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Eine Chance für Banken? Empfehlungen für ein Marktumfeld im Wandel Regulierung von FinTechs:

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Eine Chance für Banken?Empfehlungen für ein Marktumfeld im Wandel

Regulierung von FinTechs:

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Management Überblick

• FinTechs öffnen den Markt für Finanz-dienstleistungen in nie gekannter Geschwindigkeit und Breite. Banken befinden sich mit ihren Produkten und Dienstleistungen in einem exponentiell steigenden Wettbewerb und verlieren Geschäft an FinTechs.

• FinTechs stellen mit ihrer Geschwindig-keit in der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle auch Regulatoren vor große Herausforderungen. Zusätzlich besetzen sie gezielt nicht BaFin-regu-lierte Geschäftsfelder, zum Beispiel als Vermittler von Finanzdienstleistungen, und sparen so Regulierungskosten.

• Die BaFin hat die unterschiedliche Regulierung von Banken und FinTechs als relevante Fragestellung erkannt und stellt FinTechs für die am häufigsten auftretenden Geschäftsmodelle auf ihrer Webseite indikative aufsichts-rechtliche Hinweise zur Verfügung. Die genaue Feststellung eventueller auf-sichtsrechtlicher Pflichten erfordert jedoch stets eine Einzelfallprüfung.

• Für Deutschland kann prinzipiell eine Ausweitung der FinTech-Regulierung erwartet werden. Zeitpunkt, Ausgestal-tung und Optionen sind jedoch noch nicht absehbar.

• Dies wird wahrscheinlich zu einer Marktkonsolidierung beitragen. Eine stärkere Regulierung lässt FinTechs aber nicht vom Markt verschwinden und wird voraussichtlich Banken auch nicht bereits verlorenes Geschäft zurückbrin-gen. Im Gegenteil, überlebende FinTechs werden vermutlich stärker und selbst-bewusster agieren.

• Die Koexistenz von Banken und FinTechs könnte der neue Normalzustand des Marktes werden und Banken sollten sich daher jetzt strategisch darauf ausrichten.

• Banken sollten für sich festlegen, wo in ihren Geschäftsmodellen die größten Gefahren durch FinTechs bestehen und wie sie darauf reagieren möchten. Dabei können in der Kooperation mit ausge-wählten FinTechs auch Chancen für die traditionellen Marktteilnehmer liegen.

• Für Banken stellt die eigene Fähigkeit, Regulierungen effizient umzusetzen, ein zentrales Asset dar, das sie selbstbe-wusst in Kooperationsverhandlungen mit FinTechs einbringen sollten.

• Die Maxime für Banken lautet, sich jetzt schnell, entschlossen und mit klarer Unterstützung durch das Top-Manage-ment zu positionieren, um den Markt zu gestalten, anstatt auf die Ergebnisse der Regulatoren zu warten.

• Zögern ist keine Option und könnte Banken weiter schwächen.

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Banken und FinTechs – eine regulatorische Einführung

Das traditionelle Bankensystem nimmt seit jeher einen zentralen Stellenwert in der Wirtschaft ein und ist mit der zuneh-menden Technologisierung seit den 1970er Jahren zu seiner heutigen Größe und globalen Vernetzung gelangt. Um dieses System stabil zu halten, definieren Staaten und Staatengemeinschaften Regeln für Kreditinstitute und ihre Geschäftstätigkeiten. Ihre Einhaltung wird jeweils durch eine Aufsichtsbehörde kont-rolliert und gegebenenfalls sanktioniert. Dennoch gab es in den letzten beiden Jahrzehnten mit der Anlegerkrise „Dot-com-Blase“ (2000/2001), der Subprime-Crisis (2007) und der Euro-Krise (2010) wesentliche Krisen mit Auswirkungen auf das Bankensystem und das Vertrauen der Marktteilnehmer.

Die Aufsichtsbehörden der Finanzmärkte weltweit reagieren seither mit kontinuier-lich zunehmender Regulierung des Finanz-marktsektors, welche die Kostenbasis der Banken beständig erhöht und somit ihre Erträge reduziert, gleichzeitig aber auch hohe Markteintrittsbarrieren für neue Marktteilnehmer definiert.

