNV gefördert werden:

    Seit 2008 gibt es das Seniorentaxi und das Fifty-Fifty-Taxi für Jugendliche. Mit einer Berechtigungskarte erhalten Senioren, Men-schen mit Behinderungen und Jugendliche kostenlos Wert-Bons, die in Zeiten ohne ÖPNV-Anbindung auf den Taxifahrpreis wie Bargeld angerechnet werden. Die eingelösten Bons werden vom Taxiunter-nehmen mit dem Landkreis abgerechnet.

    Seit 2003 fährt in der Samtgemeinde Niedernwöhren ein Anrufbür-gerbus. Die Ehrenamtlichen des Anrufbus Niedernwöhren e. V. holen ihre Fahrgäste zur gewünschten Zeit an der Haustür ab und bringen sie

    zu ihrem Fahrtziel (www.anrufbus-niedernwoehren.de). Der Bürgerbus Bad Nenndorf verbindet seit 2006 auf einer festen Route die Stadtteile mit der Kernstadt und den am Stadtrand liegenden Gewerbegebieten.

    Seit 2007 fährt ein örtliches Taxiunternehmen das Anrufauto Rodenberg. Durch eine vertragliche Regelung mit der Samtgemeinde zahlen die Fahrgäste einen Festpreis, die Differenz trägt die Kommune. In Rinteln und Stadthagen sind außerdem Anrufsammeltaxen im Einsatz. Auch diese Angebote finanziert der Landkreis zur Hälfte mit.

    „Zukünftig werden wir im Landkreis Schaumburg immer stärker auf Bedarfsverkehre umsteuern, vor allem we-gen des demografischen Wandels und der rückläufigen Schülerzahlen, die in einigen Gemeinden um 50 % sinken werden. Umso wichtiger ist es, dass wir die vielen beste-henden und neuen Angebote gut miteinander vernetzen und die Angebotsvielfalt den Kunden transparent machen. Wir möchten daher eine Mobilitätszentrale einrichten, die genau diese Aufgaben erfüllt: Koordination der Fahrten und Mobilitätsberatung für die Fahrgäste.“

    Knut Utech, Amt für Wirtschaftsförderung, Regionalplanung, ÖPNV des Landkreises Schaumburg

    Fortsetzung auf Seite 6

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    Generation im Trend. Auch nutzen immer mehr Menschen das Fahrrad im Alltag und legen längere Strecken damit zurück, so eine Erkenntnis des jähr-lichen bundesweiten Mobilitätspanels. Folgerichtig gilt es, mit attraktiven Kombinationsmöglichkeiten zwischen ÖPNV und anderen Verkehrsmitteln die Lü-

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    Carsharing-Sponsoring Cuxhaven: 36 Firmen ermöglichen seit Herbst 2011 mehr Mobilität für Vereine und Kirchengemeinden in Cuxhaven. Ge-meinsam kauften die Sponsoren einen Kleinbus; um Versicherung und Wartung kümmert sich ein beteiligtes Autohaus. Nur die Spritkosten tragen die Nutzer selbst.

    Im Herbst 2012 startet die Pilotphase des bislang bundesweit einmaligen Projektes „Mobilfalt Nordhessen“. In zunächst drei Testregionen kann jeder seine privaten Autofahrten anderen anbie-ten und erhält dafür eine Kostenerstattung. Eine

    GUTE BEISPIELE - INNOVATIVE MOBILITÄTSANGEBOTE IN LÄNDLICHEN REGIONENInternet-Plattform verknüpft die PKW-Fahrten mit allen Mobilitätsangeboten des Nordhessischen Verkehrsverbundes - egal ob Zug, Linien- oder Bürgerbus. Gebucht wird über Internet, Telefon und über Mobilitätszentralen (www.nvv.de).

    Ab Sommer 2012 ist der KombiBus im Landkreis Uckermark (Brandenburg) unterwegs, um in den Linienbussen zusätzlich zu Fahrgästen auch Güter zu befördern. Dafür sind unter anderem rechtliche und technische Fragen zu klären und der Fahrplan auf einen festen Takt umzustellen, der für die Logistik im Güterverkehr notwendig ist.

