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Dr. Hempel / Mathematisch Grundlagen Taylorreihen Seite 1 Reihenentwicklung – die Taylorentwicklung Motivation: Es liege eine Potenzreihe folgender Form vor: Durch Umformen ergibt sich: Für unendlich große n ergibt sich im Wertebereich 1 1 < < x eine endliche Summe x s n = 1 1 . Diese lässt sich als Funktion von x darstellen. Somit lässt sich eine unendliche Reihe als einfacher analytischer Aus- druck darstellen. Fragen, die der Mathematiker stellt: - Gelingt das auch bei anderen Funktionen? - Gibt es öfter so einfache Zuordnungen einer unendlichen Reihe zu einem analytischen Ausdruck? Frage, die der Physiker stellt: - Ist umgekehrt die Entwicklung einer Funktion als Reihe (Potenzreihe) möglich? Die Antwort lautet „ja“ - eine solche Potenzreihe wird als Taylorreihe bezeichnet. Worin liegt der Nutzen der Darstellung einer Funktion als Taylorreihe? - Numerische Berechnung von Funktionswerten mit beliebiger geforderter Genauigkeit. - Verwendung der ersten (der vom Wert her dominanten) Glieder als Näherung. - Gliedweise Integration, sollte die Funktion nicht geschlossen integrierbar sein. Beachtet werden muss allerdings, dass die Entwicklung der Taylorreihe immer in der Nähe eines aus- gewählten Punktes geschieht - je näher man mit seinen Betrachtungen am gewählten Punkt bleibt, um so genauer ist das Ergebnis. Hier gibt es erneut einen Unterschied zwischen mathematischer und physikalischer Fragestellung. - Mathematik: Entwickeln Sie die Funktion 3 ) ( x x f = nach Potenzen von ) 1 ( + x . - Physik: Wie lässt sich 3 ) ( x x f = in der Nähe des Punktes 1 = x darstellen? (Lösung: 3 2 ) 1 ( ) 1 ( 3 ) 1 ( 3 1 ) ( + + + + + = x x x x f ) n 3 2 n x x x x 1 s + + + + + = K x x s x s xs x x x s x x x x s x n n n n n n n n n = + = = + + + + = + + + 1 1 1 ___ __________ __________ 1 1 1 2 1 3 2 K K

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Reihenentwicklung – die Taylorentwicklung

Motivation: Es liege eine Potenzreihe folgender Form vor:

Durch Umformen ergibt sich:

Für unendlich große n ergibt sich im Wertebereich 11 <<− x

eine endliche Summe x

sn −=

11

.

Diese lässt sich als Funktion von x darstellen.

Somit lässt sich eine unendliche Reihe als einfacher analytischer Aus-

druck darstellen.

Fragen, die der Mathematiker stellt: - Gelingt das auch bei anderen Funktionen?

- Gibt es öfter so einfache Zuordnungen einer unendlichen Reihe zu einem analytischen Ausdruck?

Frage, die der Physiker stellt: - Ist umgekehrt die Entwicklung einer Funktion als Reihe (Potenzreihe) möglich?

Die Antwort lautet „ja“ - eine solche Potenzreihe wird als Taylorreihe bezeichnet.

Worin liegt der Nutzen der Darstellung einer Funktion als Taylorreihe? - Numerische Berechnung von Funktionswerten mit beliebiger geforderter Genauigkeit.

- Verwendung der ersten (der vom Wert her dominanten) Glieder als Näherung.

- Gliedweise Integration, sollte die Funktion nicht geschlossen integrierbar sein.

Beachtet werden muss allerdings, dass die Entwicklung der Taylorreihe immer in der Nähe eines aus-

gewählten Punktes geschieht - je näher man mit seinen Betrachtungen am gewählten Punkt bleibt, um

so genauer ist das Ergebnis.

Hier gibt es erneut einen Unterschied zwischen mathematischer und physikalischer Fragestellung. - Mathematik: Entwickeln Sie die Funktion 3)( xxf = nach Potenzen von )1( +x .

- Physik: Wie lässt sich 3)( xxf = in der Nähe des Punktes 1−=x darstellen?

(Lösung: 32 )1()1(3)1(31)( +++−++−= xxxxf )

n32n xxxx1s +++++= K

xxs

xsxs

xxxs

xxxxsx

n

n

nnn

nn

nn

−−

=

+−=−

−−−−−=−

++++=⋅

+

+

+

11

1_______________________

1

1

1

2

132

K

K

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Behauptung: Wir nehmen an, die Funktion )(xf lässt sich als Potenzreihe in folgender Form darstellen:

Dann sollte unter der Voraussetzung, dass )(xf beliebig oft differenzierbar ist, die Bestimmung der

Koeffizienten na möglich sein.