Mit FinTechs treten in den letzten Jahren vermehrt neue Spieler in den Markt für Finanzdienstleistungen ein. FinTechs sind Unternehmen, deren Geschäftsmodelle auf der Kombination von Finanzdienstleistun-gen und innovativen Technologien basieren.

Sie machen sich den anhaltenden Trend der Digitalisierung von Produkten und Dienstleistungen zu Nutze und bieten stark kundenzentrierte Services an. Das Service-Spektrum von FinTechs ist aktuell eher auf Nischen bezogen, wird jedoch stetig erweitert. FinTechs zeigen aus Sicht des Kunden eine vorher nicht gekannte Geschwindigkeit, Innovation und Techno-logie-Affinität, die es ihnen ermöglicht, Kundenbedürfnisse schnell zu erfassen und passgenaue Produkte und Dienstleis-tungen zu entwickeln.

So sprechen FinTechs nicht nur die Digital Natives unter den Privatkunden an, son-dern vermehrt auch andere Kundengrup-pen (z.B. durch Kreditvermittlung für kleine und mittelständische Firmenkunden z.B. kapilendo)

Damit sehen sich Banken einem vorher nie gekannten Wettbewerb mit neuen Markt-teilnehmern gegenüber, der zudem noch zusätzlich angetrieben wird durch eine stetig wachsende Investition von Venture Capital in FinTechs (+840% in Deutsch-land in 2015 im Vergleich zum Vorjahr)¹.

Die Vielzahl neuer FinTechs und die Geschwindigkeit ihrer Gründung und Bereitstellung von Produkten und Dienst-leistungen stellen Regulatoren wie die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungs-aufsicht (BaFin) vor mehrere Herausfor-derungen:

• Die bestehende BaFin-Regulierung umfasst nicht alle Geschäftsfelder von FinTechs.

• In Deutschland unterliegen manche Dienstleistungen wie z.B. Finanzanla-genvermittlung und Honorar-Finanz-anlagenberatung (gem. §34 GewO) der Gewerbeaufsicht und nicht der Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanz-dienstleistungsaufsicht (BaFin).

• Die Schutzbedürftigkeit von Kunden, die FinTech Services wie zum Beispiel das Angebot konsolidierender Finanz-portale nutzen, leitet sich nicht nur aus regulierten Produkten ab, sondern ins-besondere aus der Schutzbedürftigkeit der Daten. Der Datenschutz jedoch obliegt derzeit nicht der BaFin.

• Eine FinTech-spezifische Ausweitung der BaFin-Regulierung ist zeitintensiv und benötigt lange Vorlaufzeiten.

1 https://www.accenture.com/de-de/company-news-release-global-fintech-investment-activity

https://bankenverband.de/media/files/2015-05-26_FinTech_Regulierung_Positionspapier_final.pdf

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• Aufgrund der bestehenden Verfahren zur Gesetzgebung kann ein Gesetzes-entwurf zur FinTech-Regulierung aber gegebenenfalls bereits überholt sein, bevor er verabschiedet wird.

• Neue Gesetzesänderungen und Regula-rien können einen hohen Einfluss auf den Wettbewerb der Marktteilnehmer besitzen. So führt beispielsweise die kundenfreundliche und Verbraucher-schutz-orientierte PSD II Regulierung zu einem positiven Effekt für FinTechs durch Zugriffsmöglichkeiten auf die Kundendaten von Banken (mit Einwilli-gung der Kunden). Dieser neu vorge-schriebene Datenzugang wird jedoch gleichzeitig die Wettbewerbssituation für Banken erhöhen.

BaFin-relevante Geschäfte der FinTechs unterliegen bereits heute entsprechenden Regulierungen (siehe Tabelle 1). Allerdings fokussieren sich FinTechs oft auf ein dezi-diertes Geschäftsfeld, welches nicht unter die Aufsicht der BaFin fällt, oder sie koope-rieren für regulierungspflichtige Bereiche mit einer Bank. Das heißt, FinTechs besit-zen zum Beispiel selbst keine Banklizenz, sondern wickeln ihr Geschäft über eine Partnerbank ab, die dadurch jedoch von der Schnittstelle zum Kunden zurückge-drängt wird.

Für FinTechs bedeutet dies eine kürzere Time-to-Market bei gleichzeitig regula-torischer Sicherheit und die Vermeidung der mit dem regulierten Geschäft verbun-denen Kosten.