    Die Uckermärkische Verkehrsgesellschaft erprobt diesen für Deutschland neuen Ansatz im Rahmen des Programms „Daseinsvorsorge 2030“ des Bundesinnenministeriums (www.kombibus.de).

    Im Landkreis Kronach (Bayern) finanziert ein Inhaber eines Supermarktes gemeinsam mit einem Fleischer einen Einkaufsbus, der einmal pro Woche nach Fahrplan über mehrere Dörfer nach Steinberg fährt. Dort ist Zeit zum Einkaufen, Essen und für weitere Besorgungen. Danach geht es auf gleicher Route wieder zurück.

    cken in den Wegeketten zu schließen. Viele Regionen Niedersachsens bieten sich mit ihrem gut ausgebau-ten Radwegenetz an, das Fahrrad als „Zubringer“ zu den Haltestellen zu nutzen und Streusiedlungen oder kleine Dörfer an das ÖPNV-Netz anzuschließen. Sichere Abstellmöglichkeiten, neue Fahrradver-

    leihsysteme und die Radmitnahme im ÖPNV sind daher vorrangige Arbeitsfelder, um die Kombination Fahrrad und ÖPNV zu fördern. Elektrisch unterstützte Fahrräder (Pedelecs) bieten darüber hinaus die Chance, neue Zielgruppen zu erschließen, die Distanz zu verlängern - im Alltagsverkehr von 3 auf 6 km bzw. für Berufspendler sogar auf 15 km - und das Rad auch in topografisch anspruchsvollen Regionen attraktiv zu machen.

    Kombinierte Transporte, also die gemeinsame Beför-derung von Personen und Gütern, sind in Skandina-vien verbreitet. In Deutschland waren sie bis Mitte des 20. Jahrhunderts üblich, sind heute aber fast in Vergessenheit geraten. Die Idee: Leerfahrten oder den Stauraum des Linienbusses für den Transport von Gütern nutzen. Gerade für dünn besiedelte Gebiete kann dies eine interessante Strategie sein, denn hier ist der ÖPNV kaum noch finanzierbar, und Kurier- und Transportdienstleister stoßen an ihre Wirtschaftlich-keitsgrenzen.

    Handbuch zur Planung flexibler Bedienungsfor-men im ÖPNV, BMVBS 2009: www.bmvbs.de

    Mobilität in ländlichen Räumen unter besonderer Berücksichtigung bedarfsgesteuerter Bedienfor-men des ÖPNV, von Thünen-Institut 2010: www.vti.bund.de

    Handbuch Umwelt- und familienfreundliche Mobilität im ländlichen Raum, TU Berlin 2012: www.verkehrsplanung.tu-berlin.de

    ÖPNV: Planungspraxis und Anforderungen älterer Menschen, BMVBS-Online-Publikation Nr. 05/2010: www.bbsr.bund.de

    TIPPS ZUM WEITERLESEN

    Fortsetzung von Seite 5

  • Mobilitätsmanagement und Kommunikation

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    Bedarfsorientierte Angebote, ehrenamtliches Enga-gement und eine intermodale Verkehrsinfrastruktur - das ist wichtig, um die Mobilität in ländlichen Regionen zu verbessern. Das allein reicht aber nicht. Zentrale Fragen sind vielmehr: Wie lassen sich Ange-bot und Nachfrage gut aufeinander abstimmen? Und wie lassen sich Menschen motivieren, auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen?

    Gerade bei der Vielfalt an öffentlichen und privaten Mobilitätsanbietern und der immer individueller werdenden Mobilitätsnachfrage bedarf es einer guten Koordination, Organisation und Kommunikati-on. Diese Aufgabe kann ein Mobilitätsmanagement erfüllen, das auf regionaler Ebene angesiedelt sein sollte. Es hat sechs Kernaufgaben:

    • MobilitätsbedürfnisseundAusgangssituationanalysieren und unter Einbeziehung bestehender Angebote den regionalen Handlungsbedarf identifizieren.