Sind die Funktion )(xf und die Potenzreihe tatsächlich identisch, sollten z.B. an der Stelle 0=x die

Funktion )(xf und alle ihre Ableitungen mit der Reihe und allen ihren Ableitungen übereinstimmen.

Damit ergibt sich für die Stelle 0=x :

nn anfafafaf ⋅=⋅⋅=′′⋅=′= !)0(21)0(1)0()0( )(

210 K

Es gibt Funktionen, bei denen die Taylorreihe nur für einen bestimmten Bereich von x -Werten konvergiert (siehe Beispiel oben: )1/(1)( xxf −= ).

Der Bereich, in dem sich eine Funktion als Potenzreihe entwickeln lässt, heißt Gültigkeitsbereich oder

Konvergenzbereich.

Verallgemeinerung: Bisher wurde die Funktion )(xf an der Stelle 0=x entwickelt.

Ist eine Entwicklung an einer beliebigen Stelle 00 ≠= xx möglich ?

Ansatz: n

n xxaxxaxxaaxxfxf )()()()()( 02

020100 −++−+−+=−= K

Die Koeffizienten a werden durch differenzieren der Funktion )(xf bei 0xx = bestimmt:

nn anxfaxfaxfaxf ⋅=⋅⋅=′′⋅=′= !)(21)(1)()( 0

)(201000 K

Damit lässt sich die Reihenentwicklung an der Stelle 0xx = aufschreiben:

Die Differenz )( 0xxh −= im Ansatz lässt sich auch als neue Veränderliche auffassen:

KK +++′′

+′

+== nn

hn

fhfhffhfxf!

)0(!2

)0(!1

)0()0()()()(

2

Die Entwicklung der Funktion )(hf an der Stelle 0=h ist dann gleichbedeutend mit der Entwicklung

der Funktion )(xf an der Stelle 0xx = .

∑= nnxaxf )(

Die Entwicklung einer Funktion als Taylorreihe lautet:

KK +++′′

+′

+= nn

xn

fxfxffxf!

)0(!2

)0(!1

)0()0()()(

2

Taylorreihenentwicklung der Funktion )(xf an der Stelle 0xx =

KK +−++−′′

+−′

+= nn

xxn

xfxxxfxxxfxfxf )(!

)()(!2

)()(!1

)()()( 00

)(2

00

00

0

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Taylorentwicklung häufig gebrauchter Funktionen

1. Exponentialfunktionen (Bolzmannverteilung, barometrische Höhenformel, Dämp-

fungserscheinungen, radioaktiver Zerfall, Lade- und Entla-

devorgänge)

Funktion: f(x) = ex

1)0()0()0()0( )( ===′′=′= nffff K

Damit ergibt sich als Entwicklung:

!!3!2!11)(

32

nxxxxexf

nx +++++== K

Funktion: f(x) = e-x nnfffff )1()0(;)1()0(;)1()0(;)1()0(;1)0( )(321 −=−=′′′−=′′−=′= K

Damit ergibt sich als Entwicklung:

K+−+−== −

!3!2!11)(

32 xxxexf x

Aus den Reihenentwicklungen ist ersichtlich:

für 1<<x ⇒

Analog zur Exponentialfunktion mit der Basis e lässt sich die Funktion xaxf =)( entwickeln,

wobei die Basis a eine beliebige reelle Zahl ist.

Für die n-te Ableitung gilt: nxn aaf )(ln)( ⋅= und damit für die Reihenentwicklung:

K+++== 22

!2)(ln

!1ln1)( xaxaaxf x

∑∞

=

=0 !n

nx

nxe

∑∞

=

− −=0 !

)1(n

nnx

nxe

xe x ±≈± 1

∑∞

=

=0 !

)(lnn

nn

x xnaa

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2. Hyperbolische Funktionen

Funktion: y = cosh x

Somit ergibt sich:

Für x -Werte 1<<x gilt somit als Näherung:

Funktion: f(x) = sinh x

Somit ergibt sich:

Für x -Werte 1<<x gilt somit als Näherung:

Analog zu xcosh und xsinh lassen sich auch xtanh und xcoth entwickeln.