In der aktuellen Evolutionsstufe des FinTech-Markts entstehen sogar neue FinTech-Banken, die auf der „grünen Wiese“ extrem kosteneffizient aufgesetzt wurden, und sich anderen FinTechs gegen-über als regulierter Abwicklungspartner für deren Geschäft anbieten (z.B. Wirecard Bank, SolarisBank).

Darüber hinaus sind insbesondere Vor-gaben zu Geldwäschebekämpfung und Marktmissbrauch zu berücksichtigen.

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Tabelle 1: Auszug aktueller BaFin- und europaweiter Regulierungen für die wesentlichen FinTech-Geschäfts-bereiche (Stand 04/2016):

Geschäftsbereiche Wesentliche Regulierungen EU

Wesentliche Regulierungen

Schwerpunkte der Regulierung

Kontoinformation Payment Services Directive II (PSD II)

• Artikel 248 §§ 8, 10 EGBGB (Einführungsgesetz zum BGB)

• §§ 666 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)• §355 Handelsgesetzbuch (HGB)• Nr.7 Abs. 1 Muster AGBs des

Bankenverbandes• § 24c Wertpapierhandelsgesetz

(WpHG)

• Bereitstellung konsolidierter Informationen über Zahlungs- konten bei verschiedenen

• Zahlungsverkehrsdienstleis-tern (inkl. z.B. Kontostand)

• Transparenz über Debit-/ Kredit-Buchungen, Zinsen und Salden

• Quartals- und Jahres- Rechnungsabschluss

Zahlungsverkehr Payment Services Directive II (PSD II)

• Artikel 248 EGBGB (Einführungsgesetz zum BGB, Bürgerlichen Gesetzbuch)

• Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG)

• Informationspflichten bei der Erbringung von Zahlungsdienstleistungen

• Kunden können Dritte beauftragen, in ihrem Namen bei ihrer Bank Zahlungen auszu lösen (PSD II)

Anlage Markets in Financial Instru-ments Directive (MiFID I+II), Markets in Financial Instru-ments Regulation (MiFIR)

• Kreditwesengesetz (KWG) Wertpapier-handelsgesetz (WpHG), Mindestanfor-derungen an Compliance (MaComp), Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk)

• Finanzmarktnovellierungsgesetz (FiMaNoG)

• Honoraranlageberatungsgesetz

• Kundenschutz (direkt)• Qualität der Empfehlungen• Dokumen tation

Kredit CRD, CRR, Basel • KWG + Verordnungen • Stabilität der Bank/des Finanzsystems

• Kundenschutz (indirekt)

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Aus regulatorischer Sicht gilt die Vorgabe der BaFin, dass FinTechs im aufsichts-pflichtigen Bereich die gleichen Vorgaben einzuhalten haben wie etablierte Institute. Dies hebt sich von bestehenden oder ge-planten FinTech-Regulierungen in Ländern wie Großbritannien oder der Schweiz ab, die FinTechs zum Beispiel in soge nann ten „Sandboxes“ mit zunächst ein geschränkter Regulierung fördern (FCA in Großbritan-nien ²; FINMA in der Schweiz ³).

Die Haltung der BaFin stützt die Forde-rung des Bankenverbandes, der bei aller Anerkennung der positiven Wirkungen der FinTechs gleiche Wettbewerbsbedin-gungen fordert ⁴. Die BaFin hat eine Pro-jektgruppe ins Leben gerufen, die sich mit dieser Fragestellung beschäftigt und aktiven Kontakt mit der FinTech-Szene sucht, um diese hinsichtlich der Regulie-rungspflichten zu beraten (Web-Angebot ⁵; Konferenz BaFin-Tech 2016 ⁶).

Eine „Wirtschaftsförderung“ von FinTechs seitens der BaFin ist daher in Deutschland nicht zu erwarten. Im Gegenteil, aus unse-rer Sicht ist für Deutschland grundsätzlich von einer zukünftig umfassen deren und strikteren Regulierung der FinTechs auszu-gehen. Ziel wird ein „level playground“ sein, um Stabilität im Finanzmarkt sicher-zustellen. Diese Einschätzung beruht auf den bisherigen öffentlichen Kommentaren der BaFin. Die zeitliche Umsetzung res-pektive der Umfang einer Regulierungs-ausweitung für FinTechs sind jedoch noch nicht absehbar.