    • Netzwerke knüpfen mit allen Akteuren in der Region, die Angebote für die Bevölkerung bereit-stellen, also mit Verkehrsbetrieben, Kommunen und Landkreisen sowie lokalen Mobilitätspart-nern, beispielsweise Einzelhandel, Gesundheits-dienstleistern, Schulen oder Kulturzentren.

    • Mobilitätsstrategie entwickeln, die in eine gemeinsame Nahverkehrsplanung münden kann.

    • BestehendeMobilitätsangebote weiterent-wickeln, Impulse und Hilfestellungen für neue Projekte geben, beispielsweise Ehrenamtliche beim Aufbau eines Bürgerbusses unterstützen.

    • VielfaltanMobilitätsangeboten koordinie-ren, also mit Hilfe moderner Informationstech-nologien die technisch-organisatorisch besten Lösungen finden.

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    MobilAgenten sind seit 2006 in den Kreisen Minden-Lübbecke und Herford im Einsatz. Zehn ehrenamtliche Mobilitätsberater informieren Fahrgäste in Sprechstunden, im Info-Bus oder telefonisch über den ÖPNV und beraten Firmen im betrieblichen Mobilitätsmanagement. Das Projekt ist aus dem Bundesprogramm „aufdemland.mobil“ hervorgegangen, wurde anfangs vom Land Nordrhein-Westfalen gefördert und läuft nun eigenständig (www.mobilagenten.de).

    GUTE BEISPIELE - INNOVATIVE ANSÄTZE FÜR MOBILITÄTSMANAGEMENTS IN LÄNDLICHEN RÄUMENMobilitätsgarantie statt starrer Fahrpläne - dieses ehrgeizige Ziel verfolgt die Odenwald Regionalgesellschaft mbH in Südhessen. Die Mobilitätsgarantie soll in einem Gewährleistungs-zeitraum von 30 Minuten für direkte Fahrten von Ortsteilen zu den Zentren gelten. Ein Mobilitäts-pool bündelt alle öffentlichen, gewerblichen und privaten Beförderungsleistungen. Eine innovative Preisgestaltung mit Kundenkarte und Flatrate sowie ein anreizorientiertes Tarifmodell sind geplant. Das Fachkonzept zur Umsetzung soll Ende 2012 vorliegen (www.odenwaldmobil.de).

    Immer Mobil - mithilfe von Telematik- und IuK-Technologien arbeitet das Fraunhofer-Institut für Logistik in den Landkreisen Rosenheim und Traunstein (Bayern) an der besseren Vernetzung von Angebot und Nachfrage von Mobilitätsange-boten für Senioren. Neben dem ÖPNV sind auch soziale Fahrdienste oder Bürgerbusse einbezogen. Fahrgäste können sich über Internet oder Telefon individuell informieren und dadurch spontan geeignete Fahrten buchen. Nach dem Abschluss der Testphase im April 2012 geht das Projekt nun in den Feldbetrieb (www.immermobil.org).

    • Angebote zielgruppenorientiert vermark-ten, dabei die Vorteile des Internets für individu-elle Verkehrsmittelkombinationen nutzen, aber auch auf alle klassischen Kommunikationswege bis hin zur persönlichen Mobilitätsberatung setzen.

    Ob ein Aufbau „von oben“, also über die Landesebe-ne, oder „von unten“, das heißt regional initiiert, sinnvoller ist, ist im Einzelfall zu entscheiden. Hier gilt es, jeweils die passende Lösung zu finden. In jedem Fall ist zu empfehlen, das Mobilitätsmanagement an bereits bestehende regionale Strukturen anzudocken

    - sei es ein regionaler Verkehrsverbund oder eine regionale Kooperation - oder eine gute Vernetzung mit diesen Partnern sicherzustellen.

    effizient mobil - Aktionsprogramm der Deutschen Energieagentur; Arbeitshilfen, Online-Tools, Best-Practice: www.effizient-mobil.de

    Website der Transferstelle Mobilitätsmanagement des Instituts für Landes- und Stadtentwicklungs-forschung mit aktuellen Forschungsprojekten: www.mobilitaetsmanagement.nrw.de

    TIPPS ZUM WEITERLESEN

    Mobilität besser organisieren – Angebote besser kommunizieren! Mobilitätsmanagement für ländliche Räume

    sind, eingebunden. Aktuell möchten wir noch vor der Sommerpause die Beschlüsse auf Kreisebene fassen; direkt danach folgen die Kommunen. In einem Jahr wollen wir dann mit MobilUmVechta starten.