)!4!2

1(2

)!3!2!1

1()!3!2!1

1(

2cosh

42

3232

K

KK

+++=

=+−+−+++++=

=+

+==

xx

xxxxxxee

eexy

xx

xx

∑∞

=

=+++=0

242

)!2(1

!4!21cosh

n

nxn

xxx K

21cosh

2xx +≈

)!5!3!1

(2

)!3!2!1

1()!3!2!1

1(

2sinh

53

3232

K

KK

xxx

xxxxxxee

eexy

xx

xx

++=

=+−+−−++++=

=−

−==

∑∞

=

+

+=+++=

0

)12(53

)!12(1

!5!3sinh

n

nxn

xxxx K

xx ≈sinh

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3. Trigonometrische Funktionen

Funktion: f(x) = sin x

xxfxxfxxfxxfxxf

sin)(cos)(sin)(cos)(sin)(

)4( =−=′′′−=′′=′

=

Bei einer Entwicklung an der Stelle x = 0 verschwinden alle geraden Ableitungen.

Zusammenfassend gilt:

Aus dieser Entwicklung folgt als Näherung für kleine x ( 1<<x )

Funktion: f(x) = cos x Da die cos-Funktion als erste Ableitung der sin-Funktion, läßt sie sich recht einfach gewinnen:

Für kleine x -Werte folgt:

sin- und cos- Funktion und ihr Zusammenhang mit den Exponentialfunktionen

Als Reihe zu entwickeln sei die Funktion: xixxf sincos)( ⋅+=

Unter Verwendung der bekannten Reihenentwicklungen für xsin und xcos ergibt sich:

K

KK

+++++=

⎭⎬⎫

⎩⎨⎧

+−+⎭⎬⎫

⎩⎨⎧

+−+−=⋅+

!4)(

!3)(

!2)(1

!3!6!4!21sincos

432

3642

ixixixix

xiixxxxxix

Diese Reihenentwicklung ist aber identisch mit der Reihenentwicklung ixexf =)(

Entsprechend kann gezeigt werden, dass ixexix −=⋅− sincos

(Moivresche Formel)

Ähnlich lassen sich xtan und xcot entwickeln und Additionstheoreme beweisen.

∑∞

=

+

+−=+−+−=

0

12753

)!12()1(

!7!5!3sin

n

nn

nxxxxxx K

xx ≈sin

∑∞

=

−=+−+−=0

2642

)!2()1(

!6!4!21cos

n

nn

nxxxxx K

21cos

2xx −≈

ixexix ±=⋅± sincos

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4. Logarithmusfunktion Die Logarithmusfunktion wird z.B. zur Beschreibung der Dämpfung benutzt.

∫=−=⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛ x

x xdxxx

xx

0

00

lnlnln

Da die Funktion an der Stelle 0=x nicht definiert ist, werden zur Entwicklung als Reihe in der Nähe

von 0=x ein paar Tricks benutzt:

a)

Daraus folgt die Reihenentwicklung:

∑∞

=

+−=+−+−=+1

)1(432

)1(432

)1ln(n

nn

nzzzzzz K ( 11 ≤<− z )

b)

Daraus folgt die Reihenentwicklung:

∑∞

=

−=−−−−−=−1

432

432)1ln(

n

n

nzzzzzz K

Daraus ergibt sich die folgende Reihenentwicklung:

)53

(2)1ln()1ln()1()1(ln)(

53

K+++=−−+=−+

=zzzzz

zzzf

und mit zzx

−+

=11

für das Argument des Logarithmus ergibt sich 11

+−

=xxz .

Durch Einsetzen erhält man:

Für kleine x -Werte ergibt sich als Näherung:

3216)0(212)0(1)0(1)0(0)0()1ln()(

)4( ⋅⋅−=−=⋅−=−=′′′−=′′=′=

+==

fffffzzfy

3216)0(212)0(1)0(1)0(0)0()1ln()(

)4( ⋅⋅−=−=⋅−=−=′′′−=′′−=′=

−==

fffffzzfy

∑∞

=

⎟⎠⎞

⎜⎝⎛

+−

⋅−

=⎪⎭

⎪⎬⎫

⎪⎩

⎪⎨⎧

+⎟⎠⎞

⎜⎝⎛

+−

+⎟⎠⎞

⎜⎝⎛

+−

+⎟⎠⎞

⎜⎝⎛

+−

=1

)12(53

11

1212

11

51

11

31

112ln

n

n

xx

nxx

xx

xxx K

xy +≈1