² https://innovate.fca.org.uk/innovation-hub/regula-tory-sandbox

³ https://www.finma.ch/de/news/2016/03/20160317-mm-fintech/

⁴ https://bankenverband.de/media/files/2015-05-26_FinTech_Regulierung_Positionspapier_final.pdf

⁵ http://www.bafin.de/DE/Aufsicht/FinTech/fintech_node.html

⁶ https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichun-gen/DE/Meldung/2016/meldung_160414_fintech.html

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Aktuelle Situation

• FinTechs drängen mit Macht auf den Markt und greifen die Geschäftsmodelle von Banken an.

• Banken unterliegen einer vollständigen BaFin-Regu- lierung.

• FinTechs unterliegen je nach Geschäftsgegenstand verschiedenen Aufsichts-behörden.

• Dadurch unterscheiden sich die regu latorischen Vorgaben und Compliance-Kosten zwi-schen Banken und FinTechs.

• Dies kann für Banken ein Problem darstellen, da die im Vergleich umfassen deren regulatorischen Vor gaben und höheren regulatorischen Kosten einen negativen Einfluss auf ihre Wettbewerbs fähigkeit gegen-über FinTechs ausüben.

• Die BaFin hat die unter-schiedliche Regulierung von Banken und FinTechs als rele-vante Fragestellung erkannt und stellt FinTechs für die am häufigsten auftretenden Geschäftsmodelle auf ihrer Webseite indikative auf-

sichtsrechtliche Hinweise zur Verfügung. Die genaue Fest-stellung eventueller auf-sichtsrechtlicher Pflichten erfordert jedoch stets eine Einzelfallprüfung.

• Für Deutschland kann eine Ausweitung der FinTech-Regulierung erwartet werden. Zeitpunkt, Ausgestaltung und Optionen sind jedoch noch nicht absehbar.

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Was wird sich durch die erwartete Zunahme der FinTech-Regulierung ändern?

FinTechs stehen mit ihren Geschäfts-modellen prinzipiell vor der Wahl, ob sie die notwendigen BaFin-Regularien selbst erfüllen, Kooperationen mit regulierten Banken eingehen oder ihr Geschäftsmo-dell so definieren, dass eine BaFin-Regu-lierung nicht erforderlich ist (also zum Beispiel durch alternativ regulierte reine Vermittlungstätigkeiten). Je mehr sie jedoch aus Nischen heraus wachsen und innovative, konkurrenzfähige Alternativen zur bestehenden Produktpalette der Banken anbieten, desto eher treffen sie auf BaFin-regulierte Geschäftsbereiche, die beispielsweise eine Vollbank-Lizenz benötigen. FinTechs sollten sich dann entscheiden, ob - Kooperationen mit Banken ausreichen oder sie gegebenen-falls selbst eine Bank-Lizenz beantragen möchten (siehe auch die Entwicklung des FinTechs „number 26“).

Im Markt lassen sich beide Stoßrichtun-gen derzeit beobachten: Im Bereich der Anlage werden beispielsweise die Depots des Robo-Advisor vaamo bei der Partner-bank FFB geführt und Services eines Finanzanlagevermittlers bereitgestellt, während Scalable Capital mit der Ver-mögensverwalter-Lizenz weitergehende Tätigkeiten erbringen darf.

Ähnliches lässt sich im Kreditbereich beobachten: Hinter Lendico steht die Wirecard Bank, bei der die Geschäfte abgeschlossen werden, sodass das FinTech-Unternehmen nur als Kreditver-mittler, nicht aber als Bank agiert. Im Zahlungsverkehr wiederum verfügen die Fintechs PayPal, Payone und Billpay über eine Zulassung als Zahlungsinstitut, während iZettle über die Partnerschaft mit dem Genossenschaftssektor agiert.

Bisher zeigt sich kein signifikanter Trend für eine dieser Stoßrichtungen. FinTechs scheinen sich bei der Auswahl ihrer Pro-dukte und Dienstleistungen primär eher an den Erfolgsaussichten in ihren Märkten zu orientieren als etwaigen, damit einher-gehenden regulatorischen Vorgaben. Die Anzahl von FinTechs wächst daher in bei-den Varianten stetig, getrieben von bestän-digen Mittelzuflüssen von Venture Capital.