    Wie schätzen Sie die Übertragbarkeit Ihres Projektes auf andere ländliche Regionen ein?

    Nach unserer Erfahrung es wichtig, von Anfang an gemeinsam an dem Projekt zu arbeiten und alle Beteiligten einzubeziehen. Es bringt nichts, im Al-leingang ein Konzept zu erarbeiten, das dann andere mitfinanzieren sollen. Bei „MobilUmVechta“ tragen alle Beteiligten, also der Landkreis, die Kommunen und auch die Verkehrsunternehmen, ein finanzielles Risiko. Daher sind die Kommunikation miteinander und die Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern ganz entscheidend für ein gutes Gelingen.

    „MobilUmVechta“ hat 2010 im Wettbewerb „Innovative Konzepte im Mobilitätsmanage-ment“ im Rahmen des bundesweiten Pro-gramms „effizient mobil“ den 2. Platz erreicht. Wie konnten Sie die Jury überzeugen?

    Die Jury fand die verkehrsträgerübergreifende und systematische Vermittlung von Bedarf und Angebot einzigartig und äußerst innovativ. Zudem überzeugte das Projekt dadurch, dass unser Ansatz über eine effiziente Verkehrsabwicklung hinaus geht und gerade für die älter werdende Gesellschaft Chancen bietet.

    „MobilUmVechta“ ist aus einem integrierten ländlichen Entwicklungskonzept (ILEK) her-vorgegangen. Wer ist nun an der Realisierung beteiligt und wie ist die Umsetzung geplant?

    Als Aufgabenträger für den ÖPNV hat der Landkreis Vechta die Federführung. Aber bei allen Entschei-dungen sind und waren selbstverständlich alle kreis-angehörigen Kommunen, die den ÖPNV zu einem Leitthema im Landkreis gemacht haben, sowie die Verkehrsunternehmen, die unsere ÖPNV-Fachleute

    MOBILUMVECHTA - MOBILITÄTSMANAGEMENT IM LANDKREIS VECHTA

    Tobias Diephaus, Referat Wirtschafts-

    förderung des Landkreises Vechta

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    Elektromobilität und Internationales

    »RegioNet – Niedersachsen« informiert über nachhaltige Landesentwicklungspolitik und regionale Zusammenarbeit in Niedersachsen.

    »RegioNet« wird kostenfrei abgegeben und kann im Internet unter der Adresse www.raumordnung.niedersachsen.de heruntergeladen werden.

    Herausgeber: Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landes-entwicklung, Referat 302 Raum-ordnung und Landesentwicklung

    Ansprechpartner/Redaktion: Stefan Winter, Elke Reimann, Calenberger Straße 2, 30169 Hannover, Telefon 0511/120-8616, Fax 0511/120-8643 [email protected]

    Konzeption und Text: KoRiS – Kommunikative Stadt- und Regionalent-wicklung

    Karen Dörrer, Kerstin Hanebeck, Stephanie Rahlf, Prof. Dr.-Ing. Jörg Knieling

    www.koris-hannover.de

    Grafik: Graphik Bureau Baruth, www.gbb1.de

    Bildnachweis Titelseite: © Christa Kalz/pixelio.de, © Rainer Sturm/ pixelio.de, Montage: Graphik Bureau Baruth

    IMPRESSUM

    Bis 2020 sollen eine Million Elektroautos in Deutschland fahren - so sieht das ehrgeizige Ziel des Programms Elektromobilität der Bundes-regierung vom Mai 2011 aus. Doch bislang ist Elektromobilität eine Nische - allerdings mit erheblichem Entwicklungspotenzial, sowohl für die Wirtschaft als auch als neue Mobilitätsoption im postfossilen Zeitalter.

    Elektromobilität - sei es im Individualverkehr als E-Auto, E-Bike oder Pedelec oder im ÖPNV als Hybrid- und E-Bus - ist klimafreundlich, sofern der Strom regenerativ erzeugt wird. Außerdem führt Elektromobilität zu mehr innerörtlicher

    Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumfor-schung (BBSR) hat einen neuen praxisorientier-ten Leitfaden zu transnationalen Mobilitätsper-spektiven herausgegeben. Gute Beispiele zeigen die Spannbreite des INTERREG IV B-Programms im Bereich Mobilität und Verkehr. Dieser „Blick über den Tellerrand“ lohnt sich und ermöglicht es, bewährte Strategien ausländischer Partner kennenzulernen und auf die eigene Region zu übertragen.

    Weitere Informationen: Transnationale Perspektiven für Mobilität und Verkehr – Wie Kommunen und Regionen INTERREG IV B nutzen können, BBSR 2012: www.bbsr.bund.de.

    Beispielhafte Projekte:

    Das Projekt CARE North (Carbon responsible transport strategies for the North Sea Area) hat an der Schnittstelle von Mobilitätssicherung und CO2-Reduktion zahlreiche Maßnahmen, unter anderem zu Elektromobilität und Carsharing, umgesetzt (www.care-north.eu).

    ELEKTROMOBILITÄT: NEUE MOBILITÄTSOPTION UND IMPULS FÜR DIE WIRTSCHAFT

    TRANSNATIONALE PROJEKTE FÜR MOBILITÄT UND VERKEHR – WIE STÄDTE UND REGIONEN VON INTERREG PROFITIEREN

    Lebensqualität, denn die Fahrzeuge erzeugen lokal keine Abgase, weniger Feinstaub und sind deutlich leiser. Mit einer Reichweite von ca. 150 km sind die kompakten E-Autos bislang vor allem für den Nahbereich geeignet und können daher die multimodale Mobilität gut ergänzen.

    Seit 2009 fördern Bund und Länder verstärkt Forschung und Entwicklung in der Elektromo-bilität sowie die Umsetzung von Innovationen in Modellregionen. Von 2009 bis 2011 waren die Metropolregionen Bremen-Oldenburg im Nordwesten und Hamburg zwei von bundesweit acht „Modellregionen Elektromobilität“ (www.bmvbs.de). Der Bund fördert die Modellregion Oldenburg-Bremen bis 2013 weiter, unter anderem das Projekt „Neue Mobilität im ländlichen Raum“ (www.modellregion-bremen-oldenburg.de).

    Seit April 2012 ist die Metropolregion Hannover Braunschweig Göttingen Wolfsburg eines der vier nationalen „Schaufenster Elektromobilität“ (www.metropolregion.de).

    Die ab Juli 2012 laufende niedersächsische Lan-

    Der 2011 bereits zum zweiten Mal als „Fahr-radfreundlichste Kommune Niedersachsens“ ausgezeichnete Landkreis Grafschaft Bentheim will gemeinsam mit den Niederlanden Radschnell-wege im Grenzgebiet bauen. Die gut ausgebauten Radwege sollen auch für Pedelecs attraktiv sein und vor allem Berufspendler ansprechen. Mit EU-Unterstützung (INTERREG IV A und EFRE) erarbeiten die Planungsgemeinschaft Grafschaft Bentheim mbH und die Region Twente derzeit eine Konzeptstudie (www.grafschaft-bentheim.de).

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    desinitiative Mobilität befasst sich mit technischen Innovationen in der Mobilitätswirtschaft und setzt so unter anderem auch die Aktivitäten der bisheri-gen Landesinitiative Elektromobilität fort.

    Tipps zum Weiterlesen

    Regierungsprogramm Elektromobilität der Bun-desregierung, 2011: www.bmwi.de

    Ergebnisbericht 2011 der Modellregionen Elektro-mobilität: www.now-gmbh.de

    Radschnellwege – Etappen auf dem Weg zur Umsetzung, Metropolregion Hannover Braunschweig Göttingen Wolfsburg 2012: www.metropolregion.de

    Postfossile Mobilität und Raumentwicklung, Positi-onspapier der ARL 89/2011: www.arl-net.de