Der Erfolg von FinTech-Unternehmen beruht im Wesentlichen auf den Faktoren Innovation des Angebots sowie Geschwin-digkeit und Kosteneffizienz der Umsetzung beziehungsweise der Bereitstellung von Produkten und Dienstleistungen.

Die Mehrheit der in Deutschland angesie-delten FinTechs erzielen jedoch aktuell keine Gewinne (siehe eine aktuelle Ana-lyse der Zeitschrift „Capital“ ⁷). Sie werden von Finanzierungsrunden getragen, die sich aber nicht unendlich in die Zukunft fortsetzen werden.

Die zu erwartende Zunahme der FinTech-Regulierung wird die Kostenbasis vieler FinTechs zusätzlich negativ beeinflussen und damit aus unserer Sicht eine bevor-stehende Marktkonsolidierung der Fin-Techs beschleunigen. Accenture erwartet jedoch kein flächendeckendes Verschwin-den der FinTechs durch eine verstärkte Regulierung, sondern vielmehr eine Kon-zentration auf weniger aber stärkere Marktteilnehmer, die wiederum erhöhten Druck auf die Banken ausüben werden.

⁷ http://www.capital.de/dasmagazin/deutsche-fin-techs-verbrennen-millionen.html

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Kann eine Kooperation bei Marktangeboten und Regulatorik die goldene Mitte für Banken und FinTechs darstellen?

Banken müssen davon ausgehen, dass auch bei einer verstärkten FinTech-Regu-lierung der Wettbewerb weiter zunehmen wird und die Angriffe auf ihr Geschäfts-modell in immer mehr Bereichen erfolgen. Die parallele Existenz von Banken und FinTechs wird der neue Normalzustand, daher sollten sich Banken frühzeitig stra-tegisch darauf einstellen. Diese Co-Exis-tenz beinhaltet verschiedene Geschäfts-modelle, Regulierungen und Arten der Zusammenarbeit und Konkurrenz.

Die traditionellen Banken haben dies zu einem großen Teil bereits erkannt und arbeiten mit Hochdruck daran, ihre Geschäftsmodelle kundenzentrierter, flexi-bler und digitalisierter zu gestalten. Dabei stehen sie jedoch teilweise vor Herausfor-derungen, z.B. aufgrund „gewachsener“, komplexer IT-Systeme und Geschäftspro-zesse, die sich nur mit intensivem Zeit- und Kostenaufwand modernisieren lassen.

Banken werden für sich individuell festle-gen müssen, wo in ihren Geschäftsmodel-len die größten Gefahren durch FinTechs bestehen und wie sie darauf reagieren wollen. Die Antwort auf diese Frage wird in vielen Szenarien „Kooperation mit FinTechs“ lauten.

Immer mehr Banken streben bereits Kooperationen mit FinTechs an, um diese in das eigene Geschäftsmodell einzubin-den. Kooperationen besitzen für Banken insbesondere den Vorteil, dass dadurch weniger eigene Ressourcen benötigt werden (z.B. fachliche oder technologi-sche Experten).

Banken stellen sich für Kooperationen pri-mär die Frage, wo sich Möglichkeiten bie-ten, durch die gezielte Zusammenarbeit Mehrwert für die eigenen Kunden zu schaffen, die Abwanderung von Kunden zu verhindern und die eigenen Produkte und Dienstleistungen für den Aufbau eines gesamthaften digitalen Ecosystems gezielt zu ergänzen.

FinTechs wiederum müssten wachsen, um im Wettbewerb zu bestehen und sowohl die Anforderungen ihrer Kunden als auch ihrer Kapitalgeber zu erfüllen. Dieser Wachstumsdrang wird FinTechs sehr wahr-scheinlich aus ihren bisherigen Nischen herausführen und kann sie zwingen, neben Internationalisierung auch ihre Produkt- und Servicepalette zu erweitern. Je stärker FinTechs jedoch ihr Spektrum ausweiten, desto mehr Regu larien werden auch für sie relevant. Die Erfüllung regulatorischer Vorgaben kann FinTechs aber vor finanzi-elle, organisato rische und personelle Her-ausforderungen stellen.

Eine Kooperation mit Banken kann daher für FinTechs ein Ausweg aus diesem Dilemma sein. Sie profitieren dabei neben Aspekten wie Ausweitung der Marktreich-weite und Kundenbasis insbesondere von der regulatorische Expertise von Banken, wie zum Beispiel bestehenden Infrastruk-turen, Prozessen, Meldelisten, Reportings etc. (unter anderem zu Risikomanagement/Kreditrisiken, Meldepflichten für Kredit-Geschäft und WP-Handel, Datenschutz, Geldwäsche- und Embargo-Vorgaben).

Banken verfügen bereits über eine umfas-sende Regulierung und Reichweite, um FinTechs bei der Skalierung und der Erwei-terung ihrer Geschäftsmodelle zu unter-stützen.

Sie können FinTechs daher helfen, ihre Nischen zu verlassen und insbesondere mit den Assets ihrer Marktmacht und regulatorischen Expertise eine Win-Win-Situation für alle Parteien schaffen.

Für Banken bietet sich hier die besondere Möglichkeit, ihre Beherrschung der Regu-lierungsklaviatur selbstbewusst in Koope-rationsverhandlungen mit FinTechs einzu-bringen. Eine Einbindung von FinTechs in bestehende regulatorische Umsetzungen von Banken wird einfacher und schneller möglich sein, als der komplette Neuauf-bau einer Regulatorik durch die FinTechs selbst. Die Stärke dieses Effekts hängt jedoch von verschiedenen Faktoren ab, ins-besondere welcher regulatorische Umfang für das angestrebte Kooperationsmodell und die zugrunde liegenden Produkte und Dienstleistungen benötigt wird.

Zusammenfassend ist Regulierung in diesem Zusammenhang keine Belastung, sondern als ein Vorteil für Banken zu sehen. Gleichzeitig wird Kooperation ein entschei-dender Faktor der nächsten Evolutionsstufe des Wettbewerbs im Bankenmarkt.

Die Zeit drängt: Warum sollten Banken jetzt agieren und nicht auf eine stärkere FinTech-Regulierung warten?

Regulierung von FinTechs: Eine Chance für Banken? Ja, aber Banken können nicht auf eine umfassendere Regulierung von FinTechs und eine folgende Marktkonso-lidierung warten, da sie sonst der Markt-wettbewerb bei Innovationen und Koope-rationen überholt.

Im Gegenteil, Banken sollten sich bereits heute aktiv auf eine langfristige Koexis-tenz mit FinTechs als neuem Normalzu-stand einstellen.

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Aus Accenture Sicht wird zukünftig eine verstärkte Regulierung von FinTechs eintreten und dadurch eine Marktkon-so lidierung bei FinTechs beschleunigen. Diese Marktkonsolidierung sollte jedoch nicht so stark ausfallen, dass damit die von FinTechs ausgehende Gefahr für die Geschäftsmodelle von Banken verschwindet.

Zusätzlich ist zu erwarten, dass „überle-bende“ FinTechs gestärkt aus einer Kon-solidierung hervorgehen, noch selbstbe-wusster agieren und damit weniger bereit sind, eine juniore Partner-Rolle in einer Kooperation einzunehmen. Gleichzeitig steigt die Zahl der kooperationswilligen Bankpartner stetig an. Eine Kooperation wird somit durch Abwarten voraussicht-lich kosten- und wettbewerbsintensiver.

Banken sollten sich daher jetzt schnell, entschlossen und mit klarer Unterstützung durch das Top-Management positionieren, um den Markt zu gestalten, anstatt auf neue und verstärkte Regulierungen für FinTechs zu warten.

Für diese Positionierung sind insbesondere die folgenden Handlungs-empfehlungen zu berücksichtigen:

1. Bestimmung der angestrebten strategischen Positionierung in den relevanten Marktbereichen

2. Kritische Überprüfung der eigenen Produkte, Services und Geschäfts-prozesse hinsichtlich Ertragspotential und Zukunftsfähigkeit

3. Zeitnaher Abschluss der Digitalisierung der ausgewählten Produkte und Services, um neben den Effi zienzeff ekten auch möglichst viel-fältige Kooperationsmöglichkeiten zu eröff nen

4. Marktpotenzial- und Business Case gesteuerte Auswahl möglicher Koopera tionsmodelle oder Alternativ-Strategien (z.B. Entwicklung eigener Ergänzungen der Geschäftsmodelle)

5. Eigene oder Partner-gestützte Analyse des FinTech-Markts hinsichtlich passender FinTech-Unternehmen für die Ergänzung eigener Geschäfts-modelle

6. Konsequente und schnelle Umsetzung getroff ener Strategie-Entschei-dungen unter klarem Sponsorship des Top-Managements zur Sicherung der Umsetzungsfähigkeit und Geschwindigkeit

7. Schnelles Prototyping und enge Ein bindung identifi zierter Ziel kunden in die Umsetzung für eine an den Markt- und Kundenbedürfnissen orientierte Gestaltung der Kooperations-Produkte und -Dienstleistungen

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Das Thema FinTech Regulierung im internationalen Vergleich wird Gegenstand einer weiteren Publikation sein. Eine Zusammenstellung der ersten Analyse-Ansätze:

Land Ansatz Kernelemente Potentielle Konsequenzen für Banken

Vereinigtes Königreich Regulatory Sandbox (regulatorischer Sandkasten)

• „Safe Space“, in dem FinTechs inno-vative Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle im realen Kundenumfeld testen können, ohne dabei sofort den entsprechenden regulatorischen Vorschriften zu unterliegen

• Umsetzung soll im Herbst 2016 beginnen

• Negativ• Förderung von FinTechs

während Banken weiterhin den regulären Finanzmarkt-vorschriften unterliegen.

• Gezielte Wettbewerbsför-derung erhöht den Druck auf Banken

Schweiz Regulatory Sandbox „Banklizenz „light“

• Einführung einer neuen Bewilligungs-kategorie im Bankengesetz

• FinTechs erhalten eine Banklizenz „light“, die es ihnen ermöglicht, Bankgeschäfte durchzuführen, ohne dabei allen Vorschriften regulärer Banken zu unterliegen

• Einschränkungen für die Banklizenz „light“ bestehen u.a. im Verbot der Fristentransformation

• Negativ• Förderung von FinTechs

während Banken weiterhin den regulären Finanzmarkt-vorschriften unterliegen.

• Gezielte Wettbewerbsför-derung erhöht den Druck auf Banken

Weitere europäische Länder: Holland, Frank-reich, Italien, Spanien, Skandinavien

Bisher keine konkreten Hand-lungen seitens des Gesetzgebers bezüglich FinTech-Regulierung

• Vermehrt gibt es nun insbesondere in Holland und Frankreich die Rufe nach einer gesonderten Regulierung von FinTechs

• Die FinTech Community fordert ein Vor-gehen nach dem Vorbild der britischen Finanzaufsicht

• Noch unklar, da eine Rich-tungsentscheidung aussteht

USA Bislang keine regulatorische Unterscheidung zwischen Banken und FinTechs. Neue OCC-Initiative lässt auf mög liche stärkere FinTech-Regulierung schließen

• Das Offi ce of Comptroller of the Currency (OCC) hat gemeinsam mit dem Financial Stability Board (FSB) neue Initiativen und Maßnahmen an gekündigt, um sicherzustellen, dass die rasante technologische Entwicklung keine Risiken für die Stabilität des Finanzsystems beinhalten

• In den USA wird das OCC dafür ein übergreifendes, regulatorisches Rahmenwerk entwickeln

• Potentiell positiv• FinTechs müssen evtl. mit

umfassenderen gesetzlichen Vorschriften rechnen. Die notwendige Compliance wird mit höheren Kosten für FinTechs verbunden sein

Singapur Regulatory Sandbox • Safe Space“ für FinTechs, in dem inno-vative Geschäftskonzepte mit weniger strengen regulatorischen Aufl agen getestet werden

• Zusätzlich hat die MAS einen eigenen Venture Capital Fund gegründet, in dem 225 Millionen USD über fünf Jahre bereitgestellt werden.

• Negativ• Förderung von FinTechs

während Banken weiterhin den regulären Finanzmarkt-vorschriften unterliegen.

• Gezielte Wettbewerbsför-derung erhöht den Druck auf Banken

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